Die Stadt (das Setabis der
Römer)
[* 5] war zur Maurenzeit ein sehr blühender
Ort, erhielt nach der Vertreibung der
Mauren den
NamenSan Felipe, welcher aber wieder dem alten maurischen
Namen J. gewichen ist, und wurde im spanischen
Erbfolgekrieg
niedergebrannt. J. ist Geburtsort des Malers
Ribera.
(Adel, Odel,Pfuhl,Gülle,
Hüll, Mistjauche), die
Flüssigkeit, welche aus dem Stallmist abfließt oder aus demselben
bereitet wird, also der durch den Stallmist gesickerte
Urin der
Tiere, vermischt mit
Exkrementen, oder auch
der aus
Urin und festen
Exkrementen bereitete
Dünger (Pfuhl,
Gülle). Oft mischt sich der J. auch noch
Regen- und Schneewasser,
Wasch- und Küchenwasser u. dgl. bei. Am reinsten
wird der Pfuhl mittels der belgischen
Methode der Stallhaltung des Viehs gewonnen, wobei die
Tiere hinter
sich ein Lattengerüst haben.
Harn und
Exkremente werden in Rinnen geleitet und in auswärts angebrachte
Gruben
gespült, wo sie einem Gärungsprozeß, mit
und ohne Zuthaten von
Knochenmehl,
Ölkuchen,
Kalisalzen,
Ruß,
Asche, Kehricht, auch Moorerde, unterworfen bleiben und dann direkt
als flüssiger
Dünger auf das
Feld gebracht werden. Die wasserdichte und überdeckte Jauchengrube muß
mit der Dungstätte in
Verbindung stehen; hier zeigt die J. je nach der
Jahreszeit und Einrichtung der
Grube sehr verschiedene
Zusammensetzung.
Man fährt in einem zweispännigen
Fuder J. nur 18-72 kg düngende
Stoffe aus, der Rest ist
Wasser. Die J. enthält
im
Mittel 1,5pro MilleStickstoff und 1 Proz.
Asche; 0,0001Phosphorsäure, aber 0,5 Proz.
Kali.
Manche Landwirte ziehen es vor,
gar keine J. zu gewinnen, sondern diese immer wieder über den
Mist zu spritzen und mit diesem auszufahren. Auf diese
Weise
wird die J. möglichst konzentriert, weil dasWasser an der
Luft verdunstet; dasselbe ist der
Fall, wenn
die J. zur Kompostbereitung verwendet wird. J. dient in der
Gärtnerei zur Bedüngung von
Stoppelrüben und dergleichen
Pflanzen,
Obstbäumen und am meisten für
Wiesen und Futterland überhaupt, und zwar entweder direkt während des Wachstums oder vor
demselben im
Herbst und Frühjahr.
Ausgefahren wird sie in besondern Jauchefässern oder Jauchekarren mit Vorrichtung zur Verteilung, wie sie die
Wasserwagen
zur Straßenbesprengung haben. In
Belgien
[* 12] und Nordfrankreich finden sich auch
Wirtschaften, welche mittels eines Röhrensystems
die J. durch
Dampfpumpen aufs
Feld zur unterirdischen Düngung transportieren.
Praktischer hat
man in größern Rübenwirtschaften
die J., vermengt mit konzentrierten Dungmitteln und mit den Fabrikwässern, in hoch gelegene
Reservoirs
gepumpt und vermittelst natürlichen
Gefälles auf die zu düngenden
Felder geleitet und hier oberirdisch durch offene
Furchen
und Rinnen verteilt. - In der
Medizin heißt J.
(Ichor,
Sanies) schlechter dünner
Eiter oder dünne Inhaltsmasse von Brandherden
(Brandjauche). Die J. ist übelriechend, entsteht durch faulige
Zersetzung von Gewebsflüssigkeiten,
Blut
oder
Eiter und enthält stets Fäulnisorganismen
(Spaltpilze). In die Säftemasse aufgenommen, verursacht solche J. die sogen.
Jauchevergiftung
(Ichorrhämie) des
Bluts (s.
Septichämie).
Stadt in der österreichisch-schlesischen Bezirkshauptmannschaft Freiwaldau, hat ein Bezirksgericht, Bierbrauerei
[* 20] und (1880) 2292, mit dem anschließenden Dorf J. 3362 meist deutsche Einwohner.
Über der Stadt auf steil abfallendem Felsen
das SchloßJohannesberg, die Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Breslau,
[* 21] mit Parkanlagen.
(spr. chhaucha), Stadt im DepartementJunin (Peru),
[* 26] am gleichnamigen Fluß, in fruchtbarem alten Seebecken, hat
eine höhere Schule und (1876) 2806 gewerbthätige Einwohner.
Franz, Schauspieler und Theaterdirektor, geb. 1834 zu Wien,
[* 29] debütierte am Burgtheater daselbst 1854, kam 1855 nach
Mainz
[* 30] und nach einem längern Aufenthalt in Paris
[* 31] 1856 an das Stadttheater in Hamburg,
[* 32] 1858 an das Hoftheater zu Dresden
[* 33] und 1871 an
das Carltheater in Wien, wo er sich als Schauspieler durch virtuoses, reich nüanciertes Spiel und scharfe Charakteristik allgemeine
Beliebtheit erwarb. 1872 übernahm er die Direktion des Carltheaters, das er bis 1878 leitete. Die außerordentlichen
Fähigkeiten, welche J. dabei bewährte, veranlaßten zugleich seine Berufung als Direktor des Wiener Hofoperntheaters, dem er
von 1875 bis Mitte 1880 vorstand. 1881 übernahm er das Ringtheater daselbst, das 8. Dez. d. J.
niederbrannte, und lebte seitdem dem Theater fern, bis er 1884 wieder die Leitung des Theaters an der Wien
übernahm, von der er jedoch nach kurzer Zeit wieder zurücktrat. - Seine Gattin Emilie, geborne Krall, geb. 1832 zu Wien, wirkte
bis 1871 erfolgreich als Sängerin.
voralpines, durch Wasserfälle geschmücktes Nebenthal der Saane im schweizer. Kanton Freiburg,
[* 34] auf dessen
Alpen hauptsächlich der Gruyèreskäse bereitet wird. Das Thalvolk ist katholisch, in der GemeindeJaun oder Bellegarde (868
Einw.) deutscher Abstammung, während die Bewohner des untern Teils, in Charmey oder Galmis (1110 Einw.), in Cerniat (607
Einw.) und Crésuz (130 Einw.), französisch sprechen. 1872 wurde,
mit Unterstützung des Bundes, der Bau der Jaunthalstraße (Bulle-Boltigen) begonnen, die an Stelle des
doppelt so langen Umwegs über Saanen bei Broc (Bruck) in das Seitenthal einzweigt und, anfangs dem alten Fahrweg folgend,
nach dem Thalort Jaun (1011 m) und von hier über die Bernisch-Freiburger Grenzberge bis nach Reidenbach (840 m) führt,
wo sie in die Simmenthaler Straße einmündet. Die Paßhöhe beträgt 1650 m; die Steigung erreicht an einzelnen Stellen fast 10 Proz.
Als freisinniger Anhänger der konstitutionellen Richtung bekannt, ward er 1832 zum Landtagsabgeordneten erwählt. Seine Thätigkeit
als solcher zog ihm aber die Ungunst der Regierung zu, und er ward deshalb nach Auflösung des Landtags 1833 pensioniert.
Mittels Urlaubsverweigerung wurde er auch vom folgenden Landtag fern gehalten. 1848 ward er Mitglied des Vorparlaments und der
Nationalversammlung und trat 16. Juli als Minister des Innern an die Spitze des großherzoglich hessischen Ministeriums.
(J. y Aguilar, spr. chháureghi i aghilar),Juan de, span. Dichter, geboren um 1570 zu
Sevilla
[* 41] aus einem alten viscayischen Geschlecht, ging nach Rom,
[* 42] um sich dort in der Malerei auszubilden, beschäftigte sich aber
gleichzeitig viel mit Poesie und ließ 1607 eine Übersetzung von Tassos »Aminta« erscheinen, die seinen Namen allgemein bekannt
machte. In sein Vaterland zurückgekehrt, wurde er Stallmeister der KöniginIsabella, der ersten Gemahlin
Philipps IV., und starb im Januar 1649 in Madrid. Außer der formvollendeten Übersetzung des »Aminta«, die in
verbesserter Gestalt auch in der Ausgabe seiner kleinern Gedichte (»Rimas«, Sevilla 1618; auch in der »Biblioteca de autores
españoles«, Bd. 42) enthalten ist, veröffentlichte J.
eine freie Bearbeitung von Lukans »Pharsalia« (Madr. 1614) und ein größeres Originalgedicht: »Orfeo«
(das. 1624). In dem »Discurso poetico« (Madr. 1624) trat er gegen Gongora auf, obschon seine spätern Werke selbst die Einwirkung
dieses Dichters verraten. In der Malerei, über die er einen »Discurso apologetico« (1633) veröffentlichte,
soll er besonders im Porträt Treffliches geleistet haben. Seine sämtlichen poetischen Werke sind in
Fernandez' »Coleccion«, Bd.
6-8 (Madr. 1789-1819), wieder abgedruckt.
Zwischen 5° 52'-8° 46' südl. Br. und 105° 13-114° 35' östl. L. v. Gr. gelegen,
erstreckt sich J. von W. nach O. in einer Länge von 1000 km, während seine Breite
[* 55] zwischen 75 und 195 km
schwankt. Sein Flächeninhalt mißt 126,507 qkm (2297,5 QM.), mit Einschluß
des nahen Madura 131,793 qkm (2393,5 QM.). Im O. wird es durch die
schmale Straße von Bali von der Insel dieses Namens, im W. durch die Sundastraße von Sumatra getrennt; die Nordküste bespült
die Javasee, die Südküste der IndischeOzean.
Diese letztere Küste ist hoch und steil und durch die heftige Brandung fast überall unzugänglich; sie hat nur zwei erträgliche
Ankerplätze (in der Pachitanbai und der Bai Segara-anakan). Die nördliche Küste ist niedrig und das Ankern in dem weichen
Schlammboden allenthalben leicht thunlich; sie besitzt einige treffliche Häfen (die Bantambai, die Bai vonBatavia,
[* 56] die Reede von Samarang, den Hafen von Surabaja) und ist daher für den Verkehr von der entschiedensten Wichtigkeit.
Von den Inseln, welche die Küste hier und dort besäumen, sind nur Madura und einige in der Sundastraße zu nennen, die letztern
durch die vulkanischen Ausbrüche von 1884 bemerkenswert. Längs der ganzen Nordküste erstreckt sich eine
breite Alluvialebene mit dem reichsten Boden; dahinter erheben sich die Berge, welche durch Abwechselung und Mannigfaltigkeit
in ihrer Bildung zur Verschönerung des Landes außerordentlich beitragen. Der geologischen Bildung nach sind es Kalkberge von der
tertiären Formation und Vulkane,
[* 57] von denen die erstern besonders den südlichen Teil der Insel einnehmen,
den sie, eine Art hügeligen Hochlandes bildend, fast in seiner ganzen Ausdehnung
[* 58] (im O. gewöhnlich unter dem NamenGunong Kidul
oder Südgebirge) durchziehen, nur an einigen Stellen (an der Wynkoopsbai, zwischen Kombangan und der Mündung des Progo und
am Ostende)
[* 59] durch breitere Ebenen unterbrochen. Im Nordteil der Insel treten die Berge meist nur vereinzelt
auf, in größerer Ausdehnung allein in der Pandangkette in Rembang.
Die Vulkane liegen vor den südlichen Kalkbergen, teils einzeln, teils zu Berggruppen verbunden, aber stets durch Sättel
getrennt, die an Höhe ebenso verschieden sind wie die zwischen den Bergen
[* 60] sich erstreckenden Ebenen, welche
durch die Ausbrüche der Vulkane gebildet sind und in einigen Fällen (z. B. in Surakarta und Kediri) Tiefebenen, in andern sanft
geneigte, längliche Thäler, in manchen selbst kleine Hochebenen darstellen. Als die bedeutendsten Vulkane, deren Gesamtzahl
Junghuhn auf 45 angibt, sind zu nennen: der Smeru in der Residentschaft Probolingo (3666 m), der
Ardjuno in Pasuruan (3333 m), der Rawun in Besuki (3400 m), der Weliran in Surabaja (3150 m), der Lawu in Surakarta (3236 m),
der Merbabu in Samarang (3116 m), der Sumbing in Kedu (3336 m), der Slamat oder Gede in Tegal (3427 m). Ein
großer Teil der Vulkane ist bereits erloschen, bei mehreren haben sich in den alten KraternSeen, sogen. Telaga (gewöhnlich
mit schwefelsaurem Wasser), gebildet; auch Solfataren sind auf vielen Bergen nicht selten.
Durch ihre verheerenden Ausbrüche sind besonders der Guntur und Galunggung im W. und der Merapi in Kedu,
durch seine rastlose Thätigkeit der Lamongan ausgezeichnet. Auch an andern vulkanischen Erscheinungen, wie Mofetten (den sogen.
Guwa-upas ^[richtig: Guwo-upas] der Eingebornen), wo freie Kohlensäure dem Boden entströmt, Schlammvulkanen etc., ist die
Insel reich. Erdbeben
[* 61] sind im ganzen verhältnismäßig selten, manchmal jedoch von großer Heftigkeit. Sehr eigentümlich
aber ist es, daß die Vulkane jetzt wenigstens niemals Lavaströme, sondern außer Asche und Sand hauptsächlich
halb und besonders an der Außenseite geschmolzene Steine auswerfen.
Außer ihm sind der Brantes, der in der Ebene von Malang entspringt, Kediri durchfließt und bei Surabaja mündet, der Seraju
in Bagelen, der Tschitandui im südlichen Tscheribon, der Tschimanuk und Tschitarum in den Preanger Regentschaften die bedeutendsten.
GrößereSeen fehlen. Mineralquellen sind bereits 80 bekannt, von denen mehrere im Tertiärgebirge an Chlornatrium
sehr reich sind und zugleich Jod und Erdöl
[* 63] führen. Das Klima
[* 64] Javas ist seiner Lage gemäß (zwischen 5° 52' und 8° 46' südl.
Br.) ein tropisches, aber durch die wechselnden Höhenlagen abgestuftes. In den nördlichen Küstenebenen soll
die mittlere Temperatur 27-28° C. betragen; die Schwankungen zwischen der Regen- und der Trockenzeit sind nicht bedeutend,
aber in Samarang ist die Hitze größer als in Batavia. In dem etwas höher gelegenen Buitenzorg beträgt sie noch 25°, in den
Hochebenen der Preanger Regentschaften 20-21°, auf dem kleinen Hochland von Dieng 15°. Auf den Spitzen der¶
mehr
höchsten Berge fällt das Thermometer
[* 66] noch tiefer, bei starker nächtlicher Ausstrahlung hat man auf den hohen Bergspitzen
sogar die Bildung von Reif und Eis
[* 67] beobachtet; aber Schnee
[* 68] fällt niemals. Die Jahreszeiten
[* 69] hängen mit den regelmäßig wechselnden
Monsunen zusammen. Die Regenzeit, in welcher der Wind von W. und NW. vorherrscht, dauert vom November bis
April; sie beginnt meistens mit furchtbaren Gewittern und heißt der anhaltenden heftigen Regen halber gewöhnlich die schlechte
Jahreszeit, obschon sie der geringern Hitze und reinern Luft wegen die angenehmste, im ganzen auch die gesündeste ist. Die regenlose
Zeit, die bei Süd- und Südostwind vom Mai bis Oktober dauert, ist zwar die trockenste Jahreszeit, wenn
auch hier und da leichte Regen fallen, aber die am wenigsten angenehme, da die Hitze sehr groß, die Winde
[* 70] ausdörrend und die
Vegetation leidend ist. Auch sind Krankheiten in dieser Zeit viel häufiger als in der Regenzeit; die ungesundesten Monate sind
jedoch diejenigen, in denen die Monsune wechseln, die sogen. Kenteringstyden.
[Naturprodukte.]
Die geologische Bildung des Landes erklärt es, weshalb mineralische Schätze sich nicht vorfinden; von Metallen
gibt es in größerer Menge nur eisenhaltige Erze, die aber den Abbau nicht lohnen, und im Sand einiger Flüsse etwas Goldstaub.
Die Kohlenbergwerke von Bantam liefern nur Lignit;
Naphtha und Asphalt finden sich in den vulkanischen Gebieten
sehr reichlich;
Salz
[* 71] wird in den verschiedensten Teilen der Insel gewonnen, in Kedu u. a. O. bricht man Kalkstein;
Thermalquellen,
meist schwefelhaltige, sind zahlreich, und in mehreren Provinzen findet man einen Thon, der von den Eingebornen gegessen wird.
Javas Reichtum liegt fast ausschließlich in der Fruchtbarkeit seines Bodens, die in den Ebenen wie auf den
Abhängen der vulkanischen Berge eine solche ist, daß sie nur noch von wenigen Tropenländern erreicht wird. Damit hängt
auch die außerordentliche Fülle und Mannigfaltigkeit der Vegetation zusammen, welche alles bis auf einzelne Spitzen der vulkanischen
Berge bedeckt. Man kann nach der Erhebung über den Meeresspiegel fünf Regionen unterscheiden. Die Niederungen
an den Küsten, die besonders mit Reisfeldern bedeckt sind, werden durch das Überwiegen der Palmen,
[* 72] Musa (Pisang), Arum, Amarantaceen,
der Euphorbiaceen und Leguminosen
[* 73] charakterisiert.
Ihnen folgt von 400 m Höhe an die Region der Fikoideen (Feigenbäume), die in den Urwäldern vorherrschen
und von außerordentlicher Schönheit und Pracht sind; außer andern Gewächsen zeigen sich unter ihnen Melieen, Farne,
[* 74] zierliche
Bambus und schöne parasitische Orchideen,
[* 75] während die Leguminosen und Palmen mehr und mehr abnehmen. In größerer Höhe treten
unter den frühern Bäumen andre von sehr eigentümlichem Charakter hervor, namentlich im westlichen J.
die Rasamalen (Liquidambar altingiana) mit ihren weißen, geraden Stämmen, ferner die Melastomaceen, Loranthaceen und Nepenthesarten,
während im zentralen J. die Angringwälder (Parasponia parviflora), im östlichen die Wälder der Tschemoro (Casuarina Junghuhniana)
besonders charakteristisch sind. In 1600 m Höhe verschwinden allmählich die Fikusarten, und auch die Rasamalen
werden seltener; an ihre Stelle treten Eichen- und Laurusarten, neben denen besonders Orchideen, Rubiaceen und Calamus (Rotangpalme)
häufig sind.
Bei 2000-2500 m endlich nimmt die Pracht und der Glanz derVegetation ab; auf mächtige Teakbäume folgt ein immer spärlicherer,
niedrigerer Baumwuchs, der endlich einer Strauchvegetation Platz macht.
In dieser Region treten besonders
Erikaceen auf, dann Rubiaceen und einige Koniferen;
[* 76] sehr zahlreich sind Moose,
[* 77] Flechten,
[* 78] Farne, und je höher man aufsteigt, desto
größer wird die Ähnlichkeit
[* 79] der Vegetation mit der der außertropischen Gegenden. So finden sich auf manchen Bergspitzen
von europäischen Pflanzen: Plantago major, Sonchus oleraceus, Artemisia vulgaris, Rumex crispus, Stellaria
media, Solanum nigrum u. a., die wahrscheinlich mit Gemüsesamen nach J. gebracht wurden, vielleicht
aber auch, als J. mit Asien
[* 80] noch in fester Landverbindung stand, durch Wanderung hierher gelangten. Auch die angebauten Pflanzen
hängen von dieser Einteilung der Vegetation ab: die Ebenen und die Fikuszone sind die Heimat des Reises, Zuckerrohrs
und Indigos;
in der Rasamalaregion gedeihen besonders Kaffee und Thee;
die Cinchonapflanzungen liegen in der darauf folgenden,
die, wie die höchste, auch europäische Kulturpflanzen der gemäßigten Zone (wie Zwiebeln und andre Gartengewächse, Kartoffeln
etc.) erzeugt.
Auch die Tierwelt zeigt einen Reichtum und eine Mannigfaltigkeit wie kaum ein andres Land von gleicher
Ausdehnung. Die Zahl der Mammalien beträgt mit den Haus- und Seetieren etwa 100. Von Affen
[* 81] gibt es 6 Arten, unter denen der
Lutung (Semnoplihecus Maurus), der Monyet (Cercopithecus cynomolgus) und der Wauwau (Xylobates leuciscus) die häufigsten sind.
Fledermäuse sind überaus zahlreich, besonders in Höhlen, wo ihre massenhaften Exkremente das Material
zur Bereitung von Salpeter liefern.
Von Nagetieren gibt es 16 Arten, besonders häufig sind Eichhörnchenarten; auch findet man eine Art Stachelschwein (Acanthica
javanica) und eine Hasenart (Lepus nigricollis). In den Wäldern an der Südküste lebt der wilde Hund (Canis rutilans); die
Katzenarten sind vor allen durch die noch immer sehr häufigen Königstiger, Panther, Leoparden, wilden
Katzen
[* 82] (Felis minuta), die zwischen Felis und Viverra in der Mitte stehende Tigerkatze (Linsang gracilis) u. a. reich vertreten.
In den Wäldern leben Arten von wilden Schweinen und das Rhinozeros (Rhinoceros sundaicus), das selbst die höchsten Berggipfel
ersteigt und durch die Pfade, die es bildet, dem Reisenden Wege bahnt, mehrere ArtenHirsche,
[* 83] eine Art
wilder Stier (Bos sundaicus) und wilde Büffel. Das Kamel und der Esel existieren nur als Haustiere, ebenso wie das Pferd,
[* 84] das,
aus Arabien herübergebracht, zwar an Größe, aber nicht an Feuer und Ausdauer verloren hat. Auch Vögel
[* 85] sind zahlreich vorhanden
und meist durch Schönheit der Farben ausgezeichnet, besonders in den tiefern Gegenden; mit der Erhebung
über den Meeresspiegel nimmt ihre Zahl ab, die höchsten Gipfel haben gar keine.
Die Bevölkerung Javas mit Einschluß von Madura betrug 1886: 21,467,445 Seelen (8907 pro Quadratmeile), davon
40,634 Europäer, 21,190,626 Eingeborne, 221,959 Chinesen, 11,429 Araber und 2797 sonstige Asiaten und
Afrikaner. Die Europäer sind größtenteils Beamte und Soldaten, nächstdem Kaufleute, Pflanzer oder Zuckerfabrikanten und
können ebensowenig als ständige Bewohner der Insel gelten wie die Chinesen, welche in allen größern Ortschaften zerstreut
leben, besonders Handwerke und Kleinhandel treiben, trotz aller Maßregeln der Regierung nicht selten die einfachen, arglosen
Bauern aussaugen, aber, wenn sie Vermögen erworben haben, in ihre Heimat zurückzukehren pflegen.
Von den übrigen Asiaten sind die Araber Kaufleute oder mohammedanische Priester, die andern größtenteils Arbeiter etc. Die
einheimische Bevölkerung
[* 96] gehört zur westlichen Abteilung der malaiischen Rasse und zerfällt in zwei Volksstämme, die zwar
nahe miteinander verwandt sind, doch ganz verschiedene Sprachen reden: die Sundanesen im W. der Insel, welche
als Mittelglied zwischen Malaien, Javanern und Batta gelten können, und die Javaner im O., das gebildetste Volk der ganzen
malaiischen Rasse, zu denen auch die Maduresen gehören, die außer Madura nebst den umliegenden kleinern Inseln den Osten von
J. bis Surabaja und Kediria bewohnen, wo sie die Javaner zurückgedrängt haben (s. Tafel »AsiatischeVölker«,
[* 97] Fig. 19-21). Körperlich unterscheiden sich die beiden Volksstämme nicht unwesentlich voneinander.
Während die mittlere Größe der Javaner 1,65 m beträgt, erreichen die Sundanesen im Durchschnitt nur 1,57 m. Dabei sind die
letztern untersetzt und stärker gebaut, sie haben etwas Unabhängigeres in ihrem Auftreten, ihre Züge
sind aber gröber, weniger regelmäßig und mehr an den mongolischen Typus erinnernd. Dagegen ist die
[* 92]
Figur der Javaner gefällig,
oft sehr anmutig; die kleine Nase
[* 98] ist weniger flach als bei den meisten Malaien, die Hautfarbe braun, zuweilen aber auch ganz
hell, das Haar
[* 99] üppig und gleich den Augen schwarz, Männer und namentlich Frauen sind oft von auffallender
Schönheit.
Sanft, lenksam, friedlich, ihren Vorgesetzten ergeben, von feinen Manieren, nicht ohne Talent und einer höhern Entwickelung
wohl fähig, entbehren die Javaner dennoch sittlicher und intellektueller Energie. Sie leben in niedrigen Hütten
[* 100] aus Bambus,
die auf hölzernen Pfosten ca. 1 m über dem Erdboden stehen, mit Palmblättern gedeckt und zu kleinen Dörfern verbunden
sind, welche im Schatten
[* 101] der Fruchtbäume verborgen liegen; die Wohlhabenden haben bessere Häuser, auch von Stein und den europäischen
nachgeahmt.
Die Lebensart der niedern Stände ist sehr einfach; die höhern Stände treiben großen Luxus und lieben
Pracht und Aufwand. Die Hauptnahrung ist Reis; Fleisch wird wenig gegessen, dagegen viel Fische. Zucker
[* 102] und Wein bereiten sie
aus dem Safte der Palmen (besonders der Arengu- und Borassus-Arten). Das Betelkauen ist allgemeine Sitte, das Tabakrauchen gewöhnlich,
das Opiumrauchen zum Schaden der Bevölkerung leider sehr verbreitet. Die Kleidung ist bei dem gemeinen
Mann sehr einfach; die Männer tragen den Sarong, der einem Sack ohne Boden gleicht und über die Schulter gelegt, häufiger aber
um den Leib gewickelt wird; die Frauen haben eine ganz ähnliche Tracht, dazu beide Geschlechter entweder kurze
Hosen
[* 103] oder bloß
einen Schurz vor dem Unterleib mit einem Gürtel
[* 104] darüber, manchmal auch kurzen Hemden ähnliche Jacken.
Die herrschende Religion ist jetzt der Islam, aber er ist erst seit dem Ende des 14. Jahrh. durch malaiische
und arabische Geistliche eingeführt und allmählich und nicht ohne heftige Kämpfe über die ganze Insel verbreitet worden.
Vorher war die Religion die indische und zwar sowohl der Brahmanismus als der Buddhismus; namentlich galt dies von den eigentlichen
Javanern, welche die Bildung, in der sie die Sundanesen bedeutend übertrafen, ursprünglich Einwanderungen
aus Indien verdanken, und noch geben prächtige Ruinen von Tempeln (s. Boro Budor) und in der alten religiösen Sprache
[* 106] des Volkes,
dem sogen. Kawi, erhaltene litterarische Werke Zeugnis von der Kunstfertigkeit und dem Talent der alten Einwohner, von der Höhe,
welche ihre Bildung früher erreicht hatte, die aber unter der rohen Herrschaft des Islam vernichtet worden
ist.
Nur an zwei Punkten sind kleine Abteilungen des Volkes der ursprünglichen, freilich arg verfallenen Religion treu geblieben:
die Baduwi in den Wäldern von Bantam und die Bewohner des Gebirges Tengger in Pasuruan. Die Anzahl der Christen ist, da die niederländische
Regierung Missionsbestrebungen keineswegs ermutigt, sehr klein; sie betrug 1881 nur 8761, wovon 8600 Malaien
und 160 Chinesen. Vielweiberei herrscht bei den Vornehmen, die Gemeinen pflegen nur eine Frau zu haben. Aus Neigung schließt
man die Ehe nicht, die Frau wird von den Eltern gekauft. Das Familienleben ist in der Regel rein und wohlgeordnet;
namentlich erweisen die Kinder den Eltern große Hochachtung. Die Beschneidung findet im zehnten Jahr statt, sie war aber schon
vor der Einführung des IslamSitte; mit dem Eintritt der Mannbarkeit werden den Kindern die Zähne
[* 107] spitz abgefeilt, von da an ist
ihnen Betel zu kauen gestattet.
Von den Beschäftigungen der Javaner ist der Landbau bei weitem die wichtigste. Es waren 1881 bebaut unter
dem Kultursystem 2,145,762 Hektar, ohne Beschränkung 1,138,057 Hektar. Am bedeutendsten ist der Reisbau; man betreibt denselben
sowohl auf künstlich überschwemmtem Boden (sawa), dessen Ertrag ergiebiger und sicherer ist, als auf trocknem Boden, dessen
Befeuchtung dem Regen überlassen bleibt (tipar, wenn die Felder auf höhern Ebenen mit dem Pflug
[* 108] bearbeitet
werden, und gaga auf bergigem Boden, wo das Gehölz zur Düngung der Erde verbrannt und statt des Pflugs die Hacke angewendet
wird).
Die Sawa finden sich in Ebenen und an sanften Abhängen, sind von schmalen Dämmen eingeschlossen und werden
durch Kanäle (slokan) regelmäßig bewässert; die trocknen Felder liegen nach 3-4 Ernten eine Zeitlang brach. Auch geben die
Sawa nach der Reisernte in demselben Jahr noch eine zweite, von Öl- oder Knollenpflanzen oder Baumwolle.
[* 109] Die niederländische
Regierung hat außerdem den Anbau andrer wichtiger Kulturpflanzen eingeführt, namentlich des Kaffees, der
teils in besondern Gärten vermittelst Zwangsarbeit, teils auch von
¶
mehr
vielen Einwohnern, namentlich in Westjava, auf dem eignen Boden freiwillig gebaut wird. Zucker zu bauen, ist jedem gestattet;
auch der Bau des Thees und des Zimtes ist seit 1849 freigegeben. Die Kochenille wird auf Nopalpflanzen teils für Rechnung der
Regierung, teils durch Unternehmer gezogen, und ähnlich verhält es sich mit dem Pfeffer und der Cinchona
(succirubra und ledgeriana), deren Kultur 1854 eingeführt wurde. Der Viehstapel betrug 1885: 2,483,991 Büffel, 2,046,111
Rinder
[* 111] und 517,629 Pferde.
[* 112]
Küstenfischerei wird eifrig betrieben. Als Zeugnis javanischer Kunstfertigkeit sind die hübschen von den Frauen fabrizierten
Battiks zu erwähnen, gemusterte Baumwollenstoffe, deren Dessins aus freier Hand aufgetragen werden. Diese
Fabrikation ist hauptsächlich in den Residentschaften Samarang und Badu sowie in den Fürstenländern (Dschokdschokarta und
Surakarta) heimisch und konkurriert erfolgreich mit europäischen Imitationen. Im übrigen ist die Industrie, bei den geringen
Bedürfnissen des Volkes, noch in der Kindheit.
Die bedeutendsten Städte sind die Hauptstadt Batavia mit (1886) 95,810 Einw., Samarang mit 69,894, Surakarta mit 125,778 und
Surabaja mit 127,403 Einw. Das Heer, welches ausschließlich aus Freiwilligen besteht, zählte 1352 Offiziere
und 29,030 Soldaten (13,578 Europäer, 15,341 Eingeborne, 111 Afrikaner). Außerdem gibt es Schutteryen und bewaffnete indische
Korps, 9301 Mann stark (3870 Europäer und 5431 Eingeborne). Eine Zahl von 39 armierten Dampfern und Segelschiffen ist zur Ausübung
des Polizeidienstes bestimmt.
Die Geschicklichkeit, mit welcher eine so geringe Zahl von Europäern ihre Gewalt über eine so zahlreiche ursprüngliche
Bevölkerung behauptet, derart, daß seit 1830 die Ruhe aus der Insel niemals gestört worden ist, hat mit Recht Bewunderung
erregt. Das Prinzip dieser Politik besteht darin, die alten Verhältnisse, an welche die Bevölkerung gewöhnt
ist, unverändert fortbestehen zu lassen und zugleich zum Vorteil der Beherrscher zu benutzen, die Vornehmsten des Volkes
durch Erhebung zu Regenten an das Interesse der Beherrscher zu fesseln, endlich durch ein strenges Verbot aller Missionsbestrebungen
die religiösen Vorurteile des Volkes zu schonen.
Begünstigt wird diese Politik durch die Sanftheit und Lenksamkeit des Volkes und seine tiefe Ergebenheit
gegen seine Vorgesetzten, die ein Hauptcharakterzug desselben sind. Nach dem Herkommen bildet jedes Dorf (dessa) eine selbständige
Gemeinde, deren innere Angelegenheiten ein gewählter Vorstand leitet. Das Gesamtbesitztum an Land, das einer solchen
gehört, ist Gesamteigentum der Gemeinde und wird unter die einzelnen Glieder
[* 113] derselben jährlich neu verteilt.
Jeder Grundbesitzer hat für seinen Anteil dem Oberherrn eine Grundsteuer zu entrichten und außerdem gewisse Frondienste zu
leisten: eine Einrichtung, die allerdings vollständig nur im zentralen J. zu Recht besteht, während im westlichen und im
östlichen J. sehr oft die ganze Flur derGemeinde Privateigentum der einzelnen Bauern ist. In den beiden
Fürstenländern (Surakarta u. Dschokdschokarta) werden Steuern und Frondienste den Fürsten oder
denjenigen ihrer Verwandten
entrichtet, denen einzelne Dessa als Besoldung von ihnen überwiesen sind.
Die Art, wie die Niederländer die Insel für sich nutzbar machen, besteht darin, daß
die Regierung auf dem ihr gehörenden Land Pflanzungen, namentlich von Kaffee-, Nopal- und Cinchonabäumen, anlegen läßt,
deren Bearbeitung den Eingebornen obliegt. Auch dürfen diese Kaffee, Zuckerrohr, Thee, Indigo,
[* 114] Pfeffer, Tabak
[* 115] etc. auf ihren Ländereien
bauen, sind aber gehalten, alle Produkte gegen bestimmte, natürlich sehr niedrige Preise in die Regierungsmagazine zu
liefern.
Der Handel hat sich im Lauf dieses Jahrhunderts außerordentlich gehoben; während die Gesamtausfuhr von
Niederländisch-Indien 1825 nur ca. 19 Mill., die Einfuhr 14½ Mill. Gulden betrug, belief sich 1864 die Ausfuhr von J. allein
auf 107,831,495 Guld., die Einfuhr auf 39,740,900 Guld. und 1884 auf 149,838,000 Ausfuhr, 122,146,000 Guld. Einfuhr. Als Hauptausfuhrartikel
figurieren: Kaffee (1884 für 19,7 Mill. Guld.), Zucker (71,8 Mill.), Tabak (7,2 Mill.), Indigo (3,8 Mill.),
Thee (1,8 Mill.). In den Häfen Javas und Maduras liefen 1884 ein: 902 Schiffe
[* 117] mit 2,3 Mill. Ton. Gehalt (darunter 521 Dampfer mit
1,5 Mill. T.), während 774 Schiffe mit 2 Mill. T. (darunter 399 Dampfer mit 1,2 Mill. T.) ausliefen.
Die Verkehrswege im Innern Javas sind in gutem Zustand, die bedeutendern Plätze durch breite Hauptstraßen verbunden, auf
denen der Verkehr durch Gouvernementspferde vermittelt wird, welche zur Verfügung der Regierungsbeamten und
Offiziere stehen, jedoch auch an Private gegen Zahlung eines bestimmten Betrags vermietet werden. Den Warenverkehr besorgen
Büffelkarren, im Gebirge auch Saumpferde. Die Eisenbahnen der Insel sind teils durch die Nederlandsch-Indische Spoorwegmaatschappij,
teils durch die Regierung erbaut: von der erstern die Linien von Samarang nach Fort Willem I und nach
¶