Handelsplatz im asiatisch-russ. Gebiet
Transbaikalien, liegt dicht an der chinesischen
Grenze, 703 m ü. M.,
in einem von hohen
Bergen
[* 6] umgebenen Sandsteppenthal, das der
Bach Kiachta durchfließt, nur 500 m vom chinesischen
StapelplatzMaimatschin
(s. d.) entfernt und bildet die Vor- oder Unterstadt zu der 4 km
nördlicher gelegenen
Festung
[* 7] Troitzkosawsk (s. d.), mit der Kiachta durch eine vorzügliche
Straße verbunden ist. Beide
Orte bilden mit der noch weiter gegen N. an der
Selenga liegenden
StanizaUst-Kiachta eine Stadthauptmannschaft
von (1882) 8961 Einw., wovon etwa 950 auf Kiachta selbst entfallen.
Berühmt war namentlich die seit 1727 bestehende Dezembermesse von auf welcher russische Erzeugnisse gegen chinesische
Waren
durch
Tauschhandel umgesetzt wurden, und durch deren Vermittelung allein der sogen. Karawanenthee
nach
Europa
[* 10] gelangte. Die Kaufleute in Kiachta genossen seit 1762 fast ein
Monopol des chinesischen
Handels,
büßten aber viel ein, als der
Vertrag von
Peking vom den
Handel längs der ganzen russisch-chinesischen
Küste freigab
und auch chinesische Häfen den russischen
Schiffen eröffnete.
Von da an datiert der
Verfall Kiachtas. Der russische
Handel nahm mit Benutzung andrer
Straßen durch die
Mongolei, zum Teil auch des
Meers seinen Weg nach den Seehäfen
Tientsin,
Hongkong und
Futschou; der
Absatz von russischen
Fabrikaten
in den nördlichen
Provinzen hörte auf, und die Einkäufe von
Thee u. a. werden jetzt nicht mehr mit
Waren, sondern mit barer
Münze gedeckt.
Daher betrug 1883 die gesamte russische Ausfuhr über Kiachta nur 3,939,744
Rub., die Einfuhr
dagegen 18,681,938
Rub. Die letztere besteht hauptsächlich in
Thee, nächstdem in Baumwollwaren,
Seide,
[* 11] Seidenwaren u. a.,
die erstere in
Tuch, Baumwollwaren,
Pelzwerk,
[* 12]
Leder. Kiachta wird von der russischen Steppenpost nach
Peking berührt; der
Verkehr
vom
Amur nach dem europäischen Rußland geht aber nördlich von Kiachta Handelszüge brauchen
von Kiachta über
Urga nach
Kalgan (s. d.), dem Sammelpunkt der
Waren, 37
Tage bei 1363 km
Entfernung; die
Entfernung von Kiachta nach der
sibirisch-europäischen
Grenze beträgt 4132 km.
Provinz im südöstlichen
China,
[* 13] südlich vom
Jantsekiang, umfaßt dasBecken des Tschangkiang
eines Nebenflusses des
Jantsekiang, und hat ein
Areal von 177,656 qkm (3226 QM.) mit (1882) 5,151,327 Einw.
Die
Provinz nimmt teil an
Klima
[* 14] und
Produkten des mittlern
China. Hauptströme sind der Tschangkiang und der Kankiang, die sich
beide durch zahlreiche Mündungen in den Pojangsee ergießen, dessen hochgelegener Wasserspiegel das
umliegende Land sumpfig macht.
Der Südostrand ist vom Nanschangebirge und seinen
Ausläufern angefüllt; der
Boden ist aber selbst hier fruchtbar und erzeugt
große
QuantitätenReis,
Weizen,
Seide,
Baumwolle,
[* 15]
Indigo,
[* 16]
Thee und
Zucker.
[* 17] Die
Provinz liefert auch die Gewerbsprodukte der benachbarten
Provinzen, besonders in Nankingstoff und
Porzellan.
Nantschang, die Provinzialhauptstadt, liegt am Kankiang,
nahe am südlichen
Ufer des Pojangsees; diese Stadt wie
Kiukiang (nördlich) und Kientschang (südlich davon), sind Sitze katholischer
Missionen; in ersterer Stadt findet sich auch eine evangelische
Mission. Hauptverschiffungshafen ist das am
Jantsekiang gelegene,
dem Fremdenhandel geöffnete
Kiukiang, von wo aus einige der besten Theesorten und das in Kingtechin unweit
des Pojangsees fabrizierte
Porzellan bezogen werden. S.
Karte
»China«.
Provinz im östlichen
China, am
GelbenMeer gelegen, hat ein
Areal von 103,959 qkm (1888 QM.) mit (1882) 20,905,171
Einw. Die
Provinz, früher das Mündungsgebiet der großen
StrömeHuangho und
Jantsekiang, seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrh.
nur noch des letztern
Flusses (vgl.
Huangho), ist stark von
Kanälen durchfurcht und sehr reich an Landseen. Diese und die benachbarten
Provinzen gehörten zu den schönsten und fruchtbarsten des
Landes; der
Verfall des
Kaiserkanals, der mit der Veränderung des
Flußlaufs des
Huangho zusammenhängt, hat aber die
Provinz ihrer Hauptverkehrsader beraubt und große
Überschwemmungen hervorgerufen. In Kiangsu liegen zwei den
Fremden geöffnete Häfen: Tschinkiang und das wichtige
Schanghai
[* 18] (s. d.);
(Kiungtschau), Hauptstadt der chines.
InselHainan, am Nordende derselben, 12 km von der
Straße von
Hainan, am linken
Ufer des Takiang, wird umgeben von einer 12 m hohen
Mauer und hat (1878) 200,000 Einw. Gewöhnlich
versteht man unter Kiangtschau die Stadt Hoihau, den
Hafen von wo ein deutscher
Konsul seinen Sitz hat. Der
Hafen ist denFremden
geöffnet, aber seicht und
Stürmen ausgesetzt, dennoch liefen 1885: 570
Dampfer mit 225,216
Ton. ein. Die Einfuhr wertete 1,234,206,
die Ausfuhr 627,461 Haikuan
Taels. Der
Handel vertreibt
Seide, Baumwollenstoffe, Arzneien,
Opium,
Tabak,
[* 20]
Zucker, Zündhölzer und
Petroleum.
Stadt im südlichen Phrygien (Landschaft Kabalia), bildete mit drei andern Städten eine Tetrapolis, wurde durch
Murena 84 v. Chr. dem römischen Reich einverleibt und war nun Sitz eines Conventus juridicus.
Durch ein
Erdbeben
[* 24] zerstört, wurde sie unter Tiberius wieder aufgebaut und Cäsarea genannt, ward aber, nachdem sie noch eine Zeitlang
Bischofsitz gewesen, im Mittelalter vollständig zerstört.
Ruinen (darunter ein Amphitheater mit 35 Sitzreihen) beim heutigen
Chorsum.
Berg im Thüringer Wald, nahe bei Ilmenau, 862 m hoch, mit einem Aussichtsturm und dem 1870 abgebrannten, 1874 wieder
aufgebauten Häuschen, in welchem Goethe im September 1783 sein bekanntes Nachtlied »Über allen Wipfeln ist Ruh' etc.« dichtete.
Nahebei der Große Hermannstein, ein imposanter Porphyrfels mit einer Grotte.
Fabrikstadt in Worcestershire (England), am Stour, schmutzig und unregelmäßig gebaut, hat eine schöne
gotische Kirche mit geschätzten Denkmälern, eine Lateinschule und (1881) 24,270 Einw. Kidderminster ist
namentlich durch seine Teppiche bekannt, hat außerdem Drahtzieherei, Brauerei etc. Ihren Mitbürgern Sir
Rowland HillundRich. Baxter (s. d.) hat die Stadt Denkmäler errichtet. Die hier gewebten Teppiche sind doppelt, d. h. sie bestehen
aus zwei Geweben, welche durch den Platzwechsel der Kette miteinander verbunden sind; in der Wahl der Muster huldigen die Fabrikanten
einem stillosen Naturalismus.
Die alte Sitte, den Kidduschsegen beim gefüllten Weinbecher
zu sprechen, hat sich bis heute erhalten. - Kiddusch ha-lebana, israelit. Gebet, beim Wiedererscheinen des Mondes zu sprechen.
Das Weibchen hat einen schwarz und weiß gefleckten Vorderhals. Der Kiebitz findet sich überall in der Alten Welt vom 61.° nördl.
Br. bis Nordindien und Nordafrika, am häufigsten in Holland; bei uns erscheint er im ersten Frühjahr
und weilt bis September. Dem großen Wanderheer ziehen stets einzelne Vögel voraus. Er bewohnt sumpfige Wiesen, ist ungemein
lebhaft und beweglich, läuft zierlich und behend, fliegt vortrefflich und mit den mannigfaltigsten Wendungen, spielt beim
Gehen und Fliegen
[* 39] beständig mit seiner Holle und läßt seine Stimme fleißig ertönen.
Der Kiebitz zeigt große geistige Begabung und eine unermüdliche Wachsamkeit, durch welche er auch andre Vögel schützt und den
Jägern verhaßt wird. Er nährt sich von Regenwürmern, Insektenlarven, Schnecken
[* 40] etc. und trinkt und badet mehrmals am Tag.
Er nistet in seichten Vertiefungen auf Wiesen, feuchten Äckern, legt Ende März oder Anfang April vier
große, birnförmige, matt olivengrüne oder bräunliche, dunkel punktierte Eier
[* 41] (s. Tafel »Eier II«,
[* 23]
Fig. 8) und verteidigt
diese und die Jungen mit größter Kühnheit.
Das Weibchen zeitigt die Eier in 16 Tagen. In der Gefangenschaft hält er sich sehr gut; sein Fleisch ist
unschmackhaft, wird aber in Südeuropa gegessen. Bei uns bilden die Eier eine Delikatesse, doch stammen die »Kiebitzeier« des
Handels nur zum kleinern Teil vom Kiebitz her. Sie werden hart gekocht, wobei das Eiweiß durchsichtig bleibt. Als Surrogate gehen
die sehr schmackhaften Lachmöwen- und andre Möweneier, auch wohl Krähen- und Teichhuhneier. Auch die
Eier des Goldregenpfeifers, des Rotschenkels, des Kampfhahns, der Bekassine und Avocette kommen gelegentlich als Kiebitzeier
auf den Markt. Jung eingefangene Kiebitze werden zahm und zutraulich.
(Maxilla, Mandibula), diejenigen vor der Mundöffnung der meisten Tiere gelegenen, mittels
besonderer Muskeln
[* 42] beweglichen hartem Teile, welche die Zerkleinerung der Speisen, das Kauen, besorgen. Bei manchen Krebsen läßt
sich aus der Entwickelungsgeschichte
[* 43] der Nachweis führen, daß dieselben Gliedmaßen, welche beim jungen Tier die Schwimmfüße
darstellen, dem erwachsenen als Kiefer dienen und zu diesem Behuf Gestalt und Bau wesentlich verändern. Man
bezeichnet daher auch diejenigen Extremitäten, welche zwischen echten Beinen und echten Kiefern die Mitte halten, als Kieferfüße
(s. d.). Von
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besonderer Form sind die Kiefer bei manchen Seeigeln, indem sie, fünf an der Zahl, mit den sie verbindenden harten Teilen des
Mundskeletts eine fünfseitige Pyramide (Laterne des Aristoteles, s. Tafel »Echinodermen«) bilden. Ebenfalls sehr charakteristisch
und zwar von Gestalt eines Vogelschnabels sind die Kiefer bei den Tintenschnecken.
[* 45] Bei den Krebsen, Insekten
[* 46] etc. bewegen sich die in ihrer ursprünglichen Form seitlich gegeneinander, verwandeln sich
jedoch häufig in röhrenartige Saugapparate (z. B. bei Schmetterlingen in den Rüssel) oder auch in Stechborsten.
Bei den Wirbeltieren bewegt sich der Unterkiefer in senkrechter Richtung gegen den gewöhnlich unbeweglichen Oberkiefer; beide
Kiefer tragen meist Zähne
[* 47] und sind nur selten (z. B. bei den Vögeln) zahnlos und mit Horn bekleidet. Der Unterkiefer
besteht aus zwei seitlichen, gewöhnlich aber in der Mittellinie des Gesichts miteinander verschmolzenen Stücken; der Oberkiefer
ist ebenfalls doppelt, jedoch stoßen sein rechter und linker Teil nicht direkt aneinander, sondern sind durch den sogen.
Zwischenkiefer getrennt. Letzterer trägt bei den Säugetieren die Schneidezähne und ist meist deutlich
als besonderer Knochen
[* 48] erkennbar, bei den Affen
[* 49] und noch mehr beim Menschen aber so innig mit den Oberkiefern verwachsen, daß
man lange Zeit an seiner Selbständigkeit zweifelte. Wegen der Kiefer des Menschen vgl. Schädel.
Gattung aus der Familie der Abietineen, Bäume, selten Sträucher, mit Nadeln,
[* 50] die nur an sehr jugendlichen Exemplarenoder an jungen
Trieben einzeln, außerdem zu 2-5 an kurzen, nicht zur Entwickelung gekommenen Zweigen stehen, am Grund umgeben von einer aus
kleinen Niederblättern bestehenden Scheide. Die männlichen Blütenkätzchen stehen gehäuft an der Spitze der
vorjährigen Zweige, die weiblichen einzeln oder zu mehreren an der Spitze der diesjährigen Knospen;
[* 51] die Zapfen
[* 52] bestehen aus
ziegeldachförmigen, offenen, holzigen oder lederartigen, außen gegen die Spitze mit einem mehr oder weniger gewölbten Schild
[* 53] und auf letzterm mit einem Nabel versehenen, zweisamigen, bleibenden Fruchtblättern. Die erst im zweiten
Jahre reifenden Samen
[* 54] besitzen meist einen abfallenden Flügel.
Zur ersten Gruppe (PineaEndl.), mit ungeflügelten Früchten, lange geschlossen bleibenden, am Ende des zweiten, selten im Anfang
des dritten Jahrs abfallenden Zapfen, gehört die Pinie(P.PineaL.), ein 15-30 m hoher Baum mit meist schirmförmig ausgebreiteter
Krone, im Alter rissiger, äußerlich graubrauner, innen lebhaft rotbrauner Rinde, meist gepaart stehenden,
13-20 cm langen, kurz stachelspitzigen, hellgrünen Nadeln, großen, eirundlichen, hell zimtbraunen Zapfen, ziemlich breiten
und dicken Fruchttellern, schwach pyramidenförmigem Schild, stumpfem Nabel und ziemlich harter Fruchtschale.
Die Pinie stammt wahrscheinlich aus Vorderasien oder Nordafrika, kam aber früh nach Griechenland
[* 55] und Italien
[* 56] und bildet im letztern Land noch heute den malerischen Schmuck der Villen und Gärten. Sie findet sich im Küstengebiet fast
aller Mittelmeerländer, auf Madeira
[* 57] und den Kanarischen Inseln, zum Teil nur angepflanzt, am häufigsten im Westen. Hin und
wieder bildet sie auch zusammenhängende Bestände, und berühmt ist die Pineta von Ravenna. Die Piniennüsse
(Piniolen, Pineolen, Pignolen), welche im vierten Jahr aus den Zapfen herausfallen, sind etwa 2 cm lang, schmal und etwas gekrümmt,
an beiden Enden zugerundet, matt rotbraun und enthalten einen weißen, öligen
Kern, der mandelartig und eigentümlich fein
harzig schmeckt. Italien, Sizilien,
[* 58] die Levante, Marseille,
[* 59] Barcelona
[* 60] liefern Piniennüsse für den Handel;
sie dienen als Dessert, werden aber sehr leicht ranzig.
Der Stamm ist je nach dem Boden und dem Schluß gerade und bis hoch hinauf ohne Äste oder niedrig, gekrümmt, geknickt und teilt
sich dann schon in geringer Höhe in starke, abstehende Äste. Der untere Teil des Stammes ist mit dicker, längsrissiger Borke
bedeckt; nach oben hin geht die Farbe der Rinde durch Rotbraun in leuchtendes Braungelb über, welches den
sich sehr leicht und unaufhörlich ablösenden papierdünnen Rindenhäuten angehört. In gutem Schluß wirft die Kiefer sehr hoch
hinauf die abgestorbenen Äste ab und bildet nur eine unbedeutende, lockere Krone; in freiem Stande dagegen bekommt sie eine
weit ausgreifende, fast kuppelförmig gewölbte und abgestufte und namentlich unter Laubholz eine schirmförmige
Krone, die täuschend derjenigen der Pinie gleicht.
Junge Kiefern erscheinen spitz eiförmig und erhalten im Mai ein eigentümliches Ansehen, wenn sich die neuen senkrecht
stehenden Triebe mit den silberglänzenden Scheiden eben bis zum Erscheinen der Nadeln entwickelt haben. Die
Nadeln sind matt blaugrün und je nach der Fruchtbarkeit des Standortes 2,5 bis fast 8 cm lang. Die Blüten sind bisweilen sehr
ungleich verteilt, und es gibt Bäume, welche sehr reich an männlichen Blüten sind und dagegen nur wenige weibliche entwickeln.
Die erstern enthalten ungemein viel schwefelgelben Blütenstaub, der, in Regenpfützen zusammengeschwemmt,
Veranlassung zur Fabel vom Schwefelregen gegeben hat. Die weiblichen Blüten bilden etwa erbsengroße, schmutzig kirschrote
Zäpfchen. Die Zapfen sind kegelförmig; stets etwas ungleichseitig; sie reifen im Oktober des zweiten Jahrs, aber erst im März
oder April des dritten Jahrs fallen die geflügelten Samen aus. Die Wurzeln dringen ziemlich tief in den
Boden ein; der entschieden ausgebildeten Pfahlwurzel gesellen sich später kräftige Seitenwurzeln bei.
Die Keimpflanze zeigt 5-6 Keimnadeln, und am ersten, bisweilen auch noch am zweiten und dritten Jahrestrieb stehen die Nadeln
einzeln. Die Kiefer wächst in der ersten Hälfte ihres Lebens viel schneller als in der zweiten; vom 50.-80.
Lebensjahr wächst sie langsamer, aber gleichmäßig fort und erreicht ein Alter von ca. 300 Jahren. Die Kiefer besitzt unter den
europäischen Abietineen den größten Verbreitungsbezirk; sie findet sich vom westlichen Spanien
[* 67] bis an den Amur, von Lappland
bis Oberitalien
[* 68] und vom nördlichen Rußland und Westsibirien bis Kleinasien und Persien,
[* 69] nördlich geht
sie bis zur Grenze des Baumwuchses. Sie geht in den mitteldeutschen Gebirgen bis 786, in den bayrischen Alpen
[* 70] bis 1600, im Engadin
bis 1950, in der Sierra Nevada bis 2100 m. Sie besitzt eine ungemein hohe forstwirtschaftliche Bedeutung: sie
bedeckt allein im
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nördlichen Deutschland nach mäßigem Überschlag über 2½ Mill. Hektar Waldfläche, bildet in Süddeutschland einen namhaften
Bruchteil der Gesamtbewaldung, herrscht fast absolut im KönigreichPolen, im westlichen Rußland, im südlichen Skandinavien
und bildet Massenwälder im nördlichen Frankreich, in Belgien,
[* 72] in vielen Teilen von Österreich.
[* 73] Seit 100 Jahren hat sie im
mittlern Europa viele früher mit Laubholz bestandene Flächen eingenommen. Unvernünftige Streunutzung,
starke Lichtung der Bestände, übertriebene Weide,
[* 74] regellose Wirtschaft überhaupt haben an vielen Orten zu einer Bodenerschöpfung
geführt, welche die Nachzucht der anspruchsvollen Laubhölzer unmöglich machte und zum Anbau der genügsamen Kiefer zwang.
Dabei empfiehlt sich diese überaus wertvolle Holzart durch raschen Wuchs, hohe Nutzholzausbeute und
bedeutenden technischen Gebrauchswert; sie wächst noch auf Blößen, die durch langes Bloßliegen tiefster Bodenverwilderung
verfallen sind, und auf Sandböden, die jeder andern Baumkultur spotten. Dabei gestattet die Kiefer die einfachsten
Formen des Schlagbetriebs, bei welchen Fläche an Fläche kahl abgetrieben und durch Saat oder Pflanzung wieder
angebaut wird. (Vgl. Weise, Ertragstafeln für die Kiefer, Berl. 1880.) Keine andre Holzart unterliegt aber den Angriffen so zahlreicher
Feinde wie die Kiefer, und diese natürlichen Gegner ihrer Massenverbreitung haben sich in erschreckender Progression vermehrt;
die ausgedehnten reinen Kiefernbestände, welche seit 100 Jahren auf Kahlflächen angebaut worden sind, bieten
den Feinden der Kiefer (Kiefernspinner, Nonne, Kieferneule, Kiefernspanner, großer und kleiner Kiefernrüsselkäfer, große und kleine
Kiefernblattwespe, Kiefernmarkkäfer, auch Maikäfer und Maulwurfsgrille, s. Tafel »Waldverderber
[* 75] I. u. II«) alle Existenzbedingungen
und prädisponieren die einzelnen Baumindividuen von vornherein für ihre zerstörenden Angriffe. Im Naturwald kommt die Kiefer nur
auf ganz armem Boden rein vor; überall auf den bessern und mittlern Bodenarten sind die Bestände mit
Eichen, Buchen, Birken durchsprengt. In freier Kronenentfaltung streben die herrschenden Stämme empor, und es bildet sich eine
reiche Bestrahlungsfläche; Blatt- und Wurzelvermögen entwickeln sich aufs höchste, und widerstandsfähige Gesundheit der
Baumentwickelung ist die Folge davon.
Dagegen gedeiht in dem auf Kahlflächen angebauten Kunstwald nur die Kiefer, die Mischhölzer
schwinden. Mit eingepreßten Kronen
[* 76] strebt Stamm neben Stamm gleichberechtigt empor. Blatt- und Wurzelbildung werden auf ein
Minimum zurückgedrängt; die Bestände verfallen krankhafter Disposition. Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit gerechte
Bedenken gegen die Kiefernkahlschlag-Wirtschaft erregt. Man beginnt zu den Schirm- und Samenschlägen zurückzukehren
und begründet statt reiner Kiefernbestände überall, wo dies möglich ist, gemischte Bestände.
Die gemeine Kiefer trägt auf armem Boden oft schon mit 12-15 JahrenSamen. Ihre normale Samenerzeugung beginnt erst mit dem 40jährigen
Alter. Aus 1 hl. Zapfen, welches etwa 55 kg wiegt, gewinnt man etwa 1 kg reinen Kornsamen. Zur Pflanzenerziehung
rigolt man den Boden und saet pro Ar 1½-2 kg reinen Kornsamen in Rillen. Die Pflanzen werden zumeist einjährig, höchstens
Zweijährig in die Bestände gepflanzt. Sie ertragen nur wenige Jahre eine mäßige Beschattung und müssen dann, sollen sie
nicht kümmern, frei gestellt werden.
Mit Ballen verpflanzt man die jungen Kiefern auch wohl noch vier- bis fünfjährig. Will man einen Kiefernbestand
durch Samenschlag verjüngen, so
genügen 30-35 Samenbäume pro Hektar dem Zweck vollkommen. Schon im zweiten und dritten Jahr
nach erfolgter Besamung werden die Mutterbäume abgetrieben. Das Holz der
[* 77] Kiefer ist weich, grob, etwas glänzend,
läßt sich leicht und schön spalten und ist sowohl im Trocknen als im Feuchten von großer Dauerhaftigkeit; es dient sehr
allgemein als Nutz- und Brennholz. Die Kiefer liefert auch Harz;
die jungen Triebe wurden früher als Blutreinigungsmittel benutzt,
in England und Kanada dienen sie bei der Bereitung des Sprossenbiers.
Die Knieholzkiefer (Krummholzkiefer, Sumpfkiefer, Legkiefer, Latsche, Pinus montana Mill., P. MughusScop., P. Pumilio Hanke,
s. Tafel), einStrauch mit liegendem, knieförmig aufsteigendem, aber auch aufrechtem Stamm, schwarzgrauer, in dicken Blättern
sich lösender Rinde, kurzen, gepaart stehenden Nadeln, aufrecht stehenden weiblichen Blütenzäpfchen
und eiförmigen Zapfen, gehört dem Gebirge des südlichen und mittlern Europa an, kommt aber auch in der Ebene vor und zeigt
so verschiedene Formen, daß sie von vielen Botanikern in mehrere Arten zerfällt worden ist, während sie von andern nur als
Form von P. silvestris betrachtet wird.
Jede rauhe Hochlage bis in die Pyrenäen hat ihre Knieholzform, und diese Formen sind oft auf kleine Gebiete beschränkt. Das
Knieholz ist bis jetzt selten Gegenstand forstlicher Benutzung und Kultur, bedeckt jedoch in den Alpen bei 1400-2000 m Höhe
noch weite Flächen und bildet dort einen energischen Schutz gegen Lawinen und Erdfälle. Man bereitet daraus
das Krummholzöl, welches in seiner Beschaffenheit dem Terpentinöl sehr nahe steht und als Volksheilmittel benutzt wird.
Das Holz ist sehr dicht und fein, mit sehr schmalen Jahresringen und lebhaft braunrotem Kern und dient zu Drechslerarbeiten
und Schnitzereien. Die corsische (P. maritima Mill., P. LaricioPoir., s. Tafel), ein sehr schöner, 30-35
m hoher Baum mit grauschwarzem Stamm, in Stücken sich lösender Rinde, sehr rauhen Ästen, pyramidenförmiger, im Alter gewölbter
Krone, langen, kräftigen, blaugrünen, stachelspitzigen Nadeln und länglich-eiförmigen, fast sitzenden Zapfen mit braunem,
glänzendem, rauten- und pyramidenförmigem Nabel, findet sich von Südspanien bis Kleinasien und vom Wienerwald
bis Sizilien, am meisten in Spanien, auf Corsica,
[* 78] in den Apenninen und in Bithynien.
Sie wird in Frankreich behufs der Harznutzung kultiviert. Eine interessante Abart ist die Schwarzkiefer (österreichische P.austriaca Höss., P. nigricansHost.), mit mehr oder weniger wagerecht in Quirlen abstehenden Hauptästen,
breiter Krone, sehr dunkeln, steifen, stechenden Nadeln in fast schwarzen Scheiden, großen, hellen, konischen Zapfen und schwarzer
Rinde. Diese Abart wächst in den Österreichischen Alpen, bildet hier sehr große Bestände und gewährt eine einträgliche
Harznutzung.
Bei Kulturversuchen in Nordfrankreich und Deutschland hat sie den gehegten Erwartungen nicht entsprochen, dagegen
ist sie für die Landschaftsgärtnerei sehr empfehlenswert. Die Meerstrandskiefer (Igelföhre, Kiefer von Bordeaux,
[* 79] P.PinasterSol., P. maritimaPoir., P. LaricioSav.), ein hoher Baum mit pyramidaler, sich wenig abwölbender Krone, grauschwarzem Stamm,
schon früh rauher und gefurchter, im Alter tiefrissiger, dunkelbrauner Rinde, paarweise stehenden, 13-18 cm langen, ziemlich
dicken, kurz stachelspitzigen, oft gedrehten, lebhaft grünen Nadeln,
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meist zu drei stehenden, bis 18 cm langen, sehr kurz gestielten Zapfen mit pyramidenförmigem, mattgrauem Nabel, findet sich
im Gebirge (vorzüglich der Küstengebiete) Südeuropas und Algeriens, namentlich im Westen, wo sie ausgedehnte Wälder bildet.
In Westfrankreich wird sie besonders auf dürrem Heideboden zur Gewinnung von Terpentin angebaut; in Deutschland gedeiht
sie nur am Rhein. Die Aleppokiefer (P. halepensis Mill., s. Tafel »Gerbmaterialien
[* 81] etc.«),
ein meist niedrig bleibender, aber
sehr breit gebauter Baum mit 8 cm langen, feinen oberseits blaugrünen Nadeln, graubrauner oder schwärzlicher, gefurchter Rinde
und deutlich gestielten, schließlich überhängenden Zapfen, die gewöhnlich zu mehreren beisammenstehen, wächst in allen
Mittelmeerländern und an der Ostküste des SchwarzenMeers im kaukasischen Gebirge; in Deutschland hält
sie schwer oder gar nicht aus. Man gewinnt von der gefällten Aleppokiefer in Algerien
[* 82] und Tunis die von der Borke befreite
Innenrinde als Snobarrinde und benutzt sie als Gerbmaterial. In Süditalien
[* 83] schält man, ohne die Innenrinde zu
verletzen, nur die Äußenrinde ab, die sich wieder erneuert, und benutzt sie als Scorza rossa ebenfalls zum Gerben. Auch
in Griechenland (wie schon zur Zeit Theophrasts) und in Frankreich wird die Rinde der Aleppokiefer als Gerbmaterial verwertet.
Zur dritten Gruppe (TaedaKoch), mit zu zwei oder drei stehenden Nadeln, nach der Reife nicht abfallenden
Zapfen und steifer, selbst dornartiger Nabelspitze, gehört die amerikanische Terpentinkiefer(P.TaedaL.), in den südöstlichen
StaatenNordamerikas, ein schöner, schlanker, bis 25 m hoher Baum mit schließlich ziemlich tief gefurchter Rinde, zu drei stehenden,
dunkelgrünen, 10-16 cm langen, lebhaft grünen Nadeln, zu 2-5 stehenden, eirund-länglichen, etwa 10 cm
langen Zapfen.
Sie liefert ein sehr harzreiches, dauerhaftes Nutzholz, wird bisweilen bei uns angepflanzt, ist aber für unser Klima sehr
empfindlich. Sie wird häufig mit der Pechkiefer (P. rigida Mill.) verwechselt, die sich von Neuengland bis Virginia findet.
Die meist in größerer Zahl an den ältern Zweigen sitzenden Zapfen geben dem Baume mit dem am alten Holz
büschelförmig stehenden Blättern ein fremdartiges Ansehen. P. australisMich., welche von Virginia bis Florida dichte Wälder
bildet, liefert Terpentin und Bauholz.
Zur vierten Gruppe (CembraLoud.), mit zu fünf stehenden Nadeln, eirunden, im zweiten Jahr abfallenden Zapfen und nicht oder
kaum geflügelten Früchten, gehört die Zürbel- oder Zirbelkiefer (Arve, P.CembraL., s. Tafel), ein 12-15 m hoher, meist aber
niedrigerer Baum mit pyramidenförmiger Krone, auch strauchartig, mit grauschwärzlichem Stamm, gefurchter und rissiger Rinde,
fein braunwolligen Zweigen, 8-10 cm langen Nadeln mit zwei bläulichweißen Streifen auf der Unterseite, einzelnen, zu
zwei oder drei stehenden, 8 cm langen, schmutzig violetten Zapfen, spitzem, gelblichweißem Nabel und ungeflügelten, eilänglichen,
stumpf dreikantigen, großen Nüssen (Zirbelnüssen).
Sie findet sich in den Alpen bei 1530-2560 m, in den Karpathen bei 1130-1400 m, im Altai bei 1160-1900 m. Sie bildet in den
DeutschenAlpen keinen zusammenhängenden Waldgürtel, sondern tritt nur an einzelnen Stellen massenhaft
auf und verschwindet, da für ihre Nachzucht bisher wenig geschehen ist, unter den steten Schädigungen der Jungwüchse durch
das Weidevieh mehr und mehr. Das Holz wird von den Älplern zu allerlei Schnitzereien
und Hausgerät benutzt. Wegen des fast
gänzlich mangelnden Unterschieds zwischen Frühjahrs- und Herbstholz treten die Jahresringe wenig hervor,
es ist deshalb sehr fein und gleichmäßig und wird auch zu Resonanzböden gesucht. Die Nüsse werden besonders in Tirol und
Rußland gegessen. Als Zierbaum eignet sie sich nur für rauhe Lagen; ihren grotesken Charakter erreicht sie überhaupt erst
im hohen Alter.
Zur fünften Gruppe (StrobusLoud.), mit zu fünf, selten zu vier oder sechs stehenden Nadeln, vorherrschend
länglichen, herabhängenden Zapfen, wenig entwickeltem Schild und anders gefärbtem, dreieckigem Nabel, gehört die Weymouth-
oder Weimutskiefer(P.StrobusL.), ein bis 56 m, bei uns noch über 25 m hoher Baum, in Nordamerika
[* 84] südlich bis zu
den Alleghanies, in Georgia und Nordcarolina, mit ziemlich breiter, meist eirunder Krone, schwärzlicher, rissiger, nicht in
Stücken sich ablösender Rinde, an der Spitze der Verästelungen ziemlich gedrängt stehenden, 8-10 cm langen, sehr dünnen,
aber steifen, in der Jugend blau-, später mattgrünen Nadeln und länglich walzenförmigen, etwas gekrümmten, kaum harzigen,
15-18 cm langen Zapfen mit etwas hellerm Schilde.
Die Weimutskiefer wurde 1705 in Europa bekannt und durch LordWeymouth eifrig empfohlen. Sie hat jedoch den Erwartungen wenig
entsprochen. Sie liefert in Amerika
[* 85] vortreffliches, bei uns aber ein schwammiges Holz von geringem Nutz- und Brennwert, wird
jedoch noch jetzt als Mischholz in Nadel- und Laubholzbeständen sowie auf ganz armem Sandboden zur Bindung
und Deckung desselben hier und da angebaut. IhreKultur erfolgt leicht durch Saat und Pflanzung, wie bei der gemeinen Kiefer. Als Zierbaum
ist sie in Parken und Gärten weit verbreitet. Die Lambertskiefer(P. LambertianaDougl.), auf der Nordwestseite Nordamerikas
vom Columbiafluß bis Mexiko,
[* 86] mit eirunder Krone, schwach rissiger, graubräunlicher, oben rötlicher Rinde,
8-13 cm langen, ziemlich steifen, dunkelgrünen Nadeln, einzeln stehenden und über 30 cm langen, dunkelbraunen Zapfen, wird
über 60 m hoch und schließt sich somit den andern Baumriesen Kaliforniens an. Bei uns gedeiht sie nur am Rhein.
(Pedes maxillares), bei den Krebsen und einigen andern Gruppen der Gliederfüßer diejenigen dem Mund benachbarten
Gliedmaßen, welche den Übergang zwischen den echten Mundwerkzeugen oder Kiefern und den echten Gehbeinen
vermitteln
¶
mehr
und vielfach in der Form den letztern, im Gebrauch den erstern nahekommen.
Der gewöhnliche Flußkrebs (Astacus fluviatilis)
z. B. hat außer seinen drei PaarKiefern noch ebenso viele Paar Kieferfüße.
eine durch geschwürige Prozesse oder Narbenbildung bewirkte Verkürzung der Backen oder eine Verwachsung
der Backenschleimhaut mit dem Zahnfleisch, verursacht eine Beeinträchtigung der Fähigkeit, den Mund zu öffnen, so daß mitunter
nur noch durch eine Zahnlücke Nahrung aufgenommen werden kann.
Das Übel ist nur aus operativem Weg und
auch so nicht immer mit dauerndem Erfolg zu beseitigen.
(Fichtenspinner, Gastropacha [Lasiocampa] piniL.),Schmetterling aus der Familie der
Spinner (Bombycidae) und der GattungGlucke (s. d.), 6 cm (das Weibchen bis 8,4 cm) breit, grau oder braun, sehr veränderlich,
aber stets mit weißem Halbmondfleckchen auf dem Vorderflügel und unregelmäßiger, rotbrauner Querbinde hinter demselben,
findet sich in fast ganz Europa und bis zum Altai, fehlt im nordwestlichen Europa manchen Gegenden ganz,
erscheint um Mitte Juli überall, wo Kiefern wachsen, und (besonders das Weibchen) ist sehr träge.
Bisweilen unternimmt er weitere Wanderungen. Das Weibchen legt 100-200 blaugrüne, später graue Eier von Größe und Gestalt
eines Hanfkorns an den Stamm, die Nadeln oder einen Zweig in kleinern oder größern Partien, bis 50 Stück,
besonders an die untern Partien des Holzes. Nach 2-4 Wochen erscheinen die Räupchen, begeben sich alsbald zum Fraß auf die
Nadeln und beziehen im Oktober oder November, meist halbwüchsig,
Winterlager unter Moos oder Kraut am Fuß der Stämme, wo sie
in einer Höhlung uhrfederartig zusammengerollt liegen.
Sie sind dunkelbraun, grau oder rötlich mit weißgrau mannigfach wechselnd, stellenweise mit filziger Behaarung und je einem
stahlblauen Samtfleck (Spiegel)
[* 101] in den Einschnitten des zweiten und dritten Ringes, auf den übrigen Ringen sind dunkle Flecke
angedeutet. Zur Seite der dunkeln Rückenzeichnung, über den Beinen und hinter dem Kopf stehen Warzenreihen
mit Schuppen- und Borstenhaaren. Sie erscheinen zeitig wieder im Frühjahr, bei 8° Lufttemperatur, und beginnen im April den
Fraß.
Eine einzige Raupe verzehrt zur Erlangung der Reife durchschnittlich 1000 Nadeln, und die halbwüchsige Raupe verzehrt eine Nadel,
wenn sie sich nicht unterbricht, in 5 Minuten. Im Juni sind die Raupen ausgewachsen und verspinnen sich
in der Krone an Nadeln und Zweigen, am Stammoder an der Erde. Der Kokon ist wattenartig, fest, schmutzigweiß oder graubraun und
enthält eine dunkelbraune Puppe, aus welcher nach drei Wochen der Schmetterling ausschlüpft. Eier und Raupen sind den Angriffen
der Schlupfwespen stark ausgesetzt, und oft kriechen aus einer einzigen RaupeHunderte von Schlupfwespenlärvchen
hervor, um sich auf der allein noch übrigen Raupenhaut zu verpuppen.
Auch ein im Innern der Raupe wuchernder Pilz
[* 102] (Botrytis Bassiana) setzt der übermäßigen Verbreitung Schranken. Der Kiefernspinner, welcher
hauptsächlich auf ältern Kiefern lebt, gehört zu den schädlichsten Insekten. Besonders gefährdet sind
60-80jährige Bestände, auch jüngere Bäume, welche auf schlechtem Boden kümmerlich gedeihen. Die Raupe frißt die Kiefern
ganz kahl und zerstört auch die Spitzknospen, so daß sich der Stamm nicht wieder vollständig erholen kann. Je frischer
und besser der Boden, desto seltener ist die Raupe; nach mehreren heißen, trocknen Sommern muß man in großen,
reinen Kiefernforsten auf trocknem Sand stets auf das Erscheinen der Raupe vorbereitet sein.
Man revidiert zweimal im Jahr, sucht die Raupen im Winterlager (das häufige Anfassen der Raupen erzeugt bisweilen böse Krankheiten
an den Fingern), fängt sie durch Anprellen und sammelt auch die Puppen, Schmetterlinge und Eier. Namentlich
bei den Raupen überzeugt man sich, ob sie Ichneumone enthalten, und tötet sie in diesem Fall nicht, weil die ausschlüpfenden
Ichneumone mehr zur Vertilgung beitragen als die angestrengteste Arbeit. Man sucht die Raupen auch durch Ziehen von Gräben, scharfes
Durchforsten der Stangenhölzer und Schonungen und namentlich durch Anbringen eines Teerringes am Stamm
zu bekämpfen, hat aber trotz aller Bemühungen immer noch die größten Verluste zu beklagen gehabt. S. Tafel »Waldverderber
II«.
[* 103]
eine durch die Larve einer Diptere(Hormomyia juniperinaL.) veranlaßte fleischige Galle
an jungen Zweigspitzen des Wacholders, an denen drei Nadeln sich monströs verbreitern und drei andre ganz kleine Blättchen
einschließen.