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ein »Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon« (das. 1883, 2. Aufl. 1887) heraus. Auch redigiert er das »Österreichische landwirtschaftliche Wochenblatt« und den Frommeschen »Österreichisch-ungarischen landwirtschaftlichen Kalender«.
ein »Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon« (das. 1883, 2. Aufl. 1887) heraus. Auch redigiert er das »Österreichische landwirtschaftliche Wochenblatt« und den Frommeschen »Österreichisch-ungarischen landwirtschaftlichen Kalender«.
Richard, Freiherr von, Mediziner, geb. zu Mannheim, [* 3] wurde vom elften Jahr ab im Hause seines Großvaters, des bekannten Rechtsgelehrten Mittermaier in Heidelberg, [* 4] erzogen, studierte seit 1858 an der dortigen Universität, wurde 1863 als praktischer Arzt approbiert und suchte dann weitere Ausbildung unter Billroth, Griesinger, Rindfleisch in Zürich, [* 5] wo er durch Griesinger lebhaftes Interesse für das Gebiet der Nerven- und Geisteskrankheiten gewann.
Den Winter von 1863 brachte er mit Spezialstudien in Wien [* 6] und Prag [* 7] zu, und 1864 wurde er Hilfsarzt an der Irrenheilanstalt in Illenau. Im Herbst 1868 studierte er unter Wundt in Heidelberg Psychologie und ließ sich dann als Spezialist für Nervenkrankheiten in Baden-Baden [* 8] nieder. Nach Beendigung des deutsch-französischen Kriegs, den er als Feldarzt mitmachte, leitete er die elektro-therapeutische Station für kranke und verwundete Krieger in Baden-Baden und ging dann nach Berlin, [* 9] um sich für die akademische Laufbahn vorzubereiten.
Hier erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor für Psychiatrie an die Universität Straßburg, [* 10] wo er die psychiatrische Klinik begründete. 1873 ging er als Direktor der steirischen Landesirrenanstalt und als Professor der Psychiatrie nach Graz, [* 11] gab aber 1880 die Leitung der Irrenanstalt auf und widmete sich ausschließlich seiner Professur, die 1886 zu einer ordentlichen und zu einer Professur und Klinik der Nervenkrankheiten erweitert wurde. In demselben Jahr errichtete ein Sanatorium für Nervenkranke in Graz. Krafft-Ebing zählt zu den hervorragendsten Forschern auf dem Gebiet der Nerven- und Geisteskrankheiten;
er schrieb: »Grundzüge der Kriminalpsychologie« (2. Aufl., Stuttg. 1882);
»Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie« (2. Aufl., das. 1881);
»Lehrbuch der Psychiatrie« (2. Aufl., das. 1883, 2 Bde.);
»Über gesunde und kranke Nerven« [* 12] (3. Aufl., Tübing. 1886);
»Über Nervosität« (3. Aufl., Graz 1884);
[* 2] in der Naturlehre die Ursache, welche man zur Erklärung einer Erscheinung annimmt. Eine Kraft kann demnach niemals sinnlich wahrgenommen, sondern nur aus ihren Wirkungen erschlossen werden. Eine Kraft ist völlig bestimmt, wenn ihr Angriffspunkt, ihre Richtung und ihre Größe oder Stärke [* 13] gegeben sind. So nehmen wir z. B. als Ursache des Fallens der Körper die Schwerkraft an; ihr Angriffspunkt ist der Schwerpunkt [* 14] (s. d.) des fallenden Körpers, ihre Richtung geht lotrecht nach abwärts (d. h. in gerader Linie dem Mittelpunkt der Erde zu), ihre Größe bemißt sich nach dem Druck, den der Körper im Zustand der Ruhe auf eine horizontale Unterlage, oder nach dem Zug, den der aufgehängte Körper auf den Aufhängungspunkt ausüben würde, d. h. nach dem Gewicht des Körpers. Da jede Kraft sich durch Druck oder Zug äußert, so kann nicht nur die Schwerkraft, sondern jede beliebige Kraft ihrer Größe nach durch ein Gewicht ausgedrückt werden. Die Gewichtseinheit (z. B. das Kilogramm) kann daher zugleich als Krafteinheit dienen.
Alle Naturkräfte lassen sich zurückführen auf solche, welche in der geraden Verbindungslinie je zweier aufeinander wirkender Stoffteilchen anziehend oder abstoßend thätig sind. Dabei ist die Wirkung eines Körpers auf einen andern immer eine gegenseitige, und zwar wird jeder der beiden Körper mit der gleichen Kraft angezogen oder abgestoßen. Dieses Gesetz der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung ist eins der einfachsten und allgemeinsten Naturgesetze, von welchem man keine Ausnahme kennt.
Man kann die Kräfte einteilen in solche, welche auch in größerer Entfernung wirken, und in solche, welche nur in unmeßbar kleiner Entfernung zwischen den Molekülen (s. d.) der Körper in wahrnehmbarer Weise thätig sind (Molekularkräfte). Zu den fern wirkenden Kräften gehört die allgemeine Massenanziehung oder Gravitation (von welcher die Schwerkraft als Anziehung zwischen der Erde und den an ihrer Oberfläche befindlichen Körpern nur ein besonderer Fall ist) sowie die elektrostatische und elektrodynamische Anziehung und Abstoßung, auf welch letztere die magnetischen Kräfte zurückgeführt werden können. Zu den Molekularkräften gehören:
1) die chemische Verwandtschaft oder Affinität, welche die chemische Verbindung der Atome zu gesetzmäßig gebauten Atomgruppen oder Molekülen vermittelt;
2) die Kohäsion, welche die Moleküle in ihrem Verband [* 15] zu einem Körper zusammenhält (die Elastizität und die Kapillarität sind spezielle Äußerungen der Kohäsion bei festen und flüssigen Körpern);
3) die Molekularkräfte des Äthers in ihrer Wechselbeziehung zu denjenigen der Körperatome, welche zur Erklärung der Licht- und Wärmeerscheinungen dienen. - Die Größe der fern wirkenden Kräfte steht im umgekehrten Verhältnis des Quadrats der Entfernung der zwei aufeinander wirkenden Körper. Auch die Stärke der Molekularkräfte ist von der gegenseitigen Entfernung der wirkenden Körperteilchen abhängig; jedoch ist das Gesetz dieser Abhängigkeit nicht bekannt, man weiß bloß, daß die Molekularkräfte nur in sehr kleinen Entfernungen überhaupt merklich sind, bei zunehmender Entfernung außerordentlich rasch abnehmen und in meßbarer Entfernung verschwinden. - Wenn eine Kraft einen Körper in Bewegung setzt, so leistet sie, indem sie seine Trägheit überwindet, eine Arbeit, deren Betrag durch das Produkt aus der Größe der Kraft und der Länge des Wegs, den ihr Angriffspunkt in der Richtung der Kraft zurückgelegt hat, gemessen wird.
Ist die in Kilogrammen und die Weglänge in Metern ausgedrückt, so ergibt sich die Arbeit als Produkt dieser beiden Größen in Meterkilogrammen. Das Meterkilogramm, d. h. diejenige Arbeit, welche eine Kraft von 1 kg leistet, indem sie einen ihr gleichen Widerstand durch eine Weglänge von 1 m überwindet, ist demnach die Einheit der Arbeitsgrößen, wie das Kilogramm die Einheit der Kraftgrößen ist. Ein bewegter Körper besitzt nun vermöge seiner Geschwindigkeit die Fähigkeit, einen ihm entgegenstehenden Widerstand zu überwinden und dabei, bis seine Geschwindigkeit erschöpft ist, eine ebenso große Arbeit zu leisten, wie die bewegende Kraft vorher aufgewendet hatte, um ihm seine Geschwindigkeit zu erteilen. Diese Arbeitsfähigkeit, welche einem bewegten Körper innewohnt, heißt seine lebendige Kraft oder seine Wucht; sie wird nach den Lehren [* 16] der Mechanik ausgedrückt durch das halbe Produkt der Masse (m) des bewegten Körpers mit dem Quadrat seiner Geschwindigkeit (v): ½mv². Der Begriff »lebendige Kraft« bezeichnet demnach keine Kraft, sondern eine nach Meterkilogrammen zu messende Arbeitsgröße.
Die Fähigkeit eines Körpers, Arbeit zu leisten, wird ganz allgemein Energie genannt. Nicht nur ¶
bewegte Körper, sondern auch solche, welche sich in völliger Ruhe befinden, können Energie besitzen. Wird z. B. ein in die Höhe geworfener Stein, wenn er sich im höchsten Punkt seiner Bahn befindet, von dem Dach [* 18] eines Hauses aufgefangen, so bleibt er daselbst liegen ohne Bewegung, jedoch nicht ohne das Vermögen, Arbeit zu leisten, und demnach nicht ohne Energie. Denn läßt man ihn von dort wieder zum Boden herabfallen, so erreicht er ihn mit der nämlichen Geschwindigkeit und sonach mit derselben lebendigen Kraft, welche er beim Aufwärtswerfen besaß, und vermag daher jetzt eine Arbeit zu verrichten ebenso groß wie diejenige, welche zum Hinaufwerfen aufgewendet wurde.
Die Energie, welche dem auf dem Dach liegenden Stein innewohnt und welche beim Herabfallen zum Vorschein kommt, verdankt derselbe seiner erhöhten Lage, d. h. dem Umstand, daß er vom Anziehungsmittelpunkt der Erde weiter entfernt ist, als da er noch am Boden lag. Man nennt diese im ruhenden Körper gleichsam aufgespeicherte Arbeitsfähigkeit deswegen Energie der Lage, ruhende oder potentielle Energie und bezeichnet im Gegensatz hierzu die lebendige Kraft oder Wucht eines bewegten Körpers als Energie der Bewegung, thätige, aktuelle oder kinetische Energie.
Die zum Spannen einer Armbrust [* 19] verbrauchte Arbeit findet sich als potentielle Energie in der gespannten Sehne und verwandelt sich beim Abdrücken in die aktuelle Energie des fortgeschleuderten Pfeils. Die Arbeit, welche unsre Hand [* 20] beim Aufziehen einer Uhr [* 21] leistet, geht als potentielle Energie in die gespannte Feder oder das emporgehobene Gewicht über und verweilt in diesem Ruhezustand, solange das Uhrwerk gehemmt ist; wird es ausgelöst, so setzt sich diese potentielle Energie allmählich in die Bewegungsenergie der sich drehenden Räder um. Aus den letztern Beispielen erhellt zugleich, warum die potentielle Energie zuweilen auch Spannungsenergie genannt wird.
Wird ein Stein vertikal aufwärts geworfen, so vermindert sich seine Geschwindigkeit unter dem Einfluß der entgegenwirkenden Schwere; was er aber beim Emporsteigen an Bewegungsenergie verliert, gewinnt er an Energie der Lage, bis sich im höchsten Punkt seines Flugs, wo seine Geschwindigkeit erschöpft ist, seine ganze anfänglich vorhandene Bewegungsenergie in Energie der Lage verwandelt hat. Fällt er nun wieder herab, so beginnt er seinen Lauf nach unten mit diesem Betrag von potentieller Energie, und während er immer tiefer fällt, wird seine potentielle Energie geringer und seine Bewegungsenergie größer, und zwar so, daß die Summe beider immer die nämliche bleibt. In dem Augenblick endlich, in welchem er den Boden erreicht, hat sich seine Energie der Lage wieder völlig in Bewegungsenergie verwandelt, welche ebenso groß ist wie diejenige, mit welcher er anfänglich emporstieg. Die Gesamtenergie des geworfenen Steins bleibt also während seiner ganzen Bewegung unverändert, indem sich nur die eine Art Energie in die andre ohne Verlust und ohne Gewinn allmählich verwandelt.
Was wird nun aber aus der Energie des Steins, wenn er den Boden trifft und hier plötzlich zur Ruhe kommt? Die Energie seiner sichtbaren Bewegung wird im Moment des Stoßes allerdings vernichtet; wir wissen aber, daß, so oft Bewegungsenergie durch Stoß oder durch Reibung [* 22] scheinbar zerstört wird, eine Erwärmung der beteiligten Körper eintritt; eine Kanonenkugel z. B., gegen eine eiserne Panzerplatte geschossen, erhitzt sich bis zum Rotglühen, und wird ein Eisenbahnzug durch Bremsen [* 23] zum Stehen gebracht, so erwärmen sich Räder und Bremsen.
Nun haben Joule und Hirn durch genaue Versuche dargethan, daß durch je 424 Arbeitseinheiten (Meterkilogramme), welche beim Stoß oder bei der Reibung scheinbar verschwinden, eine Wärmemenge erzeugt wird, welche im stande ist, 1 kg Wasser um 1° C. zu erwärmen, und daß diese Wärmemenge (die Wärmeeinheit), wenn sie, z. B. in einer Dampfmaschine, [* 24] verbraucht wird, wiederum eine Arbeit von 424 Meterkilogrammen leistet. Man nennt daher diese Zahl von 424 Meterkilogrammen das mechanische Äquivalent der Wärme. [* 25]
Diese Thatsache der Äquivalenz von Arbeit und Wärme wird sofort verständlich, wenn wir im Sinn der mechanischen Wärmetheorie (s. Wärme) annehmen, daß die Wärme eine Art Bewegung sei und zwar eine schwingende Bewegung der kleinsten Teilchen (Moleküle) der Körper, welche wegen der Kleinheit dieser Teilchen unserm Auge [* 26] nicht sichtbar ist, dagegen auf unsern Gefühlssinn denjenigen Eindruck hervorbringt, welchen wir Wärme nennen. Wenn daher die Energie der sichtbaren Bewegung eines Körpers durch Stoß oder Reibung scheinbar zerstört wird, so verschwindet sie in der That nicht, sondern sie verwandelt sich bloß, ohne Verlust und ohne Gewinn, in die Energie der unsichtbaren Wärmebewegung.
Energie kann niemals vernichtet, und ebensowenig kann Energie aus nichts erschaffen werden; alle Vorgänge in der Natur beruhen bloß auf der Verwandlung der Energie einer Bewegungsart in die Energie einer andern Bewegungsart oder auf der Verwandlung von Bewegungsenergie in Energie der Lage und umgekehrt; die gesamte im Weltall vorhandene Energiemenge ist eine unveränderliche Größe. Dieses durch alle Erfahrungen bestätigte Grundgesetz der gesamten Naturlehre wird das Prinzip der Erhaltung der Energie oder auch, allerdings weniger angemessen, das Prinzip der Erhaltung der Kraft genannt.
Indem dieses Gesetz die Umwandlung sämtlicher Energien der Natur (Schall, [* 27] Wärme, Licht, [* 28] Elektrizität, [* 29] chemische Trennung und Verbindung, mechanische Energie) ineinander beherrscht, so daß sich dieselben nur als verschiedene Erscheinungsformen einer und derselben Wesenheit darstellen, führt es zu der Erkenntnis ihres innern Zusammenhangs und berechtigt uns, in diesem Sinn von der Einheit der Naturkräfte zu sprechen. Zur Erläuterung dieser Begriffe mögen noch folgende Beispiele von Energieumwandlungen angeführt werden.
Durch Drehen einer magnetelektrischen Maschine [* 30] (s. d.) wird ein elektrischer Strom erzeugt, dessen Energie der aufgewendeten mechanischen Arbeit äquivalent ist. In einem metallischen Schließungskreis bringt dieser Strom eine entsprechende Wärmemenge hervor;
ist aber eine mit angesäuertem Wasser gefüllte Zersetzungszelle eingeschaltet, so entsteht eine geringere Wärmemenge, dafür wird aber chemische Arbeit geleistet, indem ein Teil des Wassers in seine Bestandteile, Sauerstoff und Wasserstoff, zerlegt wird;
diese Arbeit befindet sich als potentielle Energie in den beiden Bestandteilen und kommt als Wärme zum Vorschein, wenn sie sich wieder miteinander zu Wasser vereinigen, d. h. wenn der Wasserstoff verbrennt;
die Verbrennungswärme des entwickelten Wasserstoffs ist nämlich der im Schließungskreis vermißten Wärmemenge genau gleich.
Leitet man den elektrischen Strom durch die Drahtwindungen einer elektromagnetischen Kraftmaschine (s. d.), so leistet er mechanische Arbeit, wofür im Schließungskreis eine äquivalente Wärmemenge verschwindet. Endlich seien noch erwähnt die Umwandlungen der Energie, welche die Sonne [* 31] durch ¶
Vermittelung der Wellenbewegung [* 33] des Äthers als Licht und strahlende Wärme unsrer Erdoberfläche zuführt. Indem die Erwärmung an verschiedenen Stellen der Erdoberfläche ungleich ausfällt, wird das Gleichgewicht [* 34] der Atmosphäre gestört und sucht sich durch Strömungen wiederherzustellen; die Bewegungsenergie der Winde [* 35] ist daher nichts andres als umgewandelte Energie der Sonnenstrahlung. Durch die Verdampfung, welche unter dem Einfluß der Sonnenwärme an der Meeresoberfläche vor sich geht, werden ungeheure Mengen Wasserdampf in die höhern Regionen der Atmosphäre emporgehoben, von wo sie, zu Wasser verdichtet, als Regen oder Schnee [* 36] herabfallen und, zu Bächen und Flüssen gesammelt, dem Meer wieder zuströmen.
Während des Herabsinkens gibt das Wasser die gesamte Energie, welche es beim Emporsteigen von der Sonne empfing, als Wärme (Freiwerden der sogen. latenten Wärme) und Bewegungsenergie wieder aus, wovon die letztere durch Wasserräder [* 37] für die Zwecke der menschlichen Industrie nutzbar gemacht werden kann. In den grünen Blättern der Pflanzen wird durch die Sonnenstrahlen die aus der Luft aufgenommene Kohlensäure zerlegt; der Sauerstoff kehrt gasförmig in die Atmosphäre zurück, der Kohlenstoff aber wird zum Aufbau des festen Pflanzenkörpers verwendet.
In dem Holz [* 38] eines Baumstammes findet sich nun die gesamte Energie der Sonnenstrahlen, welche zu seiner Bildung im Lauf des Jahrs verbraucht wurde, als potentielle Energie aufgespeichert und kommt als aktuelle Energie in Form von Licht und Wärme ungeschmälert zum Vorschein, wenn das Holz oder vielmehr der in ihm enthaltene Kohlenstoff durch Verbrennung wieder in den Zustand der Kohlensäure zurückkehrt. In den Steinkohlenlagern, umgewandelten Resten urweltlicher Pflanzen, ist ein reicher Sparpfennig gebundener Sonnenenergie niedergelegt, welcher in ferner geologischer Epoche durch die assimilierende Thätigkeit der damaligen Urwälder angesammelt wurde und durch den Verbrennungsprozeß jederzeit wieder in Freiheit gesetzt werden kann; demnach ist die Wärme unsrer Öfen, [* 39] das Licht unsrer Gasflammen, die Arbeit der Dampfmaschinen [* 40] Energie, die ursprünglich von der Sonne stammt.
Von den Tieren nähren sich die einen unmittelbar von Pflanzen, andre verzehren ihre pflanzenfressenden Mitgeschöpfe, in beiden Fällen erkennen wir die Pflanzenwelt als die alleinige Quelle [* 41] alles tierischen Lebens. Im tierischen Organismus verbindet sich der in der Nahrung eingenommene Kohlenstoff mit dem eingeatmeten Sauerstoff und wird in Form von Kohlensäure ausgehaucht, d. h. die Energie der Sonnenstrahlen, welche die Pflanze zur Abscheidung des Kohlenstoffs verbrauchte und als potentielle Energie in letzterm niederlegte, wird im tierischen Körper als Wärme und Bewegung wieder frei. Diese Reihe von Betrachtungen, welche sich noch weiter fortsetzen läßt, führt schließlich zu der Erkenntnis, daß die Sonne der alleinige Urquell aller Wärme, aller Bewegung, alles Lebens an unsrer Erdoberfläche ist.
[* 2] 1) Adam, Bildhauer der Nürnberger Schule, war geboren um 1440, wahrscheinlich zu Nürnberg. [* 42] Über seinen Lehrmeister, seine Wanderjahre und seine Schicksale wissen wir nichts. Seine uns bekannte Thätigkeit beginnt in Nürnberg im J. 1490 mit den von Martin Ketzel gestifteten sieben Stationsbildern in Relief, welche noch heute auf dem Weg nach dem Johanniskirchhof stehen. Daran schließen sich verschiedene Grabmäler: das für Sebald Schreyer, Kirchenmeister der St. Sebalduskirche, von 1492;
ein Relief am Chor der Sebalduskirche, welches in fast lebensgroßen Figuren drei Szenen aus der Leidensgeschichte Christi darstellt;
das für die Familie Pergensdorfer, jetzt in der Frauenkirche;
das für die Familie Landauer, jetzt in einer Kapelle neben der Ägidienkirche;
dann einige Reliefs in der Sebalduskirche und (sein letztes Werk) die große Grablegung Christi, bestehend aus 15 lebensgroßen Statuen, in der Holzschuherschen Grabkapelle auf dem Johanniskirchhof (1507).
Auch fertigte er verschiedene kleinere Arbeiten zum Schmuck öffentlicher und privater Gebäude, wie das Relief über dem Portal des Wagehauses (1497), ein Relief (St. Georg) an einem Haus in der Theresienstraße, mehrere Madonnenbilder, z. B. jenes am »gläsernen Himmel« [* 43] in der Bindergasse, und verschiedene Arbeiten mehr dekorativer Art, wie Wappen [* 44] u. dgl. Sein Hauptwerk ist das auf Kosten des Hans Imhof in den Jahren 1493-1500 ausgeführte, 19 m hohe, in den reichsten gotischen Formen gehaltene und mit zahlreichen Figuren besetzte Sakramentshäuschen in der Lorenzkirche, wofür er 770 Gulden erhielt. Sein Porträt in lebensgroßer [* 32] Figur hat er am Fuß angebracht. Kraft starb (angeblich im Spital zu Schwabach) [* 45] im J. 1507. Seinen Stil kennzeichnen große Energie der Darstellung, Tiefe der Empfindung und lebendige Charakteristik, bauschige Gewandung und derbe Figuren. S. Tafel »Bildhauerkunst [* 46] VI«, [* 47] Fig. 6 und 7.
Vgl. Wanderer, Adam Kraft und seine Schule (Nürnb. 1869, mit 30 Tafeln);
Bergau (in Dohmes »Kunst und Künstler«, Leipz. 1877).
2) Gustav, Forstmann, geb. zu Klausthal, studierte 1845-47 auf der Forstschule zu Münden, 1850 und 1851 in Göttingen, [* 48] war 1852-1865 Hilfsarbeiter der hannöverschen Zentralforstverwaltung, sodann Oberförster in Bovenden bei Göttingen, Forstmeister in Dassel am Solling, später in Hannover [* 49] und wurde 1885 zum Oberforstmeister ernannt. Er schrieb: »Beiträge zur forstlichen Wasserbaukunde« (Hannov. 1863);
»Anfangsgründe der Theodolitmessung und der ebenen Polygonometrie« (das. 1865);
»Zur Praxis der Waldwertrechnung und forstlichen Statik« (das. 1882);
»Beiträge zur Lehre [* 50] von den Durchforstungen, Schlagstellungen und Lichtungshieben« (das. 1884);
»Beiträge zur forstlichen Zuwachsrechnung und zur Lehre vom Weiserprozent« (das. 1885).
die Kraft, welche der Masseneinheit die Einheit der Beschleunigung erteilt. Vgl. Arbeit.
[* 32] nennt man zwei gleiche parallele, aber entgegengesetzt gerichtete Kräfte, welche an zwei fest miteinander verbundenen Punkten eines starren Körpers angreifen (s. Figur). Zwei gleiche Kräfte, welche in derselben geraden Linie einander entgegenwirken, heben sich gegenseitig auf oder »halten sich das Gleichgewicht«. Fallen [* 51] die Kräfte aber nicht in eine und dieselbe gerade Linie, so können sie sich nicht aufheben, sondern bewirken eine Drehung des Körpers um eine Achse, welche auf der durch die beiden parallelen Kraftrichtungen gelegten Ebene (auf der Ebene der Zeichnung) senkrecht steht. Das von dem Kräftepaar her-
vorgerufene Drehungsbestreben ist offenbar um so größer, je größer jede der beiden Kräfte (p) und je größer der Abstand (a) ihrer parallelen Richtungen ist. Das Produkt aus der Kraft und diesem Abstand, welcher als Arm des Kräftepaars bezeichnet wird, dient daher als Maß für das Drehungsbestreben und wird das Moment des Kräftepaars genannt. Ein Kräftepaar kann niemals durch eine einzelne Kraft ersetzt oder aufgehoben, sondern nur durch ein andres Kräftepaar von gleichem Drehungsbestreben (Moment), aber entgegengesetzter Drehrichtung im Gleichgewicht gehalten werden.
Ungültigkeitserklärung, s. Amortisation. ^[= (v. franz. amortir, ertöten, auslöschen), ursprünglich der Übergang liegender Güter und ...]
s. v. w. Motoren. ^[= Nach einem Vorschlag von v. Jhering sollen Explosivstoffe zur Arbeitsleistung in M. herangezogen ...]
s. v. w. Stärkemehl ^[= s. Stärke.] oder Stärke (s. d.).
s. v. w. Dynamometer [* 53] (s. d.). ^[= # (griech., ), Instrumente, mit welchen man entweder den Zug oder Druck ...]
japan. Name für Sachalin (s. d.). ^[= (bei den Japanern und den Aino der Kurilen Karafuto), russische, zur sibirischen Küstenprov ...]
s. v. w. Akkumulator. ^[= von Armstrong erfundene Apparate, welche zunächst bestimmt waren, das für seine Wassersäulenmasch ...] [* 54]
s. Muskelgefühl. ^[= eine zu den Gemeingefühlen (s. d.) zählende eigentümliche Empfindung der willkürlichen Muskeln, ...]
Webstuhl, [* 55] der durch Wasser- oder Dampfkraft in Bewegung gesetzt wird.
s. Kleber. ^[= # Jean Baptiste, einer der ausgezeichnetsten Generale der franz. Republik, geb. 9. März 1753 ...]
s. Transmission ^[= (lat.), Übersendung; im Erbrecht die Übertragung einer angefallenen, aber von dem Erben noch ...] [* 56] und Elektrische Kraftübertragung. [* 57]
s. Panax. ^[= L. (Ginseng), Gattung aus der Familie der Araliaceen, Sträucher und Bäume in wärmern ...]
s. Doronicum. ^[= L. (Gemswurz), Gattung aus der Familie der Kompositen, perennierende Kräuter mit oft knolligem ...]
ursprünglich s. v. w. Schlund, Hals, daher noch die Redensarten: »Einen beim Kragen nehmen«, »Es geht an den Kragen«,. »Den Kragen spülen« (trinken) etc.;
dann übertragen auf die Bekleidung des Halses (Hemden-, Westen-, Rock-, Mantelkragen etc.).
(Laubenvogel, Chlamydodera Gould), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel [* 58] und der Familie der Pirole (Oriolidae), Vögel [* 59] mit mäßig langem, auf der Firste gekieltem, nach der Spitze zu gebogenem, seitlich zusammengedrücktem Schnabel mit einer Kerbe vor der Spitze, vorn breit geschilderten Läufen mit langen, starken Zehen und langen, gekrümmten Nägeln, langen Flügeln, in denen die dritte Schwinge am längsten ist, und langem, seicht abgerundetem Schwanz.
Der gefleckte Kragenvogel (Chlamydodera maculata Gould), 28 cm lang, am Oberkopf und an der Gurgel braun, schwarz gewellt, Oberseite, Flügel und Schwanz tiefbraun, braungelb gefleckt, unterseits gräulichweiß, an den Seiten mit hellbraunen Zickzacklinien; verlängerte, pfirsichblütrote Federn bilden ein Nackenband; Auge, Schnabel und Fuß sind braun. Die Kragenvögel, von denen man vier Arten kennt, leben in Gebüschen von Inneraustralien, sind sehr scheu und bauen in einsamen Gegenden lange Laubengänge aus Reisig, welches sie künstlich miteinander verflechten und so ordnen, daß die Spitzen oder Gabeln oben zusammenstoßen.
Außen werden diese Lauben mit langen Grashalmen belegt und innen mit Muscheln, [* 60] Schädeln, Knochen [* 61] etc. ausgeschmückt. Zur Befestigung der Gräser [* 62] und Zweige dienen regelmäßig geordnete Steine, von den Schmucksachen [* 63] aber werden vor beiden Eingängen große Mengen aufgehäuft. Diese Lauben werden mehrere Jahre benutzt und dienen zur Belustigung der Pärchen, welche hier zusammentreffen, aber nicht zum Brüten. Ähnliche Lauben baut auch der australische Atlasvogel (Ptilonorhynchus holosericeus Kuhl).
Stadt im norweg. Amt Bratsberg, an einer Bucht des Skagerrak, hat (1876) 4861 Einw. und bedeutenden Handel mit dem Ausland. Kragerö hatte 1882: 166 Schiffe [* 64] von 55,587 Ton. Tragfähigkeit.
Der Wert der Einfuhr betrug 653,200, der Ausfuhr (besonders Holzwaren) 2,172,400 Kronen. [* 65] Kragerö ist Sitz eines deutschen Konsuls.
Gesims [* 66] an einem Pfeiler, da wo sich derselbe überkragt, d. h. nach oben größere Stärke bekommt, so daß das Gesims zugleich etwas trägt (daher auch Tragsims genannt).
Gebirge in Lykien, östlich vom untern Xanthosthal (jetzt Ak Dagh).
Ihm westlich parallel lief der Antikragos (jetzt Menduz Dagh).
s. v. w. Konsole. ^[= (franz.), der aus einer Mauer hervorragende, meistens zur Unterstützung vorspringender Architekturt ...] [* 67]
Kreisstadt im Königreich Serbien, [* 68] an der Lepenitza, mit einem Gymnasium, einer vom Staat errichteten Kanonengießerei und Waffenfabrik nebst Arsenal und (1884) 9083 Einw. Kragujewatz war bis 1842 Residenz der serbischen Fürsten.
Etwa 10 km westlich von Kragujewatz liegt das Dorf Stragari, am Flusse Srebrnitza, mit großen Pulvermühlen;
8 km weiter das Kloster Wratschewschnjitza, 1431 erbaut und 1860 vom Fürsten Milosch Obrenowitsch renoviert.
Der Kreis [* 69] Kragujewatz umfaßt 2392 qkm (45 QM.) mit (1884) 122,220 Einw.
(Krao), der Isthmus, welcher die Halbinsel Malakka mit dem südwestlichen Ausläufer der indochinesischen Halbinsel verbindet. Seine geringste Breite [* 70] zwischen 10 und 11° nördl. Br. ist nur 70 km; dieselbe verringert sich auf 42 km, wenn man die Breite zwischen der Stadt wo das Ästuarium [* 71] des Paktschan beginnt, und der Mündung des Tschampong in Betracht zieht. Dieser letztere Fluß, welcher den Isthmus von W. nach O. durchzieht, ist von dem äußersten östlichen Endpunkt des Paktschan durch eine nur 12 km breite und 25-30 m hohe Bodenschwelle getrennt.
Projekte, durch den Isthmus einen für große Seeschiffe brauchbaren Kanal [* 72] zu führen, sind mehrmals gemacht worden. Es würde damit die Reise von Kalkutta [* 73] nach Kanton [* 74] um 1100, von Mergui in Tenasserim (Britisch-Birma) nach Bangkok [* 75] um 2200 km abgekürzt werden. Für die zu wählende Route sind verschiedene Vorschläge gemacht worden, zuerst von Tremenheere, dann von Schomburgk, Dru, Deloncle, Mahé de la Bourdonnais, während der Engländer Loftus das Projekt entschieden verurteilte. Auch der Plan, eine Eisenbahn über den Isthmus zu führen, wurde mehrmals erörtert.
Bergstock im östlichen Teil des Odenwaldes, nordöstlich von Beerfelden in Hessen, [* 76] 547 m hoch, mit einem gräflich Erbachschen Jagdschloß und großem Wildpark.
s. Rabe. ^[= # (Corvus L.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel und der Familie der Raben (Corvidae ...]
s. v. w. Hühnerauge. ^[= (Leichdorn, verdorben aus dem altdeutschen hörnin ouge, "hörnernes Auge ...]
(Brechnüsse), s. Strychnos. ^[= L., Gattung aus der Familie der Loganiaceen, Bäume und (oft hoch schlingende) Sträucher, zum ...]
s. Empetrum. ^[= L. (Rauschbeere), Gattung aus der Familie der Empetreen, kleine, heideähnliche Sträucher mit ...]
s. Schießhütte. ^[= eine Hütte, aus welcher man Füchse oder Wölfe erlegt. Man gräbt an einem von Wegen entfernten ...]
(Crows, Upsarska, s. Tafel »Amerikanische Völker«, [* 77] Fig. 6),
Indianerstamm im nordamerikan. Territorium Montana, zerfällt in River- und Mountain-Crows (»Fluß- und Bergkrähen«). Erstere halten sich gewöhnlich am Yellowstone River auf, während die »Bergkrähen« am obern Missouri hausen. Sie zählten 1883: 4000 Köpfe, sind bis in die jüngste Zeit aller Zivilisation abhold gewesen, fangen aber schon an, sich an Ackerbau und ein seßhaftes Leben zu gewöhnen. Von den ihnen gehörigen 1,685,200 Hektar Land sind 400,000 kulturfähig, aber erst 48 wirklich kultiviert. Ihr Viehreichtum besteht hauptsächlich in Pferden (12,000), und ihre Hauptbeschäftigung ist noch immer die Jagd, deren Ertrag in Pelzwerk [* 78] ihnen eine nicht unbedeutende Einnahme verschafft. Früher lebten sie mit den Sioux (Dakota) beständig in Krieg. Sprachwissenschaftliche Notizen ¶
und Wörtersammlungen enthält des Prinzen von Wied »Reise in das Innere Nordamerikas« (Kobl. 1838-41, 2 Bde.).
s. v. w. Kormoran. ^[= (Scharbe, Phalacrocorax Briss.), Gattung aus der Ordnung der Schwimmvögel und der Familie der ...]
s. Kran. ^[= # (Kranich), Aufzugsmaschine, welche gestattet, die Last, während sie gehoben wird, auch noch ...] [* 80]
fingierter Ort, durch Kotzebues »Deutsche [* 81] Kleinstädter« als Schauplatz aller lächerlich-albernen Streiche bekannt.
rechtsseitiger Nebenfluß des Rheins in Baden, [* 82] entspringt bei Derdingen im Württembergischen und mündet nach 65 km langem Lauf oberhalb Speier. [* 83] Nach ihm benannt ist der durch seine Naturschönheiten ausgezeichnete Kraichgau, die etwa 50 km lange und 40 km breite Gegend zwischen dem Neckar im N. und O., der Enz und Eisenbahnlinie Durlach-Pforzheim im S. und der Main-Neckarbahn im W., und das Kraichgauer Bergland, ein aus Muschelkalk bestehendes, flach gewelltes Plateau, welches die nördliche Fortsetzung des Schwarzwaldes bildet, sich aber nur im westlichen und nördlichen Abhang und im Winkel [* 84] zwischen Neckar und Enz in den ausgedehnten Rücken des Heuchel- und Strombergs gebirgsartig aufbaut und im Königsstuhl bei Heidelberg die höchste Höhe (568 m) erreicht.
(Crailsheim), [* 85] Oberamtsstadt im württemberg. Jagstkreis, an der Jagst, Knotenpunkt der Linien Heilbronn-Krailsheim, Krailsheim-Mergentheim und Krailsheim-Goldshöfe der Württembergischen sowie Krailsheim-Furth i. W. der Bayrischen Staatsbahn, 412 m ü. M., hat ein Schloß, eine schöne evang. Kirche im gotischen Stil, 2 evang. Kapellen, eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein reiches Hospital, ein Rathaus mit 71 m hohem Turm, [* 86] ein Amtsgericht, bedeutende Gipsfabriken und Gerbereien, Mahl-, Kunst- und Sägemühlen, eine Eisenbahnreparaturwerkstätte, bedeutenden Landesprodukten- und Viehhandel, Fischzucht, besuchte Märkte und (1885) 4710 meist evang. Einwohner. - Krailsheim ward 1338 Stadt, fiel später an die Burggrafen von Nürnberg, ward 1688-97 mehrmals von den Franzosen geplündert, kam 1791 an Preußen, [* 87] 1806 an Bayern [* 88] und 1810 an Württemberg. [* 89]
[* 90] (vgl. beifolgende Karte »Krain, Istrien«),
Herzogtum und Österreich. [* 91] Kronland, grenzt nördlich an Kärnten, nordöstlich an Steiermark, [* 92] südöstlich und südlich an Kroatien, westlich an Istrien und Görz [* 93] und hat einen Flächengehalt von 10,033 qkm (182,2 QM.). Krain ist vorwiegend Gebirgsland, dessen Hauptabdachung von NW. nach SO. gerichtet ist, und welches teils dem Alpen-, teils dem Karstgebiet angehört. Im N. und NW. erheben sich die Fortsetzungen der südlichen Kalkalpenzone, welche in drei nach Natur und Charakter verschiedenen Gliedern auftreten: in der Gruppe der Julischen Alpen (s. d.) mit dem Terglou (2865 m), Mangart u. a.;
ferner in den Karawanken, welche mit einer merkwürdigen Anhäufung von Paßbildungen in dem Winkel, wo Krain, Görz und Kärnten zusammenstoßen (Pässe: Saifnitz, Ratschach, Tarvis, Predil, Wurzen [* 94] u. a.), beginnen, sich aber rasch zu einer schroffen, kahlen Kette mit mehr als 2000 m hohen Gipfeln (Grintouz 2558 m, Loiblpaßübergang 1275 m) erheben, welcher südlich und südöstlich kleine Bergplatten vorlagern;
endlich in den Steiner Alpen (mit der Oistritza, 2348 m), welche gegen die Save mit niedern Waldbergen endigen.
Die Thäler des Isonzo, [* 95] der Idrizza und Zeyer schließen jene Alpen [* 96] vom Karst (s. d.) ab, von welchem die östliche Abteilung mit mehreren Bergplatten (Birnbaumer Wald mit Nanos 1299 m, Piukaplanina 1266 m und Krainer Schneeberg 1796 m), der Hochfläche der Windischen Mark mit dem Hornbühel (1099 m) und der Bergkette des Uskokengebirges (1184 m, im SO. des Landes) in Krain liegen. Krain gehört mit sehr geringen Ausnahmen zum Gebiet der Save, nur der westliche Abhang des Karstes gehört zum Adriatischen Meer (mit der Idria und Wippach, Nebenflüssen des Isonzo, und der Reka-Timavo).
Die Save entsteht im Land aus der Verbindung der Wocheiner mit der Wurzener Save (bei Radmannsdorf) und fließt von da ab noch 134 km durch Krain, darunter 52 km als Grenzfluß gegen Steiermark. Ihre Zuflüsse in Krain sind: die Zeyer, Laibach, [* 97] Gurk und der Grenzfluß Kulpa rechts, die Kanker und die Steiner Feistritz links. Der merkwürdigste dieser Flüsse [* 98] ist der Höhlenfluß Laibach (s. d.). Im Quellgebiet der Save liegen die drei schönen Gebirgsseen, welche von den Orten Wurzen, Wochein und Veldes ihre Namen führen.
Der Zirknitzer See (s. d.) im Karstgebiet ist der bekannteste der periodischen Seen. Soweit Krain Karstnatur hat, ist sein Inneres von Höhlen durchzogen, deren wichtigere genau durchforscht sind, namentlich von Ad. Schmidl (gest. 1863); weit berühmt ist die Grotte von Adelsberg (s. d.), andre sind die Magdalenengrotte, die Höhle von Planina. Von Mineralquellen sind nur die Thermen von Töplitz bei Rudolfswerth und das Laubad von Veldes zu nennen. Der nördliche Teil des Landes, das obere Flußgebiet der Save mit der großartigen Alpennatur und der fruchtbaren Laibacher Ebene, führt den Namen Oberkrain (Gorensko); der südöstliche Teil zwischen der Save und Kulpa, teils vielfach durchbrochenes Mittelgebirge, teils (im W.) dem Karst angehörig, heißt Unterkrain (Dolensko); der Karst in seiner ganzen Ausdehnung [* 99] bildet Innerkrain (Notrajnsko).
Das Klima [* 100] ist in diesen Landesteilen verschieden. Oberkrain hat kaltes Alpenklima; Unterkrain hat an der Gurk und Kulpa dem Weinbau günstiges Klima, sonst ist es rauh; Innerkrain ist der kälteste, rauheste Landesteil, hier brausen die berüchtigten Borastürme (Nordost) mit den großartigen Schneeverwehungen im Winter. Die mittlere Jahrestemperatur von Laibach ist 9,4° C., von Rudolfswerth 9,8° C. Die mittlere Wärme des Juli beträgt für Laibach 19,6° C., für Rudolfswerth 20,1° C. Der Niederschlag ist beträchtlich (136 cm), und Gewitter sind häufig. Die Pflanzen- und Tierwelt ist im allgemeinen der mitteleuropäischen angehörig.
Die Bevölkerung [* 101] belief sich im J. 1869 auf 466,334, im J. 1880 auf 481,243 Seelen, zeigt also eine geringe Zunahme (jährlich 0,29 Proz.). Auf 1 qkm kommen 48 Bewohner. Der Nationalität nach gehört die überwiegende Majorität (94 Proz.) dem südslawischen Stamm der Slowenen an, welcher im SO. in den kroatischen Volksstamm übergeht. Nur der Bezirk Gottschee bildet eine deutsche Sprachinsel mit ungefähr 15,000 eingewanderten Deutschen alemannischen Stammes, überdies leben Deutsche in der Landeshauptstadt und in einigen Orten (im ganzen 29,400). Der Konfession nach sind die Bewohner fast ausschließlich römische Katholiken und gehören zur Laibacher Diözese.
Nirgends als im Lande der Slowenen findet man so viele auf Bergen [* 102] und Hügeln frei stehende Kirchen, dreimal soviel als Pfarrkirchen. Im Charakter der Krainer treten im allgemeinen Arbeitsamkeit und Ausdauer, Gastfreundschaft, Vaterlandsliebe, Frömmigkeit und Rechtschaffenheit als liebenswürdige Eigenschaften hervor; nicht zu verschweigen sind dagegen ihr Hang zur Prahlerei, Eigensinn, ihre Neigung zum Aberglauben und Unmäßigkeit. Groß ist ihre Liebe zum Gesang und ihr Reichtum an Volksliedern, Volksmärchen und Sagen. Was die Kulturverhältnisse betrifft, so sind von der ¶
Maßstab [* 104] 1:850000
Die Hauptorte der Bezirkshauptmannschaften sind unterstrichen.
Südl. Fortsetz. d. Hauptkarte.
Gesamtfläche des Landes nur 4½ Proz. unproduktiv; vom produktiven Boden gehören 46½ Proz. dem Waldland und nur 15½ Proz. dem Ackerland an. Ausgedehnter sind Wiesen und Weiden (je 18 Proz.). Charakteristisch ist die weitgehende Zerstückelung des Bodens in kleine Besitzstände, welche auf die Zeit der französischen Okkupation zu Anfang des Jahrhunderts zurückzuführen ist; auf einen Grundbesitzer kommen im Durchschnitt nur 18½ Hektar Grundstücke, darunter 2¾ Hektar Ackerland.
Die Landwirtschaft deckt des wenig rationellen Betriebes wegen nicht den Bedarf des Landes; Getreide [* 106] wird zumeist aus Ungarn [* 107] bezogen. Der Ertrag der eignen Ernte [* 108] belief sich im Durchschnitt der letzten Jahre auf ca. 1½ Mill. hl Cerealien (neben den Hauptgetreidearten viel Mais, Hirse [* 109] und Buchweizen) und Hülsenfrüchte, 1,150,000 hl Kartoffeln, 10,000 metr. Ztr. Flachs, 4000 metr. Ztr. Hanf, 600,000 metr. Ztr. Futterrüben, 3 Mill. metr. Ztr. Heu, 8000 metr. Ztr. Zichorie.
Der Weinbau, welchem 11,631 Hektar gewidmet sind, konzentriert sich hauptsächlich im O. und SO. um Rudolfswerth und liefert gegen 100 Varietäten, welche im Handel als Marwein, teilweise auch als kroatischer Wein erscheinen; der Ertrag beläuft sich durchschnittlich auf 150,000 hl. In den Handel bringt Krain sehr viel Holz aus Oberkrain und den Schneeberger Waldungen (Stapelplätze: Planina, Senosetsch). Die Viehzucht [* 110] steht im allgemeinen auf tiefer Stufe (1880 waren vorhanden nahe an 22,000 Pferde, [* 111] nur 225,000 Rinder, [* 112] 67,400 Schafe, [* 113] 15,600 Ziegen und 73,000 Schweine); [* 114] dagegen wird die Bienenzucht [* 115] umfangreich getrieben (1880: 32,125 Stöcke) und liefert guten Honig und Wachs (186,000 kg Honig und 18,000 kg Wachs).
Unter den Produkten des Bergbaues nimmt die Quecksilbergewinnung des ärarischen Werkes zu Idria und zweier kleiner Privatunternehmungen (1885 bei einer Förderung von 622,525 metrischen Zentnern Erz 4869 metr. Ztr. Quecksilber) den ersten Rang ein. Außerdem finden sich Roheisen (60,000 metr. Ztr.), Braunkohlen (1,3 Mill. metr. Ztr., am meisten in Sagor), Blei [* 116] (18,000 metr. Ztr., zu Littai), Zink (9800 metr. Ztr., zu Sagor). Die Zahl der Berg- und Hüttenarbeiter betrug 1885: 2921, der Wert der Berg- und Hüttenproduktion 1,955,000 Gulden.
Die Industrie ist sehr gering. Große Fabriken gibt es wenige, dagegen ist das Kleingewerbe ziemlich gut vertreten. Die meisten industriellen Unternehmungen hat Oberkrain, wo namentlich die Eisenverarbeitung einen Hauptbetriebszweig bildet. Die größten Eisenwerke befinden sich zu Jauerburg und Sava, dann zu Hof [* 117] bei Seisenberg in Unterkrain. Bedeutend ist in Oberkrain auch die Fabrikation von Nägeln (in Steinbüchel, Kropp und Eisnern), dann die von Sensen, Sicheln, Feilen etc. (in Neumarktl und Weißenfels). [* 118] In größerer Vereinigung gibt es Fabriketablissements in und bei Laibach (Baumwollspinnerei und -Weberei, Dampfmühlen, Glockengießerei, Fabriken für Zündwaren, Papier, Tabak, [* 119] Öl, Surrogatkaffee), während außerdem die Spitzenklöppelei und Zinnoberfabrikation in Idria, die Fabrikation von Leder und Schuhwaren in Neumarktl, von Tuch und Pferdedecken in und um Krainburg, von Strohhüten im Bezirk Stein, von Roßhaarsieben in Strasisch und Feichting bei Krainburg vertreten ist.
Der Handel, welcher namentlich Holz, dann Quecksilber und Eisenwaren exportiert, ist bedeutend; gute Landstraßen, die Eisenbahnen, welche Laibach mit Triest, [* 120] Fiume, [* 121] Agram, [* 122] Wien und Villach verbinden, und die schiffbaren Flüsse (Save und Laibach) fördern denselben. Für die geistige Bildung sorgen 311 Volksschulen, die jedoch von 18 Proz. der Schulpflichtigen nicht besucht werden, weshalb es noch immer viele Ortschaften gibt, in denen nur wenige lesen und schreiben können; ferner 2 Obergymnasien zu Laibach und Rudolfswerth, ein Untergymnasium zu Gottschee, ein Realgymnasium zu Krainburg, eine Oberrealschule zu Laibach, eine Bildungsanstalt für Lehrer und Lehrerinnen und eine bischöfliche Lehranstalt zu Laibach, 6 Gewerbe-, eine landwirtschaftliche und 2 Handelsschulen.
Administrativ zerfällt das Kronland in die unten angegebenen zwölf politischen Bezirke, welche der Landesregierung in Laibach unterstehen. Für die Rechtspflege sind dem Landesgericht in Laibach und dem Kreisgericht in Rudolfswerth 30 Bezirksgerichte untergeordnet; für das Steuer- und Finanzwesen besteht eine Finanzdirektion in Laibach. Die Landesvertretung liegt dem Landtag ob, der aus 37 Mitgliedern besteht, nämlich dem Fürstbischof von Laibach, 10 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 8 der Städte und Märkte, 2 der Laibacher Handelskammer, 16 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrats sendet das Land 10 Vertreter. Das Wappen bildet in silbernem Feld ein blauer, rot gekrönter Adler, [* 123] welcher auf der Brust und den ausgebreiteten Flügeln einen von Silber und Rot zehnmal geschachten Halbmond trägt (s. Tafel »Österreichisch-ungarische Länderwappen«). [* 124] Sitz des Landtags und der Landesregierung ist Laibach.
Die Einteilung des Landes in politische Bezirke, deren Areal und Bevölkerung sind folgende:
Politische Bezirke | Areal in Qkilom. | Qmeilen | Bevölkerung 1880 |
---|---|---|---|
Stadt Laibach | 32 | 0.6 | 26284 |
Bezirkshauptmannschaften: | |||
Adelsberg | 898 | 16.3 | 41503 |
Gottschee | 1184 | 21.5 | 41794 |
Gurkfeld | 892 | 16.2 | 51023 |
Krainburg | 1018 | 18.5 | 52294 |
Laibach | 898 | 16.3 | 54057 |
Littai | 679 | 12.3 | 34946 |
Loitsch | 1220 | 22.2 | 37702 |
Radmannsdorf | 1082 | 19.6 | 26180 |
Rudolfswerth | 967 | 17.6 | 46493 |
Stein | 616 | 11.2 | 39079 |
Tschernembl | 547 | 9.9 | 29888 |
Zusammen: | 10033 | 182.2 | 481243 |
Krain hat seinen Namen von Krajina, »Grenze« (Krajnci, »Grenzbewohner«). Die Zeit der ersten Einwanderung der Slawen in diese Gegenden ist ungefähr Ende des 6. Jahrh. n. Chr. anzusetzen. Als Karl d. Gr. dieses Land seinem Reich einverleibte, übergab er dessen Verwaltung dem Markherzog von Friaul. Als eigentliches Krain-Chreina, d. h. Oberkrain, und Windische Mark (Unterkrain) in nächster Verbindung mit dem karantanischen Herzogtum, anderseits, was das jetzige Innerkrain, »am Karst«, betrifft, ein Stück der Mark Istrien, stand es unter eignen Markgrafen, die auf Schloß Kieselstein (bei Krainburg) residierten, und deren einige den Herzogstitel führten.
Doch erstreckte sich, wie gesagt, ihre Herrschaft nur über einen Teil von Krain; wir sehen die Herzöge Kärntens, die Patriarchen von Aquileja (1077, 1228), endlich auch die österreichischen Babenberger durch Lehensankauf der großen Besitzungen des Hochstifts Freising [* 125] im Land (1229) die thatsächliche oder titulare Herrschaft, eine Art Teilherrschaft, über Krain ausüben. Seit 1286 wurden die Grafen von Görz-Tirol als Herzöge Kärntens auch Pfandinhaber Krains. Erst nach ihrem Aussterben kam ¶