Kapitalverbrechen
(Capitale crimen), bei den Römern ein Verbrechen, welches die äußerste Minderung der Rechtsfähigkeit (caput) nach sich zog;
heutzutage s. v. w. schweres Verbrechen.
(Capitale crimen), bei den Römern ein Verbrechen, welches die äußerste Minderung der Rechtsfähigkeit (caput) nach sich zog;
heutzutage s. v. w. schweres Verbrechen.
bei Immobilien die moderne Form der hypothekarischen Verschuldung im Gegensatz zur alten Rentenverschuldung, bei welcher das Kapital nicht gekündigt werden konnte.
eine Form der Lebensversicherung, bei welcher ein Kapital (im Gegensatz zur Rente) zur Auszahlung kommt.
die Summe, welche ein verliehenes Geldkapital abwirft;
s. Zins.
(franz. Capitaine, ital. Capitano, span. Capitan), Chargenbezeichnung im Landheer, jetzt veraltet, s. v. w. Hauptmann. In Spanien [* 2] ist Generalkapitän der Titel des Militärgouverneurs einer Provinz. Auch Anführer regelloser und abenteuernder Banden legen sich den Titel Kapitän bei. Der Capitano (s. d.) der Italiener ist sogar Theaterfigur geworden. In der Handelsflotte der Führer eines Schiffs, der »Schiffer«. In der Kriegsmarine bezeichnet Kapitän bestimmte Grade der Seeoffiziere, in Deutschland [* 3] z. B. Kapitän zur See, dem Obersten der Armee entsprechend, ferner Korvettenkapitän (Major), Kapitänleutnant (Hauptmann). Österreich [* 4] hat Linienschiffs-, Fregatten- und Korvettenkapitäne;
England und Nordamerika: [* 5] Captains u. Commanders;
Frankreich: Capitaines de vaisseau und Capitaines de frégate;
Italien: [* 6] Capitani di vascello und Capitani di fregata;
Spanien: Capitanes de navio und Capitanes de fregata;
Rußland hat Kapitäne erster und zweiter Klasse. In Häfen haben häufig die sogen. Hafenmeister (s. d.) den Titel Hafenkapitän.
(lat.), s. Capitatio. ^[= (lat., von caput, "Kopf"), im alten Rom eine hauptsächlich auf den Grundbesitz gelegte ...]
(lat. capitulum, Diminutiv von caput, »Kopf«),
ein Hauptstück, besonders die Inhaltsverzeichnisse oder Summarien, welche man den einzelnen Abschnitten, in die man Schriften zum Behuf des bequemern Nachschlagens einteilte (gleichsam als die Köpfe derselben), vorzuschreiben pflegte, dann diese Abschnitte oder Abteilungen selbst. Die Einteilung der Bücher in Kapitel ist eine neuere Erfindung. Die Alten kannten nur eine in Bücher (libri), d. h. in verschiedene Rollen. [* 7] Zuerst ward die Bibel [* 8] in Kapitel eingeteilt; die jetzige Einteilung wird auf den Kardinal Hugo de St.-Caro im 13. Jahrh. zurückgeführt. Auf die Profanschriftsteller soll diese Einteilungsart Reuchlins Lehrer Johannes de Lapide zu Ende des 15. Jahrh. übertragen haben und zwar zuerst auf Theophrast und Gellius. - In Klöstern heißt Kapitel der Saal, wo den Mönchen früher täglich ein Abschnitt (Kapitel) ihrer Regel vorgelesen, später aber jede wichtigere Klosterangelegenheit, z. B. die Wahl eines Abtes u. dgl., verhandelt ward, daher bei Mönchsorden und geistlichen Ritterorden solche Versammlungen selbst Kapitel (Ordenskapitel) heißen. Es waren entweder Generalkapitel, wobei der ganze Orden [* 9] durch Deputierte, oder Provinzialkapitel, bei denen die Deputierten der Provinz eines Ordens zur Beratung zusammenkamen, oder endlich Kloster- und Hauskapitel, wozu bloß die Kapitularen oder Konventualen, d. h. die stimmfähigen Mitglieder des Klosters, sich versammelten, um spezielle Angelegenheiten desselben zu erörtern. Kapitel (Domkapitel) heißt das Kollegium der Kanoniker (Kapitularen, Stifts- oder Domherren) an einer bischöflichen oder erzbischöflichen Kirche, welches sich in der Regel aus einem Propst, Dechanten (Dekan), Scholastikus, Kantor, Kustos und noch einer Anzahl Domherren zusammensetzt und, wie ein Presbyterium oder Senat, dem Bischof beratend zur Seite steht, bei Erledigung des bischöflichen Stuhls durch den Tod des Bischofs oder bei sonstiger Sedisvakanz die auf die interimistische Verwaltung der Diözese bezügliche Jurisdiktion ausübt oder durch einen Kapitelsvikar ausüben läßt, den neuen Bischof wählt etc. und das Hoch- oder Domstift (s. Stift) bildet. Kapitel heißen oder hießen ferner die Logen der höhern Grade der Freimaurerei; früher führten auch Versammlungen bei andern Gesellschaften, die eine Zunft ausmachten, z. B. der Tuchscherer etc., diesen Namen.
(lat. Capitolium), die Burg des alten Rom und [* 10] als solche sowie als Stätte des römischen Nationalheiligtums, des gemeinsamen Tempels des Jupiter, der Juno und der Minerva, der religiös-politische Mittelpunkt des römischen Reichs, lag auf dem kapitolinischen Hügel (Mons [* 11] Capitolinus), der sich aus der an seinem Ostfuß liegenden Niederung des Forums zu 46 m Höhe ü. M. erhebt und durch eine ähnliche Senkung von dem südöstlich liegenden palatinischen Hügel getrennt wird.
Dieser kleinste der sieben Hügel Roms (sein Umfang beträgt 1000 m) bildet in seinem Zug von SW. nach NO. drei Abteilungen: den südwestlichen Gipfel mit dem Palast Caffarelli (jetzt deutsche Botschaft), den nordöstlichen höhern mit der Kirche Santa Maria in Araceli und die beide trennende Vertiefung mit den Museen. In dieser Vertiefung (intermontium) hatte Vejovis (der jugendliche Jupiter) zwischen zwei Hainen ein (angeblich von Romulus gegründetes) Heiligtum, das als Zufluchtsstätte für flüchtige Verbrecher galt.
Als Sitz der höchsten Staatsgötter erhielt der Berg den Namen Mons Capitolinus oder Hauptberg. Der nur aus der Südostseite nach dem Forum [* 12] zu durch einen fahrbaren Weg (Clivus Capitolinus) zugängliche, sonst überall steil abfallende Berg wurde der Sage nach bereits durch Servius Tullius mit einem Mauerring umgeben, von dessen Unterbauten an der Nordwestseite noch Überbleibsel gefunden wurden. Aber erst die Tarquinier erhoben den Berg durch den Tempelbau zu seiner staatlichen Bedeutung als idealen Hauptes der Siebenhügelstadt.
Unter Tarquinius Priscus begonnen, wurde der Bau nach Vertreibung des Tarquinius Superbus 506 vollendet; die Bauleute waren Etrusker, doch trug der Tempel [* 13] in mehrfacher Hinsicht ein griechisches Gepräge. Daß derselbe an Stelle des Palastes Caffarelli und nicht, wie vielfach behauptet wurde, an Stelle der Kirche von Araceli gestanden hat, ist durch die 1867, 1875 und 1876 unter Leitung von Jordan und Lanciani angestellten Ausgrabungen endgültig erwiesen worden.
Noch ragen die Quadermauern aus Tuff gegen 5 m hoch aus der Tiefe des Felsbodens empor, auch sind sicher dem Tempel angehörige Architekturfragmente aus Marmor gefunden worden. Der Tempel hatte einen Umfang von 250 m (die Langseiten maßen 74, die Schmalseiten 51 m), die Vorhalle hatte dreimal sechs Säulen, [* 14] welche etruskisch weit (9,2 m von Zentrum zu Zentrum) voneinander abstanden; zu ihr führte eine Freitreppe, vor welcher der Opferaltar stand. Der umgebende Tempelhof (Area Capitolina), in dem sich zahlreiche Heiligtümer (darunter das des Jupiter tonans) und Denkmäler befanden, und in dem auch die jährlichen Feste beim Amtsantritt der Konsuln gefeiert wurden, war mit einer Mauer umgeben. Außerhalb der Mauer an der Südseite des Hügels lag der Tarpejische Fels, von welchem in älterer Zeit die Staatsverbrecher hinabgestürzt wurden, der aber infolge zahlreicher Erdrutsche nicht mehr nachweisbar ¶
ist. Lag der Tempel aus dem südwestlichen, 43,5 m hohen Gipfel des Doppelhügels, so war auf dem nordöstlichen, 46 m hohen die Burg (Arx) errichtet; 344 v. Chr. wurde hier ein Tempel der Juno Moneta erbaut, mit dem später auch das Münzamt verbunden wurde. Nach dem Forum zu war der Platz begrenzt durch das großartige Tabularium mit dem Staatsarchiv, von Quintus Lutatius Catulus 78 v. Chr. errichtet, dessen Unterbau aus Peperinquadern in das Untergeschoß des jetzigen Senatorenpalastes verbaut ist; von hier führte der Clivus Capitolinus zum Forum hinab.
Der Tempel wurde wiederholt durch Feuer zerstört, aber immer wieder und unter Beibehaltung des alten Grundplans, jedoch in größerer Höhe und mit prächtigerer Ausstattung aufgebaut, so 69 v. Chr. durch Lutatius Catulus, 70 n. Chr. durch Vespasian und zehn Jahre später durch Domitian, welcher die gewaltigen Säulen von pentelischem Marmor anordnete. Im frühen Mittelalter verscholl der Tempel; damals trug der kapitolinische Hügel nur ein monumentales Gebäude, die Kirche Santa Maria in Araceli, auf dem nordöstlichen Gipfel. Mit dem Erwachen des städtischen Freiheitsgeistes wurde das Kapitol wieder politisches Zentrum der Stadt; über den Trümmern des Tabulariums erhob sich im 13. Jahrh. der Senatorenpalast, 1348 wurde die große Treppe [* 16] von Araceli angelegt. - Die jetzige Gestalt des Kapitols beruht auf den Plänen Michelangelos, den Papst Paul III. mit einer würdigen Ausschmückung der alten Nationalstätte betraute, der selbst aber nur die herrliche Doppeltreppe vor dem Senatorenpalast ausführen konnte. Auf der früher schroff abfallenden Nordwestseite des Hügels führt seitdem von der modernen Stadt her (neben der Treppe von Araceli) eine breite Rampe, an deren Fuß zwei altägyptische Löwen [* 17] (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 18] I«, [* 15] Fig. 5) aus Basalt ruhen, hinauf zur Piazza di Campidoglio, die im wesentlichen das alte, nur etwas erhöhte Intermontium einnimmt. Am obern Ende der Rampe stehen auf kräftigen Piedestalen die antiken Statuen von Kastor und Pollux mit ihren Pferden, während die Mitte des Platzes die schöne, einst ganz vergoldete bronzene Reiterstatue des Kaisers Mark Aurel einnimmt. Im Hintergrund erhebt sich der Senatorenpalast mit der erwähnten Freitreppe, schöner Brunnenanlage und viereckigem Turm, [* 19] rechts der Konservatorenpalast (mit einer ausgezeichneten Sammlung antiker Bronzen, Marmorstatuen, Reliefs, einer etruskischen Sammlung, Büsten berühmter Männer, einer Gemäldesammlung), gegenüber das berühmte Museo Capitolino, das eine ausgezeichnete Sammlung von Antiken, eine Schöpfung der Päpste, enthält.
Vgl. Jordan, Kapitol, Forum und Sacra Via (Berl. 1881);
Righetti, Descrizione del Campidoglio (Rom 1835-50, mit 390 Tafeln).
Nach dem Vorbild des Kapitols in Rom besaßen übrigens auch andre Städte des römischen Reichs Kapitole als munizipale und religiöse Zentren, z. B. Verona, [* 20] Benevent, Cirta und Lambäsis in Numidien, Besançon [* 21] etc. (vgl. Kuhfeldt, De capltoliis imperii romani, Berl. 1883), wie denn auch der Palast des Vereinigte Staaten-Kongresses in Washington [* 22] den Namen Kapitol führt.
Hochzeit, antike marmorne Einfassung eines Brunnens im kapitolinischen Museum zu Rom (im 18. Jahrh. vor der Porta del Popolo gefunden), auf welcher die zwölf Götter in feierlichem Zug und in archaisierender Auffassung dargestellt sind.
Man glaubt, daß die Hochzeit der Athene [* 23] und des Herakles [* 24] das Motiv der Darstellung bildet.
Wölfin, antike, wahrscheinlich von etruskischen Künstlern ausgeführte Bronzefigur einer Wölfin mit den (in späterer Zeit hinzugefügten) saugenden Zwillingen Romulus und Remus.
Niebuhr hält sie für das von den Ädilen Gnäus und Quintus Ogulnius 296 v. Chr. am Ficus ruminalis errichtete Monument (Liv., X, 23);
sie wurde im 15. Jahrh. am Palatin gefunden und befindet sich jetzt im Konservatorenpalast auf dem Kapitol in Rom.
s. Kapitulation. ^[= (neulat.), 1) Vertrag, namentlich eine in verschiedene Abschnitte (Kapitel) eingeteilte völkerrecht ...]
durch Kabinettsorder vom errichtete Schulen bei den Truppenteilen, die von sämtlichen Unteroffizieren besucht werden müssen, zu denen aber nur diejenigen Mannschaften kommandiert werden dürfen, die sich zum Weiterdienen verpachten, also kapitulieren (s. Kapitulation). In ihnen werden zwei Stufen gebildet: durch den Unterricht in der ersten sollen die Kapitulanten die zur Erfüllung ihrer militärischen Dienstpflicht erforderlichen Schulkenntnisse erhalten;
in der zweiten Stufe sollen sie die allgemeine Schulbildung erlangen, die von den Feldwebeln gefordert werden muß, und deren sie bedürfen, um die den versorgungsberechtigten Militärpersonen vorbehaltenen Zivilstellen ausfüllen zu können.
Der Unterricht wird von Offizieren des Regiments (ausnahmsweise von befähigten Unteroffizieren) und von Zivillehrern erteilt; Schulzeit ist vom 1. Okt. bis 1. April. Wenn das ganze Regiment in Einer Garnison steht, wird für dasselbe nur Eine Kapitulantenschule eingerichtet. Es können aber auch verschiedene Truppenteile, selbst verschiedene Waffen, [* 25] einer Garnison gemeinschaftlich eine Schule einrichten. Bei der Artillerie, den Pionieren und dem Eisenbahnregiment dürfen noch weitere der Waffe entsprechende Unterrichtsgegenstände zu den obigen hinzutreten.
Vgl. v. Wedell, Leitfaden für den Unterricht auf der Kapitulantenschule (6. Aufl., Berl. 1885).
(Domkapitular), s. Kapitel. ^[= (lat. capitulum, Diminutiv von caput, "Kopf"), ein Hauptstück, besonders die Inhaltsverze ...]
s. Capitularia. ^[= (lat.), in Kapitel eingeteilte Schriftstücke. Schon die merowingischen Könige ...]
(neulat.), 1) Vertrag, namentlich eine in verschiedene Abschnitte (Kapitel) eingeteilte völkerrechtliche Abmachung; insbesondere ein Vertrag zwischen zwei kriegführenden Korps wegen Einstellung des Kampfes. Fehlt es der Besatzung eines festen Platzes an Munition oder an Lebensmitteln, so ist die Kapitulation selbstverständlich. Ob es Zeit zur Kapitulation ist, wenn die Kontreskarpe in Feindeshand oder die Bresche gangbar ist, läßt sich gesetzlich nicht vorausbestimmen, hängt vielmehr von mancherlei Nebenumständen, vor allem von der Energie des Kommandanten, ab, ebenso wie die Bestimmung des Zeitpunktes für den dehnbaren Begriff, wann ein weiterer Widerstand nutzlos ist.
Will der Kommandant wegen der Kapitulation unterhandeln, so gibt er dies dem Angreifer gewöhnlich durch Aufziehen einer weißen Fahne zu erkennen und entsendet Parlamentäre zur Unterhandlung über die Kapitulationsbedingungen. Die Unterzeichnung der Kapitulation selbst geschieht durch die beiderseitigen Oberbefehlshaber. Die Bedingungen sind für die Besatzung im günstigsten Fall Abzug mit Waffen und militärischen Ehren in die Heimat, wie bei der Kapitulation von Belfort [* 26] 1871, mit der Verpflichtung, eine bestimmte Zeit nicht gegen den Sieger zu dienen, auch unter Mitführung eines gewissen Teils der Waffen, Geschütze [* 27] etc., meist aber die, daß die Besatzung kriegsgefangen und alles Staatseigentum in statu quo an den Sieger übergeben wird. Nach Vereinbarung von Zeit und Ort findet die Übergabe der Besatzungstruppen und Einzug des Siegers in die Festung, [* 28] Übergabe der Pulvermagazine, ¶
Festungspläne etc. an hierzu delegierte Offiziere statt. Kapitulationen von größern Truppenmassen oder Armeen im freien Feld kommen, wie leicht begreiflich, selten vor; besonders bekannte und historisch wichtige Fälle sind: die Kapitulation der Sachsen [* 30] bei Pirna [* 31] die des preußischen Generals Fink bei Maxen 1759, die Kapitulation des Fürsten Hohenlohe bei Prenzlau [* 32] Blüchers bei Ratkau Görgeis zu Világos Die denkwürdigste Kapitulation aber ist die von Sedan [* 33] durch welche sich Napoleon III. mit einer Armee von 83,000 Mann, der Festung Sedan und allem Kriegsmaterial den Deutschen ergab. Daneben ist vornehmlich der Kapitulation von Metz [* 34] und der von Paris [* 35] zu gedenken.
2) Kapitulation oder Dienstverpflichtung heißt im deutschen Heer der Akt, durch welchen Soldaten bis zum Feldwebel aufwärts sich verpflichten, über die gesetzliche Dienstzeit hinaus weiterzudienen. Die Kapitulation erfolgt in der Regel auf ein Jahr. Nur Leute, welche Aussicht geben, brauchbare Unteroffiziere zu werden, dürfen, ausgenommen bei der Kavallerie, als Kapitulanten angenommen werden. Als Abzeichen tragen sie die Säbeltroddel der Unteroffiziere und eine schmale schwarzweiße Borte quer an dem untern Teil der Achselklappe. Eine gerichtliche Bestrafung mit Arrest von sechs Wochen Dauer macht die Kapitulation hinfällig. Nach dem zwölften Dienstjahr des Kapitulanten hört die jährliche Erneuerung der auf, derselbe kann dann nur mit seiner Zustimmung entlassen werden. - Ferner bezeichnet man mit Kapitulationen die völkerrechtlichen Verträge, welche in frühern Zeiten zwischen der Türkei [* 36] und fremden Mächten abgeschlossen wurden und zumeist die Stellung der dort lebenden sogen. Franken betrafen.
Der Ausdruck Kapitulation erklärt sich daraus, daß man ehedem mit der Türkei keinen eigentlichen Frieden, sondern nur Waffenstillstand abzuschließen pflegte. In neuerer Zeit bezeichnet man mit Kapitulation die zum Zweck des Rechtsschutzes der in Ägypten [* 37] lebenden Fremden mit der dortigen Regierung getroffenen Vereinbarungen. Es bestehen jetzt dort drei internationale Gerichte erster Instanz in Alexandria, Kairo [* 38] und Zagazig, ein Appellhof in Alexandria und ein periodisch zusammentretendes Schwurgericht.
Die Richter sind teils Fremde, teils Eingeborne, die zwölf Geschwornen nur Fremde und zwar jedesmal zehn derselben von der Nationalität des Angeklagten. Die Jurisdiktion dieser Gerichte, welche regelmäßig nach der Gesetzgebung des Staats entscheiden, dem der Fremde angehört, erstreckt sich aber nicht nur auf die Fremden, sondern auch auf Streitigkeiten zwischen Einheimischen und Fremden.
Vgl. »La réforme judiciaire en Égypte et les capitulations« (Alexandria 1874);
Mikorios, Les consuls en Orient et les tribunaux mixtes (Genf [* 39] 1881).
Endlich ist Kapitulation gleichbedeutend mit Wahlkapitulation (s. d.).
(franz.), eine Kapitulation (s. d.) eingehen, sich ergeben (von Festungen etc.);
auch von Soldaten: nach absolvierter Dienstzeit weiterdienen (s. Kapitulation 2).
s. v. w. Gurjunbalsam. ^[= (Holzöl, Wood-oil, Balsamum Dipterocarpi s. Garjanae), ein dem Kopaivabalsam ähnlicher Harzsaft, ...]
s. Kapland. ^[= (hierzu Karte "Südafrika"), brit. Kolonie, umfaßt den südlichsten Teil ...]
(holländ., auch Primage, Primgeld), eine bei Versendungen zur See außer der Fracht nach Prozenten von dieser bedungene Zahlung.
Dieselbe kam ursprünglich dem Kapitän zu.
(franz. Chapelain), ursprünglich der Geistliche, welcher einer Kapelle (s. d.) vorstand. Im fränkischen Reich hießen so auch die Sekretäre und Notare der Könige, weil sie anfangs den Gottesdienst in der Hofkapelle hielten.
Der oberste dieser Geistlichen hieß Archikaplan. In England ist der ein Hausprediger, welcher zum Haushalt des Hofes, eines Bischofs, gewisser weltlicher Standespersonen oder hoher Beamten gehört, oder welcher in einer öffentlichen Anstalt, beim Heer oder in der Flotte angestellt ist.
(Kapkolonie, hierzu Karte »Südafrika«), [* 40]
brit. Kolonie, umfaßt den südlichsten Teil von Afrika [* 41] und wird im W., S. und O. vom Meer, dem Atlantischen und Indischen Ozean, umgeben; Grenzländer im N. sind Lüderitzland, Groß-Namaqualand, das Gebiet der Betschuanen, Transvaal, die Oranjerepublik und Natal. Die Kapkolonie besteht aus folgenden im Lauf der Zeit erworbenen Ländern (s. unten):
QKilom. | QMeil. | Bevölkerung 1885 | darunter Weiße | ||
---|---|---|---|---|---|
Kapkolonie | 516855 | 9387 | 914000 | 328000 | |
Dependenzen | |||||
Walfischbai | 1243 | 23 | 800 | ||
Transkai | 6565 | 119 | 119552 | 820 | |
Tembuland | 10502 | 191 | 122638 | 8320 | |
Ostgriqualand | 19373 | 352 | 96180 | 3066 | |
Kapkolonie: | 554538 | 10072 | 1253170 | 340186 |
In nicht politischem Zusammenhang mit der Kapkolonie stehen die angrenzenden direkt von der britischen Krone durch den Gouverneur der Kapkolonie verwalteten Protektorate:
Qkilom. | QMeil. | Einw. | |
---|---|---|---|
Basutoland | 26655 | 484 | 128176 |
Betschuanenland | 477835 | 8678 | 478000 |
Pondoland | 9324 | 169 | 150000 |
Vom Betschuanenland, das vom 20.° östl. L. bis zur Grenze von Transvaal und von der Nordgrenze der Kapkolonie bis zum 22.° südl. Br. reicht und zum größten Teil von der Kalahariwüste eingenommen wird, stehen indes nur 120,430 qkm (2187 QM.) unter britischer Verwaltung, der Rest ist reserviert.
Die atlantische Küste ist meist niedrig und sandig, die vom Indischen Ozean bespülte dagegen ist felsig und steigt kühn vom Meer auf. Die meisten Baien und Küsteneinschnitte sind ungenügend geschützt, nur die wenig besuchte Saldanhabai an der atlantischen Küste bietet Schiffen zu jeder Jahreszeit eine sichere Zuflucht. Hier sind noch zu nennen: Port Nolloth im N., der Endpunkt einer Eisenbahn von den Kupferminen von Namaqualand, die große, ganz offene St. Helenabai und die Tafelbai, der Hafen der Kapstadt, [* 42] früher sehr übel berufen, jetzt aber durch großartige Hafendämme gesichert; dann folgen an der Südküste die durch die Halbinsel des Kaps der Guten Hoffnung gebildete Falsebai mit der wohlgeschützten Simonsbai, Station der britischen Marine, ferner Mosselbai, die Knysnamündung, die Algoabai mit Port Elizabeth, dem verkehrsreichsten Hafen der Kolonie, der aber ebenso wie Port Alfred und die Mündung des Buffalo, der Hafen von East London, erst durch kostspielige Arbeiten gesichert werden mußte.
Das Kapland steigt terrassenförmig vom Meer auf. Diese Terrassenbildung ist schon im Meer in der sogen. Nadelbank erkennbar, die vom Kap her bis Port Natal die Küste umsäumt. Auf dem Land erhebt sich die erste Terrasse in 60-300 m Meereshöhe in verschiedener Ausdehnung. [* 43] Am breitesten (110 km) ist sie im NW.; südwärts nimmt ihre Breite [* 44] ab, und um die Kapstadt beträgt sie kaum 15 km. Auf dem Süd- und des Kaplandes erscheint die niedrige Küstenzone wieder, die namentlich an der Mossel- und Falsebai durch mehrere an die Küste tretende Gebirgsmassen unterbrochen wird, die hier als 60-900 m hohe ¶
SÜD-AFRIKA.
Europäische Gebiete:
Deutsche [* 47]
SÜDWESTDEUTSCHLAND im Maßstab der Hauptkarte.
Felswände am Meer stehen. Ostwärts, bei Grahamstown, steigt der Küstenstrich bis zu 300 m an. Nördlich und östlich von dem niedrigen Küstenstrich erhebt sich mit mauerförmig ansteigenden Wänden bis zu 900 m absoluter Höhe eine zweite Terrasse, deren oberer Rand mit Höhenzügen besetzt ist, von denen die am Südrand die Großen Schwarzen Berge (Groote Zwarteberge) heißen. Von dem westlichen Beginn derselben zweigt sich ein langer Bergzug in östlicher Richtung ab, die Kleinen Schwarzen Berge (Kleene Zwarteberge).
Durch diese Gebirge, welche stufenartig von S. nach N. aufsteigen und zum Teil pralle Wände darbieten, kann man nur mittels enger, schluchtenartiger Querthäler (Kloofs, »Klüfte«) gelangen. Die Ebene der zweiten Terrasse erstreckt sich nördlich von denselben in ca. 150 km Breite und 520-600 km Länge von W. gegen O., etwa in 900 m Meereshöhe, die jedoch im westlichen Teil bis 1500 m sich erhebt. Man nennt diese große Terrassenebene Karroo, was in der Hottentotensprache »hart« heißt; sie besteht aus rotem, eisenhaltigem Thon, der in der heißen und trocknen Jahreszeit so hart wie gebrannter Ziegelstein wird.
Während der Regenzeit verändert sich aber die Karroo gewöhnlich sehr bald in ein schönes Blumen- und Grasmeer, voll von saftigen, alkalireichen Gewächsen, welches während dieser Zeit (etwa drei Monate) als vortreffliches Weideland benutzt wird. An den wenigen Punkten, wo die Terrassenebene beständig fließende Quellen hat, haben sich Oasen mit einer seßhaften ackerbauenden Bevölkerung [* 49] gebildet. Die dritte Terrasse begrenzend, zieht sich nördlich von der Karroo eine Reihe von Tafelgebirgen hin, welche im wesentlichen von O. nach W. verlaufen. Es sind dies die Roggeveldberge (mit dem 1600 m hohen Komsberg), die Winterberge, die Schneeberge nördlich von Graaff-Reynet (mit dem 2600 m hohen Kompaßberg), an welche sich, nordöstlich verlaufend, die Zuur- und Stormberge anschließen.
Die Oberfläche der dritten oder Garipterrasse besteht fast durchweg aus weiten Flächen, aus denen sich einzelne Bergreihen und zahlreiche isolierte Kuppen erheben. Wenige Flüsse [* 50] nur beleben hin und wieder für wenige Monate im Jahr diese öden, wasserlosen und menschenleeren Distrikte. Was den geologischen Charakter des Kaplandes betrifft, so besteht im W. und in Namaqualand bis zum Olifantfluß im S. der Boden aus Gneis und Schiefer, die an vielen Stellen von neuern Bildungen überdeckt sind; im südlichen Teil dieser Region tritt der darunterliegende Granit zu Tage.
Südlich vom Olifantfluß ist letzterer dagegen ganz bedeckt und wird nur an wenigen Stellen sichtbar. Die Kamiesberge bestehen fast nur aus Granit und Gneis. Der Gneis des Namaqualandes führt nicht selten Kupfer [* 51] und andre Metalle. Die Grundlage des Tafelbergs und des Landes bis zum Olifantfluß bilden sehr geneigte Thonschieferschichten, welche auf Granit liegen, der sie häufig durchdrungen hat. Alle genannten Schichten überlagert an verschiedenen Stellen eine harte Quarzmasse, oben im allgemeinen horizontal liegend, wie auf dem Tafelberg.
Das Kapland gehört in seinem größten Teil zu den wasserarmen Strichen des afrikanischen Kontinents; nur die östlichern Distrikte sind reicher an Quellen und größern fließenden Gewässern. Dazu bringt die außerordentliche Hitze während mehrerer Monate des Jahrs die Quellen, deren Bildung schon durch den auffallenden Mangel hoher Gebirgszüge des Kontinents außerordentlich erschwert wird, größtenteils zum Versiegen. Die Bäche und Flüsse enthalten meist nur Regenwasser und verschwinden in der trocknen Epoche, während sie in der nassen in der kürzesten Zeit zu einer enormen Höhe anschwellen.
Der einzige perennierende und zugleich der bedeutendste Fluß des Kaplandes ist der Oranje oder Kai Garip. Er entsteht aus mehreren großen Quellströmen, die in Transvaal, der Oranjerepublik und dem Basutoland liegen. Nächst ihm ist der Große Fischfluß des östlichen Kaplandes zu nennen, der jedoch nicht perennierend ist. Zu den namhaftesten Küstenflüssen, die in der trocknen Jahreszeit meist versiegen, gehören im W. der Olifant und der Buffalo, im S. der Breedo, Gauritz, Gamtoos und Zondag, im O. der Große Kai und der Umzimkulu. Seen gibt es nicht, nur flache Pfuhle, Vleis, die, wo der Boden nicht salzig ist, im Sommer mit saftigem Grase sich bedecken. Auf den beiden innern Terrassen treten mit Kochsalz, Bittersalz und Schwefelwasserstoffgas geschwängerte kalte Quellen, zu Caledon und Uitenhage einige Thermen, teils schwefel-, eisen- und manganreiche, teils alkalische, zu Tage.
Das Klima ist infolge der großen Ausdehnung und mannigfaltigen Konfiguration des Landes in den einzelnen Teilen sehr verschieden, im allgemeinen zeichnet es sich durch große Trockenheit und Gesundheit aus; in den niedrigen Strichen der Westküste sind indes Fieber nicht ungewöhnlich. Die Niederschläge sind im O. häufiger, nehmen aber, aufgehalten durch scharf abfallende Höhenzüge, nach W. mehr und mehr ab. Das feuchtere Land bildet im S. und SW. einen schmalen Gürtel, [* 52] der sich nach NO. immer mehr verbreitert.
Das Innere ist überaus trocken, völlig dürr aber Namaqualand. Die durchschnittliche Jahrestemperatur ist in Kapstadt 13,47° R. (Sommer 16,97,° Winter 10,48° R.); im Innern sind die Unterschiede zwischen Sommer und Winter weit größer und überall der schnelle Wechsel der Tagestemperatur sehr bedeutend. Schnee [* 53] tritt nur in hochgelegenen Gegenden auf, in Kapstadt hat man den Tafelberg nur einmal mit Schnee bedeckt gesehen. In den Hochländern ist die Wirkung der Schneestürme auf die organische Natur eine sehr feindliche. Gewitter treten in den Hochsteppen mit außerordentlicher Heftigkeit auf. Stürme, von NW. im Winter, von SO. im Sommer kommend, sind sehr häufig und nicht selten verheerend.
Die Vegetation des Kaplandes ist eine sehr artenreiche und in den hinlänglich mit Wasser versehenen Distrikten eine strotzende und kräftige. Wälder finden sich nur in den Küstengebieten, welche von den höher liegenden Ebenen des Innern mit reichlichem Wasser versorgt werden. Sie beginnen 300 km östlich vom Kap in den Outeniquabergen und ziehen von dort, günstigen Örtlichkeiten folgend, in den Georgedistrikt und von da in den Knysnadistrikt, wo sich von den Bergen [* 54] bis zur Küste die Zitgikamma über 5000 qkm ausdehnt.
Von da ab weiter östlich zeigen die den feuchten Seewinden ausgesetzten Bergabhänge, Flußufer und Thalschluchten wirklichen Hochwald. Weit größere Striche bedeckt der Niederwald, der, höchstens 10, durchschnittlich 3-4 m hoch, sich meist ängstlich an die Flußthäler anschließt, in den Ebenen aber sich in Gehölzgruppen und vereinzelte krüppelhafte Bäumchen auflöst. Waldlos sind dagegen Klein-Namaqualand, das Buschmannland, die Große Karroo, die nördlichen Abhänge des Roggeveld, der Schneeberge, Winter- und Stormberge bis weit jenseit des Oranjeflusses. Von den einheimischen Tieren ist der Löwe nur noch im NO. zu treffen, der Elefant [* 55] gelegentlich in den Wäldern der Südostküste, das Flußpferd in den ¶
Wassern der Küstenflüsse von Britisch-Kaffraria und des Oranje; Rhinozeros und Giraffe sind längst über die Grenzen [* 57] hinaus verscheucht worden, der Büffel schweift noch im Knysnawald und in den Dickichten des Großen Fischflusses umher, und das Zebra ist noch in den Bergen zu treffen, während Schakale, Wölfe, Hyänen, wilde Hunde [* 58] und Affen [* 59] sich noch immer behaupten. Gnu, Hartebeest und Springbock sind noch hier und da in Herden zu treffen, ebenso vereinzelt der Strauß, [* 60] den man jetzt züchtet. Schlangen, [* 61] darunter einige sehr giftige, sind zahlreich. Heuschrecken [* 62] werden namentlich in den nördlichen und östlichen Distrikten oftmals zur empfindlichen Plage. Sehr reich an Fischen aller Art sind die das Land bespülenden Meere.
Die ursprüngliche Bevölkerung des Kaplandes, die Hottentoten, ist zuerst durch von O. her vordringende Kaffern, dann durch die europäische Einwanderung mehr und mehr verdrängt worden und bildet jetzt nur noch einen verhältnismäßig unbedeutenden Teil des Volkes. Die Europäer, ursprünglich Holländer, zu denen in der Folge Engländer und auch Deutsche kamen, führten Malaien und einige Neger ein, so daß diese verschiedenen Völkertypen mit den zwischen ihnen hervorgegangenen Mischlingen in der eigentlichen Kapkolonie eine recht bunte Musterkarte abgeben. Die Gesamtzahl der dortigen Bevölkerung wurde durch den letzten Zensus von 1875 auf 720,984 ermittelt, wie folgt:
Europäer und andre Weiße | 236783 |
Kaffern und Betschuanen | 214133 |
Hottentoten | 98561 |
Mischlinge | 87184 |
Fingu | 73506 |
Malaien | 10817 |
Von dieser Bevölkerung waren 369,628 männlichen und 351,356 weiblichen Geschlechts. Die Bevölkerung des ganzen Kaplandes betrug 1885, wie oben angegeben, 1,253,170 Seelen.
Die Hauptbeschäftigungen der Kolonisten sind Viehzucht, [* 63] Bergbau [* 64] und Ackerwirtschaft. Die Viehzucht findet namentlich in den großen zentralen Distrikten günstige Bedingungen, wo das trockne Klima [* 65] und die salzhaltigen Pflanzen der Karrooebenen den Schafen sehr zusagen, die den Hauptbestand des Viehstapels ausmachen. Nach der letzten Zählung von 1875 gab es in der Kolonie 235,303 Pferde [* 66] und Esel, 1,111,713 Rinder, [* 67] 9,986,240 Schafe, [* 68] 3,960,722 Ziegen und 21,751 Strauße.
Die Schafe, das Resultat der Kreuzung der einheimischen Fettschwanzschafe mit importierten Rassen, liefern eine geringere Wolle, deren Exportwert sich 1885 auf 1,426,108 Pfd. Sterl. belief. Ihre Zahl hat, wie die des Viehstandes überhaupt, infolge der zu starken Besetzung der meist nur magern Weiden und deren dadurch erfolgter Verschlechterung bedeutend abgenommen. Die Ausfuhr des Haars der Angoraziegen (1875 zählte man 877,988) ist fortwährend im Steigen und betrug 1885: 204,018 Pfd. Sterl. Die Straußenzucht gehört jetzt zu den bedeutendsten Erwerbsquellen der Kolonie; 1857 wertete die Ausfuhr von Federn erst 10,000, aber 1885 bei sehr gefallenen Preisen 585,278 Pfd. Sterl. Andre wichtige Exportartikel der Viehzucht sind Häute und Felle.
Der Ackerbau, welcher vornehmlich in den Küstenstrichen, in der Nachbarschaft der Kapstadt, in Zurburg, Lower Albany und Oliphant's Hoek, gedeiht, befriedigt die Bedürfnisse keineswegs, so daß jährlich ansehnliche Posten von Getreide [* 69] und Mehl [* 70] eingeführt werden müssen. Der Weinbau, schon 1653 begonnen, ermöglichte 1859 einen Export im Wert von 153,000 Pfd. Sterl., der aber seitdem auf ein Zehntel dieses Wertes sank und 1883 ausnahmsweise 21,474 Pfd. Sterl. betrug.
Die bekanntesten Sorten sind Constantia, Pontac, Steen, Haniput. Bergbau auf Kupfer wird seit 1852 im Klein-Namaqualand betrieben und das Erz auf einer zu diesem Zweck gebauten Bahn nach Port Nolloth befördert, um dann nach England zur Verschmelzung verschifft zu werden; seit 1852 sind 268,215 Ton. Kupfer exportiert worden. Viel wichtiger ist aber die Gewinnung von Diamanten, deren Existenz 1867 entdeckt wurde. Von 1872 bis 1880 war das Bergwerk von Kimberley Hauptproduzent, seit 1880 traten ihm andre ebenbürtig zur Seite.
Behufs Besteuerung schätzte man 1881 die beiden der Regierung gehörigen Minen Kimberley und De Beers zu 2,850,000, resp. 2,065,551 Pfd. Sterl. und die der London [* 71] and South African Exploration Company gehörigen, Du Toitspan und Bultfontein, auf 10 Mill. Pfd. Sterl. Auf legalem Weg (der Schmuggel ist nicht unbedeutend) verließen bis Ende 1885 die Kolonie Diamanten im Wert von 34,514,997 Pfd. Sterl.; 1885 betrug die Ausbeute in den genannten Minen 2,489,659 Pfd. Sterl., gefördert durch 11,457 Farbige und 1911 Weiße.
Dagegen ist die Ausbeute von Kohle in den Divisionen Wodehouse und Albert nach Menge und Wert unbedeutend, daher 1885 für 129,126 Pfd. Sterl. eingeführt wurde; Gold [* 72] wird zwar nicht im K. gewonnen, aber über dasselbe von Transvaal ausgeführt. Seefischerei wird an der Küste betrieben (Ausfuhr von getrockneten Fischen 22,198 Pfd. Sterl.). Alle sonstigen Industrien stehen in den Anfängen, daher ist die Einfuhr von Industrieprodukten aller Art eine sehr ansehnliche.
Dieselbe wertete 1885 bei sehr gedrückten Verhältnissen 4,772,904 Pfd. Sterl. gegen eine Ausfuhr von 5,811,444 Pfd. Sterl., worin aber die nicht genau zu ermittelnde Diamantenausfuhr nicht inbegriffen ist. Deutschlands [* 73] Anteil ist anscheinend ein geringer, da ein großer Teil des deutschen Handels über London geht. Die Haupthäfen der Kolonie sind Kapstadt, Port Elizabeth und East London, von geringerer Wichtigkeit Mosselbai, Port Nolloth, Simonstown, Port Beaufort, Port Alfred, St. John's River und Knysna.
In der Tafelbai, Algoabai, East London, Mosselbai und Port Alfred sind bedeutende Hafenbauten gemacht worden. In den Häfen der Kolonie klarierten 1885 ein 1175 Schiffe [* 74] von 1,646,227 Ton. Die Kapstadt besaß 32 Schiffe von 2310 T., Port Elizabeth drei Schiffe von 522 T. Die erste Eisenbahn wurde 1859 eröffnet, 1886 bestanden fünf Staatsbahnen: [* 75] zwei von Kapstadt, zwei von Port Elizabeth, eine von East London ausgehend, 2575 km lang, u. 2 Privatbahnen, von Port Alfred u. von Port Nolloth ausgehend, 218 km lang;
im ganzen 2793 km. Die Telegraphenlinien hatten 1885 eine Länge von 6926 km;
durch das von Durban nach Aden [* 76] gelegte submarine Kabel ist die Kolonie mit dem Mutterland verbunden.
Den Postdienst mit England vermitteln die Dampferlinien Union Steamship Co. u. Donald Currie and Co., so daß allwöchentlich ein Dampfer ankommt und abgeht. Münzen, [* 77] Maße und Gewichte sind die englischen; das Wechselrecht ist aber das niederländische. Es bestehen in der Kolonie elf Banken, von denen die bedeutendsten ihren Hauptsitz in London haben.
Das Kapland besitzt seit 1853 seine eigne Verfassung, wonach ein Oberhaus (Legislative Council) von 22 und ein Unterhaus (House of Assembly) von 72 Mitgliedern besteht. Die exekutive Gewalt ruht in den Händen des jeweiligen Gouverneurs, welcher von der britischen Regierung für bestimmte Zeit ernannt, aber von der Kolonie besoldet wird, und einem ¶
verantwortlichen Ministerium aus sechs Mitgliedern. Die von den beiden Häusern beschlossenen Gesetze bedürfen der Genehmigung des Gouverneurs, eventuell der Königin, bevor sie in Wirksamkeit treten. Die Staatseinnahmen betrugen 1885: 3,327,578, die Ausgaben 4,108,019, die Staatsschulden 21,672,162 Pfd. Sterl. Vorherrschende Religion ist die holländisch-reformierte Kirche; doch gibt es auch viele Anglikaner, Lutheraner, Presbyterianer, Wesleyaner, Independenten, Katholiken.
Auch zahlreiche Juden haben sich angesiedelt. In der Kapstadt und Port Elizabeth ist die große Zahl der Malaien fast durchweg mohammedanisch, und es befindet sich bereits eine Moschee in der Kapstadt. Die Kaffern und Hottentoten sind meist Heiden, doch sind unter ihnen zahlreiche Missionsstationen angelegt; die Bastardrassen der Hottentoten sind meist im Christentum unterwiesen. In der eigentlichen Kapkolonie zählte man 1876: 365,089 Protestanten, 9667 Katholiken, 538 Juden, 11,214 Mohammedaner und 334,047 Heiden. Bis 1873 war das in zwei Provinzen: eine westliche und eine östliche, geteilt, seitdem aber zerfällt die Kolonie in sieben Provinzen: eine westliche, nordwestliche, südwestliche, mittlere, südöstliche, nordöstliche und östliche Provinz, wozu noch Basutoland, Nomansland, das St. John's- und das Transkaiterritorium nebst Westgriqualand kommen, im ganzen 52 Divisionen und 7 Native Districts. Hauptstadt der Kolonie ist Kapstadt (Capetown).
Das Kapland ward zuerst, nachdem eine Umseglung durch die beiden Genuesen Vivaldi 1291 in Vergessenheit geraten war, 1487 von dem Portugiesen Bartholomeu Dias (s. d.) erreicht und 1497 von Vasco da Gama umschifft. Da es jedoch den Portugiesen nur um den Weg nach Indien zu thun war, so legten sie keine Kolonie im K. an. Erst 1601 ließ es die Holländisch-Ostindische Kompanie mit einer Kolonie besetzen. 1652 gründeten die Holländer an der Stelle der jetzigen Kapstadt das erste Fort. Die Kolonisten (boeren, Buren) hatten anfangs mit den Hottentoten blutige Kämpfe zu bestehen, bis sich diese unterwarfen oder in entferntere Gegenden zurückzogen.
Bald drangen die Buren bis an die Grenzen des Kaffernlandes vor, und die Kolonie gedieh zu solcher Blüte, [* 79] daß, als den Generalstaaten von seiten Ludwigs XIV. ernste Gefahr drohte, die reichsten Holländer nach dem Kapland und nach Batavia [* 80] überzusiedeln beabsichtigten. Nachdem 1782 im nordamerikanischen Krieg ein Angriff der Engländer auf das Kapland mißlungen war, nahmen es diese in Besitz. Zwar ward das Land nach dem Frieden von Amiens [* 81] 1803 den Holländern zurückgegeben, doch schon 1806 eroberten es die Engländer von neuem und begannen es als ihr Eigentum staatlich zu organisieren. Im ersten Pariser Frieden 1814 erhielten sie es definitiv abgetreten.
Seitdem nahm das Kapland, namentlich durch den Verkehr mit England und Ostindien, [* 82] einen raschen Aufschwung. 1820 erhielt die Kolonie 4000 neue Ansiedler aus England. Dagegen erweckte die englische Regierung bei den holländischen Kolonisten große Unzufriedenheit dadurch, daß sie die Missionen in großer Menge zuließ, welche die Hottentoten gegen ihre holländischen Herren aufhetzten, und daß sie die Sklaverei aufhob, ohne genügende Entschädigung zu zahlen.
Sehr nachteilig waren die Einfälle der Kaffern in die nördlichen Gegenden der Kolonie, indem die nun beginnenden langwierigen Kämpfe mit diesen ganz den Charakter eines Vertilgungskriegs annahmen. Um 1835 wurde ein großer Strich Landes an der nordwestlichen Grenze des Kaplandes jenseit des Oranjeflusses erobert, Adelaide [* 83] genannt und durch eine Reihe von Forts und Blockhäusern gegen feindliche Einfälle gesichert. Einzelne Kaffernstämme unterwarfen sich nach und nach und erhielten Wohnsitze innerhalb des britischen Gebiets angewiesen.
Die englische Regierung stellte aber bald alle weitern Eroberungskriege ein und unterließ sogar den Schutz der Grenzen, so daß die Buren durch die Einfälle der Kaffern große Verluste erlitten. Daher beschlossen die holländischen Kolonisten 1836, auszuwandern. Wirklich zogen 5000 Mann unter Pieter Retief fort und siedelten sich im Gebiet des Zulufürsten Dingaan und bei Port Natal, einem Hafen südlich vom portugiesischen Gebiet, an, und trotzdem, daß Pieter Retief im Januar 1838 mit 70 der vornehmsten und angesehensten Auswanderer von den Kaffern verräterisch überfallen und erschlagen ward, kehrten die Übriggebliebenen nicht zurück, sondern zogen neue Auswanderer an sich und erklärten sich indem sie die Republik Port Natal gründeten, für unabhängig von England, wurden aber 1842 von den Engländern mit Gewalt gezwungen, Natal zu räumen, das 1856 zu einer besondern, vom Kapland unabhängigen Kolonie erhoben wurde. 1846 brach wieder ein blutiger Krieg mit den Kaffern aus, der endlich Anfang 1848 mit der Unterwerfung derselben und der Besitznahme von Britisch-Kaffraria endete.
Nun nahm der Gouverneur auch die von ausgewanderten Buren zwischen dem obern Oranje und Vaal besetzten Gebiete für England in Anspruch. Zwar erhoben sich die Buren unter Anführung ihres freiheitsliebenden und tapfern Generalkommandanten Pretorius, von mehreren Kaffernhäuptlingen unterstützt, zu bewaffnetem Widerstand; sie wurden aber bei Boom Plaats geschlagen. Die Mehrzahl wanderte nun über den Vaal und gründete die Transvaalsche Republik (s. d.). 12,000 Buren blieben im englischen Gebiet zurück.
Neue Unruhen begannen, als die englische Regierung trotz Protestes der Bevölkerung Sträflinge im K. ansiedeln wollte. Als ein Schiff [* 84] mit 280 Sträflingen an Bord in der Bucht St. Simon anlangte, stieg die Aufregung fast zur Empörung, und die Regierung hielt es für rätlich, nachzugeben. Am erklärte Lord John Russell im Unterhaus, daß den Kolonisten die Sträflinge nicht aufgenötigt und die nach dem Kapland Deportierten nach Vandiemensland weiter dirigiert werden sollten.
Damit waren aber die Kolonisten noch nicht zufrieden; sie verlangten außerdem Entschädigung der Grenzbewohner für die Verluste infolge des Kriegs, Teilung des Landes in eine östliche und westliche Hälfte, Verlegung des Regierungssitzes ins Zentrum des Landes, Eröffnung großer Verkehrslinien, vornehmlich aber eine volkstümliche, nicht bloß der Krone verantwortliche Verwaltung und Rechtspflege. 1850 brach ein neuer Kaffernkrieg aus, der infolge unglücklicher Kämpfe der englischen Truppen sehr gefährlich wurde und auch einen Aufstand der bisher friedlichen Hottentoten zur Folge hatte. Die weiße Bevölkerung, durch Verweigerung der wiederholt erbetenen Verfassung gereizt, beteiligte sich sehr lau an der Verteidigung der Kolonie. Nur die energische Kriegführung des Generals Cathcart, der mit einem ansehnlichen Truppenkorps aus England herbeikam, brachte es dahin, daß mehrere Häuptlinge um Frieden baten, der mit ihnen abgeschlossen ward. Nach demselben sollte der Fluß Kai die Grenze ¶