Fünf Jahre lang hintertrieben die beiden Gesetzgeber, um die
Patrizier zur
Annahme ihrer
Anträge zu nötigen, die
Wahl aller
kurulischen
Magistrate, und zehn Jahre lang wurden sie immer aufs neue zu
Tribunen gewählt, bis endlich 367 sämtliche
Anträge
durchgingen. Zum Dank dafür wurde Licinius 364 und zum zweitenmal 361 zumKonsul gewählt. 357 wurde er zu
einer
Buße von 10,000
As verurteilt,
weil er nebst seinem Sohn 1000
MorgenFelder besitze und durch Entlassung seines
Sohns aus
der väterlichen
Gewalt das
Gesetz umgangen habe.
2)
Gajus Licinius
Macer, geboren um 107
v. Chr.,
Volkstribun 73, erwies sich in diesem
Amt als eifriger Verfechter
der
Sache des
Volkes, erhielt die Prätur und dann eine
Provinz, wurde aber wegen
Erpressung 66 vom Prätor
Cicero verklagt und
verurteilt, worauf er sich selbst den
Tod gab. Er verfaßte eine römische Geschichte von den ältesten
Zeiten wahrscheinlich
bis auf seine Zeit herab, in der er auch von
UrkundenGebrauch machte, die aber bis auf unbedeutende
Fragmente
verloren ist.
3)
Gajus Licinius
MacerCalvus, Sohn des vorigen, geb. 82
v. Chr., gestorben vor 47, wird sowohl als Redner wie als lyrischer Dichter
gerühmt. In ersterer
Eigenschaft bildete er mit
Curio und
Brutus eine Art Gegenpartei gegen
Cicero, indem
er nach einer einfachern und präzisern Redeweise strebte, die man die attische nannte. Er war ein
Freund des
Catullus, mit
dessen
Poesie die seinige
Ähnlichkeit
[* 2] besaß. Eine Sammlung der dürftigen Bruchstücke seiner Gedichte enthält Licinius
MüllersAusgabe des Catull (Leipz. 1870).
Vgl. Weichert in »Poetarum latinorum vitae« (Leipz.
1830).
Bei Cibalis in
Pannonien kam es 315 zu einer blutigen
Schlacht, infolge deren sich Licinius über
Sirmium nach
Thrakien zurückzog. Eine zweite
Schlacht in
Thrakien führte zu einem
Frieden, in welchem Licinius
Illyrien an
Konstantin abtrat. Aber
schon 323 kam es zu neuen Feindseligkeiten. Licinius ward bei
Adrianopel und zum zweitenmal bei
Chalcedon geschlagen, geriet sodann
in die
Hände des Siegers und wurde von diesem, gegen das gegebene
Versprechen, zu Thessalonika 324 getötet.
Rumph,Gattung aus der
Familie derPalmen,
[* 3] niedrige
Bäume mit geringeltem oder von stehen
gebliebenen, verhärteten
Basen der verwelkten
Blätter rauhem
Stamm, endständigen, fächerförmigen Blättern, langen, stachligen
Blattstielen,
Zwitterblüten und einsamiger
Steinfrucht. Die etwa zwölf
Arten sind auf das tropische
Asien
[* 4] beschränkt. Licuala peltataRoxb., in den Waldgebirgen östlich von
Bengalen und
am
Fuß des
Himalaja, 3-4 m hoch, mit schwachem
Stamm,
trägt nur einen, aber 2-3 m langen Blütenkolben mit außerordentlich großen, weißen, sehr schönen
Blüten, die sehr lange
dauern, und einer
Eichel im Fruchtbecher ähnlichen
Frucht. Die großen, schildförmigen
Blätter werden als Schirmhüte benutzt.
VonLicuala acutifidaMart., in
Pinang, welche nur selten über 1,5 m hoch wird, liefern die jungen
Stämme die
als
Pinang-Lawyers bekannten Spazierstöcke. Mehrere
Arten werden bei uns in
Gewächshäusern kultiviert, und einige derselben
gedeihen auch im
Zimmer.
(abzuleiten von
Leder;
Verpackung,
Dichtung), Vorrichtung, welche das gegenseitige dichte Anschließen
zweier Maschinenteile hervorbringen soll. Bleiben die Maschinenteile in einer und derselben
Lage zu einander, so dichtet man
sie gegeneinander einfach dadurch ab, daß man sie möglichst genau aufeinander paßt oder ein schmiegsames Dichtungsmaterial
(Hanf,
Leder,
Papier,
Asbest,
Gummi etc.) dazwischenbringt. Bei zwei ineinander beweglichen Maschinenteilen genügt in der
Regel ein genaues Aufeinanderpassen nicht, weil bei der
Bewegung eine gegenseitige
Reibung
[* 8] und daher auch
eine
Abnutzung eintritt, durch welche nach einiger Zeit durchlassende
Spalten entstehen.
Man wendet daher entweder gleichfalls schmiegsame Dichtungsmaterialien oder federnde Metallringe an, wovon letztere den Vorzug
einer großen Dauerhaftigkeit haben, während erstere oft erneuert werden müssen. Besonders wichtig
sind die Liderungen von
Kolben und
Stangen (z. B.
Kolben-,
Schieber-, Ventilstangen). Erstere sollen die
Kolben gegen ihre
Cylinder
dicht anschließen lassen, ohne ihre Beweglichkeit bedeutend zu hindern. Sie bestehen entweder in einem um den
Kolben gelegten
Ring von
Hanf, Segelleinen oder
Leder, der durch eine besondere Vorrichtung zwischenKolben und
Cylinder gehörig
festgepreßt werden kann, oder aus Lederstulpen
(Lederstulpdichtung), d. h. Lederscheiben mit rechtwinkelig aufgebogenen Rändern,
welch letztere durch den in der abzudichtenden
Flüssigkeit herrschenden
Druck gegen die Cylinderwandungen gepreßt werden.
Diese Kolbenliderungen werden meist zur Abdichtung gegen tropfbare
Flüssigkeiten gebraucht, während dagegen bei
Dampf
[* 9] und
auch in neuerer Zeit bei
Luft
(Gebläse,
[* 10]
Kompressoren) meist metallische Liderungen, bestehend in federnden
Ringen, die sich gegen den
Cylinder pressen, in Anwendung sind. Eine ganz besondere Art der Kolbenliderung ist die sogen.
Labyrinthdichtung, die darauf basiert, daß eine
Flüssigkeit, wenn sie durch Öffnungen von oftmals wechselndem
Querschnitt
geleitet wird, dermaßen in Wirbelungen gerät und sich gewissermaßen so verirrt, daß sie nur sehr
langsam hindurchtreten kann. Eine solche Liderung erzielt man dadurch, daß man den ziemlich langen, in dem
Cylinder mit ganz geringem
Spielraum beweglichen
Kolben mit einer
Reihe ringsherum laufender
Nuten versieht. Die
Labyrinthdichtungen haben eine ziemlich
verbreitete Anwendung bei den mit komprimierter
Luft betriebenen
¶
mehr
Gesteinsbohrmaschinen
[* 12] gefunden. Über die Abdichtung von Stangen s. Stopfbuchsen. ^[richtig: Stopfbüchse.]
[* 13]
(spr. lidschöping), Stadt im schwed. LänSkaraborg, an der Mündung der Lidan in den Wenersee, durch Zweigbahn
mit der LinieGotenburg-Stockholm verbunden, hat Tabaks- und Zündhölzerfabriken, eine Dampfsäge, Kornhandel und
(1885) 4851 Einw.
(Augenlidkrampf, Blepharospasmus), Schluß der Augenlidspalte durch krampfhafte Kontraktion des Schließmuskels,
tritt ein bei Lichtscheu, Augenentzündungen, Verletzungen, beim Eindringen fremder Körper ins Auge, auch bei Reizungen der sensibeln
Gesichtsnerven, besonders der Zahnnerven. Im letztern Fall ist der Lidkrampf mitunter sehr hartnäckig und nur durch Ausschneiden
eines Stückes des gereizten sensibeln Nervs heilbar.
Bengt, schwed. Dichter, geb. zu Gotenburg, studierte in Lund, gab sich aber einem unordentlichen
Leben hin, weshalb man ihn als Matrosen nach Ostindien
[* 14] schickte. Er entlief jedoch am Kap, kam nach Stockholm
[* 15] zurück und ward 1779 in der
Kriegsexpedition angestellt. König Gustav III. ernannte ihn zum Sekretär
[* 16] der schwedischen Gesandtschaft
in Paris,
[* 17] wo L. 1781 sein Trauerspiel »Erik den Fjortonde« schrieb, bald aber wegen seiner schlechten
Aufführung zurückgeschickt wurde. Er starb Lidner war ein von der Natur hochbegabter Dichter; aber seine Poesie war
unordentlich wie sein Leben, und seinen Schöpfungen fehlen Haltung und Charakter. Hervorhebung verdienen:
»Spastaras död« (1783),
»Året 1783«, »Yttersta domen«, die Oper »Medea« u. a. Die schwedische Akademie errichtete ihm ein Denkmal.
Seine »Samlade skrifter« erschienen in 8. Auflage Stockh. 1878.
die seinen Namen bereits populär machte, und die Novelle »Den Fremsynte« (1870; deutsch: »Der
Geisterseher«, Berl. 1876), die in kurzer Zeit sechs Auflagen erlebte und Lie den ersten Romandichtern seines Vaterlandes anreihte.
Mit staatlicher Unterstützung reiste er 1871 zuerst nach Nordland und dann nach Italien,
[* 20] wo er mehrere
Volkserzählungen auf Grund seiner Studien in Nordland schrieb, die unter dem Titel: »Fortällinger og Skildringer fra Norge«
(3. Aufl. 1880) erschienen.
Bald nach diesen trat er mit dem Roman »Tremasteren Fremtiden« (»Der
Dreimaster Zukunft«, 1872) hervor, welcher das Leben des norwegischen Küstenvolks mit wunderbarer Treue
und Lebendigkeit schilderte und in zahlreiche fremde Sprachen übersetzt
wurde. Noch größeres Aufsehen machte der Roman »Lodsen
og hans Hustru« (»Der Lotse und seine Frau«, 1874), welcher im ersten Jahr fünf Auflagen erlebte. Die Kraft
[* 21] und Frische der Darstellung,
die Feinheit der psychologischen Züge, der poetische Duft, der über dem Ganzen liegt, lassen die Mängel
der Komposition leicht übersehen.
Eine italienische Erzählung: »Fanfulla«, stammt noch aus dieser Zeit. 1874 zurückgekehrt,
erhielt er vom norwegischen Storthing die sogen. Dichtergage, und auch vom König ward er dekoriert. Die italienische
Reise zeitigte in der Erinnerung noch einige Früchte: die Erzählung »Antonio Banniera« (1875) und das lyrisch-dramatische
Gedicht »FaustinaStrozzi« (1875). In seinem eigensten Element erschien er dann wieder in den Erzählungen: »Susanne« (1878),
1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz,
[* 23] Kreis
[* 24] Landeshut, am Bober und der Linie Ruhbank-Liebau
der Preußischen Staatsbahn sowie an der Südnorddeutschen Verbindungsbahn, 510 m ü. M.,
hat 1 evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, bedeutende Flachsspinnerei, Leinweberei, eine Glashütte,
eine Cellulosefabrik, starke Flachsausfuhr nach Böhmen
[* 25] und (1885) 5018 meist kath. Einwohner. Liebau ward 1290 angelegt.
- 2) Stadt in Mähren, Bezirkshauptmannschaft Sternberg, am Bachfluß, hat ein Bezirksgericht, Sparkasse, Schieferbrüche, Seidenband-
und Leinweberei und (1880) 2462 Einw. -
jetzt nur noch als Titel und Anrede fürstlicher oder hochadliger
Personen untereinander, scherzhaft wohl auch unter Leuten geringern Standes gebräuchlich: Ew. (Euer) Liebden.
das Gefühl, welches ein erstrebenswertes Gut in den Lebewesen erregt, und das in der Vereinigung
mit demselben, sei es als herrschendes oder dienendes Glied,
[* 28] seine Befriedigung findet. Die Eigenschaften, welche den Wunsch
der Vereinigung, resp. des Besitzes erwecken, können von mancherlei Art sein, in äußern und innern, körperlichen und geistigen
Vollkommenheiten, Schönheit, Kraft und in solchen Vorzügen bestehen, die der liebende Teil vielleicht um so
mehr bewundert, je weniger er sie selbst besitzt.
Indem man den unwiderstehlichen Drang zur Vereinigung, der die Liebe kennzeichnet, wie eine elementare, physische
Kraft betrachtete und sich dabei der gegenseitigen Anziehung der ungleichen Magnetpole, der Abstoßung der gleichartigen erinnerte,
entstand das schon von Platon erörterte philosophische Theorem, daß zur eine polare Verschiedenheit,
ein möglichst großer Gegensatz gehöre, was aber nur in einem sehr bedingten Sinn richtig ist, denn sonst müßten den
¶
mehr
Gottlosen die innigste Gottesliebe, den Barbaren die höchste Liebe zur Kunst eigen sein. In dem Allgemeinbegriff der Liebe vereinigen
sich aber so viele verschiedene Regungen, daß man mit Notwendigkeit gewisse Unterschiede und Grenzen
[* 30] ziehen muß, um nicht
ganz fremde Begriffe zu vermischen. Im engern Sinn versteht man unter Liebe nur das Verhältnis lebender Wesen
zu einander, und nur unter ihnen kann sie zu derjenigen Steigerung und Vollkommenheit gelangen, welche durch die Gegenseitigkeit
der Liebe bedingt wird.
Aber auch hier muß man wieder die aufopfernde Liebe der Eltern für ihre Kinder und die Erwiderung derselben seitens der letztern,
die uneigennützige Liebe oder Sympathie für andre Personen, die man Freundschaft nennt, und die Geschlechtsliebe
unterscheiden, die nur in vollkommener Gegenseitigkeit ihr Glück findet, weshalb auch die Alten eine einfache Personifikation
derselben im Eros
[* 31] nicht für genügend hielten und die Personifikation der Gegenliebe (Anteros) hinzufügten.
Die Geschlechtsliebe setzt schon an sich den in körperlichen und geistigen Verschiedenheiten ausgeprägten
geschlechtlichen Gegensatz voraus und in vielen Fällen, wenn sie zu dauernder Befriedigung führen soll, auch einen gewissen
Gegensatz der Charaktereigentümlichkeiten, so daß eine gegenseitige Ergänzung und Ausgleichung möglich wird, wie
z. B. zwei heftige und unnachgiebige Persönlichkeiten niemals glücklich miteinander leben
könnten. Bei der Geschlechtsliebe spielen aber außerdem eine Menge dunkler und instinktiver Regungen
und Gefühle hinein, namentlich im Tierleben, woselbst eine deutliche Periodizität der Triebe, gewisse auf den Geruchssinn
wirkende Anlockungsmittel, welche ein Sichfinden und Erkennen aus einiger Entfernung ermöglichen, Reiz- und Erregungsmittel
für Auge und Ohr
[* 32] eine Rolle spielen.
Wir sehen daselbst Schaustellungen der Körpervorzüge in Farben undZeichnungen, Kraftentfaltung in den
Kämpfen mit den Nebenbuhlern, Gesangsleistungen, Tänze und Vorführungen sonstiger Vorzüge einen berückenden Zauber auf
das wählende Geschlecht ausüben, welches dort in der Regel das weibliche ist. BeimMenschen sind diese Naturtriebe durch Erziehung,
Volkssitte, Erwerbsverhältnisse und Standesunterschiede in gewisse Schranken gebannt, die indessen häufig
genug durch die elementare Gewalt derLeidenschaft umgerissen werden.
Die verjüngende, auf die Natur zurückführende Kraft der Liebe, welche dieselbe zu allen Zeiten zum Quell der Poesie gemacht hat,
weiß die Hindernisse der Erziehung und Verfeinerung des Lebens zu überwinden; sie hat dadurch nicht an Reiz eingebüßt, sondern
das Verhältnis der Liebenden zu einander wird im Gegenteil durch die Erschwerung ihrer Vereinigung mit einer Poesie des Sehnens,
der Hingebung und Aufopferung umwoben, deren reinigende Wirkung der Natursohn wohl nur in den seltensten Fällen erfährt.
Daß die Macht der Leidenschaft durch Hindernisse nur gesteigert wird, beweisen die verzweifelten Schritte
so vieler Liebespaare, welche den gemeinsamen Tod der Unmöglichkeit, für einander zu leben, vorziehen. Das dunkle, triebartige
Wesen der Geschlechtsliebe offenbart sich auch in gewissen Verirrungen derselben, so wenn z. B.
verworfene Geschöpfe bessere Naturen unlösbar an sich ketten, wie es Prévost in »Manon Lescaut« so unübertrefflich geschildert
hat, oder wenn Personen des gleichen Geschlechts über die Freundschaft hinausgehende Empfindungen erregen.
Solche Neigungen sind wohl in der Regel krankhafter Natur und daher milder zu
beurteilen, als es meist geschieht. Im allgemeinen
soll die Liebe einem natürlichen Antrieb folgen, und daher gehört die christliche Forderung der Feindesliebe auf ein ganz andres
Gebiet, nämlich auf das der Selbstüberwindung.
1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel,
[* 41] KreisHofgeismar, auf einer Insel der Diemel
und an der LinieSchwerte-Kassel der Preußischen Staatsbahn, hat eine große Molkerei, Kalkbrennerei und (1885) 660 meist
evang. Einwohner. - 2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Frankfurt,
[* 42] KreisZüllichau-Schwiebus, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Braunkohlengruben und (1885) 1295 Einw. -
3) Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Reichenberg,
[* 43] an der Pardubitz-ReichenbergerBahn, mit großer
Schafwollwarenfabrik, ausgebreiteter Handweberei, Papier- und Kartonagenfabrik, Glasindustrie und (1880) 3057 Einw.
Hier Gefecht zwischen Preußen
[* 44] und Österreichern.
1) Dorf und Badeort im Herzogtum Sachsen-Meiningen, KreisMeiningen,
[* 47] in reizender Gegend am Südrand des
ThüringerWaldes, 7 km von der Station Immelborn der Werrabahn, 345 m ü. M., hat ein schönes Kurhaus, neuerbaute
Badeanstalten, zahlreiche Villen (darunter Villa Feodora des Herzogs von Meiningen), eine Eisenwarenfabrik und (1885) 1158 evang.
Einwohner. Die drei Mineralquellen von Liebenstein, die wegen ihres geringen Gehalts an andern, den Verdauungsapparat
unnötig beschwerenden Bestandteilen zu den reinen Stahlquellen gezählt werden müssen und dem PyrmonterWasser nahestehen,
wurden schon im 17. Jahrh. benutzt. Die Temperatur beträgt 9,8° C. Außerdem bietet Liebenstein Sol- und Eisensolbäder (mit Benutzung
von Salzunger Badesalz), Fichtennadelbäder sowie Gelegenheit zu Molken- und Kaltwasserkuren. Liebenstein wurde 1886 von 1499 Kurgästen
besucht. In der Nähe sind bemerkenswert: das SchloßAltenstein (s. d.), die über dem Dorf malerisch sich erhebende
¶
Stadt und Badeort im württemberg. Schwarzwaldkreis, OberamtKalw, im romantischen Nagoldthal des Schwarzwaldes
und an der LiniePforzheim-Horb der Württembergischen Staatsbahn, 335 m ü. M., hat eine schöne
Burgruine, Wollspinnerei, Fabrikation von Bijouteriewaren, silbernen Ketten und Pappdeckeln und (1885) 965 evang.
Einwohner. Die Heilquellen von Liebenzell (das Obere und das Untere Bad, je mit Badehotel, und das KleineWildbad, am Ende des reizenden
Kohlbachthals) sind indifferente Thermen von 24-28° C. mit schwachem Kochsalzgehalt und finden besonders gegen Krankheiten
der weiblichen Geschlechtsorgane, Hysterie, Hypochondrie und Hautkrankheiten
[* 54] Anwendung.
Vgl. Salzmann und
Kommerell, Bad und seine Umgebung (Stuttg. 1886).
in neuerer Zeit sind es vor allem seine Untersuchungen über Wärmeregulierung und Fieber und die Behandlung
der fieberhaften Krankheiten gewesen, welche seinen Namen zu Ansehen gebracht haben. Er schrieb: »Beiträge zur pathologischen
Anatomie und Klinik der Leberkrankheiten« (Tübing. 1864);
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, KreisLübben,
[* 80] in der gräflich Schulenburgschen Standesherrschaft
und an der LinieFrankfurt a. O.-Kottbus der Preußischen Staatsbahn, hat ein großes Schloß aus dem 18. Jahrh., 2 Kirchen
(darunter die interessante deutsche oder Stadtkirche aus dem 16. Jahrh.), ein Amtsgericht, Torfgräberei, Ziegelbrennerei,
Holzhandel und (1885) 1660 evang. Einwohner. Lieberose wird
zuerst 1295 urkundlich erwähnt.
nach der Mode des Adels im 17. Jahrh. eine einzelne Locke, die am linken Ohr auf die Schultern herabhing,
während das übrige Haar
[* 83] kürzer verschnitten war.
in der Bühnensprache ein Rollenfach, dessen Bedeutung sich aus dem Namen ergibt.
Äußerliche Vorzüge,
wie Jugend, Schönheit der Gestalt und des Organs, gesellige Tournüre und feine Weltbildung, sind in demselben unentbehrlich.
Man teilt die Liebhaberrollen in erste Liebhaber, worunter auch häufig die Helden mitbegriffen sind, und jugendliche
Liebhaber, die oft auch die Bonvivants etc. mit umfassen.
Johann, Freiherr von, Industrieller, geb. zu Braunau in Böhmen, erlernte bei seinem Vater die Tuchmacherei,
arbeitete dann in Reichenberg, etablierte hier einen kleinen Kramladen, dann ein Schnittwarengeschäft, erwarb 1828 eine
kleine Spinnerei und führte bald darauf die Fabrikation von Merinos, Lastings und Tibets ein, welche schnell einen großartigen
Aufschwung nahm. 1843 verpflanzte er die Herstellung von Orléans
[* 85] und Mohairs nach Böhmen, seine Fabriken vergrößerten sich
von Jahr zu Jahr, und 1850 gründete er eine Worstedspinnerei mit 5400 Spindeln. 1873 waren in diesem
Reichenberger Etablissement 600 mechanische und 180 Handwebstühle und 5300 Weftgarn- und 2000 Streichgarnspindeln in
Thätigkeit. 1845 hatte er inzwischen in Swarow eine Baumwollspinnerei eröffnet, mit welcher er zehn Jahre später eine
Spinnerei und Zwirnerei im benachbarten Haratitz verband.
Hier waren 1873: 47,000 Baumwollspindeln, 6400 Zwirnspindeln und 400 mechanische Webstühle
[* 86] in Thätigkeit.
Eine zweite großartige Baumwollspinnerei errichtete er von 1856 bis 1863 in Eisenbrod, und etwa um dieselbe Zeit erbaute
er in Mildenau im BezirkFriedland eine Kammgarnspinnerei, verbunden mit 120 Handwebstühlen, während er in den umliegenden
Ortschaften Hunderte solcher Stühle beschäftigte. Schon 1841 hatte er für sein Zentraldepot in Wien
[* 87] eine
Färberei und Appreturanstalt in Mödling errichtet, welche er aber 1845 nach Nußdorf verlegte. 1852 erwarb er im südlichen
BiharerKomitat eine verlassene Glashütte und bedeutende Waldungen; er siedelte hier böhmische Arbeiter an, erbaute mit großem
Aufwand Straßen, richtete die Glashütte wieder ein und erzeugte bald 60,000 Ztr. Glas
[* 88] im Jahr.
Doch verkaufte er die Besitzung 1866. In der Folge begründete und erwarb Liebieg ferner eine großartige Kunstmühle in Haratitz,
Dachschieferbrüche in Racic bei Eisenbrod, Kupferwerke zu Rochlitz in Böhmen und Guttenstein in Niederösterreich, eine Spiegelfabrik
zu Elisenthal in Böhmen, Kalksteinbrüche und Kalköfen bei Smrc bei Eisenbrod, eine Dampfbrettsäge und
eine Bierbrauerei
[* 89] auf den Domänen Smiriz und Horinowes im KöniggrätzerKreis, zu welch letztern er später noch die Waldherrschaft
Daschitz hinzukaufte.
Für seine (6300) Arbeiter und Beamte richtete er viele humanitäre Anstalten ein, Unterstützungsinstitute, Bäckereien,
Speiseanstalten, Unterrichtsanstalten etc., welche einen jährlichen Aufwand von 20,000 Gulden erheischten.
Vielfach beteiligte sich auch an öffentlichen Angelegenheiten. Er war Vorstand des Reichenberger Gewerbevereins, Präsident
der Handelskammer daselbst, Delegierter der Regierung beim volkswirtschaftlichen Ausschuß in Frankfurt a. M. 1849, Mitglied
der Kommission zur Regulierung der Valuta 1851, Reichsratsmitglied etc. 1866 wurde er in den Ritterstand erhoben und starb
Vgl.
»Johann Liebieg. Ein Arbeiterleben« (Leipz. 1868).
Hier errichtete er aus eignen beschränkten Mitteln das erste chemische Laboratorium für experimentellen
Unterricht und erhob die Universität zu einem Zentralpunkt des chemischen Studiums. Liebig bethätigte eine außerordentliche Begabung
als Lehrer, keiner hat es wie er verstanden, chemische Schule zu machen; aus allen Ländern strömten ihm Schüler zu, und eine
große Zahl der hervorragendsten Chemiker der Gegenwart hat sich in Gießen unter ihm gebildet. Er errang
in Deutschland der Chemie die Stellung, welche sie heute einnimmt, und durch sein Wirken hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen,
daß die Chemie mehr sei als Experimentierkunst, und daß sie als Wissenschaft gelehrt und gelernt werden müsse. Als Forscher
ist auf dem Gebiet der Chemie, der Physiologie und der Landwirtschaft mehr als produktiv gewesen, er war
für jede dieser DisziplinenReformator. Er wandte sich in Gießen zunächst der organischen Chemie zu und schuf als mächtigstes
Hilfsmittel für dies Studium eine verbesserte Elementaranalyse, die in den wesentlichsten Zügen noch heute gebräuchlich ist.
Er untersuchte zahlreiche organische Säuren, studierte die
¶
mehr
Einwirkung des Chlors auf den Alkohol, wobei er das Chloroform und das Chloral entdeckte; die Theorie der Ätherbildung suchte
er durch eine neue Versuchsreihe aufzuklären, und bald darauf entdeckte er denAldehyd. Auch über die Alkaloide, die Zuckerarten,
viele Cyanverbindungen und über die Metallverbindungen hat er viele Untersuchungen angestellt, und ohne
Zweifel muß er sowohl nach der Zahl seiner Entdeckungen als auch nach deren Bedeutung der fruchtbarste Chemiker seiner Zeit
genannt werden.
Epochemachend waren seine mit Wöhler angestellten Forschungen über die Benzoylverbindungen, von welchen die eigentlich rationelle
Behandlung der organischen Chemie datiert. Seit 1839 wandte er sich hauptsächlich dem Studium der Ernährung
des Pflanzen- und Tierkörpers zu. Er wies die Wichtigkeit der Mineralstoffe für die Pflanzen und besonders für den Ackerbau
überzeugend nach, stellte die Bedeutung der organischen Substanz im Boden fest und wurde der größte Reformator des Feldbaues
in diesem Jahrhundert.
Über seine Lehren
[* 94] entspann sich ein langer und heftiger Streit, welcher endlich zu gunsten Liebigs entschieden
wurde, nachdem dieser seine Theorien vielfach ausgebaut und modifiziert hatte. Auch für die Lehre
[* 95] von der Ernährung der Tiere
schuf er eine neue Basis. Er zeigte, daß das Tier die Hauptbestandteile seines Bluts in der Nahrung fertig gebildet finden müsse;
er unterschied zwei Gruppen von Nahrungsstoffen: die hauptsächlich der Blutbildung dienenden Eiweißkörper
und die zur Wärmeerzeugung im Körper verwendeten stickstofffreien Substanzen;
er lehrte, daß zur Fettbildung und Fettablagerung
im Körper andre Stoffe, die nicht Fett sind, mitwirken müssen etc. Seine Untersuchungen über das Fleisch und über die Zusammensetzung
der Muskelfaser wurden auch für das praktische Leben wichtig, insofern sich daran die Darstellung des
Fleischextrakts knüpfte.
Außer letzterm gab Liebig die Bereitung einer leichtverdaulichen und nahrhaften Fleischbrühe für Kranke,
einer Suppe zur Auffütterung der Kinder und eines nahrhaften Brots an. Mit Rücksicht auf diese Arbeiten, die Entdeckung als
Arzneimittel sehr wichtig gewordener Körper, die Bereicherung der chemischen Technik mit manchen Methoden
und vor allem mit Rücksicht auf seine Entdeckung der Gesetze des Feldbaues kann behauptet werden, daß wohl nie ein Gelehrter
sich so eingehend mit der praktischen Verbesserung des materiellen Menschenlebens befaßt hat wie Liebig 1845 war
er in den Freiherrenstand erhoben worden; 1852 folgte er einem Ruf nach München,
[* 96] wo er, von der Leitung
eines großen Laboratoriums befreit, fast ausschließlich seinen physiologischen Forschungen lebte. Er war dort lange Jahre
Präsident der Akademie der Wissenschaften und starb In München wurde ihm 1883 ein Marmordenkmal (von Wagmüller),
in Darmstadt 1877 eine Bronzebüste (von Bersch) gesetzt.
Von Liebigs Schriften sind besonders hervorzuheben: »Anleitung zur Analyse organischer Körper« (Braunschw. 1837, 2. Aufl. 1853);
Mit Poggendorff und Wöhler und vielen andern
Chemikern schrieb er das »Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie« (Braunschw. 1837 bis 1864, 9 Bde.; 2. Aufl.,
Bd. 1 u. 2, 1857-63); mit Kopp begann er 1849 den »Jahresbericht über die Fortschritte
der Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie«
[* 100] (Gießen); auch gab er mit Geiger u. a. die »Annalen der Pharmazie« (Heidelb. 1832-39)
heraus und als deren Fortsetzung mit Wöhler, später auch mit Kopp die »Annalen der Chemie und Pharmazie«. Mit seinem Sohn Georg,
geb. Badearzt in Reichenhall und Dozent in München, gab Liebigs Schwiegersohn M. Carriere »Reden
und Abhandlungen von J. Liebig« (Leipz. 1874) heraus; auch veröffentlichte G. v.
Liebig mit Echtermayer den Briefwechsel seines Vaters mit Th. Reuning über landwirtschaftliche Fragen (Dresd. 1884).