Hier brach er nicht nur seine Beziehungen zu der
Burschenschaft plötzlich ab, sondern begann auch als Gegner der sogen. demagogischen
Partei aufzutreten. 1822 nach
Berlin
[* 6] übergesiedelt, ward er hier durch tieferesStudium der Hegelschen
Philosophie zu metaphysischen Betrachtungen über die Geschichte veranlaßt; doch trat er später zu
HegelsSystem in dasselbe
polemische
Verhältnis wie zu den
Liberalen. Um für die Geschichte der italienischen Munizipien im
Mittelalter an
Ort und
StelleStudien machen zu können, verweilte er, von der Fürstin von
Schwarzburg-Rudolstadt unterstützt, von 1823 bis 1824 in
Italien.
[* 7] Nach seiner Rückkehr habilitierte er sich in
Berlin als
Lehrer der Geschichte und gab seine
»Entwickelung der
Verfassung
der lombardischen
Städte« (Hamb. 1824) heraus.
Ein
Ruf nach
Dorpat,
[* 8] den er ablehnte, bewirkte seine Ernennung zum außerordentlichen
Professor. 1827 gab er plötzlich seine
Stellung zu
Berlin auf und begab sich nach seiner
Heimat, nahm aber 1828 wieder eine außerordentliche Professur
der Geschichte in
Halle
[* 9] an und wurde 1830 zum ordentlichen
Professor ernannt. Wie in seinen politischen
Ansichten, so vollzog
sich auch in seinen religiösen ein völliger Umschwung. Während die »Vorlesungen
über die Geschichte des jüdischen
Staats« (Berl. 1828) rationalistisch gefärbt waren, trat in seinem
»Handbuch der Geschichte des
Mittelalters«
(Halle 1830) der ihn mehr und mehr beherrschende
Geist des religiösen
Obskurantismus
und der politischen
Reaktion bereits deutlich hervor.
Weniger sind seine beiden Hauptwerke von Parteileidenschaft entstellt: »ZwölfBücher niederländischer
Geschichten«
(Halle
1832-35, 2 Bde.) und »Geschichte
der italienischen
Staaten« (Hamb. 1829-30, 5 Bde.),
worin er von den dargestellten Zuständen ebenso getreue wie lebendige Schilderungen gibt. Seine
Polemik gegen die neue Zeit
eröffnete er (abgesehen von zahlreichen
Aufsätzen für das
»Berliner
[* 10] politische Wochenblatt«, die
»Evangelische Kirchenzeitung«
und das »Hallesche Wochenblatt«, das er durch seine drastischen, derb-witzigen
Ausfälle gegen den herrschenden
Zeitgeist berühmt gemacht hat) mit seinen
»Studien und
Skizzen zu einer
Naturgeschichte des
Staats«
(Halle 1833) und den Streitschriften: »HerrDr.
Diesterweg und die deutschen
Universitäten« (Leipz. 1836),
»Die Hegelingen«
(Halle 1838, 2. Aufl. 1839, gegen A.
Ruge und dessen
»Jahrbücher« gerichtet),
»Sendschreiben an J.
^[Joseph]
Görres« (das. 1838) und
»Signatura temporis« (das. 1849). In seinen Werken: »Lehrbuch der Universalgeschichte«
(Halle 1835-44, 6 Bde.; 3. Aufl.
1849-56),
»Leitfaden für den
Unterricht in der Universalgeschichte« (das. 1838-40, 4 Bde.)
und »Vorlesungen über die Geschichte des deutschen
Volks und
Reichs« (Bd. 1-5, das.
1854-67) zog er die letzten
Konsequenzen seiner reaktionären politischen und kirchlichen
Anschauungen.
Er warf sich dem Zeitstrom grimmig entgegen und befehdete eine ganze
Generation, deren völlige Vernichtung er in vollem
Ernst
als eine
Notwendigkeit aussprach. In der Zeit der
Reaktion in
Preußen
[* 11] nach 1850 übte er als Mitarbeiter der »Kreuzzeitung«
nicht unbedeutenden
Einfluß aus. Er scheute vor keiner
Konsequenz seiner
Ansichten zurück; bekämpfte
alle deutschen Einheitsbestrebungen und beteiligte sich auch an
Verhandlungen der strengen
Lutheraner über eine Vereinigung
mit der katholischen
Kirche. Am wurde er zum lebenslänglichen Mitglied des
Herrenhauses ernannt, trat aber nur
selten in demselben als Redner auf und zog sich schließlich
vor der siegreichen
Gewalt der Ereignisse
resigniert von der politischen
Bühne zurück.
Leos Leistungen im Gebiet der altgermanischen
Sprache:
[* 12] »Altsächsische u. angelsächsische Sprachproben«
(Halle 1838),
die »Rectitudines singularum personarum« (das.
1842),
die »Malbergische
Glosse« (Berl. 1842-45, 2 Hefte) und die »Ferienschriften«
(Halle 1847-52, 5 Hefte),
die
Frucht seiner
Studien über keltische
Sprache und keltisches
Altertum, werden
als schätzenswerte Beiträge zur Litteraturgeschichte anerkannt. Zuletzt veröffentlichte er ein
»AngelsächsischesGlossar«
(Halle 1872-77, 2 Bde.). Er starb, seit längerer Zeit gehirnleidend, Nach
seinem
Tod erschien: »Aus meiner Jugendzeit« (Gotha
[* 13] 1880), eine durch ihre
anschauliche Schilderung des damaligen Universitätslebens und ihre rücksichtslose Wahrheitsliebe ausgezeichnete
Selbstbiographie, die bis 1822 reicht.
Schriftsteller aus
Cordova, bereiste seit 1492 Nordafrika
und Westasien, bis er Seeräubern in die
Hände fiel, die ihn dem
PapstLeo X. schenkten. In
Rom
[* 14] trat Leo Africanus zum
Christentum über, später aber zum
Islam zurück;
er starb nach 1526. Seine in diesem Jahr in italienischer
Sprache verfaßte
BeschreibungAfrikas (zuerst veröffentlicht im Sammelwerk des Ramusio; deutsch von Lorsbach,
Herborn 1805) war lange Zeit die
Hauptquelle für die Kenntnis des
Sudân.
Geschichtschreiber des 11. Jahrh. Seine »Chronographia«
(813-949) wurde herausgegeben von
Bekker
(Bonn 1842) und vollständiger nach dem
MünchenerKodex von Tafel in
»Monumenta saecularia«
(Münch. 1859).
Stadt in
Steiermark,
[* 18] an der
Mur und an der Südbahnlinie
Bruck-Leoben, an die sich hier die Staatsbahnlinie
nach St.
Michael und die Leoben-Vordernberger
Bahn anschließen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichts, eines
Revierbergamts und einer
Handels- undGewerbekammer. ist die schönste Stadt Obersteiermarks, hat breite
Straßen, einen großen
Platz mit einer 13 m hohen Pestsäule und 2 Wasserbassins, einen Stadtpark, 3
Kirchen, ein Redemptoristenkloster mitKirche
im gotischen
Stil, ein altes
Rathaus, ein
Theater,
[* 19] eine
Bergakademie und landschaftlicheBerg- und Hüttenschule, ein Obergymnasium,
ein
Krankenhaus,
[* 20] eine
Sparkasse, eine Gasanstalt und (1880) 5491 Einw. Ein Marmordenkmal
erinnert an den hier zwischen
Österreich
[* 21] und der französischen
Republik abgeschlossenen Präliminarfrieden, welchem
der
Friede zu
Campo Formio (s. d.) folgte. Doch fanden die
Verhandlungen nicht in der Stadt selbst, sondern
in dem nahen, westlich gelegenen
SchloßGoß (ehemaligem.
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Nonnenstift, 1002 gegründet, 1782 aufgehoben, jetzt Bräuhaus) statt. Daselbst befinden sich auch eine sehenswerte Kirche
und eine Zündhölzchenfabrik. Leoben bildet einen Zentralpunkt der obersteirischen Montanindustrie, welche in der
nächsten Umgebung der Stadt durch ausgedehnte Braunkohlenbergwerke (zu Seegraben, Produktion 2,4 Mill. metr. Ztr.) und
bedeutende Eisenwerke (namentlich zu Donawitz, Dorf mit 5541 Einw., und
Trofaiach) vertreten ist. Die Stadt soll bereits 713 gegründet worden sein.
Vgl. List, und dessen nächste Umgebung (Leob.
1885).
Bezirkshauptmannschaft Baden,
[* 23] am Triestingbach und an der Südbahn
(Wien-Triest), von welcher hier die Staatsbahnlinien nach Gutenstein und St. Pölten abzweigen, hat Fabriken
für Maschinen, Thonwaren,
[* 24] Maschinenriemen, eine Kunstmühle, Steinbrüche und (1880) 1939 Einw.
[* 25] (Lubczyce), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln,
[* 26] an der Zinna, Knotenpunkt der LinienRatibor-Leobschütz
und Deutsch-Rasselwitz-Jägerndorf der Preußischen Staatsbahn, 278 m ü. M.,
ist teilweise noch mit Mauern umgeben, hat 3 katholische und eine evang. Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, ein
Amtsgericht, ein neues Rathaus, ein öffentliches Schlachthaus, 3 große Mälzereien, 3 bedeutende Wollknüpffabriken, Wirkereien,
Lein- und Damastweberei, Maschinen-, Mineralwasser- und Glasfabrikation,
[* 27] 4 Dampfmühlen, eine Dampfbäckerei, 4 Bierbrauereien,
besuchte Wochen- und Jahr- sowie besondere Getreidemärkte und (1885) mit Garnison (einer EskadronHusaren Nr. 6) 12,239 meist
kath. Einwohner. - Leobschütz war schon im 10. Jahrh.
vorhanden und 1524-1623 die Hauptstadt des brandenburgischen FürstentumsJägerndorf.
(spr. lemmster), 1) Stadt in Herefordshire (England), am Lug, inmitten eines durch seine
Rinderzucht berühmten Landstrichs, hat Fabrikation von ledernen Handschuhen, Tuch und Hüten, Handel mit landwirtschaftlichen
Produkten u. (1881) 6042 Einw. -
span. Königreich, nimmt die kleinere Westhälfte des nördlichen Tafellandes von Spanien
[* 36] ein, grenzt gegen W. an Portugal und Galicien, gegen N. an Asturien, gegen O. an Altkastilien, gegen S. an Estremadura, umfaßt
39,475 qkm (717 QM.) mit (1878) 885,714 Einw.
und zerfällt in die drei Provinzen: Salamanca, Leon und Zamora (Genaueres s. unter den einzelnen Provinzen).
Die Bewohner des Königreichs (Leonesen) sind
in den untern Schichten ungebildet und träge, aber von Charakter ehrenwert, gutmütig,
gastfrei und tapfer. Sie rühmen sich voll Stolz, alte Christen (cristianos viejos), d. h. echt spanischer Abkunft, ohne Beimischung
arabischen Bluts, zu sein, und haben viele eigentümliche Sitten und Gebräuche. Im S. von Salamanca wohnen
auf dem Plateau noch Abkömmlinge der Goten und bei Astorga noch Reste der Keltiberier, die Maragatos. - Leon entstand als besonderes
Königreich 910, als König Alfons III., d. Gr., von Asturien sein Reich unter seine Söhne teilte und seinem Erstgebornen, Garcias,
Leon übertrug.
Nach Garcias' frühem Tod (914) erhielt sein Bruder Ordoño II. (914-924) zu Galicien auch und dessen Sohn
Ramiro II. (931-950) vereinigte Leon, Galicien und Asturien zu dem Königreich Leon Ramiro und sein Sohn Ordoño III. (950-957)
erweiterten das Reich durch glückliche Kriege gegen die Araber. Nach den durch Familienzwist, innere Unruhen und verheerende
Einfälle der Araber unglücklichen RegierungenSanchos I. (957-966), Ramiros III. (966-982) und Bermudos
II. (982-990) stellte erst Alfons V. (999-1027) den Frieden und die Macht des Reichs wieder her, das jedoch bereits sein Sohn
Bermudo III. (1028-37) im Kampf gegen König SanchoMayor von Navarra verlor; als er nach SanchosTod sein
Reich wiedererobern wollte, fiel er 1037 in der Schlacht am FlußCarrion, und Leon fiel nun dem Sieger, Sanchos Sohn Ferdinand, zu,
der es mit Kastilien (s. d.) vereinigte.
Die Provinz Leon umfaßt einen Teil des Königreichs Leon, grenzt im N. an Asturien, im NO. an die ProvinzSantander, im
O. an Palencia, im SO. an Valladolid, im S. an Zamora, im W. an Orense und Lugo und hat einen Flächenraum von 15,971 qkm (290 QM.).
Das Land ist überwiegend, nämlich im N. und W., gebirgig und enthält an der Nordgrenze den Hauptzug des kantabrischen
Gebirges, von der Peña Prieta und den Picos de Europa
[* 37] angefangen bis zur Verzweigung in die asturischen
und galicischen Ketten, dann die vielfachen südlichen Ausläufer und Vorlagen dieses Hauptzugs, darunter die Sierra de Jistredo,
die Montañas de Leon (1101 m), el Telena (1251 m), Sierra de Peña Negre.
Der wichtigste Paßübergang im kantabrischen Gebirge ist der Puerto de Pajares, 1364 m hoch. Der übrige
Teil der Provinz, namentlich der Südosten, ist eben. Die Gewässer fließen einerseits durch die Esla und deren Zuflüsse
Bernesga, Cea, Orbigo mit Eria, dem Duero, anderseits durch den Sil dem Minho zu. Die Bevölkerung
[* 38] betrug 1878: 350,210 Einw.
(Ende 1884 auf 370,000 Einw. geschätzt), d. h. 22 pro
Quadratkilometer. Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar und namentlich in den Gebirgsthälern gut angebaut.
Die Stadt Leon, die ehemals mächtige Hauptstadt des Königreichs, liegt an der asturischen Heerstraße und an der Spanischen
Nordwestbahn, zwischen den
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Flüssen Bernesga und Torio, 797 m ü. M., hat 14 Kirchen, darunter die prachtvolle dreischiffige gotische Kathedrale aus dem 14. Jahrh.,
mit außerordentlich leichten Formen, zarten Details und den Grabmälern vieler Könige von Leon sowie von Märtyrern und Heiligen.
Bemerkenswert sind auch die Kirche des bischöflichen Priorats von St. Markus, die Kirche von St. Isidor
und verschiedene Paläste. Die Stadt zählt (1884) 11,314 Einw. ist Mittelpunkt des gegenwärtig allerdings gesunkenen spanischen
Leinwandhandels und war früher auch Hauptstapelplatz des spanischen Wollhandels. Jährlich wird ein sehr besuchter Pferdemarkt
daselbst abgehalten. ist Sitz des Gouverneurs und eines Bischofs und hat eine Tierarzneischule. Es dankt
seinen Namen der Legio Septima Gemina des Galba, deren Standquartier es war. Seit dem 10. Jahrh. war Leon Hauptstadt des
gleichnamigen christlichen Königreichs und nur von 996, wo es vom SultanAlmansor genommen wurde, bis zu dessen Tod in maurischer
Gewalt.
1) Provinz im südamerikan. StaatEcuador,
[* 43] umfaßt die Hochebene von Tacunga (2780 m) und beide
Abhänge der Kordilleren und hat ein Areal von 9100 qkm (165,3 QM.) mit (1885)
80,028 Einw. Landbau und Viehzucht bilden die Haupterwerbszweige. Von gewerblichen Erzeugnissen kommen Leder, Wollen- und Baumwollenstoffe
und Töpferwaren zur Ausfuhr. Hauptstadt ist Tacunga. -
Die Hauptstadt Leon, einst der Stolz des spanischen Amerika,
[* 45] ist jetzt infolge der Bürgerkriege all ihres ehemaligen Glanzes beraubt.
Von den prachtvollen Gebäuden, mit denen sie geschmückt war, sind nur noch die Kirchen erhalten, besonders
die 1743 vollendete Kathedrale von St. Peter, das großartigste Bauwerk des spanischen Amerika, das, in allen Unruhen als Citadelle
benutzt, dennoch äußerlich wenig gelitten hat. Die Universität, welche 1806 gegründet wurde, ist längst wieder eingegangen.
Die Zahl der Bewohner schätzt man mit Einschluß der Indianervorstadt Subtiaba auf 30,000 Seelen. Eine 52 km
lange Eisenbahn verbindet Leon seit 1882 mit dem Hafenort Corinto. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Es wurde 1523 gegründet,
lag aber bis 1685 dem Managuasee 15 km näher, wo die Ruinen der Ciudad vieja noch zu sehen sind. Dieses
alte Leon wurde von Dampier zerstört. -
3) Leon de los Aldamas, Stadt im mexikan. StaatGuanajuato, in einer prachtvollen und sehr fruchtbaren Ebene, an der Straße von
Guadalajara nach Mexiko
[* 46] gelegen, 1895 m ü. M., schön gebaut, mit einem von Arkaden umgebenen Marktplatz, oft 3-4 Stockwerke
hohen Häusern und angeblich (1880) 80,074 Einw.
Die Stadt hat eine Baumwollspinnerei (15,000 Spindeln), und sämtliche Kleingewerbe blühen. Bekannt ist Leon namentlich durch
seine Stiefel, Sättel, Rebozos (ordinäre Shawls), Gold- und Silberstickerei, Gebisse und Palmhüte.
Mit gleichem Erfolg wirkte er in Paris,
[* 49] nachdem er 1866 dorthin übergesiedelt war, wie dies die große
Zahl der dort von ihm ausgebildeten Schüler beweist, unter ihnen Marsick, Paul Viardot, Dengremont u. a. Gleichzeitig bethätigt
er sich eifrig als Virtuose, wenn auch nur im Privatkreis, und vorzugsweise als Interpret klassischer Kammermusik, namentlich
von zeitgenössischen Komponisten. Als schaffender Künstler verfolgt eine durchaus gediegene Richtung,
und seine Kompositionen für den Konzertsaal und den Salon (darunter sechs Konzerte mit Orchester, Valse-Caprice, Sérénade à
l'Espagnole für drei Violinen mit Klavierbegleitung, Variationen über eine Gavotte von Corelli etc.) sind mit Recht nicht weniger
geschätzt als seine Unterrichtswerke (24 Études classiques, 24 Études harmoniques daus les positions,
Petite gymnastique du jeune violoniste, 50 Études faciles, Premiers principes du violon, endlich die unter dem Titel: »Ancienne
école italienne« von ihm veranstalteten Ausgaben der Violinkompositionen von Corelli, Tartini, Geminiani u. a.).
Eine besondere Gruppe darunter bilden die Karikaturen, Ergebnisse seiner physiognomischen Studien, in denen sich aber auch seine
Neigung zum Bizarren kundgibt. Sie sind mehrfach gestochen worden (unter andern von W. Hollar). Auch seine
plastischen Übungen setzte er später in Florenz fort und widmete sich daneben mathematischen und physikalischen, namentlich
mechanischen, Studien sowie der Architektur. Auch war er nicht nur gewandter Sänger und Lautenspieler, sondern konstruierte
ein eignes Instrument, erfand ein neues Griffbrett für die Viola und entwarf eine Zeichnung zu einer neuen
Lyra.
[* 57] Endlich finden wir ihn auch als Dichter, namentlich als Improvisator, aufgeführt;
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doch hat sich nichts von seinen Dichtungen erhalten. Dabei zeichnete er sich durch Schönheit, Kraft
[* 59] und Gewandtheit des Körpers
aus und glänzte durch Geist und Witz. Bald nach 1480 scheint Leonardo Florenz verlassen und ausgedehnte Reisen unternommen zu haben.
Aus seinen Schriften geht hervor, daß er sich nach dem Orient begab und eine Zeitlang im Dienste
[* 60] des Sultans
von Kairo
[* 61] thätig war. Um 1484 berief ihn HerzogLodovico il Moro nach Mailand, und hier entfaltete Leonardo bis zum Jahr 1499 eine
umfangreiche und vielseitige Thätigkeit.
Das Hauptwerk, das er hier ausführen sollte, war das kolossale Modell einer Reiterstatue des HerzogsFrancescoSforza, das von den Zeitgenossen als Wunderwerk gepriesen, aber von französischen Armbrustschützen 1499 zerstört wurde,
ehe es überhaupt zur Ausführung gelangt war. Entwürfe und Zeichnungen dafür befinden sich in der Windsorsammlung. Daneben
wurde seine Thätigkeit als Architekt beim MailänderDom und als Ingenieur beim Bau des Martesanakanals hauptsächlich in
Anspruch genommen.
Das Typische wie das Porträtmäßige ist überwunden und eine ideale Wirklichkeit geschaffen, die ebenso
wahr und lebendig wie edel und geistvoll ist. Bei der Zerstörung des Gemäldes sind die dem Marco d'Oggionno, einem Schüler
Leonardos, zugeschriebenen Kopien (eine in der LondonerAkademie) und die Pastellköpfe der Apostel, im Besitz der Großherzogin
von Sachsen-Weimar, wichtig. Außerdem verfertigte Leonardo in Mailand noch eine große Anzahl von Zeichnungen
der verschiedensten Art und Kartons, nach welchen seine Schüler Gemälde ausführten, die gewöhnlich als Werke von seiner
Hand
[* 62] aufgeführt werden.
Von durchgreifendem Einfluß auf die Malerei war die Gründung einer Kunstakademie zu Mailand, welcher er seinen Namen gab, und
deren Seele er war. Für seine Schüler schrieb er einen »Trattato della pittura«,
worin er sie in erster Linie an die Natur, nicht an die Antike wies; für besonders wichtig aber erklärte er das Studium der
Perspektive und der Anatomie und zeichnete selbst um 1494 die Teile des menschlichen Körpers, welche er bei seinem Unterricht
als Vorlagen gebrauchte.
Ein Band
[* 63] mit 235 großen anatomischen Zeichnungen befindet sich in der königlichen Handzeichnungssammlung
zu London. Dann arbeitete er an einem
Werk des Mathematikers Luca Pacioli über die menschliche Proportion und über Perspektive,
in welchem zugleich die geometrischen Gesetze abgehandelt sind; auch fertigte er 60 Zeichnungen dazu. Die Originalhandschrift
mit den Zeichnungen kam an die Ambrosiana zu Mailand, und 1509 erschien das Werk gedruckt und mit Holzschnitten
versehen unter dem Titel: »De divina proportione«.
Das erste Werk, welches er hier schuf, war ein Karton zu einem Altarbild der Servitenkirche daselbst, die Madonna mit dem Kinde,
dem kleinen Johannes und der heil. Anna darstellend, den er aber nicht ausführte, und der sich gegenwärtig in der
Akademie zu London befindet. In diese Zeit gehört auch das Bildnis der Mona Lisa, der schönen Frau des Francesco del Giocondo
(jetzt im Louvre zu Paris, ein Werk von bestrickendem Zauber), und jenes der Ginevra, der Gemahlin des Amerigo Benci (verloren
gegangen).
Von dem Rate der Stadt hatte er den Auftrag erhalten, in dem neuen Ratssaal ein großes Bild an die Mauer
zu malen, wozu Leonardo, mit Michelangelo wetteifernd, die Schlacht zwischen den Florentinern und Mailändern bei Anghiari (1440) wählte.
Die Ausführung ward 1505 begonnen, aber oft unterbrochen und schließlich aufgegeben. Dagegen erhielt sich der 1505 vollendete
Karton noch geraume Zeit und bildete für die heranwachsenden Maler eine Quelle
[* 64] des Studiums. Er ging später
zu Grunde, und nur von der Mittelgruppe, einem Reiterkampf um eine Standarte, hat sich eine Nachbildung in einer Zeichnung des
Louvre (angeblich von Rubens) erhalten, welche von Edelinck gestochen ist.
Nachdem Leonardo 1505 einige Zeit in Barbiga zugebracht, wo seine Familie ein Gut hatte, war er 1506 wieder in
Mailand, bis ihn die Signoria nach Florenz zurückberief, 1508 in Vaprino als Gastfreund des GrafenMelzi und zuzeiten auch in
Canonica, wo ihn die Schiffbarmachung des Naviglio della Martesana beschäftigte sowie im folgenden Jahr die Vollendung
des Kanals von San Christoforo bei Mailand. Hier leitete er 1509 die Dekoration des Triumpheinzugs König Ludwigs XII. und erhielt
dafür von demselben eine StreckeWassers aus dem Naviglio bei San Christoforo als Eigentum, wo er eine bewunderungswürdige Schleuse
und einen Stapelplatz anlegte.
Zugleich ernannte ihn der König zum Hofmaler mit Gehalt. Ende 1509 begab sich Leonardo nach Florenz, 1512 kehrte
er nach Mailand zurück und hielt sich 1514 eine Zeitlang am Hof
[* 65] Leos X. in Rom auf, wo er jedoch nur wenige, nicht erhaltene
Werke ausführte. Der letzten Mailänder Zeit gehören die heil. Anna selbdritt und die Halbfigur eines
heil. Johannes im Louvre an. Nachdem er 1515 wieder kurze Zeit in Florenz gelebt, war er noch in demselben Jahr beim Einzug
Franz' I. von Frankreich in Mailand und befand sich seitdem im Gefolge des Königs, welchen er 1516 nach Frankreich begleitete.
Hier scheint er indes wenig gearbeitet zu haben. Er starb auf dem Schloß Cloux bei Amboise.
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Als Maler hat er das Hauptverdienst, daß er der Zeichnung die sichere anatomische Grundlage gegeben und das Körperliche in der
Beleuchtung
[* 67] zuerst dargestellt hat. Auch strebte er zuerst ein Helldunkel und eine möglichst vollkommene Modellierung an,
die er durch zarte Übergänge der Umrisse und Töne ineinander (sfumato) zu erreichen suchte. Seine Karnation
hat etwas Glatt-Marmornes; eigen ist sein Gesichtsausdruck bei den Frauen, der in das Lächelnde übergeht; er war hierin ein
Vorbild Correggios. Er wußte die merkwürdigsten Verbindungen der menschlichen und der Tiergestalt zur Anschauung zu bringen
und wandte letztere schon zu politischen Satiren an. Namentlich aber ist das Porträt durch ihn zur vollsten
Selbständigkeit und Vergeistigung gebracht worden, indem es ihm zuerst gelang, das feine Spiel der Empfindungen in seinen
Köpfen auszudrücken.
Der Ernst männlichen, thätigen wie forschenden Geistes spricht sich besonders in dem heiligen Abendmahl und in dem Reiterkampf
um die Standarte, die Leonardo eigne Anmut und Lieblichkeit aber in seinen heiligen Familien aus. Da Leonardo sich in der
Ausführung nie genugthun konnte, erklärt es sich, daß er so wenige Gemälde hinterließ, und selbst diese sind zum Teil
noch unvollendet. Fast nicht minder schätzbar als seine Gemälde sind Leonardos physikalische und mathematische Schriften.
Neckarkreis, an der Glems und der LinieZuffenhausen-Kalw
der Württembergischen Staatsbahn, hat ein Schloß, ein Amtsgericht, ein Rettungshaus für gefallene Mädchen, Fabrikation
von Gartenmöbeln, landwirtschaftlichen Maschinen und Schuhwaren, 2 große Hundezüchtereien und (1885) 2240 fast nur evang.
Einwohner. ist Geburtsort des PhilosophenSchelling und des Theologen Paulus.
diModena (Leo Mutinensis, eigentlich Jehuda Arje di Modena), jüd. Schriftsteller, geb. zu
Venedig, ward Rabbiner daselbst und starb 1648. Seine Hauptschriften sind: »Bechinat Hakabbala« (gegen die rabbinische Tradition),
(insbesondere Botanik), ward 1849 außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor der Philosophie an der Universität zu Prag,
[* 87] wo er starb. Leonhardi hat sich besonders als Herausgeber und Verbreiter der PhilosophieKrauses (s. d.) sowie um die Hebung
[* 88] des Erziehungs- und Unterrichtssystems F. W. Fröbels verdient gemacht. Er gab den litterarischen Nachlaß
des erstern heraus und setzte auf den von ihm 1868 (zu Prag) und 1869 (zu Frankfurt a. M.) veranstalteten Philosophenkongressen,
welchen aber außer den JüngernKrauses nur wenige Philosophen beiwohnten, die Vereinigung der Krauseschen und Fröbelschen
Schule durch, aus welcher 1871 ein »Allgemeiner Erziehungsverein« hervorging. Außer Vorreden und Vorberichten zu
den von ihm herausgegebenen Werken Krauses, z. B. zu dessen »Vorlesungen über
Philosophie der Geschichte« (Götting. 1832),
verfaßte er zahlreiche Aufsätze für die von ihm redigierte Zeitschrift »Neue
Zeit« (Prag 1868-71) sowie eine geschätzte botanische Abhandlung: »Die österreichischen
Armleuchtergewächse vom morphogenetischen Standpunkt« (Prag 1864).
2) AugustEduard, Maler, geb. zu Freiberg,
[* 89] bildete sich auf der DresdenerAkademie und insbesondere
unter LudwigRichter zum Landschaftsmaler aus. Später arbeitete er einige Zeit in Düsseldorf,
[* 90] kehrte aber dann nach Dresden
[* 91] zurück und ließ sich in Loschwitz bei Dresden nieder, wo er noch gegenwärtig thätig ist. Seine poetisch empfundenen, liebevoll
durchgeführten Bilder, deren Motive meist der mitteldeutschen Wald- und Dorfnatur entnommen sind, erinnern
sehr an die Auffassungs- und Behandlungsweise seines MeistersLudwigRichter, zu dessen besten Schülern Leonhardi gehört. Die DresdenerGalerie besitzt von ihm eine deutsche Waldlandschaft (1863). Auf seinem Besitztum in Loschwitz hat er 1885 Leonhardi Richter ein Denkmal
gesetzt.
1) Leonidas I., Sohn des Königs Anaxandridas, folgte 491 v. Chr. seinem BruderKleomenes I. in der Regierung, übernahm 480 an der
Spitze von 300 Spartanern die Verteidigung der Thermopylen gegen den Perserkönig Xerxes und fiel hier im Juli nach heldenmütiger
Verteidigung samt den Seinen (s. Thermopylen). Xerxes, über den großen Verlust seines Heers ergrimmt, ließ der Leiche des Leonidas das
Haupt abschlagen und den Körper an das Kreuz
[* 98] nageln. Des Leonidas Name aber ward bei den Griechen als der eines
Helden in Liedern und Denkmälern hoch gefeiert. - 2) Leonidas II., Sohn des Kleonymos, war im Söldnerdienst der Könige von Syrien
und Ägypten
[* 99] reich geworden und widersetzte sich, nach Sparta zurückgekehrt, den Reformen des KönigsAgis IV.,
wurde deshalb 241 von den Ephoren abgesetzt und flüchtete nach Tegea. An der Spitze bewaffneter Flüchtlinge kehrte er darauf
nach Sparta zurück, stellte die oligarchische Verfassung wieder her und gebot fünf Jahre als strenger Alleinherrscher über
den Staat. Er starb 236, und ihm folgte sein Sohn Kleomenes III., der die Reformen des Agis wieder aufnahm.