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Judenchristentum sich entweder ihnen fügen, oder aus der Kirche ausscheiden mußte.
Judenchristentum sich entweder ihnen fügen, oder aus der Kirche ausscheiden mußte.
(Heider), s. Zigeuner. ^[= ein rätselhaftes Wandervolk, das über ganz Europa, einen großen Teil Asiens und über Nordafrika ...]
1) Flecken im bayr. Regierungsbezirk Mittelfranken, Bezirksamt Gunzenhausen, 534 m ü. M., an der Rohrach und dem Hahnenkamm, hat ein Amtsgericht, 2 evang. Pfarreien, eine ehemalige Benediktinerabtei mit restaurierter Klosterkirche (im Kreuzgang eine inkrustierende Mineralquelle) und (1885) 1511 meist evang. Einwohner. Die dortige Abtei ward 748 von Wilibald, Bischof von Eichstätt, [* 2] und seinem Bruder Wunibald gegründet, die hier begraben sind. Sie wurde 1525 während des Bauernkriegs geplündert und 1537 aufgehoben. -
2) Oberamtsstadt im württemberg. Jagstkreis, 504 m ü. M., an der Brenz und der Linie Aalen-Ulm der Württembergischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, ein Amtsgericht, eine Handels- und Gewerbekammer, ein Hauptsteueramt, eine Webschule, Woll- und Baumwollspinnerei, starke Baumwoll- und Kattun- sowie Jacquardweberei, Tuch-, Maschinen- und Zigarrenfabrikation, ferner große Färbereien und Bleichen, Bierbrauereien, Viehmärkte, Getreidehandel und (1885) 6706 meist evang. Einwohner. Dabei auf einem Felsen die Ruine der Burg Hellenstein, ehemals Sitz der Herren der Herrschaft Heidenheim, die nach dem Aussterben jener 1307 an das Reich fiel und 1448 an Württemberg [* 3] kam, das sie 1450 an Bayern [* 4] verkaufte, 1536 aber wieder zurückerhielt. In der Nähe von Heidenheim, das erst 1356 Stadt wurde, sind zahlreiche römische Altertümer (Gräberfunde) bei Anlage der Eisenbahn nach Ulm [* 5] ausgegraben worden.
Benjamin Wolf, jüd. Gelehrter, geb. 1757 zu Heidenheim in Mittelfranken, besuchte die Rabbinerschule in Furth, setzte unter Rabbiner Nathan Adler [* 6] in Frankfurt [* 7] a. M. seine Studien fort, war Mitarbeiter an hebräischen Zeitschriften und gab Ibn Esras »Mosnajim«, den Pentateuch mit Targum Onkelos', Raschis, Raschbams, Norzis und eignen Kommentaren heraus. 1799 gründete er mit Baschwitz in Rödelheim bei Frankfurt eine Buchdruckerei, aus welcher korrekte Ausgaben der jüdischen Gebetbücher, des Pentateuchs, grammatische und religionsphilosophische Werke hervorgingen. Durch seine grammatisch-massorethischen Studien und korrekten Textausgaben hat Heidenheim Kritik und Exegese der Bibel [* 8] wesentlich gefördert. Er starb
s. Gräber, ^[= Die Bestattungsarten waren schon in der Vorzeit je nach den verschiedenen Zeitperioden und Völkersc ...] prähistorische.
s. Befestigung ^[= (Fortifikation), die Anlage von Verteidigungseinrichtungen und Bauten für den Truppengebrauch ...] (prähistorische).
Gesamtbezeichnung der Religionsformen außer der jüdischen, christlichen und mohammedanischen;
s. Heiden.
diejenigen Gewächse, welche die einförmige Flora der Heiden bilden, wie namentlich das gesellig wachsende Heidekraut (Calluna vulgaris Salisb.), welchem sich noch gewisse massenhaft auftretende Kryptogamen, die Renntierflechte und andre Arten von Cladonia, [* 9] sowie Polytrichum-Arten und wenige Gräser [* 10] zugesellen. An feuchtern Stellen finden sich auch Empetrum nigrum, Ledum palustre und Vaccinium-Arten, dazu einige Kompositen [* 11] und niedrige Sträucher, wie der Besenginster, Sarothamnus scoparius, Weiden, Birken etc.
Gustav, Kunstschriftsteller, geb. zu Wien, [* 12] studierte daselbst Rechtswissenschaft, wurde 1842 Adjunkt an der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, 1863 Kunstreferent im Staatsministerium, 1867 Ministerialrat im Unterrichtsministerium und nimmt seit 1872 in demselben die Stellung eines Sektionschefs ein. Heider hat sich um die Erforschung der alten Kunstdenkmäler in Österreich [* 13] große Verdienste erworben; er war einer der thätigsten Mitbegründer der zu diesem Zweck errichteten k. k. Zentralkommission, deren »Jahrbuch« er bis 1863 redigierte. Unter seinen litterarischen Arbeiten, welche namentlich auf eine tiefere Erfassung des Geistes der mittelalterlichen Symbolik und Typologie ausgehen, verdienen besondere Hervorhebung: »Über Tiersymbolik und das Symbol des Löwen [* 14] in der christlichen Kunst« (Wien 1849);
»Die romanische Kirche in Schöngrabern« (das. 1855);
»Der Altaraufsatz im Stift Klosterneuburg« (das. 1860);
»Liturgische Gewänder aus dem Stift St. Blasien« (das. 1860) und die mit Eitelberger und Hieser herausgegebenen »Mittelalterlichen Kunstdenkmale des österreichischen Kaiserstaats« (Stuttg. 1855-60, 2 Bde.).
s. v. w. Haidarabad. ^[= (Hyderabad), 1) Reich des Nizams, der größte Vasallenstaat des britisch-ind. Kaiserreichs, ...]
s. Herauch. ^[= (Heerrauch, Hehrrauch, Haarrauch ["Haaren" heißen in einigen Gegenden Anhöhen in ...]
Stadt im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, Bezirksamt Würzburg, [* 15] am Main, 184 m ü. M., Knotenpunkt der Linien Heidelberg-Eberbach-Würzburg der Badischen und Treuchtlingen-Aschaffenburg der Bayrischen Staatsbahn, hat ein Kloster der Armen Schulschwestern, Ziegeleien, Faßfabrikation, Glockengießerei, Wein- und Obstbau, bedeutenden Weinhandel und (1885) 3678 meist kath. Einwohner.
Heidingsfeld, schon 779 genannt, ward 1367 von Kaiser Karl IV. zur Stadt erhoben.
Wundkraut, s. Solidago. ^[= L. (Goldrute), Gattung aus der Familie der Kompositen, ausdauernde Kräuter mit abwechselnden, ...]
s. Schaf. ^[= (Ovis L., hierzu Tafel "Schafe"), Gattung der paarzehigen Huftiere aus der Familie ...] [* 16]
1) Karl August, Dichter, geb. zu München, [* 17] wo sein Vater, ein ehemaliger Offizier, Oberregisseur am Hoftheater war, studierte an der Universität seiner Vaterstadt, ward nach Beendigung seiner Studien Bibliothekar des Fürsten Heinrich zu Karolath-Beuthen in Niederschlesien und begleitete den Neffen desselben auf Reisen. 1863 ließ er sich zu Berlin [* 18] nieder, wo er seit 1865 den belletristischen Teil der Frauenzeitung »Bazar« redigierte. Seit 1875 lebte er abwechselnd wieder zu München, in Tirol [* 19] und Italien, [* 20] hauptsächlich mit litterarischen Arbeiten für König Ludwig II. von Bayern beschäftigt, der ihm 1881 mit dem Orden [* 21] der Bayrischen Krone den persönlichen Adel verlieh.
Von Heigel erschienen: »Bar Cochba, der letzte Judenkönig«, episches Gedicht (Hannov. 1856);
»Walpurg«, bayrische Dorfgeschichte (das. 1859);
das für Fanny Janauschek geschriebene, durch geschlossene Komposition u. schwunghafte Sprüche ausgezeichnete Trauerspiel »Marfa« (gedruckt 1876),
das mehrfach zur Aufführung gelangte;
ferner: »Novellen« (Berl. 1866);
»Es regnet«, eine Geschichte aus dem 17. Jahrhundert (das. 1868; 2. Aufl., Stuttg. 1878);
die Romane: »Ohne Gewissen« (Berl. 1871) und »Die Dame ohne Herz« (das. 1873);
die Novellen: »Wohin« (das. 1873) und »Der Diplomat« (Stuttg. 1874);
»Neue Erzählungen« (Leipz. 1876) und »Neueste Novellen« (Braunschw. 1878);
der Roman »Der Theaterteufel« (Leipz. 1878);
das Schauspiel »Freunde« (das. 1879);
die Novellen: »Die Veranda am Gardasee« (das. 1879) und »Der Karneval von Venedig« [* 22] (Stuttg. 1880) sowie mehrere Lustspiele.
2) Karl Theodor, Historiker, Bruder des vorigen, geb. zu München, besuchte die Universität daselbst, wurde 1872 am bayrischen Reichsarchiv angestellt, habilitierte sich 1873 als Dozent der Geschichte an der Universität München, ward 1876 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1879 außerordentlicher Professor an der Universität, 1883 Professor der Geschichte am Polytechnikum und 1884 ¶
ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität zu München. Er schrieb: »Der Übergang des Herzogtums Bayern von Heinrich dem Löwen auf Otto von Wittelsbach« (Stuttg. 1867);
im Auftrag des Königs Ludwig II. eine treffliche Biographie Ludwigs I., Königs von Bayern (Leipz. 1872);
»Der österreichische Erbfolgestreit und die Kaiserwahl Karls VII.« (Nördling. 1877);
»Die deutschen Kaiser« (Stuttg. 1880);
»Die Wittelsbacher, eine Festschrift« (Münch. 1880);
»Aus drei Jahrhunderten, Vorträge aus der neuern deutschen Geschichte« (Wien 1881);
»Münchens Geschichte 1158-1806« (Münch. 1882);
»Neue historische Vorträge und Aufsätze« (das. 1883);
»Quellen und Abhandlungen zur neuern Geschichte Bayerns« (das. 1884) und eine große Anzahl von Abhandlungen und Vorträgen, besonders in der Beilage der »Allgemeinen Zeitung«.
Auch gab er das »Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des österreich. Erbfolgekriegs« (Münch. 1883) heraus.
Jan Pieter, holländ. Dichter, geb. zu Amsterdam, [* 24] studierte in Leiden [* 25] Medizin und ließ sich dann in seiner Vaterstadt als praktischer Arzt nieder. Er redigierte unter anderm 1840-45 das »Archief voor Geneeskunde« und wurde 1847 Präsident der Gesellschaft zur Beförderung der Heilkunde. Nebenbei mit Eifer Poesie treibend, erregte er zuerst durch seine »Liederen en zangen« (1841),
dann durch seine »Kinderliederen« (1847) die öffentliche Aufmerksamkeit. Ihnen folgten: »Nieuwe kinderliederen« (1853),
eine zweite Sammlung tief empfundener Kinderlieder und wohl Heijes beste poetische Gabe;
ferner poetische Bearbeitungen der Märchen vom »Aschenbrödel« und »Gestiefelten Kater« (1870) u. a. Gesammelt erschienen seine »Verspreide gedichten« sowie seine »Volksdichten« (4. Aufl. 1883) und »Kindergedichten« (9. Aufl. 1884).
Er starb in Amsterdam.
im allgemeinen alles, was die menschliche Wohlfahrt begründet und fördert;
im biblischen Sinn Befreiung aus einem Zustand der gebundenen Religiosität, Errettung von Sünde und Schuld, kurz die ganze Errungenschaft Jesu als des Heilands (s. d.);
daher in der Kirche: Tag des Heils der Zeitpunkt, an welchem, Heilsmittel die Mittel, durch welche, und Heilsordnung (s. d.) der naturgemäße Stufengang, in welchem das Heil dem Menschen vermittelt wird.
der das Heil (s. d.) bringt, s. v. w. Retter, Erlöser (griech. Soter), wird in der Bibel teils von Gott, teils und vorzugsweise von Jesus (s. d.) gebraucht, mit welch letzterm Namen Heiland der Bedeutung nach ganz übereinkommt.
Das Wort Heiland ist das in der vollen alten Form als Substantiv bewahrte Partizipium des Präsens von heilen (altd. heilan), also s. v. w. der Heilende (altsächs. hèliand).
Karl Gustav, Philolog, geb. zu Herzberg am Harz, studierte in Leipzig, [* 26] trat 1840 als Lehrer am Domgymnasium in den Staatsdienst, ward 1850 Direktor des Gymnasiums zu Öls, [* 27] 1854 zu Stendal, [* 28] 1856 zu Weimar [* 29] und wurde 1860 als Schulrat in das Provinzialschulkollegium zu Magdeburg [* 30] berufen, wo er starb. Schriftstellerisch hat sich Heiland besonders durch seine Beiträge zu Schmids »Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens« hervorgethan. Auch besorgte er eine Ausgabe von Xenophons »Agesilaos« (2. Aufl., Leipz. 1847).
Vgl. Herbst, Karl Gustav Heiland. Ein Lebensbild (Halle [* 31] 1869).
s. Indikation. ^[= (lat., "Anzeige"), das Motiv für die ärztliche Heilthätigkeit (Therapie ...]
s. Dolichos. ^[= # L. (Fasel), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, niederliegende Kräuter oder ...]
[* 23] Oberamtsstadt im württemberg. Neckarkreis, einst berühmte Reichsstadt, 130 m ü. M., liegt in schöner und sehr fruchtbarer Gegend am Neckar und am Fuß des Wartbergs, Knotenpunkt der Linien Bietigheim-Jagstfeld, Heilbronn-Krailsheim und Heilbronn-Eppingen der Württembergischen Staatsbahn, hat in ihrem Innern mit ihren engen Gassen, den hohen, oft seltsam verzierten Giebelhäusern und spitzen Türmen noch immer einen ganz mittelalterlichen Charakter, während außerhalb neue und elegante Stadtteile entstanden sind.
Unter den Kirchen sind besonders bemerkenswert: die schöne, an kunstvollen Steinarbeiten reiche St. Kilians- oder Stadtkirche, ein großenteils spätgotischer Bau des 15. Jahrh. mit spätern Renaissancezusätzen und einem 62 m hohen, zierlichen Turm, [* 32] schönem Chor, trefflichem Schnitzaltar (1493), Glasmalereien und der seit 1857 versiegten Quelle, [* 33] die, unter dem Hauptaltar hervorsprudelnd, von der Kirche in den Siebenrohrbrunnen (das Wahrzeichen von Heilbronn) strömte, nach welchem Karl d. Gr. die Stadt benannte; die kath. Josephskirche (ehemalige Deutschordenskirche) und die neue, in reichem maurischen Stil aufgeführte Synagoge. Ferner sind hervorzuheben: das Rathaus am Markt (von 1540), mit hoher Freitreppe, einer Kunstuhr und interessanten Urkunden, das Deutschordenshaus, in welchem Oxenstierna 1633 den Heilbronner Vertrag abschloß (s. unten), der Diebs- oder Götzenturm am Neckar, in welchem Götz von Berlichingen einst gefangen saß. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (ein Bataillon Infanterie Nr. 122) 28,038, darunter 3117 Katholiken und 861 Juden.
Die Industrie ist bedeutend. Heilbronn hat eine Fabrik silberner Tafelgeräte und Bestecke (mit 400 Arbeitern, welche jährlich 120 metr. Ztr. Silber verarbeiten), eine Maschinenfabrik, Eisen- und Metallgießerei, 2 große Papierfabriken, von denen die eine 400 Arbeiter zählt und jährlich ca. 12,000 metr. Ztr. ihres Fabrikats absetzt, eine Leim- und Düngerfabrik, eine Zuckerfabrik (mit eigner, aus 9 Pachtgütern mit zusammen 1377 Hektar bestehender Landwirtschaft und 350 Arbeitern), ein Salzwerk mit 500 Arbeitern und einer jährlichen Produktion von 450,000 metr. Ztr. Stein- und 250,000 metr. Ztr. Siedesalz, eine Zichorien- und Feigenkaffeefabrik mit 200 Arbeitern.
Außerdem findet man in Heilbronn Fabrikation von Tabak, [* 34] Messerschmiedewaren, Kölnischem Wasser, Fortepianos, Seife, Stearin, Tapeten, Öl und Zement, mechanische Wollspinnereien und -Webereien, Bleichen, Färbereien, Gerbereien, Bierbrauereien etc.; auch der Obst- und Garten-, besonders aber der Weinbau sind sehr bedeutend. Heilbronn hat einen Freihafen, eine Reichsbanknebenstelle, hervorragenden Kolonialwaren-, Getreide- und Holzhandel, besuchte Vieh- und Ledermärkte und einen Woll-, Rinden-, Obst- und Traubenmarkt. Der Gesamtgüterverkehr zu Wasser und per Eisenbahn betrug 1884 ca. 4 Mill. metr. Ztr. Die Kettenschleppschiffahrt auf dem Neckar zwischen und Mannheim [* 35] beförderte davon 94,000 metr. Ztr. Die Württembergische Transportversicherungsgesellschaft zu Heilbronn versicherte 1884 einen Gesamtwert von nahe 5 Mill. Mk. Heilbronn hat ein Gymnasium, eine Realschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Theater, [* 36] ein reichdotiertes Hospital mit Kranken-
[* 23] ^[Abb.: Wappen [* 37] von Heilbronn.] ¶
haus, ein Zellengefängnis und ist Sitz eines Generalsuperintendenten, eines Landgerichts (für die 9 Amtsgerichte zu Backnang, Besigheim, Brackenheim, Heilbronn, Marbach, Maulbronn, Neckarsulm, Vaihingen und Weinsberg), einer Eisenbahnbetriebsinspektion und eines Hauptsteueramtes. Der städtische Gemeinderat und der Bürgerausschuß bestehen je aus 18 Mitgliedern. Die Umgebung der Stadt gleicht einem großen Garten [* 39] von Obst- und Zierbäumen, unter denen bei dem überaus milden Klima [* 40] des Heilbronner Thalkessels und dem fruchtbaren Boden sogar exotische Bäume, wie Paulownia imperialis, Bignonien (bis 20 m Höhe), mehrere Arten von Magnolien, Rhododendren, Azalien, Tulpenbäume etc. gedeihen und blühen. Den schönsten Blick auf Stadt und Umgegend gewährt der Wartberg (worauf der Wartturm), der zur Zeit der Weinlese (»des Herbstes«) Mittelpunkt des heitersten Treibens ist. In der Nähe sind wichtige Gipsgruben und großartige Sandsteinbrüche.
unter den Karolingern eine königliche Pfalz, wird 741 zuerst erwähnt und war 1073 bereits ein ansehnlicher Ort, welcher von Kaiser Heinrich IV. Stadtrechte erhielt. Dann wurde Heilbronn dem Bischof von Würzburg übertragen, welcher es 1225 den Hohenstaufen überließ. Rudolf von Habsburg verlieh der Stadt ausgedehnte Freiheiten, doch wurde dieselbe erst 1360 nach Erwerbung des Schultheißenamtes Reichsstadt. Ihr Gebiet betrug damals mehr als 55 qkm (1 QM.). Heilbronn trat 1331 dem Schwäbischen Städtebund und später dem Schwäbischen Bund bei, der 1519 hier Götz von Berlichingen gefangen hielt.
Die Reformation fand 1525 allgemeinen Eingang in Heilbronn. Im Bauernkrieg fiel die Stadt infolge innerer Zwistigkeiten in die Hände der Bauern, die daselbst im Mai 1525 einen Konvent abhielten, auf dem eine Reform des Reichs beraten wurde. Später trat sie zum Schmalkaldischen Bund und mußte für ihre Teilnahme am Schmalkaldischen Krieg dem Kaiser 1547 hohe Geldbuße zahlen. Im März 1594 fand hier ein Fürstentag der Protestanten behufs einer Beratung gegenüber den katholischen Ständen, auch 1633 ein Konvent zwischen Oxenstierna, den Ständen des schwäbischen, fränkischen, ober- und niederrheinischen Kreises und den französischen, englischen und holländischen Botschaftern statt, infolge dessen der Heilbronner Vertrag zur Fortsetzung des Kriegs zu stande kam. 1802 wurde Heilbronn von Württemberg besetzt und diese Erwerbung 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß bestätigt.
Vgl. Jäger, Geschichte von Heilbronn (Heilbr. 1828);
Kuttler, Heilbronn, seine Umgebungen und Geschichte (das. 1859);
Dorf und Badeort im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Tölz, 7 km vom Bahnhof Penzberg, am Fuß der Alpen [* 41] 780 m ü. M. gelegen, mit 98 Einw. und einer Kochsalzquelle (Adelheidsquelle), deren Hauptbestandteile außer Kochsalz (in 1 Lit. 4,758 g) kohlensaures Natron (0,777), kohlensaurer Kalk (0,073), kohlensaure Magnesia (0,018), Jodnatrium (0,027) und Bromnatrium (0,046) sind. Das Wasser (10° C.) ist klar und farblos, entwickelt zahlreiche Gasperlen und wird besonders gegen Drüsenskrofeln, Leberhypertrophie, untergeordnete Syphilis, Bleichsucht, chronische Katarrhe der Luftwege und des Unterleibs, Hautausschläge etc. gebraucht. Der jährliche Versand davon beträgt über 50,000 Flaschen.
Vgl. Öttinger, Die Adelheidsquelle (Münch. 1854).
Ferdinand, Maler, geb. 1830 zu Hamburg, [* 42] bildete sich anfangs in Paris, [* 43] dann in Italien aus und widmete sich dem historischen Genrebild, wobei er den Schwerpunkt [* 44] auf elegante Auffassung und glatte Kostümmalerei legt. Er wählt seine Motive mit Vorliebe aus der vornehmen Gesellschaftsklasse. Seine hervorragendsten Bilder sind: Palestrinas Musikprobe (1857) und das Autodafee (1861, beide in Privatbesitz in Hamburg), Tasso (1860), das Leihhaus (1861, Museum des Luxembourg), die Absolution in St. Peter, das Vorzimmer eines Kardinals, ein Spaziergang auf dem Monte Pincio, das Geständnis, der Frühling, an den Ufern der Seine, der Herbst der Liebe, an der Themse. Auch seine teils in der Weise Tizians, teils in der Rembrandts gemalten Porträte [* 45] werden sehr geschätzt. 1861 wurde er Ritter der Ehrenlegion. Obwohl er seine deutsche Gesinnung nie verleugnet hat, ließ er sich nach dem Krieg aus Opportunitätsrücksichten, weil er Paris nicht verlassen wollte, naturalisieren.
s. Schollen. ^[= (Flachfische, Plattfische, Pleuronectoidei Flem.), Fischfamilie aus der Ordnung der Weichflosser, ...]
dir im Siegerkranz, Anfangsworte der preuß. Volkshymne, als deren eigentlicher Verfasser Heil dir im Siegerkranz Harries (s. d.) zu betrachten ist. Letzterer veröffentlichte im »Flensburger Wochenblatt« vom ein »Lied für den dänischen Unterthan, an seines Königs Geburtstag zu singen in der Melodie des englischen Volksliedes: God save great George the King« (auch in Harries' »Gedichten«, Altona [* 46] 1804, 2. Bde.),
das mit den Worten beginnt: »Heil dir, dem liebenden Herrscher des Vaterlands! Heil, Christian dir!« Dies Lied wurde dann von B. G. Schumacher auf fünf Strophen verkürzt und entsprechend umgearbeitet und erschien in dieser Gestalt zuerst in der Spenerschen Zeitung vom als »Berliner [* 47] Volksgesang«, der bald zur Nationalhymne werden sollte.
s. v. w. Cnicus. ^[= L. (Benediktenkraut), Gattung aus der Familie der Kompositen mit der einzigen Art ...]
eine für die Ausübung der niedern Chirurgie geprüfte Medizinalperson, gewöhnlich ein Barbier (s. d.).
(Kinesiatrik, Kinesitherapie), im Gegensatz zu dem Turnen gesunder Personen Leibesübungen, welche zur Heilung von Krankheiten ausgeführt werden. Die Heilgymnastik in diesem Sinn ist eins der wirksamsten therapeutischen Mittel auf dem Gebiet der Orthopädie. Sie hat es zu thun mit der Beseitigung krankhafter Zustände des Bewegungsapparats, der Muskeln, [* 48] Knochen [* 49] und Gelenke, und zwar richtet sie sich nicht sowohl gegen den ursprünglichen Krankheitsprozeß in diesen Teilen selbst als vielmehr gegen die übeln Folgen, welche derselbe in Gestalt von Verkrümmungen, fehlerhafter Haltung etc. des Rumpfes und einzelner Glieder [* 50] zurückgelassen hat.
Das Prinzip der Heilgymnastik ist wissenschaftlich wohl begründet. Da nämlich jede Körperstellung, die beabsichtigte normale wie die fehlerhafte Haltung, welche der Kranke auch gegen seinen Willen einnimmt, aus dem Zug meist mehrerer Muskeln und dem Gegenzug ihrer Antagonisten resultiert, so wird das Resultat, d. h. die Körperhaltung, sich ändern, wenn die Stärke [* 51] des Zugs von seiten des einen und andern Muskels geändert wird. Sind einzelne Muskeln zu schwach, um die von ihnen geforderte Leistung auszuüben, so müssen sie gekräftigt werden, und das geschieht durch methodische, fortschreitend gesteigerte Übung, d. h. Bethätigung der Muskeln. Ein Muskel, welcher arbeitet, wird auch entsprechend ernährt, wird also um so kräftiger werden, je mehr er arbeitet, und umgekehrt wird die Ernährung und Kraft [* 52] eines Muskels, welcher sich nicht bethätigt, mit der Zeit vermindert werden. Die Art, wie wir unsre Muskeln ¶
gebrauchen, hat aber den größten Einfluß auf die Gestalt der Knochen und der Gelenke. Durch fehlerhaften Muskelzug können die Knochen sich ganz allmählich, zumal während der Wachstumsperiode, aber auch noch später bei dem Erwachsenen, verkrümmen, die Gelenkköpfe und Gelenkgruben eine fehlerhafte Gestalt und falsche Stellung zu einander annehmen. So wie nun hier die falsche Thätigkeit der Muskeln gegen den Willen des Kranken zu Verkrümmungen der Glieder etc. führt, so wird eine absichtliche, methodisch fortgesetzte Übung der entsprechenden Muskeln auch das Gegenteil, nämlich Rückbildung der falschen Haltung zur normalen Stellung und Form, zu bewirken vermögen.
Dasselbe Ziel verfolgt die schwedische Heilgymnastik, deren systematische Anwendung auf den Schweden [* 54] Pehr Henrik Ling (s. d.) zurückzuführen ist; nur legt sie einen besondern Wert auf die passiven, d. h. durch den Arzt mit den Gliedern des Patienten methodisch ausgeführten, Bewegungen gewisser Muskelgruppen, durch welche sie auf die Blutverteilung und überhaupt auf die Kreislaufsverhältnisse in allen Körperteilen einzuwirken sucht, um auf diese Weise die Ernährungsvorgänge, somit auch krankhafte Prozesse, zu beeinflussen und je nach Lage des Falles im Sinn der Heilanzeige zu regulieren.
Dieses Prinzip der schwedischen Heilgymnastik ist ein ganz richtiges, und es kommt nur darauf an, wie man es ausführen, gegen welchen Teil man es richten, mit welchen Bewegungen man auf denselben einwirken will. Man sieht leicht ein, daß nur ein wissenschaftlich durchgebildeter Arzt im stande sein wird, das an sich richtige Prinzip auf jeden Einzelfall richtig anzuwenden. Außerdem benutzt die schwedische auch noch andre Methoden; namentlich sucht sie durch methodisches Kneten (Massage, s. Knetkur), Drücken und Klopfen der äußerlich zugänglichen Teile die Bewegungen ganzer Glieder in den Gelenken zu ersetzen.
Vgl. Rothstein, Die Gymnastik nach dem System des schwedischen Gymnasiarchen P. Heilgymnastik Ling (Berl. 1848-59, 5 Hefte);
Schreber, Kinesiatrik oder die gymnastische Heilmethode (Leipz. 1852);
Derselbe, Ärztliche Zimmergymnastik (19. Aufl., das. 1884);
Eulenburg, Die schwedische Heilgymnastik (Berl. 1853);
Seeger, Diätetische und ärztliche Zimmergymnastik (Wien 1878);
Unman, Die schwedische Heilgymnastik (Hamb. 1880);
Averbeck, Die medizinische Gymnastik (Stuttg. 1882);
Barwinski, Die Gymnastik als Erziehungs- und Heilmittel (Weim. 1886).
von Heil, also s. v. w. in seiner Vollkommenheit nicht nur noch unverletzt, sondern auch unverletzlich, unantastbar, dann s. v. w. schlechthin gut, sittlich vollkommen, makellos. Seine Wurzeln hat dieser Begriff teils im römischen Kultus, wo er das dem gemeinen Gebrauch Entzogene, höhern Zwecken Gewidmete (sacer, sanctus), teils im Alttestamentlichen, wo der Ausdruck (kadosch), von Gott ausgesagt, dessen Unterschiedenheit von allem Irdischen, seine Unvergleichlichkeit und Erhabenheit, von Irdischem ausgesagt, dessen Zugehörigkeit zu Gott, Gottgeweihtheit bedeutet.
Vgl. Baudissin, Studien zur Religionsgeschichte, Bd. 2 (Leipz. 1878).
(lat. Sancti), nach der katholischen Kirchenlehre solche Verstorbene, welche sich durch ihr Leben und Sterben qualifiziert haben, als Fürsprecher bei Gott und Christus von den Menschen verehrt und angerufen zu werden. Da nun aber in der alten Kirche schon der Fürbitte der Märtyrer und Bekenner, solange sie noch lebten, eine von Kirchenstrafen befreiende Macht beigelegt wurde, so lag es unter der Voraussetzung, daß die Gemeinschaft der Kirche durch das sinnliche Absterben ihrer Glieder keine Unterbrechung erleide, nahe genug, von der Fürbitte der verklärten Heiligen bei Gott um so Größeres zu erwarten.
Hatten ferner schon seit Ende des 2. Jahrh. ganze Gemeinden das Andenken ihrer Blutzeugen (ihre Dies depositionis, s. d.) gefeiert, an ihren Gräbern die Geschichte ihres Bekenntnisses und Leidens vorgetragen, so ging diese Gedächtnisfeier bald in Verehrung über, und zwar waren es gerade die angesehensten Kirchenlehrer und Bischöfe des 4. und 5. Jahrh., welche die Martyrolatrie empfahlen. Als die Gelegenheit, zum Martyrium zu gelangen, verschwand, wurden Eremiten und Mönche seit dem Anfang des 5. Jahrh. schon bei ihren Lebzeiten zu Heiligen gestempelt.
Bereits im Anfang des 5. Jahrh. eiferte Vigilantius in Barcelona [* 55] vergeblich gegen die Heiligenverehrung; Hieronymus, der als ungestümer Verteidiger derselben auftrat, hatte die Sympathien des Volkes auf seiner Seite, welches in den Heiligen eine Entschädigung für seine Untergottheiten, Genien, Heroen etc. gefunden hatte. Man ordnete nicht nur in den einzelnen Kirchen besondere Feste an zum Andenken gewisser Heiligen, sondern es ward auch schon im 4. Jahrh. in der orientalischen Kirche, wo die Zahl der Heiligen überhaupt früher zum Abschluß kam, später auch im Abendland das Fest Allerheiligen (s. d.) gefeiert.
Seitdem wurden den Heiligen auch besondere Kirchen erbaut, in welchen man ihre Reliquien aufbewahrte, und wo man, wie früher in den Göttertempeln, Abbildungen der Glieder, deren Heilung man der Fürbitte eines Heiligen zu verdanken glaubte, als Weihgeschenke aufhängte. So entstanden dann die besondern Schutzheiligen oder Patrone für einzelne Kirchen, Städte, Länder und gegen gewisse Übel und Gefahren. England z. B. verehrte den heil. Georg als Schutzpatron, Spanien [* 56] den heil. Jakob, Ungarn [* 57] den heil. Stephan.
Die Juristen hatten sich den heil. Ivo, Schüler und Studierende den heil. Gregorius, die Maler den heil. Lukas, die Zimmerleute den heil. Joseph, die Schuhmacher den heil. Crispinus, die Musiker die heil. Cäcilia als Schutzpatrone auserkoren. Gegen die Pest rief man die Heiligen Rochus und Sebastian, gegen Augenleiden die Heiligen Ottilia, Clara und Lucia an. Selbst auf die Tiere erstreckte sich der Schutz der Heiligen; die Gänse z. B. schützte der heil. Gallus, die Schafe [* 58] der heil. Wendelin etc. Der Cyklus der Heiligen erhielt in der Jungfrau Maria erst seinen eigentlichen Mittelpunkt; sie, das vollkommenste Ideal weiblicher Heiligkeit, tritt an die Spitze der heiligen Schar als die Königin aller Heiligen.
Alle in der Heiligen Schrift erwähnten Personen, welche für die Wahrheit irgend gelitten oder ihr Leben im Dienst Gottes aufgeopfert hatten, traten gleichfalls in die Zahl der Heiligen ein und erhielten besondere Festtage, so die Apostel, die Evangelisten etc. Endlich meinte man auch Männern, welche für die Rechtgläubigkeit gestritten hatten, z. B. Athanasius von Alexandria, Leo von Rom, [* 59] Ambrosius von Mailand, [* 60] Augustinus von Hippo, Martin von Tours u. a., die den Märtyrern und Konfessoren (»Bekennern«, s. Confessor) bewilligte Ehre nicht versagen zu dürfen. Gleichzeitig bildete die Wundersucht nicht bloß die Heiligenlegende immer üppiger aus, sondern die fromme Phantasie erfand auch nicht wenige Heilige, von welchen die Geschichte nichts weiß. Nachdem zuerst die morgenländische Kirche im zweiten nicäischen Konzil (787) den Heiligendienst kirchlich fixiert hatte, unternahm es auch die abendländische Scholastik, den ¶
dem Volk zum Bedürfnis gewordenen Heiligendienst mit Gründen zu stützen, die im wesentlichen bis auf den heutigen Tag in der römischen Kirche gelten. Durch ihre Tugenden und Verdienste Freunde Gottes und Vertreter und Fürsprecher der sündigen Menschen vor dem göttlichen Thron, [* 62] zugleich als Teilnehmer an Christi Weltherrschaft uns allezeit nahe, dürfen sie nicht nur um ihre Fürbitte bei Gott angerufen werden, sondern haben auch einen Anspruch auf Verehrung. Die christliche Kunst des Mittelalters hat sich vielfach mit Feststellung der Attribute der Heiligen beschäftigt und dieselben teils aus der Schrift, teils aus der Legende entlehnt. So ward z. B. dem Petrus der Schlüssel, dem Täufer Johannes das Lamm Gottes etc. beigegeben.
Vgl. Wessely, Ikonographie Gottes und der Heiligen (Leipz. 1870);
Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie des Mittelalters (5. Aufl., das. 1883-85, 2 Bde.).
Die Anerkennung der Heiligen war in den frühern Jahrhunderten nicht geregelt, sie ging vom Volk aus; das Recht der Heiligenernennung aber sollte den Bischöfen zukommen. Mit der Zeit nahmen die Päpste selbst das Geschäft in die Hand, [* 63] jene Zierden der katholischen Christenheit prozessualisch zu ernennen und ihr Verzeichnis fortzusetzen (s. Kanonisation). Schon 1170 erklärte Papst Alexander III. in einem Schreiben an die Mönche eines französischen Klosters, daß die Heiligsprechung ein ausschließliches Vorrecht des römischen Stuhls sei.
Der Papst untersuchte entweder selbst, unter Zurateziehung einer Versammlung von Bischöfen und später von Kardinälen, den ihm übersandten Bericht über das Leben und die als unentbehrlich zur Kanonisation geltenden Wunder des Heiligzusprechenden, oder er übertrug dies auswärtigen Klerikern. Seit der Reformation nahm man vornehmlich auf solche Personen Rücksicht, die sich durch ihren Eifer gegen die Sache des Protestantismus ausgezeichnet hatten. In diesem Sinn lieferte der Jesuitenorden eine Anzahl neuer Heiligen.
Gegen die von Papst Benedikt XIII. 1729 verkündete Kanonisation Gregors VII. protestierten die meisten katholischen Regierungen. Auch zwischen Heiligsprechung (canonizatio) und Seligsprechung (beatificatio) wurde unterschieden. Letztere begründet nämlich nur eine lokale Verehrung an gewissen Orten, in einzelnen Provinzen oder Diözesen oder auch nur unter einzelnen Mönchsorden, erstere dagegen eine Verehrung in der ganzen rechtgläubigen Kirche (s. Beatifikation und Advocatus diaboli).
Die Reformatoren verwarfen den ganzen Heiligenkult als im Widerspruch stehend mit der Lehre [* 64] des Christentums, daß nur Gott angebetet werden solle, und daß Christus der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen sei. Den in dieser Richtung erfolgenden Angriffen wich das Tridentinum aus, und die katholischen Kirchenlehrer suchten zwischen Anbetung (adoratio), die wir nur Gott und Christo schuldig seien, und Ehrerbietung (veneratio), die wir auch der Kreatur erweisen dürften, einen Unterschied zu machen, welcher natürlich für den Volksgebrauch wertlos ist. Die Legenden der Heiligen wurden frühzeitig gesammelt und nach dem Kalender geordnet; daraus entstanden die Kalendarien, Menologien und Martyrologien, dergleichen von Beda Venerabilis, Hrabanus Maurus, Notker u. a. auf uns gekommen sind. Zahlreich sind auch die Vitae Sanctorum, von denen es im Mittelalter mehrere Sammlungen gab, darunter besonders die des Simeon Metaphrastes im Morgenland und die »Legenda aurea«, von Jacobus de Voragine (gest. 1298) veranstaltet, im Abendland bemerkenswert sind. Gedruckte »Vitae Sanctorum« gibt es von Aloys Lipomanus (Rom 1551-1560, 8. Bde.),
Laurent. Surius (3. Ausg., Köln [* 65] 1618, 12 Bde.) u. a. Das ausführlichste Werk sind die »Acta Sanctorum«, von Joh. Bolland (Antwerp. 1643) angefangen und von den sogen. Bollandisten (s. d.) fortgesetzt. Ein »Vollständigeres Verzeichnis der Heiligen, ihrer Tage und Feste« enthält auch der Supplementband von Potthasts »Bibliotheca historica medii aevi« (Berl. 1868).
Allianz (Heiliger Bund), der Bund, welcher nach der zweiten Besiegung Frankreichs vor der Unterzeichnung des zweiten Pariser Friedens von den drei Monarchen Rußlands, Österreichs und Preußens [* 66] bei ihrer Anwesenheit in Paris ohne amtliche Vermittelung ihrer Minister geschlossen wurde. Man ging dabei von der Idee eines großem Fürstenbundes aus, in welchem die Grundsätze des Christentums als das höchste Gesetz des Völkerlebens gelten sollten.
In der darüber abgefaßten Urkunde erklärten die drei Monarchen, daß sie sich sowohl in der Regierung ihrer Staaten als in ihrer auswärtigen Politik zu den christlichen Prinzipien der Gerechtigkeit, der Milde und des Friedens bekennen, daß sie daher nach der Forderung der Heiligen Schrift durch die Bande einer wahren und unzertrennlichen Brüderschaft vereinigt bleiben und in jedem Fall einander Hilfe und Beistand leisten, auch gleichsam als Familienväter ihre Unterthanen u. Heere in demselben brüderlichen Geist leiten wollten und als Vertreter der drei Hauptformen der Einen christlichen Religion der Überzeugung lebten, daß die christliche Erde in der That keinen andern Herrn habe als denjenigen, dem allein die Macht gebührt, nämlich Gott und den Erlöser.
Von bestimmten Leistungen der Stifter des Bundes war nirgends die Rede. Am Schluß der Urkunde ward noch der Wunsch ausgesprochen, daß alle christlichen Souveräne Europas der Allianz beitreten und die Grundsätze derselben zu den ihrigen machen möchte. Demgemäß wurde der Sultan nicht zum Beitritt aufgefordert, aber auch der Papst nicht, dem man wohl eine Allianz mit schismatischen und ketzerischen Fürsten nicht zumuten mochte. Die meisten Fürsten traten bei, nur der Prinz-Regent von England nicht, weil die englische Verfassung eine bloß persönliche Verpflichtung des Staatsoberhauptes nicht zulasse.
Die erste Anregung der Heiligen Allianz ging von Kaiser Alexander I. aus, der mitunter zu Schwärmerei und überspannter religiöser Empfindung geneigt war. Eine reaktionäre, freiheits- und volksfeindliche Tendenz lag ihr ursprünglich fern. Die spätere Wirksamkeit des Bundes auf das äußere und innere Staatsleben während der sogen. Restaurationsepoche bestand allerdings darin, daß durch eine gemeinsame Kongreß- und Interventionspolitik nicht nur die Revolution, sondern auch die Ausbildung freiheitlicher Institutionen verhindert wurde. Diese Unterdrückungspolitik ging aber weniger von Rußland als von dem österreichischen Minister Metternich aus. Die griechische und belgische Frage und andre Ereignisse haben dann bald den Bund der Souveräne vollkommen gelockert.
drei Könige, s. Drei Könige. ^[= die Männer, welche nach Matth. 2, 1-12, durch einen Stern veranlaßt, aus dem Morgenland kamen, ...]
Familie, Darstellung des Christuskindes und seiner Angehörigen. Die frühere Malerei des Mittelalters beschränkte sich bei dergleichen Darstellungen meist auf Maria mit dem Kind; erst die spätere schuf figurenreichere Familienbilder mit Joseph, Elisabeth, der heil. Anna, der Mutter Marias, und Johannes dem Täufer, welche die Madonna mit dem ¶
Kind umgeben. Die ausgezeichnetsten Darstellungen dieser Art sind von Leonardo da Vinci, Raffael, Giulio Romano, Andrea del Sarto und Murillo. Ersterer läßt den Joseph meist weg, gibt aber dafür die heil. Anna und den kleinen Johannes mit seinem Lamm oder auch Engelsfiguren bei, wie er auch die Gestalten von einer dunkel gehaltenen landschaftlichen Umgebung sich abheben läßt, wie z. B. in der Vierge aux rochers. Raffael hat die mannigfaltigsten Darstellungen dieser Art geschaffen; auf der Grenze des bloßen Madonnenbildes stehen seine Belle jardinière und seine Madonna del Cardellino, wo außer Maria nur die beiden Kinder Christus und Johannes dargestellt sind; dann folgt die in der heilige Familiein der Münchener Pinakothek, welche, in symmetrischer Gruppe die beiden Kinder von ihren halb sitzenden, halb knieenden Müttern gehalten und den auf einen Stab [* 68] gestützten Joseph darstellend, als Haupttypus dieses Genres gelten kann. Das Höchste in diesem Darstellungskreis erreicht Raffael in der großen Madonna Franz' I. (im Louvre) in völlig freier, geistreicher Auffassung. Bezeichnend ist es für die mittelalterliche Auffassung der Maria, daß Joseph immer als betagter, oft fast grämlicher Mann neben der hohen jugendlichen Schönheit der Gottesmutter erscheint.
Kriege, in der Geschichte des alten Griechenland [* 69] die nach Amphiktyonenrecht zum Schutz des Apollonheiligtums zu Delphi und seiner Besitzungen gegen räuberische Nachbarn geführten Kriege (vgl. Amphiktyonen). Den ersten Heiligen Krieg führten Athen [* 70] und der Tyrann Kleisthenes von Sikyon 600-590 v. Chr. gegen Krissa, welches Pilgerscharen belästigt hatte; er endete mit Zerstörung dieser Stadt, und zur Feier des Siegs wurden die Pythischen Spiele erneuert.
Der zweite wurde 448 von den Spartanern gegen Phokis unternommen; dieser Heilige Krieg wird aber oft nicht mitgezählt. Der dritte (zweite) dauerte von 355 bis 346 und wurde von den Thebanern veranlaßt, um unter dem Vorwand des Schutzes Delphis und unter der Autorität der Amphiktyonen die Phoker, die einer Grenzverletzung beschuldigt wurden, zu unterjochen. Diese raubten aus dem Tempelschatz 10,000 Talente, verteidigten sich mit hartnäckiger Tapferkeit und wurden erst überwunden, als sich Philipp von Makedonien mit den Thessaliern und Thebanern verbündete. Den vierten oder dritten (339-338) führte König Philipp im Auftrag der Amphiktyonen gegen das der Verletzung von Tempelgebiet angeklagte Amphissa, das 338 zerstört wurde.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, [* 71] Kreis [* 72] Rastenburg, mit 330 Einw., berühmt durch das nahe dabei im Wald gelegene gleichnamige Kloster, den Hauptwallfahrtsort der Provinz, mit einer prächtig ausgestatteten Kirche.
Nacht, s. v. w. Weihnachten (s. d.);
in der Malerei allgemeine Bezeichnung für die Darstellung der Geburt Christi im Stall zu Bethlehem, insbesondere für ein in der Dresdener Galerie befindliches Gemälde von Correggio.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, an der Jarft und der Linie Dirschau-Seepothen der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, eine landwirtschaftliche Schule, Pflug- und Maschinenfabrikation und (1885) 3554 meist evang. Einwohner.
Hauptort der dem Fürsten von Fürstenberg gehörigen Grafschaft Heiligenberg, 204 qkm (3,7 QM.), und besuchter Luftkurort im bad. Kreis Konstanz, [* 73] 723 m hoch, auf dem Rande der nach S. steil abfallenden Linzgauer Berge gelegen, hat (1885) 733 kath. Einwohner, ein schönes Schloß des Fürsten von Fürstenberg mit reichgeschmückter Kapelle und schöner Fernsicht auf die Berge des Hegaues, den Schwarzwald, Bodensee und die Alpen.
im katholischen Kultus Bilder, Statuen und Gruppen von Heiligen sowie alle feierlich geweihten Bilder, welche durch die empfangene Weihe Gegenstand der Verehrung werden.
Dorf im österreich. Herzogtum Kärnten, Bezirkshauptmannschaft Spital, eins der höchst gelegenen Alpendörfer (1404 m), an der Möll, am Fuß des Großglockners, hat eine schöne gotische Kirche (aus dem 15. Jahrh.) und 173 (als Gemeinde 1018) Einw. Unfern mehrere imposante Wasserfälle (Möllfall, Gößnitzfall, Leiterfall, Jungfernsprung u. a.). Heiligenblut wird als Ausgangspunkt für den Besuch des Pasterzengletschers und für die Besteigung des Großglockners viel besucht. Nördlich führen Übergänge ins Fuscher Thal (Fuscher Thörl und Hochthor 2572 m) und ins Rauristhal (Heiligenbluter Tauern 2616 m). Der Name Heiligenblut rührt von einem Fläschchen mit dem Blut Christi her, welches der heil. Briccius in der Nähe in einer Höhle (jetzt Bricciuskapelle) verwahrt haben soll.
Seebad, s. Doberan. ^[= Stadt (seit 1879) im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Kreis Mecklenburg, berühmter Seebadeort ...]
Geists-Insel, s. v. w. Espiritu Santo-Insel. ^[= (Merena), die größte der Neuen Hebriden, im melanesischen Teil von Ozeanien, 4857 qkm (88 ...]
Geists-Orden, 1) (Orden der Hospitalbrüder des Heiligen Geistes von Montpellier [* 74] und Santa Maria di Sassia in Rom) von Guido von Montpellier für Hospitalritter unter St. Augustins Regel gestiftet, 1198 von Papst Innocenz III. bestätigt, der Guido 1204 zur Übernahme des Hospitals Sanctä Mariä in Saxia nach Rom berief. Sie wurden 1700 in reguläre Chorherren verwandelt. -
2) (Orden vom Heiligen Geist) vormals der erste Orden Frankreichs und einer der angesehensten Europas, wurde im Dezember 1578 von Heinrich III. zum Dank für die Wohlthaten gestiftet, die ihm an drei Pfingsttagen geworden, indem er an Pfingsten 1551 zur Welt kam, 1573 König von Polen, 1574 König von Frankreich wurde. Der Orden bestand aus 100 Rittern (»Kommandeuren«). Die Aufzunehmenden mußten 36 Jahre alt, katholisch und in vier Generationen adlig sein. Das Ordenszeichen war ein goldenes, weiß emailliertes Kreuz [* 75] mit acht Knöpfen und Lilien [* 76] in den vier Winkeln.
Auf dem Avers des grün emaillierten Mittelschildes war eine silberne Taube, auf dem Revers der heil. Michael. Die Devise ist: »Duce et auspice«. Der Orden wurde an breitem himmelblauen Bande (daher le cordon bleu) getragen, außerdem ein Stern, ähnlich dem Avers des Kreuzes, auf der Brust; die Geistlichen trugen ihn um den Hals. Der Orden blühte bis zur französischen Revolution; der Nationalkonvent hob ihn auf, und auch Napoleon I. stellte ihn nicht wieder her. Erst Ludwig XVIII. gab ihm 1814 seinen frühern Glanz wieder. Seit der Revolution von 1830 ward er nicht mehr verliehen. -
3) (Hospitaliter- und Hospitaliterinnenbrüderschaften zum Heiligen Geist in Frankreich) 1254 gestiftete Orden, wurden als weltliche Vereine dem Orden des Heiligen Geistes von Montpellier beigesellt. Die wegen ihrer weißen Tracht vom Volk gewöhnlich weiße Schwestern genannten Hospitaliterinnen wirken noch gegenwärtig in großer Anzahl für Erziehung der Mädchen, Kranken- und Armenpflege etc. -
4) (Missionspriesterverein zum Heiligen Geist) für Seminare, Missionsdienst und Spitalpflege, wurde 1700 von Abbé Desplaces und Vincent le Barbier in ¶