verlaufen die
Streck-, in letzterer die
Beugemuskeln. An einer gut geformten, schlanken Hand
[* 2] ist der Zeigefinger meist ein wenig
länger als der Ringfinger. Wegen des Unterschiedes zwischen der Hand des
Menschen und des
Affen
[* 3] s.
Daumen.
Als Rechtssymbol war die Hand im
Mittelalter das Zeichen der
Gewalt und infolgedessen auch der Münzgerechtigkeit,
wie sie sich als solches auf alten
Hellern und
Kreuzern (Händleinsheller,
Händelpfennige) findet. Der
Handschlag war seit alten
Zeiten die allgemeine Bekräftigung aller
Verträge und
Gelübde, sofern die
Sitte kein feierlicheres
Symbol vorschrieb; durch
ihn verbanden beide Teile gegenseitig ihre
Gewalt. Bei
Huldigungen nach dem
Lehnrecht legte der Mann beide
Hände zusammen, und der
Herr nahm sie zwischen die seinigen, oder jener kniete
nieder, seine Hände dem sitzenden
Herrn auf
die
Füße faltend.
Mit der Hand schwur man auch den
Eid, und zwar war es
Sitte, daß der Schwörende mit der
Rechten etwas hielt oder berührte,
Männer den Schwertgriff, später die
Reliquie,
Frauen die linke
Brust und den Haarzopf,
Geistliche und späterhin
FürstenBrust und
Herz. Traf jemand sein Vieh in fremdem
Besitz und wollte es wiedererlangen, so war Handauflage nötig: er
berührte vor
Gericht mit der
Rechten die
Reliquie, mit der
Linken faßte er das linkeOhr
[* 4] des Viehs. Auch
der heimliche Schöffengruß beim
Femgericht wurde dadurch ausgesprochen, daß der eintretende
Schöffe die rechte Hand erst
auf seine linke
Schulter, dann auf die des andern
Schöffen legte. Nicht selten wird auch (wie z. B. beim
Eide) die der Hand beigelegte
symbolische Verrichtung genauer durch
Finger bezeichnet. - Eine blutrote Hand ist die unterscheidende Wappenzier
des englischen
Baronets.
Endlich wird Hand gleichbedeutend mit
Arbeiter gebraucht, besonders im Matrosenwesen (»alle Hand auf
Deck«).
Vgl.
Bell, The human hand, its mechanism and vital endowments (7. Aufl., Lond.
1865; deutsch, Stuttg. 1851).
Sein Hauptwerk ist:
»Tursellinus, seu de particulis latinis commentarii« (Leipz. 1829-45, 4 Bde.;
unvollendet). Wir nennen noch: »Lehrbuch des lateinischen
Stils«
(Jena 1833; 3. Aufl., bearb. von
Schmitt,
1880);
»Praktisches Handbuch für Übungen im lateinischen
Stil« (das. 1838, 2. Aufl. 1850);
seine mit reichen Anmerkungen
versehene
Ausgabe von
Gronovs
»Diatribe in Statii
Silvas« (Leipz. 1812, 2 Bde.)
sowie die des
Statius selbst (das. 1817, Bd.
1; unvollendet).
weibliche, erstreckten sich ursprünglich in den einfachen Verhältnissen, welche unsrer jetzigen
Kultur vorausgegangen sind, auf die gesamte
Ausstattung des
Hauses. Neben der Besorgung der Lebensmittel
und Wartung der
Kinder war die
Arbeit der
Frauen vorwiegend auf Herstellung der
Kleidung gerichtet.
In den frühsten Kulturepochen
finden wir die
Frauen mit
Flechten,
[* 11]
Spinnen,
[* 12]
Weben,
[* 13] Verfertigen und Verzieren der
Kleider beschäftigt. Bei Völkern, welche noch
auf niedrigster Kulturstufe verharren, besteht dieser Zustand auch zur Zeit noch in vollem
Umfang.
Bei vorschreitender
Entwickelung bilden sich einzelne Industriezweige, welche einzelne Teile dieser
Handarbeit zum Gegenstand
ihrer Thätigkeit machen. So entstehen allmählich die
InnungenderWeber, Färber,
Schneider, welche im
Mittelalter nur ganz
ausnahmsweise den
Frauen die Mitarbeit gestatten, in den meisten
Fällen die
Frauenarbeit sogar durch ihre
Zunftregeln direkt verbieten. Wenn sich daneben bis zum Anfang unsers
Jahrhunderts immer noch in bescheidenern Verhältnissen
die Hausarbeit erhalten konnte,
Webstühle
[* 14] und Farbekessel noch in allen Dörfern zu finden waren, so verschwand auch dieser
Rest, als die große Fabrikation mit ihrer Maschinenindustrie im
Lauf unsers
Jahrhunderts eintrat, welcher nicht
einmal das von Männern systematisch betriebene
Handwerk widerstehen konnte.
In der
Konkurrenz mit der Maschinenarbeit kann die
Handarbeit heute nur dadurch bestehen, daß kunstverständige Leute den
Wert der Manufaktur
vor der Maschinenarbeit zu schätzen wissen und Handarbeiten die aufgewendete Mühe vergüten. Im allgemeinen
ist der
Gegensatz zwischen
Maschinen- undHandarbeit eine der schwierigsten sozialen
Fragen, deren
Lösung
noch nicht gefunden worden ist. Augenblicklich leidet die
Handarbeit schwer unter der Massenproduktion durch
Maschinen.
Bei dieser
Lage der
Dinge ist es eine tadelnswerte Unsitte der
Frauen aus höhern
Ständen, Handarbeiten, für
Geschäfte zu
Preisen zu übernehmen,
welche so niedrig sind, daß der auf den
Ertrag ihres Fleißes angewiesenen Handarbeiterin die
Konkurrenz
erschwert oder ganz unmöglich gemacht wird. Durch diese
Konkurrenz wird ein sozialer
Schade geschaffen, welchem durch kein
Gesetz Abhilfe werden kann. Man muß unter den gegenwärtigen Kulturverhältnissen darauf bedacht sein, der Maschinenthätigkeit
das zu überlassen, was diese zu leisten vermag, und innerhalb der
Handarbeit lediglich dasjenige
Element
zu pflegen, welches die
Maschine
[* 15] nicht ausbilden kann.
Dieses Gebiet verringert sich immer mehr; selbst die Anfertigung von Wäsche und fertigen Kleidern wird bereits fabrikmäßig
betrieben, so daß für die Schneiderei meistens nur das Richtigstellen der auf den allgemeinen
Normalmaßen basierten Kleidungsstücke
übrigbleibt und es schließlich der Vorzug besser gestellter
Kreise
[* 16] wird, Kleidungsstücke zu besitzen,
welche eigens für das
Maß ihres
Körpers angefertigt sind. Auf weiten Gebieten der Damenschneiderei, besonders für alle
schweren
Stoffe, Mäntel und Umhänge, sowie ferner für den größten Teil der sogen. Putzarbeit
ist die freie
Handarbeit bereits so gut wie verdrängt.
Die Herstellung männlicher Kleidungsstücke ist, höchstens mit Ausnahme der Wäsche und untergeordneter Gegenstände, wie
der
Krawatten, ebenfalls den
Frauen vollständig abgenommen. Als w. Handarbeiten, im engern
Sinn sind jetzt nur diejenigen
Arbeiten zu bezeichnen,
welche den
Frauen eigentümlich sind und von ihnen ohne Zuhilfenahme des
Maschinen- und Fabrikwesens im
Haus ausgeführt werden können; hierbei bleibt nur diejenige
Handarbeit übrig, die ein künstlerisches
Elementin sich birgt,
mit welchem die
Maschine bei ihrer einseitigen
Richtung auf die Massenproduktion nicht konkurrieren kann.
¶
Die prachtvollen Arbeiten der christlichen Klöster sind bekannt. England (opus anglicanum) war hochberühmt,
ganz Niedersachsen ist reich an solchen Werken. Aber auch in der häuslichen Arbeit war es Ehrensache jedes Mädchens, den
Schmuck seiner Ausstattung, wenn nicht das ganze Material derselben selbst geschaffen zu haben. Ein ähnlicher Zustand besteht
im Orient und in den halbzivilisierten Ländern, z. B. in Rußland und an der Donau, bis zum heutigen Tag.
Dort lebt die Kunststickerei traditionell in den Familien mit einem bestimmt abgegrenzten Formenkreis von Mustern fort. Formen
und Farben werden durch jahrhundertelange Übung so sicher beherrscht, daß ein Fehlgreifen fast nicht möglich ist, so daß
selbst ungeschickt ausgeführte Stücke von roherer Arbeit einen künstlerischen und malerischen Reiz behalten,
welcher dieselben unsern heutigen Kunstfreunden und Museen wertvoll erscheinen läßt. In dem zivilisierten Europa
[* 19] hat im Anfang
unsers Jahrhunderts die weibliche Handarbeit nicht nur durch die Maschine ihr Arbeitsgebiet verloren, sondern sie hat auch zugleich
ihre Tradition in Muster- und Farbenbehandlung eingebüßt, da dieser Umschwung zusammenfiel mit der Periode
des Klassizismus und der Nachahmung griechisch-römischer Formenreinheit.
Das Ideal jener Zeit war eine möglichst farblose Erscheinung in ganz glatten, lichten Stoffen ohne jegliche Verzierung, und
somit wuchs eine Generation auf, welche ohne Erziehung des Formen- und Farbensinns blieb und welche die alte Geschicklichkeit
so gut wie ganz verlor. An die Stelle der vielgestaltigen alten Kunststickerei traten mit fast alleiniger
Herrschaft die mehr mechanischen Arten der Stickerei, vor allen der Kreuzstich, welcher auf gegebener Grundlage nach gegebenen
Mustern arbeitet und jede selbständige Bildung der Form ausschließt.
Innerhalb der Muster hatte die ornamentale Kunst jeden Halt verloren und verwechselte bildliche Darstellung
mit Ornamentation. Man verfiel in groben Naturalismus und glaubte nichts Besseres thun zu können, als Blumen undBlätter möglichst
getreu und plastisch nach der Natur zu zeichnen oder auch bildliche Darstellungen, welche die gleichzeitige Malerei hervorbrachte,
direkt für Stickereien zu verwerten. Aus jener Zeit stammen die vielberufenen gestickten Teppiche, welche
einem zumuteten, auf romantischen Liebesabenteuern, Löwenjagden oder Palmenwäldern herumzutreten, welche mit zackig gebrochenen
Linien die ursprünglichen schönen Formen der natürlichen oder künstlerischen Vorbilder entstellten und schließlich durch
schreiend bunte Farben die Hauptwirkung zu erreichen suchten.
Gegen diese Geschmacklosigkeit erhob sich zuerst eine Strömung innerhalb der katholischen Kirche, welche
durch derartige Handarbeiten, die frommer Sinn als vermeintlichen Schmuck der Altäre bestimmt hatte, den ruhigen Charakter des
Gotteshauses gefährdet sah.
In den rheinischen Klöstern »zum armen Kind Jesu« wurden Stickschulen errichtet, welche nach erhaltenen
alten Vorbildern Paramente für den kirchlichen Gebrauch herstellten. Hieran schlossen sich innerhalb der Gemeinden Paramentenvereine,
die für gleiche Zwecke thätig waren und es sich angelegen sein ließen, nach streng stilisierten guten Vorbildern zu arbeiten
und auch die verlornen alten guten Kunstweisen wieder aufzunehmen.
Dieser Bewegung schloß sich auch die protestantische Kirche an, wenngleich bei ihr der Bedarf an derartigen Schmuckstücken
ein sehr viel geringerer ist. Die Verbreitung guter Muster und Vorbilder für weltliche Arbeiten fällt
zusammen mit den allgemeinen Bestrebungen für die Hebung
[* 20] des Kunstgewerbes. Man sammelte nun in den Gewerbemuseen als Vorbilder
vornehmlich ältere mustergültige Arbeiten, vor allen auch die Arbeiten desOrients, welche in unverwüstlicher Frische die
guten alten Formen und Farbensätze bewahrt haben, und stellte diesen unendlichen Reichtum der verschiedenen
Kunstweisen und Formen der Verarmung unsrer Tage gegenüber.
Als mächtige Förderer treten jetzt auch die Zeitschriften (»Die Modenwelt«, »Der
Bazar«) ein, welche an Stelle der frühern Modeblätter jetzt das ganze Gebiet weiblicher Handarbeiten umfassen. Die Veröffentlichung
mustergültiger alter Werke hat an dieser Fortbildung einen wichtigen Anteil. Neben der eigentlichen Nadelarbeit steht noch
als sehr wichtiger Teil die Spitzenklöppelei. Dieselbe wird als Hausindustrie in vielen Teilen von Belgien,
[* 26] Frankreich, Deutschland
[* 27] und der Schweiz
[* 28] betrieben. In neuerer Zeit sucht man die verschiedenen Arten grober, bäuerlicher Spitzen
wieder zu beleben, so in Rußland, Norwegen,
[* 29] Holstein, Irland.
Die Spitzenklöppelei hat jetzt überall den Charakter einer ausgebildeten Industrie, welche nicht sowohl für den
Hausbedarf als vielmehr für kaufmännischen Vertrieb nach gegebenen Mustern thätig ist und sich Gebirgsgegenden mit einer
billig lebenden Bevölkerung
[* 30] aufsucht, welche diese Arbeit in den Nebenstunden der sonstigen Hausarbeit ausführt. Eine wirkliche
Erweiterung sucht man der weiblichen Handarbeit neuerdings nach der Seite der ornamentalen Malerei hin zu geben.
Hier ist leitend gewesen A. v. Zahn mit seinem »Musterbuch für häusliche Arbeiten« (Leipz. 1870-73, 3 Tle.),
welches besonders die Holzmalerei für Ausstattung von Kästchen, Tischen und anderm Luxusgerät gefördert hat. Dazu vgl. Teschendorff,
Musterblätter für Holzmalerei (Berl. 1882). Das Malen auf Seide,
[* 31] Porzellan, Majolika (in England gibt es hierfür eine Ladies'
Association), das Ätzen in Stein und Zinn sind sämtlich Gebiete, auf welchen sich das einzig lebensfähige Element aller modernen
Handarbeit, das künstlerische, bei mäßigen Ansprüchen an die Begabung des Einzelnen vorteilhaft entfalten kann. ReichesMaterial bietet sich hierzu in folgenden Werken: Bock,
[* 32] Album mittelalterlicher Ornamentstickerei (Köln
[* 33] 1866);
im Gegensatz zu den Spanndiensten, welch letztere mit Wagen und Zugvieh ausgeführt werden, diejenigen
Fronen (s. d.), welche mit der Hand und zu Fuß geleistet werden.
Der Pflichtige oder sein Vertreter hat das nötige Werkzeug,
z. B. zum Wegbau u. dgl.,
mitzubringen.
die ursprüngliche Art, mit hölzernen oder metallenen FormenPapier, Zeug, Leder etc. durch eine Handpresse
zu bedrucken, bevor mechanisch thätige Druckpressen und Maschinen in Anwendung kamen.
(lat. Commercium, franz. Commerce, engl. Commerce, Trade), im weitern Sinn jeder zur Erzielung eines Gewinnes vorgenommene
Austausch von Gütern. Handel im engern Sinn, wie er der Auffassung des Handelsrechts entspricht, ist der auf
Arbeitsteilung u. eigner Berufsbildung beruhende regelmäßige Tausch oder der gewerbsmäßige Ein- und Verkauf von Gütern,
welche als Gegenstände des Handels allgemein Waren genannt werden. In einem engern Sinn versteht man im H. unter Waren auch nur
die beweglichen Sachgüter und unterscheidet demgemäß Warenhandel, Immobilienhandel (Handel mit
Grundstücken, Häusern), Effektenhandel (mit Wertpapieren), Geldhandel (Handel mit fremden Münzsorten, Geldwechsel).
Aufgabe des Handels ist es, die Waren örtlich und zeitlich zu verteilen und auf diese Weise Überfluß und Mangel zu begleichen.
Er sucht die Ware da auf, von wo sie billig zu beziehen, wo sie also in relativem Überfluß vorhanden
ist, und verbringt sie dahin, wo sie höher bezahlt wird, wo demnach einem dringendern Begehr ein verhältnismäßig kleiner
Vorrat gegenübersteht. Folge hiervon ist größere örtliche Ausgleichung der Preise. Hand in Hand hiermit
geht die zeitliche Verteilung der Waren (An- und Verkauf zu verschiedenen Zeiten, z. B. von Kohlen, landwirtschaftlichen Erzeugnissen
etc.) und die zeitliche Preisausgleichung (z. B. bei verschiedenem
Ernteausfall).
Als Hilfsmittel dienen dem Handel hierbei die Lagerbestände und Vorräte der Lagerhäuser, Warenhäuser, Docks, Entrepots, Speicher,
Magazine etc. Als Bedarfshandel genügt der Handel vorhandenen
Bedürfnissen, als Spekulationshandel faßt er die wahrscheinliche zukünftige Gestaltung des Marktes ins Auge
[* 35] (z. B. nach
Maßgabe der Berichte über den wahrscheinlichen Ernteausfall etc.), oder er sucht auch durch Schaustellung,
Reklame etc. neue Bedürfnisse zu wecken.
Bei einigermaßen entwickelter Kultur ist die internationale Arbeitsteilung unvermeidlich. Infolgedessen scheidet sich der
auswärtige Handel oder Außenhandel vom innern oder Binnenhandel (letzterer auch bisweilen als Landhandel
im Gegensatz zum Seehandel, d. h. dem über See, insbesondere nach entlegenen Ländern, betriebenen Handel). Der auswärtige Handel zerfällt
zunächst in den Einfuhr- und den Ausfuhrhandel. Häufig sind die eingeführten Waren nicht dazu bestimmt, im Land konsumiert,
sondern wieder ausgeführt zu werden; geschieht dies
lediglich unter Benutzung der Verkehrsanstalten
eines Landes, so spricht man vom Durchfuhr- (Transito-) Handel, werden dagegen an den eingeführten Waren technische oder wirtschaftliche
Veränderungen und solche spekulative Operationen vorgenommen, welche die Absatzfähigkeit und Wiederausfuhr vorbereiten (Lagern,
Sortieren, Teilen, Mischen, Emballieren etc.), so wird dieser Handelsbetrieb Zwischenhandel (früher Ökonomiehandel)
genannt (vorzüglichstes Beispiel: England, die Hansestädte und Holland in der Vermittelung des überseeischen Handels mit den
europäischen Kontinentalstaaten).
Über die hieran sich knüpfenden weitern Unterscheidungen der amtlichen Handelsausweise vgl.
Handelsstatistik. Aktivhandel treiben diejenigen Völker, welche durch eigne Handelsthätigkeit, z. B. mit eigner Reederei,
ihren Bedarf an fremden Waren decken und ihre eignen Erzeugnisse verkaufen, Passivhandel diejenigen, welche
ihren Aus- und Einfuhrhandel nicht selbst besorgen (insbesondere Länder halber Kultur, wie China,
[* 36] Japan). Auch spricht man von
Aktivhandel bei günstiger, von Passivhandel bei ungünstiger Handelsbilanz (s. d.). Nach dem Umfang unterscheidet man Groß-
(Engros-, Grosso-) und Kleinhandel oder Detailhandel, ohne daß sich eine scharfe Grenze zwischen beiden
ziehen ließe; gewöhnlich verkauft der Großhändler an Kaufleute, der Kleinhändler an die unmittelbaren Konsumenten (dagegen
direkter Verkauf bedeutender Geschäfte, wie großer Pariser und Berliner
[* 37] Läden, an Konsumenten und umgekehrt der Absatz kleiner
Aufkäufer an große Handlungshäuser).
Die Geschichte des Welthandels hat eine weitreichende Bedeutung, weil sie zugleich die Geschichte der menschlichen Gesittung
ist; seit Menschengedenken hat der Handel den Anstoß zu großen politischen und sozialen Bewegungen gegeben, zu geographischen
Entdeckungen geführt und die Kultivierung ganzer Erdstriche veranlaßt.
Der Handel des Altertums war vorwiegend Landhandel, indem er sich zumeist auf die drei alten Kontinente beschränkte; das Mittelmeer
mit seinen vielen Inseln, Buchten und Landzungen wurde fast nur zur Küstenfahrt benutzt. Der Ausgangspunkt der Handelsthätigkeit
liegt ursprünglich in Ägypten
[* 38] und Indien. Von Ägypten wissen wir, daß es mit den Wanderstämmen Libyens,
Arabiens und mit den Küstenländern Syriens im grauesten Altertum Handel trieb. Als am Euphrat und Tigris das gewaltige babylonisch-assyrische
Staatswesen entstand, knüpfte es bald mit Indien, mit der ArabischenWüste, Kleinasien etc.
¶
mehr
Handelsbeziehungen an; nach Syrien und Phönikien bestand durch die Wüste hindurch eine Karawanenstraße. Kaum später entwickelte
sich die Kultur in dem mit Naturschätzen reich gesegneten Indien, von wo sich der Handelsstrom durch Baktrien ergoß, die Wasserstraßen
des Oxus und Jaxartes benutzend, welche damals in das Kaspische Meer mündeten. Auch mit dem goldgesegneten
Strich an der Ostküste Afrikas, dem später sogen. Sofala, trat man vom Indus und Ganges aus in Verbindung.
Das Verdienst, einen ökonomischen Zusammenhang Asiens mit Südeuropa hergestellt zu haben, gebührt indessen erst den Phönikern;
ihre Handelsmacht gelangte in Tyros ungefähr im 10.-8. Jahrh. v. Chr. zur höchsten Entfaltung; sie breiteten
damals ihren Handelsverkehr über das ganze Mittelmeer, über den Arabischen und PersischenMeerbusen aus und drangen mit ihren
Schiffen nördlich in den Pontus Euxinus, östlich bis in das IndischeMeer, westlich bis in die Nord- und Ostsee, wo sie das Zinn
der Kassiteriden und von Cornwallis und den Bernstein
[* 40] von der jetzigen friesischen und jütischen Küste
geholt haben sollen.
Wie die Phöniker, besuchten auch Karthager auf ihren weiten Fahrten die KüstenFrankreichs, Portugals und
Nordspaniens; es ist als sicher anzunehmen, daß sie bis nach England und ins Baltische Meer gelangten, und daß Himilko im 4. Jahrh.
v. Chr. eine Reise nach dem Zinnland machte. Sie unternahmen Entdeckungsreisen an die Westküste von Afrika
[* 44] und betrieben mittels
Karawanen einen Landhandel in das Innere dieses Kontinents. Die Handelsherrschaft auf dem ganzen MittelländischenMeer hat Karthago vom 6. Jahrh. bis in die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. behauptet.
Das Anwachsen der griechischen Handelsmacht geht mit der politischen Geschichte der Hellenen gleichen Schritt; die mächtigen
Städterepubliken vertreiben die Phöniker allmählich aus den Niederlassungen am Ägeischen Meer, stellen
einen regelmäßigen Handel mit Kleinasien her und zeichnen sich besonders durch ihr Geschick in der Gründung von Niederlassungen
und Kolonien aus; Milet, Korinth,
[* 45] Ägina, Rhodos werden wichtige Mittelpunkte des Verkehrs. Der Einfluß Griechenlands macht sich
auch auf Ägypten geltend; die Milesier senden ihre Schiffe
[* 46] in die kanopische Mündung des Nils und gründen
Naukratis, die Vorläuferin Alexandrias.
Eine Verbindung des Nils mit den Bitterseen durch einen Kanal
[* 47] wird hergestellt und unter Dareios bis zum RotenMeer fortgesetzt.
Ebenso trieb sie Handelsgeist und Wandersinn an die Küsten des Pontus Euxinus nach Skythien (dem heutigen Südrußland), und
auch die bleibendsten Kulturwirkungen, die Kolonisierung Unteritaliens und Siziliens sowie die spätern
Ansiedelungen in Gallien (Massilia), Sardinien,
[* 48] Corsica,
[* 49] Nordafrika und Spanien,
[* 50] sind ein Ausfluß
[* 51] ihrer Handelsthätigkeit.
Später gelangte durch die politische Macht MakedoniensAlexandria zur Blüte.
[* 52] Alexander d. Gr. gründete
diese Stadt an einer
der Mündungen des Nils, um den Handel zwischen dem ganzen Osten und Westen zu beherrschen. Alexandria erhob
sich bald zu einer der bedeutendsten Handelsstädte und behauptete seine Stellung bis zur arabischen Herrschaft. Im Gegensatz
zu dem bisher geschilderten Zusammentreffen politischer und wirtschaftlicher Kultur bietet das römische Weltreich das Bild
einer Großmacht, welche dem Erwerb und Handel keinen Aufschwung zu geben, sondern nur die von andern errungenen
Erfolge rücksichtslos auszunutzen und schließlich zu vernichten verstand; die eroberten Provinzen werden geplündert und
kolossale Reichtümer in der Hauptstadt aufgehäuft.
Im byzantinischen Reich wurde Konstantinopel ein Verbindungsglied der morgenländischen und abendländischen Welt; es betrieb
einen nicht unbedeutenden Handel mit Indien, Ägypten (über Alexandria) sowie nach dem Westen und Norden; die
staatlichen Verhältnisse ließen indessen keine dieser Handelsrichtungen mächtig erstarken. Schon im 7. Jahrh. tritt der
Einfluß der Araber hervor, welche mit den Persern die hervorragendsten Träger
[* 58] der muselmanischen Kultur wurden; sie verstanden
es, nicht bloß in Arabien und Mesopotamien, in Syrien mit dem damals zur höchsten Bedeutung gelangten
Damaskus und in den Küstenländern des Schwarzen und KaspischenMeers, sondern auch selbst in dem von der Natur so schlecht ausgestatteten
Landstrich zwischen dem KaspischenMeer, dem Aralsee und dem Dschihun eine kunstgewerbliche und kommerzielle Blüte hervorzurufen,
und bemächtigten sich vollständig des ostasiatischen Handels.
Seit dem 12. Jahrh. wurde es von den übrigen italienischen Städten in den Hintergrund gedrängt. Unter diesen errang Venedig
infolge seiner glücklichen Lage und dadurch, daß es seiner Flotte gelang, die sarazenischen Seeräuber
zu bekämpfen, schon im 9. Jahrh. ein großes Ansehen; Genua und Pisa
[* 64] verdanken ebenfalls den im 10. und 11. Jahrh. besonders
lebhaft entbrennenden Kämpfen gegen sarazenische Seeräuber und normännische Plünderer sowie der gemeinsamen Eroberung von
Corsica und Sardinien ihre erste Bedeutung.
Die Handelsthätigkeit der Hafenstädte hob sich nun rasch, seitdem ihnen von der Regierung in Byzanz einige Vorstädte Konstantinopels
eingeräumt wurden und sie einen pontisch-griechischen Zwischenhandel beginnen konnten und anderseits in Italien selbst in den
lombardischen Städten eine gewerbliche Entwickelung begann. Vom entscheidendsten Einfluß waren jedoch die Kreuzzüge, deren
Expeditionen (seit dem 12. Jahrh.) durch die Flotten von Venedig, Genua und Pisa vorgenommen wurden.
Zahlreiche kommerzielle Einrichtungen, die Anlage von Lagerhäusern (fondachi), die Entstehung des Bankwesens, des Wechselverkehrs
etc., stammen aus der Blütezeit des italienischen Handels (13.-15. Jahrh.). Unter den Häfen des MittelländischenMeers hatten
Venedig und Genua alle andern an Bedeutung überflügelt, waren aber (im 14. Jahrh.)
in Kämpfe miteinander geraten. Sie stritten mit wechselndem Glück um den Besitz der StapelplätzeKleinasiens, auf denen die
indischen Waren zu Markte kamen, um die Suprematie im Mittelmeer und um die bevorzugte Stellung in Konstantinopel.
Zur Zeit, als die italienischen Hafenplätze ihren Zenith erreicht hatten, beginnt auch schon im NordenEuropas der kommerzielle
Geist sich zu regen. Im karolingischen Reich nimmt das Erwerbsleben einen raschen Aufschwung, insbesondere aber zeichnet sich
das Zeitalter der Städtegründung durch das Aufblühen des deutschen Gewerbes (Zunftbewegung) aus. Seit
dem 11. Jahrh. nimmt auch der Handel einen regern Aufschwung; die Kreuzzüge tragen das meiste zur Hebung des Binnenverkehrs und
der Beziehungen mit Italien und der Levante bei.
Mit den Entdeckungsreisen zu Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrh. beginnt eine völlige
Umwälzung des Welthandels. Die Wege des Handels werden verlegt, das Mittelländische Meer, welches während
zweier Jahrtausende der Schauplatz der Kulturthätigkeit war, wird allmählich verlassen, der Atlantische und IndischeOzean
werden die Verkehrsstraßen der Völker. Die Staaten, deren Handelsflotten an den Kolonisationen der neuerschlossenen Gebiete
aktiven Anteil nehmen, werden zu Trägern des Welthandels, und die andern versinken; die Handelsmacht geht
von den italienischen Republiken auf die Portugiesen und Spanier, von der Hansa auf die Niederländer und Engländer über, und
Frankreich tritt in die Reihe der Handelsstaaten ein. Ganz neue Waren gelangen in den Kreis
[* 79] des Verkehrs, und dieser erreicht
einen ungeahnten Umfang.
Den Anstoß zu diesen Veränderungen boten die Entdeckungen der Portugiesen auf den östlichen, jene der
Spanier auf den westlichen Meeren. Als Vasco da Gama im J. 1497 Afrika umschiffte, legte er denKeim nicht bloß der kurz dauernden
Handelsmacht
¶