ins
Abendland sei das Märchen erst durch die
Kreuzzüge gelangt; vielmehr treffen wir
Spuren von ihm im
Occident in weit früherer
Zeit. Das klassische
Altertum schon besaß Märchenhaftes oder Anklänge an das Märchen in
Hülle und
Fülle (von der Homerischen
Kirke an bis zum
Ring des
Gyges bei
Platon), wenn auch noch nicht das Märchen selbst als Kunstgattung. Dagegen
taucht in der Zeit des
Neuplatonismus, welcher als ein Übergang des antiken
Bewußtseins zur
Romantik bezeichnet werden kann,
eine
Dichtung des
Altertums auf, welche technisch ein Märchen genannt werden kann, die reizvolle
Episode von
»Amor und
Psyche« in
Apulejus'
»GoldenemEsel«.
Gleicherweise deuten
Stellen in der altdeutschen
Heldensage auf das Vorhandensein von Märchen bei den
Germanen in uralter Zeit. Gesammelt
begegnen uns Märchen am frühsten in den »Tredeci piacevoli notti«
des Straparola (Vened. 1550),
in den
»Gesta Romanorum«
(Mitte des 14. Jahrh.) etc. In
Frankreich beginnen die eigentlichen Märchensammlungen erst zu Ende des 17. Jahrh.;
Perrault eröffnete sie mit den als echte Volksmärchen zu betrachtenden
»Contesde ma mère l'Oye«; 1704 folgte
Gallands gute
Übersetzung von
»Tausendundeine Nacht« (s. d.), jener berühmten, in der Mitte des 16. Jahrh.
im
Orient zusammengestellten Sammlung arabischer Märchen. Besondern Märchenreichtum haben
England,
Schottland
und
Irland aufzuweisen, vorzüglich die dortigen Nachkommen der keltischen Urbewohner.
(hebr., auch abgekürzt Cheschvan), im jüdischenKalender der zweite
Monat des bürgerlichen,
der achte des Festjahrs, dem
Oktober entsprechend, hat abwechselnd 29 oder 30
Tage.
Neben diesem übernahm sie 1854 die
Stelle einer Gesanglehrerin am
Konservatorium in
Wien, errichtete 1861 eine Privatgesangschule
in
Paris und folgte 1865 einemRufHillers an das
Konservatorium zu
Köln, von wo sie 1868 nach
Wien zurückkehrte.
Hier entfaltete sie als Gesanglehrerin zunächst wieder am
Konservatorium, dann 1878-81 als Leiterin einer eignen
Schule eine
ungemein erfolgreiche Thätigkeit und hat für eine
Reihe von
Bühnen vorzügliche dramatische Gesangskräfte herangebildet.
In gleicher
Weise wirkt sie seit
¶
mehr
ihrer Übersiedelung nach Paris im letztgenannten Jahr. Sie hat auch eine »Praktische Gesangsmethode« sowie »Erinnerungen aus
meinem Leben« (Wien 1877) veröffentlicht.
vonPadua,
[* 31] Musikgelehrter, lebte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. und wurde nächst Franco von Köln
der namhafteste Verbesserer des Mensuralgesangs (s. d.),
wie er auch die zu seiner Zeit noch im Kindheitsstadium
befindliche Kunst des Kontrapunktes wesentlich gefördert hat. Von seinen Schriften teilt Gerbert im 3. Teil seiner »Scriptores
ecclesiastici de musica« zwei Abhandlungen mit: »Lucidarium in arte musicae
planae« (1274) und »Pomerium de arte musicae mensuratae« (1283 oder 1309), beide nach einem Manuskript der Ambrosianischen Bibliothek
zu Mailand.
Ebene in Niederösterreich, die sich am linken Ufer der Donau vom Bisamberg unweit Korneuburg etwa 50 km weit
ostwärts bis zur Mündung der March und nordwärts 20 km weit bis gegen Bockfließ ausdehnt. Zur Hebung
[* 32] der mangelhaften Kulturverhältnisse
des Marchfeldes, welches für die Versorgung Wiens mit Lebensmitteln große Bedeutung hat, ist eine rationelle
Bewässerung und Kanalisierung desselben projektiert. - Das ist geschichtlich denkwürdig durch zwei nach demselben benannte
Schlachten.
[* 33] Am schlug hier, bei dem Dorf Kroissenbrunn, 8 km nordwestlich von der Marchmündung, König Ottokar vonBöhmen den König Bela IV. von Ungarn und eroberte Steiermark,
[* 34] welches seitdem bei Deutschland blieb. In der
zweiten Schlacht, bei Dürnkrut unweit der March, fiel derselbe Ottokar gegen Rudolf vonHabsburg. Auch liegen auf
dem Marchfeld, Wien näher, die Schlachtfelder von Aspern
[* 35] und Wagram.
[* 36]
(spr. -tschāna),Gemeinde auf der InselElba, bestehend aus dem am Golf von Procchio gelegenen
Hafenort Marciana Marina und aus sechs in dem darüber aufsteigenden Gebirge liegenden Orten mit zusammen (1881)
7626 Einw., welche
sich mit Schiffbau, Schiffahrt und Fischerei
[* 46] beschäftigen. 1885 sind im Hafen 511 Schiffe
[* 47] mit 13,769 Ton. eingelaufen.
Flavius, oström. Kaiser, in Thrakien geboren, 450 nach dem TodeTheodosius' H. von der
KaiserinPulcheria zu ihrem Gemahl und damit zugleich auf den kaiserlichen Thron
[* 48] erhoben, hatte den Mut, dem Hunnenkönig Attila
den ihm bisher gezahlten Tribut zu verweigern, unterstützte bei dessen Einfall in Italien
[* 49] 452 den weströmischen Kaiser Valentinian
III. durch Sendung von Hilfstruppen, erkannte 455 Avitus als weströmischen Kaiser an, schloß mit den Ostgoten
einen nicht unrühmlichen Frieden und führte auch im Innern ein kräftiges, gerechtes Regiment. Von ihm wurde 451 das vierte
ökumenische Konzil nach Chalcedon (s. d.) berufen. Er starb 457, ihm folgte Leo I.
der Stifter einer gnostischen Partei (Marcioniten), Sohn eines Bischofs zu Sinope im Pontus, geboren um 105-110,
begab sich 140 nach Rom,
[* 51] soll sich hier an einen Syrer, Cerdon, angeschlossen haben, dessen Lehren
[* 52] er weiter fortbildete, widmete
sich dann einem streng asketischen Leben und starb um 165-170. Marcion drängte den Gnostizismus von der Spekulation
zur praktischen Askese, verwarf den Unterschied zwischen der Gnosis und dem einfachen Glauben und trieb im Gegensatz zur werdenden
katholischen Kirche den Paulinismus so sehr auf die Spitze, daß er, einen guten und einen bloß gerechten Gott annehmend,
auf letztern das Alte Testament zurückführte. Vom NeuenTestament nahm er nur zehn Paulinische Briefe an
und das nach seinem System bearbeitete Lukas-Evangelium.
Landwirtschaftlichen Zentralvereins für die ProvinzSachsen
[* 57] nach Halle,
[* 58] wo er 1872 zum außerordentlichen Professor der Agrikulturchemie
an der Universität ernannt wurde. Märcker erwarb sich besondere Verdienste um die wissenschaftliche Begründung der Spiritusfabrikation
[* 59] und um die Reform der landwirtschaftlichen Feldversuche. Er schrieb: »Handbuch der Spiritusfabrikation« (4. Aufl.,
Berl. 1885);
»Die zweckmäßigste Anwendung der Kalisalze« (das. 1880) u. a.
etwa 55 cm lang, mit 30 cm langem Schwanz, am Widerrist 26 cm
hoch, ist oben dunkelbraun, an der Schnauze fahl, an Stirn und Wangen lichtbraun, an den Seiten und am Bauch
[* 67] gelblich, an den Beinen schwarzbraun, am Schwanz dunkelbraun. Unterhalb der Ohren zieht sich ein schmaler, dunkelbrauner Streifen
hin. Zwischen den Hinterbeinen befindet sich ein rötlichgelber, dunkelbraun gesäumter Fleck; welcher sich manchmal in einem
schmutziggelben Streifen bis zur Kehle fortsetzt.
Diese und der Unterhals sind schön dottergelb gefärbt. An der Oberlippe stehen vier Reihen von Schnurrhaaren.
Im Winter ist der Pelz im allgemeinen dunkler als im Sommer; das Weibchen zeigt blässere Färbung des Rückens und einen weniger
deutlichen Fleck. Der Baummarder findet sich, in der Größe und der Pelzfarbe vielfach variierend, weitverbreitet in der nördlichen
Erdhälfte, besonders in Skandinavien, Rußland, England, Deutschland, Frankreich, Ungarn und Italien, in Asien
[* 68] bis zum Altai und südlich bis zu den Quellen des Jenissei. Er bewohnt einsame Laub- und Nadelwälder
als echtes Baumtier und
benutzt hohle Bäume, verlassene Eichhörnchen- und Vogelnester, manchmal auch Felsenklüfte als Ruhestätten. Im Klettern und
Springen sucht er seinesgleichen; er ruht gewöhnlich am Tag, treibt aber an stillen Orten sein Wesen auch
am Tag, ist Scheu, listig und höchst mordsüchtig. Er verfolgt alle Säugetiere, vom Rehkälbchen bis herab zur Maus, besonders
Eichhörnchen und Bilche, dann auch Auer-, Birk- und Haselhühner, Rebhühner; auch plündert er alle Nester, holt aus der Schlinge
die gefangenen Vögel
[* 69] und die Vogelbeeren, frißt auch Birnen, Kirschen, Pflaumen, Honig und mordet in Hühner- und Taubenställen
weit mehr, als er verzehren kann.
Die Paarungszeit fällt in den Januar oder Februar. Ende März oder Anfang April wirft das Weibchen 3-5 Junge, die der Mutter
schon nach wenigen Wochen auf die Bäume folgen, sich auch leicht auffüttern lassen, aber ihre angeborne
Wildheit selten verlieren. Gefangene Edelmarder pflanzen sich auch fort, fressen aber ihre Jungen gewöhnlich auf. Man verfolgt
den Edelmarder sehr eifrig sowohl wegen des Schadens, den er unter Haus- und Waldtieren anrichtet, als auch wegen seines schönen
Felles.
Der Hausmarder (Steinmarder, MarderFoinaBriss.) ist 45 cm lang, mit 25 cm langem Schwanz, verhältnismäßig
kürzern Beinen, längerm Kopf, kleinern Ohren und kürzerm, graubraunem, an Beinen und Schwanz dunklerm, an den Füßen dunkelbraunem
Pelz mit kleinerm und rein weißem Kehlfleck. Er findet sich in Deutschland, Frankreich, Italien, England, Schweden, dem
gemäßigten europäischen Rußland bis zum Ural, in der Krim
[* 70] und in Westasien. Er kommt häufiger vor als der Edelmarder und
nähert sich weit mehr als jener den Wohnungen der Menschen; in Lebensweise und Manieren stimmt er mit demselben ganz überein.
Die Paarungszeit ist im Februar; im April oder Mai wirft das Weibchen 3-5 blinde Junge, welche sich sehr
leicht zähmen und selbst abrichten lassen, meist aber durch das Hervorbrechen ihrer Raublust lästig werden. Der Hausmarder
erzeugt auch mit dem Edelmarder lebenskräftige Blendlinge. SeinPelz ist ebenfalls sehr geschätzt. Die Jagd auf Marder wird hauptsächlich
dadurch betrieben, daß man sie bei einer Neue in ihrem Versteck festspürt und dort erlegt. Besonders
günstig ist es, wenn der Schnee
[* 71] erst nach Mitternacht oder gegen Morgen gefallen ist, weil dadurch die Verfolgung der sonst
oft meilenlangen Spur (s. Figur) sehr abgekürzt wird.
Namentlich der Baummarder bäumt auf seinen nächtlichen Streifereien oft und geht in den Ästen nahestehender
Bäume weiter, was man an dem von den Zweigen abgestoßenen Schnee erkennt. Außerdem fängt man die Marder in Eisen
[* 72] und mit der
Prügelfalle, nachdem sie vorher durch kleine Vögel oder Eier
[* 73] angekirrt sind, legt auch für den Steinmarder Tellereisen
[* 74] auf
den Absprung, d. h. auf die Stelle, auf welche er beim Herabspringen von Gebäuden, Zäunen oder Mauern
zu treten pflegt, und die man bei Spurschnee leicht ermitteln kann. Endlich treibt man letztern auch durch Lärmen und Klingeln
aus den von ihm bewohnten Gebäuden.
Norddeutschland, die Schweiz,
[* 76] Bayern,
[* 77] die Tatarei, Rußland, die Türkei
[* 78] und Ungarn. Edelmarder ist ein leichter, warmer, angenehmer
Pelz und wird besonders in Rußland zu Pelzfutter verarbeitet; häufig genug geht er auch als Zobel und wird wohl, wenn nötig,
gefärbt. Steinmarder kommen in viel größerer Menge auf den Markt, die schönsten aus Ungarn und der Türkei;
sonst liefern Rußland, Polen, Deutschland viele Felle. Sie werden meist in Rußland, Polen, Amerika, England und Frankreich zu
Pelzfuttern und Garnituren verarbeitet, auch vielfach dem Zobel ähnlich gefärbt.
Schwänze und Beine pflegt man wohl abzuschneiden und besonders zu verwerten. Die Felle des tatarischen Marders heißen
im HandelKalinken (Kolinski, Kulonki); dieselben sind gelbrötlich und werden zu Pelzfuttern benutzt, auch gefärbt und dann
als Zobel verkauft. Die Schweife geben vorzügliche Malerpinsel. Von Edelmardern kommen jährlich 180,000 (120,000 aus Mitteleuropa,
60,000 aus Nordeuropa), von Steinmardern 400,000 (250,000 aus Mittel-, 150,000 aus Nordeuropa), von Kalinken 80,000 Stück auf
den Markt.
befestigte Hauptstadt eines Liwa im asiatisch-türk. WilajetDiarbekr, am Nordrand der großen mesopotamischen
Ebene, liegt terrassenförmig an der Südseite eines Felsens, dessen Gipfel (1300 m hoch) eine Festung
[* 79] trägt, besitzt vortreffliche
Brunnen,
[* 80] Bäder und Wasserleitungen und zählt 12,000 Einw. (wovon etwa zwei Fünftel Christen).
Mardin verlor 1880 durch
Hunger und Typhusca. 3000 Einw.
Sohn des Gobryas und Gemahl der Artazostra, Tochter des KönigsDareios I. von Persien, gehörte zu den einflußreichsten
Männern am persischen Hof,
[* 81] wo er eine griechenfreundliche Politik vertrat, ward 492 v. Chr. mit einer Flotte
und einem Landheer ausgeschickt, um die Griechen dem persischen Reich zu unterwerfen, und zog, nachdem er, um die Griechen
durch gütliche Mittel und Freundschaft zu gewinnen, in den ionischen Städten die demokratischen Verfassungen wiederhergestellt,
über den Hellespont nach Makedonien. An dessen Küste scheiterte seine Flotte am BergAthos, während das
Landheer durch die Bryger große Verluste erlitt, worauf Mardonios nach Asien zurückkehrte. 480 befehligte er das persische Landheer,
welches in Griechenland eindrang, und blieb nach der Schlacht bei Salamis mit 300,000 Mann inThessalien zurück, wo er überwinterte. 479 rückte
er wieder nach Hellas, zerstörte Athen
[* 82] zum zweitenmal, ward aber im September von den Griechen bei Platää
besiegt und fiel, selbst tapfer kämpfend, von der Hand
[* 83] des Spartaners Aeimnestes.
(franz.,
spr. -schōßeh, mittellat.
Mareschalchia), vormals berittene Polizeiwache in Frankreich, seit der Revolution durch die Gendarmerie ersetzt.
Den Namen
Maréchaussée führte auch das alte Marschalls-Prevotalgericht, in welchem gegen Falschmünzer, Straßenräuber, Diebe und Wegelagerer
summarisch verfahren wurde. In Belgien
[* 86] heißt die berittene Gendarmerie noch jetzt so.
sumpfiger und ungesunder, von der Malaria heimgesuchter Landstrich, welcher
sich an der Küste des Tyrrhenischen Meers in Italien von der Mündung der Magra bis zu der des Volturno hinzieht und aus zwei
Teilen, den römischen und den toscanischen Maremmen, besteht. Den erstern Teil bilden die Campagna von Rom und die Pontinischen Sümpfe.
Die toscanischen oder die Maremmen im engern Sinn umfassen den größern Teil der ProvinzGrosseto zwischen der
Cecina und Fiora, ca. 3200 qkm (58 QM.), zur Hälfte aus Hügelland, zu einem Viertel aus Thalgrund, im übrigen aus Sumpf- und
Wasserfläche bestehend.
Zur Zeit der Etrusker und der Volsker war diese Küste ein mit zahlreichen Städten besetztes Land, zur Römerzeit
schon wegen seiner Fieber im Sommer von den Wohlhabenden geflohen, aber noch von einer der Hauptverkehrsadern Italiens, der
Via Aemilia Scauri, durchzogen; im Mittelalter erhoben sich noch Burgen
[* 87] und Flecken auf den Höhen, dann verödete die Gegend
immer mehr und ward zu einer menschenleeren Wildnis mit Waldungen von Pinien, Stein- und Korkeichen, Kastanien,
Myrten, Ahornen etc., nur von ausgedehnten Weideländereien und in den Niederungen von pflanzenreichen Sümpfen unterbrochen
und von einer reichen Tierwelt bevölkert.
Die Ursache dieser großen Verödung eines an sich fruchtbaren, einst bevölkerten Landes ist nichts andres als die Malaria (s. d.),
die von Juni bis Mitte September verheerend in der Gegend herrscht. Als Gründe, welche die Malaria hervorgerufen haben, sind
der mit der Vernichtung der politischen Selbständigkeit zusammenhängende Rückgang der wirtschaftlichen Verhältnisse und
der Bodenkultur sowie die Entwaldung anzusehen. Seit dem GroßherzogLeopold I. hat man dem Übel ernstlich und mit
Erfolg entgegengewirkt teils durch künstliche Ausfüllung der Sümpfe mit den Sinkstoffen der hineingeleiteten Flüsse,
[* 88] teils
durch Kolonisation mittels Parzellierung des Landes.
Die malariafreien Stellen haben sich seitdem bedeutend vermehrt und erweitert, sowohl am Meer (bei Orbetello, Piombino, Santo Stefano),
[* 89] wo überhaupt die bewegte Seeluft die Malaria nie zur vollen Geltung kommen ließ, als auch im Innern,
wo namentlich das früher so berüchtigte Massa marittima wesentlich assaniert worden ist. Noch immer aber fordert die Malaria
zahlreiche Opfer, obwohl nur im Winter einzelne Hirten mit ihren Herden längere Zeit sich in den Maremmen aufhalten, sonst aber die
Bewohner bloß zur Aussaat und Ernte
[* 90] von den malariafreien Höhen herabsteigen. Dem frühern Mangel an Kommunikationen
ist jetzt dadurch abgeholfen, daß die Maremmen von
¶
1) Carlo, Graf, ital. Dichter, geb. zu Cassolo in der piemontesischen
ProvinzLomellina, studierte die Rechte zu Turin, widmete sich dann aber ausschließlich der Poesie. 1828 wurde zu Turin seine
erste Tragödie: »Buondelmonte«, aufgeführt; nach dieser gelangten bis 1842 von
ihm noch zur Aufführung die Tragödien: »La famiglia Foscari«, »Adelisa«, »Manfredi«,
»Giovannina I.«, »La Pia de' Tolommei«, »Berengario«, »Arrigo
di Savoia«. Andre wurden nur durch den Druck bekannt und zwar: »Corso Donati«, »Ezzelino III.«, »Ugolino«,
»La guerra de' baroni«, »Arnoldo
di Brescia«, »Cecilia di Baone«, »Corradino«.
Den nachhaltigsten Erfolg hatte Marenco mit seiner »Pia de' Tolommei«, welche einen dem Dante entlehnten Stoff behandelt und sich
noch gegenwärtig auf der italienischen Bühne behauptet. Zum Teil Alfieri nacheifernd, zum Teil von Manzoni
beeinflußt, war Marenco eigentümlich in der Art, auch das Volk in seinen Tragödien charakteristisch redend und handelnd einzuführen.
Religiöses Gefühl und Patriotismus sind in seinen Dichtungen stark ausgeprägt. In den letzten Jahren als Rat der Generalintendanz
von Savona angestellt, starb er Aus seinem Nachlaß erschienen noch: »Tragedie inedite, con
l'aggiunta di alcune poesie etc.« (Flor. 1856).
2) Leopoldo, Graf, ital. Dramatiker, Sohn des vorigen, geb. zu Ceva in Piemont, brachte schon im Alter von 20 Jahren
eine Tragödie: »IsabellaOrsini«, mit Erfolg zur Aufführung und übernahm 1851 eine Stelle im Finanzministerium,
welche er jedoch in Erkenntnis seiner mangelhaften Befähigung zur Beamtenlaufbahn bald wieder aufgab. Auch das 1860-64 zu
Bologna und 1864-71 zu Mailand bekleidete Lehramt der italienischen Litteratur entsprach nicht seinen Neigungen, und er lebte
fortan ausschließlich dem dichterischen Beruf.
Seine »Picarda Donati«, von der Ristori meisterlich dargestellt, sowie die Dramen: »Saffo« und »Speronella«
hatten zuerst seinen Erfolg begründet;
später pflegte er mehr das eigentliche Schauspiel. Er nahm seine Stoffe aus dem ländlichen
Leben (»Celeste«),
aus dem Leben der Gebirgsbewohner (»Il ghiacciajo del MonteBianco«),
mit andern Stücken ging er auf das Mittelalter zurück (»Il falconiere di Pietro Ardena« u. a.),
und seine Erfolge in dieser Richtung machten ähnliche Versuche eine Zeitlang zur Modesache. Er schrieb auch zahlreiche Lustspiele,
darunter: »Un malo esempio in famiglia«, »Letture
ed esempi«, »Lo spiritismo«, »Supplicio
di Tantalo«, »Gli amori del nonno«, »Quel
che nostro non è« (1877).
Phantasie und Erfindungsgabe stehen Marenco, der gegenwärtig in Turin lebt, reichlich
zu Gebote; doch ist das Poetische in seinen Werken mehr lyrischer als
dramatischer Natur. Eine Gesamtausgabe seiner Dramen in 20 Bänden
erscheint in Turin (1884 ff.).
Jetzt erst erschien Bonaparte mit der DivisionMonnier und der Konsulargarde und versuchte, indem er die
Flügel verstärkte, die Schlacht zum Stehen zu bringen. Aber die Tapferkeit der Garde war fruchtlos, das Zentrum der Franzosen
war vollständig durchbrochen, und auch die TruppenBonapartes wurden in den Rückzug mit fortgerissen. Der greise Melas hielt
den Sieg für entschieden, und erschöpft durch die Strapazen und durch eine leichte Wunde begab er sich
nach Alessandria zurück, um seinen Erfolg nach allen Seiten hin zu verkünden, während er seinem
Generalstabschef, General v. Zach, die Verfolgung des Feindes überließ. In diesem Augenblick (3 Uhr nachmittags) erschien Desaix
auf dem Schlachtfeld, der auf den Kanonendonner seinen Marsch auf Novi unterbrochen hatte und nach San Giuliano geeilt war.
Sofort warf er sich mit seinen 5000 Mann den Feinden entgegen, während Marmont das Geschütz sammelte
und auf die vorderste Kolonne der Österreicher richtete, welche Zach selbst befehligte. Einen Augenblick hemmte Desaix deren
Vormarsch; aber bald fiel er, durch eine Kugel tödlich getroffen, und die Österreicher drangen unaufhaltsam vor. Da griff
Kellermann mit seinen Dragonern die feindliche Flanke mit solchem Ungestüm an, daß er sie durchbrach und
Zach, mit 2000 Mann abgeschnitten, sich kriegsgefangen ergeben mußte.
Nun trat ein völliger Umschlag ein. Während die Franzosen sich sammelten und wieder zum Angriff vorgingen, wichen die Österreicher
erschreckt zurück; die Reiterei ergriff offen die Flucht und riß auch das Fußvolk mit fort, so daß zuletzt eine
wahre Panik ausbrach und alles in wirrem Knäuel sich über die Bormida zu retten suchte. Fast die ganze Artillerie blieb in
den Händen der Franzosen. Außerdem verloren die Österreicher 6400 Mann an Toten und Verwundeten und 3000 Gefangene, die Franzosen 7000 Mann
im ganzen.
Aber der unerwartete Sieg derselben war entscheidend: die allgemeine Niedergeschlagenheit ergriff auch
den Oberbefehlshaber, welcher bereits 15. Juni mit Bonaparte einen Vertrag schloß, worin er sich verpflichtete, Genua, Piemont
und die Lombardei zu räumen und sich hinter den Mincio zurückzuziehen. So rettete Desaix' und KellermannsTapferkeitBonaparte
vor dem Untergang. Im Gefühl der Beschämung über seinen geringen Anteil am Erfolg haben Bonaparte selbst
und seine Anhänger die Vorgänge der Schlacht möglichst zu verwirren und zu fälschen gesucht, und da Bonaparte sich nicht
selbst das ausschließliche Verdienst beimessen konnte, so ließ er bloß dem toten Desaix einen Teil des Ruhms zukommen. Erst
neuerdings ist der wirkliche Sachverhalt aufgeklärt worden.
Luca, Komponist, geboren um 1550 zu Coccaglio bei Brescia, erhielt seine Ausbildung durch den Kirchenkapellmeister
der letztern Stadt, Contini, trat schon 1580 mit einer zu Venedig
[* 98] erschienenen Sammlung von Madrigalen
als Komponist an die Öffentlichkeit, weilte um dieselbe Zeit am Hof des Königs von Polen, kehrte jedoch 1581 wieder nach Italien
zurück und fand in Rom, zuerst in Privatkapellen, seit 1595 aber in der päpstlichen Kapelle, einen Wirkungskreis. Er starb ist
namentlich durch seine Madrigale bekannt geworden, welche ihm den Beinamen des »più dolce cigno
d'Italia« einbrachten, hat sich jedoch auch als Kirchenkomponist glänzend bewährt. Durch die Kühnheit seiner Modulation
und den freien Gebrauch der Chromatik erscheint er als Vorläufer der bald nach seinem Tod zur Herrschaft gelangten dramatischen
Musik, wiewohl ein 1585 aufgeführtes, von
ihm komponiertes Festspiel (intermedio): »Il combattimento d'Apolline
col serpente«, noch ganz im herkömmlichen Madrigalstil gehalten ist.
(spr. -rä), 1) HuguesBernard Maret, Herzog von Bassano, franz. Diplomat, geb. zu Dijon
[* 100] als Sohn eines Arztes,
trat zuerst in das Militär ein, wandte sich aber bald der Rechtswissenschaft zu, ward 1783 Advokat beim Parlament von Bourgogne
und 1785 zu Paris, wo er seit 1789 mit Méjean das »Bulletin de l'Assemblée« redigierte, aus dem später
der »Moniteur universel« entstand. Anfangs hielt sich Maret zu den Jakobinern, 1791 wandte er sich aber der konstitutionell-monarchischen
Partei zu und wurde Mitgründer des Klubs der Feuillants. 1792 erhielt er unter Lebrun das Ministerium des Auswärtigen und ging
im Sommer 1793 als Gesandter nach Neapel, wurde aber in Graubünden
von den Österreichern festgenommen und zu Kufstein
in Tirol gefangen gehalten, bis er im Juli 1795 gegen die Tochter Ludwigs XVI. ausgewechselt ward. 1796 ward er in den Rat der
Fünfhundert gewählt.
Während der Hundert Tage übernahm er wieder das Staatssekretariat. Deshalb bei den Bourbonen in Ungnade gefallen und aus Frankreich
verbannt, ging er nach der Schweiz, ward aber dort 1816 von den Österreichern auf kurze Zeit verhaftet.
Darauf lebte er erst in Linz
[* 101] und Graz, bis er 1819 die Erlaubnis zur Rückkehr nach Frankreich erhielt. Unter der Dynastie Orléans
[* 102] wurde Maret zum Pair und zum Präsidenten eines Ministeriums der Mittelpartei ernannt,
nahm aber schon 18. Nov. seine Entlassung und zog sich seitdem von den Staatsgeschäften zurück; in der Pairskammer hielt er
sich zur gemäßigten Opposition. Er starb in Paris. Maret war ein fein gebildeter, ehrenhafter Mann, dessen versöhnliche
Milde ihm allgemeine Achtung gewann.
Vgl. Ernouf, Maret, duc de Bassano (2. Aufl., Par. 1884).