(Felis leo Löwe), Säugetierart aus der
Ordnung der
Raubtiere
[* 3] und der
Familie und der
Gattung der
Katzen,
[* 4] unterscheidet
sich von seinen Gattungsverwandten auffallend genug durch den kurzen, gedrungenen
Körper, die kurze,
glatt anliegende, einfarbige
Behaarung, die ansehnliche
Mähne um
Hals und Vorderbrust des männlichen
Tiers, das breite
Gesicht
[* 5] mit verhältnismäßig kleinen
Augen und den in eine
Quaste endigenden und in dieser
Quaste mit einem hornigen
Nagel versehenen
Schwanz.
DieMähne ist sehr veränderlich nach der
Heimat des
Löwen,
[* 6] so daß man nach ihr mehrere
Arten oder wenigstens
Abarten des
Löwen
(Perser-,
Senegal-, Kaplöwe, s. Tafel
»Raubtiere III«,
[* 7] und der kleinere, mähnenlose Löwe von
Gudscharat) unterschieden
hat. Die ausgezeichnetste
Abart ist der Löwe der
Berberei
(LeobarbarusCuv.). Derselbe wird 1,5 m lang und
80-90
cm hoch, hat einen 80
cm langen
Schwanz, eine breite
Brust und schlanke
Weichen. Der dicke, fast viereckige
Kopf verlängert
sich in eine breite, stumpfe Schnauze; die
Ohren sind abgerundet, die
Augen von mittlerer
Größe, aber lebendig und feurig,
die
Gliedmaßen gedrungen und außerordentlich kräftig; die
Pranken sind größer als bei allen übrigen
Katzenarten.
Die
Behaarung ist lebhaft rötlichgelb oder fahlbraun. Die dichte, fahlgelbe, stark mit
Schwarz gemischte
Mähne besteht aus
langen, schlichten
Haaren und reicht vorn bis zur Handwurzel, hinten bis fast zur Hälfte des
Rückens und der Seiten herab.
Auch der
Unterleib zeigt seiner ganzen
Länge nach eine dicht stehende, längere, schlichte, schwarze
Behaarung,
und an den
Ellbogen und den Vorderteilen der
Schenkel stehen wenigstens noch schwarze Haarbüschel. Neugeborne
Löwen haben
etwa 33
cmLänge, aber weder
Mähne noch Schwanzquaste, sondern sind mit wolligen, gräulichen
Haaren bedeckt, am
Kopf und an den
Beinen schwarz gefleckt, an den Seiten, über dem
Rücken und am
Schwanz mit kleinen, schwarzen Querstrichen
gebändert und mit schwarzer Rückenlinie gezeichnet.
Schon im ersten Jahr verschwinden
Flecken und
Streifen, im zweiten wird die Grundfarbe ein gleichmäßiges Fahlgelb, und im
dritten Jahr erscheinen mit der
Mähne alle Zeichen der
Mannbarkeit. Bei der Löwin ist die
Behaarung überall
kurz und am Vorderkörper höchstens eine Andeutung der
Mähne vorhanden. Der Berberlöwe findet sich in den
Ländern
des
Atlas,
[* 8] der Perserlöwe von
Persien
[* 9] bis
Indien, der Senegallöwe vom 20.° nördl.
Br. bis zum
Kap und von der
West- bis zur Ostküste,
der Kaplöwe außer im
Kapland, wie es scheint, auch in
Habesch, der Gudscharatlöwe findet sich in den
Dschangelwaldungen längs der
Flüsse.
[* 10]
Früher war der Löwe weit verbreiteter als gegenwärtig. Zur Zeit der
Römer
[* 11] fand er sich nicht nur in ganz
Afrika
[* 12] und im südwestlichen
Asien,
[* 13] in
Syrien und
Palästina,
[* 14] sondern auch in
Griechenland
[* 15] und
Makedonien. Der Löwe der
Berberei insbesondere
lebte früher im ganzen nördlichen
Afrika mit Einschluß
Ägyptens. Jetzt
ist er aus dem ganzen untern Nilthal völlig verschwunden.
Auch wo er noch einheimisch ist, in
Tunis,
[* 16] in der
OaseFezzan, in
Algerien und
Marokko, findet er sich bei weitem nicht mehr so
häufig wie früher; überall hat er der andringenden
Kultur weichen müssen, und namentlich haben auch
die langwierigen
Kriege der
Franzosen in
Algerien die
Reihen der
Löwen sehr gelichtet, abgesehen von der Thätigkeit französischer
Löwenjäger, wie des berühmten Jules
Gérard. Am zahlreichsten ist noch der Senegallöwe zu finden, obwohl auch er nach
und nach immer weiter zurückgedrängt wird.
Der Löwe lebt einzeln und hält sich nur von der Brunstzeit an, und bis die
Jungen ein gewisses
Alter erreicht haben, zu seinem
Weibchen. Jeder Löwe hat sein Gebiet, doch vereinigen sich oft auch mehrere
Löwen zu größern Jagdzügen.
Breite,
[* 17] waldige
Thäler
sind sein Lieblingsaufenthalt.
In denGebirgen steigt er bis zu 1500 m empor. An einem geschützten
Ort
scharrt er sich eine flache Vertiefung als
Lager
[* 18] und ruht hier einen oder mehrere
Tage lang, je nachdem er
Nahrung findet und
sich sicher fühlt. In größern Waldungen hält er sich oft geraume Zeit an einem und demselben Platz
auf und zieht erst dann weiter, wenn die Gegend ausgebeutet ist. Er ist weit träger als die übrigen
Katzen und sucht es
sich stets so bequem wie möglich zu machen. Im Ostsudân folgt er regelmäßig den dort nomadisch lebenden Bewohnern, von
ihren
HerdenTribut erhebend.
Gern richtet der Löwe, besonders der ältere, seine
Streifzüge nach Dörfern, in deren
Nähe er sich daher
oft ansiedelt. Bei
Tage hält er sich in seinem
Lager verborgen, aber bisweilen sieht man ihn an einem erhöhten
Punkt Umschau
in seinem Gebiet halten. Mit hereinbrechender
Nacht beginnt er die
Jagd, oft mit furchtbarem, donnerähnlichem
Gebrüll die andern
Tiere aufscheuchend und verwirrend, oft auch lautlos heranschleichend. Bei der
Jagd, welche er hauptsächlich
auf große
Tiere richtet, zeigt er viel
Verstand,
List und Kühnheit.
Schnellfüßigen
Tieren, wie den
Antilopen, lauert er auf und schleicht äußerst vorsichtig unter dem
Wind an sie heran; namentlich
sind die Wasserplätze in den
SteppenMittel- und Südafrikas ergiebige Jagdorte für ihn. Gewöhnlich
frißt er nur selbsterlegte frische
Beute; in der
Not geht er auch an
Aas. Er ist unstreitig neben dem
Tiger und
Jaguar das stärkste
und furchtbarste
Raubtier.
[* 19] Mit außerordentlicher
Stärke
[* 20] verbindet er große Gewandtheit und Behendigkeit; er
macht weite
Sprünge, oft bis zu 9
m und darüber, sitzt in Einem
Sprung einem
Pferd
[* 21] oder andern großen
Tier auf dem
Nacken, und
mit Einem
Biß zermalmt er die Halswirbelknochen seiner
Beute.
Schakale und noch größere
Tiere tötet er mit einem einzigen
Schlag seiner Tatze. Ein getötetes
Pferd, sogar ein zweijähriges
Rind
[* 22] schleppt er ohne Mühe weite
Strecken
fort, und mit einem zweijährigen
Rind im
Rachen springt er über einen fast 3 m hohen
Zaun. Den
Menschen greift er nicht leicht
an; hat er aber
¶
mehr
einmal Menschenfleisch gefressen, dann soll er dieses jedem andern vorziehen. Wie behauptet wird, greift er denMenschen oder
ein Tier, das nicht vor ihm flieht, nie an, ohne sich vorher in einer Entfernung von 10-12 Schritt zum Sprung niederzulegen.
Wer nun entflieht, ist unfehlbar verloren; wer aber ruhig stehen bleibt, gegen den wird er denSprung nicht
wagen, wenn man nur Mut genug hat, ihm ruhig und fest ins Auge
[* 24] zu schauen. Nach einiger Zeit erhebt er sich langsam, geht unter
beständigem Umsehen einige Schritte zurück, legt sich wieder, entfernt sich abermals in immer kürzern Zwischenräumen und
nimmt endlich, wenn er ganz aus dem Wirkungskreis des Menschen zu sein glaubt, in vollem Lauf die Flucht.
Durch Wachtfeuer geschützte Lager überfällt er niemals. Die körperlichen Vorzüge des Löwen, die durch eine wirklich edle
Gestalt, einen gravitätischen Gang,
[* 25] ein ernstes, stolzes Gesicht noch erhöht werden, mögen immerhin berechtigen, den Löwen
als den König der Landtiere anzusehen; was aber seine intellektuellen Eigenschaften betrifft, so ist
seine Geschichte mit einer Menge von Fabeln ausgeschmückt. Seine Großmut ist meist eine poetische Verschönerung seiner natürlichen
Trägheit und Apathie oder der Verachtung vieler kleinerer Tiere, die er des Raubes nicht wert hält und ungehindert vorübergehen
läßt.
In demCharakter des Löwen wechseln Mut, Kühnheit und Feigheit. Verfehlt er einen Sprung auf Raub, so flieht
er, als schäme er sich seines mißlungenen Angriffs. Er ist nicht so beharrlich kühn, so dreist und verwegen wie der Tiger,
der ihm weder weicht, noch ihn fürchtet. Der Mut des Löwen erwacht erst, wenn ihn der Hunger plagt, oder
wenn er gereizt und angegriffen wird. Immerhin zeigt er neben den übrigen KatzenEigenschaften, welche die Bewunderung rechtfertigen,
die ihm von so vielen Beobachtern entgegengebracht wird.
Zur Zeit der Paarung folgen oft mehrere männliche Löwen einer Löwin, und es entspinnen sich dann blutige
Kämpfe unter ihnen. Hat die Löwin aber den Gatten erwählt, so ziehen die andern ab, und beide leben nun treu zusammen. 15-16
Wochen (108 Tage) nach der Begattung wirft die Löwin in einem Dickicht, möglichst nahe einem Tränkplatz, 1-6, gewöhnlich
aber 2-3 Junge, die mit offenen Augen zur Welt kommen und etwa die Größe einer halb erwachsenen Katze
[* 26] haben.
Die Löwin pflegt sie mit großer Zärtlichkeit, säugt sie etwa sechs Monate lang und wird in der Herbeischaffung der Nahrung
vom Löwen unterstützt. Im Verhältnis zum langsamen Wachstum des Löwen steht das hohe Alter, welches er erreicht; man kennt
Fälle, daß Löwen sogar in der Gefangenschaft 70 Jahre gelebt haben, wiewohl sie auch bei der besten
Pflege bald ein greisenhaftes Aussehen bekommen.
Jedoch auch im gezähmten Zustand ist ihm nicht unbedingt zu trauen, und schon mancher Tierwärter hat ein tollkühnes Wagestück
mit seinem Leben bezahlen müssen. Das Fleisch des Löwen wird in Nordafrika von den Mauren gegessen, und auch die Südafrikaner
verschmähen es nicht. Die Haut
[* 30] des Löwen, im Altertum ein Schmuck der Helden, wird jetzt nicht besonders
geschätzt und nur zu Bett- und Pferdedecken verarbeitet. Auf den ältesten ägyptischen Denkmälern kommen afrikanische und
asiatische, wilde und gezähmte Löwen und Löwenjagden vor.
Das Bild des Löwen galt bei vielen alten Völkern als Symbol des Heldentums. In Ägypten
[* 34] war der Löwe das Symbol der Nilflut,
ein Zeichen des Tierkreises und in den spätern Fabeln vom Harpokrates das der Sonne
[* 35] im Zenith und das des Feuers; er war der Sonne
heilig, und wenn diese im Löwen stand, hatten die Tempelschlüssel Löwenköpfe. In der Stadt Tal (Tanis) wurde eine Sonnengottheit
unter dem Bild eines Löwen als siegreicher Kämpfer gegen den asiatischen Baal verehrt.
Auch dem Horos
[* 36] (s. d.) war der Löwe geheiligt, ebenso der syrischen und griechischen
Kybele.
[* 37] Er diente wohl auch als Symbol der alles durchdringenden, belebenden und bändigenden Feuerkraft. In der Architektur
der Griechen und Römer ward er zum Quellwächter (Krenophylax), und aus Löwenrachen floß das Wasser
der Brunnen;
[* 38] Löwenköpfe waren in der dorischen Bauart gewöhnliche Verzierung auf dem Karnies
[* 39] der Gebäude, um die Löcher
zu verbergen, die zum Ablauf
[* 40] des Regenwassers von dem Dach
[* 41] dienten. - Als Sinnbild der Tapferkeit ist der auch eins der beliebtesten
Wappentiere, und zwar hat er als solches eine typische Stellung, so wie er sich auf seine Beute stürzt:
auf den Hinterfüßen stehend mit vorgeworfenen Vorderpranken, das Maul aufgerissen und die Zunge herausgestreckt, die Mähne
flatternd, den Schwanz nach oben gestreckt
[* 6]
(Fig. 1);
seltener erscheint er »schreitend« mit aufgehobener rechter Vorderpranke
[* 6]
(Fig. 2), dann oft zu zweien und dreien übereinander. Vgl. Leopard.
[* 42]
(Leo), in der Astronomie
[* 44] das fünfte Zeichen des Tierkreises (☊ ^[richtig: ♌]); auch Sternbild zwischen 138 und
177½° Geradaufsteigung sowie 32° nördlicher und 3° südlicher Deklination, in welchem Heis 161 mit bloßem Auge sichtbare
Sterne verzeichnet, darunter einen erster Größe (Regulus), 3 zweiter, 4 dritter und einen zwischen fünfter
und elfter Größe veränderlichen. Das Sternbild ist dadurch merkwürdig, daß es den Ausstreuungspunkt der Novembersternschnuppen
(s. Sternschnuppen) enthält, die deshalb auch Leoniden heißen. Der kleine ist ein weniger umfangreiches Sternbild über Kopf
und Nacken des Löwen, von 140½-164° Rektaszension und 42-26½ nördlicher Deklination, mit 40 dem bloßen Auge sichtbaren
Sternen von der vierten Größe an abwärts, darunter einem von sechster bis unter elfter Größe veränderlichen.
Eine Gastspielreise in Norddeutschland hatte 1837 ihr Engagement an der Berliner Hofbühne zur Folge. Nach mehreren Kunstreisen
nach England, Frankreich und Italien
[* 61] vermählte sie sich 1848 mit dem k. k. FeldmarschallleutnantFürstenFriedrich vonLiechtenstein;
[* 62] sie starb in Pest. Mit vollendeter Gesangskunst vereinigte sie ein fein nüanciertes, geistreiches
Spiel. Ihr Organ war weniger imposant als voll und gediegen. Mit gleicher Virtuosität war sie in der deutschen, italienischen
und französischen Schule heimisch. - Ihr BruderFranzLudwigFeodor, geb. zu Kassel, wirkte erst an den Bühnen
zu Hamburg
[* 63] und Frankfurt, seit 1841 an der Hofbühne zu Stuttgart,
[* 64] wo er noch gegenwärtig thätig ist und sich namentlich auch
als RegisseurRuf erworben hat. Er reiht sich den tüchtigsten Künstlern seiner Zeit würdig an; insbesondere gelten sein
Hamlet, sein Leicester
[* 65] (in »Maria Stuart«, sein Faust, Bolingbroke und KarlMoor für vollendete Kunstleistungen.
Auch hat Löwe durch Schwung und Formschönheit ausgezeichnete »Gedichte«
(Stuttg. 1854, 2. Aufl. 1860),
»Zwischen den drei Säulen«
[* 66] (das. 1884) u. a. veröffentlicht. - Seine
jüngere Schwester, Lila, geb. 1817, betrat die Bühne 1833 in Mannheim mit
dem besten Erfolg, war erst hier,
später und bis 1844 in Petersburg
[* 67] engagiert und entfaltete im Fach der naiven jugendlichen Liebhaberinnen ein schönes Talent,
verließ aber das Theater
[* 68] seit ihrer Vermählung mit dem livländischen Freiherrn von Küster. - JulieSophie, Tochter von
FriedrichAugustLeopold Löwe, geb. 1786, war bis 1809 Mitglied des Petersburger deutschen Theaters, kam später nach Prag,
[* 69] 1812 an
das Theater an der Wien und war von 1813 bis 1842 eine Zierde des Hofburgtheaters in Wien, namentlich im höhern Lustspiel und
Konversationsstück; sie starb daselbst. - Ihr BruderJohannDanielLudwig, der berühmteste unter
den männlichen Sprossen der Familie, geb. zu Rinteln, trat 1808 in die Kindergesellschaft des DirektorsNuth ein,
wirkte 1811-19 in Prag erst im Fach der niedern Komik, trat später auch in Liebhaber- und Heldenrollen auf und folgte 1821 einem
Ruf an die Hofbühne zu Kassel, 1826 einem solchen an das Hofburgtheater zu Wien, an dem er 1838 Regisseur,
später Ehrenmitglied wurde. Er starb daselbst. Löwe hat auf fast allen bedeutenden Bühnen gastiert und überall mit
gleichem Beifall. Ausgezeichnetes leistete er namentlich in Rollen,
[* 70] welche ein psychologisches Studium
bedingen. Im Lustspiel glänzte er durch feinen, ungezwungenen Ton, liebenswürdigen Humor und die Sicherheit, mit der er den
gesellschaftlichen Anstand behauptete. - Auch seine Tochter Anna (Nina), geb. 1821 zu Kassel, war eine geschätzte Schauspielerin
im Fach der jugendlichen Liebhaberinnen und in hochtragischen Rollen. Sie hatte 1833 am Hofburgtheater
debütiert, gehörte demselben bis 1849 als Mitglied an und war darauf in Lemberg
[* 71] engagiert, wo sie später einen GrafenPotocki
heiratete und starb.
2) Karl, Balladenkomponist, geb. zu Löbejün bei Halle,
[* 72] besuchte das Gymnasium zu Halle, daneben Türcks musikalischen
Unterricht genießend, und studierte dann daselbst Theologie. Aus dieser Zeit, während welcher er seine
Mußestunden ausschließlich der Musik widmete, stammen einige seiner schönsten Balladen, z. B. »Der Erlkönig«. 1822 wurde
er Kantor und Lehrer am Gymnasium zu Stettin
[* 73] und später Musikdirektor an der Jakobikirche daselbst. Seit 1866 in den Ruhestand
versetzt, starb er in Kiel.
[* 74]
zu Olvenstedt bei Magdeburg, studierte in HalleMedizin, ließ sich in Kalbe als Arzt nieder und ward 1848 hier in das
FrankfurterParlament gewählt, in welchem er zur demokratischen Linken gehörte. 1849 wurde er zum ersten Vizepräsidenten,
bei der Übersiedelung nach Stuttgart zum Präsidenten erwählt. Er ward hierauf, wie alle Teilnehmer an den
Stuttgarter Beschlüssen, angeklagt, allein in zwei Instanzen freigesprochen. Erst das Obertribunal fand Löwe lebenslänglicher
Zuchthausstrafe schuldig. Löwe lebte inzwischen in der Schweiz,
[* 77] in London und acht Jahre lang in New York, wo er die ärztliche
Praxis ausübte, bis ihm der Amnestieerlaß vom die Rückkehr ermöglichte. 1863 trat
er für den Kreis
[* 78] Bochum-Dortmund in das Abgeordnetenhaus ein, wo er sich der Fortschrittspartei anschloß und durch schwungvolle
Beredsamkeit sich hervorthat.
Auch dem Sechsunddreißiger-Ausschuß gehörte er an. Während er sich 1867 für das Abgeordnetenhaus in Berlin wählen ließ,
nahm er für den norddeutschen Reichstag die Wahl in Bochum
[* 79] an, das er auch im deutschen Reichstag 1871-81
vertrat. Auch hier gehörte er zur Fortschrittspartei, schied aber im April 1874 aus derselben aus infolge seiner Abstimmung
über das Militärgesetz. 1879 war er ein eifriger Verteidiger des Schutzzolltarifs. Im Abgeordnetenhaus war er von 1871 bis 1875 Vizepräsident; 1876 lehnte
er aber eine Wiederwahl ab, da er sich nicht mehr als einen Vertreter seiner frühern Partei betrachten konnte. Er starb in
Meran.
[* 80]
4) Ludwig, Industrieller, geb. zu Heiligenstadt, widmete sich dem Kaufmannsstand, wandte sich aber bald ausschließlich
dem Maschinenfach zu und gründete 1864 in Berlin ein Geschäft, in welchem er mit Erfolg den Vertrieb
von Arbeitsmaschinen kultivierte. 1870 ging er nach Nordamerika,
[* 81] um den dortigen Maschinenbau zu studieren, und begründete,
nach Berlin zurückgekehrt, eine große Fabrik in amerikanischem Stil, in welcher zunächst Nähmaschinen
[* 82] gebaut wurden. Er arbeitete
mit amerikanischen Werkzeugmaschinen, die hier zum erstenmal in Deutschland
[* 83] zur Verwendung kamen, und wußte
die dem amerikanischen System eignen Vorzüge, namentlich die Erzielung von Präzision bei der Massenfabrikation, in so hohem
Maße zur Geltung zu bringen, daß das preußische Kriegsministerium 1871 beschloß, die eigne Waffenfabrikation nach gleichem
System einzurichten, zumal die Löwesche Fabrik durch die Bereitwilligkeit zur Anfertigung von 1 MillionVisierenGarantien für den Erfolg übernommen hatte. Löwe baute jetzt auch selbst amerikanische Werkzeugmaschinen der verschiedensten
Art und beschäftigte gegen 2000 Arbeiter.
Für die russische Regierung übernahm er die Anfertigung ihrer Armeerevolver; nebenbei lieferte er noch zahlreiche Maschinen
und Ausrüstungsgegenstände für die preußischen Staats- und für Privatwerkstätten, wie Krupp u. a.
Im öffentlichen Leben bethätigte eine sehr große Rührigkeit. Seit 1864 gehörte er denBerlinerStadtverordneten an und wirkte
hier namentlich für die Entwickelung des Volksschulwesens. 1876 wurde er vom ersten Berliner Wahlkreis ins preußische Abgeordnetenhaus
und 1878 in den Reichstag gewählt, in welchem er sich der Fortschrittspartei anschloß. Er starb in
Berlin.
(spr. loh-el), Stadt im nordamerikan. StaatMassachusetts, GrafschaftMiddlesex, an der Vereinigung von Merrimac
und Concord, deren Fälle eine bedeutende Wasserkraft zur Verfügung stellen, hat sich ungemein rasch entwickelt. Noch 1820
zählte
sie kaum 200 Einw., 1823 wurde die erste Spinnerei angelegt, und jetzt ist
sie ein »amerikanisches Manchester«
[* 84] mit großartigen Baumwollspinnereien (52), Kattundruckereien, Teppichfabriken, Bleichen,
Färbereien, Papier-, Glas-, Pulverfabriken und (1885) 64,051 Einw. An Unterrichtsanstalten
ist kein Mangel; namentlich erfreut sich die Mechanics Institution, mit großer Bibliothek, lebhafter Teilnahme.
Außerdem war Lowell zwischen 1850 und 1870 als Herausgeber des »Atlantic Monthly« und der »North American Review« thätig.
Seine erste Veröffentlichung war ein Band
[* 86] Gedichte unter dem Namen: »A year's life« (1841); ein zweiter Band »Poems« folgte 1848 (die
gesammelten Gedichte, 7. Aufl. 1857, 2 Bde.),
seine spätere Lyrik erschien unter dem Titel: »Under the willows, and other poems« (1868). In der »Fable for critics«
beleuchtet er die amerikanischen Schriftsteller in humoristisch-satirischen Versen. Sein berühmtestes
Werk sind die »Biglow-papers« (1849 u. 1864, 2 Bde.;
neue Ausg. Boston
[* 87] 1885), eine Sammlung politischer Gedichte im Yankeedialekt, die erste und beste Darstellung, welche das Yankeetum
gefunden hat. Sie sind vom Standpunkt des Abolitionisten aus gegen die Südstaatenpolitik gerichtet. Die erste Sammlung
von 1849 war während des mexikanischen Kriegs, die zweite während des Bürgerkriegs entstanden. Seine kritischen Essays sind
gesammelt in: »Among my books« (1870, 2. Serie 1875) und »My study windows« (1871).
Eine Ausgabe seiner »Complete works« erschien in 5 Bänden (Boston 1881). Seit 1877 war Lowell Gesandter in Madrid
[* 88] und
1881-85 am englischen Hof.
[* 89]
landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Berühmt war im 16. Jahrh. die 1426 von Johann IV. von Brabant gegründete Universität von
Löwen, welche zur Zeit ihrer Blüte
[* 95] mehr als 6000 Studenten zählte und der Sitz der antijesuitischen, die gallikanischen Freiheiten
verteidigenden Theologie war. Sie wurde 1793 infolge der französischen Invasion aufgehoben, 1817 aber wiederhergestellt. 1834 vom
Staat aufgehoben, ward sie 1835 vom Klerus aus eignen Mitteln neu dotiert und verfolgt seitdem als sogen. freie Universität
eine streng katholische Richtung. Sie umfaßt fünf Fakultäten und zählte 1883: 1558 Studierende. Außerdem befinden sich
in ein Athenäum, eine höhere Knabenschule, eine Industrieschule und ein Tribunal. - Hier erfocht 1. Sept. 891 König
Arnulf einen entscheidenden Sieg über die Normannen.
Von 994 bis 1100 war Löwen Sitz der Grafen von Löwen, später der Herzöge von Brabant. Im 14. Jahrh. war es die größte und reichste
Handelsstadt des Landes mit 100,000 Einw. und großartiger Tuchfabrikation, die zur Zeit
ihrer höchsten Blüte nicht weniger als 4000 Webstühle
[* 96] beschäftigte. 1382 empörten sich dieWeber von Löwen gegen den Herzog
von Brabant, wurden jedoch besiegt, infolge dessen ein Teil derselben nach England auswandern mußte. Es begann dort mit ihnen
die Einführung der Tuchmanufaktur und zugleich die Konkurrenz mit Löwen. Im 16. Jahrh. wurde der Verfall der
Stadt durch die Pest beschleunigt, welcher fast die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz,
[* 103] am Bober und der LinieGreiffenberg-Löwenberg der Preußischen Staatsbahn, 202 m ü. M.,
hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, darunter eine große, zwischen 1233 und 1238 eingeweihte, jetzt restaurierte Kirche,
ein großes Rathaus, ein hübsches Kriegerdenkmal, ein Realprogymnasium, ein Amtsgericht, 2 Krankenhäuser
(eins davon im Gebäude der 1810 aufgehobenen Malteser-Kommende), Holzschleiferei, Wollspinnerei, Müllerei und (1885) 4721 meist
evang. Einwohner.
4) Kurfürstlich hessischer Löwenorden, Zivil- und Militärverdienstorden, gestiftet vom LandgrafenFriedrich II. mit einer
Klasse und 41 Rittern; 1818 erweitert zu vier Klassen, mit neuem Statut von 1851 und 1876 unter die »großherzoglich
hessischen Orden« aufgenommen. Der Orden hat jetzt eine Klasse und ist für die volljährigen Mitglieder des Gesamthauses bestimmt.
Die Dekoration besteht in einem ovalen goldenen Ring, in dessen Mitte der goldene Löwe steht, umgeben von der Devise: »Virtute
et fidelitate« (»Für Tapferkeit und Treue«);
die Rückseite zeigt die Worte:
»Fridericus II Dei gratia Hassiae
Landgravius instituit 1770«;
dazu kommt ein achtstrahliger Silberstern mit lasurnem Schilde, dem hessischen Löwen und dem
Wahlspruch.