zusetzt und den
Rosoglio abdestilliert. Nach Versüßung mit
Raffinade wird der Maraschino endlich durch
Baumwolle
[* 2] sorgfältig filtriert.
Die berühmteste
Fabrik ist die von Drioli in
Zara;
[* 3] doch kommt jetzt auch guter aus
Triest,
[* 4]
Wien,
[* 5]
Pest und
Graz.
[* 6] Nachgeahmt wird
der Maraschino durch eine mit
Zucker
[* 7] und
Spiritus
[* 8] versetzte Mischung von Himbeerwasser,
Bittermandelwasser und Orangenblütenwasser.
(spr. -rá),Jean Paul, eins der berüchtigtsten
Häupter der französischen
Revolution, geb. zu
Boudry
bei
Neuchâtel von protestantischen Eltern, studierte
Medizin und erwarb sich sodann, meist auf
Reisen befindlich,
die
Mittel zu seiner
Existenz durch Schriftstellerei und bei einem längern Aufenthalt in
Edinburg
[* 9] 1774 durch
Unterricht in der
französischen
Sprache.
[* 10] In dieser Zeit erschien von ihm die revolutionäre
Schrift »The chains of slavery« (Edinb.
1774; franz., Par. 1792). Die philosophische
Schrift
»De l'homme, ou des principes et des lois de l'influence
de l'âme sur le corps et du corps sur l'âme« (Amsterd. 1775, 3 Bde.)
wurde die Veranlassung zu einem Streit mit
Voltaire, der sie in der
»Gazette littéraire« besprach. In seinen an paradoxen
Behauptungen reichen physikalischen
Schriften aus dieser Zeit: »Découvertes sur le feu, l'électricité
et la lumière« (1779),
SeinOrgan war seit der »Publiciste parisien«, später der
»Ami du peuple«, endlich das
»Journal de la République«,
welche die ungereimtesten Gerüchte brachten und sich namentlich durch
Denunziationen auszeichneten, aber beim niedern
Volk
alsOrakel galten.
Danton führte ihn in den
Klub der
Cordeliers, und bei ihnen fand er
Schutz, als Malouet
ihn wegen seiner
Aufforderung, 800
Deputierte, vorab
Mirabeau, an den
Bäumen des Tuileriengartens aufzuknüpfen, in
Anklagestand
versetzte und der
Stadtrat von
Paris ihn darauf verfolgen ließ Marat verbarg sich in den
Kellern
der
Cordeliers und wagte sich erst nach dem Fluchtversuch des
Königs wieder an die
Öffentlichkeit, um von neuem die maßlosesten
Artikel gegen die
Girondisten zu schleudern. Er war einer der Haupturheber der Septembermorde und setzte auch unter dem
Eindruck
derselben 1792 in
Paris seine
Wahl zum Mitglied des
Konvents durch. Er wurde hier allgemein verabscheut;
so oft er das
Wort ergriff, übertäubte ein
wilder
Tumult seine
Stimme, während ihm die
Tribünen Beifall zujauchzten.
Seine
Leiche wurde mit
Pomp im
Garten
[* 16] derCordeliers begraben und sein von
David gemaltes
Bild auf einem
Altar
[* 17] im
Hof
[* 18] des
Louvre erst öffentlich ausgestellt, dann im
Konvent aufgehängt. Marats Mätresse wurde aus Staatsmitteln ernährt.
Der
Konvent ließ durch einen Beschluß den Überresten Marats die
Ehre des
Panthéons zuerkennen aber schon im
Februar 1795 wurde die
Leiche wieder hinausgeworfen und gleichzeitig sein
Bild aus dem
Konvent entfernt.
(Maratha,Mahratten),
Volk in
Britisch-Indien, welches die Gegenden östlich von den Westghats, von der
Tapti
im N. bis zum Oberlauf der
Kistna im
S. und westlich bis zu den
Grenzen
[* 19] der Besitzungen des
Nizam von
Haidarabad bewohnt,
also außer dem letztgenannten
Staat vornehmlich
Indor und den mittlern Teil der
PräsidentschaftBombay.
[* 20] Die ethnologische
Stellung
der Marathen läßt sich mit Sicherheit nicht bestimmen; nach ihrer
Sprache (s.
Marathi) und
Überlieferung sind sie
Arier, nach ihrem
Äußern aber weit mehr
Drawida (s. d.); jedenfalls hat sich hier eine Mischung vollzogen.
Die
Traditionen der Marathen vermögen uns über diesen
Punkt nicht aufzuklären. Frühzeitig zum
Brahmanismus bekehrt, betrachten
sie sich selber als zu den
Hindu gehörig und haben keine andern
Überlieferungen als die Mythenbildungen der
Brahmanen. Indessen
beweist die niedrige
Stellung, welche den Marathen in der
Hierarchie der indischen
Kasten angewiesen ist, zur
Genüge, daß sie zu den Bekehrten oder Unterworfenen gehören. Dennoch kann die Herrschaft der
Arier nur eine nominelle gewesen
sein; sie erhoben zwar
Abgaben, rührten aber nicht an der politischen
Organisation der Marathen, die eine durchaus republikanische,
also von dem arischen Staatssystem völlig verschiedene war, und die auch unter der britischen
Regierung
bestehen geblieben ist.
Das Land hatte keine einheitliche
Regierung, bestand vielmehr aus einer Kollektivgenossenschaft von
Gemeinden, regiert von
erwählten Oberhäuptern (Patel) und einer Gemeindeversammlung (Pantschajet). Man hat danach die auch für
Dschat angesehen,
beeinflußt durch eine längere Berührung mit
Ariern,
Bhil,
Drawida. Wie jene haben sie trotz aller
Wandlungen
ihre politischen
Institutionen aufrecht zu erhalten gewußt, das
Joch der Eroberer abgeschüttelt, das Mongolenreich gestürzt
und die Macht der
Radschputen gebrochen.
¶
mehr
Die Marathen sind heute Ackerbauer und fallen mit der Kaste der Kunbi zusammen, sind also Sudra. Ihrem Äußern nach sind sie von
mittlerer Statur, durchschnittlich 1,6 m groß, mit mehr drawidischer Gesichtsformation, massig hervortretenden
Backenknochen, kleinen Augen und oftmals aufgestülpter Nase,
[* 22] brauner Hautfarbe in vielen Schattierungen; die sehr kleinen Frauen
sind besonders hell, aber keineswegs schön. Die Marathen sind stärker gebaut als die Bewohner Nordindiens, von großer
Ausdauer und haben daher immer gute Soldaten abgegeben. Von großem Unabhängigkeitssinn beseelt, haben sie sich immer thatkräftig,
aber wenig verlegen in der Wahl der Mittel zur Erreichung ihrer Zwecke gezeigt. Die Zahl aller Marathen beträgt,
wenn man die Sprache, das Marathi (s. d.), zur Richtschnur nimmt, nach dem Zensus von 1881: 16,966,665 Seelen, wovon 9 Mill.
auf die PräsidentschaftBombay, über 3 Mill. auf Haidarabad und etwa je 2 Mill. auf Berar und die Zentralprovinzen kommen. -
In der Geschichte werden die Marathen zuerst 640 v. Chr. genannt;
unter König Asoka (246 v. Chr.) machte ihre
Bekehrung zum Buddhismus große Fortschritte, ihre Unabhängigkeit verloren sie aber seit den ersten mohammedanischen Einfällen
(1294) mehr und mehr.
Indes konnte die Herrschaft der Mogulkaiser nie fest unter ihnen aufgerichtet werden, und 1648 schüttelten
sie unter Siwadschis Führung das Joch völlig ab und begannen ihre Eroberungszüge. Allein innere Zwistigkeiten
untergruben bald die Macht der und als 1714 die Würde des Vorstandes (Peischwa) in einer Familie erblich wurde, führte deren
Herrschsucht zum Bürgerkrieg. Die unglückliche Schlacht von Panipat gegen Ahmed Schah in welcher 200,000 Marathen fielen,
gab der Macht des Peischwa einen Stoß, von dem sie sich nie wieder erholte. Fortan waren es einzelne Große,
welche gesondert die Führung übernahmen, und als in den Kriegen gegen die OstindischeKompanie die Marathen 1818 endlich politisch
gänzlich vernichtet waren, blieben als Trümmer des alten Reichs nur die von Marathen regierten Vasallenstaaten
Baroda, Gwalior, Indor und einige kleinere übrig.
(Mahratti), Volkssprache im westlichen und mittlern Vorderindien für 15½ Mill. Menschen, entstand aus dem
Maharaschtri, dem wichtigsten Prakritdialekt, der bis in das 9. Jahrh. n. Chr. in einem großen Teil Indiens herrschte und
seinerseits auf das Sanskrit zurückgeht; doch hat es auch einiges aus den Ursprachen Indiens entlehnt.
Die Schrift ist aus dem Sanskritalphabet entstanden. Die Litteratur des Marathi besteht aus Übertragungen oder Nachahmungen von
Sanskritwerken.
im AltertumFlecken in der attischen Landschaft Diakria, unweit des Meers am südwestlichen
Rand einer größern Strandebene und am Nordfuß des Pentelikon gelegen, ist berühmt durch den Sieg, welchen hier 490 v. Chr.
die Athener unter Miltiades (s. unten) über die Perser erfochten. Noch jetzt liegt an dem Hauptbach der Ebene, 28 km von Athen,
[* 23] ein kleines Dorf, Marathona, in dessen Nähe das alte Marathon gestanden hat. Von den von Pausanias beschriebenen
Denkmälern zur Erinnerung an die Schlacht hat sich der 12 m hohe und 150 m im Umfang haltende Grabhügel der gefallenen Athener
sowie die Fundamente des Trophäums und des Denkmals des Miltiades bis auf den heutigen Tag erhalten.
Schlacht bei Marathon. Das persische Heer von 100,000 Mann, welches Dareios I.
490 v. Chr. unter dem Befehl des Datis und Artaphernes
gegen Griechenland
[* 24] ausgeschickt hatte, war nach der Zerstörung Eretrias an der Bucht von Marathon gelandet, um von da aus zu Lande
gegen Athen vorzudringen. Sofort zogen 9000 athenische Hopliten unter den zehn Strategen und dem Polemarchen
Kallimachos nach dem bedrohten Punkt, um den Persern den Weg zu verlegen. Obwohl die Hilfe der Spartaner ausblieb (2000 Lakedämonier
langten erst nach der Schlacht an) und nur 1000 Platäer zum athenischen Heer stießen, so beschlossen die Feldherrn auf Rat des
Miltiades doch, bei eine Schlacht zu wagen, und übertrugen auf Antrag des Aristeides dem mit der persischen
Kriegführung vertrauten Miltiades den Oberbefehl.
Von ihrem Lager
[* 25] am Fuß des Pentelikon schritten die Athener am Morgen des 17. Metageitnion(12. Sept.) zum Angriff. In langer Linie,
damit ihre Flügel von den Persern nicht umfaßt werden könnten, rückten sie gegen dieselben vor, welche
gerade im Begriff waren, ihr Lager bei Marathon zu verlassen, da sie den direkten Marsch durch Attika aufgegeben und die Reiterei und
einen Teil der Mannschaft bereits wieder eingeschifft hatten, um zur See nach Athen zu gelangen. Zuletzt im Laufschritt
stürmten die Athener auf die persische Schlachtreihe los und gerieten sofort in heftiges Handgemenge, in welchem ihre schwere
Bewaffnung, ihr persönlicher Mut und ihre gymnastische Gewandtheit ihnen zu statten kamen. Ihre allzu dünne Mitte unter Aristeides
und Themistokles ward allerdings etwas zurückgedrängt, aber die siegreichen Flügel kamen nun den Persern
in Rücken und Flanke; diese flohen und wurden in den Sümpfen in großer Menge getötet. Einigen gelang es, auf die Schiffe
[* 26] zu
entkommen, von denen nur sieben in die Hände der Athener fielen. Bei dem Kampf um die Schiffe ward Kallimachos getötet. Miltiades
führte das Heer noch an demselben Tag nach Athen zurück, um die Stadt gegen einen persischen Angriff und
den Verrat der eignen Bürger zu schützen. Der Sieg hatte 192 Tote gekostet. Die Marathonkämpfer (Marathonomachoi) waren noch
lange Zeit nachher die Vorbilder tapferer Bürger.
(Maratta), Carlo, ital. Maler, geb. zu Camerino bei Ancona,
[* 27] studierte zu Rom
[* 28] unter
A. Sacchi und bildete sich nach den Werken der Carracci und Raffaels weiter. Nachdem er 1650 mit einem Christuskind in der
Krippe in der KircheSan Giuseppe de Falegnani sich einen Namen erworben, erhielt er vom päpstlichen Hof zahlreiche Aufträge.
Clemens XI. ernannte ihn 1704 für Restaurierung eines Teils der Fresken Raffaels im Vatikan
[* 29] und in der
Farnesina zum Ritter des Christusordens, Innocenz XI. zum Aufseher der vatikanischenZimmer. Maratti starb in Rom. Seine
Werke, meist von kleinerm Format, tragen, so großen Beifall sie auch bei den Zeitgenossen fanden, das Gepräge des Verfalls
der italienischen Malereian sich; die Milde und Freundlichkeit seiner Bilder kann den Mangel origineller
Kraft
[* 30] nicht verdecken. Nur in seinen Bildnissen erhob er sich über seine Zeit hinaus durch vornehme Auffassung und feine
¶
mehr
Individualisierung zu Schöpfungen von dauerndem Wert. Er hat auch eine Anzahl guter Radierungen gefertigt. - Seine Tochter
Faustina Maratti machte sich als Dichterin und Malerin bekannt; sie war mit dem Dichter Zappi vermählt.
Oberamtsstadt im württemberg. Neckarkreis, am Neckar, der unterhalb der Stadt die Murr aufnimmt, und an der
LinieBietigheim-Backnang der Württembergischen Staatsbahn, in 200 m Meereshöhe, hat 2 evang.
Kirchen (darunter die schöne, im frühgotischen Stil 1451-80 erbaute Alexanderkirche, nördlich von der
Stadt, mit vielen Grabmälern), ein Amtsgericht, ein Schlachthaus, Zichorienfabrikation, Furniersägerei, Gerberei, Obst- und
Weinbau und (1885) 2407 meist evang. Einwohner. ist der Geburtsort
Schillers und des Astronomen TobiasMayer.
In dem Geburtshaus des erstern ist die Büste des Dichters von Thorwaldsen aufgestellt; eine nahe Anhöhe
schmückt seit 1876 sein Standbild (von Rau inStuttgart
[* 34] gefertigt). Die vielen hier und in der Umgegend aufgefundenen Römerdenkmäler
lassen vermuten, daß Marbach von den Römern gegründet worden; schon 950 war es Festung.
[* 35] Hier wurde zwischen einigen
rheinischen Fürsten und 17 schwäbischen Städten ein Bündnis (MarbacherBund) geschlossen. Marbach war seit
den ältesten Zeiten württembergisch, wurde aber 1462 pfälzisches Lehen und kam erst 1504 wieder an Württemberg.
[* 36] 1693 wurde
die Stadt von den Franzosen niedergebrannt. Das königliche Hauptgestüt Marbach liegt im Donaukreis, OberamtMünsingen.
2) Hans, Schriftsteller und Dichter, Sohn des vorigen, geb. zu Leipzig, studierte in Berlin
[* 47] und Tübingen
[* 48] Philosophie
und Geschichte und ließ sich nach zeitweiligem Aufenthalt in Dresden,
[* 49] Genf,
[* 50] Paris, Berlin 1872 dauernd in seiner
Vaterstadt nieder, wo er 1880 die Redaktion der »Wissenschaftlichen Beilage«
zur offiziellen »LeipzigerZeitung« übernahm. Außer einer Sammlung formschöner und meist origineller »Gedichte«
(Berl. 1869) und den Novellen »Auf Irrwegen« (Leipz. 1880) bethätigte
Marbach ein wirklich gestaltendes und entwickelungsfähiges, aber, wie es scheint, nicht ausgiebig
produktives Talent in den Dramen: »Timoleon« (Berl. 1869),
lebte als Sachwalter in Paris und starb in
St.-Cloud. Er ist der Begründer der unter dem Namen »Krippen« (crèches) bekannten Kleinkinderbewahranstalten (s. d.),
deren erste er 1844 eröffnete.
Für seine darauf bezügliche Schrift »Des crèches« (1845, 7. Aufl. 1873)
erhielt er den Montyonschen Preis der Akademie.
Außerdem schrieb er: »Politique des intérêts« (1834);
Schlacht im Teutoburger Wald im J. 9 zerfiel Marbod mit Arminius (s. d.), und es kam zum Krieg zwischen beiden, in welchem die Langobarden
und Semnonen sich von Marbod trennten. Eine blutige Schlacht, die sich beide (17) lieferten, blieb zwar zunächst unentschieden.
Da sich indes Marbod zurückzog und ihn deshalb viele der Seinen verließen, wandte er sich an Rom um Hilfe.
Drusus, des KaisersTiberius Sohn, wurde zwar hierauf an die Donau gesandt, aber nur, um durch heimliche Anschläge Marbods völligen
Untergang herbeizuführen. Er bediente sich dazu eines vornehmen Gotonen, Catwalda, der die markomannischen Großen gewann und
sich der Hauptstadt des Reichs bemächtigte (19). Marbod floh über die Donau nach Noricum und erhielt durch
TiberiusRavenna zum Aufenthaltsort angewiesen, wo er 41 starb.
[* 56] 1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel,
[* 57] zu beiden Seiten der Lahn und an der LinieKassel-Frankfurt
a. M. der Preußischen Staatsbahn, 182 m ü. M.,
liegt zum größern Teil auf den Terrassen eines bis zum Flußufer allmählich sich abdachenden, mit einem altertümlichen
Schloß gekrönten Bergrückens am rechten, zum kleinern Teil (Vorstadt Weidenhausen und der Bahnhof) am linken Lahnufer. Beide
Stadtteile sind durch zwei Brücken
[* 58] verbunden.
Das Innere der Stadt trägt den Charakter einer altertümlichen Bergstadt. Zu den vorzüglichsten Gebäuden
gehört das Schloß (in gotischem Stil). Der interessanteste Teil desselben ist der schöne, vom LandgrafenHeinrich I. 1277 begonnene
und 1312 vollendete, 36 m lange Rittersaal, in welchem 1529 das Marburger Religionsgespräch (s. unten) abgehalten worden
sein soll. Diesem schräg gegenüber befindet sich die jetzt außer Gebrauch gesetzte Schloßkapelle,
welche, wie auch der Rittersaal, neuerdings restauriert worden ist.
Das Schloß enthält seit 1867 das hessische Staatsarchiv. Eine große Zierde der Stadt ist die von 1235 bis 1283 vom DeutschenRitterorden erbaute, 1850-67 durchaus restaurierte Elisabethkirche im reinsten frühgotischen Stil, mit dem prächtigen Grabdenkmal
der heil. Elisabeth und zwei schlanken Türmen von 74,29 m Höhe;
die Kugelkirche,
ein spätgotischer, jetzt den Katholiken eingeräumter Bau;
das Rathaus und das neue Universitätsgebäude gotischen
Stils.
Die Zahl der Einwohner betrug 1885 mit der Garnison (ein Füsilierbataillon Nr. 80) 12,668, darunter 1082 Katholiken
und 349 Juden. Die Industrie beschränkt sich auf Gerberei, Fabrikation von Maschinen, chirurgischen Instrumenten und Zinnwaren,
Töpferwaren, Schuhwerk und Spielzeug, Kunsttischlerei und -Schlosserei und Bierbrauerei.
[* 59] Von Behörden befinden sich dort:
ein Landgericht, ein Hauptsteueramt und eine Oberförsterei. Unter den Schulen nimmt die Universität den
ersten Rang ein.
Der Name der Stadt Marburg kommt urkundlich zu Anfang des 13. Jahrh. vor. LandgrafLudwig der Heilige von Thüringen erteilte ihr 1227 Stadtrechte,
und nach dem Tode dieses Fürsten wurde Marburg zum Wittum für seine WitweElisabeth bestimmt, die nächst der
Lahn, am nordöstlichen Fuß des Schloßbergs, ein Hospital erbaute (s. Elisabeth 14). Ihr Grab, über dem der Deutsche
[* 63] Orden
[* 64] 1235-83
eine schöne Kirche erbaute, ward bald ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Schon beim Erlöschen des thüringischen Mannsstammes
(1247) war Marburg die zweite Stadt Hessens, die Burg aber wurde seitdem die mit Kassel wechselnde Residenz der hessischen Landgrafen.
Zwar mußte die Besatzung sich einem Belagerungsheer der Verbündeten ergeben, aber schon fiel
Marburg von neuem in die Hände der Franzosen. Vergeblich versuchten die Verbündeten in der Nacht vom 14.-15. Febr. 1761 eine Überrumpelung,
ebensowenig glückten zwei Belagerungen, die im nächsten Monat und Ende August 1762 vorgenommen wurden.
Ende Dezember 1806 war Marburg Schauplatz einer Erhebung der hessischen Bauern gegen die Franzosen, doch wurden jene bald zerstreut.
Ein neuer, von dem greisen Oberst Emmerich
[* 69] geleiteter Aufstand hatte denselben Erfolg; Emmerich selbst ward in Kassel
erschossen. Schon unter LandgrafFriedrich II. waren die städtischen Befestigungen von Marburg geschleift worden; 1810 und 1811 wurden
nun auch die Befestigungen des Schlosses von den
Dithmar, Aus der Vorzeit Marburgs und seiner
Umgegend (das. 1872);
Kolbe, Die Sehenswürdigkeiten Marburgs (das. 1884).
2) Stadt in Steiermark,
[* 72] 274 m ü. M., am linken Ufer der schiffbaren Drau und an der Südbahnlinie Wien-Triest,
von welcher hier die Linie nach Kärnten und Tirol
[* 73] abzweigt, ist freundlich gebaut, hat mehrere Plätze, 2 Brücken, eine 1548 erbaute
Kathedrale, ein Kasino mit Theater,
[* 74] einen Stadtpark mit den DenkmälernKaiserJosephs II., des ErzherzogsJohann
und des in Marburg gebornen Vizeadmirals Tegetthoff und 1880 mit Militär (1604 Mann) 17,628 Einw. vorwiegend deutscher Nationalität
(die Umgebung hat meist slowenische Bewohner). An Industrieetablissements besitzt die lebhaft aufblühende Stadt mehrere
Leder- und Schuhwarenfabriken, Dampfmühlen, Bindereien, Kaffeesurrogat- und Likörfabriken, Bierbrauereien, eine Champagnerfabrik,
eine Gasanstalt und große Werkstätten der Südbahn.
In der Umgebung befinden sich mehrere Glasfabriken. Von großer Bedeutung ist auch der Handel, namentlich mit dem in der Umgegend
stark angebauten Wein, mit Holz
[* 75] und den Industrieprodukten. An Kreditinstituten besitzt eine Eskomptebank und eine Sparkasse
(6 Mill. Gulden Einlagen). ist der Sitz einer Bezirkshauptmannschaft (für die Umgebung; Marburg selbst
ist Stadt mit eignem Statut), zweier Bezirksgerichte, einer Finanzbezirksdirektion sowie des Fürstbischofs von Lavant und hat
ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine theologische Diözesanlehranstalt, Lehrerbildungsanstalt, Wein- und Obstbauschule,
ein öffentliches Krankenhaus,
[* 76] ein Militärspital und ein Bürgerversorgungshaus. Das Schloß Obermarburg, welches nördlich
der Stadt auf einem Bergkegel stand, ist ganz zerstört. Westlich von Marburg liegt das Dorf MariaRast, mit
besuchter Wallfahrtskirche, Fundort bedeutender römischer Altertümer. 1480 und 1481 wurde Marburg von MatthiasCorvinus vergeblich
belagert.
(spr. -ssell),Etienne, Prévôt der Kaufmannschaft von Paris, hatte sich durch seine populäre Beredsamkeit Ansehen
und Einfluß zu verschaffen gewußt, als er 1356 nach der Schlacht bei Poitiers auf der Versammlung der
Reichsstände in Paris Abstellung der Mißbräuche des Feudalkönigtums, Entlassung mehrerer königlicher Beamten und Einsetzung
einer aus den Ständen gebildeten Aufsichtsbehörde über die Finanzen forderte; ihn unterstützte der Bischof von Laon, Lecoq.
(spr. -tschello), 1) Benedetto, Komponist, geb. zu Venedig,
[* 87] bekleidete nach vollendeten wissenschaftlichen
Studien das Amt eines Richters unter den sogen. Vierzigern der Republik, wurde dann Proveditore zu Pola
[* 88] und endlich Kanzler oder
Schatzmeister zu Brescia, wo er starb. Von frühster Kindheit an der Musik eifrig ergeben und
unter Leitung Gasparinis künstlerisch ausgebildet, entfaltete er von 1724 an eine so erfolgreiche Thätigkeit als Komponist
und Musikschriftsteller, daß er mit Recht als einer der vornehmsten Vertreter der Nachblüte gelten darf, welche die zwei
Jahrhunderte zuvor durch Willaert (s. d.) begründete venezianische Schule im 18. Jahrh. erlebte.
Von seinen durch edle Einfachheit und Erhabenheit, besonders aber durch innigen Zusammenhang zwischen Wort und Ton ausgezeichneten
Kompositionen sind zu erwähnen: die Musik zur Giustinianischen Bearbeitung von 50 PsalmenDavids;
1) MarcusClaudius, begann seine kriegerische Laufbahn in Sizilien
[* 90] und wurde später kurulischer Ädil und
Augur. Während seines ersten Konsulats (222 v. Chr.) führte er in Gemeinschaft mit seinem Kollegen Gnäus CorneliusScipio den
Krieg gegen die Insubrer in Oberitalien,
[* 91] die durch zwei siegreiche Schlachten völlig unterworfen wurden; in einer derselben
tötete er den feindlichen Anführer und gewann dadurch die Auszeichnung der Spolia opima. 216, nach der
Schlacht bei Cannä, brachte er als Prätor durch einen Ausfall aus Nola dem Hannibal zuerst einen Verlust bei, was wesentlich
dazu beitrug, den gesunkenen Mut der Römer wieder zu heben.
Seitdem hat er bis zu seinem Tod an dem Kriege gegen Hannibal ununterbrochen als Anführer teilgenommen
und zwar mit der größten Kühnheit und mit vielen glücklichen Erfolgen, so daß er das SchwertRoms genannt wurde. 215 wurde
er zum zweitenmal zum Konsul gewählt, mußte aber abdanken, weil seine Wahl wegen eines Formfehlers (in Wahrheit aber, weil
zwei Plebejer gewählt worden waren) für ungültig erklärt wurde. Er führte aber den Oberbefehl fort
und schlug Hannibal 215 nochmals bei Nola, wurde 214 wieder zum Konsul gewählt, schlug als solcher Hannibal zum drittenmal,
begab sich aber dann nach Sizilien, wo er denKrieg gegen Syrakus
[* 92] nach einer langen, durch die Mitwirkung des Archimedes berühmten
Verteidigung 212 durch die Eroberung dieser Stadt beendigte. In seinem vierten Konsulat 210 lieferte er
Hannibal ein unentschiedenes Treffen bei Numistro in Lukanien; 209 kämpfte er bei Canusium in Apulien drei Tage hintereinander
mit Hannibal, am ersten Tag mit unentschiedenem Erfolg, am zweiten wurde er geschlagen, am dritten aber gewann er einen vollständigen
Sieg.
208, zum fünftenmal zum Konsul gewählt, wurde er, mehr als 60 Jahre alt, bei Venusia von Hannibal
in einen Hinterhalt gelockt und nebst zahlreichen Begleitern erschlagen.
4) MarcusClaudius, der von Vergil und Horaz gefeierte und betrauerte Sohn des vorigen, geboren um 43 v. Chr., wurde von Augustus,
seinem Oheim, 25 mit Julia, der Tochter des Kaisers, vermählt, starb aber schon 23 in Bajä. Augustus ließ
ihn auf dem Marsfeld begraben, hielt ihm selbst die Leichenrede und weihte seinem Andenken das Theatrum Marcelli.
2) Marcellus II., vorher Cervini, geboren zu Fano, war unter Paul III. Kardinal und päpstlicher Gesandter auf dem Konzil von Trient
[* 93] und bestieg als Nachfolger Julius' III. den päpstlichen Stuhl, starb aber schon Die »MissaMarcelli«
von Palestrina ist nach ihm genannt.
(spr. -ssähr),EmileLouisGustaveDeshayes de, franz. Staatsmann, geb. zu Domfront (Orne), studierte
die Rechte, trat 1848 in den Justizdienst und wurde Prokurator in St.-Pol, dann Gerichtspräsident in Avesnes
und endlich Rat am Appellhof von Douai: 1869 machte er sich zuerst politisch bekannt durch eine Broschüre gegen das Kaiserreich:
»La politique d'un provincial«. 1871 in die Nationalversammlung gewählt, schloß er sich dem linken Zentrum an und verteidigte 1874 geschickt
und mit Würde die munizipalen Freiheiten gegen BrogliesWillkür. 1876 von neuem in die Deputiertenkammer
gewählt, ward er bei der Bildung des neuen MinisteriumsDufaure Ricards Generalsekretär und nach dessen frühem Tod im April
dessen Nachfolger als Minister des Innern. Er brachte sofort ein Munizipalgesetz ein, welches die Selbständigkeit der Gemeinden
wiederherstellen sollte und auch von den Kammern im August 1876 angenommen wurde. Jedoch schon im Dezember
mußte er infolge einer Kabinettskrisis Simon weichen. In dem zweiten MinisteriumDufaure vom bis war er
wiederum Minister des Innern. Seit 1884 ist erSenator.