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(zuletzt 1879).
(zuletzt 1879).
(spr. dschesfris, Jefferys), Sir George, später Lord J. of Wem, Richter und Lord-Kanzler unter Jakob II., geb. 1643 zu Acton in Wales, ward, nachdem er als Sachwalter und richterlicher Beamter zu London [* 2] sich durch seine Härte und Roheit hervorgethan hatte, 1680, als das Parlament viele Anhänger des Hofs (abhorrers) zur Haft bringen ließ, von Karl II. zum Oberrichter der King's Bench ernannt. Mit der ungerechten Verurteilung des Republikaners Algernon Sidney begann er seine Wirksamkeit und übte in den folgenden Jahren unter dem Deckmantel des Rechts, und indem er auf die Geschwornen mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln einwirkte, die furchtbarsten Greuel aus; so ließ er z. B. 1685, nach Unterdrückung der Empörung des Herzogs von Monmouth, während der »blutigen Assisen« in den westlichen Provinzen 320 angebliche Rebellen hängen.
Jakob II. ernannte ihn hierfür zum Peer und zum Lord-Kanzler und 1686 zum Leiter der sogen. Hohen Kommission, in welcher Stellung er sich namentlich durch brutale Behandlung der widerspenstigen Bischöfe auszeichnete. Bei der Landung Wilhelms von Oranien 1688 versuchte er zwar eine Änderung der Politik Jakobs II. herbeizuführen, aber es war zu spät. Er ward als er in Matrosenkleidung zu fliehen versuchte, gefangen und in den Tower gebracht, wo er an den Folgen seiner Trunksucht starb.
(spr. jefrémoff), Kreisstadt im russ. Gouvernement Tula, an der Krassivaja-Metscha (zum Don) und an einem Zweig der Eisenbahn Wjasma-Rjashsk, 247 m ü. M., hat 6 Kirchen, eine Bank, Handel mit Honig, Hanf, Getreide [* 3] und namentlich Buchweizengrütze, 6 Jahrmärkte und (1881) 8538 Einw. Der Kreis [* 4] ist flach, mit reinem Humusboden, daher Ackerbau (bedeutende Kultur von Zuckerrüben), Vieh- und Bienenzucht [* 5] die Hauptbeschäftigung der Bewohner.
(spr. jégenje), Bad [* 6] im ungar. Komitat Klausenburg, [* 7] an der Bahnlinie Großwardein-Klausenburg, mit erdig-kalkhaltigem Wasser und erst kürzlich entdecktem, außergewöhnlich starkem Eisenmoor.
Ersteres wird bei Rheuma und Gicht, letzterer bei Anämie und Frauenleiden benutzt.
Christoph, Holzschneider, geboren zwischen 1580 und 1590 in Deutschland, [* 8] ging nach den Niederlanden und wurde 1627/28 als Meister in die Lukasgilde zu Antwerpen [* 9] aufgenommen, wo er bald mit Rubens in Verbindung trat, nach dessen Zeichnungen er eine Reihe durch große Kraft [* 10] in der malerischen Wirkung ausgezeichnete Holzschnitte ausführte. Die bedeutendsten derselben sind: der Liebesgarten, Jesus als Knabe mit dem kleinen Johannes spielend, die Versuchung Christi, die Ruhe auf der Flucht, Herkules die Wut und die Zwietracht vernichtend. J. hat auch nach andern Meistern geschnitten (Kreuzigung nach F. Franck) und Clairobscurschnitte angefertigt. Er starb um 1652 in Antwerpen.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Rjäsan, an der Gußlenka und einem Zweig der Eisenbahn Moskau-Rjäsan, mit 4 Kirchen, einem Progymnasium, 20 Fabriken mit jährlichem Umsatz von über 3 Mill. Rubel (hauptsächlich Baumwollspinnereien, Webereien, Färbereien) und (1880) 5101 Einw.
s. Dschehol. ^[= (engl. ), Lustschloß des Kaisers von China, liegt im Gebirge gegen die Mongolei hin, jenseit ...]
(spr. scheótt), Louis, belg. Bildhauer, geb. zu Lüttich [* 11] als Sohn eines Münzgraveurs, machte seine Studien in Paris, [* 12] Florenz [* 13] und Rom, [* 14] wo er sich anfangs an Th. Kessels, dann an Thorwaldsen anschloß. In die Heimat zurückgekehrt, führte er das marmorne Grabdenkmal des Erzbischofs Grafen Méan in der Kirche St. Romuald zu Mecheln, [* 15] die Bronzestatue des Herzogs Karl von Lothringen vor dem Palais de l'Industrie in Brüssel [* 16] (1846), die bronzene Reiterstatue Karls d. Gr. in Lüttich, eine Bronzestatue Kains, mehrere Porträtbüsten u. a. aus.
(hebr., »der da ist, war und sein wird«),
moderne Aussprache des hebräischen Gottesnamens, aufgebracht durch den um 1500 lebenden Franziskaner Galatin, an welchen sich Luther anschloß. Die Juden hielten nämlich den im Alten Testament mit den vier Konsonanten J h v h bezeichneten Gottesnamen, welcher die Idee der absoluten Beständigkeit Gottes verkörpert, so heilig, daß sie mit Ausnahme des Hohenpriesters, der ihn einmal im Jahr beim Gottesdienst am Versöhnungstag über die Lippen brachte, ihn nie aussprachen. Daher las man stets, wo in den heiligen Schriften der Name J. vorkommt, entweder das Wort adonai (der Herr) oder, wenn er neben adonai stand, elohim (s. d.) und sprach später die Konsonanten Jhvh mit den Vokalen des erstern Wortes aus, wodurch der Name J. entstand; denn die etymologisch richtigere Form ist, wie Ewald und Hengstenberg festgestellt haben, Jahveh, was man gewöhnlich mit Berufung auf 2. Mos. 3, 14. als »den Seienden« erklärt.
s. Saxifraga. ^[= L. (Steinbrech), Gattung aus der Familie der Saxifragaceen, meist ausdauernde, vielgestaltige ...] [* 17]
Feldherr des israelit. Königs Joram, ward vom Propheten Elisa zum König von Israel gesalbt und durch eine von den Propheten geleitete Revolution auf den Thron [* 18] gehoben. Als König eröffnete er eine neue Dynastie, die fünfte, und regierte von 843 bis 815 v. Chr. Zwar rottete er die ganze dem Prophetenorden so verhaßte Familie Ahabs und alle Baalspriester aus, auch den mit Joram verbündeten König Ahasja von Juda ließ er töten und 42 seiner Brüder und Verwandten niedermetzeln, um auch die Herrschaft über Juda zu erlangen. Doch dies glückte ihm nicht, und auch in Israel war seine Herrschaft nicht erfolgreich. Obwohl er sich durch knechtische Unterwürfigkeit den Schutz Assyriens zu verschaffen suchte, entrissen ihm doch die Syrer von Damaskus, den Zustand der Schwäche im Reich Israel durchschauend und benutzend, das ganze Ostjordanland.
(türk.), Sommerwohnung der Nomaden, auch Weideplätze im allgemeinen;
in der Türkei [* 19] die als Weiden dienenden Plateaus und Bergrücken.
Kreisstadt des Kubangebiets der russ. Provinz Kaukasien, an der Mündung der Jeja in das Asowsche Meer, wurde erst 1848 gegründet, entwickelte sich aber seitdem dank seiner günstigen Lage und den gewährten Freiheiten so schnell, daß es 1879 bereits 23,726 Einw. zählte, welche Wollweberei, Gerberei, Ziegelbrennerei, namentlich aber lebhaften Handel mit Getreide, Wolle und Leinsamen betreiben.
Doch können größere Schiffe [* 20] sich der Küste nur auf 3 km Entfernung nähern, wo sie in 4 m Ankergrund finden.
Name einer Familie israelit. Abstammung in Prag, [* 21] aus welcher zahlreiche Gelehrte und Schriftsteller hervorgegangen sind. Bemerkenswert:
1) Aloys, geb. studierte in Wien [* 22] Medizin, vertauschte später die ärztliche Praxis daselbst mit der Redaktion einer politischen Zeitung; starb Bekannt wurde er besonders dadurch, daß der ihm befreundete Beethoven Gedichte von ihm (»An die entfernte Geliebte«) in Musik setzte und somit der Nachwelt überlieferte. Auch »Der Schicksalsstrumpf«, eine Travestie der ¶
Schicksalstragödien (mit Castelli geschrieben),
ging eine Zeitlang über alle Bühnen. Außerdem übersetzte er Lustspiele aus dem Spanischen (wie »Die Macht des Blutes« von Moreto) und aus dem Französischen.
2) Isaak, mit seinem spätern christlichen Tauf- und Schriftstellernamen Julius Seidlitz, geb. zu Prag, widmete sich erst dem Handelsstand, dann der Litteratur und verfaßte »Novellen« (Leipz. 1842, Wien 1845),
das für seine Zeit vorzügliche Buch »Die Poesie und die Poeten in Österreich« [* 24] (Grimma [* 25] 1837, 2 Bde.),
mehrere Romane, z. B.: »Böhmen [* 26] vor 400 Jahren« (1837, 3 Bde.),
»Der Astrolog« (1839),
»Die letzten Adepten« (1855, 4 Bde.) etc., und ein mit vielem Erfolg aufgeführtes Volksstück: »Doktorin Nacht«. Einer der Zensurflüchtlinge Österreichs, lebte J. in Sachsen, [* 27] dann in Ungarn, [* 28] stets journalistisch thätig, später in Wien, wo er nach 1848 die »Presse« [* 29] redigierte, die »Vorstadtzeitung« und bald darauf die Wochenschrift »Feierstunden« gründete, die beide sehr populär wurden. Er starb
(Jega), Fluß in Ciskaukasien, im Gebiet der Tschernomorischen Kosaken, fließt in westlicher Richtung und mündet in den Jeiskischen Liman des Asowschen Meers.
Der 235 km lange Fluß ist nicht schiffbar, aber sehr fischreich.
(lat.), Leerdarm, s. Darm. ^[= (Darmkanal, -Schlauch, -Rohr, Intestinum), die Verdauungshöhle im Innern der Tiere. In seiner ...] [* 30]
(Katharinenburg), Kreisstadt und Festung [* 31] im ostruss. Gouvernement Perm, liegt malerisch an beiden Ufern des Isetj und am Ostrand des mittlern Urals, 250 m ü. M., hat breite und gerade Straßen, 12 Kirchen (darunter 2 Kathedralen), ein Kloster, Gymnasium, eine Realschule, ein Theater [* 32] und (1880) 25,133 Einw. Die Stadt ist Sitz eines Oberbergamtes und überhaupt der Mittelpunkt des uralischen Berg- und Hüttenwesens, wo alles Kron- und Privatgold des Urals geschmolzen und probiert wird; sie besitzt einen Münzhof für Kupfergeld, einen Kaufhof, die Sibirische Handelsbank (jährlicher Umsatz 9 Mill. Rubel), eine Bergwerkshütte und 27 Fabriken, darunter eine Maschinenfabrik, Talgsiedereien, Stearin- und Talglichtfabriken, Tuch- und Seifefabriken, eine Steinschleiferei, eine große Eisenhütte, eine Kupferschmelzhütte, eine große Anstalt für Arbeiten in Jaspis, Marmor, Porphyr u. dgl. und mehrere Goldwäschereien. J. ist durch eine Eisenbahn (seit 1878) mit Perm und seit Dezember 1885 mit Tjumen verbunden. Es wurde 1723 von Peter d. Gr. gegründet und zu Ehren seiner Gemahlin Katharina I. benannt. Der Kreis J. wird von einer Kette des Urals durchzogen; der Boden ist steinig, das Klima [* 33] rauh. Die im Kreis lebenden Baschkiren sind ausgezeichnete Bienenzüchter; die übrigen Bewohner treiben Viehzucht, [* 34] arbeiten in den Bergwerken und verfertigen Holzkasten und Räder. Auch einige bedeutende Eisengießereien sind vorhanden.
(Katharinenstadt), reiche deutsche Kolonie im russ. Gouvernement Samara, am linken Ufer der Wolga, mit 3 Kirchen, einem Denkmal der Kaiserin Katharina II. (seit 1852, von Clodt) und gegen 5000 Einw.;
1765 vom Baron Beauregard gegründet.
Die Kolonisten betreiben Tabaks- und Ackerbau, Gärtnerei und lebhaften Getreidehandel auf der Wolga.
Hauptstadt des Kubangebiets der russ. Provinz Kaukasien, am Kubanfluß, in ungesunder Sumpfniederung, Sitz des Hetmans der Kubankosaken, mit Kathedrale, großem Kriegshospital, Gymnasium, sonst ärmlichen, mit Stroh gedeckten Häusern und (1879) 28,017 Einw., welche etwas Industrie und bedeutenden Handel (große Septembermesse) betreiben. J. wurde 1792 von Katharina II. gegründet.
Kosakenstaniza im Terekgebiet der russ. Provinz Kaukasien, in 184 m Höhe, an der Malka nahe deren Mündung in den Terek gelegen, mit (1876) 2543 Einw., wurde 1778 als Festung an dem Militärkordon von Wosdok bis zum Asowschen Meer gegründet und 1822 in eine Staniza verwandelt.
Flecken im russ. Gouvernement Kiew, [* 35] am Tikitsch, mit (1880) 3757 Einw. 1861 wurde hier ein Braunkohlenlager von über 100,000 qm Ausdehnung [* 36] entdeckt, das nach vorläufigen Berechnungen mindestens 4¼ Mill. Ton. Kohle enthält.
(d. h. Katharinas Ruhm), Gouvernement in Südrußland, grenzt im W. an das Gouvernement Cherson, im N. an Poltawa und Charkow, im O. an das Land der Donischen Kosaken, im SO. an das Asowsche Meer, im S. an Taurien und hat ein Areal von 67,719,5 qkm (1229,9 QM.). Das Gouvernement wird vom Dnjepr, der sich hier nach S. wendet und mehrere gefährliche Wasserschnellen (Parogen ^[richtig: Porogen]) bildet, bewässert; im NO. wird es vom Donez begrenzt. Es bildet eine ausgedehnte Ebene, die sich im NO. zu einer Hügelkette erhebt und von ungeheuern Steppen durchzogen wird.
Der Steppenboden besteht aus Granit und Gneis, welcher ¼-1½ m hoch mit Humus bedeckt ist. Die Vegetation der Steppe charakterisiert sich hauptsächlich durch das massenhafte Auftreten der Stipa-Arten mit gefiederten Grannen und dem für das Vieh schädlichen Andropogon ischaemum. Das riesenhafte Unkraut wird als Burian oder Feuerungsmaterial benutzt. Das Klima ist mild und gesund, mit Ausnahme einiger Striche, in welchen das durch schlechtes Wasser verbreitete Faulfieber stark herrscht.
Die mittlere Jahrestemperatur ist 8,4° C., doch steigt die Kälte zuweilen bis auf -30° C. Die Bewohner (1882) 1,697,061 an Zahl, 25 pro QKilometer, sind ein Gemisch verschiedener Völker: außer Russen, welche die Mehrzahl bilden, leben hier Armenier, Tataren, Arnauten (Albanesen), Raizen (Serben, die 1754 eingewandert), Moldauer, Griechen, Juden, Deutsche. [* 37] Nach dem Religionsbekenntnis zerfielen sie 1870 in 1,246,058 griechische Katholiken, 6902 Sektierer, 20,284 armenische Gregorianer, 12,678 römische Katholiken, 29,806 Protestanten, 36,331 Juden, 1000 Heiden und 241 Mohammedaner.
Die Zahl der Geburten ist (1882) 92,706, darunter 2009 uneheliche, der Sterbefälle 64,639, der Eheschließungen 18,529. Die Bevölkerung [* 38] treibt Ackerbau. Vom Gesamtareal kommen auf Ackerland 53, auf Wiesen und Weiden 40, auf Unland 5 und auf Wald 2 Proz. Der Boden ist im allgemeinen sehr fruchtbar. Man kultiviert Weizen, Gerste, [* 39] Roggen, Kartoffeln, Hafer, [* 40] Buchweizen, Hirse, [* 41] Mais, Hülsenfrüchte, Mohn, Tabak, [* 42] Hanf, Flachs, Wasser- und andre Melonen, Gurken und rote Rüben; in den Gärten Obst, Pfirsiche, Aprikosen und Wein, welcher aber durch Nachtfröste leidet.
Die Ernte [* 43] ergab 1884: Winterweizen 325,500 hl, 6,4 hl pro Hektar, Sommerweizen 568,600 hl, 6,4 hl pro Hektar, Gerste 3,160,700 hl, 10,2 pro Hektar, Roggen 2,323,000 hl, 5,3 hl pro Hektar, Hafer 1,570,300 hl, Hirse 592,700 hl, Kartoffeln 1,573,700 hl;
die andern Früchte in geringern Quantitäten.
Haupterwerb bildet die Viehzucht. J. treibt einen bedeutenden Viehhandel mit den nördlichen Gouvernements, besonders mit St. Petersburg. [* 44] Man zahlt (1882) 748,000 Stück Rindvieh, 2,728,000 Schafe [* 45] (davon 1,943,000 veredelter Rasse), 28,000 Ziegen, 266,000 Schweine. [* 46] Die Pferdezucht [* 47] ist sehr im Aufschwung (1851 waren 70,000, 1882: 351,000 ¶
Pferde [* 49] vorhanden). Im Gouvernement sind 175 Gestüte mit 350 Rassehengsten und 3650 Stuten, meistens Reitpferde. Auch die Federvieh- und Bienenzucht sowie der Seidenbau sind im Aufschwung. Die Jagd erstreckt sich auf Wölfe, namentlich den Steppenwolf, Füchse, die Steppenantilope (Cervicapra Saïga) und Rehe, seltener Murmeltiere, Tigermarder, Fischottern, Iltisse, Wiesel [* 50] (im Winter ganz weiß), Hamster, Hasen, das fliegende Eichhörnchen, die Bisamratte, verschiedene Schildkröten, [* 51] Trappen, Hühner, [* 52] Pelikane, wilde Enten. [* 53]
Der Schrecken aller Landwirte ist die Zieselmaus (Spermophilus citillus) und Blindmaus (Spalax typhlus) sowie die Wanderheuschrecke, welche oft die ganze Ernte zerstören und unendlichen Schaden anrichten. Der Fischfang ist bedeutend, besonders auf Störe, Sterlette, Welse und Weißfische, welche übrigens lange nicht mehr in der Anzahl wie früher gefunden werden. Das Mineralreich liefert Salz, [* 54] Sumpfeisen, Kalk, Kreide, [* 55] Steinkohlen (1882 betrug der Wert der Ausbeute 10 Mill. Rubel), Mergel, Sandsteine, Schleif- und Mühlsteine, [* 56] Braunkohlen, Lehm, Thon und Porzellanerde.
Die industrielle Produktion beziffert sich (1882) auf 21 Mill. Rubel; es gibt 727 Fabriken mit 16,126 Arbeitern. Die hauptsächlichsten Industriezweige sind: Tabaksfabrikation (in J. und Taganrog, 6,699,000 Rub.), Fabrikation von Mühlenfabrikaten (4,876,000 Rub.), Eisengießerei [* 57] (3,178,000 Rub.), Ziegelfabrikation (1,101,700 Rub.), Talgsiederei (872,000 Rub.), Spiritusbrennerei (653,000 Rub.), Bier- und Metbrauerei (545,000 Rub.), Maschinenfabrikation (458,000 Rub.). Der Handel ist jetzt viel bedeutender als früher.
Taganrog, Mariupol und Berdjansk vermitteln den Seeverkehr. Die Ausfuhr besteht in Getreide, Rindvieh, Pferden, Wolle, Talg, Leder, Häuten, Kaviar. Märkte werden jährlich über 400 abgehalten und auf denselben für ca. 12 Mill. Rub. Waren verkauft. Von Bedeutung für die Kultur sind die deutschen Kolonien, deren erste vom Grafen Rumjanzow 1788 hier angelegt wurde. Jetzt zählt man deren im ganzen 105 mit gegen 42,000 Einw. Sie bilden 4 römisch-katholische, 5 protestantische und 5 mennonitische Kirchspiele.
Die bedeutenden sind: Neudorf (1500 Einw.), Josephthal (1350 Einw.), Kronsweid (1230 Einw.), Jamburg (1500 Einw.), Einlage (900 Einw.). Seit 1817 wurde in J. auch der Versuch gemacht, Judenkolonien anzulegen; sie bestehen noch jetzt und zählen etwa 6000 Einw., befinden sich aber in einem sehr schlechten Zustand. Eingeteilt ist das Gouvernement in acht Kreise: [* 58] Alexandrowsk mit Mariupol und dem Lande der frühern Asowschen Kosaken, Bachmut, J., Nowomoskowsk, Pawlograd, Rostow mit dem Stadtgebiet von Taganrog und Jeisk, Slawjänoserbsk und Werchne-Dnjeprowsk. Das Ganze steht unter dem Generalgouverneur von Odessa. [* 59] J. ist seit 1572 mit Kolonisten bevölkert und wurde anfangs Neuserbien, seit 1764 Neurußland und 1783 mit dem jetzigen Namen benannt. - Die gleichnamige Hauptstadt, am Dnjepr oberhalb der Stromschnellen und an einem Zweig der Eisenbahn Losowo-Sebastopol, hat 11 Kirchen (darunter 9 griechisch-katholische), 3 jüdische und eine karaitische Synagoge, ein geistliches Seminar, 2 Gymnasien, eine Realschule, 2 Kirchenschulen, eine öffentliche Bibliothek, ein Denkmal der Kaiserin Katharina II. (bei der Kathedrale), einen schönen Park, ein Theater, eine Filiale der kaiserlichen Bank, Tabaksfabriken etc. und (1882) 41,098 Einw. J. wurde 1784 als Sommerresidenz der Kaiserin Katharina II. von Potemkin gegründet.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Wjatka, an der Kama, mit 4 Kirchen, einer Kreditbank (jährlicher Umsatz 2 ⅓ Mill. Rubel), Bergbau [* 60] auf Kupfer [* 61] und Alabaster, Fabrikation von Papier, Glas, [* 62] Chemikalien, Getreidehandel und (1881) 9431 Einw. In der Umgegend zahlreiche Hünengräber.
in Süddeutschland auch das Stiefmütterchen, s. Viola.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Tambow, an der Oka, mit 12 Kirchen, Tuchfabrikation, Handel mit Hanf, Getreide, Wachs, Honig und (1880) 7107 Einw. Der Kreis erzeugt vortrefflichen Roggen.
Außer mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigen sich die Bewohner mit Leinweberei, Verfertigung von Stricken, Holz- und Lehmgeschirren und Schiffsarbeiten.
(Elez), Kreisstadt im russ. Gouvernement Orel, an der Sossna und der Eisenbahn Orel Grjasi, hat 16 Kirchen, 2 Klöster, ein Gymnasium, eine Schule für Eisenbahntechniker und andre Lehranstalten, eine Bank (Umsatz 1882: 21½ Mill. Rubel), 29 Fabriken (namentlich Lohgerbereien, Seife-, Stearin- und Talglichtfabriken, Eisengießereien), bedeutenden Handel mit Weizen, Mehl, [* 63] Hornvieh, Leder und Eisen [* 64] und (1883) 36,678 Einw. Die Bewohner des Kreises treiben Leinweberei; die Frauen sind geschickte Spitzenklöpplerinnen. J. wird schon 1146 erwähnt und war lange der Hauptort eines unabhängigen Fürstentums, bis es 1305 von Tamerlan eingenommen wurde.
Karl, Meteorolog, geb. zu Brünn [* 65] in Mähren, studierte seit 1839 zu Wien die Rechte, aber auch Mathematik und Naturwissenschaft, ward 1843 Assistent an der Wiener Sternwarte, [* 66] 1847 Adjunkt an der Prager Sternwarte, wo Kreil seine ganze Thätigkeit auf Beobachtungen und Untersuchungen im Gebiet der Meteorologie und des Erdmagnetismus lenkte. 1852 ward J. Professor der höhern Mathematik am polytechnischen Institut in Prag und 1863 Nachfolger Kreils in der Direktion der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien. Er betrieb mit großem Erfolg die Reorganisation und Erweiterung dieser Anstalt und stattete das neue Gebäude auf der Hohen Warte bei Wien mit den vorzüglichsten Instrumenten aus, begründete die Österreichische Gesellschaft für Meteorologie und redigierte mit Hann die Zeitschrift derselben.
Auch begann er eine neue Folge der Jahrbücher der Zentralanstalt, von welchen er 11 Bände herausgegeben hat. 1872 wirkte er für die Abhaltung der Meteorologenkonferenz in Leipzig, [* 67] welche dem internationalen Meteorologenkongreß in Wien 1873 voranging. J. ward in das permanente Komitee des Kongresses gewählt und nahm 1874 an dessen Versammlung zu Utrecht [* 68] teil. In Prag gehörte J. 1862-66 dem Landtag an. 1864 ward er Mitglied des Unterrichtsrats, und 1870-73 fungierte er als Referent für technische Hochschulen, Gewerbe- und Handelsschulen im Unterrichtsministerium. Er starb in Wien. J. schrieb noch: »Anleitung zur Anstellung meteorologischer Beobachtungen« (Wien 1869; 3. Aufl. von Hann, 1884);
»Psychrometertafeln« (2. Aufl., das. 1876).
(Elisabethstadt), Kreisstadt im russ. Gouvernement Cherson, am Ingul und an der Eisenbahn von Charkow nach Odessa, hat 5 russische Kirchen, 2 der Altgläubigen, eine evang. Kirche und 4 Synagogen, außerdem eine karaitische, einen kaiserlichen Palast, ein Theater und (1883) 51,774 Einw., welche besonders Talgsiederei, Seife- und Talglichtfabrikation treiben. Der Handel, dem eine städtische ¶
Kommunalbank (Umsatz 1882: 11,8 Mill. Rub.) dient, konzentriert sich auf den vier Jahrmärkten. Auf dem Pferdemarkt, welcher während der Osterfasten vier Wochen dauert, werden bis 3000 Pferde verkauft; besonders gesucht sind die vom Schwarzen Meer stammenden und kaukasische Rassen. J. besitzt eine Kavalleriejunkerschule, eine Landesrealschule, ein geistliches Seminar und eine höhere Töchterschule. Es wurde 1754 als Grenzfestung angelegt, jetzt sind nur noch Reste der Festungswerke vorhanden. Der Kreis ist sehr fruchtbar; Tabak, Wasser- und andre Melonen gedeihen bei dem heißen Sommer gut. Die Schafzucht ist weit verbreitet, jedoch in den letzten Jahren zurückgegangen. 1881 zählte man 247,421 Merinos und 243,897 gewöhnliche Schafe.
(Elisabethpol), Gouvernement der russ. Statthalterschaft Kaukasien, zwischen Eriwan, Tiflis, Daghestan, Baku und der persischen Provinz Aserbeidschân gelegen, 44,153 qkm (802 QM.) groß mit (1883) 636,316 Einw., zumeist Armeniern, Tataren, Lesghiern, außerdem Kurden, Russen, Juden und in den Ortschaften Helenendorf und Annenfeld bei der Stadt J. 1624 Deutschen. Die Religion der Mehrzahl ist die griechisch-katholische; 25 Proz. sind Mohammedaner.
Das Gebiet wird im N. vom Kur durchzogen und im W. vom Kaukasus (Basardiuz 4575 m) begrenzt, in seinem großen südlichen Teil von gleichfalls hohen Gebirgen durchzogen, welche in dem 4740 m hohen Kjambil kulminieren. Die Abhänge sind vorzügliche Alpenweiden, die Flußthäler gut angebaut, doch finden sich einige Steppen (Karaja im NW., Schirimkum im SO.). Hauptbeschäftigung der Armenier, Deutschen u. Russen ist Ackerbau (Getreide, Baumwolle, [* 70] Tabak, Leinsaat), Weinbau (3,750,000 hl jährlich) und Seidenzucht, der Tataren Viehzucht. Von Industrien sind nennenswert die Kupferhütten (Siemens in Kedabäk) und Seidenspinnerei und -Weberei. - Die Hauptstadt J. oder Gandscha, am Gandschatschai, Nebenfluß des Kur, liegt 442 m ü. M., hat (1876) 18,505 Einw. und einen Umfang von 20 km und gleicht einem großen Garten. [* 71]
Der große Bazar wird von riesigen Platanen eingefaßt, das bemerkenswerteste Gebäude ist die schöne, von Schah Abbas erbaute Moschee. In Stadt wie Umgegend treffliche Obstzucht. Die Stadt ist äußerst ungesund, es herrscht hier eine besondere Art Aussatz, der ein Jahr dauert, daher die Bewohner im Sommer nach den Bergen [* 72] im S. ziehen. J. war früher Residenz eines eignen muselmanischen Chans, fiel aber in die Gewalt der Russen. Im persisch-russischen Krieg hielten die Einwohner zu den Persern, die aber unter ihrem Kronprinzen Abbas Mirza von Paskewitsch unter den Mauern der Stadt vollständig geschlagen wurden. Unter der russischen Herrschaft ist J. ein lebhafter Handelsort geworden.
de Bužim (spr. jéllatschitsch), 1) Franz, Freiherr von, österreich. General, geb. 1746 zu Petrinia aus einer alten kroatischen Familie, wurde 1763 Militär, 1772 Hauptmann, 1783 Major, wohnte 1789 als Oberstleutnant dem Kriege gegen die Türken bei, war seit 1794 Oberst und Kommandant des kroatischen Scharfschützenkorps und zeichnete sich bei der Rheinarmee und 1796 unter dem Erzherzog Karl bei Würzburg [* 73] und Aschaffenburg [* 74] aus. Zum Generalmajor befördert, behauptete er 22. und Feldkirch gegen Oudinot und Masséna. Im Oktober avancierte er zum Feldmarschallleutnant und zum Divisionär in Peterwardein, nachher in Karlstadt.
Bei dem Ausbruch des Kriegs von 1805 erhielt er ein Kommando in Tirol [* 75] mit der Weisung, Vorarlberg zu verteidigen, ward aber in die Folgen der Ulmer Katastrophe verwickelt und mußte sich mit dem Rest seines Korps 14. Nov. an General Mathieu ergeben. Deshalb pensioniert, ward er 1808 als Divisionär zu Agram [* 76] wieder in Aktivität gesetzt und machte bis Ende Mai den Feldzug von 1809 in Steiermark [* 77] mit, schied aber bald wieder aus dem Dienst aus und starb in Szala-Apáthy im Szalader Komitat.
2) Joseph, Freiherr von, österreich. Feldzeugmeister und Ban von Kroatien, ältester Sohn des vorigen, geb. zu Peterwardein, erhielt seine Bildung in der Theresianischen Ritterakademie zu Wien und trat 1819 als Unterleutnant in das 3. Dragonerregiment daselbst ein. Bis zum Jahr 1842 avancierte er zum Obersten des 1. Banalregiments. Durch die Ereignisse von 1848 erlangte er eine hohe politische Bedeutung, da er frühzeitig die Anhänglichkeit der Grenzer zu erwerben verstanden hatte.
Auf den Wunsch der Kroaten wurde er zum Ban des vereinigten Königreichs Kroatien, Slawonien und Dalmatien ernannt. Bald erkannte man in Wien in ihm den Mann, welcher der Bewegung in Ungarn Maß und Gegengewicht zu geben im stande war. Er wurde zum Geheimrat und Feldmarschallleutnant, zum Inhaber von zwei Regimentern und zum kommandierenden General im vereinigten Banat-Warasdin-Karlstadter Generalkommando ernannt. Nun begann er mit aller Entschiedenheit den Kampf gegen die spezifisch ungarische Partei, die sogen. »Magyaronen«, welche die Magyarisierung der Südslawen beharrlich anstrebte, wirkte aber auch der nationalen Partei vom Schlag eines Gaj, welche die volle Autonomie des dreieinigen Königreichs: Kroatien, Slawonien, Dalmatien anstrebte, entgegen.
Als die Raizen (Serben) gegen die Ungarn losbrachen, klagte das magyarische Ministerium den Ban als den Urheber dieser Feindseligkeiten an, und ein kaiserliches Handbillet gebot diesem, sich zu seiner Rechtfertigung nach Innsbruck [* 78] an den kaiserlichen Hof [* 79] zu begeben; zugleich wurde die auf 5. Juni nach Agram berufene Landeskongregation untersagt, auf welcher die feierliche Einsetzung Jellachichs als Ban vorgenommen werden sollte. Dessenungeachtet trat die Landeskongregation zusammen, und J. ließ sich durch den Erzbischof von Karlowitz installieren. Er forderte die versammelten Abgeordneten zur Verteidigung ihrer Nationalität und zur Treue gegen den Kaiser auf und reiste dann in Begleitung einer kroatischen Deputation nach Innsbruck ab, wo seine Absetzung dekretiert, doch noch nicht publiziert worden war.
Die Folge davon war, daß das Absetzungsdekret zwar vorläufig und zum Schein aufrecht erhalten wurde, J. aber thatsächlich die Würde des Bans behielt. In die Heimat zurückgekehrt, machte J., da wiederholte Vermittelungsversuche in Wien gelegentlich der Konferenzen zwischen ihm und dem Minister Batthyány ohne Erfolg blieben, außerordentliche Kriegsrüstungen, denen er zwei Manifeste vorausschickte. Im September 1848 ward er in alle seine Würden förmlich wieder eingesetzt, überschritt 11. Sept. mit 40,000 Mann Grenztruppen die ungarisch-kroatische Grenze, wandte sich, von den nun ebenfalls aufgebotenen ungarischen Streitkräften gedrängt, nach Abschluß eines dreitägigen Waffenstillstandes gegen Wien und vereinigte sich hier mit den übrigen zur Unterwerfung der Hauptstadt zusammengezogenen Truppen. Sodann wirkte er mit zur Einnahme von Wien und focht in der Schlacht bei ¶
Schwechat gegen die Ungarn. Im Winterfeldzug von 1848 bis 1849 leitete er die Bewegungen, welche zur Besetzung von Raab, [* 81] Pest und Ofen führten. Im März 1849 zum Feldzeugmeister ernannt und beauftragt, seine Truppen mit der zusammengeschmolzenen Südarmee zu vereinigen und die Operationen im Süden zu leiten, drängte er zwar die Ungarn unter Bem über die Römerschanze und den Franzenskanal zurück und besetzte die Bacska, sah aber seinen Angriff auf die überlegene ungarische Armee bei Hegyes mit Verlust zurückgeschlagen und sich zum Rückzug gezwungen.
Nach Beendigung des Kampfes kehrte er nach Agram zurück; wo er seitdem die Würde des Bans und Zivil- und Militärgouverneurs von Kroatien und Slawonien bekleidete. Im Februar 1853 erhielt er den Oberbefehl über das wegen der Unruhen in Montenegro [* 82] an der untern Donau zusammengezogene Heer und ward im April 1854 in den erblichen Grafenstand erhoben. In tiefe Gemütsverstimmung verfallen, starb er in Agram. Auch als Dichter hat er sich bekannt gemacht. Seine »Gedichte«, darunter viele Soldatenlieder, erschienen Wien 1851.
1) Adolf, jüd. Gelehrter, geb. zu Drslowitz bei Ungarisch-Brod in Mähren, widmete sich auf der Prager Universität und seit 1842 in Leipzig orientalischen, talmudischen und philosophischen Studien und ward 1845 Prediger bei der israelitischen Gemeinde daselbst, ging 1856 als Prediger nach Wien, woselbst er auch als Präsident des Beth ha Midrasch, einer Lehranstalt für talmudische Wissenschaft, wirkt. Er gehört der Partei des gemäßigten Fortschritts im Judentum an und zählt zu den bedeutendsten israelitischen Gelehrten und Kanzelrednern der Gegenwart. Außer Predigten veröffentlichte er: »Sefat Chachamim, oder Erklärung der in den Talmuden etc. vorkommenden persischen und arabischen Wörter« (Leipz. 1846, Nachtrag 1847);
eine Einleitung zu Bachjas »Chobot-ha-Lebabot« (das. 1846);
Ausgaben der religiösen Gedichte Salomo Ibn Gabirols, des Wörterbuchs »Maarich« von Menachem Lasano (das. 1853) etc.;
als Früchte seiner kabbalistischen Studien außer der Übersetzung von Francks Werk über die Kabbala (das. 1844): »Beiträge zur Geschichte der Kabbala« (das. 1851-52, 2 Hefte),
»Moses ben Schem-Tod de Leon etc.« (das. 1851) und eine »Auswahl kabbalistischer Mystik« (das. 1852).
Vgl. Jost, Adolf J. und die Kabbala (Leipz. 1852).
Besondere Verdienste erwarb sich J. um die Herausgabe älterer Midraschim in der Sammlung »Beth-ha-Midrasch« (Leipz. u. Wien 1853-78, Bd. 1-6).
2) Hermann, Bruder des vorigen, bekannt durch seine Beteiligung an der Wiener Oktoberrevolution, geb. zu Drslowitz, widmete sich ebenfalls theologischen Studien, wandte sich aber bald in Prag und seit 1842 in Leipzig der Philosophie zu. Hier 1847 wegen seiner Beteiligung an politischen und kirchlichen Parteikämpfen, dann auch aus Berlin [* 83] ausgewiesen, wandte er sich beim Ausbruch der Märzrevolution nach Wien, wo er eine »Kritische Geschichte der Wiener Revolution« (Wien 1848) schrieb. Obwohl er nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution sich nicht direkt am Widerstand gegen die Truppen beteiligt hatte, ward er dennoch vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt und mit Becher [* 84] standrechtlich erschossen. Von seinen Schriften sind »Die religiösen Zustände der Gegenwart oder Kritik der Religion der Liebe« (Zerbst [* 85] 1847),
»Uriel Acostas Leben und Lehre« [* 86] (das. 1847) und »Kritisch-philosophische Schriften« (Leipz. 1849) zu nennen.
dän. Dorf in Jütland, Amt Veile, mit einem Schullehrerseminar, war einst ein Königshof und enthält noch jetzt (bei der Kirche) zwei berühmte Runensteine, einen von König Gorm dem Alten (s. d.) über seine Gemahlin Thyra und einen von Harald Blauzahn zu Ehren jener beiden, seiner Eltern.
Gorm und Thyra haben an beiden Seiten der alten Kirche großartige Grabhügel, welche in diesem Jahrhundert geöffnet und untersucht worden sind.
s. Granat. ^[= Mineral aus der Ordnung der Silikate (Granatgruppe), kristallisiert regulär, meist in Rhombendodeka ...] [* 87]
Kreisstadt im ruß.
Gouvernement Smolensk, an der Desna, mit 3 Kirchen, einer Kreditbank, Tuchfabrikation und (1881) 5458 Einw. In der Umgegend Eisengruben.
Die Bewohner des Kreises sind meistens Weißrussen.
s. Jolsva. ^[= (Elsch, Eltsch), Stadt im ungar. Komitat Gömör, mit einem herzoglich koburgischen ...]
(spr. schömapp), Fabrikort in der belg. Provinz Hennegau, Arrondissement Mons, [* 88] an der Haine und der Eisenbahn Brüssel-Valenciennes, mit Industrieschule, Kohlengruben, Steingutfabriken, Glashütten, chemischen Fabriken u. (1885) 11,322 Einw. Hier Sieg der Franzosen unter Dumouriez und dem damaligen General Egalité (nachmals König Ludwig Philipp) über die Österreicher unter dem Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen und General Clerfait.
Der Herzog von Sachsen-Teschen hatte mehrere Detachements entsenden müssen, nahm daher mit den ihm verbliebenen, noch aus 26,000 Mann bestehenden Truppen eine feste Höhenstellung bei J., um die versprochenen Verstärkungen zu erwarten, und wurde hier am Morgen des 6. Nov. von den Franzosen, welche gegen 50,000 Mann stark waren, heftig angegriffen. Der Kampf hatte mehrere Stunden ohne Entscheidung nur in einer fortwährenden Kanonade bestanden, als Dumouriez gegen Mittag den Befehl zum Angriff gab. Während er selbst die Redouten des linken, Thouvenot die des rechten Flügels erstürmte, nahm Ludwig Philipp im Zentrum das Dorf J. Die Österreicher zogen sich mit einem Verlust von 7000 Mann und 8 Kanonen über Mons zurück. Die Sieger hatten 4000 Mann eingebüßt. Infolge dieser Schlacht fiel das ganze österreichisch-belgische Land mit Brüssel und Lüttich in die Gewalt der Franzosen.
Fluß, s. Emba. ^[= (russ. ), ein an Fischen reicher Fluß im asiatisch-russ. Gouvernement Orenburg, entspringt ...]
Landschaft, s. Arabien, ^[= die große Halbinsel des südwestlichen Asien, welche, zwischen 12° 40' und 34° nördl. Br. ...] S. 722.
(Jämtland), Landschaft im Innern des nördlichen Schweden, [* 89] welche mit der südlicher gelegenen Landschaft Herjeådalen (s. d.) und dem Kirchspiel Ytterhogdal (von Helsingland) das Jemtlands- oder Östersundslän, 52,218,7 qkm (948,4 QM.) groß mit (Ende 1884) 90,631 Einw., bildet. Dieses grenzt im W. an Norwegen, im N. an Westerbotten, im O. an Westernorrland und Gefleborg und im S. an Kopparberg. Es umfaßt das Gebiet des obern Ljusneelf, des Indalself und des Storsees und ist abwechselnd mit Bergen, Thälern, Seen und Flüssen, großen Wäldern und kleinen fruchtbaren Kulturstrecken bedeckt.
Das ziemlich rauhe Klima hat sich in neuerer Zeit etwas gemildert, was man der Austrocknung vieler Sümpfe zuschreibt. Ackerbau und Viehzucht (ausgezeichnete Pferdezucht) sind die Hauptbeschäftigungen; demnächst betreibt man Handel, besonders mit Leder, Waldwirtschaft, Weberei, [* 90] Bergbau auf Kupfer, Blei [* 91] und Bergkristall, Jagd und Fischerei [* 92] in den zahlreichen Landseen. Neuerdings wird J. von der Eisenbahn Stockholm-Drontheim durchschnitten. Die einzige Stadt Jemtlands ist Östersund.
[* 93] Stadt im Großherzogtum Sachsen-Weimar, Verwaltungsbezirk Apolda, [* 94] liegt, rings von hohen, ¶
Textfigur: Wappen [* 96] von Jena
meist schroffen Kalkbergen umgeben, am linken Ufer der Saale und an den Eisenbahnlinien Großheringen-Saalfeld und Weimar-Gera, 158 m u. M. Die Straßen sind zumeist winkelig, die Häuser hochgiebelig und ohne besonderes Interesse. Außer der dem 15. Jahrh. entstammenden großen und schönen spätgotischen Haupt- oder Michaelskirche mit 97 m hohem Turm, [* 97] der Kollegienkirche mit hoch gewölbtem Schiff [* 98] und dem Bibliotheksgebäude sind hervorzuheben: das Schloß, das von 1672 bis 1690 die Residenz der Herzöge von Sachsen-Jena war, der Gasthof zum Schwarzen Bären, wo Luther auf seiner Flucht von der Wartburg übernachtete, das Kollegiengebäude, das Oberlandesgericht u. a. Der Marktplatz ist seit mit dem Standbild (von Drake) des Kurfürsten Johann Friedrich des Großmütigen, des Gründers der Universität, geziert. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit Garnison (ein Füsilierbat. Nr. 94) auf 12,017 Seelen, meist Evangelische.
Industrie und Handel sind nicht bedeutend, doch besitzt J. eine große Fabrik optischer und mechanischer Apparate, verbunden mit Glasfabrik, eine Pianofortefabrik, Fabrikation geräucherter Fleischwaren, eine Dampfziegelei, Weinbau etc. Nennenswert ist auch der lebhafte Buchhandel. Die Stadt ist Sitz eines Oberlandesgerichts für die thüringischen Staaten, mit Ausnahme von Schwarzburg-Sondershausen, und eines Amtsgerichts. Das Hauptinteresse liegt für J. in der Universität.
Dieselbe zählte im Wintersemester 1886/87: 81 Dozenten und 607 Studierende. Mit derselben sind verbunden: die Bibliothek (200,000 Bände), eine Sternwarte mit meteorologischem Institut, eine Tierarzneischule, eine landwirtschaftliche Lehranstalt, ein pharmazeutisches Institut, eine Lehranstalt für Chemie, ein mineralogisches Kabinett nebst reicher Petrefaktensammlung, ein zoologisches und physikalisches Museum, ein osteologisches, ein germanisches und archäologisches Kabinett, eine Sammlung orientalischer Münzen, [* 99] ein anatomisches Museum, ein botanischer Garten, eine ambulatorische Klinik, ein Landkrankenhaus, ein Entbindungsinstitut, eine Landesirrenanstalt etc. Von andern Bildungsanstalten sind zu nennen: ein Gymnasium, zwei Knabenerziehungsanstalten und mehrere wissenschaftliche Gesellschaften. In der Umgegend sind der Hausberg (s. d.) mit dem Fuchsturm, die Dörfer Ziegenhain und Lichtenhain (s. d.), die Lobdaburg, das Forsthaus mit dem Kriegerdenkmal, der Landgrafenstein mit dem Windknollen (Napoleonsstein) und die Kunitzburg vielbesuchte Punkte. - J. wird als Stadt erst im 13. Jahrh. genannt. Es gehörte damals den Herren v. Lobdaburg, Elsterberg und Arnshaugk.
Von diesen kam es zu Anfang des 14. Jahrh. an die Markgrafen von Meißen, [* 100] fiel in der Teilung von 1411 an Wilhelm, Landgrafen von Thüringen und Markgrafen von Meißen, und 1423 durch Tausch an dessen Bruder, den Kurfürsten Friedrich den Streitbaren von Sachsen. Es ist seit der Teilung von 1485 im Besitz der Ernestinischen Linie. Die Universität (s. oben) mußte 1578 wegen einer Seuche nach Saalfeld [* 101] verlegt werden, von wo sie erst im folgenden Jahr nach J. zurückkam. Als die Söhne des Herzogs Wilhelm von Weimar [* 102] (gest. 1662) dessen Lande teilten, ward der jüngste, Bernhard, mit J. abgefunden. Dieser erhob die Stadt 1672 zur Residenz eines selbständigen Herzogtums und residierte in dem von Johann Ernst, dem ältesten Sohn des Herzogs Johann III. von Weimar, 1620 erbauten Schloß. Da jedoch Bernhards Sohn Johann Wilhelm 1690 ohne Erben