Regentschaft aus dem Land verwiesene Armfeltsche
Partei rief Gustav zurück; sowie er auch sonst manche weise Einrichtung des Oheims
aufhob. Obwohl schon mit einer
Prinzessin von
Mecklenburg
[* 2] versprochen, ließ er sich 1796 doch von der
KaiserinKatharina II.
von Rußland zu einer Vermählung mit ihrer Enkelin
Alexandra Paulowna bereden, verweigerte aber nachher
die Unterzeichnung des Ehekontrakts, so daß die Vermählung nicht zu stande kam. Er vermählte sich hierauf mit
der
Prinzessin Friederike von
Baden,
[* 3] der Schwägerin des
KaisersAlexander I. Die Souveränität, welche sein
Vater errungen,
ließ er sich auf dem
Reichstag von 1800 zu
Norrköping bestätigen. Er schloß sich der von
Rußland gestifteten bewaffneten
Neutralität der nordischen Mächte an, blieb aber doch bei dem Vordringen der britischen
Flotte in den
Sund und bei dem
Angriff derselben auf das mit ihm verbündete
Dänemark
[* 4] unthätig; ja, nach
Alexanders I. Thronbesteigung
trat er 1802 dem neuen Handelsvertrag zwischen
England und Rußland bei, worauf er die von den Briten
besetzte
InselBarthélemy zurückerhielt.
auf dem
Reichstag von 1806 legte
sein Gesandter die
Erklärung nieder, daß der König so lange an den
Verhandlungen des deutschen
Reichstags keinen Teil nehmen
werde, als dessen Beschlüsse unter dem Einfluß der
Usurpation und des
Egoismus ständen.
Ein russisches
Heer von 60,000 Mann drang darauf 1808 in
Finnland ein und eroberte es, durch den
Verrat schwedischer Befehlshaber
unterstützt, nach kurzem
Widerstand seitens des von den Eingebornen tapfer unterstützten
Generals Klingsporr.
Anstatt diesem zu
Hilfe zu kommen, griff Gustav
Norwegen
[* 12] an; nach dem
Treffen bei
Enningdalen mußten sich jedoch die
Schweden unter
Armfelt über die
Grenze zurückziehen. Nachdem sich auch
England, das er aufs empfindlichste beleidigte, indem
er die Ausschiffung des englischen Hilfskorps verbot, den Befehlshaber,
GeneralMoore, verhaften ließ
und seine Friedensratschläge mit
Beschlagnahme aller englischen
Schiffe in schwedischen Häfen beantwortete, von
ihm abgewendet,
reizte Gustav noch den
Adel und das
Heer durch schroffe Behandlung und führte so selbst die
Katastrophe herbei, die ihn des
Throns
beraubte.
Die westliche
Armee, die unter Cederström an der norwegischen
Grenze stand, gab das Zeichen zur Empörung
und setzte sich unter
Adlersparre gegen
Stockholm in
Marsch. Der König, der vom
SchloßHage nach der Hauptstadt geeilt
war, beschloß, den Aufständischen entgegenzuziehen, und verlangte von der
Bank 2 Mill. Thlr. zu
Rüstungen.
[* 13] Als ihm
die
Summe verweigert wurde, drohte er mit
Gewalt. Jetzt glaubten die Verschwornen nicht länger zögern zu dürfen.
Klingsporr und
Adlercreutz verlangten 13. März von Gustav Änderung seiner
Politik, derselbe antwortete mit beleidigenden Vorwürfen.
Adlercreutz entfernte sich, um den
Hofmarschall Silfversparre und fünf
Adjutanten herbeizuholen, und erklärte, in deren
Begleitung zurückgekehrt, den König im
Namen der
Nation verhaften zu müssen. Entrüstet zog Gustav den
Degen, ward aber
überwältigt und entwaffnet.
Neue Verschworne, auch treue
Diener des
Königs eilten herbei, und während diese miteinander
rangen, stürzte Gustav aus dem
Zimmer, um die auf dem Schloßhof versammelten
Truppen zu seiner
Verteidigung aufzufordern, ward
aber angehalten und zurückgeführt.
Nachts 1
Uhr
[* 14] wurde er nach
Drottningholm und 24. März nach
Gripsholm in
Haft gebracht. Hier stellte er 29. März eine Entsagungsurkunde
aus, die dem
Reichstag zur Bestätigung vorgelegt ward. Dieser erklärte in seiner ersten
Sitzung(19. Mai) den König und seine
leiblichen gebornen und ungebornen
Erben der
KroneSchwedens für immer verlustig und übertrug dieselbe 5. Juni an den
Herzog von
Södermanland als
Karl XIII., der die
Regierung schon am
Tag von Gustavs
Verhaftung übernommen hatte. Dem entthronten
König ward für sich und seine
Familie ein jährliches
Einkommen von 66,666 ⅔ Thlr. ausgesetzt, statt dessen 1824 seiner
Familie eine Abfindungssumme von 721,419 Thlr. ausgezahlt wurde. Gustav selbst hat von
Schweden nie etwas angenommen, so daß er später bei seinem geringen Privatvermögen in
Armut geriet. Den ihm angewiesenen
Aufenthalt auf der
Insel Wissings-Ö bezog er nicht, sondern ging 6. Dez. nach
Deutschland
[* 15] und von da nach
der
Schweiz,
[* 16] wo er unter dem
Namen eines
Grafen von Gottorp lebte.
Später trennte er sich von seiner
Familie, begab sich 1810 nach
Petersburg,
[* 17] 1811 nach
London,
[* 18] ließ sich 1812 von seiner Gemahlin scheiden und trat 1814 eine
Reise nach
Jerusalem
[* 19] an, kehrte
aber von
Morea aus zurück. Auf dem
Wiener Kongreß suchte er vergeblich die
Rechte seines
Sohns auf den
schwedischen
Thron
[* 20] geltend zu machen.
Später ward er als Oberst Gustavsson
Bürger zu Basel,
[* 21] lebte höchst bescheiden, ja kümmerlich,
privatisierte 1827-29 in
Leipzig,
[* 22] ging dann nach
Holland und lebte später in
Aachen,
[* 23] zuletzt in St.
Gallen, wo er starb.
Er hinterließ einen Sohn (s. Gustav 6) und zwei Töchter; die älteste,
SophieWilhelmine, gest. war seit 1819 mit
dem
GroßherzogLeopold von
Baden, die jüngere, Cäcilie, gest. mit dem
Großherzog von
Oldenburg
[* 24] vermählt. Gustav schrieb
in französischer
Sprache:
[* 25] »Betrachtungen über meine ersten Kriegsthaten« (deutsch,
Jena
[* 26] 1817);
»Memorial des
Obrist Gustavsson« (deutsch, Leipz. 1829);
von Schweden, mußte aber nach der Entthronung seines Vaters durch Johann III. fliehen und ging nach Polen, wo er als Knecht diente.
Später folgte er einer Einladung des Zaren, der ihn zum König von Finnland zu machen versprach, nach Moskau,
[* 28] weigerte sich
indessen, wie gefordert ward, seine Religion zu ändern, wurde später vom falschen Demetrius ins Gefängnis
gesetzt und starb 1607 in Kaschin. Die Gelehrten seiner Zeit nannten ihn Theophrastus Paracelsus den Zweiten.
(EvangelischerVerein der Gustav-Adolf-Stiftung), eine Vereinigung aller derjenigen Glieder
[* 32] der evangelisch-protestantischen
Kirche, welchen die Not ihrer Brüder, die der Mittel des kirchlichen Lebens entbehren und deshalb in Gefahr sind, der Kirche verloren
zu gehen, zu Herzen geht. Derselbe hat, eingedenk des apostolischen Wortes Gal. 6, 10:. »Lasset
uns Gutes thun an jedermann, allermeist aber an desGlaubens Genossen«, zum Zweck, den kirchlichen Bedürfnissen solcher Glaubensgenossen
in und außer Deutschland, welche in ihrem eignen Vaterland ausreichende Hilfe nicht finden können, nach Kräften Abhilfe zu
leisten. Die Stiftung dieses Vereins schloß sich der zweiten Säkularfeier des TodesGustavAdolfs
an. Als für das Monument, welches damals über dem Schwedenstein errichtet werden sollte, die Beiträge den Kostenanschlag
überstiegen, wurde der Vorschlag laut, den Überschuß zu kapitalisieren, um mit den jährlichen Zinsen arme protestantische
Gemeinden zu unterstützen. In diesem Sinn erließen der LeipzigerSuperintendentGroßmann (s. d.), der Archidiakonus
Goldhorn und der KaufmannLampe
[* 33] einen Aufruf zur Beteiligung an dem Unternehmen, welches übrigens zunächst fast auf Leipzig
und Dresden beschränkt blieb. Die von beiden Hauptvereinen entworfenen Statuten wurden von der sächsischen Regierung
bestätigt. Als der Leipziger Hauptverein die Leitung der Gustav-Adolf-Stiftung übernahm, betrug das gemeinsame
Vermögen 4251 Thlr. Bis 1840 hatte man bereits 31 Gemeinden mit 1233 Thlr. zu unterstützen vermocht.
Einen großartigern Umfang gewann die Gustav-Adolf-Stiftung aber erst durch eine Aufforderung des Hofpredigers Zimmermann in der Darmstädter »Kirchenzeitung«
vom Dieselbe beabsichtigte die Begründung einer Anstalt zu gleichem Zweck, und es lag daher
der Gedanke einer Vereinigung der Bestrebungen, in welchen sich der Süden und Norden
[* 34] Deutschlands
[* 35] begegnet waren, nahe. Zu dem
Ende traten in Leipzig unter dem Vorsitz Großmanns gegen 600 Männer zusammen und gründeten den EvangelischenVerein
der Gustav-Adolf-Stiftung. Die Statuten wurden auf der Hauptversammlung zu Frankfurt
[* 36] a. M. 20.-22. Sept. 1843 festgesetzt.
Die Wirksamkeit umfaßt sonach lutherische, reformierte und unierte sowie solche Gemeinden, welche ihre Übereinstimmung mit
der evangelischen Kirche glaubhaft nachweisen; die Mittel dazu werden erlangt durch die jährlichen Zinsen vom
Kapitalfonds
des Vereins sowie durch jährliche Geldbeiträge von völlig beliebigem Betrag, durch Schenkungen, Vermächtnisse,
Kirchenkollekten etc. Die Gesamtheit der regelmäßig beisteuernden Mitglieder verbindet sich
zu Vereinen, deren gemeinsamer Mittelpunkt für die Verwaltung der Zentralvorstand in Leipzig ist.
AlleEinnahmen der Vereine zerfallen in drei gleiche Teile: hinsichtlich des ersten Dritteils steht jedem Verein die unmittelbare
freie Verfügung zu;
das zweite Dritteil sendet er, unter Umständen mit Bestimmungen über dessen statutenmäßige
Verwendung, an den Zentralvorstand oder versendet es selbst, begleitet von einem Schreiben desselben;
das letzte Dritteil
wird dem Zentralvorstand je nach dem Willen des einsendenden Vereins zur Kapitalisierung oder zur sofortigen Verwendung durch
jenen übergeben;
vom Kapitalvermögen sind nur die jährlichen Zinsen zu verwenden.
Sämtliche Hauptvereine
wählen auf den Hauptversammlungen den Zentralvorstand, welcher aus 24 Mitgliedern besteht, von denen 9 (darunter der Vorsitzende,
der Sekretär
[* 37] und der Kassierer) ihren dauernden Aufenthalt zu Leipzig haben müssen und alle drei Jahre ein Dritteil ausscheidet.
Der Zentralvorstand vertritt den Gesamtverein nach außen und besorgt die allgemeinen Angelegenheiten
im Innern. Sämtliche Mitglieder verwalten ihr Amt unentgeltlich. Auf den Hauptversammlungen, welche mindestens alle drei
Jahre von Abgeordneten der Hauptvereine und des Zentralvorstandes gehalten werden, beraten und beschließen dieselben über
die Wirksamkeit des Zentralvorstandes, über die gestellten Anträge etc. Während die bayrische Regierung dem Gustav-Adolf-Verein
durch Kabinettsorder vom die Bildung von Zweigvereinen untersagte (welches Verbot jedoch zurückgenommen
wurde), erteilte schon eine preußische Kabinettsorder die Genehmigung zur Bildung von Zweigvereinen in Preußen,
und das Kultusministerium berief hierauf die Abgeordneten der rasch entstandenen Provinzialvereine auf 1. Sept. nach Berlin,
[* 38] wo man sich zum Anschluß an den Gesamtverein entschied, welcher sodann auf der nächsten Hauptversammlung in Göttingen
[* 39] (1844)
zu stande kam.
Eine Gefahr schien dem Verein gleich darauf seine dogmatische Weitherzigkeit zu bereiten. Auf der Berliner
[* 40] Hauptversammlung
(1846) rief die Wahl des Königsberger Dissidentenpredigers Rupp heftige Debatten hervor, die fast zu einer
Spaltung des Vereins geführt hätten; doch ward die Angelegenheit auf der folgenden Hauptversammlung zu Darmstadt
[* 41] (1847) durch
das Übereinkommen beigelegt, daß dem Zentralvorstand nur die formelle Prüfung der Legitimation zustehen, dagegen der Hauptversammlung
das Recht verbleiben sollte, in vorkommenden Fällen über die Unzulässigkeit eines Deputierten wegen Fehlens der
Bedingung für die Mitgliedschaft zu beschließen.
Die 1851 in Berlin angeregte Idee, Frauenzweigvereine der Gustav-Adolf-Stiftung zu bilden, fand rasch und weithin Anklang. Seit 1854 werden
nach Vorgang Berlins in vielen Städten öffentliche Vorträge zum Besten des Vereins gehalten. Der Verein erstreckt sich jetzt
über das ganze Deutsche Reich
[* 42] und seit dem Protestantenpatent vom auch über Österreich,
[* 43] wo
sich zur Zeit der 14. Teil der gesamten Bevölkerung
[* 44] unter seinen Mitgliedern befindet. In Ungarn
[* 45] und der Schweiz, im Elsaß
und in Holland traten ihm Hilfsvereine zur Seite; die protestantischen GemeindenBelgiens schlossen sich direkt an.
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mehr
Der Verein zählte nach dem 1882 auf der 50. Hauptversammlung zu Leipzig erstatteten Bericht 44 Hauptvereine, 1762 Zweig-, 89 Orts-, 381 Frauen-
und 11 Studentenvereine; im gleichen Jahr vereinnahmte er, von Legaten abgesehen, 897,743 Mk. Seit seinem Bestehen hatte er
damals 2933 Gemeinden unterstützt; im genannten Jahr standen ihrer noch etwa 1200 in seiner Pflege, an
welche über ¾ Mill. Mk. jährlich abgehen. Nicht gering ist es anzuschlagen, daß der Verein viel dazu beigetragen hat,
das Gefühl der Zusammengehörigkeit in der so zerrissenen evangelischen KircheDeutschlands zu wecken. Er bildet noch gegenwärtig
geradezu die einzige thatsächliche Einigung innerhalb derselben.
L. (Gustavie), Gattung aus der Familie der Myrtaceen, tropische amerikanische Sträucher
oder Bäume mit großen Wechselblättern, weißen prächtigen Blumen in kleinen Endtrauben und etwas fleischigen, apfelähnlichen
Früchten. Gustavia augustaL. (GustaviainsignisWilld.) ist ein 6-9 m hoher Baum in Guayana, mit 20-30 cm langen Blättern und großen,
weißen, an der Spitze der Kronblätter geröteten Blüten. Das Holz
[* 47] riecht kadaverös und ist unter dem
NamenStinkholz von Guayana bekannt.
Gustavia speciosaDec., einStrauch in Neugranada, besitzt die merkwürdige Eigenschaft, daß Kinder,
welche seine Früchte häufig genießen, davon eine ganz gelbe Haut
[* 48] bekommen, welche Färbung nach einigen Tagen von selbst
wieder verschwindet. Diese und andre Arten werden bei uns in Warmhäusern kultiviert.
(an und für sich oder schlechthin, absolut gut, im Gegensatz zu dem, was nur verhältnismäßig oder relativ gut ist),
in der Moral das durch das Sittengesetz der praktischen Vernunft Vorgeschriebene, also das sittlich Vollkommene.
Gut wird der Mensch genannt, wenn er dem SittengesetzFolge leistet und dabei einzig und allein von der Überzeugung geleitet
wird, daß dies seine Bestimmung sei. Dann heißt auch eine Handlung, die, aus ebendieser Überzeugung entspringend, mit dem
Sittengesetz übereinstimmt.
Das absolut Gute steht dem schlechthin oder absolut Bösen, dem Unsittlichen, entgegen, welches dem Sittengesetz widerstreitet.
Das Gute wie das Böse in diesem Sinn wird einzig und allein durch das Vernunftgesetz bedingt und verändert seine Natur und
sein Wesen nicht nach den Umständen und Verhältnissen des Lebens, oder mit andern Worten: das Gute bleibt
gut, wenn es auch weiter keine angenehmen Folgen oder gar unangenehme haben sollte, so wie auch das Böse bös bleibt, wenn
es auch weiter keine unangenehmen Folgen oder selbst wirklich oder scheinbar angenehme haben sollte.
Gebraucht man aber die Worte gut und bös in relativem Sinn, so bezeichnen beide etwas höchst Veränderliches.
Im allgemeinen versteht man dann unter jenem das Nützliche, Zuträgliche, Lusterweckende, überhaupt das, was angenehme
Folgen hat; unter diesem dagegen das Schädliche, Unzuträgliche, Unlusterweckende, überhaupt das, was unangenehme Folgen
hat. Das Gute und Böse in relativem Sinn richtet sich nach den Folgen, die sich nicht im voraus mit Sicherheit
bestimmen lassen und daher für den Willen nicht die richtigen Motive abgeben können. Das absolut Gute wie das absolut Böse
gehen aus der menschlichen Freiheit hervor, insofern der Mensch nur deshalb, weil er einen durch sittliche Motive bestimmbaren
Willen besitzt, sittlich gut oder sittlich bös zu handeln vermag (s.
Freiheit).
(das ein Besitztum, Grundbesitz (geschlossene Güter als unteilbarer Grundbesitz), auch ein Vermögen überhaupt,
wobei man unbewegliches und bewegliches Gut unterscheidet. Im Handelswesen nennt man Güter im allgemeinen diejenigen Gegenstände,
die ein Fuhrmann, Schiffer etc. ladet, besonders aber die zur Versendung verpackten Waren¶
mehr
oder Frachtstücke, so z. B. Meßgut, welches zum Verkauf auf die Messe gesendet wird. Man unterscheidet: schweres und leichtes
Gut, je nachdem die Waren im Verhältnis zu ihrem Gewicht wenig oder viel Raum einnehmen, trocken Gut (zuweilen in Frachtbriefen),
wenn in einem Kollo, das keine Flüssigkeit enthält, mehrere verschiedenartige Waren zusammen verpackt
sind, die man nicht spezifizieren will; bei Schiffsladungen werden Stückgüter (in Tonnen, Kisten oder Paketen befindliche
Waren) und Sturzgüter (wie Getreide,
[* 56] Salz
[* 57] etc., welche ohne besondere Verschläge in das Schiff
[* 58] geschüttet werden) unterschieden,
bei Eisenbahnsendungen mit Rücksicht auf die Lieferzeit Fracht- und Eilgüter; ferner spricht man von Stückgütern, d. h.
solchen, welche nicht in ganzen Wagenladungen aufgegeben werden, sperrigen Gütern, d. h. solchen, welche einen verhältnismäßig
großen Raum einnehmen.
Der Begriff Gut spielt in der Nationalökonomie eine große Rolle. Allgemein nennt der Mensch jedes Ding ein Gut, welches für ihn
Wert hat. Hierbei sind die Motive der Wertschätzung gleichgültig. Die Zusammensetzung »wertloses Gut« enthält
demnach einen Widerspruch, sie will nur besagen, daß ein Gut sehr geringen Wert habe, während durch »wertvolles
Gut« angedeutet werden soll, daß ein Gut einen hohen Wert hat. Affektionsgüter wären solche, welche
für einen Menschen aus besondern Gründen einen außerordentlich hohen Wert haben.
Güter können materieller wie immaterieller Natur sein, welche beide Kategorien oft einander ersetzen können
und gegeneinander abgewogen werden, wenn die eine durch die andre erkauft wird. Güter sind demnach Sachen, welche als Produktions-
oder Genußmittel direkt und indirekt zur Bedürfnisbefriedigung dienen; Verhältnisse zu Personen und Sachen, welche teils
dem freien Verkehr entwachsen (Kundschaft), teils rechtlichen Beschränkungen und Bevorzugungen entspringen
(Privilegien, Realrechte etc.); endlich auch persönliche Dienste
[* 59] und allenfalls auch Menschen, welche je nach Rechtsordnung
und Sitte tot und lebend Arbeitsinstrumenten und Handelsartikeln vollständig gleichgestellt sein können.
Mitunter spricht man auch von innern und äußern Gütern. Erstere wären die Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse etc.,
die der Mensch besitzt, also Bestandteile des Menschen selbst. Wichtiger ist der Unterschied zwischen freien
und wirtschaftlichen Gütern, welcher davon abhängig ist, ob von dem Begehrenden für die Erlangung Opfer zu bringen sind
oder nicht. Frei sind viele Güter von Natur und zwar jedermann frei zugänglich als allgemein freie, nicht aneignungsfähige
und unübertragbare (Meer, Luft) oder als freie Besitzgüter, die zwar in Besitz genommen werden können,
aber wegen ihres verhältnismäßig häufigen Vorkommens nicht Gegenstand des Tausches sind.
Infolge der Rechtsordnung können auch Güter für einzelne Individuen, Familien, Klassen, Völker frei sein, sei es, daß sie
als naturfreie Güter ausschließlich besessen, sei es, daß sie zwar mit Opfern erzeugt, jedoch ohne oder
gegen ungenügende Vergeltung von andern erlangt werden. Wirtschaftliche Güter sind diejenigen, welche nur mit Aufwendungen
zu erlangen sind, indem die Natur sie nicht in fertigem, brauchbarem Zustand liefert, oder indem sie nur von andern durch
eine Gegengabe erworben werden können.
Die wirtschaftlichen Güter sind nicht identisch mit den Verkehrsgütern (den römischen res in commercio).
Außerhalb des Verkehrs befinden sich sowohl freie als auch wirtschaftliche Güter (nach römischem Rechte die res extra commercium,
heute
viele dem Staat gehörige Güter, welche der allgemeinen Benutzung zugänglich sind, wie z. B. die Landstraßen).
Erworben werden die Güter durch Eigengewinnung, auf dem Weg des Tausches, bez. Kredits, freiwillig unentgeltlich
(Armenpflege, familiäre Unterstützungen etc.) oder zwangsweise unentgeltlich, sei es unrechtmäßig
(Diebstahl) oder sei es auf Grund des bestehenden Rechts (Ausnutzung andrer, Besteuerung).
Wirtschaftlich wie juristisch sind gewisse Eigenschaften und Zustände von großer Bedeutung, welche nicht bei allen Gütern
oder nicht in gleichem Maß auftreten. MancheGüter verlieren durch Teilung ihren Wert (z. B. Form als Faktor der Wertschätzung,
Gipsfigur), bei andern wird er vermindert (z. B. Größe als Faktor der Wertschätzung, Diamant);
[* 60] wieder andre gestatten eine
beliebige Teilung und Zusammenlegung ohne Wertänderung (Metalle). Nicht alle Güter sind gleich verbrauchlich, was
von Wichtigkeit für die Kostenrechnung und den Kredit ist.
Für letztern wie auch für das Assekuranzwesen ist die Frage der Beweglichkeit (Mobilien, Immobilien) von Einfluß; für örtliche
und zeitliche Ausgleichung der Preise, von Überfluß und Mangel, Wahl des Standorts die der Transportierbarkeit. MancheGüter
können einander ersetzen, indem sie zu gleichen Zwecken dienen (Surrogate), wodurch die Bedürfnisbefriedigung
erleichtert und mehr gesichert, auch größere Regelmäßigkeit und Stetigkeit in der Wirtschaft erzielt wird.
Viele Güter sind nur eine Zeitlang (Kalender), andre dauernd brauchbar; die einen lassen sich nur zu einem, die andern zu
verschiedenen Zwecken benutzen, was die volle Verwertung bereits erzeugter Güter sichert; manche lassen
nur die Verwendung durch eine Person zu (einnützige als echte Gegenstände des Individualeigentums), andre gestatten die
Benutzung durch viele, oder sie verlangen geradezu eine solche, wenn eine volle Auswertung stattfinden und der Nutzen mit
den Kosten im Einklang stehen soll (vielnützige, wie große Bibliotheken, Museen, Straßen als geeignetere
Gegenstände der Gemeinwirtschaft).
GewisseGüter können für sich allein verbraucht und gebraucht werden, bei andern ist die Verwertung nur in Verbindung mit
dritten möglich. Die allgemeine Verbreitetheit oder örtliche Seltenheit ist entscheidend für Kommunikationswesen, Preisbildung,
industriellen Standort, internationale Arbeitsteilung; die Möglichkeit stetiger Reproduktion für Regelmäßigkeit und Ordnung
im Haushalt und im gesamten Leben. Nicht alle Güter lassen sich aufbewahren, ohne dem Verderb und der Wertänderung
ausgesetzt zu sein; die einen gestatten die Ansammlung in Form von Rohstoffen, die andern erfordern die Umwandlung in zum
Genuß fertige Produkte, wieder andre machen die Anwendung besonderer Maßregeln und Anstalten zur Konservierung
nötig. Im allgemeinen ist die volkswirtschaftliche Lage um so besser, je mehr unter sonst gleichen Umständen vorhandene
Güter teilbar sind ohne Wertänderung, je weniger sie sich durch ihre Anwendung vernutzen, je leichter sie zu transportieren
sind, je mehr sie einander ersetzen können, je mannigfaltiger ihre Brauchbarkeit ist, je dauerhafter sie
sind, und je leichter sie sich zu jeder Zeit im erforderlichen Umfang herstellen lassen.
letzterm das zur Bedienung der Stengen, Raaen und Segel gehörende Tauwerk, welches über die Scheiben der Blöcke läuft und auf-
und niederfährt, als Fallen,
[* 62] Brassen, Schoten, Halfen, Niederholen, Geitaue, Gordinge etc. Ist eins der Tauenden irgendwie befestigt,
so heißt dies der stehende Part, während das andre laufendes Ende oder Holpart genannt wird.
mit Gründen unterstütztes Urteil Sachverständiger, namentlich über Gegenstände, welche in einen Prozeß
einschlagen, und deren richtige Beurteilung wesentlich dazu beiträgt, für die juridische Entscheidung eine sichere Grundlage
zu gewinnen. Im Zivilprozeß werden Gutachten regelmäßig nur auf Antrag der Parteien im Beweisverfahren, selten
von Amts wegen eingeholt.
das Gegenteil der Bosheit (s. d.) und daher wie diese eine Beschaffenheit des Wollens in Bezug auf andre, während
die »Gutartigkeit«, das »gute
Herz«, eine Eigenschaft des Fühlens in Bezug auf andre bezeichnet. Letzteres fühlt Leid (Mitleid), wenn
der andre Leid, Freude (Mitfreude), wenn der andre Freude empfindet; die Güte will, daß der Wunsch des andern erfüllt werde,
aus keinem andern Grund, als weil es der Wunsch des andern ist. Dieselbe fällt mit dem Wohlwollen zusammen
und ist wie dieses uneigennützig, motivlos. In persönlicher Form verkörpert, stellt die Güte das wahre göttliche
Urbild dar.
Marktflecken in der niederösterreich. Bezirkshauptmannschaft Wiener-Neustadt, im obern Piestingthal an der
schluchtartigen Mündung der Steinapiesting, 482 m ü. M., reizend gelegen, Endstation
der LinieLeobersdorf-Gutenstein der Niederösterreichischen Staatsbahnen,
[* 65] hat ein altes und ein neues Schloß, (1880) 715 Einw., einen
Kupferhammer, ein Drahtzug-, ein Eisenhammerwerk und ist Sitz eines Bezirksgerichts. Gutenstein wird wegen seiner
schönen Lage und herrlichen Umgebung im Sommer stark von Wienern besucht. In dem alten Schlosse starb Friedrich der Schöne 1330. Das
nahe, 1662 erbaute Servitenkloster am MariahilferBerg mit Wallfahrtskirche und schönen Waldanlagen gewährt eine
herrliche Aussicht auf das Gebirge. Am Friedhof von Gutenstein ruht der Dichter Ferd. Raimund.
Vgl. Newald, Geschichte von Gutenstein (Wien 1870).
Geschäftsbetrieb derjenigen Personen (Güterbestätter, Güterbestätiger, Güterschaffner, Verlader,
in Hamburg
[* 66] Litzenbrüder), welche an Handelsplätzen den Verkehr zwischen Kaufleuten und Fuhrleuten vermitteln und besorgen.
Vielfach sind die Güterbestätter zugleich Spediteure, die auch das Eisenbahnfrachtgeschäft vermitteln. Die deutschen Bahnverwaltungen
besorgen indes die Güterbestätterei von und zu den Bahnhöfen auch selber, und zwar haben einige derselben die obligatorische
Bestätterei für die ankommenden Güter eingeführt, da die Eisenbahnverwaltungen das Recht haben, die Befugnis der Empfänger,
ihre Güter selbst abholen zu lassen, zu beschränken oder aufzuheben. Bei der Versendung von Waren auf Schiffen werden die
Vermittler zwischen Absendern und SchiffernSchiffsprokureure genannt. Nach der deutschen Gewerbeordnung
(§ 36) können Güterbestätter auch von den zuständigen Behörden und Korporationen bestellt und verpflichtet werden. Dieselben
genießen alsdann eine besondere Glaubwürdigkeit.
KarlEduard, preuß. Jurist, geb. zu Königsberg i. Pr., studierte 1847-1851 zuerst Geschichte,
dann die Rechte zu Königsberg, Bonn,
[* 67] München,
[* 68] Berlin und widmete sich 1851 der juristischen Praxis. Er habilitierte
sich 1861 an der Universität seiner Vaterstadt als Privatdozent für preußisches Recht, Prozeß ^[richtig: Prozeß- ] und Kriminalrecht
und wurde 1863 zum außerordentlichen, 1865 zum ordentlichen Professor befördert, worauf er die praktische Laufbahn 1868 als
Stadtgerichtsrat verließ. 1885 ward er zum GeheimenJustizrat ernannt. Außer seiner Inauguraldissertation
»Henricus de Bracton, quo tempore et qua ratione librum de jure anglicano composuerit« (Königsb. 1860) und einigen Aufsätzen
in Zeitschriften schrieb er: »Die englischen Aktiengesellschaftsgesetze von 1856 und 1857« (Berl.
1858);
»Über einige in der Praxis hervorgetretene Mängel des preußischen Konkursverfahrens« (das. 1860);
»Henricus de Bracton
und sein Verhältnis zum römischen Recht« (das. 1862; engl., Philad.
1866);
»De jure maritimo, quod in Prussia saeculo XVI. et ortum est et in usu fuit« (Königsb. 1866);
»Die Entstehungsgeschichte
der Carolina« (Würzb. 1876).
derEhegatten (Ehegüterrecht), Inbegriff der Normen für die durch die Ehe hervorgebrachten Vermögensrechtsverhältnisse
der Ehegatten. Bei den Römern trat in der ältern Zeit die Ehefrau in die Gewalt (manus) des Mannes; sie
verlor dadurch ihre vermögensrechtliche Selbständigkeit, nahm die Stellung eines Hauskindes an, und ihr Vermögen ging in
das Eigentum des Mannes über. Diese strenge Form wurde allmählich von der freien Ehe (matrimonium liberum) verdrängt; hier
ist das Vermögen der Ehegatten an sich ganz gesondert, es pflegt nur als Beitrag zu den Ehelasten von der
Frau oder für die Frau eine Mitgift (dos) dem Mann zu Eigentum übergeben, bei Auflösung der Ehe aber zurückerstattet zu
¶
mehr
werden; nur der Wille der Frau kann dem Mann auch die Verwaltung ihres übrigen Vermögens, welches Paraphernalgut heißt, übertragen.
Ein gegenseitiges Erbrecht findet bloß in Ermangelung aller erbfähigen Verwandten und eines Testaments statt. Erst das spätere
Recht schuf in der »Widerlage« (propter nuptias donatio) und in dem Erbrecht der armen Witwe eine regelmäßige
Witwenversorgung. Dagegen macht sich die würdige Auffassung der Ehe bei den Deutschen auch in dem ehelichen Güterrecht geltend.
»Eheleute haben«, sagt der Sachsenspiegel, »kein gezweites Gut zu ihrem Leben.« Das gesamte Vermögen dient dem ehelichen Leben
und ist in der Hand
[* 70] des Mannes vereinigt. Der Ehemann ist in der Regel befugt, die Fahrhabe der Ehefrau
zu veräußern, nicht aber die schon durch das Erbgutssystem gebundenen Liegenschaften. Letztere sind bei Trennung der Ehe durch
Tod oder Scheidung der Ehefrau oder dem Erben herauszugeben. Hinsichtlich der Fahrhabe der Ehefrau aber weichen die verschiedenen
Rechtsquellen sehr voneinander ab: bald fällt dieselbe dem Ehemann oder dessen Erben zu, wobei der Frau
oder deren Erben die Gerade, d. h. ein von der Rechtssitte fest bestimmter Inbegriff von Hausrat und Haustieren, und überdies
das Mußteil, d. h. die vorhandenen Speisevorräte, und die etwa am Morgen nach der Brautnacht bestellte Morgengabe zu Eigentum
herausgegeben werden; bald wird das sämtliche bewegliche Vermögen oder doch die Errungenschaft, d. h.
das gemeinsam während der Ehe erworbene Vermögen, nach gewissen Verhältniszahlen geteilt oder die Frau mit einem bloßen
Leibgedinge abgefunden.
Sind Kinder vorhanden, so bleibt der überlebende Ehegatte in der Regel mit denselben im ungeteilten Besitz und Genuß, bis jene
einen eignen Haushalt gründen. Diese den einfach bäuerlichen Verhältnissen und Sitten und dem Erbgutssystem
angemessenen Rechtssätze finden sich in den Volksrechten (5.-8. Jahrh.), im Sachsenspiegel und in den andern ältern Rechtsbüchern.
Die Zunahme der Bedeutung des beweglichen Vermögens, das städtische Leben, die Sorge für den im Gewerbsleben nötigen Kredit
führten im Verein mit dem Bestreben, hier das eindringende römische Recht zur Geltung zu bringen, dort
es abzuwehren, zu manchen Umgestaltungen, die bei dem Mangel eines Mittelpunktes der Rechtsbildung in unzähligen Landrechten,
Statuten und Gewohnheiten zum Ausdruck kamen. So erklärt sich die außerordentliche Verschiedenheit der Rechtsgrundsätze auf
dem Gebiet des ehelichen Güterrechts. Indes ist der ursprüngliche Grundzug des deutschen Rechts, die
Einheit des ehelichen Lebens unter der Herrschaft des Mannes, gewahrt. Überall ist das gesamte Vermögen in der Hand des Mannes
vereinigt und die Frau nur befugt, in dem Kreis der ihr zukommenden HauswirtschaftVerfügungen zu treffen, Verbindlichkeiten
einzugehen und Veräußerungen vorzunehmen, durch welche der Ehemann verpflichtet wird (sogen.
Schlüsselrecht der Ehefrau).
Im übrigen lassen sich drei Hauptsysteme des Güterrechts unterscheiden: das der Gütereinheit, der Gütergemeinschaft und
das Dotalsystem. Dem ältern Recht schließt sich am meisten das System der Gütereinheit (nießbräuchliche Gütergemeinschaft,
Güterverbindung, auch wohl äußere oder formelle Gütergemeinschaft genannt) an. Danach hat der Mann
neben seinem eignen Vermögen, über das er unumschränkt verfügt, für die Zwecke der Ehe das gesamte Vermögen, welches die
Frau besitzt oder erwirbt, und dessen Eigentümerin sie bleibt, in Verwaltung und Genuß,
welche Rechteman inLändern sächsischen
Rechts unter den Begriff des ehemännlichen Nießbrauchs (ususfructus maritalis) zu bringen pflegt: er darf
die Kapitalien einziehen, auch die Fahrhabe gültig veräußern, Liegenschaften aber nur mit Zustimmung der Frau;
oft sind
auch die Gläubiger des Mannes berechtigt, sich aus der Fahrhabe der Ehefrau bezahlt zu machen (»Die
dem Mann traut, traut dessen Schuld« - »wem ich meinen Leib gönne, dem gönne
ich auch mein Gut«).
Bei Trennung der Ehe behält der Mann oder dessen Erbe sein Vermögen und die Errungenschaft, die Frau oder
deren Erbe erhält ihr Einbringen, soweit es vorhanden ist, zurück und Ersatz für den Abgang, wegen welchen Anspruchs ihr
oft ein Pfand- und Vorzugsrecht eingeräumt ist. Für den Fall des Todes eines der Ehegatten ist meist dem
überlebenden ein weiterer Vermögensanspruch gesichert. Der Witwer behält bald die Fahrhabe der Frau (gemeines sächsisches Recht),
bald einen Bruchteil ihres Gesamtvermögens; die Witwe erhält bald ein Leibgedinge (vidualicium, Wittum), bald unter Einwerfung
ihres Vermögens in die Erbschaft einen Anteil der letztern (statutarische Portion) oder auch eine nach Maßgabe
ihres Einbringens bestimmte Jahresrente (dotalicium, Wittum in diesem Sinn), unter welchen Rechten sie zuweilen die Wahl hat.
Bei Auflösung der Ehe muß jedem Teil seine Hälfte zugeschieden werden; oft aber erbt der überlebende Ehegatte, wenigstens
in Ermangelung der Kinder, den Anteil des verstorbenen ganz oder teilweise (»Längst Leib, längst Gut« - »der letzte macht die
Thür zu«). Übrigens kommen sowohl bei dem System der Gütereinheit als bei demjenigen der allgemeinen
Gütergemeinschaft zuweilen vorbehaltene Güter (Einhands- oder Einhardsgüter) eines Ehegatten vor, welche vermöge besonderer
Übereinkunft oder ausdrücklicher letztwilliger Bestimmung dem einen Ehegatten ausschließlich vorbehalten sind.
Nach manchen Partikularrechten erstreckt sich die Gütergemeinschaft nicht auf das ganze Vermögen der Ehegatten, sondern nur
auf Teile desselben (partikulare Gütergemeinschaft). Diese tritt ein bald an der gesamten Fahrhabe, bald
an der sogen. Errungenschaft oder dem Adquest, d. h. allem Erwerb während der Ehe, zuweilen auch nur an dem, was durch die
Geschäftsthätigkeit der Ehegatten erworben und bezüglich erspart wird (Kollaboration). Es sind alsdann drei Gütermassen
zu unterscheiden: das Vermögen des Mannes, das der Frau und das gemeinschaftliche beider;
doch hat der
Mann auch hier, wie bei dem ersten System, die Verwaltung des Frauenguts.
Das dritte System ist das bereits oben in seinen Grundzügen
dargestellte römische Dotalsystem (s. Mitgift); doch stellt sich dasselbe partikularrechtlich vielfach modifiziert dar. In der
Regel verwaltet auch hiernach der Mann das ganze Vermögen der Frau, welches, insofern es bei Eingehung
der Ehe vorhanden ist, als Dotalgut, insofern
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