an. 1819 gab sie dem Land eine Repräsentativerfassung, in welcher alle
Klassen der
Unterthanen zur
Wahl der 21 Landtagsabgeordneten
konkurrieren sollten. Diese
Verfassung fand jedoch bei der
Ritterschaft und bei
Schaumburg-Lippe, welches seine agnatischen
Rechte
bei dieser
Frage für interessiert erklärte, heftigen
Widerspruch; sie sträubten sich gegen Vertretung des Bauernstandes.
Nachdem
PaulAlexanderLeopold die
Regierung selbst übernommen, wurde nach langen
Verhandlungen 1836 eine neue Verfassungsurkunde
vereinbart und 6. Juli publiziert. 7 Abgeordnete der
Ritterschaft bildeten die erste
Kurie, 14 von den
Städten und dem platten
Lande die zweite.
Der in
Deutschland
[* 4] herrschenden reaktionären Strömung nachgebend, führte er ohne Zustimmung des
Landtags die
Verfassung von 1836 wieder
ein (März 1853). Als der oldenburgische
StaatsratHannibalFischer 1853 das
Ministerium übernahm, wurden im Verordnungsweg
eine
Menge der 1849-51 vereinbarten
Gesetze aufgehoben. Dasselbe
System behielt der
Minister v. Oheimb (seit
1854) bei. Zwar kamen seit 1856 die
Stände wenigstens regelmäßig jedes Jahr zusammen, allein von einer Einigung mit der
Regierung und gedeihlichem Zusammenwirken dieser letztern und der
Stände war keine
Rede. Am entschiedensten richtete sich der
Unwille der liberalenPartei gegen ein
Gesetz vom Jahr 1867, welches die Staatsdomänen für ein
Familienfideikommiß
des jeweiligen
Landesherrn erklärte.
Als auch dieser
Versuch scheiterte, griff er wieder auf das
Gesetz von 1836 zurück; doch auch dies war vergeblich. Mißmutig
legte er sein
Amt nieder. Als
FürstLeopold8. Dez. d. J. kinderlos starb, folgte ihm sein
BruderGüntherFriedrich Woldemar.
Dieser war aufrichtig bestrebt, dem verfassungslosen Land endlich zu einer
Konstitution zu verhelfen. 1876 fand nach einer
provisorischen Wahlordnung die
Neuwahl eines
Landtags statt, welcher 17. Mai fast einstimmig das Wahlgesetz genehmigte, worauf
dasselbe 3. Juni publiziert wurde.
Damit war
der
Konflikt vorläufig beendet. Die liberale Mehrheit des
Landtags hielt aber die
Wünsche des
Landes noch nicht für erfüllt und verlangte eine neue, freiere
Verfassung.
Noch wichtigere Ereignisse aber stehen dem Land
für den
Fall des
Todes des
Fürsten Woldemar bevor, da mit ihm die fürstliche
Linie des
Hauses Lippe erlischt und die Erbfolgefrage
zweifelhaft ist.
Vgl. Falkmann, Beiträge zur Geschichte des
Fürstentums Lippe
(Lemgo 1847-69, 3 Hefte);
[* 2] (Luppia), rechter Nebenfluß des
Rheins inWestfalen,
[* 9] entspringt bei
Lippspringe am
Osning oder
LippeschenWald, 127 m ü. M., fließt zwischen flachen, oft überschwemmten
Ufern gegen W., nimmt im obern
Lauf bei
Neuhaus
die
Alme und die Pader, weiterhin links die Ahse (bei
Hamm)
[* 10] und die Seseke (bei
Lünen), rechts die
Stever auf und mündet, 60 m
breit, bei
Wesel
[* 11] in 16 m
Höhe. Von Boke an ist der
Fluß mit
Hilfe von acht
Schleusen schiffbar; seine
Länge
beträgt 255 km.
Nach dem
Sturz der »neuen
Ära« trat er als Justizminister in das
MinisteriumHohenlohe und ward 17. Mai zum
Kronsyndikus und Mitglied des
Herrenhauses ernannt. Obwohl er für den Richterstand in
Preußen mancherlei that, auch eine Ermäßigung
der
Gerichtskosten herbeiführte, war er neben
Mühler das am meisten angegriffene, ja verspottete Mitglied
des Konfliktsministeriums, da er, der Vertreter der
Justiz, sich zum willigen
Werkzeug der Bismarckschen Gewaltmaßregeln hergab,
den Obertribunalsbeschluß gegen die
Redefreiheit der Abgeordneten durch willkürliche
Berufung von Hilfsarbeitern ermöglichte,
gegen die Unabhängigkeit des preußischen Richterstandes mit brutalen Maßregeln vorging, sich sehr ungeschickt im Abgeordnetenhaus
bei derVerteidigung seiner
Verwaltung benahm und die notwendigen Justizreformen nicht förderte.
Als daher
Bismarck 1866
Frieden mit der liberalen
Majorität des Abgeordnetenhauses schloß, suchte er sich des höchst unpopulären
Lippe zu entledigen, was ihm aber erst gelang. Seitdem war ein erbitterter Gegner der Bismarckschen
Politik und trat
im
Herrenhaus der Begründung des Norddeutschen
Bundes und des
DeutschenReichs sowie der kirchenpolitischen
Gesetzgebung als eifriger Vertreter partikularistischer und konservativer
Interessen entgegen.
2) Armin,Graf zur Lippe-Biesterfeld-Weißenfeld, Landwirt, geb. zu Oberlößnitz bei
Dresden,
[* 16] erlernte die
Landwirtschaft
auf dem Rittergut Steudach bei
Eisfeld, studierte seit 1847 inJena
[* 17] Land- und
Volkswirtschaft, administrierte
dann mehrere
Güter im sächsischen
Vogtland, pachtete nach fünf
Jahren zwei derselben und kaufte nach
¶
Außerdem gab er seit 1866 einen landwirtschaftlichen Kalender für
die kleinen Landwirte (seit 1882 von dessen Sohn Kurt, Graf zur und Krieger in Schweidnitz
[* 23] fortgesetzt),
(Labia), die beiden wulstigen Ränder der Mundöffnung, sind Hautfalten, welche durch besondere
Muskeln
[* 28] einander bis zum Verschluß des Mundes genähert werden können. Bei den Wirbeltieren geschieht dies durch einen den
Mund kreisförmig umgebenden Muskel; die Lippen selbst sind außen mit der allgemeinen (beim Menschen hier äußerst dünnen) Körperhaut,
innen mit dem Anfang der Darmschleimhaut überzogen und gewöhnlich mit Drüsen versehen. In vielen Fällen
dienen sie als Tastorgane und sind dann mit Nerven
[* 29] äußerst reichlich ausgestattet. BeimMenschen speziell ist ihre hochrote
Farbe die Folge der in ihnen zahlreich verbreiteten Blutgefäße. Bei Säuglingen hat die innere Zone der Schleimhaut zottenähnliche
Hervorragungen, welche beim Saugen durch den (bei den Erwachsenen relativ schwächern) sogen.
Saugmuskel an die Brustwarze der Mutter fest angedrückt werden. Beim Mann sind sie mit starken Haaren (s. Bart) mehr oder weniger
bedeckt. - Im übertragenen Sinn wird der Ausdruck auch zur Bezeichnung andrer eine Öffnung umgebender Falten gebraucht.
Bei der äußern Schädlichkeiten sehr ausgesetzten Lage der und bei ihrem Gefäßreichtum sind Erkrankungen
der Lippen keine Seltenheit. Angeboren ist die Lippenspalte oder Hasenscharte (s. d.). Die Doppellippe findet sich am häufigsten
an der Oberlippe und ist dadurch charakterisiert, daß sich unter dem Lippenrot ein mehr oder weniger dicker, wurstartiger
Wulst bildet, welcher durch eine Furche von der eigentlichen Lippe abgesetzt ist und daher den Anschein
einer doppelten Lippe bewirkt.
Häufig, besonders an der Unterlippe und
bei reifern Männern, kommt an den Lippen der Krebs
[* 30] in der Form einer Geschwulst vor,
die entweder primär entsteht, oder aus einer warzigen Verdickung sich entwickelt. Es bildet sich zunächst
ein kleines Knötchen in der Haut
[* 31] der Lippe, welches langsam an Umfang zunimmt und allmählich die über ihm liegende Haut mehr
und mehr verdünnt. Zuletzt tritt die Geschwulst frei zu Tage und erscheint als höckerige Geschwürsfläche.
Dabei breitet sich die Geschwulst immer mehr nach allen Richtungen bin aus, es erfolgt schließlich Jauchebildung
und Zerfall der krebsig infiltrierten Teile. Dabei werden die benachbarten Lymphdrüsen ergriffen und ebenfalls in Krebsgeschwülste
umgewandelt. Die Krankheit heilt nie von selbst, durch Ätzung und Ausschneidung des Krebsknotens wird aber oft vollständige
Heilung herbeigeführt. Erfolgt die Operation zu spät, so entwickeln sich im Operationsgebiet ähnliche
Geschwulstmassen wie diejenigen, welche entfernt wurden, bis endlich der Kranke, erschöpft durch den Säfteverlust von jauchendem
Geschwür, zu Grunde geht.
(Cheiloplastik), chirurgische Operation, wird nach Exstirpation der Lippen ausgeführt, indem man das Fehlende
aus der Armhaut oder der angrenzenden Gesichtshaut ersetzt.
Klötzchen oder Scheiben aus korkleichtem Holz
[* 35] (meist von einer Bombax-Art), die bei verschiedenen südamerikanischen
Indianerstämmen, namentlich Abiponen, Botokuden (s. d.), Suya und Toba, in der Unterlippe getragen
werden, oft in Begleitung ähnlicher Pflöcke in den Ohrläppchen. Diese bei den Suya Nigakoko genannten Scheiben sind zierlich
gearbeitet, 7-10 cm im Durchmesser und gegen 1,5-3 cm dick, am Rand mit einer hohlkehlenartigen Vertiefung, durch welche sie
im Lippensaum festen Halt gewinnen. Die obere Fläche und der Rand sind gewöhnlich rot bemalt, die untere
Seite weiß mit schwarzen Kreisen und Rosetten. Das Loch wird in früher Jugend dicht an dem Lippenrot in der Mitte gebohrt und
durch immer größere Scheiben mit den Jahren erweitert. Die Scheibe zieht die Lippe in eine horizontale Lage, bewirkt Schiefwerden
und Ausfallen der untern Schneidezähne und beeinflußt die Sprache.
PhilippDaniel, Zeichner und Bildformer, geb. zu Meißen,
[* 37] war erst Beutler, dann Glaser und später
Zeichenmeister bei der Porzellanmanufaktur in Meißen, von wo er in gleicher Eigenschaft nach Dresden kam.
Hier starb er als Aufseher der Antiken bei der Akademie der Künste. Die Bekanntschaft mit den Mischungen der Meißener
Porzellanmasse hatte ihn veranlaßt, sich im Nachahmen alter Pasten zu versuchen, und er erfand hierzu eine eigne weiße Masse,
der er neben unzerstörbarer Dauer einen vorzüglichen Glanz zu geben wußte. Eine Sammlung seiner (3149)
Abdrücke veranstaltete er in der »Dactyliotheca« (Bd. 1 u.
2, mit dem lat. Katalog von Christ, Leipz. 1755-56; Bd. 3 mit
Register von Heyne; deutsch, Bd. 1 u. 2 von
Thierbach 1767 und das Supplement 1768). Im J. 1805 formte sie G. B. Rabenstein zum Teil ab.
¶
1) Fra Filippo, ital. Maler, geboren um 1406 zu Florenz,
[* 40] trat mit 15 Jahren in das Karmeliterkloster daselbst und
bildete sich nach Masaccio, später aber auch unter dem Einfluß des Masolino und des Angelico da Fiesole. Seit 1431 war
er auch außerhalb seines Kloster thätig, und 1456 wurde er Prior des Nonnenklosters Santa Margherita in Prato, wo er die Nonne
Lucrezia Buti verführte, die er später in sein Haus nahm. Sie wurden zwar gezwungen, wieder in das Kloster einzutreten, aber
auf die Fürsprache von Lippis Beschützer Cosmo de' Medici entband PapstPius II. beide ihrer Gelübde,
so daß sie eine rechtmäßige Ehe eingehen konnten. Lippi starb in Spoleto. Er verband gewissermaßen die Richtung des
Fiesole auf das Seelenvolle mit der des Masaccio, der auf kräftige historische Schilderung, energische Modellierung und freie
Schönheit der Komposition ausging.
3) Lorenzo, ital. Dichter und Maler, geb. 1606 zu Florenz, gest. 1664 daselbst, hat sich besonders durch ein unter dem Anagramm
Perlone Zipoli herausgegebenes komisches Epos in zwölf Gesängen: »Il malmantile racquistato« (Flor. 1676;
mit Kommentar von P. Minucci, das. 1688 u. öfter; am besten hrsg.
von Biscioni, das.
1731, 2 Bde.,
und von Carlieri, das. 1788; Prato 1815 und 1861), bekannt gemacht. Das Gedicht nimmt in Beziehung auf Reinheit des Stils und
Eleganz des Ausdrucks eine hohe Stelle ein, ist aber stofflich von so ausschließlich florentinischem Charakter,
daß es ohne Kommentar fast unverständlich bleibt. Als Maler folgte er der Manier des Santi di Tito. Von seinen Arbeiten sind
besonders ein Christus am Kreuz
[* 46] (Florenz, Uffizien), der TriumphDavids, Christus und die Samariterin (Wien,
[* 47] kaiserliche Galerie)
geschätzt.
(Filipponen), eine zu den Raskolniken oder Altgläubigen gehörige Sekte der russisch-griechischen
Kirche, die sich ursprünglich nach der Krim
[* 51] gewandt hatte, von wo sie durch die Tataren vertrieben ward. Unter KaiserJoseph II.
siedelten viele von ihnen nach der Bukowina, andre nach der Walachei, unter Friedrich II. einige nach Ostpreußen
[* 52] über; der
Stamm (etwa 10,000 Individuen) verblieb im eigentlichen Rußland, wo sie noch heute in den Westprovinzen
Rußlands und in Polen ansässig sind. Sie zeichnen sich durch Fleiß, Ordnungsliebe und Redlichkeit aus, sind aber zum Teil
sehr fanatisch und abergläubisch und hegen auf Grund mißverstandener Bibelstellen eine große Verachtung gegen das irdische
Leben, was zahlreiche Selbstmorde zur Folge hat. Im übrigen ist das innere Wesen der Sekte noch heute zum
großen Teil unbekannt.
Badeort im preuß. Regierungsbezirk Minden,
[* 53] KreisPaderborn,
[* 54] unfern des Ursprungs der Lippe, 123 m ü. M.,
hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Asyl für weibliche Bestrafte, eine Fabrik für Haushaltungsgegenstände, eine
Pappenfabrik und (1885) 2337 meist kath. Einwohner.
Der Gesundbrunnen (Arminiusquelle, 1832 aufgefunden) ist ein erdig-salinisches Wasser mit Eisen- und starkem Stickstoffgehalt
von 21° C., das mit Erfolg bei Bronchialkatarrh, Blutspeien, Hysterie etc. angewendet wird. Lippspringe wurde 1886 von 2572 Kurgästen
besucht. Daselbst bestand bis 1310 ein Haus des Tempelherrenordens.
Vgl. Rohden, Lippspringe (5. Aufl.,
Berl. 1887);
Dammann, Der Kurort Lippspringe (4. Aufl., Paderb. 1885);
hat 3 evangelische und eine kath. Kirche, ein Realgymnasium, ein freiweltliches Damenstift (1185 als Augustiner-Chorfrauenstift
gegründet), ein Amtsgericht, ein Hauptsteueramt, ein Eisenwalzwerk, Zigarren- und Tabaksfabrikation, bedeutende Destillation
[* 60] und Spiritusbrennerei, Bürstenwarenfabrikation, Seilerei, Bierbrauerei,
[* 61] Ziegeleien, lebhaften Handel mit Vieh und Kolonialwaren,
besuchte Märkte und (1885) mit Garnison (1 Infanteriebat. Nr. 131) 11,504 meist kath.
Einwohner. - Lippstadt wurde 1168 von den Edelherren zur Lippe erbaut und 1445 zur Hälfte an die Grafen von der Mark verkauft, nachdem
es schon 1376 an diese verpfändet gewesen.
1) JohannHeinrich, Maler, Zeichner und Kupferstecher, geb. zu Kloten bei Zürich,
[* 65] bildete sich unter Lavater
und 1780 auf der Akademie in Mannheim.
[* 66] Dann ging er nach Düsseldorf,
[* 67] wo er die Marter des heil. Sebastian
nach van Dyck stach, und 1783 nach Rom, wo er unter anderm einen Stich nach einem Bacchanal von Poussin ausführte. Während
eines zweiten Aufenthalts in Rom (1785) befaßte er sich auch mit der Aquarellmalerei und kopierte Gemälde
alter Meister. Bald zwangen ihn aber die Verhältnisse, wieder zum Grabstichel zu greifen. Auf Verwendung Goethes wurde er 1789 Professor
an der Zeichenakademie zu Weimar,
[* 68] legte jedoch 1794 die Stellung nieder und kehrte nach Zürich
zurück, wo er starb. Er
hat 1447 Kupferstiche hinterlassen, darunter zahlreiche Porträte
[* 69] berühmter Zeitgenossen.
2) JohannJakob, Zeichner und Kupferstecher, Sohn des vorigen, geb. 1790 zu Zürich,
lernte anfangs bei seinem
Vater und ging dann zu seiner weitern Ausbildung nach München, von wo er 1818 nach Zürich
zurückkehrte. Von seinen Stichen sind die
hervorragendsten die Bildnisse des (spätern) KönigsLudwig vonBayern,
[* 70] des Dichters Hebel
[* 71] und des heil.
Johannes nach G. Romano. Aus Verdruß darüber, daß eine Platte, an der er mehrere Jahre gearbeitet, ihm mißlungen erschien,
gab er sich 1833 den Tod.
1) Justus, eigentlich JoestLips, berühmter Philolog, geb. zu Oberrissche
bei Brüssel,
[* 73] gebildet in Ath und bei den Jesuiten zu Köln, studierte seit 1563 zu Löwen
[* 74] die Rechte, besonders aber Humaniora,
wurde 1567 infolge der »Variarum lectionum libri III« als Sekretär
[* 75] seines Gönners, des Kardinals Granvella, nach Rom berufen,
kehrte 1569 nach Löwen zurück, ging aber bald darauf nach Wien und folgte 1572 einem Ruf als Professor
der Beredsamkeit und Geschichte nach Jena. Wegen Mißhelligkeiten mit seinen Amtsgenossen wendete er sich 1574 nach Köln, wo
er seine »Antiquarum lectionum libri V« (Antwerp. 1575) schrieb, hielt seit 1576 in Löwen Vorlesungen, wurde 1578
unter Übertritt
zur reformierten KircheProfessor der Geschichte zu Leiden,
[* 76] enthob sich 1591, nachdem seine Stellung durch
die Abhandlung »De una religione« und seine »Politicorum libri IV« bereits
unhaltbar geworden war, durch Rücktritt zur katholischen Kirche selbst seines Amtes und wirkte seit 1592 als Professor der
alten Geschichte in Löwen, wo er, kurz vorher auch zum Historiographen des Königs ernannt, starb. 1853 wurde
ihm daselbst ein Denkmal errichtet. Lipsius' Verdienste erstrecken sich besonders auf die römischen Antiquitäten und die Kritik
lateinischer Texte, vorzugsweise archaistischer und aus der silbernen Latinität. In letzterer Beziehung heben wir seine Leistungen
zu Plautus, Nonius,
[* 77] Vellejus, Valerius Maximus, dem PhilosophenSeneca, des Plinius »Panegyricus«, besonders
aber seine Ausgabe des Tacitus (Antwerp. 1574; zuletzt 1600, 1607 u. 1668) hervor. Dem entsprechend ist auch sein lateinischer
Stil eine Verschmelzung der archaistischen Latinität mit der des Apulejus, Tertullian, Cyprian und Arnobius und blieb nicht ohne
nachteiligen Einfluß auf die Schreibweise der nächstfolgenden Philologen. In der Philosophie war er,
wie sein Werk »De constantia in malis publicis« (Antwerp. 1575) beweist, Anhänger der Stoiker.
Seine Briefe wurden von ihm selbst (Leiden 1586-90, 2 Bde.) und von Burmann (Amsterd. 1725, 5 Bde.)
gesammelt. Daneben verfaßte er: »Epistolicarum quaestionum libri V« (Antwerp. 1577). Seine »Opera omnia« erschienen
zu Antwerpen
[* 78] (1585, 8 Bde.), vollständiger zu Wesel (1675, 4 Bde.).
Vgl. Reiffenberg, De J. Lipsii vita et scriptis (Brüssel
1823);
Nisard, Le
[* 79] triumvirat littéraire au XVI. siècle (Par. 1852);
Halm, Über die Echtheit der dem Justus Lipsius zugeschriebenen
Reden (Münch. 1882);
Amiel, Un publiciste du XVI. siècle, Juste Lipsius (Par. 1884);
5) Marie, unter dem PseudonymLa Mara bekannte Musikschriftstellerin, Schwester des vorigen, geb. zu Leipzig, hat sich
besonders durch ihr anziehendes und vielverbreitetes Werk »Musikalische Studienköpfe« (Leipz. 1868-82, 5 Bde.;
zum Teil mehrfach aufgelegt) einen Namen gemacht. Außerdem veröffentlichte sie: »Musikalische Gedanken-Polyphonie«,
eine Sammlung von Aussprüchen berühmter Musiker über ihre Kunst (Bresl. 1873);
Tullian, auch Philipp Mengstein, EliasErasmus Schönknecht und der Wachtmeister genannt, einer der berüchtigtsten
Raubmörder, geb. 1675 zu Straßburg,
[* 89] trat in ein kaiserliches Dragonerregiment, welches in den Niederlanden stand, und wurde
Wachtmeister, floh aber infolge eines Duells 1702 nach Prag
[* 90] und geriet hier unter eine Diebsbande. Wiederholt
gefänglich eingezogen, wußte er zweimal, in Dresden und in Leipzig, zu entkommen, bis er 1711 in Freiberg
[* 91] wieder gefangen
genommen wurde. Zu lebenslänglicher Festungsstrafe verurteilt, zettelte er 1714 unter den Mitgefangenen eine Verschwörung
an und ward, nachdem er seine vielen Unthaten bekannt, 1715 in Dresden hingerichtet.
Vgl. Hirt, lips Tullian und
seine Raubgesellen (Gera 1874).
Markt im ungar. KomitatLiptau, an der Kaschau-OderbergerBahn, mit (1881) 1777 meist slowak. Einwohnern,
bedeutendem Holzhandel und hervorragender Holz- und Lederindustrie (insbesondere Rotgerberei und Oberledererzeugung).
In der Nähe bei Deménfalu berühmte Tropfsteinhöhlen, darunter die schwarze oder Drachenhöhle sowie drei
andre Höhlen (Benikova, Okno und Vodi Vivjeromja).
Die letztere ist besonders umfangreich und enthält mehrere unterirdische
Seen und Bäche.
(lat.), flüssig, fällig, von einer erwiesenen und verfügbaren Schuld (Gegensatz: illiquid). Liquidität eines
Anspruchs ist dann vorhanden, wenn derselbe vollständig erwiesen ist. So muß im Urkunden- und Wechselprozeß
der Kläger die gesamte Begründung seiner Klage sofort durch Urkunden liquid stellen, und der Beklagte ist in diesem Verfahren
auf »liquidierliche« Einreden beschränkt. Handelt es sich dagegen nur darum, einen Anspruch zu bescheinigen, so gebraucht
die deutsche Zivilprozeßordnung den Ausdruck »Glaubhaftmachung« (s. d.). Liquidation ist die Auseinandersetzung
nach beendigtem Geschäft oder nach geleisteter Dienstverrichtung; daher liquidieren, s. v. w. Kosten, Gebühren etc. berechnen.
Auch die Rechnung selbst heißt Liquidation. Der liquidierte Betrag wird Liquidum genannt, doch versteht man darunter auch
eine liquid gestellte, voll erwiesene Forderung. Im Handelswesen ist die Liquidation eines Geschäfts die Auflösung desselben mit
dem Vorbehalt, es nur noch so lange fortzuführen, als zur Abwickelung erforderlich ist. Bei Aktiengesellschaften
und Kommanditgesellschaften auf Aktien kann die freiwillige Auflösung nicht anders als im Weg der Liquidation erfolgen. Die
Gesellschaft zeichnet dann ihre Firma mit dem Zusatz: in liq. Diese Firma wird nunmehr Liquidationsfirma genannt. Bei der offenen
Handelsgesellschaft erfolgt die Liquidation außer dem Fall eines Konkurses durch die sämtlichen bisherigen Gesellschafter oder
deren Vertreter als Liquidatoren, sofern nicht durch
¶
Für dieselbe bestehen gewisse Regulierungstage und Liquidationstermine, regelmäßig am Monatsschluß, nach Platzgebrauch
oder nach der Börsenordnung auch in der Mitte des Monats (Ultimoliquidation, Medioliquidation). Häufig wird die Liquidation
durch ein besonderes Bureau geleitet, dem jeder Beteiligte Anzeige von den Geschäften macht, die er abgeschlossen.
Wenn A an B 100 Stück österreichische Kreditaktien verkauft, B an C ebensoviel etc. bis O, so setzt die Liquidationskommission
fest, daß A direkt an O liefert, mit dem er gar keinen direkten Vertrag hat, und zwischen allen übrigen Beteiligten findet
nur die Ausgleichung der Differenzen nach den Liquidationskursen (s. d.) statt (s. Abrechnung). Liquidationstermin nannte man
früher auch den Anmeldetermin im Konkurs, in welchem eine Liquidation einzureichen ist (s. Konkurs). Liquidant ist der Gläubiger,
welcher seine Forderung samt den Belegen einreicht, Liquidat dessen Schuldner, Liquidator ehedem der die Richtigkeit einer Forderung
prüfende Beamte.
L. (Amberbaum), Gattung aus der Familie der Hamamelidaceen, balsamreiche Bäume mit immergrünen oder sommergrünen,
schlank gestielten, wechselständigen, einfachen oder handförmig gelappten Blättern, nach Art der Platanen
in eingeschlechtigen, kugeligen oder eiförmigen, zu terminalen Ähren oder Trauben gruppierten Köpfchen stehenden Blüten und
stachligen oder glatten, in kugeligen Köpfchen zusammenstehenden Kapseln.
[* 100] VierArten in Asien
[* 101] und Nordamerika.
[* 102] Liquidambar Styraciflua
Liquidambar (Guldenbaum, amerikanischer Storaxbaum), ein 9-12 m hoher Baum mit tief gelappten Blättern im Süden der Vereinigten Staaten
[* 103] und in Mexiko,
[* 104] erträgt sehr gut unsre Winter, wenn er einmal eine gewisse Höhe erreicht hat, und wird vielfach angepflanzt.
Aus alten Stämmen gewinnt man einen Storax, welcher nur im amerikanischen Handel vorkommt. Liquidambar orientalis Mill., dem vorigen
sehr ähnlich, wächst im südlichen Kleinasien und Nordsyrien und ist für unsre Winter viel empfindlicher
als der vorige. Aus seiner Rinde gewinnt man den flüssigen Storax. Die ausgekochte und gepreßte Rinde dient als Christholz
in der griechischen Kirche zum Räuchern und kam früher als Cortex Thymiamatis in den Handel. Liquidambar Altingianum Blume(Altingiaexcelsa Noronha), der majestätische Rasamalabaum auf Java, sondert in Höhlungen des Stammes ein wohlriechendes
Harz ab, das als Rossamalha, Rose Mallus, Kindai bekannt ist und von den Javanern wie Benzoe benutzt wird.
s. v. w. Abrechnungs- ^[= jede Rechnung, welche das Ergebnis eines Geschäfts darlegt, insbesondere den Umfang der daraus ...] oder Clearing-house (s. d.).
Liquor ammonii caustici spirituosus, eine 10proz. spirituöse Ammoniaklösung;
Liquor ammonii succinici (Liquor cornu cervi succinatus), Lösung von 1 Teil Bernsteinsäure und 1 Teil Ammonium carbonicum pyro-oleosum
in 8 Teilen Wasser;
Rechnungs- und Silbermünze der nördlichen italienischen Staaten;
seit 1860 als Lira italiana im ganzen KönigreichItalien
[* 106] = 1 Frank à 100 Centesimi. Mann prägt Silbermünzen zu 5, 2, 1 u.
0,5 Lira, Goldmünzen zu 5, 10, 20, 100 Lire. Lira nuova oder
Franco¶