der
Grundsteuer in Besitzveränderungsfällen, beauftragte Behörde; Katasterbeamter (Fortschreibungsbeamter, Katasterkontrolleur),
ein bei dieser Behörde Angestellter. Da die ältern Flurbücher nur eine sehr dürftige Unterlage für die gleichmäßige
Verteilung der
Grundsteuer (s. d.) bildeten, so wurden in den meisten
Staaten in neuerer Zeit umfassende
Landesvermessungen
veranstaltet. Die einzelnen
Parzellen wurden vermessen und kartiert, und auf
Grund dieser amtlichen Unterlagen
erfolgte dann die Eintragung (Katastrierung) der steuerpflichtigen
Grundstücke (Planstücke, Plannummern) nach ihrem Flächengehalt
in die Kataster der einzelnen Flurdistrikte.
(Parzellen- oder
Parzellarkataster, bei welchem im
Gegensatz zum ältern Gutskataster
Arrondierung und Besitzesverhältnisse zunächst unberücksichtigt bleiben.) An die
Vermessung schloß sich sodann die Ertragsschätzung.
Dieselbe kann direkt für jedes einzelne
Grundstück erfolgen, indem entweder der durchschnittlich mögliche
Reinertrag desselben (Ertragskataster) oder der Steuerkapitalwert nach in bestimmter Zeit erzielten Kaufpreisen oder
Pachtschillingen (Wertkataster) festgestellt wird, wobei allerdings auch das eine
Verfahren sich auf das andre stützen und
dasselbe ergänzen kann. Eine genaue Einschätzung ist praktisch nicht zu erzielen. Aus diesem
Grund begnügt
man sich meist mit dem einfachern
Verfahren, daß eine gewisse Zahl von Bonitätsklassen aufgestellt wird.
Für jede wird in einem bestimmten Schätzungsbezirk je ein
Mustergrundstück ausgesucht und dessen
Ertrag ermittelt. Hierauf
werden die übrigen
Grundstücke je nach
Beschaffenheit und
Lage in die
Klassen eingeschätzt. Die nach diesen
Grundsätzen ermittelten Steuerquoten werden in das Kataster mit eingetragen. Mit technischen Umwandlungen (Rodung,
Entsumpfung,
Aufforstung, Meliorierung etc.), dann mit Verkehrsänderungen (Bahnbau,
Wegebau) und sozialen
Verschiebungen
(Dichtigkeit
der
Bevölkerung
[* 2] etc.) ändern sich auch die Grundlagen des Steuerkatasters. Um die Gleichmäßigkeit
der
Besteuerung zu sichern, müßten deshalb von Zeit zu Zeit Berichtigungen des Katasters vorgenommen
werden; doch sind dieselben mit so viel Umständlichkeiten und
Kosten verknüpft, daß man sie möglichst meidet und sich
damit begnügt, inzwischen nur gewisse Änderungen nachzutragen.
Veranlagung und
Fortschreibung der
Gebäudesteuer (s. d.) erfolgen gewöhnlich in besondern Katastern. Zur
Kontrolle der vorgeschriebenen
Versicherung der Gebäude gegen Feuersgefahr werden zuweilen besondere Gebäudekataster (Brandkataster)
geführt. Auch für andre zur Fortführung bestimmte Verzeichnisse ist der
Ausdruck Kataster gebräuchlich, so z. B. für die Genossenschaftskataster,
d. h. die Mitgliederverzeichnisse der
Berufsgenossenschaften, welche im
DeutschenReich zum
Zweck der
Unfallversicherung der
Arbeiter
gebildet sind.
Diese
Entscheidung darf aber nicht durch den bloßen
Zufall oder das unmotivierte Eingreifen einer äußerlichen Macht herbeigeführt
werden (vgl.
Deus ex machina), sondern muß sich aus dem
Charakter des
Helden und der Verkettung der vorgeführten Begebenheiten
und
Situationen mit innerer
Notwendigkeit ergeben. Vgl.
Drama, S. 113.
die vonCuvier,
Agassiz und den meisten ältern Naturforschern angenommene
Lehre,
[* 3] daß die Lebewesen der
Erde wiederholt durch
Katastrophen vertilgt worden seien. Da hierdurch ebenso viele völlige Neubesetzungen
der
Erde mit neuen
Wesen nötig wurden, so hat man die vornehmlich durch
Lyell und
Darwin gestürzte
Lehre auch wohl scherzhaft
als Möblierungstheorie bezeichnet.
(griech.,
Spannungsirresein,
Schlafsucht), psychische
Krankheit, welche sich vor den gewöhnlich angenommenen
Formen, wie
Melancholie,
Manie,
Verrücktheit,
Blödsinn, dadurch auszeichnet, daß der
Reihe nach alle diese
Formen als Stadien
vorkommen können, in entsprechender
Weise, wie auch bei der von den
Franzosen zuerst unterschiedenen »allgemeinen progressiven
Paralyse der Irren« (dementia paralytica) verschiedene Zustände nach Art jener
Formen als aufeinander
folgende Stadien beobachtet werden. Im
Gegensatz zu dieser
Paralyse der Irren, welche durch lähmungsartige
Symptome charakterisiert
ist, sind bei den als Katatonie zu bezeichnenden Krankheitsfällen krampfhafte
Erscheinungen in mehr oder weniger entwickeltem
Grad
zu beobachten, als deren am meisten in die
Augen fallende Form die wächserne
Biegsamkeit, welche sonst
nur als
Symptom der
Katalepsie bekannt ist, auftritt.
Psychisch ist die Katatonie charakterisiert durch vorwaltend melancholische Gemütsstimmung und entsprechende
Wahnideen und
Halluzinationen, besonders aber durch den
Trieb, zu negieren und gegen jede aktive und passive
Bewegung zu opponieren,
welcher Negationstrieb schließlich in absoluter Schweigsamkeit und Regungslosigkeit mit
Nahrungsverweigerung
gipfelt. Die als Melancholia attonita oder stupida bekannte Krankheitsart ist nur ein in den zuletzt angeführten
Symptomen
besonders markant entwickeltes
Stadium der in welchem die krampfartigen
Symptome stets als wächserne
Biegsamkeit beobachtet
werden. Von der
Paralyse der Irren unterscheidet sich die Katatonie durch ihre im ganzen günstige
Prognose und
durch die viel längere
Lebensdauer in den unheilbar gewordenen
Fällen. Die meisten Todesfälle bei der Katatonie kommen durch
Lungentuberkulose
zu stande.
1) JanJacob Lodewijk ten, holländ. Dichter, geb. im
Haag,
[* 4] wurde 1845
Prediger bei der reformierten
Kirche und lebt seit 1860 in
Amsterdam.
[* 5] Er hat zahlreiche größere und kleinere
Dichtungen veröffentlicht und sich auch besonders als Übersetzer aus den meisten europäischen
Sprachen einen
Namen gemacht.
Der erste
Band
[* 6] »Gedichten« erschien 1836; andre Sammlungen,
wie »Rozen« (1839) etc., folgten nach. Mit
W. Prins veröffentlichte er dann unter dem
Titel: »Braga«
¶
mehr
(1842-44) eine ReiheSatiren gegen den litterarischen Geschmack der Zeit. Unter seinen größern Gedichten, die meist religiösen
Inhalts sind und mehrfach in andre Sprachenübertragen wurden, sind besonders »De schepping« (»Die Schöpfung«, Utr. 1866; deutsch
von Koppelmann,Brem. 1884),
»De jaargetijden« (»Die Jahreszeiten«,
[* 8] Groning. 1871) u.
»Palmbladen en dichtbloemen« (Amsterd. 1884) zu nennen. Kate besitzt eine
große Herrschaft über die Sprache,
[* 9] und unter seinen Übersetzungen von Tasso, Goethe u. a. finden sich vorzügliche Arbeiten.
Auch eine Anzahl geschätzter wissenschaftlich-theologischer Werke sowie »Italië; reisherinneringen« (Arnh. 1857) und »Niuwe
bladen uit het dagboek der reisherinneringen« (das. 1860-62) gab er
heraus. Seine »Kompleete dichtwerken« erschienen in acht Bänden (Arnh. 1867).
2) Herman ten, holländ. Maler, geb. im Haag, machte seine Studien bei Cornelis Kruseman in Amsterdam und vervollkommte
dann seine koloristische Technik durch einen einjährigen Aufenthalt in Paris.
[* 10] 1849 kehrte er nach Amsterdam zurück und war
eine Zeitlang hier thätig, bis er nach dem Haag übersiedelte. Er schöpft seine Stoffe teils aus dem 17. Jahrh.,
wobei er in der Wiedergabe der Kostüme
[* 11] ein glänzendes, fattes Kolorit entfaltet, teils aus dem holländischen Volksleben.
zur erstern: die calvinistischen Gefangenen unter Ludwig XIV.,
der Werber, die Degenspitze, die Pinselspitze, der Sieger und der Besiegte (Aquarell), die Wache (Aquarell), die Bürgergarde.
Kate hat sich besonders van der Helft zum Vorbild genommen, dem er sowohl in der Lebensfülle als in dem
Reichtum des Kolorits nacheifert. Er hat auch tüchtige Porträte,
[* 13] unter andern das des Königs von Holland, gemalt.
(Katechetes, Katechistes, griech.), in der ersten Zeit der christlichen Kirche derjenige, welcher den Katechumenen
(s. d.) den Unterricht zu erteilen hatte.
(griech.), Lehre von der Kunst des mündlichen Unterrichts, neuerdings insbesondere vom
religiösen Unterricht in fragender Form (erotematischer oder dialogischer Unterricht) gebraucht. Aus dem kirchlichen Altertum
besitzen wir von hierher gehöriger Litteratur eigentlich nur die katechetischen und mystagogischen Lehrvorträge des Cyrillus
von Jerusalem
[* 14] (s. d.) und AugustinsSchrift »De catechizandis rudibus«, welche übrigens durchaus nur erwachsene
Katechumenen im Auge
[* 15] haben.
Religiöser Jugendunterricht dagegen stellte sich keineswegs etwa sofort mit Einführung der Kindertaufe ein, vielmehr begegnen
wir erst in den spätern Zeiten des MittelaltersAnweisungen zur geschickten Handhabung der Kinderbeichte, wie überhaupt die
Pädagogie des Beichtstuhls den mangelnden religiösen Jugendunterricht ersetzen mußte. Diesen ließen sich
fast nur Sekten, wie Waldenser und Hussiten, oder die Brüderschaft des
gemeinsamen Lebens angelegen sein.
Das Zeitalter der Reformation war zwar reich an Katechismen, aber die Versuche, eine zusammenhängende und methodisch begründete
Katechetik zu geben, gehören der sogen. pietistischen Schule an, in welcher es auch Sitte wurde, neben dem Katechismus
Bibeltexte katechetisch zu behandeln. Seit Mosheim wurde die Katechetik fleißig bearbeitet und zwar zunächst im Sinn der sogen. religiösen
Aufklärung. Man glaubte in den Unterredungen des Sokrates mit seinen jungen Freunden ein klassisches Vorbild der wahren katechetischen
Methode zu besitzen, und seither gehört wenigstens das fragweise Verfahren, das Lehrgespräch, zu den
herkömmlichen Anforderungen, die an den populären Religionsunterricht in Kirche und Schule gestellt werden. Darüber hinaus
noch ging freilich die eigentliche Sokratik, welche vom Katecheten verlangte, daß er durch geschickte Fragen geradezu alle
Erkenntnisse aus dem Befragten hervorlocken sollte. Als berühmte Meister dieser sokratischen Katechetik galten ihrer Zeit J. F.
Chr. ^[JohannFriedrichChristoph] Gräffe in Göttingen
[* 16] (1754-1816; »Die Sokratik«, 3. Aufl. 1798; »Lehrbuch der Katechetik«, 2. Aufl.
1805) und Dinter (s. d.). Pestalozzi bekämpfte die Einseitigkeit der Sokratiker, indem er hervorhob, daß man den Kindern vor
allem etwas geben müsse und zwar in der dem kindlichen Fassungsvermögen angemessenen Gestalt wirklicher
Anschauung, ehe man an die begriffliche Verarbeitung ginge. Aus dem Streit hat sich heutzutage im ganzen ein erfreuliches
Einverständnis über die kombinierte Methode der Katechetik entwickelt.
(Katechusäure, Tanningensäure) C19H18O8 findet sich im
Katechu, Gambir, im Waldmeisterkraut, bildet feine, weiße, seidenglänzende Kristalle,
[* 17] löst sich schwer in kaltem, leicht in
heißem Wasser, in Alkohol und Äther, schmeckt etwas bitter adstringierend, schmilzt bei 127°, zersetzt sich leicht bei höherer
Temperatur;
die wässerige Lösung färbt sich beim Kochen an der Luft braun und fällt dann Leim. Es reagiert
sauer, zersetzt aber nicht die kohlensauren Alkalien und bildet mit Basen keine konstanten Verbindungen.
(griech.), im allgemeinen ein in Fragen und Antworten abgefaßtes Lehrbuch für Anfänger, insbesondere
dasjenige Buch, worin die Anfangsgründe der christlichen Religion, namentlich die Zehn Gebote, das apostolische
Symbolum und das Vaterunser, für das Volk in Fragen und Antworten erklärt werden. Doch kann auf kirchlichem Boden diese Form
keineswegs als ursprüngliches und begriffbestimmendes Merkmal gelten. Die ältesten deutschen Katechismen, darunter besonders
der von dem WeißenburgerMönchOtfried (Mitte des 9. Jahrh.) verfaßte eine geschichtliche Bedeutung gewonnen
hat, erklären bloß Vaterunser, Symbol und ähnliche im allgemeinen Kirchengebrauch befindliche Stücke. Nachdem Luther schon 1520 seine
kleine Schrift »Eine kurze Form der Zehn Gebote, des Glaubens und Vaterunsers« herausgegeben hatte und, von ihm angeregt, verschiedene
reformatorische Theologen, besonders JohannBrenz, Katechismen geschrieben hatten, hat Luther von der großen
in Kursachsen gehaltenen Kirchenvisitation Veranlassung genommen, 1529 seine beiden Katechismen, den sogen. größern
und
¶
mehr
kleinern, in Druck zu geben. Der kleinere ist für das Volk, der größere hingegen für die Lehrer bestimmt, und namentlich
ersterer ist unzählige Male aufgelegt und in fremde Sprachen übersetzt worden. Er zerfällt jetzt in die sechs Hauptstücke:
die Zehn Gebote, die drei Artikel des christlichen Glaubens, das Vaterunser, die Taufe, das Amt der Schlüssel
(erst nach Luther zum Teil aus einigen von ihm herrührenden Elementen gebildet), das Abendmahl, und in einen Anhang, der mehrere
Gebete, die Haustafel und Fragstücke für Kommunikanten enthält.
In der reformierten Kirche erschienen viele Katechismen, so zu St. Gallen 1527, zu Basel
[* 19] von Öcolampadius 1526,
in Zürich
[* 20] von LeoJudä 1534, zu Genf
[* 21] 1537 (französisch) und 1538 (lateinisch) von Calvin, in Zürich
von Bullinger 1555 etc. und endlich der sogen.
Heidelberger Katechismus (s. d.). Neben diesem erfreute sich in der
reformierten Kirche wenigstens früher eines großen Ansehens der (zweite) Genfer Katechismus, von Calvin 1542 französisch, 1545 lateinisch
herausgegeben, von mehreren Generalsynoden der Reformierten in Frankreich als symbolisches Buch betrachtet und in der französischen
Schweiz
[* 22] als öffentliches Lehrbuch eingeführt.
In der englischen Episkopalkirche wird ein ganz kurzer Katechismus, der sogen. Church-Catechism von 1553 und 1572, gebraucht. In der
presbyterianischen Kirche in England hat der Assembly-Catechism, auf Antrag der Synode zu Westminster 1643 abgefaßt,
symbolisches Ansehen erlangt. Die evangelische Brüdergemeinde gebraucht fast ausschließlich das in kurzen Sätzen mit Bibelstellen
abgefaßte Büchlein »Der Hauptinhalt der Lehre Jesu Christi« (Barby) 1778). Die Socinianer erkennen den Catechismus Racoviensis
als symbolisches Buch an, der auf einer von Faustus Socinus herrührenden Grundlage von Valentin Schmalzius
und Hieronymus Moskorzowski ausgearbeitet wurde und in größerer und kleinerer Gestalt 1605, ursprünglich in polnischer
Sprache, später auch in deutscher und in lateinischer Sprache, erschien.
Die Quäker erhielten 1660 einen in Form eines Gesprächs zwischen Vater und Sohn und angeblich von ihrem StifterGeorgFox geschriebenen
Katechismus und sodann 1673 einen von RobertBarclay (s. d.) verfaßten Katechismus, welcher aus lauter biblischen
Stellen zusammengesetzt ist. In der katholischen Kirche genießt symbolisches Ansehen: »Catechismus Romanus ad parochos, ex decreto
concilii Tridentini et Pii V. Pontificis maximi jussu editus et promulgatus«, welcher zuerst zu Rom
[* 23] 1566 erschien, den ErzbischofLeonMarino, den Bischof Egidio Foscarari und den Portugiesen Fr. Fureiro zu Verfassern hat und in vier Abschnitte
zerfällt: apostolisches Symbolum, Sakramente, Dekalog und Gebet.
Verbreiteter waren jedoch die beiden auf Befehl des KaisersFerdinand I. von dem JesuitenPetrusCanisius (s. d.) verfaßten Katechismen,
von denen der größere zuerst 1554 unter dem Titel: »Summa doctrinae et institutionis christianae« erschien,
der kleine von 1566 aber in alle Sprachen übersetzt, in den meisten Schulen eingeführt, mehr als 400mal aufgelegt, endlich
aber nach Aufhebung des Jesuitenordens von dem Katechismus des AbtesFelbiger verdrängt wurde. Einen Neudruck von 14 der ältesten
deutschen Katechismen enthält Moufangs »Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts« (Mainz
[* 24] 1881). In der
griechischen Kirche ließ nach dem sogen. größern Katechismus, Orthodoxa Confessio genannt, 1643 von den Patriarchen zu Konstantinopel,
[* 25] Alexandria, Antiochia und Jerusalem mit kanonischem Ansehen begabt, Peter d. Gr. 1723
einen »Kleinen Katechismus« ausarbeiten. Eine Revision
fand 1832 durch den MetropolitenPhilaret von Moskau
[* 26] fast unter den Augen des KaisersNikolaus I. statt, worauf 1866 der
jetzt gebrauchte Katechismus (le catéchisme détaillé) zu Moskau erschien.
gerbstoffhaltige Extrakte von verschiedener Abstammung. Pegukatechu (Catechu nigrum, Cutch, Terra japonica,
Cachou), das wässerige Extrakt aus dem dunkelroten Kernholz von AcaciaCatechuWilld. (gelegentlich auch
von A. Suma Kurz) in Indien, wird in Birma gewonnen, und man exportiert davon aus Rangun
[* 27] jährlich ca. 11,000 Tonnen. Es bildet
eine dunkelbraune, etwas blasige, spröde, im Innern großer Blöcke oft weiche, nur in dünnen Splittern durchscheinende Masse,
beklebt und durchsetzt mit Blättern und Spänen, und schmeckt zusammenziehend süßlich. In kaltem Wasser
zerfällt es langsam zu einem weißlichen Haufwerk mikroskopischer Nadeln
[* 28] von Katechin, durchtränkt von einer dunkelbraunen
Lösung, welche Katechugerbsäure und wenig Quercetin enthält.
Mit 2 Teilen kochendem Wasser erfolgt vollständige Lösung, die sich aber beim Erkalten sehr stark trübt. Alkohol löst den
größten Teil des Katechu. Katechu wurde 1514 von Barbosa als Handelsartikel erwähnt;
eine Beschreibung der Stammpflanze und der Darstellung des Katechu gab 1586 Sassetti, und bald darauf gelangte Katechu auch nach Europa.
[* 29] Um die Mitte des 17. Jahrh. erscheint es als sehr teure Drogue in deutschen Apothekertaxen. Clayer schilderte 1680 den ungeheuern
Verbrauch von Pegukatechu zum Betelkauen in Ostasien. In unserm Jahrhundert kam in größerer Menge nach Europa und wurde nun
auch im Zeugdruck und gegen Kesselstein benutzt.
Das Gambir (Gutta Gambir, Catechu pallidum, Katagamba, Terra japonica), das Extrakt aus den jungen Trieben von UncariaGambirRoxb.
auf Sumatra, der Küste von Malakka und den benachbarten Inseln, bildet würfelförmige, 3 cm große, poröse,
leicht zerreibliche, äußerlich matt rotbraune, innen hellgelbliche Stücke und besteht bis auf 14 oder 15 Proz. Unreinigkeiten
fast ganz aus Katechin. Es schmeckt zusammenziehend bitterlich, hintennach süßlich und dient in Indien beim Betelkauen, in
gröbern Sorten auch zum Gerben und Färben; in Europa wurde es erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts bekannt,
seit 1819 aber hat es ungemein an Bedeutung gewonnen und wird jetzt in sehr großen Mengen über Singapur
[* 30] nach Europa gebracht
und in der Färberei und Zeugdruckerei zur Erzeugung brauner und schwarzer Farben benutzt. Neukatechu ist
ein europäisches gerbsäurehaltiges Extrakt aus Nadelhölzern.
(griech.), in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche die Juden und Heiden, welche ihren Übertritt
zum Christentum erklärt, aber die Taufe noch nicht erhalten hatten. Im 3. und 4. Jahrh. ging nämlich der Taufe von Erwachsenen
eine längere Prüfung und religiöse Erziehung derselben voran. Die Katechumenen waren nach Art der Grade in den
alten Mysterien in verschiedene Klassen geteilt und durften nur der Vorlesung des Evangeliums und der Epistel im Gottesdienst
beiwohnen (Missa Catechumenorum, Katechumenenmesse, vgl. Messe), mußten sich aber entfernen, wenn die Spendung des heiligen
Abendmahls begann. Gegenwärtig nennt man Katechumenen diejenigen, welche, ehe sie konfirmiert
und zum ersten Genuß des heiligen Abendmahls hinzugelassen werden, den erforderlichen Unterricht von dem Geistlichen empfangen.
Vgl. Konfirmation.
¶
(griech.), der allgemeinere Begriff, worunter etwas gefaßt wird, Begriffsfach; in der PhilosophieName der
höchsten Gattungsbegriffe (lat. Praedicamenta, Grund- oder Elementarbegriffe). Sie werden zuerst in der Philosophie der Peripatetiker
aufgestellt als: substantia, quantitas, qualitas, relatio, actio, passio, ubi, quando, situs, habitus. Kant
suchte, statt der von Aristoteles empirisch aufgegriffenen Zehnzahl der Kategorie, dieser Lehre eine tiefere Begründung zu geben,
indem er sich bemühte, zu beweisen, daß dieselben als Haupt- und Stammbegriffe des Verstandes dessen zwölf logischen Funktionen
vollkommen entsprächen, und daß es mithin nicht mehr oder weniger solcher Begriffe als zwölf geben
könne. Er gruppierte sie in vier Klassen: Quantität, Qualität, Relation und Modalität, deren jede drei Begriffe: Allheit, Vielheit,
Einzelheit;
Unter seinen Nachfolgern führte Herbart dieselben auf die ursprüngliche Vierzahl zurück, während Fichte,
[* 32] Schelling
und Hegel dieselben zwar beibehielten, aber an die Stelle der Kantschen neue Ableitungsmethoden derselben
treten ließen.
Vgl. Trendelenburg, Geschichte der Kategorienlehre (Berl. 1846).
(griech.), in oder nach Kategorien (s. d.) ^[= (griech.), der allgemeinere Begriff, worunter etwas gefaßt wird, Begriffsfach; in der Philosophie ...] teilen.
(Katharisten), gnostische Sekten des Mittelalters, welche von Kleinasien über Griechenland,
[* 36] Illyrien, Bosnien
[* 37] nach Oberitalien
[* 38] und besonders dem südlichen Frankreich und dem westlichen Deutschland
[* 39] sich verzweigten. Der
Name Katharer bedeutet »Reine«, weil sie die Rückkehr zur reinen Lehre Jesu forderten; gewöhnlich aber wurden sie bald wegen ihrer
Herkunft aus der Bulgarei Bulgaren, woraus das französische Schimpfwort bougre entstand, bald zum Zeichen
ihrer Verächtlichkeit, als Menschen aus der niedrigsten Volksklasse, nach der Pataria (s. d.) Patarenen
oder Patariner, bald Publikaner, auch Paulicianer (s. d.), bald wegen ihrer Gutherzigkeit in Frankreich Gutmänner (Bons-hommes)
genannt, wogegen der deutsche Ausdruck »Ketzer« auf Gazzari, die lombardische Form von Kathari, zurückweist.
Alle Katharer hatten mehr oder weniger gnostisch-manichäische Ansichten über den Ursprung und die Natur des
physischen und sittlichen Übels und übten im Zusammenhang damit strenge Askese, während das Bedürfnis der Ordnung und des
Zusammenhalts mit der Zeit eine gegliederte Hierarchie in der Sekte einführte. Die Erlösung vom Übel erwarteten sie von möglichster
Entsagung, daher sie die Ehe, irdischen Besitz, das Töten von Tieren und den Genuß von animalischen Speisen
verwarfen.
Die, welche sich dieser Bestimmung streng unterwarfen, hießen die Vollkommenen (perfecti), die übrigen die Gläubigen (credentes).
Wie alle Sekten, behaupteten
sie das Ideal der unsichtbaren Kirche zu verwirklichen. Ihre religiösen Gebräuche waren höchst
einfach, die Predigt der Hauptteil des Gottesdienstes. Nachdem verschiedene kirchliche Missionäre ihre
Bekehrung zur römischen Kirche versucht, erlag die Sekte endlich, bis auf wenige zerstreute Reste, seit den großen Albigenserkriegen
(s. Albigenser) den Verfolgungen der Inquisition. Mit Unrecht hat man auch die Waldenser zu den Katharern gezählt.
Vgl. Schmidt,
Histoire et doctrine de la secte des Cathares (Straßb. 1849, 2 Bde.);
2) Katharina von Siena (Catharina Senensis), geb. 1347 zu Siena, Tochter eines Färbers, gelobte schon im achten Jahr ewige Keuschheit,
lebte fast nur von Kräutern, Wurzeln und Früchten und trat in den Dominikanerorden, wo sie drei Jahre lang, außer
in der Beichte, kein Wort sprach und sich vornehmlich der Armen- und Krankenpflege widmete. Durch ihre Beredsamkeit bekehrte sie
die verstocktesten Sünder und bewog den PapstGregor XI. zur Rückkehr von Avignon nach Rom. Sie rühmte sich des unmittelbarem
Umgangs mit Christus, der sich mit ihr verlobt, sein Herz mit dem ihrigen vertauscht, sein Blut ihr zu trinken
gegeben und die fünf Wundenmale ihrem Leib eingedrückt habe. Von PapstUrban VI. 1378 zur Herstellung des Kirchenfriedens
nach Rom gerufen, starb sie daselbst und wurde 1461 heilig gesprochen. Ihre gesammelten Werke erschienen italienisch
(Siena 1707 und 1713, 5 Bde.). Die Dominikaner sowie Siena verehren sie als Schutzheilige. Ihr Tag ist der 30. April.
Malan, Geschichte der heil. Katharina von Siena (deutsch, Regensb. 1874).
3) Katharina, mit dem Beinamen die Schwedische, Tochter der heil. Brigitta, bewahrte, wiewohl vermählt, ihre Keuschheit, folgte ihrer
Mutter nach Rom und zog sich nach deren Tod in das schwedische KlosterWadstena zurück, als dessen Äbtissin sie 1381 starb.
Sie ward 1474 kanonisiert; ihr Tag ist der 22. März.
4) Katharina von Bologna (Bononia), geb. 1413, trat in den dritten Orden
[* 41] des St. Franziskus und wurde später Vorsteherin
des Klarissenklosters in Bologna, wo sie 1463 starb. Sie ward 1724 kanonisiert; ihr Tag (Todestag) ist der 9. März.
Die Neigung zu AnnaBoleyn bewog letztern jedoch 1529, beim PapstClemens VII. auf Scheidung der, wie er nun
behauptete, kanonisch nicht erlaubten Ehe mit seiner Schwägerin anzutragen, und da dieser, um Katharinas NeffenKarl V. nicht
zu beleidigen, sich weigerte, ließ der König die Ehe 1533 durch die Geistlichkeit für ungültig erklären, womit der erste
Schritt zur Losreißung Englands von Rom gethan war. Katharina lebte fortan eingezogen und starb 1536 in Kimbolton.
Die KöniginMaria die Blutige war ihre Tochter.
3) Katharina Howard, Königin von England, Tochter EdmundHowards und Nichte des Grafen von Norfolk, fesselte durch ihre SchönheitHeinrich
VIII., der sich 1540 mit ihr in fünfter Ehe vermählte. Als eifrige Katholikin benutzte sie ihren Einfluß
auf den König, um in England die Anhänger der Reformation zu verfolgen, wurde aber überwiesen, vor ihrer Verheiratung ein
unzüchtiges Leben geführt und auch nach derselben mit einem frühern Geliebten Umgang gehabt zu haben, und deshalb enthauptet.
Dramatisch wurde das Schicksal Katharinas von Gottschall behandelt.
5) Katharina von Medici, Königin von Frankreich, geb. zu Florenz, war die einzige Tochter
Lorenzos von Medici, Herzogs von Urbino, und der Magdalena de la Tour d'Auvergne, und Nichte des PapstesClemens VII. Teils im Kloster
delle Murate in Florenz, teils am Hof
[* 47] daselbst erzogen, nahm sie an letzterm neben seinem Kunstgeschmack auch Vorliebe
für Kabalen und Intrigen an. Franz I. von Frankreich ersah sich 1533 die 13jährige Katharina zur Gemahlin seines zweiten Sohns, des
nachmaligen KönigsHeinrich II., aus, wofür ihm Lorenzo von Medici eine bedeutende Summe vorschoß. Katharina hatte am französischen
Hof zwischen der Herzogin von Etampes, der Mätresse Franz' I., und Diana von Poitiers, der Buhlerin ihres
Gemahls, anfangs einen schwierigen Stand, wußte aber schlau es mit keiner von beiden zu verderben.
Als Katharina nach zehnjähriger EheKinder erhielt,
wurde das eheliche Verhältnis etwas besser, und da sie sich bei den Liebeshändeln
ihres Gemahls sehr nachsichtig bewies, so näherte sich derselbe ihr immer mehr und schenkte ihr später
sogar ein unbegrenztes Vertrauen. Nachdem Heinrich 1547 den Thron
[* 48] bestiegen, wurde Katharina 1549 gekrönt und von ihrem Gemahl während
seines Feldzugs nach Lothringen und Elsaß 1552 zur Regentin bestellt. Da nach dem Tod ihres Gemahls (1559) und ihres ältesten
Sohns, Franz' II. (1560), ihr zweiter Sohn, Karl IX., noch minderjährig war, so ergriff Katharina selbst die Zügel
der Regierung.
Obwohl äußerst ehrgeizig, war Katharina doch zaghaft und unentschlossen und suchte deshalb mehr durch schlaue und
listige Entwürfe, durch eine wechselvolle und den Umständen sich anpassende Politik als durch entschiedenes, festes und planmäßiges
Handeln zu herrschen. Ihr beweglicher und klarer Geist, ihre gewandte Rede unterstützten sie in diesem
Verfahren. Aus Abneigung gegen die übermächtigen Guisen, die Führer der katholischen Partei, näherte sie sich anfangs den
Hugenotten und der dieselben leitenden FamilieBourbon; aber deren Herrschsucht und die Überzeugung, daß die große Mehrheit
des französischen Volkes dem Katholizismus treu bleiben werde, machten sie bald zur leidenschaftlichen
Gegnerin der Hugenotten.
Als diese und zumal der AdmiralColigny nach dem Religionsfrieden von St.-Germain den König zu gewinnen suchten und damit Katharinas
Herrschaft über denselben bedrohten, veranlaßte sie in ihrer Besorgnis die Verwundung des Admirals und dann die
Pariser Bluthochzeit. In der That blieb Karl IX. ein Werkzeug in ihrer Hand.
[* 49] Bis nach KarlsTod (1574) ihr dritter Sohn, Heinrich
III., aus Polen, wo er damals König war, zurückkehrte, um den französischen Thron einzunehmen, führte Katharina abermals die Regentschaft.
»Lettres de Catherine de Médicis« (hrsg. von
La Ferrière, das. 1880-85, 2 Bde.).
[Rußland.]
6) Katharina I., Alexejewna, Kaiserin von Rußland, hieß eigentlich Martha und ward um das Jahr 1684 von Eltern niedern
Standes in Litauen geboren. Bald verwaist, fand sie ein Unterkommen bei dem PropstGlück zu Marienburg
[* 53] in Livland,
[* 54] der sie mit seinen Kindern im protestantischen Glauben erziehen ließ. Dort heiratete sie 1702 einen schwedischen Dragoner, der
indessen bald darauf ins Feld zog. Als Marienburg von den Russen eingenommen wurde (August 1702), ward Martha als Gefangene fortgeführt
und lebte eine Zeitlang bei Menschikow. Bei diesem sah sie Peter d. Gr., nahm
¶
mehr
sie zur Geliebten und bewog sie, 1703 zur griechischen Kirche überzutreten (wobei sie von ihrem Paten, dem ZarewitschAlexei,
den Namen Katharina Alexejewna erhielt). Katharina gebar dem Zaren von 1706 bis 1709 drei Töchter: Katharina, welche früh starb, Anna, später
an den Herzog von Holstein vermählt und MutterPeters III., und Elisabeth, später Kaiserin von Rußland,
und mehrere Söhne, welche früh starben. Katharina wußte sich durch ihren Verstand, ihre Hingebung und ihre Nachsicht hinsichtlich
der Liebeshändel ihres Geliebten dessen Gunst zu erhalten;
die Verdienste, welche sich Katharina bei Gelegenheit des Feldzugs am Pruth 1711 erwarb,
ohne daß darüber etwas Zuverlässiges im einzelnen bekannt wäre, festigten das Verhältnis zwischen
Peter und Katharina;
am (19. Febr.) ließ sich Peter formell mit Katharina trauen; 1724 fand ihre Krönung in Moskau statt, ohne daß
damit auchPeters Absicht, sie zur Thronfolgerin zu ernennen, unzweifelhaft ausgesprochen worden wäre. Die Gerüchte von
einer angeblichen Spannung zwischen den Ehegatten und von einem Liebesverhältnis zwischen Katharina und dem
KammerherrnMons
[* 56] sind unzuverlässig. Als Peter starb und noch ehe dessen Tod bekannt wurde, zogen Katharinas Günstlinge
Menschikow, Bassewitz und Jagushinsky in der Eile alle Garden heran, und der Erzbischof von Pleskow, Theophanes, bezeugte,
Peter habe auf dem Totenbett ihm erklärt, Katharina allein sei würdig, ihm in der Regierung zu folgen. So bestieg sie denThron, der
eigentlich dem noch unmündigen EnkelPeters, Peter (II.) Alexejewitsch, gehört hätte.
Als Kaiserin überließ sie sich ganz
dem Einfluß Menschikows, wußte aber durch Milde auch ihre Gegner zu gewinnen. Sie regierte im wesentlichen
imSinnPeters, eröffnete die Akademie der Wissenschaften, beschränkte die Macht des Senats durch Errichtung des Obersten GeheimenRats und suchte sich durch Steuernachlässe beliebt zu machen. Aber Rußlands Ansehen in Europa war während ihrer Regierung
unvergleichlich geringer als unter Peter d. Gr. Nachdem sie in ihrem Testament ihren Stiefenkel Peter II.
zum Nachfolger ernannt hatte, starb sie
Vgl. Mottley, History of the life and reign of Catherine I. (Lond. 1744, 2 Bde.);
Arssenjew, Die Kaiserin Katharina I. (russ., Petersb. 1856);
Kostomarow, Katharina I., in der Zeitschrift »Das alte und neue Rußland«
(1877, Nr. 2);
IhreEhe war keine glückliche. Durch Geist und Bildung hoch über ihrem nur dem rohen Sinnengenuß ergebenen Gemahl stehend,
sah sie sich von demselben mit Kälte und selbst mit rücksichtsloser Härte behandelt und von ihrer Umgebung mit Haß und Argwohn
verfolgt. Trotzdem erlangte sie in den politischen Intrigen des Hofs bald maßgebenden Einfluß. Einst
als Kaiserin auch wirkliche Herrscherin von Rußland zu werden, war ihr fester Entschluß. 1753
erlangte der stattliche,
gewandte GrafSergius Soltykow die Liebe der Großfürstin, welche, nachdem sie einmal die Schranken der Sitte überschritten,
ihren Leidenschaften und ihren sinnlichen Trieben keinen Zügel mehr anlegte.
Die Mißstimmung, die bald gegen dessen Regierung Platz griff, ward von noch absichtlich genährt und von
ihrem Günstling Orlow und dessen BruderAlexei eine Verschwörung eingeleitet, welche darauf hinausging, Peter III. zu einem
Entsagungsakt zu nötigen und als Vormünderin ihres SohnsPaul und als Regentin auf den Thron zu erheben. Die Verhaftung eines
Verschwornen drängte zur Beschleunigung der That. Von Orlow von ihrem Lustschloß Peterhof nach der Hauptstadt
geführt, wußte Katharina daselbst in der Nacht des die Garde durch eine begeisternde Ansprache für sich zu gewinnnen ^[richtig:
gewinnen], so daß dieselbe ihr als Kaiserin huldigte, während der in der Kasanschen Kirche versammelte Klerus die Erhebung der
Großfürstin auf den Thron verkündigte. Um 10 Uhr
[* 59] morgens war die Revolution beendet und Katharina II. Kaiserin
von Rußland, 33 Jahre alt, in der Fülle ihrer Schönheit und ihrer geistigen Entwickelung.
Auf die Nachricht von diesen Ereignissen verlor Peter allen Mut und erklärte sich bereit, die Krone niederzulegen und sich
nach Deutschland zurückzuziehen. Er wurde nach dem Schloß Ropscha gebracht und dort von einigen Verschwornen
ermordet. Den Hauptanteil an der That hatte, wie es scheint, AlexeiOrlow; der Mord geschah ohne Vorwissen Katharinas,
welche übrigens in der ersten Zeit ernstlich an eine Vermählung mit GregorOrlow dachte. Die ersten 13 Jahre ihrer Regierung,
solange ihr Verhältnis zu Orlow dauerte, der Katharina wahrhaft liebte und frei war von Selbstsucht, aber auch von Thatendrang und
nichts that, um sich durch Kriegsruhm oder Anteil an den Geschäften seiner Geliebten ebenbürtig zu machen, waren segensreich,
weil die neue Herrscherin den edlen Trieben ihres Geistes folgen konnte.
Zugleich aber fehlte es in dieser Zeit nicht an allerlei Unruhen und Rebellionen. Die Kaiserin war unermüdlich
thätig, ihre Kenntnisse über ihr Herrschergebiet zu vervollkommnen und für die Ordnung und Besserung im einzelnen zu sorgen,
ohne doch den Überblick und die großen leitenden Gesichtspunkte aus dem Auge zu verlieren. Sogleich im
ersten Jahr ihrer Regierung lud sie durch ein ManifestAusländer zur Niederlassung in ihrem Reich ein und setzte
zur Leitung dieser Kolonisationsangelegenheiten eine eigne Behörde nieder. Sie führte die Kuhpockenimpfung ein und gründete
Armen-, Kranken- und Findelhäuser. Alle unter den frühern Regierungen zur Verbreitung und Beförderung der
Kultur gegründeten Institute, wie die Navigationsschulen, die Anstalten zur Pflege der Wissenschaften und Künste, fanden an Katharina eine
eifrige Beschützerin. Angehende russische Gelehrte und Künstler wurden zu ihrer Ausbildung ins Ausland gesandt, die geistlichen
Seminare vermehrt und
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