Als
Kollegium besteht das Konsulargericht aus dem Konsul und 2-4
Beisitzern. Es entscheidet in allen
Strafsachen, welche vor die
Schöffengerichte gehören, und in allen
Sachen, für welche im Inland das
Landgericht zuständig sein würde.
Schwurgerichtssachen dürfen vor den Konsulargerichten nicht verhandelt werden. Dieselben sind durch den Konsul nur
zu instruieren und sodann an die inländischen
Gerichte abzugeben. Vor das
Reichsgericht als konsulargerichtliche
Instanz gehören
Hoch- und Landesverratssachen.
Dies
Konsularrecht gilt nunmehr für die deutschen
Schutzgebiete auch als
Kolonialrecht (s. d.). Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft
findet im allgemeinen nicht statt; nötigen Falls werden ihre
Funktionen durch einen achtbaren Gerichtseingesessenen,
womöglich durch einen
Rechtsanwalt, wahrgenommen.
Rechtsanwalte bei den Konsulargerichten werden vom Konsul widerruflich bestellt.
Die
Beisitzer der Konsulargerichte sowie zwei Stellvertreter werden alljährlich im voraus aus den achtbaren Gerichtseingesessenen
des
Bezirks oder aus sonst achtbaren Einwohnern ernannt.
(auch
Familienmünzen), herkömmliche irrige Bezeichnung der röm. Republikmünzen. Es sind meist
silberne
Denare oder deren Teilstücke: Quinar und
Sesterz. Die
Münzen
[* 14] der
Republik zeigen meist den
Namen der prägenden Beamten
(tresviri monetales, später quatuorviri), in früherer Zeit meist den
Kopf der
Roma
[* 15] und die
Dioskuren,
[* 16] bald aber mannigfache
mythologische und historische, oft auf berühmte Vorfahren der prägenden Beamten bezügliche
Darstellungen.
Die Kupfermünzen der
Republik sind zuerst große gegossene
Stücke
(As und seine Teile), später kleinere geprägte
Stücke,
oft mit
Namen der Beamten. Die Konsularmünzen schließen mit
Cäsar, welcher zuerst sein Brustbild (44
v. Chr.) auf die
Denare setzen ließ.
Vgl. Eckhel, Doctrina numorum veterum, Bd. 5;
Mommsen, Geschichte des römischen
Münzwesens (Bresl. 1860);
Cohen, Description générale des monnaies de la république romaine (Par. 1857, 3 Bde.
mit Abbildungen);
Babelon, Description historique, etc., des monnaies de la république romaine (das.
1885-86, 2 Bde. mit vielen Abbildungen).
Endlich wird der
Ausdruck Konsularrecht entsprechend der Bezeichnung
»Gesandtschaftsrecht« gebraucht, indem man unter aktivem
Konsularrecht die Befugnis einer Staatsregierung,Konsuln im
Ausland zu bestellen, unter passivem Konsularrecht das
Recht, fremde
Konsuln im Inland zuzulassen, versteht. Vgl.
Konsul, S. 40.
Gewöhnlich versteht man indessen unter
Rechtskonsulent
einen Geschäftsmann, der sich zwar gewerbsmäßig mit der Erledigung von Rechtsangelegenheiten befaßt,
aber kein juristisch gebildeter Mann und insbesondere kein
Rechtsanwalt ist;
oft geringschätzend
Winkeladvokat (Winkelkonsulent)
genannt.
im allgemeinen jede Wertvernichtung oder Wertminderung. Viele
Wertminderungen haben keinen wirtschaftlichen Nutzen im Gefolge, wie Zerstörungen durch Menschenhand (Krieg, Frevel, Unvorsichtigkeit)
oder durch schädliche Einflüsse der Natur (Oxydation, Trockenheit, Brand, Überschwemmung, Pilze,
[* 18] Insekten
[* 19] etc.), welche oft
auch beim Gebrauch von Gütern (z. B. beim Bewohnen von Häusern) von größerer Wirksamkeit sind als die
Verwendung für menschliche Zwecke selbst.
Andre Güterverzehrungen sind mit Vorteilen verknüpft und zwar mit solchen negativer Art, wenn durch dieselben anderweiten
Schäden vorgebeugt oder diese Schäden vermindert werden sollen (Vorkehrungen gegen Elementarschäden, Frevel etc. in Privat-,
Gemeinde-, Staatswirtschaft). Oder es ist der Vorteil positiver Art, wenn die zu verbrauchenden Güter,
wie Rohstoffe, Hilfsstoffe, Maschinen etc., zur Herstellung neuer, größerer Werte (sogen. produktive Konsumtion, produktive Ausgaben
in der Staatswirtschaft), oder wenn sie zur Befriedigung von Bedürfnissen dienen (Konsumtion im engern Sinn, als Gegensatz zur Produktion).
Nicht mit jeder Wertminderung ist eine Formveränderung verknüpft. Dieselbe kann auch Folge einer Änderung
der Bedürfnisse oder auch davon sein, daß andre Bedingungen weiterer Brauchbarkeit aufgehoben werden (Veraltung von Druckschriften,
aus der Mode gekommene Gegenstände, Kalender nach Ablauf
[* 20] des Jahrs etc.). In diesem Fall spricht Roscher von einer Meinungskonsumtion.
Ist auch heute die Konsumtion im allgemeinen nicht durch Gesetze beschränkt, so ist sie doch nicht rein willkürlich,
lediglich von individueller Laune abhängig.
Die Einnahmen des größten Teils der Gesellschaft sind verhältnismäßig gering. Ein sehr großer Prozentsatz derselben (bei
untern Klassen 90, 95 Proz. und mehr) dient dazu, den ersten Anforderungen des Lebens zu genügen (Nahrung,
Wohnung, Kleidung), und zwar ist man an die billigsten Güter gebunden, welche meist Produkte regelmäßiger stetiger Massenerzeugung,
also Gegenstände der Massenkonsumtion, sind. Auf höher entwickelten Wirtschaftsstufen macht sich übrigens auch im Gebiet
der Massenproduktion und der landwirtschaftlichen Erzeugung größere Mannigfaltigkeit geltend. So bleibt denn für die Individualität
noch ein Spielraum in der Zusammenstellung der für den Lebensbedarf erforderlichen Güter wie auch in der
hauswirtschaftlichen Verwendung derselben. Zu der genannten Ursache gleichmäßiger Konsumtion
tritt noch der Einfluß von Sitte und
Herkommen, die Macht der Gewohnheit und der Mode hinzu, welche auch bei größern Einnahmen zu Konsumtionen zwingen, die ohne
gesellschaftlichen Druck unterblieben wären.
Mit steigender Kultur wird eine vollständigere Ausnutzung vorhandener Güter nicht allein durch Verbesserungen in der Technik,
sondern auch durch Gebrauchsvereinigung (Benutzung vielnütziger Güter, wie Bibliotheken, Verkehrsanstalten etc., durch viele)
und Gebrauchsteilung (Spezialisierung des Gebrauchs verschiedener Teile eines Gegenstandes oder verschiedener Arten einer Gütergattung)
ermöglicht. Wirtschaftlich ist die Konsumtion, wenn sie zu sittlich nachhaltiger Befriedigung
führt und eine echt wirtschaftliche Kräftigung ermöglicht.
Grundbedingung einer gedeihlichen Konsumtion ist freie Wahl (Reiz der Verbote) bei tüchtiger intellektueller und moralischer Bildung,
welche die so schwierige richtige Anpassung an die wirtschaftliche Lage und eine dieser wie dem Bedürfnis am besten entsprechende
verständige Auswahl der Artikel je nach dem Grad ihrer Entbehrlichkeit sowie endlich eine angemessene
quantitative und zeitliche Ordnung ermöglicht. Die unwirtschaftliche Konsumtion nennt man Verschwendung. Dieselbe ist absolut vorhanden,
wenn der zu erreichende Zweck an und für sich verfehlt ist (geistige, körperliche Schädigung; unsinnige, raffinierte Genüsse),
oder wenn er aus Mangel an wirtschaftlichem Verfahren nicht ganz erzielt wird.
Relativ verschwenderisch ist derjenige Verbrauch, welcher nicht im angemessenen Verhältnis zur Aufwandsfähigkeit steht, sei
es, daß er ohne Not dieselbe mindert, wichtige Zwecke andern hintansetzt oder eine falsche zeitliche Ordnung in der Verzehrung
vornimmt, sowie derjenige, bei welchem der Zweck in andrer Weise billiger, besser und vollkommener hätte
erreicht werden können. Hiernach kann eine an einem Ort, zu einer Zeit und für eine PersonVerschwendung sein, während sie
es unter andern Umständen nicht ist.
Contagium vivum, lebende Ansteckungsorganismen, d. h.
niederste Pilze (Bakterien) im Gegensatz zu gasartigen oder, einfach gesagt, unbekannten Kontagien;
es ist wahrscheinlich, daß
sich auch für die letztern, die früher sogen. Miasmen, ebenfalls lebende Organismen finden
lassen werden;
(lat. Contactus), Berührung, besonders in der Geometrie.
Eine gerade Linie hat mit einer ebenen Kurve einen
Kontakt erster Ordnung, sie ist deren Tangente, wenn sie zwei zusammenfallende Punkte mit derselben gemein hat;
ein Kreis
[* 22] hat mit
einer ebenen Kurve einen Kontakt zweiter Ordnung, wenn er drei zusammenfallende Punkte mit ihr gemein hat;
er
heißt dann der Krümmungskreis, sein Halbmesser der Krümmungshalbmesser und sein Mittelpunkt der Krümmungsmittelpunkt.
(franz. comptant, ital. contante), bar, in
barem Geld; daher Kontantgeschäfte, gegen bare Zahlung (per cassa) abgeschlossene Geschäfte, im Gegensatz zu den Kreditgeschäften;
vielfach schließt aber auch die Bedingung »contant« eine Zahlungsfrist ein, insbesondere bedeutet an
einigen Plätzen à ordinaire comptant einen Kauf mit usancemäßiger Zahlungsfrist. Kontanten (franz.
espèces, engl. specie), Bargeld;
Kontantenkonto (Sortenskontro), das für eingenommene Münzen, welche nicht als unmittelbare
Zahlungsmittel benutzt werden können, besonders von Handelshäusern an Seeplätzen angelegte besondere Konto (s. Buchhaltung,
S. 564);
der französische marché au comptant (Kontantkauf) ist gleichbedeutend mit Effektiv-, Loko-, Tagesgeschäft,
bei welchem der gekaufte Gegenstand mit oder ohne Kreditierung sofort übernommen wird, im Gegensatz zum marché à terme
(Lieferungsgeschäft).
(Kontentenzettel, ital. Portata), in Seestädten die Verzeichnisse der einkommenden
Waren, zugleich die Namen der Schiffe,
[* 29] Schiffsinhaber und der Empfänger der Ladungen enthaltend.
(franz.), im Zollwesen die Ein- oder Ausfuhr von Waren entgegen den bestehenden Zollgesetzen
und unter Umgehung der letztern; auch Bezeichnung für diese Waren selbst. In der Zollgesetzgebung wird indessen zwischen Zolldefraudation
(Hinterziehung der Zölle) und noch ein besonderer Unterschied gemacht, indem man den Ausdruck auf die Ein-, Aus- oder Durchfuhr
solcher Gegenstände beschränkt, welche einem Ein-, Aus- oder Durchfuhrverbot unterliegen.
Das deutsche Vereinszollgesetz vom (§ 134) bestraft die in diesem engern Sinn mit einer Geldstrafe, welche dem doppelten
Werte der betreffenden Gegenstände und, wenn dieser nicht 30 Mk. beträgt, dieser Summe gleichkommen soll. Außerdem tritt
Konfiskation der Gegenstände ein, in Bezug auf welche das Vergehen verübt worden ist. Im Völkerrecht
versteht man unter Konterbande (Kriegskonterbande) die
Zufuhr unmittelbarer Kriegsbedürfnisse an eine kriegführende Macht zum Nachteil
des Gegners der letztern, auch diese Kriegsbedürfnisse selbst. In diesem Sinn werden namentlich Waffen
[* 33] und Munition, aber auch
Pferde,
[* 34] Proviant u. dgl. zur Konterbande gerechnet.
(Konterfei-, Kontrafekt-, Kontrefaitmünzen), meist ovale und gehenkelte Schaumünzen oder Medaillen
mit nur einseitiger Prägung und zwar mit dem Bildnis eines Fürsten oder einer andern hohen Person, wurden
als Gnadenbeweise verschenkt und an Halsketten getragen.
(franz.), Vorwall, Gegenwall, in ältern Festungen ein Außenwerk, welches die Facen eines Bastions oder Ravelins
gegen direktes Feuer sichern soll und parallel von ihm durch einen Graben getrennt vor demselben liegt.
Bezeichnung für Verletzungen, welche namentlich am Schädel bei starkem Schlag oder Auffallen von einer Höhe nicht an der Stelle
der direkten Einwirkung der Gewalt erfolgen, sondern an der gegenüberliegenden Stelle der Schädelgrundfläche.
(franz., kontramandieren), einen Gegenbefehl erlassen, d. h.
einen gegebenen Befehl durch einen andern aufheben.
Eine Kontermandierung (contremandat) im Geschäftsverkehr
ist in allen Fällen erlaubt, wo ein reines Vollmachtsverhältnis stattfindet und es zur Befolgung des anderweiten Auftrags
noch Zeit ist;
hat dagegen der Beauftragte schon entscheidende Maßregeln getroffen, so ist eine Kontermandierung nicht mehr
von Erfolg.
(franz.), Evolution, durch welche Truppenkörper die der bisherigen entgegengesetzte Fronte und Abmarsch
annehmen, ohne das Verhältnis der Glieder
[* 38] und Flügel zu einander zu ändern;
ursprünglich englischer Tanz (Anglaise), der sich seit Anfang des 18. Jahrh. in Frankreich
und dann auch in Deutschland
[* 41] eingebürgert hat und mit mancherlei Veränderungen einer der beliebtesten Gesellschaftstänze
geworden ist, aber ohne eigentliche Ausführung der Pas jetzt nur noch gegangen wird. Er wird von vier, sechs und mehr Paaren
getanzt, die in einer Reihe oder im Viereck
[* 42] aufgestellt sind, und besteht aus der Aufeinanderfolge von
fünf oder sechs Teilen oder Hauptfiguren: Pantalon, Été, Poule, Trenis, Pastourelle und Finale. Die Musik dazu ist teils im
2/4-, teils im 6/8-Takt gesetzt und besteht aus achttaktigen Reprisen von munterm Charakter. Der Name Kontertanz bezieht
sich auf die Eigentümlichkeit desselben, daß die Paare gegeneinander tanzen und nicht, wie bei den Rundtänzen, hintereinander
her; die Ableitung von Country-dance (»Bauerntanz«) ist falsch.
ein Konto (s. d.) für jemand haben, mit ihm in laufender Rechnung stehen. Daher Kontierungen, die im deutschen
Zollgebiet kreditfähigen Großhändlern, welche einen erheblichen Handel mit fremden Waren treiben, gewährte
Vergünstigung, daß sie denZoll für eingeführte Waren nicht sogleich zu bezahlen brauchen, sondern daß sie mit demselben
einstweilen in den Zollbüchern belastet werden, während die ins Ausland zurückgehenden oder nach öffentlichen Niederlagen
gelangenden Waren ohne Abgabenerhebung von ihrem Konto wieder abgeschrieben werden.
Nur für die innerhalb des Zollgebiets verkauften Waren wird bei der halbjährigen Abrechnung mit der Steuerbehörde
der vorgeschriebene Zoll entrichtet, so daß die Konteninhaber einen Zollkredit bis zu einem halben Jahr genießen. Die Erlangung
eines fortlaufenden Kontos, um welches bei dem Hauptsteueramt nachzusuchen ist, ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Der
Nachsuchende muß z. B. wirklich Verkäufer in offener Verkaufsstätte
sein; dann darf die je in einem halben Jahr zur Anschreibung gelangende Warenmenge nicht unter ein bestimmtes Mindestmaß
herabgehen. Vermischte Lager
[* 43] von versteuerten und unversteuerten Waren werden nur ausnahmsweise gestattet. Bis 1868 kamen Kontierungen
nur auf den Meßplätzen
(Leipzig, Frankfurt
[* 44] a. M., Braunschweig)
[* 45] zu gunsten der Meßhändler vor. Diese
Meßkontierungen werden im Gegensatz zu den oben erwähnten fortlaufenden Kontennur für die Dauer einer Messe verwilligt.
(lat., Festland), im Gegensatz zu den Inseln eine weit ausgedehnte, »zusammenhängende« Landmasse. Der
Sprachgebrauch hat im Lauf der Zeit fünf solcher Kontinente oder Erdteile (fälschlich wohl auch Weltteile genannt) angenommen,
von denen drei, Asien,
[* 46] Afrika
[* 47] und Europa,
[* 48] unter sich verbunden, die sogen. Alte Welt ausmachen; der vierte ist das wieder durch
eine schmale Landzunge in zwei Festlande gegliederte Amerika,
[* 49] die Neue Welt, der fünfte und kleinste Australien,
[* 50] auch wohl als Teil der Neuen Welt bezeichnet, in der That aber nur eine große, an Südostasien anzureihende Insel. Oft werden
noch die an den beiden Polen liegenden Landmassen als arktischer und antarktischer Kontinent den genannten fünf beigefügt. Die
Engländer verstehen unter Kontinent schlechtweg das Festland von Europa.
Auf diese Maßregel antwortete England mit einer Geheimratsverordnung vom wodurch allen neutralen Schiffen das Einlaufen
in einen französischen oder unter französischer Kontrolle stehenden Hafen verboten ward. Napoleon, der
sich unterdessen in den Besitz der Hansestädte gesetzt hatte, antwortete darauf von Warschau
[* 51] aus durch ein neues Dekret
worin die Konfiskation sämtlicher in den Hansestädten mit Beschlag belegter englischer Waren ausgesprochen wurde.
England erklärte 11. März dafür die strenge Blockade der Weser, Ems und
[* 52] Elbe und dehnte dieselbe 11. Nov. auf
alle Häfen aus, in welche die englischen Schiffe nicht einlaufen durften. Außerdem wurde bestimmt, daß jedes mit einem
französischen Paß
[* 53] ausgerüstete Schiff
[* 54] konfisziert und nur den Neutralen der Verkehr zwischen den Kolonien und ihrem
Vaterland gestattet sein solle. Alle andern Schiffe sollten, wenn sie mit den blockierten Häfen Handel treiben wollten, erst
in einen englischen Hafen einlaufen und daselbst eine Abgabe von 25 Proz. entrichten. Letztere Bestimmung drohte Napoleons ganze
Kontinentalsperre zu zerstören. Daher erschien ein Dekret von Mailand
[* 55] aus, wodurch jedes Schiff, welches sich
zu einer Fahrt nach England oder zu einer Abgabenentrichtung verstehe,
¶
Vorzüglich die Nordamerikaner und griechische Seeleute betrieben diesen Handel mit englischen Waren in französischen und
neutralen Häfen. Weil der Schleichhandel besonders an der holländischen Küste eifrigst betrieben wurde
und König Ludwig ihn nicht streng genug bestrafte, wurde Holland 1810 mit Frankreich vereinigt, ebenso die ganze deutsche Nordseeküste
sowie Lübeck.
[* 63] Da nun das Überhandnehmen des Schleichhandels die Zwecke der Kontinentalsperre zum Teil vereitelte, so verordnete Napoleon durch
die Dekrete vom 5. Aug. und (Tarif von Trianon), daß alle Kolonialwaren als aus dem englischen Handel
herrührend betrachtet und daher mit 50 Proz. Kontinentalsteuer belegt sein sollten.
Das Dekret von Fontainebleau vom verordnete sogar die Verbrennung und Vernichtung der englischen Waren. Gleichwohl
wurden Mittel und Wege gefunden, diese strengen Maßnahmen zu umgehen, und dadurch, daß der Kaiser später
gegen die Lösung eines Lizenzscheins die Einfuhr einer gewissen Menge englischer Waren gegen die Ausfuhr einer gewissen Menge
französischer Manufakturwaren nach England gestattete, sank die Kontinentalsperre zuletzt zu einem Mittel zur Bereicherung seiner leeren Kassen
herab; 1810 nahm er, ohne die konfiszierten Waren zu rechnen, 150 Mill. Frank an Steuern undLizenzen ein.
Die Kontinentalsperre fiel schließlich durch die gegen Napoleon gerichtete Allianz Rußlands und Englands 1812 und die große Koalition von 1813.
Was die politische Bedeutung der Kontinentalsperre anlangt, so trug dieselbe ohne Zweifel viel zur Erhöhung des schon
vorhandenen Hasses gegen Napoleon bei und war mithin schon deshalb eine gänzlich verfehlte Maßregel. England erlitt durch
sie überdies wenig Einbuße, indem es sich neue Absatzwege eröffnete und die feindlichen Kolonien um so mehr brandschatzte.
Wiewohl zum Ersatz der verteuerten Kolonialwaren und Manufakturen manche Industrien sich entwickelten, wie namentlich die
Rübenzuckerfabrikation, so hatte die Kontinentalsperre doch auch nationalökonomische Nachteile in ihrem Gefolge.
Sie rief notwendig eine Menge ephemerer Unternehmungen hervor, für die in den natürlichen Verhältnissen ihres Bodens kein
Grund vorhanden war, und die bald für viele sichern Ruin zur Folge hatten. Durch die tödliche Feindschaft, die man England erklärt
hatte, versperrte man der Industrie und dem Handel des Festlandes
allen Zutritt zu den überseeischen Ländern und benachteiligte
also gerade die Unternehmungen, die trotz des sogen. Monopols der Engländer naturgemäß erwachsen waren. Indem man ferner
Gegenstände vom Handel ausschloß, die zum Bedürfnis geworden waren, legte man den Konsumenten unerschwingliche Lasten
auf, da die benötigten Artikel teils nur notdürftig und mit Mühe durch einheimische ersetzt, teils vom Inland nur zu enormen
Preisen oder gar nicht geliefert werden konnten. Kurz, der ganze Handel geriet durch die in falsche Geleise.
Vgl. Kiesselbach,
Die Kontinentalsperre (Stuttg. 1849).
(v. lat. contingens, das
den einzelnen »Treffende«, auf ihn Entfallende), im allgemeinen s. v. w.
Zuschuß, Beitrag; militärisch Bezeichnung für die Truppenzahl, welche in einem Staatenverein jeder einzelne Staat zu der
gemeinsamen Heeresmacht zu stellen hat. So setzte sich das ehemals deutsche Reichsheer aus einer großen Zahl teilweise sehr
kleiner Kontingente zusammen. Die Größe dieser Kontingente, nach Kreisen geordnet, war zuerst unter Karl
V. 1521 durch die sogen. WormserMatrikel festgesetzt worden, und nach einem Reichsschluß von 1681 betrug das Reichsheer in der
Regel 28,000 Mann zu Fuß und 12,000 zu Pferde.
Die einzelnen deutschen Landes- (Kontingents-) Herren hatten daneben die volle Militärhoheit und ihr eignes
Militär. Auch der Deutsche
[* 64] Bund hielt an dem Kontingentssystem fest. In Kriegszeiten sollte ein Heer aus Kontingenten der Bundesstaaten
gebildet und ein Bundesfeldherr von der Bundesversammlung gewählt werden. Die Stärke
[* 65] der Kontingente war zuletzt durch Matrikel
vom bestimmt, die Einrichtung und Zusammensetzung derselben durch die Bundeskriegsverfassung
vom (Zusätze dazu vom 4. Jan. und Hiernach bestanden die Kontingente der einzelnen Staaten aus 1⅔
Proz. der Gesamtbevölkerung und zwar 1⅙ im Hauptkontingent, ⅓ im Reservekontingent und ⅙
Proz. im Ersatzkontingent; die beiden erstern rückten ins Feld oder hatten die Bundesfestungen zu besetzen;
das Ersatzkontingent blieb zur Ausbildung des Ersatzes im eignen Staat zurück. Vgl. Deutschland (Heerwesen). - Kontingént heißt auch
der den Truppenteilen für unbrauchbare Ausrüstungsstücke jährlich zu überweisende Ersatz an dergleichen, der deshalb
auch Jahreskontingent genannt wird. - Kontingentieren, das Kontingént der Beteiligten festsetzen.
derBanknoten, die Vorschrift, daß die auszugebenden Banknoten überhaupt oder
daß die ungedeckt ausgegebenen Banknoten einen bestimmten Betrag, die Kontingentsziffer, nicht überschreiten dürfen. In
England wurde die Kontingentierung durch die Peelsche Bankakte von 1844 eingeführt.
Die Bestimmung des deutschen Reichsbankgesetzes, nach
welcher die über einen gewissen Betrag hinaus ausgegebenen Noten einer Steuer von 5 Proz. unterliegen,
hat man eine indirekte Kontingentierung genannt.
derSteuern bedeutet die Festsetzung der letztern auf einen bestimmten, nicht zu überschreitenden
Betrag, welcher hierauf auf die Steuerpflichtigen nach einem bestimmten Maßstab
[* 66] verteilt (repartiert) wird. Kontingentierte
Steuern sind hiernach Repartitionssteuern. Die Kontingentierung soll verhindern, daß eine gewisse Steuer eine Überbürdung herbeiführe.
Aus diesem Grund hat man inPreußen seit 1861 die Grundsteuer auf 10 Mill. Thlr., nach der Vergrößerung der Monarchie 1866 auf 40 Mill.
Mk. und seit 1873 die Klassensteuer auf 11 Mill. Thlr.
¶
mehr
kontingentiert. Ist der aufzubringende Steuerbetrag ein für allemal festgesetzt, so spricht man von einer Kontingentierung im
engern Sinn gegenüber derjenigen, bei welcher je nach Bedarf die ganze Summe oder nur eine Quote derselben (eine gewisse Zahl
von Monatsraten, hiernach Quotisierung der kontingentierten Steuer) zur Einhebung gelangt.
(lat.), Unterbrechungslosigkeit oder Stetigkeit, die Eigenschaft, daß da, wo ein Teil eines Ganzen aufhört,
ein andrer anfängt. Dem Raum und der Zeit kommt Kontinuität zu, den materiellen Körpern nur scheinbar, da in Wahrheit ihre kleinsten
Teilchen durch Zwischenräume (Poren) getrennt sind. Über kontinuierliche Größen vgl. Größe. - Im öffentlichen
Leben versteht man unter Kontinuität den innern Zusammenhang und die stete Fortentwickelung eines Regierungssystems,
auch das Anknüpfen parlamentarischer Verhandlungen an die Vorverhandlungen, so daß die Beratung eines Gegenstandes, auch
wenn sie sich durch mehrere Sitzungen hindurchzieht, gleichwohl als ein einheitliches Ganze betrachtet
wird.
Dagegen ist zu beachten, daß die Verhandlungen der einen Sitzungsperiode in der nächstfolgenden Sitzungsperiode nicht einfach
fortgesetzt und da wieder aufgenommen werden, wo sie in der vorhergehenden Session stehen geblieben waren. Vielmehr sind in
dieser Hinsicht die meisten parlamentarischen Verhandlungen nach der Geschäftsordnung durch das Prinzip der
Diskontinuität beherrscht. Ist z. B. in einer Session ein Antrag zwar eingebracht, aber nicht zur Beratung gekommen, ein Gesetzentwurf
zwar einmal beraten, aber nicht zu einer weitern Lesung gelangt, so ist ein wiederholtes Einbringen des Antrags oder der Vorlage
in der neuen Session erforderlich, wofern Antrag oder Vorlage aufrecht erhalten und zu einem Abschluß gebracht
werden soll. Für die Verhandlungen des deutschen Bundesrats gilt das Prinzip der Kontinuität, während für den Reichstag dasjenige der
Diskontinuität maßgebend ist.
(ital. Conto, MehrzahlKonten oder Conti), Rechnung, namentlich die in den Handelsbüchern eingetragene, die deshalb
auch Kontobücher genannt werden. In der Regel dienen für das Konto zwei entgegengesetzte, mit »Soll« und
»Haben« überschriebene Blattseiten. Ist es für Personen (Geschäftsfreunde, Gesellschafter etc.) angelegt, so heißt es Personenkonto,
lebendes, personelles Konto, während das über leblose Vermögensbestandteile errichtete Konto totes, impersonelles
(unpersönliches) oder Sachkonto genannt wird, das je nach dem Gegenstand, dem es gewidmet ist, Kassa-,
Wechsel-, Waren etc. -Konto sein kann.
Jemand ein Konto eröffnen heißt, ihm in den Handelsbüchern eine laufende Rechnung eröffnen; a conto zahlen ist s. v. w. auf
Abschlag oder im Vorschuß zahlen; a conto metà, auf gemeinschaftliche halbe Rechnung. Conto corrente ist die laufende gegenseitige
Rechnung eines Geschäftsmanns auf den Büchern eines andern (s. Kontokorrent); C. finto, eine fingierte
oder erdichtete Rechnung, die man in Handelsplätzen auswärtigen Geschäftsfreunden erteilt, damit diese vor dem wirklichen
Warenbezug eine Rechnung über etwanige Kosten oder Einnahmen anstellen können. C. debet oder C. saldo, das Ausgleichungskonto,
die Rechnung, wie sie sich nach erfolgter Zahlung (der ganzen oder einer abschläglichen Summe) stellt.
C. mio, C. suo, C. nostro, C. loro, Bezeichnungen für:
meine Rechnung (m./R.), seine Rechnung (s./R.), unsre Rechnung (u./R.),
ihre Rechnung (i./R.);
(ital. Conto corrente, franz. Compte-courant, engl. Account current), die laufende Rechnung, welche
der Kaufmann mit seinem Geschäftsfreund dadurch führt, daß er die denselben betreffenden Eintragungen aus dem Memorial auf
ein besonderes Blatt
[* 68] (Conto) des Haupt- oder Kontokorrentbuchs überträgt. Auf der linken Seite werden unter Soll (Debet) die
von ihm dem Geschäftsfreund gemachten Leistungen, auf der rechten Seite unter Haben (Credit) die ihm von
diesem gemachten Leistungen eingetragen.
Sobald das Kontokorrent abgeschlossen wird, was regelmäßig am Jahresschluß, im Bankgeschäft beim Abschluß jedes Halbjahrs geschieht,
werden beide Seiten summiert und der Unterschied der Summen derjenigen Seite, welche die geringere Summe aufweist, als Vortrag
(Saldo, ital. saldo, franz. solde, engl.
balance) gutgeschrieben, so daß anscheinend beide Seiten gleiche Summen aufweisen. Nach Abschluß des
Kontokorrents wird die neue Rechnung (conto nuovo) mit Eintrag des Saldo aus der alten Rechnung (conto vecchio) auf der entgegengesetzten
Seite eröffnet.
Das abgeschlossene Kontokorrent teilt man dem Geschäftsfreund in einer Abschrift, die auch Kontokorrent genannt und mit Datum und Unterschrift
versehen wird, zur Anerkennung mit. Die am Schluß desselben beigefügte KlauselS. E. et O. (salvo errore et omissione, d. h.
unter Vorbehalt von Irrtümern und Auslassungen) ist unwesentlich; auch die Anerkennung des Kontokorrents durch den Geschäftsfreund
schließt nach Art. 249 des Handelsgesetzbuchs den Nachweis von Irrtum und Betrug nicht aus.
Außer den aus dem Memorial zu übertragenden Posten werden auf dem Kontokorrent Zinsen, Provision (s. d.), Kourtage, Porto und sonstige
Spesen gebucht. Die zu berechnende Provision wird gewöhnlich bei Eröffnung des Geschäftsverkehrs festgesetzt. Dieselbe wird
nur von einer Seite und zwar meist von derjenigen des größern Betrags mit Abzug der Frankoposten (Posten,
für die keine Provision zu bezahlen, oder für welche eine solche bereits angerechnet wurde, dann der Saldo der vorigen Rechnung)
je nach dem Umfang des Geschäftsverkehrs in der Höhe von 1/10-1/8 Proz. und mehr berechnet.
Sind Zinsen nicht ausdrücklich vereinbart, so kommt die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs (Art. 287-293) in Anwendung. Nach
derselben können, wenn nichts andres bedungen ist, Zinsen zu 6 Proz. von allen Forderungen und Handelsgeschäften
nach erfolgter Mahnung und von Kaufleuten von allen Darlehen, Auslagen, Vorschüssen und Verwendungen vom Augenblick der Leistung
an, von Kaufleuten untereinander überhaupt von jeder fälligen Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften wie auch vom
Überschuß eines abgeschlossenen Kontokorrents gefordert werden, wenn auch darunter schon Zinsen enthalten sind.
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