dem Höcker auffallend verlängertem Haar, starken Schwielen aus der Brust, dem Ellbogen, Handgelenk, am Knie und Fersengelenk.
Die Farbe wechselt von hell sandgelb bis schwarz. Die Stimme ist ein häßliches Brüllen; von den Sinnen ist das Gehör wohl
am besten ausgebildet, viel weniger jedenfalls das Gesicht und am mindesten der Geruch. Das Dromedar findet
sich nirgends wild oder verwildert, als Haustier in Afrika, nördlich vom 12.° und in Westasien bis zur Bucharei; es scheint
aus Arabien zu stammen, auf den altägyptischen Denkmälern ist es nirgends abgebildet, mindestens aber zur Zeit des neuen
Reichs, vom 14. Jahrh. an, war es in Ägypten bekannt und wurde als Lasttier benutzt, auch zum Tanzen abgerichtet.
In der Bibel wird es unter dem Namen Gamal oft erwähnt, Hiob hatte deren 6000, auch die Midianiter und Amalekiter waren reich
an Kamelen. In Nordafrika aber erscheint es erst im 3. oder 4. Jahrh. unsrer Zeitrechnung. Es ist unstreitig
das nützlichste Haustier in Afrika und wird in vielen Rassen gezüchtet; das Kamel der Wüste und Steppe, das Reittier, ist schlank,
hochgewachsen, langbeinig, das Lastkamel der fruchtbaren Ebene plump und schwer. Zwischen beiden zeigt sich ein Unterschied
wie zwischen dem edlen Pferd und dem Karrengaul.
Stets aber verdankt das Kamel seine Brauchbarkeit der leiblichen, sehr viel weniger der geistigen
Befähigung. In der Wüste erlangt es seine höchste Entwickelung, jenseit des 12.° geht es schnell zu Grunde; es entartet
im feuchten Land. In Europa besteht nur in Toscana eine Zucht seit 1622, und auch im Gebiet von San Rossore bei
Pisa und in Spanien gedeiht es vortrefflich. Auch in Texas (1858), Bolivia, Cuba (1841) hat man es einzubürgern versucht und mit
besonders günstigem Erfolg in Australien. Im N. und O. Afrikas wird es in ungeheurer Anzahl gezüchtet; man findet Herden von
mehr als 1000 Stück, die Berbern haben sicherlich mehr als eine Million.
Auch im Glücklichen und Steinigen Arabien werden viele Kamele gezogen. Die Araber machen auch Wallachen, um das Tier besser
in der Brunstzeit benutzen zu können. Es vermittelt in erster Linie den Verkehr durch die Wüste. Zwischen Kairo und Suez waren
vor dem Bau der Eisenbahn täglich 600 Kamele auf dem Marsch. Aber es gehen auch so viele Tiere unterwegs
zu Grunde, daß auf der Wüstenstraße meilenweit die Gerippe nebeneinander liegen. Das Kamel ist ungemein genügsam und nimmt
mit den dürrsten, schlechtesten Pflanzenstoffen vorlieb; es bevorzugt Baumlaub, frißt ohne Schaden die dornenreichsten Mimosen
und wird auch mit Bohnen, Erbsen, Durra, Gerste etc. gefüttert; bei saftiger Pflanzennahrung kann es wochenlang
das Wasser entbehren, zur Zeit der Dürre aber muß es fleißig getränkt werden und mindestens alle vier Tage 30-40 Stunden
ruhen.
Früher deutete man die großen zellenartigen Räume am Pansen irrtümlich als Wasserzellen und benutzte sie zur Erklärung
des (ungeheuer übertriebenen) Vermögens der Kamele, längere Zeit zu dursten. Daß man Kamele in der Not
bisweilen schlachtet, um das in jenen Zellen befindliche Wasser zu trinken, ist eine Fabel. Die Kamele haben einen scheinbar
sehr schwerfälligen Gang; aber Lastkamele legen in einem Tag 8, gute Reitkamele 40 Meilen zurück, und
man kann mit einem einzigen Tier in 10 Tagen 400 Meilen durchreisen, wobei der Reiter viel weniger ermüdet als auf irgend einem
andern Reittier.
Bei Wüstenreisen wird ein Kamel mit höchstens 150 kg beladen; in Ägypten muß es viel mehr tragen, doch verbot die Regierung
eine stärkere Belastung als mit 250 kg. Der Trab,
welchen das Tier vortrefflich verträgt, ist die beste
Gangart für den Reiter, welcher bei der Paßbewegung unbarmherzig hin- und hergeschleudert und beim Galopp, wenn er nicht sehr
sattelfest ist, sofort abgeworfen wird. Im Gebirge ist das Kamel wenig zu brauchen, und im Wasser benimmt es sich
sehr ungeschickt.
Große Untugenden des Kamels sind seine Störrigkeit, die es besonders beim Beladenwerden zeigt, und seine Feigheit. Wirklich
gefährlich durch Beißen und Schlagen wird das männliche in der Brunstzeit. Sein Gebaren ist dann höchst abschreckend, indem
es die widerwärtigsten Töne ausstößt und beim Anblick eines andern Kamels, besonders eines weiblichen,
eine große, ekelhaft aussehende Hautblase, den sogen. Brüllsack, aus dem Hals heraustreibt. Dieser Brüllsack ist ein nur
dem erwachsenen Kamel eigentümliches Organ und wird als ein zweites vorderes Gaumensegel angesehen.
Die erwähnten Drüsen am Hals verbreiten dabei einen sehr übeln Geruch. Ein Hengst genügt für 6-8 Stuten. Nach
11-13 Monaten wirft die Stute ein Junges, welches mit ziemlich langem und dichtem, weichem, wolligem Haar bedeckt und etwa 80 cm,
nach Verlauf einer Woche aber schon ca. 1 m hoch ist. Es wird vom dritten Jahr an zum Reiten und zum Lasttragen abgerichtet
und mit dem Ende des vierten Jahrs zu größern Reisen benutzt. Eigentümlich ist die Sattelung und Zäumung
der Kamele.
Der Reitsattel ruht auf einem festen Gestell und besteht aus einem muldenförmigen Sitz, welcher auf den Höcker gesetzt wird
und sich etwa 30 cm über denselben erhebt. Das Untergestell ist mit vier Kissenpolstern belegt, die zu beiden
Seiten des Höckers aufliegen, welch letzterer möglichst wenig gedrückt wird. Der Sattel wird mittels drei starker Gurte,
von denen zwei um den Bauch und ein dritter um den Vorderhals gehen, festgeschnallt; vorn und hinten steigen zwei Knöpfe auf,
welche zum Aufhängen der nötigen Reiseutensilien dienen.
Der Zaum besteht aus einem geflochtenen Lederstrick, welcher halfterartig um Kopf und Schnauze des Tiers
geschlungen wird und beim Anziehen das Maul zusammenschnürt; die Reitkamele führen noch einen Beizügel, d. h. eine dünne
Lederschnur, welche in dem einen durchbohrten Nasenflügel befestigt wird. Zum Beladen dient ein einfaches Holzgestell, auf
welchem die Laststücke im Gleichgewicht hängen. Das Fleisch des Kamels ist hart und zäh und wenig geschätzt,
das Fell liefert ein nicht sehr haltbares Leder.
Die Milch findet wenig Verwendung, da sie zu dick und fettig ist. Dagegen wird der Mist als Brennstoff gebraucht und zu diesem
Behuf aufgespeichert. Über das Kamelhaar s. d. Das zweihöckerige Kamel oder
Trampeltier (baktrisches Kamel, C. bactrianus Erxl., s. Tafel) ist unzweifelhaft noch viel häßlicher als das Dromedar. Die Behaarung
ist weit reichlicher als bei jenem, die Färbung dunkler, gewöhnlich tiefbraun, im Sommer rötlich. Die Körpermasse ist größer
als die des Dromedars, die Beine aber sind weit niedriger.
Die Höhe des Tiers beträgt 2 m und darüber. Der eine Höcker erhebt sich über dem Widerrist, der andre
vor der Kreuzgegend. Wilde, vielleicht nur verwilderte Trampeltiere leben im Gebiet der Tunguten zwischen dem Lop-Nor und Tibet.
In allen Steppenländern Mittelasiens wird es gezüchtet und dient besonders zur Vermittelung des Warenhandels zwischen China,
Südsibirien und Turkistan. Wo die Steppe Wüstengepräge annimmt, wird es durch das Dromedar ersetzt. Was
letzteres den Arabern, ist das Trampeltier den Mongolen. Man züchtet es ebenfalls in mehreren Rassen, doch
mehr
hat es stets einen so schwerfälligen Gang, daß ein schnelleres Reisen damit unmöglich ist. Dabei ist es aber gutartiger
als das Dromedar, welchem es in seinen übrigen Eigenschaften durchaus gleicht. Es gedeiht am besten bei dürrem, salzreichem
Futter und geht auf üppiger Weide ein. Nach 13monatlicher Tragzeit wirft das Weibchen ein Junges, welches
wie das des Dromedars sich entwickelt. Das Trampeltier paart sich auch mit dem Dromedar, und die bald ein-, bald zweihöckerigen
Jungen sind unter sich und mit ihren Erzeugern fruchtbar.
Ein kräftiges Trampeltier legt mit 220-270 kg belastet täglich 4-5 Meilen, weniger stark belastet die doppelte Strecke zurück.
Man benutzt es aber meist nur im Winter und läßt ihm im Sommer mehr oder weniger Freiheit in der Steppe, wo nur die Stuten
täglich fünfmal zusammengetrieben und gemolken werden. Außer der Milch benutzt man auch das Fleisch, die Wolle und das Fell,
aus welchem die Türken Chagrin bereiten. Das Trampeltier mögen die Israeliten gekannt haben, jedenfalls
die Assyrer, bei denen es, wie der Obelisk von Nimrud durch Bild und Inschrift lehrt, Salmanassar II. als Tribut erhalten hatte.
Vielfach wurden beide Arten auch im Krieg benutzt, bei den Arabern waren die Kamele meist mit zwei Bogenschützen bemannt, im
persischen Heer spielte die Kamelreiterei eine bedeutende Rolle, sie entschied die Schlacht vor Sardes, und
auch im Heer des Antiochos gab es zahlreiche arabische Kamelreiterei. Die Perser legen ihm einen schweren Sattel auf, welcher
als Lafette für leichtes Geschütz dient. In neuerer Zeit errichtete Napoleon I. in Ägypten ein Regiment Kamelreiter, und
in der Folge haben die Franzosen in Algerien wiederholt das Kamel benutzt.
Auch die Engländer haben bei der Sudânexpedition 1885 eine Kamelreiterei organisiert. Die Völker des Sudân, die Tuareg und
Tibbu in der Sahara und manche Nomadenstämme Arabiens bedienen sich der Kamele als Reittiere.
Vgl. Carbuccia, Du dromadaire comme
bête de somme et comme animal de guerre (Par. 1853);
Vallon, Mémoire sur l'histoire naturelle du dromadaire
(das. 1857);
Hartmann, Studien zur Geschichte der Haustiere (»Zeitschrift für Ethnologie« 1860 u. 1870).
Der Bibelspruch, nach welchem ein Kamel eher durch ein »Nadelöhr«
geht, als daß ein Reicher in den Himmel kommt, erklärt sich in der Weise, daß in der von Christus gesprochenen
jüdisch-aramäischen Sprache das Wort, welches das Nadelöhr bezeichnet, die allgemeine Bedeutung Loch, Höhlung hat und somit
von Eingängen gebraucht werden konnte, durch welche das in der That nur mit großer Not hindurchkommt.
eine Maschine, die dazu dient, Schiffe zu heben und über Untiefen zu bringen, eine Erfindung
des russischen Ingenieurgenerals de Witte; wird häufig zwischen Kronstadt und Petersburg angewandt. Ein Kamel ist eine Art Kasten,
dessen Boden und dessen äußere Seitenwände gerade sind, wogegen die innern Seitenwände nach der Mitte des Bodens zu gekrümmt
sind, damit ein Schiff mit seinem untern Teil hineinpaßt. Dieselben sind sehr stark gebaut und haben
eine Dampfpumpe.
Soll ein Schiff mit einem oder mehreren solcher Kamele über eine flache Stelle, wie z. B. die Kurve der Newa, gebracht werden,
so wird vermittelst der im untern Teil des Kamels befindlichen Schleusen so viel Wasser hineingelassen,
daß dasselbe sinkt. Hierauf wird das Schiff über dem Kamel befestigt und durch die Dampfpumpe das Wasser aus dem Kamel herausgepumpt.
Das Kamel steigt dann wieder und hebt, unter dem Boden des Schiffs angekommen,
dieses vermittelst seiner ungeheuern Tragfähigkeit.
Bei sehr großen Schiffen werden zwei, auch drei solcher Kamele angewendet. Dieselben haben Ähnlichkeit
mit schwimmenden Docks (s. Dock), welche an den Enden offen sind. Hat das Schiff die flache Stelle passiert, so wird durch Öffnen
der Schleusen das Kamel wieder zum Sinken gebracht, und man kann das Schiff, sobald es selbst wieder schwimmt, aus dem Kamel herausbringen.
Heutzutage werden die Kamele mit den gehobenen Schiffen durch Dampfer über die flache Stelle bugsiert.
Die von W. Bauer zum Heben versunkener Schiffe benutzten Kamele waren Ballons, welche von Tauchern am Schiff befestigt und mit
Hilfe einer Luftpumpe und eines Schlauchs mit Luft gefüllt wurden.
(Alkamil), Sohn Aladils, des Bruders Saladins, wurde 1218 nach seines Vaters Tod Sultan von Ägypten,
das er bereits als Statthalter regiert hatte, schloß 1221 das Kreuzheer ein, welches nach Eroberung von Damiette gegen Kairo
vordrang, bewilligte ihm aber gegen Räumung der eroberten Stadt freien Abzug. Als er darauf mit seinem Bruder Almuazzam von
Damaskus in Krieg geriet, knüpfte er 1228, tolerant und einsichtig, wie er war, mit Kaiser Friedrich II.
Unterhandlungen an und schloß mit ihm einen Vertrag, durch welchen er die heiligen Orte in Palästina an den Kaiser
abtrat, während er selbst nach Besiegung seiner Verwandten die Herrschaft über Syrien gewann. Er schloß
darauf mit Friedrich, den er vor den bösen Anschlägen der vom Papst aufgehetzten Ordensritter warnte, einen zehnjährigen
Frieden, vor dessen Ablauf er starb.
die Wolle des Kamels oder Dromedars, wird vom Rücken, Hals und Bauch der Tiere gewonnen und
als Spinnstoff benutzt.
Das Rückenhaar ist das beste, und von verschiedenen Färbungen (schwarz, rot und grau).
Man verarbeitet
es meist in den Produktionsländern, von denen Persien die geschätzteste Ware liefert.
Aus dem besten Kamelhaar erhält man ziemlich
gute, aber glanzlose Kamelotte, aus der geringern Sorte gröbere Zeuge, Filzdecken etc. In Frankreich und
England benutzt man es in der Hutmacherei und zu Pinseln.
(Rhaphidia L.), Insektengattung aus der Familie der Sialidae Burm. und der Ordnung der Netzflügler, Tiere
mit breitem, herzförmigem, hinten zu einem dünnen Hals verengertem, leicht geneigtem, äußerst beweglichem
Kopf, seitlich hervortretenden Augen, kurzen, dünnen Fühlern, stark verlängertem, schmalem Prothorax und in der Ruhe dachförmig
aufliegenden Flügeln. Die dickfühlerige Kamelhalsfliege (R. crassicornis Schumm.), 8 mm lang, mit dunkel rotbraunem Mal in den sonst glashellen
Flügeln, ohne Nebenaugen, das Weibchen mit langer, aufwärts gebogener Legröhre, lebt an Baumstämmen von Insekten
und ist äußerst beweglich. Die Larve lebt im Moos und in den Flechten der Baumrinde oder unter dieser, ist vorn braun, hinten
hell gestreift und sehr beweglich; sie überwintert und verpuppt sich im Frühjahr. Die Puppe gleicht bis auf die fehlenden
Flügel der Imago und verwandelt sich in diese am 11. oder 13. Tag. S. Tafel »Netzflügler«.
[* ]
(franz. Camelot), leichte, leinwandartig gewebte Stoffe aus Angorawolle, werden in Kleinasien in unerreichter
Schönheit hergestellt und im Orient verbraucht.
Auch in Brüssel, Leiden und in England werden Kamelotts aus Angorawolle, zum
Teil mit Seide gemischt, einfarbig und meliert hergestellt;
am häufigsten aber fabriziert man gegenwärtig
Kamelotts, die oft gar keine Angorawolle enthalten, bisweilen selbst Baumwolle oder Leinen als Kette.
Dahin gehören die Orleans
mit wollenem Einschlag und gezwirnter Baumwollkette.
(Camen), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Hamm, an der Seseke und der Linie
Dortmund-Hamm der Preußischen Staatsbahn, hat 2 evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, ein
Steinkohlenbergwerk, Papier- und Maschinenfabrikation, Metallgießerei, starke Schuhmacherei und (1885) 4849 meist evang.
Einwohner.
Stadt im russ. Gouvernement Grodno, an der Lyesna, mit gegen 3000 Einw. (fast nur Juden), war einst
eine sehr reiche Stadt, welche wiederholt vom Preußischen Orden angegriffen und 1375 von Theodorus v.
Elner gänzlich zerstört wurde;
1409 empfing Jagello hier die Abgesandten des Papstes Alexander V. Von den alten Bauwerken
steht nur noch ein 36 m hoher steinerner Turm (1272-1289 erbaut) neben der über 700 Jahre alten Koloschanskischen Kirche.
(poln. Kamieniec-Podolsk), Hauptstadt des russ. Gouvernements Podolien, auf einer
felsigen Halbinsel gelegen, welche vom Smotritsch, unweit der Mündung desselben in den Dnjestr, gebildet wird, hat 7 griechisch-kath.
Kirchen und ein Kloster, 5 römisch-kath. Kirchen (darunter die 1361 erbaute Peter-Paul-Kathedrale, welche unter der Türkenherrschaft
in eine Moschee verwandelt wurde) und 3 Klöster, eine armen. Kirche, eine Synagoge, ein Seminar, 2 Gymnasien, 2 Kirchenschulen,
eine Handwerkerschule, viele Fabriken, eine Buchhandlung, ein Theater und (1883) 35,663 Einw. (zur Hälfte Juden). Die Stadt
ist Sitz eines griechisch-katholischen und eines römisch-katholischen Bischofs. - Kamenez-Podolsk wird in russischen Chroniken zuerst im 12. Jahrh.
erwähnt. 1240 wurde es von Batu bis auf den Grund zerstört. Nachdem es seit 1672 von den Türken besetzt
war, kam es im Frieden von Karlowitz (1699) wieder an Polen, bei der Annektierung Podoliens 1795 aber an Rußland. Hier Niederlage
der Türken durch die Polen und Friede zwischen diesen. Die Festungswerke wurden 1813 geschleift.
Dorf in Bosnien (Kreis Bihac), westlich von Sanski-Most, an der Dubrawa (Zufluß der Sanna),
mit Eisengießerei, Eisenhämmern und Bergbau auf Eisen und Silber.
(Kamenitz), Markt im kroatisch-slawon. Komitat Syrmien und Dampfschiffstation am rechten Donauufer unweit Peterwardein,
mit Schloß und 2 Kirchen, (1881) 4024 meist serb. Einwohnern, Obst- und Weinbau und Viehzucht.
an der Linde),
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Pilgram, mit einem schönen, hoch gelegenen Schloß,
Dekaneikirche, Bezirksgericht, (1880) 2216 Einw., Bierbrauerei, Brettsäge,
Strumpfwirkerei und Tuchfabrikation.
Den Beinamen dankt Kamenitz einer Linde, die 26 m hoch ist und einen Umfang von 6 m hat.
Ort im Lande der Donischen Kosaken, am Donez und an der Eisenbahn Koslow-Rostow, mit 2 Kirchen
und (1882) 11,491 Einw., Sitz der administrativen Behörden des Donezkischen Bezirks.
[* ] 1) Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Bautzen, Amtshauptmannschaft Kamenz, eine der sogen. Vierstädte der
Oberlausitz, an der Schwarzen Elster und den Linien Arnsdorf-Kamenz der Sächsischen und Kamenz-Senftenberg der Preußischen
Staatsbahn, hat 4 Kirchen (darunter eine wendische), ein neues Rathaus mit Bibliothek und Sammlung kirchlicher Altertümer, eine
Tuchmacherfachschule, ein 1823 zu Ehren Lessings (der hier 1729 geboren ward, und dessen Kolossalbüste von Knaur auf dem Schulplatz
steht) gestiftetes Krankenhaus (»Lessingsstift«),
ein Amtsgericht, Wollspinnerei und ansehnliche Tuchfabriken,
Fabrikation von Topfwaren, Thonröhren, Zementsteinen und Glas, Schönfärbereien, bedeutende Granitbrüche, Gärtnerei, besuchte
Getreide- und Viehmärkte und (1885) 7211 meist evang. Einwohner.
- Kamenz hieß anfangs Dreikretscham und erhielt erst im 16. Jahrh. den Namen Kamenz. Nachdem 1318 der Markgraf Waldemar von Brandenburg
die Stadt durch Kauf erworben hatte, unterwarf sich dieselbe nach seinem Tod 1319 dem König von Böhmen.
Kamenz hatte im Hussiten- und Dreißigjährigen Krieg sehr viel zu erdulden und kam 1635 an Kursachsen. Durch die Brände 1706 und 1842 wurde
die Stadt fast ganz in Asche gelegt.
Vgl. Bönisch, Topographie der Stadt Kamenz. (Kam. 1824-25);
»Urkundenbuch der Städte
Kamenz und Löbau« (im »Codex diplom. Saxoniae regiae«, Bd. 7, Leipz.
1883). -
2) (Kamienica) Dorf und Gut im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Frankenstein, unweit der Neiße, Knotenpunkt der Linien
Breslau-Mittelwalde, Kosel-Kamenz und Kamenz-Raudten der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche und (1885) 904 Einw. Die ehemalige
reiche Cistercienserabtei ward 1094 vom Herzog Bretislaw gegründet, 1811 aufgehoben. Das Gebäude wurde
nach Schinkels Entwürfen in ein prachtvolles Schloß umgewandelt, das der (1883 gestorbenen) Prinzessin Marianne, geschiedenen
Gemahlin des Prinzen Albrecht von Preußen, gehörte und jetzt Eigentum des jüngern Prinzen Albrecht ist. In der ehemaligen Klosterkirche
soll Friedrich d. Gr. durch den Abt Tobias Stusche vor den Österreichern gerettet worden sein, indem ihn
dieser in ein Chorkleid steckte und mit den Geistlichen die Metten singen ließ, während die Kroaten nach ihm die Kirche durchsuchten.
Vgl. Frömmrich, Geschichte der ehemaligen Cistercienserabtei Kamenz (Glatz 1817).
(franz. camarade, ital. cameráta), Standesgefährte
im allgemeinen, ein Wort, das die Teilung gleicher Rechte und Pflichten in gleichem Stand bezeichnet, wahrscheinlich
durch die Schlafgenossenschaft einer Stube (lat. camera) entstanden;
daher besonders beim Militär die Benennung für Soldat
oder Offizier im Verhältnis zu andern, die mit ihm in demselben Truppenteil dienen.
(Cameralia), ursprünglich der Inbegriff derjenigen Wissenschaften, die einem Kammerbeamten notwendig
sind (vgl. Kammer). In
mehr
Deutschland ward, sobald sich festere staatliche Zustände bildeten, die Verwaltung der Domänen oder Kammergüter, welche die
Hauptquelle des fürstlichen Einkommens bildeten, den Kammern überwiesen, welche daneben, besonders in Preußen, als Kriegs- und Domänenkammern
auch Zweigen der Volkswirtschaftspflege und der Polizei vorstanden. So bildete sich die Lehre von den Kammersachen als
Zusammenstellung der Grundsätze über die Thätigkeit dieser Behörden.
Dieselbe wurde aus besonders errichteten kameralistischen Lehrstühlen an den Universitäten, zuerst in Preußen und zwar in
Halle und Frankfurt a. O. seit 1727, gelehrt und von Seckendorf, Schröder, Horneck, Justi, Sonnenfels u. a. wissenschaftlich dargestellt.
Sie zerfiel in zwei Teile:
1) die Ökonomie, welche nicht nur die allgemeinen Haushaltungsregeln, sondern auch die Lehre von der Stadtwirtschaft
(Handel, Gewerbe) und der Landwirtschaft umfaßte;
2) die Lehre von der Verwaltung des Staats, deren einer Teil, die Polizei, von den Maßregeln zur Pflege und Mehrung des allgemeinen
Volkswohlstandes handelt, während das Gebiet der andern, der eigentlichen Kameralwissenschaft, mit
dem unsrer heutigen Finanzwissenschaft identisch ist. Einseitigere Kameralisten betrachteten die Mehrung der Einkünfte des
Fürsten als Ziel der Kameralwissenschaft und der Kameralbeamten. Der Ausdruck Kameralwissenschaft ist heute mehr in den Hintergrund getreten und durch die Bezeichnungen
Volkswirtschaftslehre, Staatswissenschaften etc. ersetzt worden.
Gebräuchlich ist noch vielfach die Zusammensetzung »Staats- und Kameralwissenschaften«. »Stud. jur. et
cam.« nennt sich derjenige Studierende, welcher sich nicht allein auf den Justiz-, sondern auch auf den Verwaltungsdienst
vorbereitet.
Vgl. Rau, Über die Kameralwissenschaft (Heidelb. 1825);
(Chamille, Matricaria L.), Gattung aus der Familie der Kompositen, einjährige Kräuter mit
doldentraubig verästeltem Stengel, zerstreut stehenden, zwei- bis dreifach fiederteiligen Blättern, kegelförmigem, nacktem,
innen hohlem Blütenboden und kantigen, ungeflügelten Achenen. Echte Kamille (Feldkamille, Helmerchen, M. chamomillaL., Chrysanthemum
chamomilla Bernh.),
15-20 cm hoch, mit doppelt fiederteiligen Blättern, weißen Strahlen- und gelben Scheibenblüten, findet sich durch ganz Europa
und in Vorderasien, auch in Australien eingebürgert; sie schmeckt bitterlich, riecht aromatisch und enthält
in den frischen Blüten (auf trockne berechnet) 0,25 Proz. dunkelblaues ätherisches
Öl (Kamillenöl, s. d.). Die Kamille bildet eins der beliebtesten Hausmittel und besitzt den großen Vorzug, in den meisten Fällen
unschädlich zu sein.
Man benutzt Kamillenthee als schweißtreibendes Mittel und Unterstützungsmittel beim Erbrechen, wobei
indes das heiße Wasser wohl allein wirksam ist, bei kolikartigen und kardialgischen Beschwerden, hysterischen Neuralgien und
Krämpfen, als Verbandmittel bei schlaffen Geschwüren, zu Umschlägen bei Kontusionen, zu Klistieren, Bädern, Kräuterkissen
etc. Die Kamille gehört zu den ältesten Arzneimitteln, besonders der Volksmedizin. Den
Namen Chamaemelum (woraus
Chamomilla) leitet Plinius vom äpfelartigen Geruch der Blüten ab (melon, der Apfel, und chamai, niedrig). Über Hundskamille
und römische Kamille s. Anthemis.
ätherisches Öl, welches aus den Blüten der Kamille (Matricaria chamomilla) durch Destillation mit Wasser
gewonnen wird (Ausbeute 0,15 Proz.), ist dunkelblau, ziemlich dickflüssig,
von intensivem Geruch, schmeckt bitter aromatisch, spez. Gew. 0,92,
löst sich schwer in Wasser, in 8-10 Teilen Spiritus, leicht in Äther, wird durch Luft und Licht grünlich und braun. Es ist ein
Gemenge verschiedener Öle und wird medizinisch wie Kamillenblüten, auch zu Likören benutzt. Mit dem ätherischen Kamillenöl ist nicht
ein pharmazeutisches Präparat zu verwechseln, welches durch Digerieren von Kamillenblüten mit Spiritus
und Olivenöl bis zur Verflüchtigung des Spiritus erhalten und als äußerliches Arzneimittel benutzt wird. Das ätherische
Öl der römischen Kamille (Anthemis nobilis) ist ebenfalls blau oder grünlich.
(v. lat. caminus, »Ofen«, franz. Cheminée, engl. Fire-place, Chimney),
Vorrichtung zur Zimmerheizung, besteht aus einem von Mauerwerk oder Eisenplatten umschlossenen, vollständig
in der Wand liegenden oder teilweise aus derselben hervorspringenden Raum, in welchem man das Brennmaterial auf einem Rost
verbrennt, während die Verbrennungsgase direkt in den Schornstein entweichen. In dem Kamin wirkt das Feuer nur durch Ausstrahlung,
die Kaminheizung ist daher äußerst unvorteilhaft.
Sie ist aber in milden Klimaten (England, Frankreich) sehr beliebt, weil der Anblick des Feuers den Eindruck
der Wohnlichkeit macht, und weil der hervorstehende Teil des Kamins zu einem vorzüglichen Zimmerschmuck hergerichtet werden
kann. Der Kaminsims dient überdies zur Aufstellung von Uhren, Spiegeln, Bronzen etc. Man unterscheidet lombardische Kamine mit
weit hervorragendem, pyramidenförmigem Mantel, der auf Konsolen oder sonstigen Vorkragungen steht;
französische
Kamine, die ganz außerhalb der Mauer stehen;
deutsche, welche noch weiter hervorragen und einen hohen Mantel haben, und holländische,
ganz in der Mauer liegende. Um die Wirkung des Kamins zu vermehren, benutzt man Kaminöfen aus Eisenblech, welche in die
Kaminöffnung hineingesetzt werden oder an der Kaminwand stehen;
mittels Luftzüge wird die untere kalte Luft im Zimmer eingesogen,
am Feuer erwärmt und strömt oberhalb in diesem Zustand wieder aus (s. Heizung, S. 338 f.).
Kamin heißt auch der Teil des Schornsteins,
der außerhalb eines heizbaren Zimmers, gleich vor dem Ofen angebracht ist und zum Heizen des letztern
durch eine in der Mauer vorhandene Öffnung dient.
(Kammin), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Marienwerder, Kreis Flatow, an der Kamionka, hat ein ehemaliges Domstift,
eine Niederlassung von (Franziskaner-) Krankenpflegerinnen und (1885) 1703 meist kath.
Einwohner.
(Kamionka strumilowa), Stadt in Galizien, am Bug, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines
Bezirksgerichts, mit Dampfmühle und Brettsäge, Bierbrauerei, Töpferei, Viehhandel und (1880) 6107 Einw.
(franz. Camisards), Name der Hugenotten in den Cevennen, welche Abkömmlinge der Waldenser
waren und sich im 16. Jahrh. der Reformation angeschlossen hatten; der Name Camisards
mehr
bedeutet eigentlich Blusenmänner, von camise, s. v. w. chemise, Hemd, Bluse (daher auch camisade, nächtlicher Überfall).
Als Ludwig XIV. 1685 das Edikt von Nantes zurückgenommen hatte (vgl. Hugenotten, S. 770 f.), erhoben sich die Kamisarden zur Verteidigung
ihres Glaubens. Die Aussendung von Soldaten und Mönchen zu ihrer gewaltsamen Bekehrung entzündete nur um
so mehr ihren Glaubenseifer, der sich bis zum Fanatismus steigerte. Propheten und Verzückte standen unter ihnen auf, welche
die Menge in schwärmerische Begeisterung versetzten, so daß sie allen Angriffen eine rücksichtslose Todesverachtung, allen
Peinigungen die größte Standhaftigkeit entgegensetzten.
Die Wut des Volkes richtete sich zuerst gegen die Steuereinnehmer, viele wurden ermordet und ihre Häuser
niedergerissen. Nachdem schon 1689 eine Empörung der Kamisarden mit den Waffen unterdrückt worden war, kam es zum allgemeinen Aufstand
durch die Grausamkeit des Abbé du Chaila, der die Zufluchtsörter der Kamisarden aufspürte, sie daselbst beim Gottesdienst überfallen
und zum Teil hängen, zum Teil einkerkern ließ. Wegen dieser Gewaltthaten wurde 1702 der Abbé mit den
Seinigen erschlagen.
Bald schwoll die begeisterte Schar der Aufständischen zu Tausenden an, und die gebirgige Beschaffenheit des Landes mit seinen
Höhen und Schlupfwinkeln erleichterte ihnen den Kampf. Ihre Bekriegung war um so schwieriger, als Ludwig XIV. zugleich durch
den spanischen Erbfolgekrieg in Anspruch genommen war und seine Gegner alles thaten, um die in ihrem Widerstand
zu bestärken. Bereits hatten dieselben mehrere königliche Heere geschlagen und zum Teil vernichtet, als der König endlich 1703 den
Marschall Montrevel mit 60,000 Mann gegen sie sandte.
Dieser, ein ehemaliger Hugenotte, verfuhr auf das empörendste gegen seine frühern Glaubensgenossen.
Massenweise wurden sie niedergemetzelt oder hingerichtet und das Land in eine Wüste verwandelt; 436 Dörfer waren zerstört
worden. Die Kamisarden vergalten Gleiches mit Gleichem, in der Diözese Nîmes allein erwürgten sie 84 Priester und brannten gegen 200 Kirchen
nieder. An ihrer Spitze stand ein 20jähriger Bäckerbursche aus Ribaute bei Anduze, Jean Cavalier. Die Kühnheit
und Geistesgegenwart dieses Führers, die Schwierigkeit des Kampfes, die immer weitere Verbreitung des Aufstandes und Cavaliers
Plan, sich in der Dauphiné mit dem Herzog von Savoyen zu vereinigen, drohten die höchste Gefahr.
Die Einwohner von Nîmes, Montpellier, Orange, Uzes etc. standen mit den in Verbindung und unterstützten
sie mit allem Notwendigen; alle Glocken der zerstörten Kirchen waren zu Kanonen etc. umgegossen worden. Da ersetzte Ludwig XIV.
im April 1704 den unfähigen Montrevel durch den Marschall Villars. Dieser versuchte den Weg der Güte. Er verkündigte für
alle, welche die Waffen niederlegen würden, Amnestie und ließ Gefangene, welche Treue gelobten, frei.
Dagegen ließ er jeden, welcher mit den Waffen in der Hand gefangen ward, sofort töten und organisierte bewegliche Kolonnen,
die nach allen Seiten hin operierten.
Infolge davon ging eine Gemeinde nach der andern auf seine Anträge ein, und Cavalier selbst schloß endlich zu
Nîmes einen Vergleich mit Villars; er trat als Oberst in die Dienste des Königs. Die Fanatischen unter den Kamisarden setzten den Kampf
allerdings fort, wurden aber wiederholt besiegt und bis Ende 1704 unterworfen. Die Gewaltthaten Berwicks, der 1705 als Nachfolger
Villars' den Oberbefehl erhielt, riefen einen neuen Aufstand hervor, zumal die Kamisarden von den
Engländern und
Holländern mit Geld und Waffen unterstützt wurden.
Aber im April 1705 war auch dieser bewältigt und endeten die letzten Aufständischen zu Nîmes auf dem Scheiterhaufen. Das
ganze Gebiet der Cevennen war aber entvölkert und verödet. Ein Teil der Kamisarden trat unter Cavalier, der Reue
über seinen Abfall fühlte und den Dienst Ludwigs XIV. wieder verließ, in englische Dienste und focht auf seiten der Verbündeten
in Katalonien, wo die meisten in der Schlacht bei Almansa den Untergang fanden. Cavalier ging nach England und starb
als Gouverneur von Jersey 1740.
Vgl. Court de Gébelins, Histoire des troubles des Cévennes ou de la guerre
des Camisards (Villefr. 1760, 3 Bde.);
Hofmann, Geschichte des Aufstandes in den Cevennen (Nördl. 1837), und die neuern Darstellungen
von Lamothe (1868, 3 Bde.), Bonnemère (1869), La Baume (2. Aufl. 1875).
Novellistisch behandelten den Stoff L. Tieck in seinem »Aufruhr in den Cevennen« und Sue in dem Roman »Jean
Cavalier, ou les fanatiques des Cévennes«.
das zum Reinigen und Ordnen der Haare dienende bekannte Werkzeug, wird aus Horn, gehärtetem
Kautschuk, seltener aus Schildpatt, Elfenbein, Knochen, Holz, Metall und aus künstlichen Massen, z. B. aus Leim und phosphorsaurem
Kalk, dargestellt. Um das Haar dunkler zu färben, bedient man sich der Bleikämme (s. Haare, S. 973). Die Fabrikation der Kämme
ist sehr einfach. Das zugerichtete (»zugeschickte«) Horn wird »gezwickelt«, d. h.
es werden mit einer Säge die Zähne ausgeschnitten, worauf man diese mit der Größerfeile bearbeitet, die Spitzen wie ein
verschobenes Viereck über Kreuz »külpt«, dann die Zähne »gründet« (am Feld gehörig zurichtet),
»abrundet« und schleift.
Die letztern Arbeiten fallen bei Staubkämmen sogar weg, weil hier die Zähne zu klein sind, um einzeln
bearbeitet werden zu können. In neuerer Zeit ist auch in der Kammmacherei die Handarbeit vielfach durch Maschinen verdrängt
worden. Nachdem man schon in England zwei Kämme aus einem Stück Horn in der Weise hergestellt hatte, daß die Zähne des einen
von den Zwischenräumen des andern geliefert wurden, was man einfach mit Durchstoßeisen erreichte, wurde
die Fräsmaschine mit einer Reihe feiner Kreissägen zum Schneiden der Staubkämme benutzt, und jetzt werden namentlich die
Gummi- und Hornkämme fast ausschließlich mit Hilfe der genannten Maschinen erzeugt.
Vgl. Friedrich, Die Kammfabrikation, ihre
Geschichte und gegenwärtige Bedeutung (Nürnb. 1883). -
Kamm heißt ferner der obere Rand des Pferdehalses, wo die Mähne sitzt, daher Kammfett (s. d.);
der Stiel
der Trauben, an welchem die Beeren gesessen haben, und der zur Essigbereitung benutzt wird;
der rote Fleischlappen auf dem
Oberschnabel einiger hühnerartiger Vögel;
im Maschinenwesen die Zähne der hölzernen Kammräder, auch s. v. w. Daumen (s. d.);
(altd. chámara, v. lat.
camera, »Gewölbe, gewölbtes Zimmer«),
ursprünglich bei den fränkischen Königen das Gemach, worin sie ihr besonderes Eigentum
verwahrten; dann der Ort, wo
mehr
die fürstlichen Angelegenheiten verhandelt wurden, und in übertragener Bedeutung auch die den fürstlichen Haushalt leitende
Behörde (vgl. Kabinett). An der Spitze der Kammer, die auch Kammerkollegium, Hofkammer, Rentkammer hieß, stand der Kämmerer (Camerarius,
Kammermeister, auch Landschreiber genannt). Derselbe war zugleich einer der ersten Hofbeamten. Die Geschäfte der Kammer bestanden
in der Beaufsichtigung und Leitung der eignen Güter der Fürsten, Kammergüter (Kammervermögen) im engern
Sinn, der Domänen, in der Einbringung der herrschaftlichen Gefälle, Zehnten, Zinsen; ferner in der Verwaltung der Einkünfte
aus der Jagd, den Straßen, der Münze und den übrigen Regalien.
Die Einkünfte verwaltete der Fürst mit seiner Kammer unabhängig von seinen Ständen; mit ihnen wurden in
erster Linie alle Regierungskosten bestritten; erst bei ihrer Unzulänglichkeit mußten die Stände mit der Bewilligung von
Steuern eintreten. Zu dem Geschäftskreis der Kammer, zu den sogen. Kammersachen, gehörte aber auch eine polizeiliche Thätigkeit,
die notwendig mit der Sorge für Vermehrung der fürstlichen Einkünfte und der heutigen sogen. Volkswirtschaftspflege
zusammenhing.
Nach und nach wurden in größern Staaten die Kammern in verschiedene Behörden, Kammerkollegien, Hofkammern, Rentkammern,
geteilt, woraus sich die Finanzministerien, die Finanzkämmereien, die Steuerkollegien, die Zolldirektionen, die Oberrechnungskammern
etc. entwickelt haben, während das Polizeiwesen in das Ressort andrer Ministerien übergegangen ist. Den Kammern standen
zuweilen zur Vertretung in Prozessen eigne Anwalte, Kammerkonsulenten, zur Seite.
Vgl. Domäne und Kameralwissenschaft.
In der parlamentarischen Sprache versteht man unter Kammer die Volksvertretung (s. d.), daher man von Ein- und Zweikammersystem
spricht, je nachdem der Landtag einheitlich organisiert oder aus einer Ersten und Zweiten Kammer zusammengesetzt ist. Endlich wird
der Ausdruck Kammer vielfach in dem Sinn von Kollegium, namentlich richterlichem Kollegium, gebraucht; so sind
z. B. bei den Landgerichten Zivil- und Strafkammern, auch Kammern für Handelssachen gebildet (s. Gericht, S. 165 f.), und das Berliner
Oberlandesgericht führt noch jetzt die Bezeichnung Kammergericht (s. d.). Für die Vertretung der gemeinsamen Interessen des
Anwaltstandes bestehen Anwaltskammern (s. d.). Auch der Handels- und Gewerbekammern (s. d.) ist zu gedenken.
im Militärwesen der Aufbewahrungsort für die Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke der Truppen, daher Montierungs-,
Geschirr-, Regiments-, Bataillons-, Kompanie- etc. Kammer. Unter Verantwortung der Bekleidungskommissionen (s. d.) werden sie von Kammerunteroffizieren
(früher Capitaines d'armes) verwaltet. - Bei den ältesten für Hinterladung eingerichteten Geschützen
(Kammerstücken, s. Geschütz, S. 221) heißt Kammer die lose Ladebüchse, welche das Pulver enthielt; bei den Wurfgeschützen (Haubitzen,
Mörser etc.) der verengerte Raum für die Pulverladung (daher Kammergeschütze). Handfeuerwaffen mit Vorderladung haben eine
in der Schwanzschraube (Kammerschwanzschraube), bei den Kammerbüchsen von Deloigne ^[richtig: Delvigne] wird das Geschoß
auf den Kammerrand aufgesetzt. Auch bei Schrapnells und Minen heißt Kammer der zur Aufnahme des Pulvers bestimmte Raum. - Auf Schiffen
ist Kammer Gesamtbezeichnung für die durch Quer- und Längswände (Schotten) formierten Abteilungen, welche als Magazine, Wohnräume
etc. dienen und durch den
Zweck näher bezeichnet werden, z. B. Pulverkammer in Kriegsschiffen, Postkammer
in Postdampfern. - In der Jägerei der mit Jagdzeug umstellte enge Raum, aus welchem das Wild auf den Lauf vor die Schützen getrieben
wird (s. Hauptjagen). - Kammer heißt endlich auch ein Zimmer zur Aufbewahrung von Kunstschätzen etc. (Kunst-, Schatz-, Antiquitätenkammer
etc.).
Verwaltung der Einkünfte einer Stadtgemeinde durch städtische Beamte (Stadtkämmerer, Ratskämmerer) unter
Aufsicht der Gemeindevertretung und Oberaufsicht der Staatsregierung. Die Vorschriften für die Kämmereiverwaltung sind
gewöhnlich in der Städteordnung enthalten. Die Kämmereikasse erhält ihre Zuschüsse aus dem Ertrag
der Kämmereigüter, d. h. städtischen Grundstücke, und dem sonstigen Aktivvermögen der Gemeinde, sodann aus den sogen.
Kämmereigefällen, wozu Strafgelder, Bürgerrechtsgelder, die städtischen Erbschaftssteuern und die eigentlichen städtischen
Umlagen zu rechnen sind.
Vielfach wird auch zwischen Kämmereivermögen und Bürgervermögen in dem Sinn unterschieden, daß man unter ersterm das eigentliche
Gemeindevermögen im Gegensatz zu demjenigen versteht, dessen Nutzung einzelnen Gemeindemitgliedern als
solchen zusteht. Endlich unterscheidet man zwischen Kämmereivermögen, als dem Finanz- oder Kapitalvermögen der Stadt, und
dem Verwaltungsvermögen, d. h. dem zu Verwaltungszwecken dienenden Grundvermögen und Inventarium, wie Rathaus, Feuerwehranstalten,
Straßenareal etc.
(lat. Camerarius), der Aufseher über eine Kammer (s. d.) oder sonstige Lokalität, woselbst
Kostbarkeiten oder Kunstschätze aufbewahrt werden, daher Silber- oder Kunstkämmerer, der Beamte, welcher fürstliches Kammergut
zu verwalten hat;
an manchen Höfen, z. B. in Wien und München, auch s. v. w. Kammerherr.
Der Oberstkämmerer zählt alsdann
zu den obersten Hofchargen. Zu dem preußischen Hofstaat gehören ein Oberstkämmerer und ein Obergewandkämmerer (Grand-maître
de la garderobe).
Auch ist Kämmerer der Titel des Verwalters der städtischen Finanzen (s. Kämmerei).
das frühere Appellationsgericht für die Stadt Berlin und für den Regierungsbezirk
Potsdam in Berlin. Durch besondern königlichen Erlaß ist die Bezeichnung Kammergericht für das Oberlandesgericht der Provinz Brandenburg
in Berlin beibehalten worden. Dasselbe fungiert zugleich als oberstes Landesgericht für den preußischen Staat, indem ihm zur
ausschließlichen Verhandlung und Entscheidung überwiesen sind:
1) die nicht zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehörigen Revisionen gegen Urteile der Strafkammern der
Landgerichte in erster Instanz;
2) die Revisionen gegen Urteile dieser Strafkammern in der Berufungsinstanz und über alle Beschwerden gegen Entscheidungen der
Strafkammern, insofern es sich um eine nach Landesrecht (nicht nach Reichsrecht) strafbare Handlung handelt. Bei dem Kammergericht ist
ein
mehr
Geheimer Justizrat gebildeter welchem die Mitglieder der königlichen Familie und des Hauses Hohenzollern ihren persönlichen
Gerichtsstand haben.
Vgl. Franklin, Das königliche Kammergericht (Berl. 1871).
Kammergericht ist auch die abgekürzte Bezeichnung für Reichskammergericht (s. d.).
(kaiserliche Kammerknechte), früher in Deutschland Bezeichnung der Juden, weil sie dem Kaiser
als ihrem Schutzherrn einen Schutzzins zu entrichten hatten.
Musik, die sich zur Aufführung in kleinern Räumen eignet, im Gegensatz zur Kirchenmusik und Theatermusik,
heute auch noch zur Konzertmusik. Die Bezeichnung Kammermusik kam zu Anfang des 17. Jahrh.
auf, d. h. zu einer Zeit, wo eine Instrumentalmusik im heutigen Sinne nur in den ersten Anfängen existierte
und sich auf vierstimmige Tänze sowie Tokkaten und ähnliche Stücke für Orgel beschränkte, betraf daher überwiegend Gesangsmusik,
speziell die begleitete Gesangsmusik (Kammerkantate im Gegensatz zur Kirchenkantate, Kammerduette).
Als die größern Formen der Instrumentalmusik aufkamen (Kammerkonzert, Suite, Symphonie, Sonate), bezeichnete man auch diese,
überhaupt alles, was nicht Kirchen- oder Theatermusik war, als Kammermusik. Heute versteht man unter Kammermusik nur noch
von wenigen Instrumenten oder Singstimmen ausgeführte Musik, wie: Streichquartette, Trios, Quintette, Sextette, Septette, Oktette,
ebensolche Werke mit Klavier, Sonaten für Klavier allein oder mit obligater Violine, Bratsche, Violoncello, überhaupt alle für
einzelne Instrumente mit Klavier geschriebenen Stücke, auch Divertissements von einigen Blas- und Streichinstrumenten,
Lieder mit Klavierbegleitung, Duette, Terzette etc. Der eigentliche Gegensatz zu Kammermusik ist heute Konzertmusik (Orchester- und Chormusik).
Da in der Kammermusik der Mangel an Klangfülle und Abwechselung der Instrumentierung durch feinere Nüancierung und
Detailarbeit ersetzt werden muß, so unterscheidet man mit Recht einen besondern Kammerstil, und es gilt
als Mangel eines Kammermusikwerks, wenn die Stimmen orchestral behandelt sind. Die Titel Kammermusiker, Kammersänger, Kammervirtuose,
welche von Fürsten verliehen werden, stammen aus der Zeit her, wo sich dieselben kleine aus Sängern und Instrumentisten bestehende
Kapellen für den Vortrag der zu diesem Zweck geschriebenen Kammermusiken in ihren Privatsalons hielten.
Vgl. Nohl, Die geschichtliche Entwickelung der Kammermusik (Braunschw. 1885).
(Kapellton),
ehedem die gewöhnliche Stimmung der zur Kammermusik (s. d.) erforderlichen Instrumente, im Gegensatz
zu der um einen Ton höhern Orgelstimmung, dem Chorton (s. d.), welche sich noch heute bei alten Orgeln findet und beim Zusammenwirken
mit andern Instrumenten ein transponiertes Spiel nötig macht. Vgl. Stimmung.
die (sehr unpünktlich und unvollständig eingehenden) Beiträge der Reichsstände zur Unterhaltung des
ehemaligen Reichskammergerichts (s. d.) und die Termine zur Zahlung derselben.
das vom Hals, dem sogen. Kamm, der Pferde herrührende Fett, ist nach dem Ausschmelzen schwach gelblich, fast
geruchlos, von Butterkonsistenz, schmilzt bei 60° und liefert eine weiße, feste Seife. Das aus Abdeckereien
stammende Kammfett ist meist schmutzig weiß oder bräunlich und riecht unangenehm. Aus ganzen Pferdekadavern erhält
man durch Behandeln mit Dampf in geschlossenen Cylindern ein reines, helles, geruchfreies Fett, welches leichter schmelzbar
ist als Kammfett, aber wie dieses zu Maschinenschmiere, zum Einfetten der Wolle und des Leders und zur Darstellung
weicher Schmierseife (Elainseife) für Tuchfabriken dient.
1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, auf einer Anhöhe, 4 km von der Ostsee, am Kamminschen Bodden,
einem von der Dievenow durchflossenen Binnensee, hat 4 Kirchen, eine Synagoge, eine Domschule (Lateinschule, 1175 gegründet),
ein Lehrerseminar, ein adliges Fräuleinstift, ein Amtsgericht, ein Sol- und ein Moorbad, Strumpfwarenfabrikation, Dampfmühlen,
Eisengießerei, Schiffahrt, Fischerei und (1885) 5684 meist evang. Einwohner. - Kammin ist
wendischen Ursprungs und wurde schon 1123 Hofstadt des Herzogs Wratislaw, 1188 aber Bischofsitz, indem
um diese Zeit das 1140 zu Julin gestiftete Bistum vom Herzog Kasimir nach Kammin verlegt wurde. Es wurde schon damals unmittelbar
dem päpstlichen Stuhl unterstellt.
Der Ort Kammin erhielt 1274 Stadtrecht. Geraume Zeit hindurch standen die Bischöfe von auf seiten der Markgrafen von Brandenburg,
bis im Belgarder Vergleich (1304) der Bischof Heinrich Wacholl (1299 bis 1317) dem Herzog von Pommern Treue
geloben mußte. Nachdem 1536 der damalige Bischof Erasmus Manteuffel v. Arnhausen sich der Reformation angeschlossen hatte, erfolgte 1648 die
Umwandlung des Bistums in ein weltliches unmittelbares Reichsfürstentum, das an Kurbrandenburg fiel. Die ehemaligen Besitzungen
des Bistums bilden gegenwärtig die Kreise Kolberg-Körlin, Köslin und Bublitz (bis 1872 zusammen den Kreis
»Fürstentum«) im Regierungsbezirk Köslin.
Vgl. Kücken, Geschichte der Stadt Kammin (Kammin 1885). -
(Pectinidae Ad.), Familie der Muscheln (s. d.), deren gleiche oder ungleiche Klappen
mit fächerförmig von der Gegend des Schlosses ausstrahlenden Leisten besetzt sind. Bemerkenswert sind die am Mantelrand einiger
Arten angebrachten zahlreichen Augen von smaragdgrüner Farbe und
mehr
kompliziertem Bau. Einzelne Arten sondern einen Byssus ab, andre sind mit der gewölbten Klappe festgewachsen, während die Gattung
Pecten sich durch rasches Öffnen und Schließen der Schale wie fliegend vom Boden hoch zu erheben und eine Strecke weit fortzubewegen
vermag. Alle Kammmuscheln sind Bewohner des Meers; viele sind eßbar und werden wegen des feinen Geschmacks ihres
Fleisches höher als Austern geschätzt. Die Schalen einiger größerer Arten werden als Schüsseln für feines Ragout benutzt,
mit andern schmückten aus dem Orient heimkehrende Pilger Hut und Kleid (daher Pilgermuschel). S. auch die Abbildung von Lima auf
Tafel »Triasformation I«.
Fluß in Niederösterreich, entsteht aus dem Großen und Kleinen Kamp im Weinsberger Wald, fließt
erst östlich, dann südlich und mündet nach 135 km langem Lauf bei Grafenwörth links in die Donau.
in die Umfassungsmauern von Burgen und Stadtbefestigungen, oft in mehreren Stockwerken und
galerieartig fortlaufend eingebaute Nischen mit Schießscharten zur Grabenverteidigung.
im Altertum Landschaft auf der Westküste von Italien, umfaßte die Ebene, welche sich
vom Gebirge Massicus im N. südwärts bis zur gebirgserfüllten Halbinsel von Surrentum (Sorrent) erstreckt und nordwestlich
von Latium, nordöstlich von Samnium und südöstlich vom Lande der Picentiner begrenzt wurde (s. Karte »Italien zur
Zeit des Kaisers Augustus«). Sie entspricht ungefähr den heutigen Provinzen Napoli und Caserta. Am Fuß des Mons Massicus (Monte
Massico) breitete sich der durch vorzügliches Weingewächs berühmte Falernus ager aus; nordöstlich von Cumä liegt der
Mons Gaurus (Monte Gaudo), nördlich von Capua der Mons Tifata mit einem Tempel der Diana, ostwärts von Neapel
der feuerspeiende Mons Vesuvius.
An der Küste ragt das Promontorium Misenum (Capo Miseno) ins Meer und südöstlich davon das Promontorium Minervae (Punta della
Campanella) als Scheide zwischen dem Sinus Cumanus (Krater bei den Griechen, Golf von Neapel) nordwestlich und dem Sinus Paestanus
(Meerbusen
von Salerno) südöstlich. Der bedeutendste der trüben, langsam strömenden Flüsse hieß Volturnus
(Volturno); als kleinere Küstenflüsse sind zu nennen der Clanius (Lagno) und Sarnus (Saruo), unweit dessen Pompeji lag.
Von den Seen ist nur der berüchtigte Lacus Avernus (Lago di Averno) übrig. Der Lacus Lucrinus, einst der Hafen der Griechenstadt
Cumä, war der innerste Teil des Sinus Bajanus, durch einen schmalen Damm vom Meer geschieden und reich an
vortrefflichen Austern. Kampanien war fruchtbar und ergiebig im Acker- und Weinbau wie in der Viehzucht und in köstlichen Fischen,
dazu lieblich durch mildes und gesundes Klima. Daher besaßen die vornehmen Römer in dieser Landschaft, welche sie
Campania felix (das »glückliche Kampanien«) nannten, Landgüter und Landhäuser, mit den üppigsten Reizen ausgestattet.
Bajä mit seinen Thermen war einst der Mittelpunkt der feinen Welt. Andre Orte waren Cumä (Kyme), Puteoli, Neapolis, die 79 n. Chr.
bei einem Ausbruch des Vesuvs verschütteten Städte Herculaneum, Pompeji und Stabiä; ferner Salernum, Volturnum, Surrentum,
Liternum, die Hauptstadt Capua, Suessula, Casilinum, Teanum, Cales, Atella, Acerrä, Nola, Abella, Nuceria u. a. Als die frühsten
Bewohner der Landschaft erscheinen die ausonischen Osker, die dann den einziehenden gebildetern Völkern erlagen. In uralter
Zeit gründete eine griechische Kolonie die durch Gewerbe und Handel blühende Stadt Kyme (Cumä), von welcher wieder
die Städte Dikäarchia (Puteoli), Paläopolis, Neapolis u. a. ausgingen. Um 800 v. Chr. erlagen die Osker den eindringenden Tyrrhenern
oder Etruskern, welche fast 400 Jahre lang Kampanien beherrschten, und dann zwischen 440 und 420 dem waffengeübten,
kräftigen Bergvolk der Samniter, welche die eigentlichen Gründer des Staats Kampanien wurden.
Doch nach weniger als 100 Jahren schon (343) mußte es, von neuem durch die Samniter bedrängt, sich dem
Schutz und der Oberhoheit Roms unterwerfen. Als in der Völkerwanderung Roms Macht zertrümmert wurde, hielten sich die Byzantiner
nur in einigen Küstenstädten. Im 9. und 10. Jahrh. bestanden im ehemaligen Kampanien die
Fürstentümer Benevent, Capua und Salerno; im 11. Jahrh. setzten sich die Normannen hier fest. Über die
spätern Schicksale des Landes s. Capua und Neapel.
Vgl. Beloch, Kampanien, Topographie, Geschichte etc. (Berl. 1879).
(Glockenblütler), dikotyle, etwa 800 Arten umfassende, in der gemäßigten und warmen Zone verbreitete
Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Kampanulinen, milchsaftführende Kräuter und Stauden mit wechselständigen,
seltener gegenständigen Blättern und epigynen, meist fünfzähligen Blüten, deren Blumenkrone oft glockenförmig gestaltet
ist und 5 meist freie oder mit den Antheren verklebte, selten verwachsene Staubgefäße umschließt. Der Fruchtknoten besteht
aus 2-5 verwachsenen Karpiden und entwickelt sich zu einer mit Löchern aufspringenden Kapsel, die zahlreiche kleine,
endospermführende Samen enthält.
Vgl. A. De Candolle, Monographie des Campanulées (Par. 1830).
Ordnung im natürlichen Pflanzensystem aus der Abteilung der Dikotyledonen, charakterisiert durch fünfzählige,
mit Kelch und verwachsenen Blumenblättern versehene Blüten, freie oder unter sich, selten mit der Krone verwachsene, bisweilen
unvollzählige Staubblätter und 1-5 zu einem unterständigen Fruchtknoten verwachsene Fruchtblätter,
umfaßt nach Eichler die Familien der
mehr
Kampanulaceen, ^[richtig;
Kampanniaceen,] Lobeliaceen, Stylidiaceen, Goodeniaceen und Kukurbitaceen.
Stadt in der niederländ. Provinz Overyssel, links an der Yssel, unweit deren Mündungen in einer Gegend, welche
ganz unter Wasser gesetzt werden kann, Endpunkt der Niederländischen Zentralbahn (Utrecht-Kampen), ist mit Gruben und parkähnlichen
Anlagen umgeben, hat mehrere alte Kirchen, eine schöne, 1874 neugebaute Brücke über die Yssel, ein Stadthaus,
eine lateinische und eine höhere Bürgerschule, ein Seminar für orthodox-reformierte Prediger, ist Garnison des Instruktionsbataillons
(Lehrschule für Unteroffiziere der Infanterie) und zählt (1885) 18,288 Einw., welche sich von Schiffbau, Fischerei, Handel,
Kalk- und Ziegelbrennerei sowie Zigarrenfabrikation nähren. - Kampen, 1286 gegründet, war
ehemals eine freie Reichs- und Hansestadt mit beträchtlichem Handel, der aber mit der zunehmenden Versandung der Ysselmündungen
immer mehr sank, sich jedoch seit etwa 25 Jahren durch Verbesserung der Mündungen wieder beträchtlich gehoben hat. Die Stadt
wurde 1578 von den Holländern erobert und mußte sich 1672 an die Franzosen ergeben, welche die Brückenschanze
am rechten Ysselufer zerstörten.
Nicolas Godfried van, niederländ. Geschichtschreiber, geb. zu
Haarlem, ward in Deutschland erzogen, erlernte den Buchhandel, während er sich zugleich selbst in den Wissenschaften fortbildete,
ward 1816 Lehrer der deutschen Sprache in Leiden, 1829 der niederländischen Sprache und Litteratur und der
vaterländischen Geschichte am Athenäum zu Amsterdam und starb daselbst. Von seinen zahlreichen, mitunter der Tiefe
der Forschung ermangelnden Werken sind hervorzuheben: »Geschiedenis van de fransche heerschappij in Europa« (Leid. 1815-23, 8 Bde.);
»Geschiedenis der letteren en wetenschappen in de Nederlanden« (Haag 1821-26, 3 Bde.);
»Geschiedenis der
Nederlanders buiten Europa« (Haarl. 1831-1838, 3 Bde.);
»Handboek der hoogduitsche letterkunde in prosa en poezij« (das.
1823-30, 4 Bde.).
In Deutschland ist er besonders durch seine »Geschichte der Niederlande« (Hamb. 1831-33, 2 Bde.)
bekannt geworden. Mit Tijdemann gab er die Zeitschrift »Mnemosyne« (1815-21, 10 Bde.) heraus.
Vgl. S. R. van
Campen, Nicholas Godfried van C., a biographical sketch (Lond. 1887).
(spr. -denn, schlechthin Kamp), Dorf in der niederländ. Provinz Nordholland, an den Dünen der Westküste,
zwischen Alkmar und Helder, bekannt durch die große Seeschlacht vom in welcher der englische Vizeadmiral Duncan
über die französisch-holländische Flotte unter de Winter den Sieg davontrug, und nach welcher er den Titel
»Viscount von Camperdown« erhielt.
das von Haematoxylon Campechianum (s. Tafel »Farbepflanzen«)
stammende Holz, welches seinen Namen von der Campechebai in Mexiko hat, aus welcher dasselbe früher ausgeführt
wurde. Es kommt in großen, von Rinde und Splint befreiten Stücken in den Handel, ist aus der stark gefurchten Außenseite rötlich-
bis schwärzlichbraun, auf frischer Schnittfläche im Innern dunkel gelbbraun, sehr hart, nimmt schöne Politur an, schmeckt
zuckerartig, adstringierend, färbt den Speichel rot und riecht der Veilchenwurzel ähnlich.
Die beste Handelssorte ist die von der Campechebai, dann folgt die von Honduras; Jamaica- und Domingoholz
sind
blässer und ärmer an Farbstoff, die geringste Ware ist die von Martinique und Guadeloupe. Das unveränderte Holz enthält
Hämatoxylin (s. d.), welches in feuchter Luft bei Gegenwart von Ammoniak in dunkelrotes Hämatein übergeht. Das Färbevermögen
des Kampescheholzes nimmt daher sehr bedeutend zu, wenn man es geraspelt und befeuchtet in dünner Schicht 6-8 Wochen liegen
läßt und öfters umschaufelt.
Man benutzt das in der Färberei und zwar entweder direkt den mit Wasser bereiteten Auszug oder das Extrakt, welches in der Heimat
des Holzes, in den Vereinigten Staaten und in Europa dargestellt wird. Es bildet dunkel schwarzbraune, glänzende
Stücke, die sich bei völliger Trockenheit leicht zerstoßen lassen. Kampescheholz gibt mit Thonerdebeizen ziemlich
intensive grauviolette Farben, mit Kupfersalzen Blau, mit Eisenbeize Schwarz oder Grau, mit Chromoxyd nach vorhergegangener Oxydation
mit Chromsäure Schwarz. Mit Ausnahme der letztern sind aber diese Nüancen sehr unbeständig und werden
durch Licht, Seife, Alkalien und Säuren zerstört. Kampescheholz dient zum Färben von Baumwolle, Wolle, Seide und Leder, meist in Verbindung
mit andern Farbstoffen, das Extrakt als desinfizierendes Mittel zum Verbinden von Wunden. Mit chromsaurem Kali gibt eine Abkochung
eine gute und sehr billige schwarze Tinte.
(taktisch) die kleinste noch einer gewissen Selbständigkeit des Handelns fähige Truppenabteilung und
zwar Kompanie, Eskadron, Batterie, während die administrative Einheit das Bataillon, Regiment und die Abteilung bilden.
(Laurineenkampfer, Japankampfer, Camphora), ein Produkt des Kampferbaums (Camphora officinalis Nees), wird aus dem
Holz desselben auf Formosa und in Japan gewonnen, indem man den auf sehr einfache Weise durch Wasserdämpfe
aus dem zerschnittenen Holz austreibt und die Dämpfe in passenden Gefäßen verdichtet. Der nach Europa gebrachte rohe Kampfer wird
unter Zusatz von wenig Holzkohle, Eisenfeile oder Kalk, besonders in England, Holland, Hamburg, einer Sublimation unterworfen und
liefert dann den gereinigten Kampfer, welcher in Form von schalenförmigen, in der Mitte durchbohrten
Broten in den Handel kommt. Kampfer bildet eine farblose, durchscheinende, körnig-kristallinische, zähe Masse vom spez. Gew. 0,98,
ist nur nach dem Befeuchten mit Alkohol pulverisierbar, riecht eigentümlich, schmeckt brennend bitterlich, löst sich in 1000 Teilen
kaltem Wasser, leicht in Alkohol, Äther, Benzol und in fetten Ölen, schmilzt bei 175°, siedet bei 205°,
sublimiert unzersetzt, verflüchtigt sich aber auch schon bei gewöhnlicher Temperatur sehr stark, brennt mit rußender Flamme
und rotiert, wenn man ihn in kleinen Stückchen auf Wasser wirft, aber nur, wenn letzteres keine Spur Fett enthält.
Die Zusammensetzung des Kampfers entspricht der Formel C10H16O , und er ist offenbar
durch Oxydation aus einem ätherischen Öl C10H16 entstanden, welches sich namentlich in jüngern Teilen
des Kampferbaums findet, bei der Sublimation sich mit dem Kampfer verflüchtigt und von dem rohen Kampfer abtropft. Dies Kampferöl oxydiert
sich sehr leicht an der Luft und bei Behandlung mit Salpetersäure zu Kampfer. Bei weiterer Oxydation des Kampfers
entsteht die kristallisierbare, farb- und geruchlose Kampfersäure C10H16O4 und bei Destillation
des Kampfers mit Chlorzink Cymen C10H14 , ein Kohlenwasserstoff, aus welchem man umgekehrt wieder Kampfer darstellen
kann; auch finden sich dem Laurineenkampfer sehr ähnliche Substanzen in manchen
mehr
ätherischen Ölen oder entstehen aus solchen. Kampfer wirkt in kleinern Gaben beruhigend, in größern erregend auf das Nervensystem
und erstreckt diese Wirkung besonders auf die Nerven der Zirkulations-, Respirations- und Geschlechtsorgane. In größern Gaben
ist er giftig; auf die Haut eingerieben, wirkt er reizend, auch hindert er die Fäulnis. Man benutzt ihn
als lähmungswidriges, krampfstillendes, resorbierendes Mittel bei Krankheiten des Darmkanals, des Herzens, der Respirationsorgane,
bei Nervenkrankheiten, Nymphomanie, Hautkrankheiten, typhösen und brandigen Zuständen, Rheumatismus, als Zahnschmerzmittel
etc. Zur Beseitigung roter Wangen tragen junge Damen bisweilen auf der Brust.
Welke Pflanzen werden wieder frisch, wenn man sie in Wasser stellt, welches ein wenig Kampferspiritus enthält.
In der Technik dient Kampfer zur Darstellung von Sprenggelatine, Celluloid, in der Feuerwerkerei, zur Nachtlichterfabrikation, zum
Schutz von Pelzwerk, Wolle, Sammlungen von Insekten etc. Die bei weitem größte Menge Kampfer wird in Indien von den Eingebornen verbraucht.
Offizinell ist eine Lösung von 1 in 7 Spiritus und 2 Wasser als Kampferspiritus, eine Lösung von 1 in 9 Olivenöl
als Kampferöl und eine Mischung von 1 Kampfer, 1 Spiritus, 3 Gummischleim und 45 Weißwein als Kampferwein; auch dient Kampfer zur Darstellung
einiger andrer pharmazeutischer Präparate.
Eine andre Kampfersorte, der Borneokampfer, Baroskampfer, Borneol, welcher von Dryobalanops Camphora Colebr.
gesammelt wird (s. Dryobalanops), ist etwas schwerer als Wasser, weniger flüchtig, schmilzt bei 198°, riecht dem gewöhnlichen
Kampfer ähnlich, aber zugleich ein wenig nach Patschuli. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel C10H18O ,
und bei Behandlung mit Salpetersäure gibt er Japankampfer, welcher anderseits durch alkoholische Kalilauge in Borneokampfer
übergeführt wird. Er wird nur als Räuchermittel bei gottesdienstlichen und andern feierlichen Handlungen in Asien benutzt,
in den europäischen Handel kommt er nicht.
Eine dritte Kampfersorte, der Ngaikampfer, wird in Kanton aus Blumea balsamifera Dec. (Komposite) gewonnen, hat die Zusammensetzung
des Borneokampfers, unterscheidet sich aber von demselben in den optischen Eigenschaften. Er wird in China
als Arzneimittel und zum Parfümieren der feinern Tusche benutzt. Unter künstlichem Kampfer versteht man das Produkt der Einwirkung
von trocknem Chlorwasserstoff auf Terpentinöl C10H10Cl , welches farblose Kristalle bildet und kampferartig
riecht und schmeckt. Im Altertum war in Europa unbekannt; die arabischen Ärzte des Mittelalters, Simon Seth
um 1070 und die Äbtissin Hildegard um 1150 erwähnen dagegen den Kampfer, und zur Zeit des Paracelsus wurde derselbe allgemein
gebraucht. In China scheint zuerst der Borneokampfer bekannt geworden zu sein, welcher dann Veranlassung gab zur Darstellung
des Laurineenkampfers aus dem auch in China weitverbreiteten Kampferbaum; gegenwärtig aber wird in China
kein Laurineenkampfer dargestellt.
(Impost), in der Baukunst derjenige Teil des Widerlagers eines gewölbten Bogens, worauf der letztere unmittelbar
ruht.
Bei Brückengewölben bleiben die Kämpfer meist glatt;
bei Hochbauten mit reicherer Ausstattung werden sie durch vorspringende
Platten mit glatter oder profilierter Oberfläche ausgezeichnet, welche als Trennungsglieder von
Pfeiler und Bogen erscheinen.
Werden dieselben bei einer Bogenstellung fortlaufend angewandt, so bilden sie ein Kämpfergesims.
Die Höhe desselben beträgt
etwa 1/5-1/10 der Bogenweite, während seine Ausladung ca. 1/3-½ seiner Höhe nicht überschreiten
darf.
Engelbert, Reisender, geb. zu Lemgo als Sohn eines Geistlichen, studierte in
Königsberg Medizin und ging 1683 als Arzt mit der schwedischen Gesandtschaft nach Rußland und Persien, begab sich von hier 1685 mit
einem holländischen Schiff nach Ceylon, Kochin, Bengalen und kam 1689 nach Batavia, von wo er 1690 eine Gesandtschaft der Holländer
nach Siam und Japan begleitete. In Japan, um dessen Erforschung er sich die größten Verdienste erwarb,
verweilte er zwei Jahre, kehrte 1692 nach Batavia und 1694 in seine Heimat zurück, wurde Leibarzt des Grafen zur Lippe und starb Kämpfer hat
sehr viel geschrieben, doch befindet sich das meiste (darunter die Beschreibung seiner großen Reisen) ungedruckt im
Britischen Museum.
Das einzige von ihm selbst herausgegebene Werk sind die »Amoenitates exoticae«
(Lemgo 1712),
eine Reihe ethnographischer und geschichtlicher Abhandlungen. Nach seinem Tod erschien, in englischer Bearbeitung
von Scheuchzer, die »History of Japan and Siam« (Lond. 1727, 2 Bde.),
sein bekanntestes Werk, das (Lemgo 1777, 3 Bde) von Dohm ins Deutsche zurückübersetzt wurde, und die
durch Banks herausgegebenen »Icones selectae plantarum, quas in Japonia collegit«
(Lond. 1791). Einen Auszug aus seinem »Diarium itineris ad aulam moscoviticam« ließ Adelung drucken.
eine Pomade zur Geschmeidigerhaltung der Haut, eine Mischung aus fettem Mandelöl, Wachs,
Walrat und Kampfer, welche mit Rosenwasser und etwas Rosmarinwasser zusammengerieben wird.
Vogel aus
der Ordnung der Watvögel und der Familie der Schnepfen (Scolopacidae), 29-32 cm lang, 64 cm breit, mit kopflangem, weichem, an der
Spitze nicht verbreitertem Schnabel, hohen, schlanken, weit über die Ferse nackten, vierzehigen Füßen, hoch eingelenkter Hinterzehe,
mittellangen, spitzen Flügeln, kurzem, flach gerundetem Schwanz und weichem, meist glatt anliegendem Gefieder.
Die Oberflügel sind dunkel braungrau, der Schwanz ist schwarzgrau, schwarz gefleckt, der Bauch weiß; die Augen sind braun,
die Füße rötlichgelb, der Schnabel ist grünlichgelb.
Das Männchen erhält im Frühjahr einen aus harten, etwa 8 cm langen Federn bestehenden, dunkel gefleckten oder gebänderten
Kragen, der den größten Teil des Halses umgibt und auf dunklem, sehr verschieden gefärbtem Grund gebändert
oder gefleckt ist, und im Gesicht eigentümliche Warzen, welche im Herbst mit dem Kragen verschwinden. Übrigens weicht die Färbung
und Zeichnung der Männchen bei den verschiedenen Individuen außerordentlich ab. Der Kampfläufer bewohnt größere
Sumpfflächen und die Küsten im Norden der Alten Welt und erscheint auf seinem Zug
in ganz Europa, Asien und
Afrika; bei uns weilt er von Anfang Mai bis Juli oder August. Männchen und Weibchen ziehen getrennt und halten sich auch in der
mehr
Winterherberge gesondert. Er geht anmutig, fliegt sehr schnell, ist höchst munter und rege, lebt gesellig und nährt sich
von Land- und Wassertieren und von Sämereien. In der Paarungszeit kämpfen die Männchen fortwährend miteinander, erwählen
sich besondere Kampfplätze und stellen sich auf diesen täglich mehreremal ein. Ihre einzige Waffe ist der
weiche Schnabel, die Ursache des Kampfes ist unerklärt und jedenfalls nicht Eifersucht. Das Nest steht in der Nähe des Wassers
und enthält meist vier große, bräunliche oder grünliche, dunkel gefleckte Eier, welche das Weibchen in 17-19 Tagen ausbrütet.
Der Kampfläufer ist leicht zu fangen und erträgt die Gefangenschaft sehr gut; sein Fleisch ist im Herbst wohlschmeckend;
die Eier kommen häufig als Kiebitzeier in den Handel.
Wettkämpfe in allerlei Leibesübungen, die bei festlichen Veranlassungen als öffentliche Schaugebung
und zu allgemeiner Teilnahme veranstaltet werden und meist mit einem Preis oder einer Festgabe für die Sieger verbunden sind.
Dergleichen Wettkämpfe waren bei den Griechen die berühmten Olympischen, Nemeischen und Pythischen Spiele
(s. d. Art.);
auch bei den Römern waren sie in hohem Grad beliebt (s. Ludi). Im Mittelalter treten sie vorwiegend in der Gestalt der Turniere
(s. d.), in der Neuzeit besonders als Schau- oder Wettturnen u. dgl. auf.
umsDasein (Übersetzung v. engl. »struggle
of life«),
in neuester Zeit vielgebrauchter Ausdruck;
hergenommen aus dem Titel von Darwins 1859 erschienenem Buch »On the origin
of species by means of natural selection, or the preservation of favoured races in the 'struggle of life'«.
Indessen hat schon
Malthus in seinem »Essay on the principles of population« (1798) vom »struggle
for existence« gesprochen. S. Darwinismus, S. 565.
Adolf, protest. Theolog, geb. zu Solingen, studierte in Bonn, kam 1855 als Privatsekretär Bunsens
nach Heidelberg, um an dessen Bibelwerk zu arbeiten. Zugleich an der Universität als Privatdozent thätig,
siedelte er 1859 mit Bunsen nach Bonn über, wurde 1863 außerordentlicher und 1868 ordentlicher Professor der Theologie, um
seither namentlich die von der evangelischen Kirchenkonferenz unternommene Revision der lutherischen Bibelübersetzung zu fördern.
Er schrieb: »Das Lied Moses'« (Leipz. 1862),
»Das Gebet des Herrn« (Elberf. 1866),
»Die Chronologie der hebräischen
Könige« (Bonn 1883) und gab die dritte Auflage von Bleeks »Einleitung ins Alte Testament« (Berl. 1870) heraus.
(Terbene), Kohlenwasserstoffverbindungen von der allgemeinen Formel C10H16 , bilden den
Hauptbestandteil vieler ätherischer Öle, finden sich aber häufig begleitet von sauerstoffhaltigen Ölen.
Sie sind einander
isomer oder polymer, bald mehr, bald weniger verschieden in physikalischen und chemischen Eigenschaften;
einige bilden mit Wasser kristallisierbare Hydrate und mit Chlorwasserstoff teils flüssige, teils starre Verbindungen.
ein durch Destillation mit gebranntem Kalk oder Chlorkalk und Wasser gereinigtes und mit gebranntem Gips entwässertes
Terpentinöl, riecht zitronenartig und diente früher als Leuchtmaterial, ebenso eine gleichfalls
Kamphin genannte Mischung von Terpentinöl mit Alkohol und Äther (Gasäther, Leuchtspiritus).
(Stallleine), im Biwak zwischen den in die Erde geschlagenen, etwa 1-1,4 m hohen Kampier- oder Pikettpfählen
gezogene Leine, an welcher die Halftern der Pferde befestigt werden.
Königreichs Kambodscha, an der Mündung des westlichen Arms des Flusses in den Golf
von Siam, Hauptmarkt für Pfeffer und Gewürze und für die Verproviantierung der Küstenfahrer, hat ca. 20,000 meist chines.
Einwohner.
Der geräumige Hafen ist geschützt und von genügender Tiefe, auch für größere Fahrzeuge.
Wilhelm, Geschichtschreiber, geb. zu Wickede in Westfalen, besuchte die Akademie zu Münster, um
Theologie zu studieren, ging aber nach kurzem Aufenthalt daselbst 1854 nach Berlin, um sich dem Studium der Geschichte zu widmen. 1855 siedelte
er nach Bonn über, woselbst er sich 1857 für Geschichte habilitierte und 1860 zum ordentlichen Professor
ernannt wurde; dort starb er schon nachdem er sich entschieden gegen das Unfehlbarkeitsdogma erklärt und seine
Überzeugung standhaft behauptet hatte. Seine durch gründliche Forschung und Unparteilichkeit ausgezeichneten Werke sind:
»De Georgio Wicelio« (Bonn 1856);
»Die Universität Erfurt in ihrem Verhältnis zur Reformation« (Trier 1858-60, 2 Bde.);
»De Joanne Croto Rubiano« (Bonn 1862).
Sein Hauptwerk: »Johann Calvin, seine Kirche und sein Staat in Genf"
(Leipz. 1869, Bd.
1), ist unvollendet geblieben.
(griech.), ein durch starkes Walzen hergestelltes Gemisch von gepulverten Korkabfällen mit wenig Kautschuk,
wird in Plattenform gebracht und zeichnet sich aus durch eine gewisse Elastizität und Zähigkeit, bedeutenden
Widerstand gegen Abnutzung, völlige Unempfindlichkeit gegen Wasser und die meisten Chemikalien und durch die Fähigkeit, den
Schall zu dämpfen. Man braucht Kamptulikon zum Belegen des Fußbodens in Kirchen, Bibliotheken, Badestuben, zu Fußabtretern, selbst zur
Bodenbekleidung der Pferdeställe, dann auch an Stelle des Leders zu Abziehriemen, Messerputzmaschinen etc.
Die einzelnen Platten können durch eine Lösung von Kautschuk in Benzol zusammengekittet werden. Zum Belegen von Dielenfußböden
benutzt man jedoch jetzt lieber Korkteppiche (s. d.), da das Kamptulikon durch das Schwinden des Holzes der Fußböden oft rissig wurde.
Karl Albert Christoph Heinrich von, preuß. Staatsmann, geb. zu Schwerin in Mecklenburg,
studierte zu Göttingen und trat 1790 als Assessor der Justizkanzlei in mecklenburg-strelitzsche Dienste. 1804 ernannte ihn
der König von Preußen zum Reichskammergerichtsassessor in Wetzlar. Nach Auslösung des Deutschen Reichs übernahm Kamptz die Vizepräsidentschaft
des Justizkollegiums in Stuttgart, legte jedoch diese Stelle bald wieder nieder und trat, nachdem er sich
bis 1809 in Wetzlar an den noch übriggebliebenen allgemeinen Geschäften des Reichskammergerichts beteiligt hatte, 1811 als
Mitglied des Kammergerichts in den preußischen Justizdienst. Er wurde 1812 vortragender Rat im Departement der höhern und
Sicherheitspolizei, 1817 Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat und Direktor des Polizeiministeriums sowie
Mitglied des Staatsrats, 1824 Direktor der Unterrichtsabteilung im Kultusministerium, 1825 Wirklicher Geheimer Rat und Direktor
im Justizministerium, 1830 provisorischer, 1832 wirklicher Justizminister und mit Fortführung der Gesetzrevision wie mit
der obersten Leitung der
mehr
Justizangelegenheiten in den Rheinprovinzen beauftragt, im Februar 1842 aber mit Beibehaltung seiner Stelle im Staatsrat in den
Ruhestand versetzt. Er starb in Berlin. Kamptz zeichnete sich durch seltene staatsmännische Gewandtheit und eisernen
Fleiß aus; eine traurige Berühmtheit erlangte er hingegen durch seinen Eifer in der Aufspürung und
Untersuchung vermeintlicher demagogischer Umtriebe, wie er sich denn namentlich auch bestrebte, alle freiern Regungen auf
den deutschen Universitäten zu unterdrücken. Daher war sein »Kodex der Gendarmerie« (Berl. 1815) eins der ersten Bücher, welche 1817 bei
dem Wartburgfest den Flammen übergeben wurden.
Von seinen übrigen zahlreichen Schriften sind noch heute zu nennen: »Beiträge zum mecklenburgischen
Staats- und Privatrecht« (Schwer. 1795-1805, 6 Bde.);
»Zivilrecht der Herzogtümer Mecklenburg« (das. 1805-24, 2 Bde.);
»Handbuch des mecklenburgischen Zivilprozesses« (Berl. 1810; 2. Aufl. von Nettelbladt, das.
1822);
»Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung« (das. 1814-40, 54 Bde.);
»Annalen der preußischen innern Staatsverwaltung« (das. 1817-39, 23 Bde.
u. 2 Bde. Register);
»Die Provinzial- und statutarischen Rechte in der preußischen Monarchie« (das. 1826-28, 3 Bde.);
»Aktenmäßige Darstellung der preußischen Gesetzrevision« (das. 1842).
die zu den Hyperboreern (s. d., S. 850) gehörigen Bewohner des südlichen Teils der
Halbinsel Kamtschatka und der Insel Schumschu, der nördlichsten der Kurilen, die mehr und mehr durch Russifizierung
verschwinden und gegenwärtig etwa 2000 Köpfe zählen. Sie nennen sich selbst »Itelmen«; der Name Kamtschadalen rührt von dem Wort »Kontschal«
her, womit die Korjaken (s. d.) sie bezeichnen. Sie zeichnen sich als unermüdliche und
rasche Fußgänger aus, sind aber auch die eigentlichen Meister im Führen der Hundeschlitten und Abrichten
der Schlittenhunde. Die Kamtschadalen bewohnen im Winter Erdlöcher, die mit Rasen und Erde bedeckt werden; im Sommer halten sie sich in
Balaganen, leichten, auf hohen Gerüsten errichteten Hütten, auf. Ihre Sprache ist auf keine der bekannten Sprachenfamilien zurückzuführen.
Die alten Weiber vertreten bei ihnen die Stelle der Schamanen, zum Christentum bekennen sich nur wenige.
S. Tafel »Asiatische Völker«,
[* ] Fig. 2.
große Halbinsel an der nördlichen Ostküste von Asien, seit 1856 zum russischen Küstengebiet am Ochotskischen
Meer gehörig, erstreckt sich von NNO. gegen SSW., wo sie in dem Kap Lopatka in ihre südlichste Spitze ausläuft, gegen
die Inselkette der Kurilen hin, von denen Schumschu, die nördlichste, nur 11 km entfernt ist. Sie scheidet das Meer von Kamtschatka im
O. von dem Ochotskischen Meer im W. und hängt nur im N. mit dem Festland zusammen. Das Areal beträgt 1,206,200 qkm (21,908
QM.). Die Westküste zieht sich in einem Bogen ohne große Buchten hin;
die Ostküste dagegen hat beträchtliche
Buchten und Vorgebirge und ist zum Teil sehr steil;
die Meerestiefe ist hier 70-90 m;
unter 53° nördl. Br. liegt die Festung
Peterpaulshafen mit einem guten Hafen. Kamtschatka bildet den Kreis Petropawlowsk des russischen Küstengebiets, zu welchem außerdem
an der Ostküste die Inseln Karagin und Bering gehören (die früher dazu gehörigen Kurilen wurden 1875 an
Japan abgetreten).
Kamtschatka ist gebirgig und vulkanisch; man zählt 21 thätige, 26 erloschene Vulkane. Ein sehr hohes, auf der Ost-
und Westseite bewaldetes Gebirge zieht sich durch die ganze Halbinsel von N. nach S., jedoch der Ostküste
näher, und erreicht im Vulkan Kljutschew mit 4804 m seine größte Höhe. Die Westküste ist reich, die Ostküste arm an Küstenflüssen.
Der größte Fluß der Insel ist der Fluß Kamtschatka, der unter dem Vulkan Korjazker (3512 m hoch) entspringt, den Lauf nach N. nimmt
und beim Vorgebirge Kamtschatka mündet.
Unter vielen zum Teil beträchtlichen Seen ist, der Südspitze nahe, der Kurilische zu bemerken. Auch gibt es kalte und heiße
Quellen; Salzquellen fehlen gänzlich. Das Klima Kamtschatkas ist im allgemeinen weit kälter als unter gleicher Breite in Europa.
So hat Peterpaulshafen unter 53° 0' nördl. Br. nur +2,3° C. mittlere Jahrestemperatur, im kältesten
Monat (Februar) -6,2° C., im wärmsten Monat (Juli) +11,6° C. In der Mitte der Halbinsel fand Erman die Schneegrenze in 1604 m,
nördlicher 60-100 m höher.
Süd- und Westwinde herrschen vor. An der Westküste fällt im Sommer beständiger Regen, im Winter reichlicher Schnee; die Ostseite
dagegen hat weniger Regen, so daß hier das Wetter heiterer und nebelfreier ist. Heftig sind hier die Stürme aus O. und SO.,
Purgi genannt. Gräser und Kräuter wachsen wegen der Feuchtigkeit des Bodens und der Luft üppig; dichte Waldungen von Rottannen,
Lärchen, Zirbelkiefern (Pinus cembra), einer Erle (Alnus incana) bedecken große Strecken; auch die Birke
ist weit verbreitet, aber verkrüppelt, der Weißdorn wächst dagegen als Baum.
Von eßbaren Beeren gibt es Heidelbeeren, Preißelbeeren, Moosbeeren etc. Aus den Halmen einer Grasart flechten die Einwohner
Matten, Körbe etc. Ebenso wird das Cypergras verarbeitet und die Nessel (Urtica dioica) wie Flachs benutzt. Weiderich,
Bärenklau und andre Pflanzen dienen zur Nahrung. Die Kartoffel wird angebaut, gibt aber nur kleine Knollen; Getreidebau ist noch
nicht gelungen. Von Säugetieren gibt es wilde Renntiere, schwarze Bären, Wölfe, Zobel, Füchse, Hermeline etc., auch viele Arten
von Vögeln (Taucher, Möwen, Schwäne, wilde Gänse, Enten, Schneehühner etc.). Im Sommer sind Fliegen und Mücken
eine Plage.
Die Flüsse selbst haben keine Fische, sondern diese kommen nur aus dem Meer, gehen aber in großer Menge stromaufwärts. Das
einzige Haustier ist der wolfähnliche, langhaarige Hund, der zum Schlittenziehen und zur Jagd gebraucht wird. Die geringe Bevölkerung,
etwa 10,000 Seelen (0,01 auf 1 QM.), besteht im N.
aus 3000 Korjaken, im S. aus 3000-4500 Kamtschadalen (s. d.), ferner aus schnell abnehmenden Lamuten, welche an der Küste des
Ochotskischen Meers umherwandern, aus Tataren, Jakuten und wenigen Russen in Petropawlowsk und Tigilsk an der Westküste.
Sitz der Lokalverwaltung ist Petropawlowsk, befestigter Hafenplatz an der Awatschabai mit (1879) 334 Einw. -
Als Entdecker von Kamtschatka gilt Wolodomir Atlassow, der Befehlshaber in Anadyrsk, der 1696 den Kosaken Morosko mit 16 Mann ausschickte,
um die südlich wohnenden Völker mit Steuern zu belegen, bei welcher Gelegenheit dieser bis an den Kamtschatkafluß vordrang.
Vgl. Steller, Beschreibung von dem Lande Kamtschatka (Frankf. 1774);
Kotzebue (Chamisso), Entdeckungsreise in die Südsee
(Weim. 1821, 3 Bde.);
Erman, Reise um die Erde, Bd. 3 (Berl. 1848);
Kennan, Tent life in Siberia (5. Aufl., New York 1879);
Guillemard,
The cruise of the Marchesa to Kamtschatka and New Guinea (Lond. 1886).
(im Altertum Panysus), Fluß in der Türkei, entsteht aus dem Wilden Kamtschyk (Deli-Kamtschyk) und dem Zahmen Kamtschyk (Akylly-Kamtschyk),
welche im Balkan
mehr
unter 26° 20' östl. L. v. Gr. entspringen, und mündet
südlich von Warna in das Schwarze Meer.
Ludwig Friedrich, Physiker und Meteorolog, geb. zu Treptow an der Rega, studierte seit 1819 in Halle
zuerst die Rechte, später klassische Sprachen und zuletzt Mathematik und Physik, habilitierte sich daselbst als
Privatdozent und wurde 1827 zum außerordentlichen, 1834 zum ordentlichen Professor ernannt. 1841 ging er als Professor der
Physik nach Dorpat und 1865 als Direktor des physikalischen Zentral-Observatoriums nach Petersburg, wo er starb.
Seine Arbeiten beziehen sich hauptsächlich auf die atmosphärischen Erscheinungen und ihre Gesetze. Sein »Lehrbuch der
Meteorologie« (Halle 1831-36, 3 Tle.) hat als Grundlage weiterer Arbeiten in der Meteorologie seinen Wert bis auf den heutigen
Tag bewahrt. 1847 bereiste Kämtz Finnland zur Anstellung von magnetischen Beobachtungen, ebenso 1849 Finnland und Norwegen und ging
von da nach Archangel und Petersburg zu demselben Zweck. Die Beobachtungen, welche auf der zweiten Reise anstellte,
sind von ihm nicht veröffentlicht worden, ebenso wie die magnetischen Beobachtungen auf einer Reise nach der Insel Ösel im
J. 1865, nach Livland im J. 1857 und nach der Schweiz im J. 1855. Die Klimatologie Rußlands studierte Kämtz nach allen Richtungen
und gab mit Unterstützung der Russischen Geographischen Gesellschaft das »Repertorium für Meteorologie«
heraus.
kleiner Meerbusen an der Südwestspitze der Halbinsel Krim, 3,2 km lang, bei der Einfahrt 850 m breit und
bis 21 m tief, der bei der Belagerung von Sebastopol 1854 und 1855 als Hafenplatz für die französische Flotte diente.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Saratow, an der Mündung der Kamyschenka in die Wolga, 191 m ü. M.,
mit 4 Kirchen, einer Stadtbank (Umsatz 1½ Mill. Rubel), regem Handel (Kamyschin verschifft jährlich für 1½ Mill. Rub., besonders
Salz und Korn) und (1880) 13,372 Einw. Der Kreis ist berühmt durch seinen fruchtbaren Boden und seine wohlschmeckenden
Arbusen, die einen nicht unbedeutenden Ausfuhrartikel bilden. Unter den Bewohnern finden sich über 80,000 Deutsche,
die, zu Ende des 18. Jahrh. angesiedelt, gegenwärtig 50 Kolonien mit 30 protestantischen und 10 kath. Kirchen bilden.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Perm, bei der Mündung der Kamyschlowka in die Pychma (Puschma), einen
Nebenfluß der Tura, mit (1880) 2164 Einw. Ende 1885 wurde hier die erste Sektion der sibirischen Eisenbahn (Jekateriuenburg-Kamyschlow)
eröffnet. Der Kreis liegt in Asien, d. h. östlich vom Uralgebirge, und ist der bevölkertste des ganzen Gouvernements. Die
Einwohner beschäftigen sich in der sehr metallreichen Gegend viel mit Bergbau; auch der Flachsbau lohnt
gut, und die Bauern produzieren jährlich bis 2½ Mill. m Leinwand. Das bedeutendste Bergwerk ist das Kamenskische mit 2 Steinkohlen-
und 5 Eisengruben und einer schon 1703 errichteten Kanonengießerei.
alter Name des westlich vom Jordan gelegenen Teils von Palästina, ehe die Israeliten Besitz davon
ergriffen, mit Einschluß von Phönikien (das im engern Sinn
Kanaan heißt) und Philistäa. Als Kanaaniter
erscheinen in der Völkertafel
(1. Mos. 10). folgende Stämme: Sidonier (Bewohner von Sidon), Hethiter, Jebusiter, Amoriter, Girgasiter,
Heviter, Arkiter, Siniter, Arvaditer, Zemariler (Bewohner von Phönikien) und Hamathiler (am Orontes in Syrien). Mitunter erscheinen
aber im Alten Testament nur 5-7 dieser Stämme als Kanaaniter, oft auch nur ein einziger.
Diese Kanaaniter sind sprachlich (ob ethnisch ?) den Juden verwandt, wenn diese spätern Ankömmlinge auch die Verwandtschaft
nicht anerkannten. Sie standen unter einzelnen kleinen Königen und hatten durch Betreibung des Ackerbaues und Handels eine
gewisse Stufe des Wohlstandes und der Kultur erreicht, als sie von den Israeliten unter Josua bekriegt wurden.
Sie leisteten diesen hartnäckigen Widerstand und mußten in nicht geringer Menge auch noch später im Land geduldet werden,
wo sie den Israeliten viel zu schaffen machten. In einzelnen Gegenden und Ortschaften erhielten sie sich bis auf Davids und
Salomos Zeit.
griech. Bildhauer aus Sikyon, Bruder des Aristokles, um 470 v. Chr., bildete unter anderm
ein Holzbild des Apollon zu Theben und ein Erzbild des Apollon für die Branchiden zu Milet, wovon uns milesische Münzen Nachbildungen
geben.
Für Sikyon lieferte Kanachos eine sitzende Aphrodite aus Gold und Elfenbein und schuf außerdem verschiedene Ehrenstatuen für
Sieger in Wettkämpfen.
(Canada), brit. Kolonie in Nordamerika, umfaßt den ganzen nördlich von den Vereinigten Staaten liegenden Teil
dieses Kontinents, mit Ausnahme von Alaska und der britischen Kolonie Neufundland nebst dem dazu gehörigen Labrador. Bis 1867 war
der Name nur auf die beiden Provinzen Quebec und Ontario beschränkt, während jetzt die als Dominion of Canada verbündeten
Kolonien vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean und dem Eismeer reichen und zwischen 41° 42'-73° nördl. Br. und 57°-141°
östl. L. liegen. Die Grenze gegen die Vereinigten Staaten wurde durch Verträge vom und bestimmt und erstreckt
sich, kleinere Krümmungen ungerechnet, 5340 km weit von Meer zu Meer, vom Ste. Croixfluß bis zur Juan de Fuca-Straße
(s. Britisch-Nordamerika).
[Bodengestaltung.]
Die Küsten Kanadas haben eine Entwickelung von 18,370 km (kleinere Krümmungen ungerechnet), aber nur der
außerhalb des St. Lorenzgolfs gelegene Teil der atlantischen Küste und die pazifische Küste sind das ganze Jahr durch eisfrei,
während der St. Lorenzgolf fünf Monate lang und die Hudsonbai (s. d.) noch länger Schiffen verschlossen bleiben. An vorzüglichen
Häfen ist übrigens kein Mangel, und selbst große Seeschiffe können den St. Lorenzstrom bis Montreal hinauffahren.
Seiner natürlichen Beschaffenheit nach kann man das ganze Gebiet in sechs Regionen einteilen. Der maritime Osten
reicht den St. Lorenzstrom hinauf bis nach Quebec und wird durchzogen von Ausläufern des Alleghanygebirges, welche in dem Shickshockgebirge
auf der Gaspéhalbinsel mit 1148 m ihren höchsten Punkt erreichen. Granitische Gebilde, vielfach von Trapp durchbrochen, herrschen
vor, und abgesehen von posttertiären Bildungen, gehören die jüngsten Gesteine der Kohlenbildung an. Die
Bewässerung ist reichlich. Die Gebirge sind dicht bewaldet, zwischen ihnen liegen aber auch große Strecken fruchtbaren Weidelandes.
Die zweite Region, das eigentliche Kanada, reicht von Quebec den St. Lorenzstrom aufwärts und längs des Ontario- und Eriesees bis
mehr
zum Huronsee und umfaßt den gesegnetsten Teil der Dominion. Es ist ein ebenes oder wellenförmiges Gebiet, reichlich bewässert
und, abgesehen von den bei Montreal und in der Umgegend ansteigenden isolierten Trapphügeln, ohne jegliche Gebirge. Nur wo
die sanft geneigten paläozoischen Schichten zu Tage treten (wie bei den Niagarafällen), bilden sie hügelähnliche
Terrainstufen. Die dritte und ausgedehnteste Region erstreckt sich vom untern St. Lorenzstrom und dem Huronsee und Obern See
bis an die Gestade des Arktischen Ozeans. Es ist ein wildes, felsiges Land, reich an Flüssen und Seen, meist dicht bewaldet oder
versumpft, wo laurentische Gneise, kristallinischer Kalkstein und der kambrischen (huronischen) Formation
angehörige Grünsteine, Sandsteine und Granit vorherrschen.
Die durchschnittliche Erhebung dürfte wohl 300 m erreichen, aber nur selten steigen die Höhen über 600 m an. Durchbrochen
wird diese laurentische Seenplatte von den Flüssen Nelson (aus dem Winnipegsee kommend) und dem Churchill. Gegen W. tritt sie
an den Winnipegsee heran und umfaßt teilweise den Athabascasee, den Großen Sklaven- und Großen Bärensee,
die nördlicher liegen. Ackerbau ist in diesem Gebiet nur an wenigen begünstigten Stellen möglich. Ganz und gar ausgeschlossen
ist er in den nordöstlich von ihm gelegenen Barren Grounds, wo der unebene, felsige Boden nur Sträucher und zwerghafte Weiden,
Birken und Erlen, Gräser, Binsen, Moose und Flechten trägt.
Westlich von der laurentischen Seenplatte, bis zum Fuß des Felsengebirges, liegt die große Ebene Kanadas, an der Südgrenze 2000 km,
am Arktischen Ozean nur 500 km breit, im S. der Saskatschewan-Prärie, im N. Waldland. Silurische, devonische und zur Kreideformation
gehörige Gesteine treten hier der Reihe nach bis zum Fuß des Felsengebirges auf, vielfach von Gerölle bedeckt.
Das Land steigt in drei Stufen an, durch Höhenzüge getrennt, die da, wo sie die Flüsse durchsetzen, Stromschnellen bilden.
Auf der untersten Stufe liegt der Winnipegsee (215 m), dem von S. der Red River zuströmt, und in welchen
der Saskatschewan einmündet, um als Nelson seinen Weg in die Hudsonbai fortzusetzen. Diese Stufe bildet einen Teil des jetzt
verschwundenen Agassizsees der amerikanischen Geologen, welcher südlich in den Missouri abfloß. Ausgedehnte Wälder kommen
vor. Die zweite Stufe erstreckt sich am Saskatschewan bis zu den Eagle Hills und hat bei ziemlich mannigfaltiger
Oberflächengestaltung eine mittlere Höhe von 880 m. Die dritte und ausgedehnteste Stufe endlich reicht bis ans Felsengebirge,
ist im S. fast waldlos und hat hier eine mittlere Erhebung von 900 m. Die sechste Region Kanadas umfaßt den nördlichen Teil
der amerikanischen Kordilleren, die hier, etwa 600 km breit, den pazifischen Teil der Dominion einnehmen
und drei mit der Küste ziemlich parallel verlaufende Höhenzüge bilden.
Das östlichste dieser Gebirge, das eigentliche Felsengebirge, gehört vorwiegend der devonischen und der Kohlenformation an,
ist namentlich auf dem Westhang dicht bewaldet, hat Gletscher und soll im Mount Brown auf 4880 m ansteigen.
Die Pässe sind indes von mäßiger Höhe (Kicking Horse Paß 1588 m, Yellow Head oder Lederpaß 1140 m). Gegen N. nimmt das Gebirge
an Höhe ab, und anstatt steil über die Ebene anzusteigen, wird es von Vorhügeln eingefaßt. Jenseit des Felsengebirges haben
wir noch die Gold Range und das Zentralplateau Britisch-Columbias zu überschreiten, ehe wir das Küsten-
oder Kaskadengebirge erreichen. Endlich durchzieht die Inseln, welche der Küste vorlagern, ein Gebirgszug, der, wie die vorhergehenden,
aus metamorphischen, vielfach von Granit durchbrochenen Gesteinen zusammengesetzt ist.
Auch im Küstengebirge kommen Gletscher
vor.
[Bewässerung.]
Ungemein groß ist die Zahl der schiffbaren Flüsse und Seen, und wenn auch die Schiffahrt
vielfach durch Stromschnellen unterbrochen und die Flüsse meist während der Hälfte des Jahrs mit Eis bedeckt sind, so leisten
sie dennoch dem Verkehr die wesentlichsten Dienste. Vom gesamten Gebiet gehören zum Becken des Atlantischen Ozeans 1,321,400
qkm, zu demjenigen der Hudsonbai und des Arktischen Ozeans 6,617,200 qkm, und dem Stillen Ozean sind tributär
884,000 qkm. Der wichtigste Fluß ist der St. Lorenzstrom, der Ausfluß der großen Kanadischen Seen (s. d.). An Größe des
Stromgebiets wird er indes sowohl von dem Saskatschewan, der als Nelson in die Hudsonbai mündet (1,165,000 qkm), als von dem
dem Eismeer zuströmenden Mackenzie (1,424,000 qkm) übertroffen.
[Klima, Naturprodukte.]
Das Klima des ganzen Gebiets, vom Atlantischen Ozean bis zum Felsengebirge, zeichnet sich aus durch strengen
Winter, kühlen Frühling, kurzen, aber heißen Sommer und ungemein angenehmen Herbst, den sogen. Indianersommer, wo die Wälder
in vielfachen Tinten prangen, der Himmel blau und wolkenlos ist und nur die Nachtfröste an den nahen Winter
erinnern. Die Sommerisotherme von 16° C. (welche das Reifen des Weizens bestimmt) umschließt ganz Neuschottland (mit Ausnahme
der Halbinsel von Cape Breton), kreuzt den St. Lorenzstrom unterhalb von Quebec, läuft dann nach Nordwesten über den Athabascasee
und Großen Sklavensee nach Fort Simpson am Mackenzie (62° nördl. Br.) und erreicht schließlich das Stille
Meer gegenüber der Vancouverinsel. Die Temperaturen einiger Orte für Januar, Juli, den Sommer und das Jahr haben wir in der
folgenden Tabelle zusammengestellt (Grade C.):
Breite
Seehöhe
Januar
Juli
Sommer
Jahr
Halifax
46° 39'
2 m
-5.3
17.7
16.4
6.0
Quebec
46° 49'
91 "
-11.2
20.2
16.8
4.2
Montreal
45° 41'
20 "
-8.4
22.3
18.6
6.8
Toronto
43° 39'
104 "
-4.9
19.6
18.4
6.8
Windsor
42° 20'
170 "
-2.8
20.9
19.7
8.8
Winnipeg
49° 55'
226 "
-19.2
19.1
16.0
0.6
Neuwestminster
49° 12'
10 "
1.6
16.6
15.9
8.7
Um die den größern Teil des Jahrs mit Eismassen angefüllte Hudsonbai ist das Klima unfreundlich, die York Factory (Port Nelson)
hat eine Sommertemperatur von nur 11,1° und eine Jahrestemperatur von -6,8,°
und der Fluß Nelson, der dabei in die Bai mündet, ist nur vom 19. Mai bis zum 20. Nov. eisfrei, während der
St. Lorenz bei Montreal meist erst 11. Dez. zufriert und schon 19. April wieder aufgeht. Im westlichen Teil der großen Ebene wird
das Klima durch vom Felsengebirge herabsteigende Föhnwinde gemäßigt, so daß bei der geringen Schneedecke das Vieh im Freien
überwintern kann.
Die Gegend am Stillen Ozean endlich hat ein ausgesprochenes Seeklima, mit milden Wintern und mäßig warmem Sommer. Der Niederschlag
nimmt von der Ostküste ins Innere ab; während er in Neuschottland noch jährlich 112 cm beträgt, vermindert er sich in Quebec
auf 100 cm, in Ontario auf 86 cm und in Manitoba auf 58 cm, steigt jedoch an der Westküste auf 159 cm. Die
Niederschläge am Atlantischen Ozean haben ein Maximum im Herbst, in Ontario verteilen sie sich gleichmäßig über das Jahr,
im W. aber tritt das Maximum im Sommer, an der pazifischen Küste im Winter ein.
mehr
Daß diese Niederschlagsmengen den Waldwuchs begünstigen, liegt auf der Hand, und so kann man denn ganz Kanada, mit Ausnahme
der jenseit der Baumgrenze gelegenen arktischen Gebiete und der etwa 310,000 qkm großen echten Prärieregion im W., als
ein Waldland bezeichnen. Die Wälder erstrecken sich von Meer zu Meer und reichen längs der großen Ebene
bis dicht an das Eismeer. Eine Linie, welche die Hudsonbai bei Fort Churchill unter 60° nördl. Br. verläßt und von dort über
den Großen Bärensee zur Mackenziemündung (68° 30' nördl. Br.) hinansteigt, bezeichnet die Nordgrenze derselben.
Der nördlichste Baum ist die Schimmelfichte (Abies alba, white spruce), hinter welcher die Kanoebirke
(Betula papyracea) nur wenig zurückbleibt. Reizend sind namentlich die gemischten Waldungen im S. Unterholz und Sträucher
mit eßbaren Beeren, wie die Serviceberry (Aronia ovalis), Stachelbeeren, Preißelbeeren und Erdbeeren, sind reichlich vertreten,
und in sumpfigen Stellen, fern im N., wächst Wasserreis (Zizania aquatica). Von den 95 Waldbäumen, welche
in den kanadischen Wäldern vorkommen, nennen wir die Weißkiefer (Pinus Strobus, white pine, Weimutskiefer), die Rotkiefer
(Pinus resinosa), die Schimmelfichte (Abies alba, White spruce), die Schwarzfichte (Abies nigra, black spruce), die Balsamtanne
(Abies balsamea), die Hemlocktanne (Abies canadensis), die amerikanische Lärche (Larix laricina, tamarac), den abendländischen
Lebensbaum (Thuja occidentalis), den virginischen Wacholder (Juniperus virginiana, red cedar) und von Laubholzbäumen
die Silberlinde (basswood), verschiedene Ahornarten, Eschen, Ulmen, Platanen, Walnußbäume mit Einschluß von Butterwort (Juglans
cinerea) und Hickory (Carya alba), Eichen, Buchen, Hopfenbuchen, Espen, Zitter- und Balsampappeln und Birken. Britisch-Columbia besitzt
eine ihm eigentümliche Waldflora, und von 34 Spezies kommen nur 7 in andern Teilen Kanadas vor. Eigentümlich
sind ihm namentlich die Douglastanne, die Riesenzeder (Thuja gigantea), der kurzblätterige Eibenbaum und der Cottonwoodbaum
(Populus trichocarpa).
Aus der Tierwelt sind namentlich die pelztragenden Tiere von Bedeutung. Der Biber nimmt unter ihnen die vornehmste Stellung
ein, hat aber infolge der übergroßen Verfolgung bedeutend an Zahl abgenommen. Ferner gibt es Füchse,
Wölfe, Wiesel, Luchse, Marder, Wolverene, Bären, Ottern, Bisamratten, Stinktiere, Vielfraße und Wildkatzen. Namentlich ihres Fleisches
halber werden gejagt das Renntier (caribou), welches in zwei Varietäten von Neuschottland bis ans Eismeer vorkommt;
der immer
seltener werdende Büffel, aus dessen Fleisch die Jäger und Fallensteller (trappers) ihr Pemmikan (s. d.)
herstellen;
das Moose oder der Elch, von der Fundybai bis in den äußersten Norden;
das Wapiti (Cervus strongyloceros) und andre
Hirscharten, der Bisamstier am Eismeer, eine Antilope (A. furcifera), das Bergschaf (bighorn sheep) und die wolltragende Ziege
im Felsengebirge.
Endlich verdienen noch der Präriehund, der Waschbär, der Dachs und der Hase (Kaninchen)
genannt zu werden. Die Vogelwelt ist namentlich durch Wald- und Schneehühner und im Frühjahr und Herbst durch nach N. oder
S. wandernde Zugvögel vertreten. Unter den Fluß- und Seefischen ist der Weißfisch (Coregonus albus) der häufigste. Außerdem
kommen Forellen, Hechte und Karpfen und namentlich auch Lachse vor. Die Reptilien sind zwar durch die
Klapperschlange
und Eidechsen vertreten, aber nur Frösche und Kröten und (im NW.) Blutegel sind häufig. Von den Insekten sind Bremsen und Moskitos
im Sommer ungemein lästig. Heuschrecken, die sich in der jenseit der Grenze gelegenen amerikanischen Wüste entwickeln, suchen
gelegentlich den Westen heim.
[Areal und Bevölkerung.]
Eingeteilt wird die Dominion in sieben Provinzen und in das noch unter der Bundesregierung stehende
Nordwestgebiet nebst den arktischen Inseln. Areal und Bevölkerung der einzelnen Gebiete stellen sich, wie folgt:
Provinzen etc.
QKilometer
QMeilen
Gesamtbevölkerung 1871
1881
Indianer 1881
Zunahme der Gesamtbevölkerung 1871-81 in
Proz
Einw. auf das QKilom. 1881
Prinz Edward-Insel
5524
100.3
94021
108891
281
15.8
19.7
Neuschottland
56281
1022.1
387800
440572
1401
13.6
7.8
Neubraunschweig
70761
1285.2
285594
321233
2125
12.4
4.5
Quebec
500769
9094.5
1191516
1359027
7515
14.6
2.7
Ontario
374499
6801.3
1620851
1923228
15325
18.6
5.1
Manitoba
190927
3467.4
18995
65954
6767
247.0
0.34
Britisch-Columbia
1010949
18359.9
36247
49459
25661
36.3
0.05
Nordwestgebiet, Festland
5741973
104334.8
50000
56446
39472
13.0
0.01
Arktische Inseln
867900
15762.0
-
-
-
-
-
Zusammen:
8822583
160227.4
3685024
4324810
108547
17.4
0.49
Die Bevölkerung der Dominion ist 1861-81 von 3,323,292 auf 4,324,810 Seelen gestiegen (d. h. um 30,1 Proz.)
und ward 1886 auf 4,776,000 Seelen geschätzt. Die Zunahme ist daher viel geringer als in den benachbarten Vereinigten Staaten.
Die Einwanderung hat in jüngerer Zeit, namentlich infolge der Erschließung des Nordwestgebiets, bedeutend zugenommen. In den 15 Jahren
1871-85 kamen 1,360,620 Einwanderer in an, von denen sich indes nur 819,741 in der Dominion niederließen
(1871-75: 181,156; 1876-80: 161,519; 1881-85: 477,066). Dieser Zuwanderung steht allerdings ein Überschuß von Auswanderern
nach den Vereinigten Staaten gegenüber, der aber bei weitem nicht so bedeutend ist, wie nach unzuverlässigen Erhebungen früher
angenommen wurde. Ungemein dünn gesäet ist die Bevölkerung, denn es kommen auf 100 qkm erst 49 Bewohner
(s. die Tabelle), und nur in den Provinzen Quebec und Ontario liegen Städte von mehr als 50,000 Einw., nämlich Quebec (62,446),
Montreal (140,747) und Toronto (86,415). Auf 100 Bewohner männlichen kommen 97,6 Bewohner weiblichen Geschlechts.
Die Bevölkerung ist aus den verschiedensten Elementen zusammengesetzt. Im J. 1881 zählte man dem Lande
der Geburt nach 3,715,492 Eingeborne des britischen Nordamerika (84,9 Proz.), 185,526 Iren, 169,504 Engländer, 115,062 Schotten,
77,753 Amerikaner aus den Vereinigten Staaten, 25,328 Deutsche, 6376 Russen, 4389 Franzosen etc. Dem Ursprung nach zählte man
dagegen 1,298,928 Franzosen (30 Proz.), 957,403 Iren (22,1 Proz.), 881,301 Engländer (20,3