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durchstreiften, sammelte er und entsendete sie gegen Peter den Grausamen von Kastilien. Den Engländern nahm Duguesclin fast alle ihre Besitzungen in Frankreich wieder ab. Schon 1367 hatte ein Landfriedensgesetz erlassen, wie er denn überhaupt Sicherung des Landes vor den Söldnerbanden, vor dem Druck des Adels und seinen Binnenzöllen und vor den Ungerechtigkeiten der Gerichte erstrebte. Durch Handelsbegünstigungen zog er auch Fremde ins Land, begünstigte Künste und Wissenschaften, stiftete die königliche Bibliothek in Paris [* 2] und erbaute die Bastille daselbst. Doch erregte er durch seine übermäßige Zentralisation und durch harten Steuerdruck vielfache Unzufriedenheit, so daß 1379 in der Bretagne, in Flandern und Languedoc Aufstände gegen ihn ausbrachen, die bei seinem Tod noch nicht gestillt waren. Seine Gemahlin Johanna von Bourbon gebar ihm zwei Söhne, seinen Nachfolger Karl VI. und Ludwig, Herzog von Orléans. [* 3]
Vgl. Choisy, Vie de Charles V (Par. 1689, neue Ausg. 1784);
Barthélemy de Beauregard, Histoire de Charles V (das. 1843);
Delisle, Mandements et actes divers de Charles V (das. 1874).
21) Karl VI., der Geliebte oder der Wahnsinnige, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, kam, bei dem Tod seines Vaters erst zwölf Jahre alt, 1380 auf den Thron [* 4] unter Vormundschaft seiner väterlichen Oheime Ludwig von Anjou, Johann von Berri und Philipp von Burgund, die das Land aufs äußerste bedrückten und viele Aufstände des Volkes in Paris und andern Städten hervorriefen. Dieselben wurden blutig unterdrückt, die aufrührerischen Flandrer 1382 bei Roosebeke besiegt und die Herrschaft des Adels neu begründet.
Erst 1388 übernahm Karl die Regierung selbst. Er war guten Regungen leicht zugänglich, freundlich und herablassend, persönlich tapfer; doch war er phantastisch, nervös aufgeregt und steigerte diese für einen Regenten so gefährlichen Eigenschaften durch Ausschweifungen, die ihn bald jeder ernstern Beschäftigung entfremdeten. Dies benutzten die Oheime des Königs, um auf den erregten Geist des jugendlichen Monarchen zu wirken. Auf einem Zuge gegen den aufrührerischen Herzog von der Bretagne (1392) fiel der König, erschreckt durch die plötzliche Erscheinung eines Mannes in weißen Kleidern, der, aus einem Buschwerk kommend, des Königs Pferd [* 5] anhielt, ihn dringend warnte, nicht weiter zu ziehen, und alsbald wieder verschwand, in Geisteszerrüttung, worauf Philipp von Burgund und Johann von Berri wieder als Regenten auftraten, den Herzog Ludwig von Orléans, den Bruder des Königs, als zu jung ausschließend.
Zwar erholte sich Karl wieder, aber ein zufälliger Brand bei einer Maskerade, der mehreren Personen das Leben kostete, brachte bei ihm den Wahnsinn 1393 von neuem und zwar unheilbar zum Ausbruch. Um die Herrschaft stritten sich nun zwei Parteien, die Armagnacs unter dem Herzog Ludwig von Orléans und nach dessen Ermordung 1407 unter dem Grafen von Armagnac und die Bourguignons unter dem Herzog Johann von Burgund. Jenen schloß sich der Dauphin Karl, diesen Karls Gemahlin Isabeau von Bayern [* 6] an. Die innern Kämpfe benutzte Heinrich V. von England zu einem neuen Eroberungskrieg, und 1420 schloß der König unter dem Einfluß Isabeaus und Burgunds mit Heinrich V. den Vertrag von Troyes, in welchem er diesem seine Tochter Katharina vermählte und ihn als Thronfolger anerkannte. Karl starb
Vgl. Duval-Pineux, Histoire de France sous le règne de Charles VI (Par. 1842, 2 Bde.).
22) Karl VII., der Siegreiche, dritter Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. wurde nach dem Tod seiner ältern Brüder 1417 Dauphin und Regent, aber 1418 von den Bourguignons aus Paris vertrieben und nahm in Bourges seine Residenz. Als er jedoch auf Anstiften Duchâtels Johann den Unerschrockenen von Burgund auf der Yonnebrücke zu Montereau hinterlistig hatte ermorden lassen, fielen alle burgundischen Länder, ganz Nordfrankreich, den Engländern zu, auf deren Seite auch Karls eigne Mutter Isabeau trat.
König Heinrich V. ließ Karl durch das Pariser Parlament für des Throns verlustig erklären (1421), und nach Heinrichs und Karls VI. Tod (1422) wurde des erstern einjähriger Sohn Heinrich VI. in Paris als König anerkannt. Bei Crevant (1423) und bei Verneuil (1424) vollständig geschlagen, wurde das Heer des »Dauphins« Karl durch die verbündeten Engländer und Burgunder hinter die Loire getrieben, so daß man Karl spottweise den »König von Bourges« nannte. Leichtsinnig vertändelte Karl zu Chinon seine Zeit mit üppigen Festen und zahlreichen Mätressen.
Nur Orléans hielt der heldenmütige Dunois, und endlich verschaffte die Jungfrau von Orléans (s. Jeanne d'Arc) Karl den Sieg und führte ihn 1429 in die Krönungsstadt Reims. [* 7] Trotz des glücklichen Aufschwungs seiner Sache versank aber Karl sogleich wieder in Thatlosigkeit. Ein Versuch gegen Paris endete mit dem Rückzug nach Chinon. Indes versöhnte sich 1435 Burgund mit Karl durch den freilich für letztern sehr opfervollen Vertrag von Arras, [* 8] während den Engländern durch den Tod Bedfords ein unersetzlicher Verlust bereitet wurde.
Seitdem ging es mit der Herrschaft der Engländer unaufhaltsam rückwärts, zumal Karl, durch seine Geliebte Agnes Sorel veranlaßt, mehr Thätigkeit und Eifer entwickelte. Im April 1436 wurde den Engländern Paris abgenommen, und bis zum Oktober 1453 wurden sie gänzlich aus Frankreich vertrieben. Inzwischen begründete Karl durch die Pragmatische Sanktion vom Jahr 1438 die Freiheit der gallikanischen Kirche. Vor allem ordnete er die Finanzen und die Rechtspflege, beseitigte die zügellosen Söldnerbanden (Armagnaken), errichtete ein kleines, aber zuverlässiges stehendes Heer und hemmte durch energische Verordnungen den Druck des Adels auf die untern Klassen, was einen offenen Aufstand, die sogen. Praguerie, hervorrief, dem sich sogar der Dauphin Ludwig anschloß.
Die wiederholten Empörungsversuche desselben trübten die letzten Tage des Königs, und die Furcht vor Vergiftung übte einen gleich zerstörenden Einfluß auf seinen Geist und Körper. Karl starb zu Melun sur Yèvre in Berry. Er war vermählt mit Maria von Anjou, die ihm einen Sohn, den nachherigen Ludwig XI., gebar.
Vgl. Vallet de Viriville, Histoire de Charles VII (Par. 1862-65, 3 Bde.);
du Fresne de Beaucourt, Le [* 9] caractère de Charles VII (das. 1875, 2 Bde.);
Derselbe, Histoire de Charles VII (das. 1881-85, Bd. 1-3);
Clément, Jacques Coeur et Charles VII (2. Aufl., das. 1868).
23) Karl VIII., ältester Sohn Ludwigs XI., Enkel des vorigen, geb. zu Amboise, bestieg nach dem Tod seines Vaters 1483 den Thron, worauf sogleich ein heftiger Streit zwischen seiner Schwester Anna von Beaujeu und Ludwig von Orléans um Vormundschaft und Regentschaft entbrannte. Karl war ein schwächlicher, phantastischer und beschränkter Fürst. Durch seine Vermählung mit Anna, der Erbin der Bretagne, erwarb er dies Land für die Krone. Als Erbe der Rechte der Anjous auf Neapel [* 10] ¶
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unternahm er 1494 einen Kriegszug nach Italien, [* 12] eroberte auch 1495 das Königreich, ward aber durch den Bund zwischen dem Papste, dem Kaiser, Ferdinand von Aragonien u. a. wieder aus Italien vertrieben. Erst 27 Jahre alt, starb er Mit ihm erlosch der ältere Stamm der Valois. Sein Nachfolger war Ludwig XII., Urenkel Karls V.
Vgl. Ségur, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., Par. 1842, 2 Bde.);
Cherrier, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., das. 1870, 2 Bde.).
24) Karl IX., zweiter Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medici, bei seiner Geburt zum Herzog von Orléans ernannt, folgte seinem Bruder Franz II. auf dem Thron und zwar unter Vormundschaft seiner Mutter. Nach Erlaß des Edikts von Amboise, das den Hugenotten Religionsfreiheit gewährte, wurde Karl 1563 für mündig erklärt. Auf die Schwankungen der kriegerischen Erfolge gegen die Hugenotten (s. d.) hatte Karl denselben Einfluß wie auf die diplomatischen Verhandlungen, welche den verschiedenen Friedensbeschlüssen vorhergingen; fortwährend rüttelte er an den Ketten, an welchen ihn seine Mutter lenkte.
Bisweilen schien es sogar, als ob er wirklich den Wunsch hege, dem Bürgerkrieg wie der Herrschaft seiner Mutter zugleich ein Ende zu machen, und hierdurch getäuscht, leisteten die Häupter der Hugenotten bereitwillig seinen Aufforderungen, an den Hof [* 13] zu kommen, Folge. Coligny gewann daselbst in der That Karls Zuneigung; doch waren die Einflüsterungen der Guisen mächtiger, und das Resultat der Bemühungen der Partei war die Pariser Bluthochzeit (s. Bartholomäusnacht). Karl billigte die That, an welcher er sich beteiligte, öffentlich durch ein Lit de justice, bezeichnete sie als Notwehr gegen Verschwörung und zum Heil des Reichs auf seinen Befehl geschehen.
Gleichwohl wurde sein Gewissen nicht wieder ruhig, und er erlag der beständigen nervösen Aufregung im Schloß zu Vincennes Seine Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Maximilian II., hatte ihm keine Kinder geboren, daher ihm sein Bruder Heinrich III. in der Herrschaft folgte.
Vgl. Desjardins, Charles IX, 1570-72 (Douai 1874);
Mérimée, Chronique du règne de Charles IX (neue Ausg., Par. 1877, 2 Bde.);
De la Barre-Duparcq, Histoire de Charles IX (das. 1875).
25) Karl X. Philipp, dritter Sohn des Dauphins Ludwig, einzigen Sohnes Ludwigs XV., Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., geb. zu Versailles, [* 14] erhielt den Titel eines Grafen von Artois. Seine Erziehung an dem frivolen Hof seines Großvaters Ludwig XV. blieb nicht ohne üble Einwirkung auf den überdies beschränkten Prinzen. 1782 beteiligte er sich an der Expedition der Spanier und Franzosen gegen Gibraltar [* 15] und erhielt bei einem Aufenthalt im Lager [* 16] bei St.-Roche die Würde eines Ludwigsritters.
Kundgebungen einer durchaus absolutistischen Gesinnung zogen ihm bald den Haß des Volkes zu. Im Juli 1789 gab er das Zeichen zur Auswanderung des royalistischen Adels und zog allenthalben umher, seinem Vaterland Feinde zu erwecken. Bei Kaiser Leopold II. in Mantua [* 17] warb er für eine Invasion, wohnte 1791 dem Kongreß zu Pillnitz bei und nahm im Emigrantenkorps an der Invasion von 1792 teil. Nach Ludwigs XVI. Tod ward er von Ludwig XVIII. zum Generalleutnant des Königs ernannt und versuchte 1795 mit einer englischen Flottille bei Ile Dieu eine Landung, die jedoch mißlang.
Wieder wollte er mit den Russen unter Suworow gegen Frankreich (1799) ziehen, kehrte aber bei der Nachricht von Korsakows Niederlage sogleich wieder um, lebte von der ihm verliehenen englischen Pension von 15,000 Pfund Sterling in London [* 18] und in Hartwell bei seinem Bruder und ging 1814 mit den Verbündeten wieder über den Rhein, bis er infolge einer Beschwerde des Herzogs von Vicenza auf dem Kongreß zu Châtillon ausgewiesen wurde. Erst als die Verbündeten gegen Paris zogen, trat auch er mit einer freiheitverheißenden Proklamation wieder in Frankreich auf. In Paris nahm er als Generalleutnant im Namen Ludwigs XVIII. die Rerierung ^[Regierung] in die Hand, [* 19] verkündete Freiheit der Presse [* 20] und der Personen, Aufhebung der Droits réunis erkannte auch die Grundzüge der Konstitution an und schloß einen Waffenstillstand mit den Verbündeten.
Aber kaum war Ludwig XVIII. selbst in Paris angekommen, als er als Generalobersten in den Süden des Reichs entsandte. Bei Napoleons I. Rückkehr (1815) floh Karl mit der königlichen Familie nach Gent. [* 21] Nach der zweiten Restauration legte er die ausschweifendsten reaktionären Gelüste an den Tag, und selbst nachdem er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, intrigierten er und seine Gesinnungsgenossen (der Pavillon Marsan) noch gegen seinen Bruder Ludwig XVIII., die Charte und die Kammern.
Nachdem er seinem Bruder auf dem Thron gefolgt war und sich mit mittelalterlichem Pomp in Reims hatte salben und krönen lassen, schien er anfangs eine gemäßigtere Richtung einzuschlagen, lenkte aber sodann wieder in die frühere reaktionäre Bahn ein. Er berief Villèle an die Spitze des Ministeriums, welches das Gotteslästerungsgesetz, die Milliardenentschädigung an die Emigrierten, die Auflösung der Nationalgarde und die Einführung der Zensur durchsetzte, und übertrug, nachdem der gemäßigtere Martignac sich mit der Kammer nicht hatte verständigen können, Polignac die Leitung der Staatsgeschäfte.
Durch auswärtige Erfolge suchte Karl die Unzufriedenheit der Nation zu beschwichtigen und unternahm zu diesem Zweck 1830 die Expedition nach Algier. Doch blieb sie ohne Erfolg auf die Volksstimmung, zu deren Organ sich die 221 liberalen Mitglieder der Kammer machten. Um die Opposition zu unterdrücken, erließ Karl die berüchtigten Juliordonnanzen. Hierdurch rief er die Julirevolution von 1830 hervor, infolge deren er zu gunsten seines Enkels, des Herzogs Heinrich von Bordeaux, [* 22] auf die Krone verzichtete. Er lebte fortan nacheinander in Edinburg, [* 23] Prag, [* 24] Kirchberg und Görz, [* 25] wo er starb. Er war seit 1773 vermählt mit Maria Theresia von Savoyen, die ihm die Herzöge von Angoulême und von Berri gebar.
Vgl. Védrenne, Vie de Charles X (Par. 1879, 3 Bde.);
[Großbritannien und Irland.]
Könige von England, Schottland und Irland:
26) Karl I., zweiter Sohn Jakobs I., geb. zu Dunfermline in Schottland, bestieg, durch den Tod seines Bruders Heinrich 1612 Prinz von Wales geworden, nach Jakobs Ableben den Thron. Karl hatte schon vor seinem Regierungsantritt durch seine Verlobung mit der katholischen Henriette Maria, Heinrichs IV. von Frankreich Tochter, die öffentliche Meinung gegen sich, und später entzog ihm die vom Vater ererbte Neigung zu dem stolzen Buckingham die Liebe des Volkes in noch höherm Grad. Zudem war er, obwohl ein thätiger, geistvoller, gütiger und liebenswürdiger Fürst, doch zu Leichtsinn, Hartnäckigkeit und Willkür geneigt, vor allem aber besaß er einen ¶
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unwiderstehlichen Hang zu gefährlichem und zweideutigem Intrigenspiel. So geriet er alsbald in Konflikte mit dem Parlament, die einen immer schärfern Charakter annahmen, im August 1628 die Ermordung Buckinghams veranlaßten und, als an dessen Stelle der nicht minder verhaßte Wentworth, später Lord Strafford (s. d.), getreten war, zuletzt dahin führten, daß der König eine Reihe von Jahren hindurch ohne Parlament und mit Hilfe verfassungswidriger Willkürmaßregeln regierte.
Allein als Karl und sein geistlicher Berater Erzbischof Laud 1637 auch mit den Schotten zerfielen, welche sich der Einführung einer neuen hochkirchlichen Liturgie entschieden widersetzten und mit französischer Hilfe einen Aufstand unternahmen, sah sich der König 1640 doch wieder genötigt, das Parlament zu berufen. Indessen der frühere Zwist erneuerte und verschärfte sich nur: das Parlament wollte die bedrängte Lage Karls zur Erweiterung seiner Rechte und zur Beschränkung der königlichen Prärogative benutzen;
Karl gab in vielen Dingen nach und war kleinmütig genug, dem Haß des Unterhauses sogar seine Günstlinge Laud und Strafford zu opfern.
Aber trotzdem war schon 1642, als der König London verließ und sich nach York zurückzog, der offene Ausbruch des Kampfes zwischen ihm und seinem Volk unvermeidlich geworden. Karl berief ein Parlament nach York, umgab sich mit trefflichen Ratgebern, wie Edward Hyde und Falkland, lehnte die letzten Forderungen des Londoner Parlaments, welches einen Verzicht auf die wichtigsten Machtbefugnisse der Krone verlangte, ab und begann den Bürgerkrieg. Fast zwei Jahre lang behauptete er in demselben eine Art von Übergewicht, bis die politische und kirchliche Verbindung des englischen und schottischen Parlaments, das Scheitern des Versuchs des Königs, sich auf ein in Oxford [* 27] zusammenberufenes royalistisches Gegenparlament zu stützen, endlich die Reorganisation der Parlamentsarmee durch Cromwell die Entscheidung herbeiführten. Am erlitten die Königlichen bei Marston-Moor, unweit York, eine bedeutende Niederlage, und wenn dieselbe auch durch die Unfälle, die das Parlamentsheer unter dem Grafen Essex 1. Sept. in Cornwall erlitt, wieder aufgewogen wurde, so war doch das Unterliegen des Königs jetzt wenig mehr zweifelhaft.
Neue Verhandlungen zu Uxbridge (Januar 1645) scheiterten an den Forderungen des Parlaments: Aufhebung des Episkopats und Übertragung des Befehls über Land- und Seemacht an jenes. Der Verlust der Schlacht bei Naseby, unweit Northampton (14. Juni), namentlich aber die Veröffentlichung seines Briefwechsels, den die Sieger erbeutet hatten, und aus dem hervorging, daß er die Hilfe des Auslandes gegen seine Unterthanen nachgesucht hatte, bestimmten Karl, dessen Hoffnungen auf Sieg immer geringer wurden, zur Nachgiebigkeit. Allein es war zu spät. Seine weitgehenden Anerbietungen wurden nur mit dem Befehl beantwortet, die von den Parlamentstruppen besetzte Linie nicht zu überschreiten; er mußte fürchten, in Oxford eingeschlossen zu werden, und faßte daher den Entschluß, sich den Schotten in die Arme zu werfen. Am floh er heimlich und gelangte nach mehrtägigem Umherirren in das Schottenlager. Der Empfang war ehrenvoll, aber thatsächlich war Karl im Heer der Schotten doch nur ein Gefangener, und im Januar 1647 lieferten sie ihn gegen die Summe von 400,000 Pfd. Sterl. an das englische Parlament aus, das ihn im Schloß Holmby in der Grafschaft Northampton gefangen setzte. Die Presbyterianer dachten nun an eine vertragsmäßige Ausgleichung der Wirren, die Independenten hingegen erstrebten unbedingte Beseitigung der königlichen Macht. Cromwell ließ den König heimlich entführen und nach Hamptoncourt bringen, und hier wurden Verhandlungen mit ihm angeknüpft, deren Erfolg aber das zweideutige Verhalten des Königs vereitelte. Als Cromwell aus einem aufgefangenen Brief Karls an die nach Frankreich entflohene Königin dessen wahre Gesinnung erfuhr, war sein Schicksal entschieden. Am 11. Nov. entfloh auf die Insel Wight, ward jedoch hier vom Gouverneur der Insel, Hammond, in Haft und auf das feste Schloß Carisbrook gebracht. In den letzten Monaten 1647 fanden zwar noch neue Verhandlungen zwischen König, Heer und Parlament statt, die aber von vornherein aussichtslos waren. Im Januar 1648 wurde beschlossen, keine weitern Botschaften vom König anzunehmen. Nun rüsteten zwar die Schotten für Karl und rückten im Juli 1648, 14,000 Mann stark, in England ein, wurden aber von Cromwell in drei Treffen geschlagen. Gleichwohl erneuerte das Parlament die Verhandlungen mit dem noch immer zu Wight gefangenen König; aber das Heer wollte von denselben nichts wissen, bemächtigte sich der Person Karls, entfernte 6. Dez. die seinen Tendenzen widerstrebenden Mitglieder des Unterhauses gewaltsam aus demselben und sicherte sich so die Majorität. Nun wurde der König 23. Dez. nach Windsor gebracht, und das Rumpfparlament beschloß im Januar 1649 seine Anklage wegen Hochverrats. Ein Gerichtshof von 150 Personen, bestehend aus Peers, Oberrichtern, Baronets, Aldermen und Mitgliedern des Unterhauses, sollte Richter des Königs sein. Die zwölf Lords u. a. weigerten sich indes, den Antrag anzunehmen, und so blieben Cromwell, Ireton, Harrison und den übrigen Offizieren die Hauptrollen. Am 19. Jan. brachte man Karl nach London in den Palast von St. James; am 20. begann der Prozeß im großen Saal von Westminster. Bradshaw, ein Rechtsgelehrter von Ruf, war Präsident des Gerichtshofs; 69 Mitglieder waren anwesend, Karl protestierte gegen die Kompetenz des Gerichtshofs. Vergebens verwendeten sich die auswärtigen Höfe und das schottische Parlament für Karl; vergebens boten vier seiner ehemaligen Minister, Richmond, Herford, [* 28] Lindsay und Southampton, ihre Häupter für den König an: am 25. ward das Todesurteil über als Tyrann, Verräter, Mörder und Landesfeind ausgesprochen. Nach Mitteilung des Urteils verlangte noch mit einem Vorschlag gehört zu werden; man glaubt, daß er der Krone zu gunsten des Prinzen von Wales entsagen wollte. Er wurde jedoch mit Gewalt abgeführt und 30. Jan. vor dem Palast Whitehall zu London öffentlich hingerichtet. Die Schriften Karls gab Brown (Haag [* 29] 1651) heraus.
Vgl. Disraeli, Commentaries on the life and reign of Charles I. (Lond. 1828-31, 5 Bde.);
Cattermole, The great civil War of Charles I. (das. 1844-45, 2 Bde.);
Gardiner, History of England under the duke of Buckingham and Charles I., 1624-28 (das. 1874, 2 Bde.);
Derselbe, The personal government of Charles I., 1628-37 (das. 1877, 2 Bde.);
Derselbe, The fall of the monarchy of Charles I. (das. 1882, 2 Bde.);
Chancellor, Life of Charles I., 1600-1625 (das. 1886).
27) Karl II., ältester Sohn des vorigen, geb. wurde während des Bürgerkriegs unter Leitung seiner Mutter in Frankreich erzogen und befand sich zur Zeit der Hinrichtung seines Vaters im Haag. Obwohl dort nur von der Gnade des Herzogs von Ormond lebend, nahm er doch sogleich den Königstitel an und wurde wirklich in Irland und ¶
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auch in Schottland zum König ausgerufen. Aber der in Irland zu seinen gunsten ausgebrochene Aufstand ward von Cromwell und Ireton mit blutigster und grausamster Härte niedergeworfen, und auch Karls Versuch, sich in Schottland zu behaupten, hatte keinen Erfolg. Er landete zwar daselbst im Juni 1650 und wurde auch, nachdem er sich den Anforderungen des presbyterianischen Parlaments gefügt hatte, zu Scone in alter Weise gekrönt aber inzwischen war Cromwell nach seinem über den schottischen Feldherrn Leslie errungenen Sieg bei Dunbar schon tief in Schottland eingedrungen. Um ihn zum Rückzug zu bewegen, unternahm an der Spitze von 11,000 Mann einen kühnen Marsch nach England, kam aber nur bis Worcester, wo er völlig geschlagen wurde.
Nach einer abenteuerreichen Flucht, auf der er mehr als einmal nur wie durch ein Wunder seinen Verfolgern entging, gelangte er 17. Okt. in die Normandie. Karl lebte nun vorzugsweise in den Niederlanden und hörte nicht auf, an den verschiedensten Höfen um Unterstützung zu werben und Pläne für seine Rückkehr zu schmieden. Doch erst nach Cromwells Tod konnte die royalistische Partei in England, die nie aufgehört hatte, als ihren rechtmäßigen Herrscher zu betrachten, offener hervortreten; als sich ihr auch der mächtige General George Monk anschloß, war sie stark genug, im Mai 1660 einen Beschluß durchzusetzen, der das Königtum wiederherstellte und den im Haag befindlichen Karl einlud, von seinen Reichen Besitz zu ergreifen.
Dieser folgte der Einladung sofort, kam 25. Mai auf der zu seinem Empfang abgeschickten Flotte in Dover [* 31] an und zog 29. Mai, an seinem Geburtstag, feierlich und unter lautem Jubel der Volksmenge in London ein. England hatte wieder einen König; aber in der den Stuarts eigentümlichen Verblendung knüpfte dieser König überall da an, wo sein unglücklicher Vater geendet hatte. Die bischöfliche Kirche wurde alsbald wiederhergestellt;
die presbyterianischen Geistlichen, denen Karl die einst in Schottland erlittenen Demütigungen nicht vergessen konnte, verloren ihre Pfarreien;
die verkauften Ländereien der Krone und der Kirche wurden wieder eingezogen;
den Richtern Karls I. ward der Prozeß gemacht, mehrere, Harrison, Sir Henry Vane u. a., wurden hingerichtet, die Leichen andrer, auch die Cromwells, aus den Gräbern gerissen und an den Galgen gehängt.
Auch die auswärtige Politik Karls war weder glücklich noch ruhmvoll. Er verkaufte das von Cromwell erworbene Dünkirchen [* 32] an Frankreich und stürzte sich 1665 in einen Krieg mit Holland, in welchem er die Schmach erleben mußte, daß eine niederländische Flotte in die Themse eindrang und viele englische Schiffe [* 33] verbrannte, und welchem der Friede von Breda 1667 ein wenig befriedigendes Ende machte. Vollends nach der Entlassung seines Ministers Edward Hyde Lord Clarendon und seit dessen Ersetzung durch das höchst unpopuläre Cabal-Ministerium warf Karl sich in die Arme der kirchlichen und politischen Reaktion.
Seit Anfang 1669 ging er mit dem Plan um, mit Hilfe Ludwigs XIV. die katholische Religion und die absolute Monarchie wieder einzuführen, und im Sommer 1670 schloß er eine geheime Allianz mit Frankreich, die ihn völlig von Ludwig und den von diesem versprochenen Subsidien abhängig machte. Dieser Bund nötigte ihn 1672 zur Teilnahme an dem Rachekrieg Frankreichs gegen Holland, doch zwang ihn der laut und stürmisch kundgegebene Wille der Nation schon 1674 zum Frieden.
Inzwischen hatten auch die religiösen Pläne des Königs wenig Erfolg: seine zu Anfang des Kriegs erlassene Duldungsverordnung, welche die Strafgesetze gegen die Katholiken und Dissidenten aufhob, mußte er zurücknehmen und der vom Parlament beschlossenen Testakte zustimmen, welche die Katholiken von allen öffentlichen Ämtern ausschloß und Karls Bruder, den Herzog von York (nachmals Jakob II.), zur Niederlegung der Würde eines Großadmirals nötigte. Nach einigen Jahren thaten- und energielosen Hin- und Herschwankens wurde Karl 1678 wieder in entschiedenere Bahnen gelenkt.
Das von Titus Oates denunzierte, aber nur in dessen Kopf existierende Komplott der Papisten (popish plot), den König zu ermorden und den Katholizismus mit Gewalt wieder einzuführen, brachte ganz England in Aufregung; das Parlament verlangte 1679, hauptsächlich auf Betreiben Lord Shaftesburys, eine Änderung der Thronfolge und die Ausschließung des Herzogs von York von derselben. Karl bewilligte demselben zwar die gleichzeitig beschlossene Habeaskorpusakte, verweigerte aber hartnäckig seine Zustimmung zu der Ausschließungsbill, löste 1679 und 1681 drei Parlamente, von denen er das dritte nach Oxford berief, kurz hintereinander auf, schloß mit Frankreich einen neuen Subsidienvertrag ab und begann nun ohne Parlament zu regieren, geleitet von dem Herzog von York, der zu immer heftigern Maßregeln drängte.
Shaftesbury wurde verhaftet, die Opposition der großen Städte, auch Londons, dadurch gebrochen, daß man ihre Freiheitsbriefe durch den Lordoberrichter Jeffreys (s. d.) kassieren ließ, ein Empörungsversuch des Herzogs von Monmouth und der eifrigsten Protestanten 1682 schon vor dem Ausbruch erstickt und an den Häuptern der Partei, Lord William Russell und Algernon Sidney, auf dem Schafott gestraft. Karl mochte glauben, seiner Feinde Herr geworden zu sein, als er vom Schlage getroffen wurde.
Auf seinem Krankenlager trat er auf seines Bruders Wunsch zur katholischen Kirche über, empfing das Abendmahl und die Letzte Ölung nach dem Ritus derselben und starb Nicht ohne bedeutende Talente und feinere Bildung, in der Rede und im Umgang von gewinnender Anmut, bisweilen nach dem Höchsten strebend, hat Karl doch nie seine Herrscheraufgabe in ihrem vollen Ernst erfaßt: das leichte Tändeln, die Verstellungskunst der damaligen feinen Gesellschaft übertrug er auch in die Politik;
mit kleinlichen Mitteln glaubte er große Ziele erreichen zu können. Er selbst hat das Scheitern seiner Pläne nicht mehr erlebt;
aber sein Bruder Jakob II. erntete, was Karl mit gesäet hatte.
Karls Privatleben war höchst zügellos; während seine legitime Ehe kinderlos blieb, hat er eine große Zahl natürlicher Kinder hinterlassen, von denen er neun anerkannt hat.
Vgl. Romney, Diary of the times of Charles II. (hrsg. von Blencowe, Lond. 1843, 2 Bde.);
Macpherson, History of Great Britain from the restoration of Charles II., etc. (das. 1873).
28) Karl Eduard, der Prätendent genannt, Enkel König Jakobs II. von England und Sohn des Prätendenten Jakob III. (s. d.), geb. zu Rom, [* 34] begab sich 1744 nach Frankreich, wo ihm Ludwig XV. eine Flotte zur Wiedererlangung der Krone seiner Väter zur Verfügung stellte, deren Unternehmen indes, ohne daß es zur Invasion Englands kam, scheiterte. Darauf rüstetete der Prinz mit geringen Mitteln, die ihm ein Bankier vorstreckte, ein Schiff [* 35] aus und landete mit wenigen Getreuen im Juli 1745 an der schottischen Küste. Anfangs hatte er guten Erfolg: zahlreiche Hochländer schlossen sich ihm an;
er ließ sich nach Eroberung der Stadt Perth zum ¶
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Regenten und seinen Vater zum König der drei Reiche ausrufen, schlug 21. Sept. bei Preston-Pans die ihm unter General Coye entgegengesandten englischen Truppen und zog 22. Sept. in Edinburg ein, wo er sich mit einem Hof und einer Regierung umgab. Demnächst brach der Prätendent gegen England auf, überschritt 8. Nov. die Grenze, nahm Carlisle und rückte in Derby ein. Bald aber ward er von der englischen Übermacht zurückgedrängt. Zwar siegte er noch einmal bei Falkirk; aber die Niederlage, die er bei Culloden (27. April) durch den Herzog von Cumberland erlitt, zwang ihn zur Flucht in die Hochgebirge Schottlands, von wo er unter fünfmonatlichen Mühseligkeiten und nach Gefahren aller Art nach Frankreich entkam. Hier erhielt er vom Hof ein Jahrgeld, wurde aber nach dem Aachener Frieden 1748 ausgewiesen und lebte in der Folge meist zu Lüttich, [* 37] besuchte auch noch einigemal England, ohne von der Regierung beachtet zu werden. Später ging er nach Italien, lebte teils in Florenz, [* 38] teils in Rom als Graf von Albany, heiratete 1772 die Gräfin Luise von Stolberg-Gedern (s. Albany), eine Ehe, die 1780 wieder getrennt wurde, ergab sich endlich aus Mißmut dem Trunk und starb in Rom. Er ward zu Frascati mit königlichen Ehren bestattet, wobei sein Bruder, der Kardinal von York (gest. in Frascati), das Totenamt hielt.
Vgl. Pichot, Histoire de Charles-Édouard (4. Aufl., Par. 1846);
Klose, Leben des Prinzen Karl (Leipz. 1842);
Ewald, Life and times of Prince Charles Stuart (Lond. 1875, 2 Bde.);
Hassel, Der Aufstand des jungen Prätendenten Karl Eduard Stuart (Leipz. 1876).
[Hohenzollern.]
29) Karl Anton Friedrich Meinrad Fidelis, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn des Fürsten Anton Aloys, geb. übernahm die Regierung, trat dieselbe aber an seinen Sohn ab und starb in Bologna. Vermählt war er mit Antoinette Murat, einer Nichte des Königs Joachim.
30) Karl Anton, Fürst von Hohenzollern, [* 39] Sohn des vorigen, geb. folgte seinem Vater kraft der Zession vom in der Regierung, trat aber das Fürstentum an Preußen [* 40] ab, siedelte nach Düsseldorf [* 41] über und erhielt durch königliche Order vom das Prädikat »Hoheit« mit den Vorrechten eines nachgebornen Prinzen des königlichen Hauses. Seit 1831 in preußischen Militärdiensten und zuletzt Kommandeur der 14. Division, erhielt er das Präsidium im Ministerium der neuen Ära und 2. Dez. auch im Staatsrat, wurde auch gleichzeitig kommandierender General des 7. Armeekorps, was er bis 1860 blieb, und erhielt 1861 das Prädikat »Königliche [* 42] Hoheit«, schied aber im März 1862 wieder aus dem Ministerium, worauf er Anfang 1863 als General der Infanterie zum Militärgouverneur in der Rheinprovinz [* 43] und Westfalen [* 44] ernannt wurde. Seit 1868 stellvertretender Präses der Landesverteidigungskommission, lebte er seit 1873 in Sigmaringen und starb daselbst Seit 1834 war er vermählt mit Josephine von Baden, [* 45] die ihm vier Söhne und zwei Töchter geboren hat (weiteres s. Hohenzollern, S. 638).
[Lothringen.]
31) Karl III. (II. als Herzog), der Große, Sohn des Herzogs Franz I. und der Christine von Dänemark: [* 46] geb. 1543 zu Nancy, [* 47] gelangte 1546 unter mütterlicher Vormundschaft zur Regierung, wurde aber seit 1552, nachdem sich Heinrich II. von Frankreich Metz', [* 48] Touls und Verduns bemächtigt hatte, am französischen Hof erzogen und vermählte sich hier mit Heinrichs II. Tochter Claudia. Nach Heinrichs II. Tod (1559) kehrte er nach Lothringen zurück und zeichnete sich durch eine weise Regierung aus. Er verstärkte sein Heer, stiftete die Universität Pont à Mousson und vergrößerte Nancy; starb 1608.
32) Karl IV. (III.), Enkel des vorigen, geb. 1604, gelangte 1624 zur Herrschaft. Nach mehreren Kriegen, bald gegen Frankreich, bald gegen Schweden, [* 49] 1631 aus Nancy vertrieben, begab er sich mit 3000 Mann in kaiserliche Dienste, [* 50] wandte sich zwar später wieder der französischen Sache zu, trat aber sodann zum zweitenmal in kaiserliche, später in spanische Dienste. Da er eigenmächtig auftrat, ward er nach Tudela in Spanien [* 51] gebracht, wo er bis 1659 blieb. Im Pyrenäischen Frieden erhielt er Freiheit und Land zurück. Im Vertrag zu Montmartre (1662) ernannte er Ludwig XIV. von Frankreich gegen 1 Mill. Thlr. und die Zusage, daß die Prinzen seiner Familie für französische Prinzen von Geblüt erklärt würden, zu seinem Erben; er selbst versprach noch, seine Truppen zu entlassen. Da er aber dieses Versprechen nicht hielt, rückte 1669 ein französisches Heer unter dem Marschall Créqui in Lothringen ein. Karl nahm nun seit 1672 im Heer der Verbündeten am Kriege gegen Frankreich teil, ward 1674 bei Sinzheim besiegt, schlug aber 1675 Créqui bei Conzsaarbrück und starb bald darauf, ohne Söhne zu hinterlassen.
33) Karl V. (IV.) Leopold, zweiter Sohn des Herzogs Franz von Lothringen, Neffe des vorigen, geb. zu Wien, [* 52] wurde von seinem Oheim zum Nachfolger bestimmt, 1669 aber mit demselben durch die Franzosen vertrieben, trat in österreichische Kriegsdienste und machte den Türkenkrieg mit. Vergebens bewarb er sich 1669 und 1674 um die polnische Krone. Nach seines Oheims Tod 1675 wollte ihm Ludwig XIV. Lothringen nur unter für ihn unannehmbaren Bedingungen herausgeben. Er blieb also im kaiserlichen Kriegsdienst, in dem er sich gegen die Franzosen und namentlich 1683-88 gegen die Türken auszeichnete. Er befehligte das kaiserliche und Reichsheer, das 1683 Wien entsetzte, schlug die Türken 1685 bei Gran, [* 53] eroberte Neuhäusel und Ofen und siegte 1687 bei Mohács. 1689 kämpfte er wieder gegen Frankreich und eroberte Mainz [* 54] und Bonn. [* 55] Auf einer Reise nach Wien starb er in Wels. Er war vermählt mit Eleonore Marie, Schwester Kaiser Leopolds I. und Witwe des Königs Michael von Polen. Von seinen Söhnen erhielt der älteste, Leopold, im Ryswyker Frieden Lothringen zurück; der zweite, Karl Leopold, wurde Kurfürst von Trier. [* 56]
34) Karl Alexander, Prinz von Lothringen und Bar, Hochmeister des Deutschen Ordens, k. k. Generalfeldmarschall, Gouverneur und Generalkapitän der Niederlande, [* 57] geb. zu Lunéville, war der Sohn des Herzogs Leopold und der Elisabeth Charlotte von Orléans. Als Lothringen 1738 an Stanislaus Leszczynski abgetreten ward, erhielt er das Deutschordens-Großpriorat von Pisa. [* 58] Er trat früh in österreichische Kriegsdienste, rettete in der Schlacht bei Krozka gegen die Türken den linken Flügel und erhielt darauf von Maria Theresia, deren Schwager er war, 1742 den Oberbefehl in Böhmen, [* 59] wo er 17. Mai gegen Friedrich II. die Schlacht bei Chotusitz verlor. Nach dem Breslauer Frieden focht er mit Glück gegen die Bayern und Franzosen, ging 1744 über den Rhein und bemächtigte sich eines ¶
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großen Teils vom Elsaß, bis ihn die zweite Kriegserklärung Preußens [* 61] wieder nach Böhmen rief. Er vertrieb, von dem trefflichen Traun als Adlatus beraten, 1744 Friedrich aus Böhmen, ward indes bei Hohenfriedeberg [* 62] und 30. Sept. bei Soor geschlagen. Nach dem Aachener Frieden 1748 als Gemahl der Schwester Maria Theresias, Maria Anna, zum Gouverneur der Niederlande ernannt, lebte er meist zu Brüssel. [* 63] Beim Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs 1757 erhielt er den Oberbefehl über sämtliche österreichische Truppen, wurde jedoch 6. Mai bei Prag besiegt, in dieser Stadt eingeschlossen und nur durch Dauns Sieg bei Kolin [* 64] 18. Juni befreit. Er wandte sich darauf nach der Lausitz und Schlesien, [* 65] wo er den Herzog von Bevern 22. Nov. bei Breslau [* 66] schlug und diese Stadt in seine Gewalt bekam.
Nach der Niederlage bei Leuthen [* 67] 5. Dez. trat er vom Kriegsschauplatz ab und begab sich in sein Gouvernement nach den Niederlanden. Dort stiftete er 1762 die Kunstakademie, Bibliothekssäle zu allgemeinem Gebrauch, Versorgungshäuser, verbesserte das Münzwesen, [* 68] beförderte den Handel und den Ackerbau und baute neue Kanäle und Landstraßen. Er starb in Teruen. Zu Brüssel befindet sich sein Denkmal.
Vgl. Slingeneyer, Vie du prince Charles Alex. de Lorraine (Brüssel 1834).
[Mecklenburg.]
35) Karl Friedrich August, Herzog von Mecklenburg-Strelitz, Stiefbruder des Großherzogs Georg von Mecklenburg-Strelitz und der Königin Luise von Preußen, geb. zu Hannover, [* 69] wo sein Vater, der nachmalige Großherzog Karl Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz, (geb. 1741, gest. 1816), als hannöverscher Feldmarschall und Generalgouverneur lebte, wurde, da seine Mutter Charlotte, Prinzessin von Hessen-Darmstadt, sehr früh starb, in Darmstadt [* 70] unter den Augen seiner Großmutter erzogen, bis er 1794 dem Vater nach Strelitz [* 71] folgte.
Nachdem er die Kriegsschule in Berlin [* 72] besucht, trat er 1805 als Major in die Garde, kämpfte bei Auerstädt [* 73] und zeichnete sich namentlich 1813 aus, wo er bei Lützen [* 74] und Bautzen [* 75] mitfocht und besonders als Brigadekommandeur in der schlesischen Armee an der Katzbach, bei Wartenburg und bei Möckern sich durch seine Tapferkeit und sein militärisches Talent hervorthat, auch bei Möckern schwer verwundet wurde. Wieder genesen, machte er als Generalleutnant 1814 den Feldzug in Frankreich mit und wurde 1815 Kommandeur der Garde, die er im Krieg von 1815 und dann bis zu seinem Tod befehligte. 1817 zum Mitglied des Staatsrats ernannt, wurde er 1825 General der Infanterie und 1827 definitiver Präsident des Staatsrats mit der Befugnis, an den Sitzungen der Minister teilzunehmen. Er starb Er besaß neben kriegerischen Talenten auch staatsmännische Kenntnisse und Gewandtheit, war aber ein entschiedener Absolutist. Bei seiner persönlich nahen Stellung zum König von Preußen übte er, namentlich seit Hardenbergs Tod, auf den Gang [* 76] der preußischen Staatsangelegenheiten vielfach entscheidenden Einfluß aus. In der Berliner [* 77] Gesellschaft spielte er eine große Rolle. Unter den Namen J. E. Mand und Weishaupt schrieb der Herzog einige Lustspiele (»Die Isolierten«) und das Trauerspiel »Der ewige Jude«, welche 1833 in Berlin gesammelt erschienen.
[Neapel und Sizilien.]
36) Karl I. von Anjou, fünfter Sohn König Ludwigs VIII. von Frankreich und Blankas von Kastilien, geb. 1220, erhielt von seinem Bruder Ludwig IX. Anjou und Maine als Apanage und durch seine Vermählung mit Beatrix, Tochter des Grafen Raimund Béranger von Provence, 1267 auch Provence, Languedoc und einen Teil von Piemont. Er begleitete seinen Bruder 1248 auf dem unglücklichen Kreuzzug, der mit der Gefangenschaft beider Brüder endete (1250). Um den Hohenstaufen Manfred zu stürzen, belehnte Papst Clemens IV. Karl, der einen Tribut von 8000 Unzen Gold [* 78] versprochen hatte, im Lateran zu Rom mit Neapel und Sizilien, [* 79] und durch den Sieg bei Benevent setzte sich auch in den Besitz der Krone.
Bald aber reizten die gesteigerten Abgaben und andre Gewaltstreiche das Volk zum Aufstand, und die Großen traten mit Konradin, Manfreds Neffen, in Unterhandlung. Derselbe ward jedoch bei Tagliacozzo besiegt und in Astura gefangen, als Empörer von einem Kriegsgericht zum Tod verurteilt und enthauptet. Auch die abgefallenen Inländer, Sarazenen und Deutschen wurden von Karl einer blutigen Bestrafung unterworfen. Als Ludwig IX. 1270 einen neuen Kreuzzug gerüstet, beredete ihn Karl, seine Waffen [* 80] gegen Tunis [* 81] zu wenden, weil er durch dessen Besitz seinen Thron zu befestigen hoffte.
Nach Ludwigs Tod (25. Aug. d. J.) befehligte er das Kreuzheer und schloß mit dem Beherrscher von Tunis einen vorteilhaften Frieden. Mit den Päpsten verfeindete Karl sich bald durch Untreue gegen die früher eingegangenen Verbindlichkeiten und verlor daher 1278 seinen Titel als römischer Senator sowie sein Reichsverweseramt in Toscana. In der sogen. Sizilianischen Vesper (s. d.) brach endlich 1282 der lange verhaltene Grimm der Sizilier gegen die übermütigen Franzosen hervor.
Dieselben wurden 30. März in Palermo [* 82] und dann in den andern Städten niedergemetzelt. Wohl eilte Karl mit Heer und Flotte herbei und belagerte Messina; [* 83] doch wurde die Stadt, während er selbst zur Dämpfung eines Aufruhrs nach Kalabrien und Apulien geeilt war, von Peter von Aragonien entsetzt, Karls Flotte verbrannt, und Sizilien blieb dem französischen Haus für immer entrissen. Karl starb unter neuen gewaltigen Rüstungen, das Verlorne wiederzubringen, und unter drohenden Aufständen in Neapel. In zweiter Ehe war er vermählt mit Margarete von Revers, Tochter Herzog Eudos von Burgund.
Vgl. Durrieu, Archives angevines de Naples; étude sur les registres du roi Charles I (Toulouse [* 84] 1886-87, 2 Bde.).
37) Karl II., der Hinker, Sohn des vorigen, geb. 1243, war 1283 von den Siziliern in einer Seeschlacht besiegt worden und befand sich bei Karls I. Tod in sizilischer Gefangenschaft bei Peter III. von Aragonien und Sizilien. Er erlangte erst 1288 unter harten Bedingungen seine Freilassung, verließ 1289 Sizilien und wurde sogleich vom Papst, der ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten freisprach, in Rom als König beider Sizilien gekrönt, während man gegen Jakob V. von Sizilien einen abermaligen Kreuzzug vorbereitete. Als derselbe, durch den Bann eingeschüchtert, 1296 auf Sizilien Verzicht leistete, erhoben die Sizilier seinen Bruder Friedrich auf den Thron, und im Frieden von Caltabellota 1302 mußte ihn Karl anerkennen. Karl starb 1309. Ihm folgte sein dritter Sohn, Robert. Karl war vermählt mit Maria von Ungarn. [* 85]
38) Karl III. von Durazzo, der Kleine, Sohn Ludwigs von Gravina, geb. 1345, wurde von Johanna I. von Neapel zum Nachfolger ernannt, wandte sich aber auf Anstiften Ludwigs von Ungarn und des Papstes gegen sie, eroberte 1381 Neapel und ließ 1382 Johanna ermorden. 1385 von einem Teil des ¶