mehr
Weizen und Mais dagegen trotz ansehnlicher Produktion nicht hinreichend, so daß jährlich bedeutende Quantitäten von diesen Früchten importiert werden müssen (durchschnittlich 2 Mill. metr. Ztr. Weizen und 1,4 Mill. metr. Ztr. Mais). Die Produktion an Cerealien beziffert sich im Jahresdurchschnitt an Weizen mit 50,9, Mais 31,3, Roggen und Gerste [* 2] 6,4, Hafer [* 3] 6,7, Reis 11,3, ferner an Hülsenfrüchten 5,6 Mill. hl und an Kartoffeln 7 Mill. metr. Ztr. Der Weizenbau findet in allen Provinzen Italiens [* 4] statt, am stärksten in den neapolitanischen, in Sizilien [* 5] und der Lombardei, wo er den Konsum übersteigt.
Für Mais und Reis ist das Pogebiet bei weitem am wichtigsten, ebenso für Kartoffeln. Von Industriepflanzen [* 6] werden Hanf (960,000 metr. Ztr.) in den mittelitalienischen Provinzen östlich von den Apenninen, Flachs (235,000 metr. Ztr.) besonders in der Lombardei, Baumwolle [* 7] (180,000 metr. Ztr.) in Süditalien [* 8] und Tabak [* 9] (45,000 metr. Ztr.) auf den Inseln und in einigen kontinentalen Provinzen gebaut. Die Kultur der südlichen Fruchtbäume spielt in I. eine größere Rolle als selbst in den übrigen Mittelmeerländern.
Südlich vom 40. Breitengrad sind Orangen u. Limonen, deren Anbau in Sizilien und Kalabrien sich beständig ausdehnt, die wichtigsten, von da bis zum 44. Breitengrad ist der Ölbaum, der weiter südlich aber durchaus nicht fehlt, der charakteristische Baum, doch fängt man erst jetzt an, das Öl rationell zu behandeln und dadurch höhere Preise zu erzielen. Die Jahresproduktion an Olivenöl beläuft sich auf 3 Mill. hl, wovon sehr viel zur Ausfuhr kommt; die Agrumenernte beträgt 2600 Mill. Stück Früchte.
Über ganz I. ausgedehnt ist der Weinbau, der aber auch erst in wenigen Gegenden, namentlich in Sizilien, so rationell betrieben wird, daß von den jährlich gewonnenen 22-28 Mill. hl Wein ein beträchtliches Quantum zur Ausfuhr gelangen kann. An Waldungen ist I. nicht so arm, wie man nach dem Pogebiet schließen möchte; die Apenninen sind noch reich an Wäldern von Edelkastanien, welche bei der Ernährung der Bevölkerung [* 10] ins Gewicht fallen (496,000 Hektar Bepflanzung, Jahresertrag 5,8 Mill. metr. Ztr. Früchte), an Eichen, Buchen, Tannen und Kiefern; der niedrige, wild und kultiviert vorkommende Sumachbaum liefert große Mengen von Gerbstoff, auch geben die edlen Fruchtbäume wertvolles Tischlerholz.
Die Korkeiche liefert ihre Rinde, die herrliche Pinie, namentlich in dem Wald von Ravenna, ihre Nüsse, die Zwergpalme Siziliens Fasern zu Flechtwerk jeder Art, die Esche in den südlichen Provinzen den im Sommer ausquellenden verdickten Saft, die Manna. Sehr reich an Wald ist namentlich auch die Insel Sardinien. [* 11] Man rechnet 4,6 Mill. Hektar Wälder, die aber in ihrem Bestand wenig geschätzt werden, da von Forstwirtschaft in I. kaum die Rede sein kann. Auch an Wild sind die Wälder sehr arm, da die Jagd frei ist, was namentlich auch den Sing- und Zugvögeln Mitteleuropas verhängnisvoll wird, die zu Millionen beim Durchzug geschossen und gefangen werden.
Viehzucht und Fischerei.
Die Viehzucht [* 12] steht in I. sehr tief, nur Ziegen gedeihen allenthalben; rationelle Rindviehzucht ist auf einzelne Gegenden der mittlern Po-Ebene beschränkt, wo auch die Käsegewinnung (Parmesankäse) von großer Bedeutung ist. Schafzucht wird allenthalben getrieben, bringt aber nur jährlich 10 Mill. kg mittelmäßige Wolle. Die Geflügelzucht liefert namentlich große Mengen von Eiern für den Export (für 37 Mill. Lire). Der Viehstand betrug nach der Erhebung vom Jahr 1881: 4,783,232 Rinder, [* 13] 8,596,408 Schafe, [* 14] 2,016,307 Ziegen, 674,246 Maultiere und Esel und 1,163,916 Schweine. [* 15]
Hierzu kommen (nach der Zählung vom Jahr 1876) 657,544 Pferde. [* 16] Von nicht geringer Wichtigkeit ist die Seefischerei, welche ca. 14,000 Schiffe [* 17] und Boote von 50,000 Ton. beschäftigt, sowie die Korallenfischerei, welcher 1884: 549 Schiffe mit 4276 T. Gehalt dienten. Die dabei beschäftigte Mannschaft belief sich auf ca. 40,000. Die Fischerei [* 18] erstreckt sich bis an die französische und afrikanische Küste. Am bedeutendsten ist die Thunfischerei (näheres s. Fischerei, S. 311). Von großer Bedeutung ist auch die Lagunenfischerei, namentlich in den Lagunen von Comacchio. Die Korallenfischerei wird hauptsächlich von den Häfen von Torre del Greco und Mazzara aus an der sizilischen Küste betrieben. Aus der Verarbeitung der zur Ausfuhr gelangenden Korallen [* 19] erwächst dem Land ein Gewinn von jährlich 25-60 Mill. Lire. Zur Schwammfischerei liefen 1884: 66 Schiffe mit 1167 T., hauptsächlich von Trapani nach der tunesischen Küste, aus.
Bergbau.
Schon daraus, daß I. ein Land jüngerer Entstehung ist, läßt sich auf eine gewisse Armut an Mineralschätzen, wie dieselbe in der That vorhanden ist, schließen. Nur wo der Boden aus älterm geschichteten, kristallinischen oder eruptiven Gestein besteht, in den Alpen, [* 20] dem Ligurischen Apennin, dem Toscanischen Subapennin wie auf Elba und Sardinien, finden sich wertvolle Mineralien, [* 21] zu denen noch im Tertiär Siziliens Schwefel u. Steinsalz kommen. Bedeutungsvoll für die Verwertung der Bergbauprodukte sowie für die Entwickelung der Industrie ist das fast gänzliche Fehlen von Stein- und Braunkohlen (1884 wurden nur 230,000 Ton. Braunkohle, größtenteils in Toscana, gefördert).
Die Bergwerke sind vielfach in den Händen fremder, besonders englischer, Gesellschaften. Die Goldbergwerke von Piemont und die Silberbergwerke auf der Insel Sardinien (Iglesias) sind von mäßiger Bedeutung, ebenso die Quecksilberminen im südlichen Toscana und in der Provinz Belluno. Bedeutender ist die Gewinnung von Blei- und Zinkerzen auf Sardinien (Iglesias), erstere auch in der Lombardei und Toscana. Die Erze werden größtenteils exportiert; an Metall werden nur 10,000 T. Blei [* 22] und Glätte produziert.
Alt und höchst bedeutungsvoll ist der die trefflichsten Erze liefernde Eisenbergbau auf Elba und in den Provinzen Bergamo, Brescia, welcher ebenfalls hauptsächlich für den Export arbeitet. An Roheisen wurden 1884 nur 120,129 T. gewonnen, da es der einheimischen Verhüttung und Eisenindustrie, die wenig Fortschritte macht, an Brennmaterial fehlt. Ebenfalls von den Etruskern her datiert der Kupferbergbau in Toscana, welcher jährlich ca. 250,000 metr. Ztr. Erz und 4000 metr. Ztr. metallisches Kupfer [* 23] liefert.
Das wichtigste Objekt des italienischen Bergbaues ist der Schwefel, welcher auf der Insel Sizilien in sehr mächtigen Lagern auftritt, und dessen noch sehr primitive Gewinnung in 300 Gruben vielen Arbeitskräften einen allerdings dürftigen Erwerb bietet. Außer Sizilien, wo er insbesondere in den Provinzen Girgenti und Caltanissetta vorkommt, gibt es noch Schwefelminen in den Provinzen Forli, Pesaro-Urbino, Avellino und Rom. [* 24] Die Schwefelproduktion betrug 1880 im ganzen 359,540 T., wovon 312,862 auf Sizilien entfallen und der größte Teil (1880: 287,149 T.) exportiert wird. Die Gewinnung von Steinsalz, an dem das innere Sizilien und Kalabrien sehr reich sind, ist unbedeutend (1880: 16,000 T.), da der Transport zu teuer ist und die Salinen an der Küste Siziliens, ¶
mehr
Sardiniens und Elbas wie der Provinzen Rom und Bari weit billigeres Salz [* 26] (320,000 T. jährlich) liefern. Erwähnenswert ist noch die Asphaltgewinnung in Süditalien (jährlich gegen 340,000 metr. Ztr.).
Industrie.
Die Industrie Italiens gehört zwar nicht zu denen ersten Ranges in Europa, [* 27] doch ist sie in einzelnen Zweigen immerhin bedeutend genug und hat in neuerer Zeit, besonders in den nördlichen Provinzen, einen lebhaften Aufschwung genommen. Die Thatsache, daß innerhalb der letzten Dezennien der Konsum von Mineralkohlen von 500,000 auf 3 Mill. Ton. angewachsen ist, zeugt von der fortschreitenden industriellen Thätigkeit des Königreichs. Von den einzelnen Industriezweigen beschäftigt der Maschinenbau, obwohl er mit seiner Produktion den inländischen Bedarf nicht deckt, 65 größere Etablissements, besonders bei Turin [* 28] und Mailand. [* 29]
Die Wagenfabrikation ist in Mailand von großer Bedeutung. Hinsichtlich des Schiffbaues nimmt I. unter den Seestaaten einen hervorragenden Platz ein, am ansehnlichsten ist er in Ligurien. Musikalische Instrumente werden in allen Hauptstädten produziert; das Land ist durch die Verfertigung der Streichinstrumente von Cremona rühmlichst bekannt, und Darmsaiten werden nirgends so gut bereitet wie in den Abruzzen. In der Eisenindustrie steht die Lombardei obenan; die Hauptsitze hierfür sind namentlich die Provinz Brescia (für Messer [* 30] und andre Stahlwaren, Waffen [* 31] etc.), die Provinzen Como und Mailand.
Raffiniertes Eisen [* 32] verschiedener Art, Stahl und Eisenwaren müssen jedoch im Wert von 70 Mill. Lire jährlich importiert werden. Die Fabrikation von Gold- und Silberwaren, ein alter Zweig italienischen Gewerbfleißes, steht in Rom, Mailand, Neapel, [* 33] Genua, [* 34] Venedig [* 35] und Catania in großer Blüte. [* 36] I. besitzt ferner großen Reichtum an Marmor, der hier in den schönsten und mannigfaltigsten Farben und Zeichnungen gebrochen und bearbeitet wird. Das Hauptland ist in dieser Beziehung Toscana, insbesondere das Gebiet von Massa und Carrara und der Distrikt von Serravezza in der Provinz Lucca. [* 37]
Durch die Alabasterbrüche und die Herstellung von Alabasterwaren zeichnet sich der Bezirk Volterra in der Provinz Pisa [* 38] aus, und einer Weltberühmtheit erfreut sich die Erzeugung von Kameen [* 39] und Mosaiken in Rom, Neapel und Florenz [* 40] sowie die von Korallenwaren in denselben Städten, dann in Livorno [* 41] und Genua. Die Industrie in Thonwaren [* 42] wird in I. von jeher mit dem besten Erfolg betrieben und arbeitet in verschiedenen Artikeln auch für die Ausfuhr. Die Arbeiten werden in der geschmackvollsten Weise, Terrakotten, [* 43] Majolika und Fayence [* 44] insbesondere in bewundernswerten Formen an vielen Orten hergestellt.
Die Glasindustrie vermag den einheimischen Bedarf bei weitem nicht zu decken; eigentümlich für Venedig und die Insel Murano ist die Fabrikation von Glasperlen, Glaspasten, Glasmosaiken, die allein 2500 Arbeiter beschäftigt und nach allen Weltteilen exportiert. Auf dem Gebiet der chemischen Industrie sind hervorzuheben: die Gewinnung von Borsäure aus den Lagoni Toscanas (20,000 metr. Ztr.), von Weinstein- und Zitronensäure, wovon jährlich große Mengen ausgeführt werden, die Seifenfabrikation und die Erzeugung von Wachskerzchen, welch letztere einen ansehnlichen Exportartikel bilden. Die Papierindustrie blüht in Piemont, der Lombardei und Kampanien (210 Fabriken), die Strohhutfabrikation in Florenz und Umgebung, die Woll- und Filzhutfabrikation, welche sich in den letzten Jahren sehr entwickelt hat, in Oberitalien, [* 45] die Lederindustrie liefert jährlich Produkte im Wert von 100 Mill. Lire.
Der wichtigste Industriezweig ist die Seidenindustrie, insbesondere die Erzeugung von Rohseide, welche am stärksten in der Lombardei, in Venetien und Piemont vertreten ist und bei einer Zahl von ca. 5500 Filanden jährlich ca. 2,3 (1883: 3,2) Mill. kg Rohseide liefert. Gegen 2 Mill. Spindeln sind bei der Seidenspinnerei, namentlich in der Provinz Como, thätig, wo auch die Seidenweberei (in ganz. I. 12,000 gewerbsmäßig betriebene Webstühle) [* 46] ihren Hauptsitz hat.
Auch Schafwollspinnerei und Weberei [* 47] ordinärer Ware (300,000 Spindeln, 8500 Webstühle) wird in Oberitalien (Piemont und Venetien) betrieben, ebenso Baumwollindustrie (1,130,000 Spindeln und 30,000 größtenteils mechanische Webstühle, hauptsächlich in Piemont und der Lombardei), welche aber beide trotz ansehnlicher Entwickelung noch sehr starke Einfuhr nötig machen. Die Industrie in Flachs und Hanf beschäftigt nur 59,000 Spindeln und 73,400 Handstühle, letztere größtenteils bei der Hausindustrie; sie ist indes nicht so konkurrenzfähig wie die übrigen Textilindustrien. Von den Industrien in Nahrungsmitteln fallen nur die Erzeugung von Makkaroni in der Umgebung von Neapel und Genua, die Wurstbereitung (Salami und Mortadella) und die Likörfabrikation auch für die Ausfuhr ins Gewicht. Die Zuckerraffinerie beginnt in den letzten Jahren an Boden zu gewinnen. In ganz I. sind 26,7 Proz. der erwerbsfähigen Bevölkerung bei der Industrie beschäftigt.
Handel und Verkehr.
Der Handel Italiens, durch die höchst günstige Lage des Landes, durch die langgestreckten Küsten und die vielen guten Häfen wie durch die sich stetig mehrenden Alpenstraßen wesentlich gefördert, ist ein sehr lebhafter und umfaßt in der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr zusammengenommen einen Wert von mehr als 2½ Milliarden Lire, wozu noch der sehr beträchtliche Wert des innern Verkehrs kommt. Der interne Handel ist in allen größern Orten (Mailand, Turin, Florenz, Bologna etc.) von Bedeutung. Der auswärtige Handel wird, wie in Frankreich, in den General- und Spezialhandel (letzterer die Einfuhr für den Verbrauch und die Ausfuhr einheimischer Waren umfassend) unterschieden, und der auswärtige Spezialhandel belief sich in den unten bezeichneten Jahren auf nachstehende Werte (in Millionen Lire):
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1865 | 965.2 | 558.3 |
1870 | 895.7 | 756.3 |
1875 | 1215.3 | 1033.7 |
1880 | 1225.6 | 1132.3 |
1881 | 1332.0 | 1192.3 |
1882 | 1345.4 | 1155.9 |
1883 | 1380.3 | 1199.9 |
1884 | 1343.8 | 1096.4 |
1885 | 1575.2 | 1134.3 |
In dem Umfang und Werte der Handelsbewegung gibt sich eine außerordentliche Steigerung kund, wenn dieselbe auch im letzten Dezennium mehr in der Einfuhr als in der Ausfuhr zu Tage tritt. Wenn man die einzelnen Warenklassen ins Auge [* 48] faßt, so ergibt sich, daß bei der Einfuhr des Jahrs 1885 die Metalle und Metallwaren (mit Einschluß der Münzen) [* 49] im Wert von 282,2 Mill. Lire obenan stehen; nach ihnen folgt die Einfuhr von Cerealien und ähnlichen vegetabilischen Produkten im Wert von 202,7, Baumwolle und Baumwollfabrikaten mit 176,5, Kolonialwaren und Tabak mit 126,1, Tieren und tierischen Produkten mit 116, Kohle, Steinen, Erden und Glas [* 50] mit 104,2, Wolle und Wollfabrikaten mit 103,5 Mill. Lire etc. Bei der Ausfuhr Italiens im J. 1885 steht ¶
mehr
Seide [* 52] mit 277 Mill. Lire an der Spitze, hiernach folgen Metalle, Erze und Münzen mit 215,7, Tiere und tierische Produkte mit 126,3, Wein und Öl mit 113,5, Reis, andre Cerealien und Südfrüchte mit 111,3 Mill. Lire etc. Die wichtigsten Verkehrsländer für den auswärtigen Spezialhandel Italiens sind: Frankreich, Großbritannien [* 53] und Irland, Österreich-Ungarn [* 54] und das Deutsche Reich. [* 55] Rücksichtlich der Transportwege ist in der Einfuhr der Seehandel (mit 67¾ Proz.), in der Ausfuhr dagegen der Landhandel (51½ Proz.) von größerer Wichtigkeit; das Übergewicht des letztern in der Ausfuhr ist hauptsächlich auf die Eröffnung der Alpenbahnen zurückzuführen.
Der Seeschiffahrt stand Anfang 1886 eine Handelsmarine von 7336 Schiffen mit 953,419 Ton. Tragfähigkeit zu Gebote, darunter 225 Dampfschiffe mit 124,600 T. Das Personal der Handelsmarine mit Einschluß des Schiffbaues und der Fischerei belief sich auf 192,046 Mann. Die Seeschiffahrtsbewegung in den italienischen Häfen zu Handelszwecken ergab 1884: 104,369 eingelaufene Schiffe mit 16,717,679 T. und 103,987 ausgelaufene Schiffe mit 16,666,031 T. Die durch die Seeschiffahrt vermittelte Warenbewegung betrug 10,319,902 T. Auf die internationale Schiffahrt kamen zusammen 30,986 ein- und ausgelaufene Schiffe mit 10,4 Mill. T. Hinsichtlich der Flaggen [* 56] prävalierte hierunter die englische mit 4,4, hierauf folgte die italienische mit 2,8 und die französische Flagge mit 1,7 Mill. T. Auf die Küstenschiffahrt kamen zusammen 177,370 ein- und ausgelaufene Schiffe mit 22,9 Mill. T., wobei die italienische Flagge (mit 16,6 Mill. T.) überwog.
Die italienische Seemacht hat vortreffliche Traditionen für sich, und italienische Matrosen sind sehr gesucht. Auch hat die Natur das Land mit Materialien zum Schiffahrtsgewerbe reich ausgestattet. Schiffbauholz ist in den Wäldern der Alpen und Apenninen sowie auf Sardinien vorhanden, ebenso Eisen, Kupfer, Hanf, Pech und Teer. Dies alles zusammengenommen sichert dem Land einen hervorragenden Platz unter den seefahrenden Nationen. I. besitzt aber auch eine große Zahl trefflicher, nur teilweise durch Kunst verbesserter Häfen, von welchen die zwölf wichtigsten (mit Angabe des Tonnengehalts der 1884 in denselben ein- und ausgelaufenen Schiffe) folgende sind: Genua (4,823,585), Neapel (3,312,808), Livorno (2,495,436), Messina [* 57] (2,246,850), Palermo [* 58] (2,236,994), Venedig (1,515,568), Catania (1,353,393), Brindisi (1,035,752), Bari (859,207), Ancona [* 59] (699,879), Savona (695,799), Cagliari (585,960). Die hervorragendste Schiffahrtsunternehmung Italiens ist die vereinigte Dampfschiffahrtsgesellschaft Navigazione Generale Italiana (früher Florio-Rubattino, s. d.).
Von Eisenbahnen fand das Königreich I. mehrere getrennte Stücke vor, die seitdem vereinigt und ausgebaut worden sind. Von 26 km im J. 1840, in welchem in I. die erste Eisenbahn (Neapel-Castellammare) dem Betrieb übergeben wurde, hat sich die Länge dieses Verkehrswegs schon Ende 1850 auf 590, Ende 1860 auf 2204, Ende 1869 auf 5587 km gesteigert und betrug zu Ende 1884: 9916 km außer den noch im Bau befindlichen und konzessionierten Bahnen. Nach dem Gesetz vom Jahr 1879, welches den Ausbau der Eisenbahnen bezweckt, sollen noch im ganzen 6020 km Eisenbahnen gebaut werden.
Von dem Gesamtbahnnetz kamen 1884 auf Staatsbahnen [* 60] 6257, auf Privatbahnen 3659 km. Doch hat der Staat seine Bahnen in den letzten Jahren in drei großen Netzen, dem adriatischen, dem mittelländischen und dem sizilischen, an Betriebsgesellschaften verpachtet. Die Brutto-Einnahmen der Eisenbahnen betrugen 1884 insgesamt 210,745,931 Lire, wovon auf die anderwärts mehr untergeordnete Personenbeförderung 79,750,429 Lire entfielen. Das Landstraßennetz, das namentlich im S. bis 1860 sehr mangelhaft war, hat sich von 85,959 km im J. 1863 auf 115,000 km im J. 1880 vermehrt.
Auch das Post- und Telegraphenwesen hat einen erfreulichen Aufschwung genommen, indem dem erstern im J. 1885 eine Zahl von 4588 Postanstalten, dem letztern eine solche von 3073 Telegraphenämtern und 28,438 km Linien zur Verfügung stand und der Verkehr der Briefpost 254,1 Mill. Stück, derjenige des Telegraphen [* 61] 7,344,422 Depeschen (1868 erst 2,320,280) erreichte. Doch steht die Lebhaftigkeit des Post- und Telegraphenverkehrs in I. gegen andre Staaten noch weit zurück, da 1885 auf einen Einwohner nur 8,6 Briefe (in Großbritannien 43,6, in der Schweiz [* 62] 31,6) und auf 1000 Bewohner 250 Depeschen (in Großbritannien 1086) kamen.
Die Zahl der Banken, Kreditinstitute etc. betrug Anfang 1883 in ganz I. 348 mit einem Nominalkapital von 806,5 Mill. und einem eingezahlten Kapital von 740,5 Mill. Lire. Hierunter befinden sich sechs Emissionsbanken mit 315,35 Mill. Lire eingezahltem Kapital (obenan die Nationalbank von I. zu Rom mit 200 Mill. Lire Kapital), 115 eigentliche Kreditbanken mit 346,5 Mill., 206 Volksbanken mit 47 Mill. und 21 Bodenkreditbanken mit 31,6 Mill. Lire eingezahltem Kapital. Die Idee des Sparkassenwesens fand in I. einen guten Boden.
Von 19 im J. 1830 bestehenden haben sich dieselben namentlich seit 1860 und im S., wo sie noch nicht existierten, bis 1882 auf 357 vermehrt, welche zusammen 1,037,139 Einleger und 743,9 Mill. Lire Einlagen zählten. Die Regierung hat sich nur das allgemeine Oberaufsichtsrecht gesichert, im übrigen haben sich diese Institute lediglich unter kommunalen Einflüssen entwickelt. Auch Fabrik-, Schul- und neuerdings Postsparkassen sind eingerichtet worden; von letztern gab es 1882 schon 3488 mit 591,238 Einlegern und 82,4 Mill. Lire Einlagen.
Hinsichtlich des Münzwesens hat I. mit Frankreich, Belgien [* 63] und der Schweiz einen Münzvertrag (die sogen. lateinische Konvention) abgeschlossen, welchem späterhin auch Spanien, [* 64] Rumänien [* 65] und Griechenland [* 66] beigetreten sind, und wonach diese Staaten eine Vereinigung in Betreff des Gewichts, des Gehalts, der Form und des Kurses ihrer Gold- und Silbermünzsorten bilden. Auch hinsichtlich der Maße und Gewichte gilt in I. das französische System (Gesetz vom
Wohlthätigkeitsanstalten.
Eine wichtige Rolle im sozialen Leben Italiens spielen die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten. I. war von jeher das eigentliche Land der frommen Werke (opere pie), welche sich daselbst in zahllosen Formen mit allen erdenklichen Zwecken ausgebildet und fast unglaubliche Summen für diese aufgebracht haben. Die öffentliche Wohlthätigkeit ist Gemeinde-, bez. Provinzialsache. Der Staat unterhält auf seine Kosten Institute für Findlinge und Geisteskranke bloß in denjenigen Provinzen, welche für diesen bestimmten Zweck keine Institute besitzen. Die Einrichtungen und Institute für öffentliche Wohlthätigkeit werden durch eine Wohlthätigkeitskommission in jeder Gemeinde verwaltet, welche von dem Gemeinderat ernannt wird. Nach der letzten ¶
mehr
Erhebung vom J. 1878 gab es im Königreich 17,870 solcher Institute. Das ganze Vermögen der Wohlthätigkeitsanstalten belief sich auf 1626 Mill. Lire, das Gesamterträgnis auf 91 Mill. Lire, wovon nach Abzug der Patrimoniallasten, der Steuern und Abgaben und der Verwaltungskosten 47 Mill. Lire zu Unterstützungszwecken verfügbar bleiben. Von diesem Unterstützungsbetrag kommen, wenn man nach dem Zweck der Anstalten unterscheidet, auf Almoseninstitute 11,5, auf Spitalanstalten 16,2, auf Kreditanstalten 1,6, auf Erziehungsanstalten 12,3, auf Anstalten mit verschiedenen Zwecken 5,5 Mill. Lire. Die Zahl der unterstützten Personen beträgt im Jahresdurchschnitt 6,305,278, so daß fast schon auf je vier Bewohner des Königreichs eine Person kommt, welche die Wohlthätigkeitsinstitute in irgend einer Richtung in Anspruch nimmt.
Staatsverfassung.
Die italienische Verfassung beruht auf dem Fundamentalstatut vom d. h. auf der vom König Karl Albert dem Königreich Sardinien verliehenen Konstitution. Die Regierungsform ist hiernach die repräsentativ-monarchische. Der König ist Inhaber der Staatsgewalt, doch kann er das Recht der Gesetzgebung nur im Verein mit dem Nationalparlament ausüben. Der Thron [* 68] vererbt sich nach dem Salischen Gesetz im Mannesstamm des königlichen Hauses von Savoyen. Der König bekennt sich mit seinem Haus zur römisch-katholischen Kirche. Er wird mit dem vollendeten 18. Lebensjahr großjährig und legt bei seinem Regierungsantritt in Gegenwart beider Kammern einen Eid auf die Verfassung ab. Sein Titel ist nach dem Gesetz vom »von Gottes Gnaden und durch den Willen der Nation König von I.« Er verleiht die fünf Ritterorden (s. unten) und übt verfassungsmäßig die Hoheitsrechte aus. Er führt den Befehl über die Land- und Seemacht; er erklärt Krieg, schließt Friedens-, Allianz-, Handels- und sonstige Verträge, von denen nur jene, welche eine Belastung der Finanzen oder eine Veränderung des Gebiets in sich schließen, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Kammern bedürfen.
Der König ernennt zu allen Staatsämtern, sanktioniert und verkündigt die Gesetze, welche sowie die Regierungsakte von den verantwortlichen Ministern gegengezeichnet sein müssen, und erläßt die zur Ausführung der Gesetze notwendigen Dekrete und Reglements. Die Justiz wird in seinem Namen gehandhabt, ihm allein kommt die Begnadigung und Strafmilderung zu. Sämtliche Staatsbürger ohne Unterschied des Standes sind nach den Bestimmungen des Fundamentalstatuts gleich vor dem Gesetz.
Die individuelle Freiheit ist garantiert;
die Wohnung ist unverletzlich;
das Recht der Versammlung ist anerkannt.
Jeder Bürger hat das Recht der Petition an die Kammern. Die Volksvertretung des Königreichs I. besteht aus zwei Kammern, dem Senat und der Deputiertenkammer. Der Senat besteht aus den königlichen Prinzen und aus Mitgliedern, welche vom König auf Lebenszeit aus gewissen Kategorien von Staatsbürgern (Inhabern bestimmter Ämter und Würden, um das Vaterland verdienten Männern und Personen, welche jährlich 3000 Lire direkte Steuern zahlen) im Alter von mindestens 40 Jahren ernannt werden.
Die Zweite Kammer heißt die Deputiertenkammer und begreift 508 Mitglieder, welche in 135 Wahlkreisen (in jedem Kreis [* 70] 2-5 Abgeordnete) im Weg des Listenskrutiniums auf die Dauer von fünf Jahren direkt berufen werden. Wähler sind alle Italiener, welche die bürgerlichen und politischen Rechte genießen, das 21. Lebensjahr vollendet haben, lesen und schreiben können und 20 Lire direkte Steuern zahlen oder vermöge bestimmter persönlicher Stellung oder Qualifikation wahlberechtigt sind.
Wählbar als Deputierte sind alle Wähler, welche das 30. Lebensjahr zurückgelegt haben. Nicht wählbar sind Seelsorgegeistliche, Staatsbeamte (mit Ausnahme der Minister, Generalsekretäre, höhern Offiziere, Hochschulprofessoren, aber auch diese nur in der Zahl von höchstens 40), Sindaci, Provinzialdeputierte und Personen, die von subventionierten Gesellschaften Gehalt oder Vergütung beziehen. Der König ruft die Kammern jedes Jahr zusammen; die Sitzungen sind öffentlich.
Das Präsidium des Senats wird vom König, das der Deputiertenkammer von dieser gewählt. Die letztere besitzt das Recht der Ministeranklage, in welchem Fall der Senat als Gerichtshof fungiert. Die Provinzen besitzen Selbstverwaltung, deren Ausübung dem von den Gemeindewählern auf fünf Jahre gewählten Provinzialrat und der von diesem berufenen Provinzialdeputation übertragen ist. Die Gemeindeorgane sind der auf fünf Jahre gewählte Gemeinderat, die aus der Mitte des Gemeinderats gewählte Munizipalgiunta und der Sindaco, der Chef der Gemeindeverwaltung.
Verwaltung.
Was die Staatsverwaltung betrifft, so wird die vollziehende Gewalt vom König durch die verantwortlichen Minister ausgeübt, welche im Ministerrat zusammentreten. Neben diesem besteht ein Staatsrat, welcher konsultative Befugnisse besitzt und über Kompetenzkonflikte zwischen Administrativbehörden und Gerichten sowie über Streitigkeiten zwischen dem Staat und seinen Gläubigern entscheidet. Derselbe besteht aus einem Präsidenten, drei Sektionspräsidenten, 24 Staatsräten und dem Dienstpersonal und wird auf Vorschlag des Ministerrats vom König ernannt.
Die oberste Staatsverwaltung ist unter folgende neun Ministerien, mit dem Sitz in Rom, verteilt:
1) das Ministerium für die auswärtigen Angelegenheiten (mit dem Rat für diplomatische Streitsachen);
2) das Ministerium des Innern (mit dem Obersanitätsrat);
3) das Ministerium für Gnade, Justiz und Kultus;
4) das Ministerium der Finanzen und des Schatzes;
5) das Kriegsministerium (ihm sind die Komitees für den Generalstab, die Linienwaffen, die königlichen Karabiniere, für Artillerie und Genie, für das Militärsanitätswesen und das oberste Kriegs- und Marinetribunal unterstellt);
6) das Marineministerium (mit dem Obermarinerat);
7) das Ministerium des öffentlichen Unterrichts (mit dem Oberunterrichtsrat);
8) das Ministerium der öffentlichen Arbeiten (mit dem obern Rat für die öffentlichen Arbeiten und dem Eisenbahnrat);
9) das Ministerium für Ackerbau, Industrie und Handel (mit dem Bergrat und der statistischen Zentralgiunta). Eine selbständige Stellung besitzt der Rechnungshof des Königreichs.
Für die Verwaltung zerfällt I. in Provinzen (s. S. 57), Kreise [* 71] (circondari, in Venetien und Mantua [* 72] Distrikte genannt), Bezirke (mandamenti, diese bloß für die Rechtspflege) und Gemeinden. Jeder Provinz steht ein Präfekt vor. Derselbe vertritt die vollziehende Gewalt und hat zu seiner Unterstützung den Präfekturrat an der Seite, welcher aus einer Anzahl von Räten, Sekretären und subalternen Beamten besteht. In jedem Kreis ist eine Unterpräfektur errichtet, deren Vorstand, der Unterpräfekt, unter Leitung des Präfekten die Verwaltungsgeschäfte des Kreises besorgt. Es gibt in ganz I. 69 Präfekturen, ¶
mehr
137 Unterpräfekturen und 78 Distriktskommissariate. Unter den Präfekten und Unterpräfekten (Distriktskommissaren) fungieren die Gemeindevorsteher (Sindaci, s. oben) als Regierungsbeamte. Die Sicherheitspolizei wird von den Präfekten, Unterpräfekten (oder Distriktskommissaren) mit beigegebenen Inspektoren und Delegaten, in zwölf großen Städten von Quästoren (mit Inspektoren) geleitet. In jeder Provinz bestehen ein Sanitätsrat, ein Schulrat, eine Postdirektion, eine Finanzintendanz und ein Bauamt; für größere Gebiete sind 9 Telegraphendirektionen, 34 Forstdepartements und 8 Bergämter eingesetzt.
Was die Überwachung der Provinzen und Gemeinden durch den Staat betrifft, so haben die Präfekten die Protokolle und Beschlüsse der Gemeinde- und Provinzialräte zu prüfen, auch liegt der Provinzialvertretung die Oberaufsicht über das Budget der Gemeinden u. dgl. ob. Gegen Entscheidungen beider ist Rekurs möglich. Der König kann die Gemeinde- und Provinzialräte auflösen, in dringenden Fällen sogar der höchste Provinzialbeamte. Binnen drei Monaten nach der Auflösung muß jedoch eine Neuwahl angeordnet werden. Bei Auflösung des Provinzialrats tritt der Präfekt und der Präfekturrat ein, bei Auflösung des Gemeinderats ein königlicher Kommissar.
Die Rechtspflege wird in I. gehandhabt von 5 Kassationshöfen (in Rom, Turin, Florenz, Neapel und Palermo), dann 24 Appellhöfen, 92 Assisenhöfen, 161 Zivil- und Korrektionstribunalen, 1804 Präturen, 28 Handelstribunalen, ferner von Vermittlern (conciliatori) in jeder Gemeinde und von Militärgerichten.
Finanzen.
Der Staatshaushalt des Königreichs I. leidet seit dem Bestand des neuen Staats an einem bedeutenden Defizit sowie an einer Überlastung mit Schulden, und es ist erst heute gelungen, die mißlichste Frage der italienischen Verwaltung, die Herstellung des Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben, in dauernd befriedigender Weise zu lösen. Es sind nicht bloß die Kosten der Kriege und die Schuldenlast der ehemaligen italienischen Staaten, mit denen das junge Königreich vom Tag seiner Entstehung an zu rechnen hatte; es ist auch nicht allein die Erhaltung der unentbehrlichen Militärmacht, was die italienische Staatsbilanz zu einer so passiven gestaltete: vielleicht die wichtigste Ursache hiervon liegt in dem verhältnismäßigen Mangel an volkswirtschaftlichen Produktivkräften und an augenblicklicher Fähigkeit, die reichen, aber namentlich im Süden noch völlig unentwickelten Hilfsquellen des Landes in hinreichendem Maß nutzbar zu machen und so die nach der Lage der Dinge unausweichliche Ausgabenlast entsprechend zu decken.
Die Regierung ist wohl bestrebt, durch Hebung [* 74] der Bodenkultur, der Verkehrswege etc. die Produktions- und Steuerkraft des Landes zu heben; doch erfordert dies erhöhten Aufwand und zeitigt seine Früchte erst spät. In den 20 Jahren einheitlicher Administration ist das Defizit allerdings geschwunden (1866 betrug es 721,4 Mill. Lire), doch war dies nur durch hochgespannte Inanspruchnahme der Steuerkraft zu erreichen. Eine sehr anerkennenswerte staatsfinanzielle Maßregel war die im J. 1883 durchgeführte Aufhebung des Zwangskurses des Papiergeldes und die Rückkehr zur Metallwährung. Das Staatsbudget für das mit Ende Juni endende Finanzjahr 1886/87 präliminiert die Einnahmen und Ausgaben folgendermaßen:
a) Ordentliche Einnahmen | Lire |
1) Renten von den Staatsaktiven | 18681378 |
2) Grund- und Gebäudesteuer | 183217840 |
3) Einkommensteuer | 208347876 |
4) Abgaben für Vermögensübertragung und Rechtsgeschäfte | 187388000 |
5) Zölle | 232600000 |
6) Konsumsteuern (Oktroi) | 81577245 |
7) Tabak | 188300000 |
8) Salz | 58500000 |
9) Lotto | 76500000 |
10) Andre Konsumsteuern | 33950000 |
11) Post und Telegraph | 56168925 |
12) Staatseisenbahnen | 58000000 |
13) Andre öffentliche Anstalten | 19357900 |
14) Rückzahlungen | 22661556 |
15) Verschiedene Einnahmen | 7402200 |
16) Durchlaufende Einnahmen | 92759678 |
: | 1525412598 |
b) Außerordentliche Einnahmen | 193614541 |
Gesamteinnahmen: | 1719027139 |
Dem gegenüber sind die Ausgaben mit 1,700,229,160 Lire beziffert, so daß der Überschuß 18,797,979 Lire beträgt. Die Staatsausgaben verteilen sich auf das Ordinarium mit 1,423,916,040 Lire und auf das Extraordinarium mit 276,313,120 Lire. Auf die einzelnen Posten verteilen sich die ordentlichen Ausgaben wie folgt:
Lire | |
1) Ministerium des Schatzes (Staatsschuld, Pensionen, Zivilliste, Parlament, Domänen) | 721013900 |
2) Finanzministerium (Verwaltungs- und Erhebungskosten) | 182699112 |
3) Justiz und Kultus | 33665052 |
4) Ministerium des Äußern | 7807242 |
5) Öffentlicher Unterricht | 34736882 |
6) Ministerium des Innern | 60737184 |
7) Ministerium der öffentlichen Arbeiten | 78529878 |
8) Kriegsministerium | 220106618 |
9) Marine | 71315660 |
10) Ackerbau und Handel | 13304512 |
Zusammen: | 1423916040 |
Der wirkliche Erfolg des Staatshaushalts war übrigens gegenüber den Präliminarien in den letzten Jahren noch günstiger. Neue Anleihen erscheinen sonach unter normalen Verhältnissen für die Zukunft ausgeschlossen. Außerdem beliefen sich die Ausgaben der Gemeinden, die teilweise durch eine Verbrauchssteuer und durch Zuschläge zu Staatssteuern gedeckt werden, 1884 auf 526 Mill. Lire.
Die italienische Staatsschuld hat allerdings im Verhältnis zu den Produktivkräften des Landes eine außerordentliche Höhe erreicht. Sie erforderte 1885/86 einen Zinsenaufwand von 534,304,418 Lire, wovon auf die konsolidierte Schuld und zwar zu 5 Proz. 441,9, zu 3 Proz. 6,4 Mill. Lire kamen. Auf Amortisation wurden in diesem Jahr 1,120,112 Lire verwendet. Wenn man obigen Zinsenbetrag kapitalisiert, so ergibt sich ein Nominalkapital der italienischen Staatsschuld von ungefähr 10,250 Mill. Lire. Nimmt man noch auf die andern öffentlichen Schulden Rücksicht, so kommen an Gemeindeschulden im J. 1881: 724,1, an Schulden der Provinzen 102,2 Mill. Lire hinzu.
Heerwesen und Marine.
Das Wehrgesetz vom bildet die Grundlage für das heutige Heerwesen in I. Nach der Einigung Italiens regelte das Wehrgesetz vom die Kriegsformation des Heers und das Gesetz vom die Territorialeinteilung. Durch Gesetz vom wurde sodann die allgemeine Wehrpflicht eingeführt und durch Gesetz vom Bestimmung über die Ergänzung des Heers getroffen. Dieses Gesetz machte eine ¶
mehr
Abänderung der Bestimmungen über den Einjährig-Freiwilligendienst vom notwendig, welche durch Dekret vom erfolgte. Das Gesetz vom regelte die Befestigungen im Land, namentlich in den Alpenthälern, und an den Küsten. - Die Dienstpflicht dauert 19 Jahre, vom 20. bis 39. Lebensjahr. Die Streitmacht zerfällt in das stehende Heer, die Mobilmiliz (Landwehr) und die Territorialmiliz (Besatzungstruppen). Die Dienstpflichtigen werden in drei Kategorien geteilt: die erste dient 3 Jahre im stehenden Heer, 5 Jahre in der Reserve, 4 Jahre in der Mobilmiliz und 7 Jahre in der Territorialmiliz.
Die zweite und dritte Kategorie entspricht etwa unsrer Ersatzreserve erster und zweiter Klasse. Die erstere wird in 2-6 Monaten bei der Fahne ausgebildet, tritt nach 8 Jahren zur Mobil- und nach 4 Jahren zur Territorialmiliz und wird zu kurzen Übungsperioden eingezogen. Die dritte Kategorie bleibt während der 19 Jahre auf unbestimmtem Urlaub und kann während dieser Zeit auf 30 Tage zur Ausbildung mit der Waffe eingezogen werden. Der Jahresersatz beträgt 76,000 Mann, von denen 13,000, durch Losnummer bestimmt, nur 2 Jahre bei den Waffen bleiben. Von der Ersatzreserve erster Klasse gelangen jährlich 34,000 Mann zur Einstellung. Hiernach berechnet sich theoretisch die Streitmacht auf 892,687 Mann Feldtruppen, 365,717 Mann Mobilmiliz und 1,128,928 Territorialmiliz. In Wirklichkeit wird die Feldarmee die Stärke [* 76] von 692,000 Mann kaum überschreiten.
Die aktive Armee besteht aus der Generalität, dem Generalstab, den Truppen, den Carabinieri, dem Invaliden-, Sanitäts-, Zahlmeister- und Veterinärkorps und dem Kommissariat. Der Generalstab zählt 3 Generale, 15 Obersten, 55 Oberstleutnants und Majore, 85 Hauptleute und 110 andre Offiziere. In der Friedensformation besteht das Heer aus 12 Armeekorps zu je 2 Divisionen. Für den Heeresersatz ist das Land in 87 Militärdistrikte geteilt. - Die Infanterie: 96 Regimenter à 3 Bataillone zu 4 Kompanien und 1 Depot;
12 Regimenter Bersaglieri (Jäger, Schützen) gleicher Einteilung;
6 Regimenter Alpenjäger in 20 Bataillonen, 72 Kompanien und 6 Depots;
87 Militärdistrikte (Aushebungsbezirke) in 96 Kompanien.
Die Kompanie Infanterie ist 105, Alpenjäger 135 Köpfe (Friedens- und Kriegsetat) stark. Je 2 Regimenter Infanterie bilden 1 Infanteriebrigade, 2 Brigaden 1 Division. Kriegsstärke der Infanterie: 344 Bataillone, etwa 307,800 Mann. - Kavallerie: 10 Regimenter Ulanen (Lancieri), 12 Regimenter Cavallegieri (Chevau-legers) à 6 Eskadrons und 1 Depot;
das Regiment ist 1100 Köpfe und 900 Pferde stark, Kriegsstärke 18,700 Mann. - Artillerie: 12 Regimenter Feldartillerie à 10 Batterien in 3 Brigaden (Abteilungen), jede zu 2 schweren (9 cm), zwei zu 1 und eine zu 2 leichten (7 cm) Batterien;
5 Regimenter Festungsartillerie à 12 Festungs- oder Küstenbatterien [* 77] und 1 Depot;
2 Regimenter haben außerdem noch je 1 Brigade zu je 4 Batterien Gebirgsartillerie;
2 Brigaden à 2 Batterien reitende Artillerie;
5 Kompanien Artilleriehandwerker, 1 Kompanie Veteranenartillerie.
Kriegsstärke: 124 Feldbatterien, davon 4 reitende (7 cm) à 6 Geschütze; [* 78]
48 leichte (7 cm) à 8 Geschütze;
72 schwere (9 cm) à 8, zusammen 684 Geschütze und 21,000 Mann.
Hinzu treten noch 36 Kompanien Train. Die Festungsartillerie hat eine Kriegsstärke von 13,900 Mann. - Die Genietruppe besteht aus 4 Regimentern und zwar 2 Regimentern à 2 Bataillone zu je 7 Kompanien Sappeure, 2 Kompanien Train, 1 Depot;
1 Regiment Pontoniere zu 8 Kompanien;
1 Lagunenbrigade zu 2 Kompanien, 4 Kompanien Train und 1 Depot;
1 Genieregiment, bestehend aus 4 Eisenbahn-, 6 Telegraphen-, 4 Sappeur- und 2 Trainkompanien, 1 Depot. - Das Sanitätskorps besteht aus den Sanitätsoffizieren bei den Truppen und in den Lazaretten und 12 Sanitätskompanien, die den Dienst in den letztern verrichten. - Die Mobilmiliz besteht aus 41 Regimentern zu 3 Bataillonen à 4 Kompanien Infanterie, 20 Bataillonen à 4 Kompanien Bersaglieri, 36 (72) Alpenkompanien, 13 Brigaden Feldartillerie à 4 Batterien und 1 Trainkompanie, 32 Kompanien Festungs- und Küstenartillerie, 4 Batterien Gebirgsartillerie, 16 Kompanien Sappeure, 4 Pontonier-, 2 Eisenbahntruppen-, 3 Telegraphisten-, 5 Train- und 12 Sanitätskompanien, 11 Kompanien Verpflegungstruppen.
Die Insel Sardinien hat außerdem noch eine Spezialmiliz von 3 Regimentern Infanterie, 1 Bataillon Bersaglieri, 1 Eskadron Kavallerie, 2 Batterien Feldartillerie, je 1 Kompanie Festungs- und Gebirgsartillerie, Genie-, Sanitäts- und Verpflegungstruppen. Die Miliz ist noch in der Reorganisation begriffen und wird vorläufig nur etwa die Stärke von 170,000 Mann mit 276 Geschützen erreichen. - Die Territorialmiliz umfaßt 320 Infanteriebataillone, 72 Alpenkompanien, 100 Kompanien Festungsartillerie, 30 Kompanien Genie, je 12 Sanitäts- und Verpflegungskompanien. - Die Carabinieri haben den Zweck der Gendarmerie andrer Länder und sind in 11 Territoriallegionen geteilt.
Militärschulen: die Kriegsschule zu Turin, zur Ausbildung von Generalstabsoffizieren;
die Applikationsschule für Artillerie und Genie zur technischen Ausbildung von Offizieren dieser Waffen sowie die Militärakademie für Offiziere dieser Waffen zu Turin;
die Militärschule für Infanterie und Kavallerie in Modena;
4 Vorbereitungsschulen (Militärkollegien) zu Mailand, Florenz, Rom, Neapel;
eine Normalschule für Infanterie zu Parma, [* 79] für Kavallerie zu Pinerolo;
zur Ausbildung von Unteroffizieren aller Waffen dienen 3 Lehrbataillone, eine Lehreskadron, 2 Lehrbatterien und 4 Lehrabteilungen für Genie. Es bestehen ferner 20 Artillerieschießplätze und Instruktionslager in allen Teilen des Reichs. - Für die Landes- und Küstenbefestigung ist außerordentlich viel in den letzten Jahren geschehen, zahlreiche Sperrforts sind an der Alpengrenze, sowohl gegen Frankreich als Österreich, [* 80] Forts und Batterien an den Küsten von Vado, Porto Ferrajo, Longone, am Monte Argentario, bei Genua, Livorno, Lucca, Gaeta, Messina, Tarent, vor allem bei Spezia [* 81] erbaut.
Rom ist mit einem Gürtel [* 82] von 15 Forts umgeben worden. Eine Verstärkung [* 83] der Armee, namentlich an Feldartillerie, steht in Aussicht.
Marine. Nach der unglücklichen Seeschlacht bei Lissa [* 84] 1866 ist die italienische Marine von Grund auf neu gestaltet worden; sie besitzt in den Turmschiffen Italia und Lepanto mit 13,898, bez. 13,550 Ton. Deplacement und je 18,000 indizierten Pferdekräften, mit ihrem 55 cm dicken Panzer die größten und stärksten Panzerschiffe [* 85] der Welt, welche auch die stärksten Geschütze der Welt (43 cm, Duilio und Dandolo 45 cm Kaliber) an Bord führen. Bei der eigentümlichen Formation der Küste hat man von einer eigentlichen Küstenverteidigungsflotte Abstand genommen. I. besitzt daher nur eine Hochsee-Schlachtflotte und 18 Panzerschiffe ersten Ranges, darunter 10 Turmschiffe, 8 Panzerfregatten (3 Schiffe ersten Ranges liegen auf Stapel);
15 Schiffe zweiten Ranges, darunter 3 Panzerkorvetten und 5 Torpedo-Rammkreuzer;
26 Schiffe ¶