ausschließlich der Verlegerthätigkeit. Der bei weitem erfolgreichste seiner Verlagsartikel ist das im
Verein mit
DavidKalisch
[* 2] von ihm im Mai 1848 gegründete humoristisch-satirische Wochenblatt
»Kladderadatsch«, dessen schnelles Aufblühen, dessen
Erhaltung in allen
Stürmen der Reaktionszeit, dessen Aufschwung zu einem allbekannten Weltblatt nicht zum geringsten Teil
seiner buchhändlerischen Umsicht, Gewandtheit und
Energie zu verdanken ist. Erwähnung verdient auch
die von ihm veranstaltete Sammlung der
»Klassiker des In- und
Auslandes« und die Herausgabe einer Anzahl künstlerisch illustrierter
Prachtwerke. Der 1873 ins
Leben getretene Allgemeine
Verein fürdeutsche Litteratur dankt seine Entstehung hauptsächlich der
InitiativeHofmanns, welchem die Leitung des Unternehmens
übertragen wurde.
In den letzten
Jahren auch
Besitzer
des
Friedrich-WilhelmstädtischenTheaters inBerlin,
[* 3] starb er
mehrere Kammermusikwerke,
verschiedene Liederhefte und eine
Reihe vierhändiger Klavierkompositionen, darunter
»Italienische Liebesnovelle«,
»Ländler«,
»Liebesfrühling«,
»Neue ungarische
Tänze«, »Am
Rhein«. In neuerer Zeit hat er auf dem Gebiet der
Oper, auf
dem er bereits 1869 mit
»Cartouche« debütierte, schöne Erfolge erzielt mit »Armin«,
der zuerst 1877 in
Dresden, dann in
Hamburg,
[* 23]
Berlin u. a. O. aufgeführt wurde, der lyrischen
Oper »Ännchen von Tharau«
(Text
von F.
Dahn, zuerst 1878 in
Hamburg, 1886 in
Berlin aufgeführt),
Fremonville die Niederlande,
[* 28] England, Frankreich und Italien und erhielt nach seiner Rückkehr, noch ohne das erforderliche Alter
erreicht zu haben, eine Ratsherrnstelle in seiner Vaterstadt. Mehrere Reisen nach Wien in städtischen Angelegenheiten veranlaßten
seine Ernennung zum kaiserlichen Rat. Er starb als Präsident des Ratskollegiums in Breslau. Hofmannswaldau, der
sich persönlich großer Geschäftsgewandtheit und eines unbescholtenen Lebenswandels rühmte, übte als Dichter den verhängnisvollsten
Einfluß, indem er denSchwulst, den Antithesen- und Bilderwust des italienischen Marinismus in die deutsche Poesie einführte.
Seine übersüße Zierlichkeit, seine an das Lächerliche und Possenhafte streifende falsche Erhabenheit wurden von den Zeitgenossen
kritiklos bewundert; er war der erste inDeutschland, der einen sinnlisch ^[richtig: sinnlich]-lüsternen
Ton absichtlich und mit vollster Kälte anstimmte und bis zum Ekel fortsang. Dies erweisen besonders seine »Galanten Gelegenheitsgedichte«
und seine zum Teil Marini nachgebildeten »Heroiden«, welche unter dem Titel: »Kuriose Heldenbriefe und andre herrliche Gedichte«
(Bresl. 1673 u. öfter) erschienen. Er schrieb
auch einen »Sterbenden Sokrates« in Prosa mit untermischten Versen und übersetzte Guarinis »GetreuenSchäfer«. Eine vollständige
Gesamtausgabe seiner Werke, worin aber auch Gedichte von Lohenstein, Besser u. a. enthalten sind, besorgte B. Neukirch (Leipz.
1695-1727, 7 Bde.; neue Aufl. 1734).
Eine Auswahl erschien in der »Bibliothek deutscher Dichter des 17. Jahrhunderts«, Bd. 14 (Leipz.
1838),
(lat. Magister, Praefectus curiae), im Mittelalter einer der ersten Hofbeamten der deutschen
Kaiser und Könige. Seine Amtsfunktion bestand zunächst in der Leitung der königlichen Hauswirtschaft und im Dienen um die
private Person des Monarchen. Derartige Beamte kamen auch an andern Fürstenhöfen und auch bei kleinern Dynasten vor. Das
Hofmeisteramt gewann im 15. Jahrh. nach und nach die Bedeutung eines Staatsamtes, und
der Hofmeister entfaltete schließlich an den deutschen Fürstenhöfen nahezu die Wirksamkeit eines Haus- und Kabinettsministers. Die
ältesten Hofmeister in Deutschland waren klösterliche Wirtschaftsbeamte, welche als Adlaten der Äbte die weltliche Geschäftsführung
besorgten. Noch jetzt wird in manchen Gegenden der Verwalter eines größern Gutes Hofmeister genannt; außerdem ist die Bezeichnung
für Hauslehrer (s. d.) üblich.
Vgl. Seeliger, Das deutsche Hofmeisteramt (Innsbr. 1885).
Namentlich lieferte er ein klares Bild des verwandtschaftlichen genetischen Zusammenhanges der Kryptogamen und Phanerogamen.
Was Häckel erst nach Darwins Auftreten die phylogenetische Methode nannte, hatte Hofmeister lange vorher in seinen vergleichenden Untersuchungen
thatsächlich und mit großartigem Erfolg durchgeführt. Ferner sind hervorzuheben seine Untersuchungen über das
Saftsteigen in den Pflanzen, über Bewegungserscheinungen und Richtungsänderungen von Pflanzenteilen, über die Gewebespannung,
über die Wachstumsgesetze der Stämme und Blätter der höhern Kryptogamen mittels gesetzmäßig sich teilender Scheitelzellen,
über die Blattstellung
[* 36] und über die Entwickelungsgeschichte der Blüten. Seit 1865 gab Hofmeister mit de Bary, Irmisch und Sachs ein
»Handbuch der physiologischen Botanik« heraus, zu welchem er selbst als ersten Band
[* 37] die »Lehre von der Pflanzenzelle«
und die »Allgemeine Morphologie der Gewächse« (Leipz. 1867-68) schrieb.
an den Höfen der Fürsten bis zu der Zeit, wo die modern-französische Etikette zur Herrschaft gelangte,
gewisse Personen, welche zur Unterhaltung und Ergötzung der Herrschaften bestimmt waren, sie mochten nun vermöge ihres angebornen
Talents den Hof zum Stichblatt ihrer Witze machen oder diesem ihrer Dummheit oder Pedanterie wegen als Zielscheibe
des Spottes dienen. Schon bei den Festen und Schmausereien der Alten waren Lustigmacher unentbehrlich, wie wir aus Xenophons
»Gastmahl« sehen, und an den Gattungen der Parasiten (Schmarotzer), witzigen Spottvögel (scurrae) und zwerghaften, buckligen
oder sonst mißgestalteten Dummköpfe (moriones) scheint weder bei den Griechen noch bei den Römern Mangel
gewesen zu sein.
Die eigentlichen Hofnarren jedoch, wie sie an den Fürstenhöfen seit dem 15. Jahrh.
zur Vollständigkeit des Hofstaats gehörten, kommen zuerst nach den Kreuzzügen vor. Während aber z. B. die an dem französischen
Hof, unter denen sich namentlich Bruisquet und Angeli Berühmtheit erworben haben, feine Hofleute waren
und sich als geistreiche Erzähler wie überhaupt durch bedeutendes Unterhaltungstalent auszeichneten, treten uns in den
an den deutschen Höfen ganz andre Naturen entgegen. Die großen Herren in Deutschland hatten in ihrer Nähe am liebsten lustige
Leute, um sich nach ernsten Geschäften an den Späßen derselben zu ergötzen; doch sehen wir hier und
da mit dem Scherz auch den Ernst gepaart, und der »lustige Rat« wurde zu einem förmlichen, oft sehr
¶
Viel genannt ist auch der Hofnarr des KurfürstenKarlPhilipp von der Pfalz, der Zwerg Perkeo, dessen hölzernes Standbild noch
jetzt im Keller des HeidelbergerSchlosses zu sehen ist. Wie das Benehmen der Hofnarren von dem andrer Leute verschieden
war, so wurde es nach und nach auch ihre Tracht. Der beschorne Kopf scheint sich von den alten Mimen auf die Narren späterer
Zeiten vererbt zu haben, und in dieser Beziehung werden sie nicht selten mit den tonsurierten Mönchen
zusammengestellt.
Die Narrenkappe (Gugel,
[* 42] Kogel, cucullus) war ein kugelförmiger oder turbanähnlicher Kopfputz, wie ihn jetzt noch die Bergleute
zu tragen pflegen. Da aber auch Gelehrte, Mönche und gemeine Leute sich der Gugel (s. d.) bedienten und diese an und für sich
den Narren nicht mehr genugsam charakterisierte, so setzte man ihr schon im 15. Jahrh.
Eselsohren an oder verzierte sie mit dem Hahnenkamm, einem ausgezackten Streifen roten Tuches, welcher von der Stirn bis in den
Nacken lief. Zu dem Putz eines Hofnarren gehörte ferner der breite Halskragen, welchen man auch noch an unserm deutschen Hanswurst
wahrnimmt, und die Schellen, welche im Mittelalter von Reichen und Vornehmen, seit dem 15. Jahrh. aber nur
von privilegierten Narren und zwar an der Kappe, an den Eselsohren, an der Brust, am Gürtel,
[* 43] an den Ellbogen, an den Knieen und
an den Schuhen getragen zu werden pflegten.
Soll, wie das Sprichwort sagt, ein Narr einem König gleich sein, so darf ihm das Zepter nicht fehlen, und
er besaß es auch wirklich in der Gestalt des Narrenkolbens, welcher anfangs nichts weiter als der in Sümpfen wachsende Rohrkolben
(TyphaL.), der daher auch den Namen Narrenzepter führt, gewesen zu sein scheint. Später fertigte man
ihn aus Leder, in Form einer Herkuleskeule, woran sich oben gewöhnlich ein Narrenkopf mit herausgereckter Zunge als Verzierung
befand.
Der Narr hatte diese Angriffs- und Verteidigungswaffe an einem Riemen an der Hand
[* 44] oder am Arm hängen. Schon gegen das Ende des 15. Jahrh.
artete das Wesen der Hofnarren besonders in Deutschland aus; da nämlich zuletzt fast jeder Edelmann seinen Hofnarren hielt,
so ward das Land mit Narren und Spitzbuben zugleich übersäet, indem viele Gauner sich vom ersten besten Adligen das Narrenpatent
ausstellen ließen, um unter dieser Firma Schelmen- und Schurkenstreiche ausüben zu können.
Auf den Reichstagen von 1495 bis 1575 wurden gegen diesen Unfug und namentlich gegen die Titularnarren
strenge Beschlüsse gefaßt. Die französische Hofsitte verdrängte zu Anfang des 18. Jahrh.
endlich die Hofnarren von den europäischen Höfen. Der närrische Pedant J. P. Gundling am HofeFriedrichWilhelms I., welcher nur durch
die unzähligen Possen, die man mit ihm trieb, berühmt geworden ist, war kein eigentlicher Hofnarr. Nur
am russischen Hof begann um dieselbe Zeit erst die Blüte
[* 45] der Hofnarren, aber in neuer, durchaus origineller Art. Peter d. Gr.
und die KaiserinAnna benutzten das Institut der Hofnarren zur Zügelung und Züchtigung ihrer Umgebung, indem sie diejenigen, welche
irgend eine Thorheit
begangen hatten, dafür zu Hofnarren ernannten.
Titel, den ursprünglich vom 16. Jahrh. an die Mitglieder der höchsten Kollegialbehörden
führten, welche nach dem Muster des Reichshofrats in Wien zur Erledigung von Regierungs- und Verwaltungsangelegenheiten und
als Landesgerichte höchster Instanz gegründet worden waren. Später wurde der Titel oft an Räte bei den höhern Justizbehörden
verliehen; man findet sehr oft die Zusammenstellung Hof- und Justizrat. Gleichzeitig führten den Titel die ärztlichen
Mitglieder der Medizinalkollegien, auch wurde er überhaupt an Ärzte in höherer Stellung verliehen.
Wirkliche Hofräte, d. h. Funktionäre, mit deren Stellung der Titel ohne weiteres verbunden ist, gibt es jetzt nur noch in
Österreich. Dort führen die Räte des obersten Gerichtshofs, die Ministerialräte, die ersten Räte bei den Statthaltereien diesen
Titel. Die österreichischen Hofräte entsprechen den Räten erster Klasse und rangieren sofort nach den
WirklichenGeheimenRäten. In Deutschland wird der Hofratstitel lediglich als Titel verliehen, oft auch an verdiente Subalternbeamte,
an Kanzleivorstände in hohen Behörden und bei den Gesandtschaften. Er verleiht in der Regel keinen hohen Rang.
(Dienstrecht, Jus curiae s. curtis), im Mittelalter das sowohl in Ansehung der Rechtsverhältnisse
des Gutsherrn zu seinen Unterthanen als auch der letztern untereinander in Beziehung auf Dienst- und Gutsverhältnisse geltende
Recht. Dasselbe umfaßte einmal das Dienstmannenrecht, Hofrecht im engern Sinn, d. h. das Recht der ritterlichen Dienstleute, auch
Ministerialen oder Vasallen genannt (s. Lehnswesen), und sodann das bäuerliche Hofrecht, welches für die unfreien
oder hofhörigen Landleute (Liti, Lazzi, Leti, Laten, Lassen, Hörige) bestand.
Letztere, unter welchen es verschiedene Abstufungen gab, empfingen das von ihnen zu bebauende Land anfangs nur auf Widerruf,
bis ihnen mit der Zeit wenn auch nicht das freie Eigentumsrecht, so doch erbliche Kolonatrechte an den
verliehenen Huben eingeräumt wurden. Doch war diese sogen. bäuerliche Leihe regelmäßig mit den verschiedenartigsten Abgaben
und Grundzinsen an den Gutsherrn belastet, von denen viele erst in neuerer Zeit durch Ablösung und durch Umwandlung der bäuerlichen
Nutzungsrechte in volles Eigentum beseitigt worden sind (vgl. Bauer und Ablösung).
Die ursprüngliche Quelle
[* 47] des Hofrechts bildete die »Gnade« des jeweiligen Gutsherrn, die für den Gegenstand und Umfang der
verliehenen Rechte zunächst maßgebend war. Dazu kamen aber zahlreiche Gewohnheitsrechte, selten schriftliche Satzungen. Es
war nämlich gebräuchlich, daß in den Dorfschaften und Höfen an gewissen Tagen im Jahr das Recht »gewiesen«
wurde, indem dann der Gutsherr oder dessen Beamter und Vertreter im Dorfding Fragen über das Hofrecht vorlegte, welche von den Dorfgenossen
und Hofhörigen beantwortet wurden (sogen. Dorf- oder Hofsprache). Später wurden diese Rechtsweisungen oder Weistümer¶
mehr
vielfach schriftlich aufgezeichnet und aufbewahrt, so daß sie die wichtigste Erkenntnisquelle des ehemaligen Hofrechts bilden.
Nicht zu verwechseln mit Hofrecht ist das Höferecht (s. d.), d. h. das bäuerliche Grund- und Anerbenrecht.
nennt man die Ansiedelung in isolierten Hofgütern, bei welchen alle Grundstücke desselben Eigentümers
ein um das Gehöft liegendes, räumlich geschlossenes Ganze bilden (Hofschluß). Den Gegensatz zu demselben bildet das Dorfsystem,
bei welchem die Eigentümer aller Güter einer Gemarkung in zusammenhängenden Ortschaften wohnen, von wo
aus sie ihr in der Gemarkung mehr oder weniger zerstreut liegendes Gelände bewirtschaften. Das Hofsystem bietet große Vorteile
für die Bewirtschaftung. Es gestattet dem Eigentümer vollfreie Verfügung über die Ausnutzung des Bodens, erleichtert Wege-
und Wasserregulierung, während bei dem Dorfsystem, zumal wenn der Grundbesitz sehr zersplittert ist, der
Flurzwang (s. d. und Flurregelung) nicht zu vermeiden ist, viele Verluste durch Wegeanlagen, Begrenzung der Grundstücke etc.,
dann auch Zeitverluste durch Hin- und Herlauferei u. dgl.
entstehen.
Dies hat auch früher Veranlassung gegeben, den Übergang vom Dorfsystem zum Hofsystem (Vereinödung) zu fördern. Bei dem Abbau gehen
die bereits vorhandenen Gebäude verloren, dann hat das auch schwerwiegende Schattenseiten, das Dorfsystem
wichtige Vorzüge vor jenem. Bei dem Hofsystem ist es kleinen Leuten (Tagelöhnern) schwer oder unmöglich, Grundeigentum zu erwerben.
Dann werden viele Anstalten für Sicherheit, Verkehr, Bildung, religiöse Erbauung, Gesundheitspflege etc., welche eine Gemeinsamkeit
vieler erfordern, bei dem Hofsystem zu teuer oder undurchführbar.
Endlich kann vielen Nachteilen des Dorfsystems durch zweckmäßige Arrondierung und Zusammenlegung kleiner Parzellen je eines
Eigentümers in den verschiedenen Gewannen einer Gemarkung abgeholfen werden. Bei intensiver Wirtschaft, welche kleine Besitzungen
ermöglicht, ist naturgemäß das Dorfsystem mit seinem die Kultur fördernden Zusammenwohnen (Bauern, auch Gewerbtreibende,
Lehrer, Arzt etc.) am Platz. Extensivere Wirtschaft bedingt kleinere Dörfer, mit ihr treten mehr die Vorteile
des Hofsystems in den Vordergrund. Das Hofsystem findet sich in Deutschland besonders in Westfalen
[* 49] vor, im übrigen kommen in vielen
Gegenden geschlossene Höfe neben Dörfern vor (Schwarzwald, Alpen,
[* 50] Rhön etc.).
(früher Wylhof), Landgut nebst Schloß im schweizer. Kanton Bern,
[* 51] 8 km von der Stadt Bern (Gemeinde Münchenbuchsee),
berühmt durch Fellenbergs (s. d.) Lehranstalten, die, zu Anfang des 19. Jahrh.
gegründet und späterhin immer mehr erweitert, in den 20er und 30er Jahren eines europäischen Rufs genossen, aber 1848, wenige
Jahre nach dem Tode des Gründers, zum größern Teil eingingen.
(spr. hoh-),William, engl. Zeichner, Maler und Kupferstecher, geb. zu London,
[* 52] kam zu einem Goldschmied,
Elias Gamble, in die Lehre, bei dem er sich vorzugsweise damit beschäftigte, Wappen,
[* 53] Namenszüge, Halbfiguren
und Arabesken auf goldene und silberne Gefäße zu gravieren. Zugleich besuchte er eine Zeichenakademie, forschte aber bald
auf den Straßen und in den Kneipen nach Originalen für seinen satirischen Stift. Um seinen Unterhalt zu erwerben, stach
er dabei Etiketten, Wappen und andre Gegenstände und kam dadurch bald mit Buchhändlern in Verbindung. So stach er 13 Blätter
zu Aubry de la Motrayes »Travels through Europe etc.«
(Lond. 1723),
12 dergleichen für Butlers »Hudibras« und mehrere für den »Don Quijote«. Hierauf versuchte er sich im Porträtieren
und verschaffte sich auch darin, namentlich durch sein Talent, zu treffen und Familienbilder gut zu gruppieren,
viele Kundschaft. Um diese Zeit wurde er von seiner Wirtin wegen einer Schuld in das Gefängnis gebracht; aus Rache stellte
er diese Frau in einer karikierten Zeichnung dar. Der gewonnene Beifall veranlaßte ihn zu einer ähnlichen
Darstellung, welche auf die Schwärmerin Maria Tofts Bezug hatte (1726). Von dieser Zeit an reifte in ihm der Entschluß, die
Thorheiten und Gebrechen der Menschen in zusammenhängenden Bilderreihen darzustellen und zu geißeln.
Alle unter seiner Hand hervorgegangenen Arbeiten dieser Art sind ein lebendiges zusammenhängendes Sittengemälde, ein Spiegel
[* 54] der menschlichen Leidenschaften in geistreicher und witziger Auffassung, die aber keinen höhern künstlerischen
Wert besitzt. Am bedeutendsten sind seine cyklischen Sittenbilder, die, meist in Öl gemalt und in Kupferstich reproduziert
politische und gesellschaftliche Krebsschäden seiner Zeit, mit der absichtlichen, auch in der künstlerischen Darstellung
sich äußernden Übertreibung des Satirikers, an den Pranger stellten.
Als Hogarths berühmteste Werke dieser Art gelten: The harlot's progress (das Leben einer Buhlerin), 6 Blätter;
The rake's
progress (das Leben eines Liederlichen), in 8 Blättern;
A modern midnight conversation
(die Punschgesellschaft);
The distressed poet (der unglückliche Dichter) und Strolling actresses in a barn
(die Komödiantinnen in der Scheune).
Nicht zufrieden mit der Höhe, welche er in dieser Richtung erreicht hatte, wollte auch
einen ebenso hohen Rang unter den Historienmalern einnehmen; aber die Satire war ihm so sehr zur Gewohnheit geworden, daß er
seiner Neigung, zu karikieren, wider seinen Willen in seinen ernsthaften Kompositionen freien Lauf ließ,
wie dies seine Bilder: der Teich von Bethesda, der barmherzige Samariter u. a. beweisen. Nachdem er wieder ganz die ihm eigentümliche
Richtung eingeschlagen, erschienen von ihm: The enraged musician (der wütende Musikant, 1741);
The marriage a la mode (die
Heirat nach der Mode, 1745), in 6 Blättern (Originalgemälde in der Nationalgalerie zu London);
The effects
of industry and idleness (die Folgen des Fleißes und des Müßiggangs, 1747);
The stages of cruelty (die
Grade der Grausamkeit, 1751), in 4 Blättern. Im J. 1753 gab er seine von seinen Zeitgenossen mit Recht lächerlich gemachte
»Zergliederung der Schönheit« (deutsch von Mylius, Berl. 1754) in Druck, worin er die Schlangenlinie als die angenehmste Form
für das Auge
[* 56] darstellte und sogar die Linien bestimmen wollte, welche die Form des Schönen enthielten.
Hierauf erschienen: Four prints of an election (die Wahl eines Parlamentsmitgliedes, 1755), in 4 Blättern, und The
¶
mehr
times (die Zeitläufe, 1762), eine beißende Satire auf Pitt. Sein lächerliches Bild: Sigismunda (1757), das der schwach gewordene
Künstler als ein Gegenstück zu einem Bild von Correggio betrachtet sehen wollte, zog ihm viele Kränkungen zu. Die fortwährenden
Kämpfe mit seinen zahlreichen Gegnern zerrütteten seine ohnehin schwache Gesundheit und beschleunigten seinen
Tod. Hogarth starb, nachdem er 30 Jahre lang Direktor einer auf seine Veranlassung gegründeten Akademie gewesen war, auf
seinem Landgut in Chiswick bei London.
Merkwürdige Gemälde Hogarths wurden 1819 in einem Haus zu London entdeckt, wo sie, am Getäfel eines Zimmers befindlich, von
Hogarth während seiner Mußestunden in der Zeit der schönsten Blüte seines Geistes gefertigt worden waren.
Sie stellen in fünf Abteilungen die Schicksalsgöttin dar, wie sie aus höherer Region ihre günstigen wie ihre unheilbringenden
Gaben auf die Bewohner der sublunarischen Welt, worunter namentlich die Helden der »Dunciade« sind, herabfallen läßt.
Ein andres, um dieselbe Zeit wieder entdecktes Werk Hogarths ist eine sehr launige und belebte Darstellung
eines Bacchantenzugs. 1825 entdeckte man inLondon ein drittes Bild: Garrick bei der Probe eines neuen Stückes, mit den Bildnissen
der Mrs. Abington, Popes, Macklins, Palmers etc. Hogarths Werke bedürfen eines Kommentars, um in ihren historischen und moralischen
Beziehungen erfaßt werden zu können. Er selbst gab schon Inschriften und von Hoadley fabrizierte Mottos,
um jene verständlicher zu machen; doch sind dieses nur moralische Nutzanwendungen.
Noch zu Lebzeiten Hogarths erschienen die »Lettres de Mr. *** (Rouquet) à un de ses amis à Paris, pour lui expliquer les estampes
de M. Hogarth« (Par. 1746). Dann gab J. Trusler eine ähnliche
Arbeit von größerm Umfang heraus: »Hogarth moralised« (Lond.
1768, mit 76 Kupfern; spätere Auflagen 1831 u. 1841). Später erschienen unter anderm teils als Erklärung, teils als vollständige
Kommentare über Hogarths Werke: Gilpins »Essay on prints«;
Nichols' »Biographical anecdotes of W. Hogarth« (2.
Aufl. 1782);
»Hogarth illustrated by John Ireland« (Lond. 1791, 3 Bde.)
und die »Graphic illustrations of Hogarth, from pictures, drawings etc.«
(das. 1794, 4 Bde. mit 60 Kupfern).
Alle diese Kommentatoren übertraf aber Lichtenberg durch seine witzige »Ausführliche Erklärung
der Hogarthschen Kupferstiche« (Götting. 1794). Eine schöne Ausgabe von Hogarths Werken nach den von
Heath retouchierten Originalplatten erschien unter Nichols' Leitung (Lond. 1820-22); andre Ausgaben erschienen zu Leipzig (zuletzt
1886), in verkleinerten Kopien von Riepenhausen (neue Ausg., Götting. 1853, 75 Blätter), mit der LichtenbergschenErklärung
von Kottenkamp (3. Aufl., Stuttg. 1873, 87 Blätter), nach Ireland und Nichols (Lond. 1883, 3 Bde.).
2) Gijsbert Karl, Graf van, ausgezeichneter niederländ. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. zu Rotterdam, ward im
preußischen Kadettenhaus erzogen, trat 1778 in preußische Militärdienste und machte als Fähnrich den
bayrischen Erbfolgekrieg mit. In sein Vaterland zurückgekehrt, wurde er 1782 in der Garde des Erbstatthalters angestellt,
studierte aber später zu Leiden die Rechte, stand 1787 während der Unruhen auf oranischer Seite und ward nach Unterdrückung
derselben Pensionär (Stadtschreiber) von Rotterdam, von welchem Posten er nach der EroberungHollands durch
die Franzosen 1795 zurücktrat, um in Amsterdam
[* 66] ein Kaufmannsgeschäft zu übernehmen.
Durch seinen fehlgeschlagenen Plan, eine Kolonie für die Anhänger des HausesOranien am Kap der Guten Hoffnung zu gründen, büßte
er den größten Teil seines Vermögens ein; dagegen trug er 1813 wesentlich zur BefreiungHollands vom französischen
Joch bei, indem er, als die Verbündeten siegreich vordrangen, die Anhänger des Prinzen von Oranien im Haag
[* 67] vereinigte. Als
Präsident der Kommission, welche mit der Entwerfung der neuen Verfassungsurkunde beauftragt war, übte er einen entscheidenden
Einfluß auf die übrigen Kommissionsmitglieder, so daß er der Haupturheber des niederländischen Staatsgrundgesetzes
war.
Darauf erhielt er das Departement der auswärtigen Angelegenheiten, wurde Vizepräsident des Staatsrats und 1815 Graf, nahm
aber schon 1816 wegen Kränklichkeit seine Entlassung. Als Mitglied der Zweiten Kammer der Generalstaaten, in die er 1815 gewählt
worden war, gehörte er zur Opposition gegen den Minister van Maanen; auf seinen Platz in der Ersten Kammer
verzichtete er, weil die Verhandlungen derselben nicht öffentlich waren. Er starb im Haag. Hogendorp schrieb: »Über den
Handel nach Indien« (1801, 2 Bde.),
Joseph, Maler, geb. zu Wien, trat nach Vollendung seiner Gymnasialstudien in die
Landschaftsschule der Akademie unter Professor Mößmer, wo er schon nach kurzer Zeit den Kaiserpreis erhielt. Einen wohlthätigen
Einfluß übten auch auf ihn der Landschaftsmaler Rebell, der Medailleur J. D. Böhm und später sein Schwager Friedr. Gauermann;
aber seine Hauptlehrmeisterin war die Natur, die er fast alljährlich in den GebirgenSteiermarks und Oberösterreichs,
in Tirol
[* 69] und Oberitalien
[* 70] studierte. Seine Ölbilder bestechen nicht durch glänzendes Kolorit, sind aber von sorgfältiger
Zeichnung und feinem Gefühl in den Motiven; fast noch wertvoller sind durch diese Eigenschaften seine Aquarelle
¶
1) James, genannt der Ettrickschäfer (the Ettrick Shepherd), schott. Dichter, geboren im
Dezember 1770 im Dorf Ettrick im südlichen Schottland, war der Sohn eines verarmten Schafzüchters und hütete selbst von früher
Jugend an die Schafe.
[* 72] Die Sagen und Lieder seines Vaterlandes entzündeten seine Phantasie so, daß er zu dichten begann, ohne
schreiben und lesen zu können. Mühsam erlernte er ersteres, um seine Dichtungen aufzeichnen zu können,
und veröffentlichte bereits 1801 auf eigne Kosten ein Bändchen Gedichte, doch ohne sonderlichen Erfolg.
Bald darauf mit W. Scott bekannt geworden, unterstützte er diesen beim Sammeln alter Balladen für sein Werk »Border minstrelsy«
und ahmte nun den Ton jener alten Volksgesänge in seinen eignen Dichtungen aufs glücklichste nach. Seine
nächsten Publikationen waren eine neue Gedichtsammlung unter dem Titel: »The mountain bard« (1807) und ein »Essay on sheep«,
die ihm 300 Pfd. Sterl. Gewinn brachten. Nachdem er durch unklug übernommene Pachtungen das Seinige zugesetzt, ging er im
Februar 1810 nach Edinburg
[* 73] und gab eine Wochenschrift: »The Spy«, heraus, die aber bald wieder einging.
Darauf erschienen von ihm: »The queen's Wake« (1813),
»Jacobite relics« (Lond. 1820-21, 2 Bde.)
u. a., die zuerst in »BlackWood'sMagazine« und dann unter dem Titel: »The shepherd's calendar« (das.
1829, 2 Bde.) gesammelt erschienen.
Trotz des großen Absatzes, den fast alle diese Werke fanden, hatte Hogg fortwährend mit
bitterer Armut zu kämpfen, bis ihm der Herzog von Buccleugh zu Altrive Lake am Yarrow eine fast zinsfreie
Pachtung verlieh, wo er sorgenfrei das epische Gedicht »Queen Hynde« (1825) vollendete und »The queer book« (1832),
eine Sammlung von Gedichten gegen die Emanzipation der Katholiken und die Reformbill, schrieb. Die Huldigungen, welche ihm bei
einem Besuch in London zu teil wurden, stiegen ihm jedoch zu Kopfe. Er übernahm eine größere Pachtung
und hatte abermals bedeutende Verluste.
Auch die auf 12 Bände angelegten »Altrive tales« brachten ihm nichts ein, da der Verleger
nach Erscheinen des ersten Bandes (mit Hoggs Autobiographie, 1832) Bankrott machte. Seine letzte Veröffentlichung waren die
»Tales of the Wars of Montrose« (1835, 3 Bde.). Er starb
arm in Altrive Lake. Die dichterische Bedeutung Hoggs kommt zwar derjenigen seines ihm geistesverwandten Landsmannes
R. Burns nicht gleich, indessen sind ihm bei allen aus ungleichmäßiger Durchbildung her anhaftenden Mängeln große Treue
der Beobachtung und wirksame Wiedergabe derselben nicht abzusprechen. Seine prosaischen Schriften sind im Wert sehr
ungleich. NeueAusgaben
seiner Werke besorgten Thompson (»Poems and life«, Edinb.
1874, 2 Bde.) und Nimmo (»Works«,
Lond. 1878, 6 Bde.).
Vgl. »Memorialsof J. Hogg, the Ettrick shepherd« (hrsg. von seiner Tochter, Lond.
1884).
2) Robert, engl. Gärtner und Pomolog, geb. 1818 zu Dunse, ward in Edinburg gebildet und widmete sich dem
Gartenbau, der Obstzucht und allgemeinen botanischen Studien. Er schrieb: »British pomology« (1851);
»Apple, its history and
its varieties« (neue Ausg. 1852);
»Wild flowers of Great Britain« (1861-63, mit Johnson)
u. a. Mit Johnson gibt er das »Journal of horticulture« und allein seit 1860 »The gardener's yearbook«
heraus.
(spr. hoghä),Charles, Maler, geb. zu Berlin, widmete sich anfangs bei W. Krause daselbst seit 1839 der
Marine- und Landschaftsmalerei, ging dann nach Paris zu E. Ciceri, schloß sich aber mehr an E. Isabey an, dessen pikante und
geistreiche Manier und flotte Technik er sich mit Geschick aneignete. Abgesehen von einer Studienreise nach
England, hielt er sich bis 1848 in Paris auf und ließ sich dann in Berlin nieder, wo er starb. Seine überaus zahlreichen
Marinen, Landschaften und Stillleben tragen das Gepräge der französischen Schule. Sie sind immer sehr geistreich, bisweilen
aber auch flüchtig und skizzenhaft behandelt. Nach seinen eignen Aufzeichnungen hat er seit 1859 allein 224 Ölbilder
gemalt. Seine Motive nahm er vorzugsweise aus der Umgebung von Paris, der Normandie, der Bretagne, der belgischen und der holländischen
Küste. Die Berliner Nationalgalerie besitzt von ihm: letzte Mühle auf dem Montmartre, das Wrack und ein
Stillleben.
Pfarrdorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Leipzig, Amtshauptmannschaft Grimma,
[* 76] hat (1885) 602 Einw. Dabei
in einem Walde die Porphyrgruppen der sogen. Hohburger oder WurzenerSchweiz,
[* 77] im Löbenberg 238 m hoch.