Comités historiques, durch Anregung zu Herausgabe wichtiger Quellensammlungen sowie durch seine eignen zahlreichen
Schriften
hat er sich um Beförderung der historischen
Studien in
Frankreich die größten
Verdienste erworben.
Leiden
[* 2] auch seine Geschichtswerke
an teleologisch-pragmatischem Doktrinarismus, so ist doch die große
Kunst der
Komposition und
Darstellung unbestritten, und
Guizot muß, wenn nicht zu den großen Staatsmännern, doch zu den ersten Schriftstellern
Frankreichs gezählt
werden. Im Auftrag der
Regierung der
Vereinigten Staaten
[* 3] von
Nordamerika
[* 4] bearbeitete er die Geschichte
Washingtons nach dessen
hinterlassenen
Papieren in
»Vie, correspondance et écrits de
Washington«
[* 5] (1839-40, 6 Bde.),
wofür sein Bildnis im Sitzungssaal
der Repräsentantenkammer zuWashington angebracht wurde. Als schriftstellerische
Produkte seiner Muße
seit der Februarkatastrophe sind hervorzuheben die politischen
Schriften: »De la dèmocratie en
France« (1849; deutsch. Leipz.
1849);
»Histoire de
Washington et de la fondation de la république des États-Unis« (3. Aufl. 1850; deutsch,
Leipz. 1850);
»Pourquoi la révolution d'Angleterre a-t-elle réussi?« (1850; deutsch,
Leipz. 1850);
»Monk, chute de la république et rétablissement de la monarchie en 1660« (1851, 6. Aufl.
1862; deutsch,
Wien
[* 6] 1852),
mit der Fortsetzung: »Études biographiques sur la révolution d'Angleterre« (1851, neue Ausg.
1862);
»Histoire de la république d'Angleterre et d'Oliver
Cromwell, 1649-58« (1854, 2 Bde.; 6. Aufl.
1871),
»La Belgique en 1857« (1857) und endlich die wertvollen
»Mémoires pour servir à l'histoire de mon temps depuis 1814 jusqu'à 22 février
1848« (1858-67, 8 Bde.);
die philosophischen: »Études sur les beaux-arts« (1851);
»Méditations et études morales« (1852, 3. Aufl.
1882; deutsch, Leipz. 1864);
»Méditations sur l'essence de la religion chrétienne« (1864; deutsch, Leipz. 1864);
»Mélanges politiques et historiques« (1869) und »Le
[* 7] duc de
Broglie« (1872).
Von der
»Histoire de
France, racontée
à mes petits enfants« (bis 1789 reichend, 1870-75, 5 Bde.)
wurde der letzte
Band
[* 8] durch seine Tochter
Mad.
de Witt herausgegeben, welche auch die Herausgabe der Fortsetzung bis 1848 in 2
Bänden
und der
»Histoire d'Angleterre racontée
a mes petits enfants« (1877-78, 2 Bde.) besorgte.
Vgl. Mad.
de Witt,
M. Guizot dans sa famille et avec ses amis (1880) und
»Lettres de
M.
à sa famille et à ses
amis« (1884);
Guizots erste Gemahlin,
ElisabethCharlottePauline de
Meulan, geb. zu
Paris,
[* 9] schrieb einige
Romane, wie »Les
contradictions« und »La chapelle d'Ayton«, und
Erzählungen für
Kinder unter dem
Titel: »Les enfants« (1812, oft aufgelegt).
Für das von Suard gegründete
Journal »Le Publiciste« lieferte sie eine
Reihe von
Jahren hindurch
Artikel über die verschiedenartigsten
Gegenstände und führte auch die polemische
und kritische
Feder mit gewandter
Hand,
[* 10] wovon die in ihren
»Éssais de littérature et de morale« (Par. 1802)
gesammelten
Aufsätze aus jener Zeit
Zeugnis geben.
Ihre zahlreichen
Jugendschriften, welche ihr mehrere akademische
Preise eintrugen, verraten weit mehr besonnene Umsicht und
Verstand als
Gemüt und
Phantasie. Ihr Hauptwerk sind die
»Lettres de famille sur l'éducation« (Par. 1827, 2 Bde.; 5. Aufl.
1860). Auch ihrem
Gatten leistete sie litterarische
Beihilfe. Sie starb Ch. de
Rémusat gab ausführliche biographische
Notizen von ihr als
Einleitung zu ihren nachgelassenen und von Guizot herausgegebenen
»Conseils de morale« (1828, 2 Bde.). -
ein ursprünglich ungarisches, jetzt durch ganz
Deutschland
[* 15] verbreitetes
Gericht, besteht aus in
Würfeln geschnittenem
Rind- oder Kalbfleisch, welches mit
Speck;
Erst 1784 wurde Guldberg durch den
Kronprinzen beseitigt. Von 1784 bis 1802 war er Stiftsamtmann in
Aarhus
[* 17] und starb Mit
Schytte, Sneedorf u. a. nahm er teil an der
Regeneration der dänischen
Prosa, die er durch seine wertvolle
»Weltgeschichte« (Kopenh. 1768-72, 3 Bde.)
bereicherte. Von seinen theologischen
Arbeiten sind hervorzuheben die »Zeitbestimmung für die
Bücher des
NeuenTestaments«
(1785) und die Ȇbersetzung des
NeuenTestaments mit Anmerkungen« (1794, 2 Bde.).
(Gülden,
Guldiner), ursprünglich Goldmünze, welche später von den Silbergulden als Goldgulden unterschieden
wurde. 1252 in
Florenz
[* 19] geprägte Fiorini d'oro zeigten auf einer Seite eine
Lilie mit der
Inschrift »Florentia«, und von letzterer
oder der
Blume (flos) stammt der
NameFloren
(Florin und die
AbkürzungFl.) für Gulden, welche von
¶
mehr
vielen Fürsten nach dem Muster der sehr verbreiteten und sehr geschätzten Fiorini geprägt wurden. Von den rheinischen Goldgulden
gingen anfänglich 64, später 72 auf 1 Mark, und erst im 17. Jahrh. wurde dieser Goldgulden durch den Dukaten verdrängt.
Der Silbergulden kam um die Mitte des 17. Jahrh. auf und fand weite Verbreitung.
Man teilte ihn gewöhnlich in 60 Kreuzer zu 4 Pfennig oder in 15 Batzen à 4 Kreuzer. Fast allenthalben aber rechnete man 3 Gulden = 2 Thaler
der betreffenden Münzfuße. Da der Gulden lange Zeit hindurch fast in ganz Deutschland und in mehreren angrenzenden Ländern als
gebräuchlichste Münze die Münzeinheit bildete, so wurden auch die verschiedenen deutschen Münzfuße
nach der Anzahl Gulden benannt, welche aus einer Mark feinen Silbers geprägt wurden, und man unterschied daher einen 18-, 20 und
24-Guldenfuß (s. Münzfuß). Die wichtigsten Guldensorten sind folgende:
1) Der sogen. feine sächsische Gulden oder das neue Zweidrittelstück (= ⅔ Thaler), wovon 18 auf eine kölnische
Mark fein Silber gehen, liegt dem LeipzigerMünzfuß von 1690, auch 18-Guldenfuß oder 12-Thalerfuß genannt, zu Grunde (= 2,33
Mark).
2) Der Konventionsgulden (Kaiser- oder Reichsgulden), wovon 20 auf eine kölnische Mark fein Silber gehen, ist die Grundlage
des 1748 in Österreich
[* 21] eingeführten und 1753 auch von Bayern
[* 22] angenommenen Konventionsfußes (= 2,10 Mark).
4) Der ältere süddeutsche Gulden, wovon 24½ = 1 kölnische Mark fein Silber, ist die Grundlage des 24½-Guldenfußes, welchen
die süddeutschen Staaten 1837 bei ihren Silberprägungen annahmen (= 1,714 Mark).
5) Der spätere süddeutsche Gulden, wovon 52½ auf ein neues deutsches Münzpfund fein
Silber gingen, von den erwähnten Staaten im Wiener Münzvertrag vom angenommen, war die Grundlage der neuen süddeutschen
Währung, die dem 24½-Guldenfuß nicht ganz ¼ Proz. (2½ pro Mille) im Wert nachsteht (gesetzmäßig ebenfalls = 1,714
Mark). Die jenem Vertrag beigetretenen Staaten prägten an gröbern SortenStücke zu 1 und ½ Gulden, dann als Vereinsmünze Stücke
zu 3½ Gulden (Doppelthaler); auch haben mehrere derselben Doppelgulden in dem vorherigen 24½-Guldenfuß gemünzt.
Dieser Gulden teilte sich in 60 Kreuzer à 4 Pfennig (in Bayern à 2 Heller).
6) Der neue österreichische Gulden, wovon 45 = 1 deutsches Münzpfund fein Silber, ward infolge des erwähnten
WienerVertrags von 1857 geprägt und ist die Grundlage der neuen österreichischen Währung, nach welcher im Kaiserstaat seit gesetzlich
gerechnet wird (= 2 Mark). Dieser Gulden wird in 100 Neukreuzer eingeteilt, und es werden in Österreich in
diesem neuen Münzfuß an Kurantsorten Stücke zu 2, 1 und ½ Gulden und bis 1868 als Vereinsmünzen Stücke zu 1½ Gulden oder Vereinsthaler
sowie Stücke zu 3 Gulden oder Doppelthaler geprägt. Im Venezianischen heißt dieser Gulden Fiorino, der Neukreuzer aber Soldo austriaco. 6 Gulden österreichischer
Währung = 7 Gulden süddeutscher Währung; 3 Gulden österreichischer Währung = 2 Thaler preußischer = 6 Mark, oder im 30-Thalerfuß 7 Gulden süddeutscher
Währung = 4 Thaler preußischer =
12 Mark. Der niederländische Gulden, eingeteilt in 100 Cent, früher, bis 1816, und bisweilen
noch jetzt in 20 Stüber (stuivers) à 16 Pfennig (penningen), wiegt 10 französische Gramm und hält 9 9/20
g fein Silber.
Hiernach ist ein niederländischer Gulden = 0,5670 Thaler = 1,701 Mark = 85,05 Neukreuzer österreichischer Währung. Der bis Ende 1841 üblich
gewesene und noch jetzt häufig in Preisstellungen vorkommende polnische Gulden (zlot) teilte sich in 30 Groschen
(groszy) und war = 0,486 Mark = 24,3 Neukreuzer österreichischer Währung. Es gab auch Stücke zu 2, 5 und 10 sowie bis 1814 zu 6 polnischen
Gulden. In Ost- und Westpreußen
[* 25] wurde der Drittelthaler (= 1 Mark) ebenfalls Gulden genannt und in 30 Kupfergroschen (à 4 preußische
Pfennige) geteilt.
FriedrichWilhelm, Kinderliederdichter, geb. zu Ansbach,
[* 40] bezog 1829 das Schullehrerseminar in Altdorf
und wurde 1842 Lehrer an der protestantischen Pfarrschule zu München, wo er 1844 auch einen Privatkursus
für Töchter aus den
¶
mehr
höhern Ständen eröffnete und 27 Jahre lang leitete. Er starb daselbst. Außer verschiedenen belehrenden Kinderschriften,
z. B. »Systematische Bilderschule« (Nürnb.
1847-51, 2 Bde.),
veröffentlichte er: »Kinderheimat in Liedern und Bildern« (mit Zeichnungen von GrafPocci und Bürkner, neue
Ausg., Gütersl. 1875);
»Leitstern auf der Lebensfahrt, ein Spruchbrevier«
(Leipz. 1881) und »Rätselstübchen« (hrsg.
von Lohmeyer, Glogau
[* 42] 1882).
Gülls Kinderlieder zeichnen sich durch glückliche Auffassung des kindlichen Geistes und Gemüts
aus und sind besonders durch die Kompositionen von W. Taubert weit und breit bekannt geworden.
(Gültenkauf, Gültkauf, Rentenkauf), eine Form der Grundverschuldung, bei welcher das im Eigentum des Schuldners
verbleibende Grundstück mit einem Zins (Rente) belastet wurde, im Gegensatz zur modernen Kapitalbelastung
durch Bestellung einer Hypothek (s. d.).
der zweite von den drei den Vater überlebenden legitimen Söhnen des numidischen KönigsMasinissa (die beiden
andern Söhne sind Micipsa und Mastanabal), ward 172 und 171 v. Chr. wegen der Streitigkeiten seines Vaters mit den Karthagern
als Gesandter nach Rom geschickt, um seinen Vater gegen die Anklagen der Karthager zu verteidigen, sollte
später (152) die Sache seines Vaters in Karthago
[* 43] selbst führen, ward aber nicht in die Stadt eingelassen und geriet auf dem
Rückweg durch einen Hinterhalt, den ihm die Karthager gelegt hatten, sogar in Lebensgefahr; als sodann 150 der Krieg zwischen
Masinissa und den Karthagern ausgebrochen war und die Karthager geschlagen und zur Ergebung gezwungen worden waren, überfiel
er die wehrlos Abziehenden und machte den größten Teil derselben nieder. Nach MasinissasTod (149) verlieh P. CorneliusScipio,
dem jener die Vollziehung seines Testamentsübertragen hatte, Gulussa den Oberbefehl über das Heer und die
Leitung des Kriegswesens, worauf dieser den Römern im dritten PunischenKrieg nicht unwesentliche Dienste
[* 44] leistete. Er starb
bald darauf. - Ein Sohn von ihm, Massiva, war 111 mit Jugurtha zusammen in Rom und wurde auf dessen Befehl ermordet, weil einige
angesehene Römer
[* 45] die Absicht hatten, ihn statt des Jugurtha zum König von Numidien zu erheben.
(Goum), in Algerien
[* 46] Name der Abteilungen der eingebornen irregulären Reiterei. Das Wort, aus dem arabischen hukm entstanden,
bedeutet s. v. w. Aufgebot etc. der streitbaren Mannschaft eines Stammes. Diese Reiter, obwohl ohne die geringste Mannszucht,
werden wegen ihrer Bekanntschaft mit dem Lande teils als Eskorten, Gendarmen etc., teils zum Plänklerdienst
und auf Vorposten benutzt. Sie stehen nicht unter französischen
Offizieren, sondern unter ihren eignen, von Frankreich bestätigten
Chefs und erhalten nur Sold, wenn sie Dienst thun. Das Bindeglied zwischen ihnen und der regulären Armee bildet die 1830 errichtete
eingeborne reguläre Reiterei, die spätern Spahis. Im J. 1870 wurden sie bei der Loirearmee zum erstenmal
in einem europäischen Krieg verwandt.
KarlWilhelm, Geolog, geb. zu Dannenfels in der Rheinpfalz, ward früh durch seinen ältern Bruder,
den Bryologen Theodor Gümbel, für die Naturwissenschaft gewonnen, studierte seit 1842 in MünchenPhilosophie und Naturwissenschaft,
dann in Heidelberg
[* 47] Geognosie und Bergwissenschaft, begann 1848 seine praktische Ausbildung in dem Steinkohlenbergwerk St. Ingbert,
ward 1850 Markscheider und 1851 zur Beteiligung an der geognostischen Durchforschung Bayerns nach München berufen. Er leitete
die Aufnahme des ostbayrischen Grenzstrichs von der Donau bis zum Fichtelgebirge, wandte sich aber seit 1855 der geognostischen
Durchforschung der Alpen
[* 48] zu und um so erfolgreicher, als gleichzeitig viele österreichische Geologen und Escherv. d. Linth
sich derselben Aufgabe widmeten.
Die Frucht dieser Arbeiten war »Die geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges und seines Vorlandes« (Gotha
[* 49] 1861),
das erste Werk, welches einen bedeutenden Teil der nördlichen Kalkalpen bis ins kleinste Detail darstellt
und geognostisch beschreibt. 1861 begann er in ähnlicher Weise die Ausarbeitung des ostbayrischen Gebirges, welche 1868 in
Gotha erschien. Ein dritter Band (1879) behandelt das Fichtelgebirge mit dem Frankenwald. Neben derselben lieferte Gümbel eine Übersicht
der böhmischen Kreide
[* 50] zur Vergleichung mit der in Niederbayern und eine Arbeit über Foraminiferen des südbayrischen
Nummulitenkalks, auch bearbeitete er die geologische Abteilung der »Bavaria«. Er wurde 1861 Professor an der MünchenerUniversität, 1868 auch
Professor der Geognosie an der technischen Hochschule daselbst, trat 1869 in das Kollegium des neuerrichteten Oberbergamtes und
wurde 1879 mit dem Titel Oberbergdirektor Vorstand dieser obersten Bergbehörde in Bayern. 1882 wurde er in
den Adelstand erhoben. Noch veröffentlichte er: »Anleitung zu geologischen Beobachtungen in den Alpen« (Münch. 1879) und »Geologie
[* 51] von Bayern« (Kassel
[* 52] 1884 ff.).
Ferdinand, Liederkomponist, geb. zu Berlin, war 1839-42 als Sänger auf verschiedenen Bühnen thätig,
widmete sich aber dann zu Berlin ausschließlich der Komposition und dem Gesangunterricht. Außer zahlreichen
ebenso melodiösen und sangbaren wie ausdrucksvoll deklamierten und infolgedessen ungemein populär gewordenen Liedern schrieb
er einige Liederspiele, von denen das 1848 erschienene: »Die Kunst, geliebt zu werden«, besondere Anerkennung gefunden hat.
Auch als Schriftsteller hat sich Gumbert vorteilhaft bekannt gemacht, teils durch eine Sammlung
von Aussprüchen etc. über die Tonkunst: »Musik. Gelesenes und Gesammeltes« (Berl. 1860),
großes Hospital, Kreislazarett, eine Salzburger Kolonieanstalt, eine Eisengießerei
[* 57] und Maschinenfabrik, mechanische Weberei,
[* 58] eine Möbelfabrik, Dampfsäge, Ziegeleien, Bierbrauerei
[* 59] und Hefefabrikation, Molkerei, besuchte Pferde- und Viehmärkte, einen
bedeutenden Füllenmarkt im September (Auftrieb
[* 60] etwa 5000 Füllen) und 1885 mit Garnison(2Bat. Grenadiere Nr. 3) 10,206 meist
evang. Einwohner. hat ein Gymnasium, ein Realprogymnasium, eine landwirtschaftliche Winterschule und ist
Sitz der Regierung, einer Oberpostdirektion, eines Amtsgerichts, eines Hauptsteueramts, einer Reichsbanknebenstelle und des
landwirtschaftlichen Zentralvereins für Litauen. Auf dem Marktplatz steht ein Standbild FriedrichWilhelms I. (von Rauch), der
Gumbinnen 1724 zur Stadt erhob und 1732 viele wegen ihrer Religion vertriebene Salzburger dorthin zog. 13 km östlich
von Gumbinnen liegt das Hauptgestüt Trakehnen (s. d.).
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Köln,
[* 64] 250 m ü. M., an der Aggerthalbahn, hat ein Amtsgericht,
eine evangelische und eine kath. Kirche, Kunstwoll- und Baumwollspinnerei, Jackenweberei, Zanella-, Papier-, Schäfte- und Dampfkesselfabrikation,
bedeutende Knopf- und Bandgeschäfte, Eisenhandel und in der Stadtgemeinde (1885) 7747 meist evang.
Einwohner.
weitverbreitete stickstofffreie, mit Zellstoff und Stärke
[* 65] isomere Pflanzenstoffe, welche
am reichlichsten in der Rinde baumartiger Gewächse auftreten. Sie sind amorph, farblos (durch Beimengungen gelblich bis braunrot),
durchsichtig bis undurchsichtig, geruch- und geschmacklos, lösen sich in Wasser zu einer schleimigen, klebenden Flüssigkeit
oder quellen darin nur sehr stark auf, sind unlöslich in Alkohol und werden daher durch diesen aus der
wässerigen Lösung gefällt.
Man gewinnt
das Gummi gewöhnlich nur durch Einsammeln, da es freiwillig aus der Rinde der Bäume oder Sträucher ausfließt und dann bald
erhärtet. Mit Harz und ätherischen Ölen gemengt, tritt das in den Gummiharzen (s. d.) auf. Früher hielt
man die Gummiarten durchweg für Sekretionsprodukte der Pflanzen; neuere Untersuchungen haben aber ganz bestimmt dargethan,
daß wenigstens einige durch chemische Metamorphose aus ganzen Geweben entstehen. Vorzugsweise wird das Material der Zellwände
in die Gummimetamorphose hineingezogen. Viele Gummiarten, besonders Gummi arabikum, Tragant, finden technische
Verwendung.
arabicum (GummiMimosae, arabisches Gummi, Mimosengummi, Akaziengummi), aus der Rinde von Acacia-Arten gewonnenes
Gummi, stammt hauptsächlich von AcaciaSenegalWilld. (Verek) in Senegambien, im Stromgebiet des WeißenNils und des Atbara, ganz
besonders in Kordofan, und tritt meist freiwillig aus; nur selten werden die Gummibäume angeschnitten.
AndreArten liefern weniger und meist braunes oder rötliches Gummi arabicum. Die Gummiernte wird sehr stark durch die
Witterung beeinflußt, auch richten Elefanten in den Gummiwäldern gelegentlich die größten Verwüstungen an. Das Gummi arabicum bildet
runde oder längliche, auch wurmförmige, zerbrechliche, rissige, farblose, gelbe bis braunrote, mehr oder weniger durchsichtige
und glasglänzende Stücke vom spez. Gew. 1,35-1,6
(ausgesucht reine Stücke nach dem Trocknen 1,525). Es löst sich bei gewöhnlicher Temperatur in seinem gleichen GewichtWasser
und gibt eine opalisierende, dicke, klebrige, sauer reagierende, fade schmeckende Flüssigkeit; auch bei 100° nimmt Wasser
nicht viel mehr Gummi arabicum auf, doch erfolgt die Lösung dann etwas schneller.
Die Lösung mischt sich mit Glycerin, welches auf trocknes Gummi arabicum nur wenig einwirkt. 100 Weingeist von 20 Volumprozent lösen 57,
bei 50 Volumprozent nur 4 Gummi arabicum. Die wässerige Lösung des Gummi arabicum polarisiert nach links, wird bei längerm Stehen unter Zuckerbildung
sauer und schimmelt. Zur Verhinderung des Schimmelns ist ein geringer Zusatz von Chinin empfohlen worden.
Lösliche Kieselsäure-, Borsäure- und Eisenoxydsalze trüben die Gummilösung oder verdicken sie zur Gallerte. Lufttrocknes
Gummi arabicum verliert bei 100° noch 13-14 Proz. Wasser und nimmt nach dem Trocknen dieselbe MengeWasser an der Luft wieder auf. Bei 100°
erleidet das Gummi arabicum bereits eine gelinde Röstung, und bei 150° wird es schwerer löslich.
Beim Verbrennen hinterläßt es 2,5-4 Proz. Asche, welche im wesentlichen aus kohlensaurem Kalk besteht. Dieser Gehalt an Kalk
ist wesentlich, denn das Gummi arabicum ist als ein saures Salz der
[* 68]
¶
Von den Handelssorten ist das Kordofangummi in rundlichen, meist blaß weingelben Körnern das beste.
Ihm am nächsten stehen das blaßgelbliche Senaargummi und das Suakingummi, welches mit dunkel rotbraunen Körnern gemischt
ist. Das minderwertige Senegalgummi stammt ebenfalls größtenteils von A.SenegalWilld., bildet häufig bis 4 cm große, oft
aber weit größere, kugelige, eiförmige oder unregelmäßig verlängerte, meist gelbliche bis schwachrötliche Stücke mit
minder tiefen und zahlreichen Rissen.
Zur Prüfung des sehr verschiedenen Verdickungsvermögens der Gummisorten benutzt man das Viskosimeter, einen Trichter mit
fein ausgezogener Spitze, welcher mit Gummilösung gefüllt wird, die man stets in denselben Verhältnissen bereitet. Die
Zeit des Ausfließens gibt einen Maßstab
[* 73] für die Dickflüssigkeit der Lösung. Das Viskosimeter von Ochs besteht aus
einem Cylinder von Weißblech von 9 cmLänge und 45 mmDurchmesser und ist an dem einen Ende durch einen flachen Boden, der in der
Mitte ein 4 mm weites Loch hat, geschlossen. 7-8 cm unterhalb dieses Bodens befindet sich ein Gewicht, welches durch zwei Messingdrähte
gehalten wird.
Zur Prüfung der Gummilösung stellt man diesen Cylinder mit seinem Boden auf dieselbe; das Gewicht hält
ihn dabei in vertikaler Lage und zieht ihn abwärts, so daß er mehr und mehr und zwar in dem Maß, als die Lösung durch das
Loch des Bodens in das Innere des Cylinders tritt, in die dicke Flüssigkeit einsinkt. Der Cylinder wird um
so schneller sinken, je dünnflüssiger die Lösung ist. Dünne Lösungen, die nicht mehr als 1 in 5 Wasser enthalten, kann
man mit dem Aräometer
[* 74] prüfen.
Die alten Ägypter benutzten Kami (griech. kommi) in der Malerei und bezogen es von der Somalküste. Von dort gelangte es über
arabische Häfen ins Abendland und erhielt daher den Namenarabisches Gummi. Auch Theophrastos und Dioskorides
sprechen vom Gummi arabicum, und die arabischen Ärzte benutzten es als Heilmittel. Im Mittelalter wurde es nur wenig angewandt, und es
kamen sehr geringe Mengen nach Europa; doch scheint es niemals ganz gefehlt zu haben. Vom Senegal wurden 1760 bereits 18,000
Ztr. exportiert, doch erst seit 30 Jahren ist das Senegalgummi für Europa von größerer Bedeutung geworden.
Gegenwärtig kommen über England jährlich 100,000 Ztr. Gummi arabicum, über Frankreich 80-100,000 Ztr. (hauptsächlich Senegalgummi)
in den Handel. Die Zufuhr nach Triest
[* 75] betrug 1880: 20,637 Kolli. Deutschland erhielt 1881: 20,000 Ztr.
Zeuge dadurch appretieren, daß man sie mit einer LösungGummi arabikum bestreicht.
Papier (Briefmarken, Preismarken
etc.) wird gummiert, d. h. auf der einen Seite mit Gummi- oder Dextrinlösung bestrichen, um es zum Aufkleben leicht benutzen
zu können.
Nach dem Trocknen wird gummiertes Papier durch Anfeuchten klebend gemacht.
Auch die mit Kautschuk
getränkten wasserdichten Stoffe werden »gummiert« genannt.
(Gummosis), Krankheit mancher Pflanzen, besonders gewisser Holzgewächse, besteht in der Absonderung beträchtlicher
Mengen von Gummi, welches von selbst aus der Pflanze hervorbricht und herniederfließt oder an der Oberfläche sich anhäuft
und eintrocknet. Die Kirsch-, Pflaumen- und Aprikosenbäume sind oft mit zahlreichen und starken Gummiflüssen
bedeckt. Hierher gehört ferner die Entstehung des arabischen Gummis, welches aus den Stämmen verschiedener Mimosen, desgleichen
die Entstehung des Tragantgummis, welches aus mehreren Astragalus-Arten hervorquillt.
Oft schreitet der die Zellen zerstörende Gummibildungsprozeß bis zur Kambiumschicht fort, zieht diese und darauf auch Bast
[* 78] und Rinde mit in seinen Bereich, worauf das Gummi äußerlich zum Erguß kommt. Dieser höchste Grad der
Krankheit ist für die Pflanze gefährlich, weil durch die Auflösung des Kambiums der weitere Zuwachs des Holzkörpers verhindert
wird und durch die Zerstörung des Bastes die demselben zufallenden wichtigen Lebensfunktionen gestört werden. Es wird an
solchen Gummiflüssen weit mehr Gummi produziert, als die Masse der der Desorganisation anheimgefallenen
Zellmembranen ausmacht. Kirschbäume mit starkem Gummifluß erscheinen immer mehr oder minder kränklich, stark ergriffene Äste zeigen
mangelhaftere Belaubung und Knospenbildung und allmählich um sich greifendes Dürrwerden. Die
¶
mehr
Ursachen und Bedingungen des Gummiflusses der Obstbäume sind noch nicht genügend ermittelt; fast immer bringen starke Verwundungen
an den Stellen, wo durch sie eine Ansammlung von plastischen Stoffen bewirkt wird, Gummifluß hervor; nicht minder zeigt sich derselbe,
wenn die Knospen
[* 80] in größerer Anzahl entfernt sind. Es scheint also, daß die Gummisekretion immer dann
eintritt, wenn die zu Neubildungen fähigen Säfte nicht genug normale Verbrauchsherde vorfinden. Gegenmittel gegen die Gummiflüsse
bestehen in dem Zurückschneiden der kranken Äste, auch in Längseinschnitten durch die Rinde und bei ungünstigen Bodenverhältnissen
in Umsetzen.
(Gummikanäle), Intercellularkanäle der Pflanzen, deren Inhalt aus homogenem Gummischleim besteht, stellen
meist kontinuierliche, oft auf weite Strecken durch die Stengel
[* 81] und Blätter im Parenchym der Rinde und des Marks hinlaufende Kanälchen
dar (vgl. Absonderung, S. 59 f., und Intercellularkanäle).
(Gutti), ein Gummiharz, der eingetrocknete Milchsaft aus dem asiatischen BaumGarciniaMorella Desr., wird gewonnen,
indem man einen spiralförmigen Einschnitt in die Rinde macht und den ausfließenden Saft in einem Bambusrohr
auffängt. Nach dem Erhärten des Saftes wird der Bambus abgelöst, und man erhält das in walzenförmigen Stücken von 2,5-6,5
cmDurchmesser. Es ist sehr dicht, vollkommen gleichförmig, undurchsichtig, schön rotgelb, bricht sehr leicht und großmuschelig,
gibt ein hochgelbes Pulver, ist geruchlos, schmeckt brennend, scharf kratzend, bildet mit Wasser eine schön
gelbe Emulsion, löst sich nur zum Teil in Alkohol und Äther, erweicht bei 100°, ist aber nicht schmelzbar und besteht aus
Harz mit wenig Gummi und 5 Proz. Wasser.
Die beste Sorte kommt aus den östlichen LändernHinterindiens über Singapur
[* 82] oder Bangkok.
[* 83] Geringere Sorten
sind bräunlich und auf dem Bruch körnig. Man benutzt das Gummigutt als gelbe Wasserfarbe, zu gelben Firnissen und als drastisch
wirkendes Arzneimittel, welches kaum dem Krotonöl nachsteht. Vergiftungsfälle durch die berüchtigten Morisonpillen dürften
meist auf Rechnung des Gummigutts zu schreiben sein. Gummigutt wurde zuerst von einem chinesischen
Reisenden, der 1295 Kambodscha besuchte, erwähnt. Nach Europa gelangte die erste Probe durch JacobvanNeck zu Anfang des 17. Jahrh.,
und schon 1611 wurde es in Bamberg
[* 84] medizinisch benutzt.
(Gumpeltzheimer), Adam, Komponist, geboren um 1560 zu Trostberg in Oberbayern, trat 1575 als
Musiker in die Dienste des Herzogs von Württemberg
[* 85] und wurde 1581 Kantor in Augsburg,
[* 86] wo er 1625 starb. Er hat sich namentlich
als Komponist geistlicher Lieder bekannt gemacht, die in verschiedenen Sammlungen im Lauf des 16. und 17. Jahrh. erschienen
und zum Teil noch bis zur Gegenwart ihren Kunstwert bewahrt haben. Auch veröffentlichte er 1595 ein
»Compendium musicae latinum germanicum« (12. Aufl.
1675),
von dem auch eine deutsche Ausgabe (»Singkunst in 10 Kapiteln«, 1610) existiert.
Bezirkshauptmannschaft Baden,
[* 87] an der Südbahn und am Fuß des
aussichtsreichen Anninger (675 m),
mit einer Kirche aus dem 15. Jahrh., Kommende des deutschen Ritterordens
und (1880) 2079 Einw., welche ausgezeichneten Weinbau (weißen »Gumpoldskirchner«),
Otto, Musikschriftsteller, geb. 1823 zu Erfurt,
[* 88] studierte in Breslau,
[* 89] Halle
[* 90] und BerlinJurisprudenz und beabsichtigte,
sich der akademischen Laufbahn zu widmen, übernahm jedoch 1849 die musikalische Kritik der in letzterer
Stadt erscheinenden »Nationalzeitung« und hat sich seitdem bis in die neueste
Zeit durch seine gediegenen und geistvollen Besprechungen musikalischer Leistungen als einen der glänzendsten Vertreter
des deutschen Musikfeuilletons bewährt. Die bedeutendsten Arbeiten des seit einer Reihe von Jahren erblindeten Mannes erschienen
in erweiterter Form als »Musikalische Charakterbilder« (Leipz. 1869) und »Neue musikalische Charakterbilder«
(das. 1876),
deren Inhalt zum Teil in die spätern Sammlungen: »Unsre klassischen Meister« (das. 1883-85, 2 Bde.)
und »Neuere Meister« (2. Aufl., das. 1883, 2 Bde.),
überging.
bedeutender Fluß im nördlichen Indien, hat am Fuß des Himalaja, in 28° 37' nördl. Br. und
80° 7' östl. L., in 184 m Höhe, in einem Sumpf seinen Ursprung, durchströmt in stark gewundenem LaufAudh in südöstlicher
Richtung, ist von Lakhnau an während des ganzen Jahrs schiffbar, während dies oberhalb wegen Stromschnellen nur bei hohem Wasserstand
der Fall ist. In Lakhnau wird er von fünf Brücken,
[* 91] bei Dschaunpur von einer Eisenbahnbrücke mit 16 Bogen
[* 92] von je 28 m Weite überspannt und fällt 94 km unterhalb letzterer Stadt in den Ganges.
Hauptstadt eines Liwas im WilajetTrapezunt in Kleinasien, amphitheatralisch an den steilen Abhängen
einer weiten Gebirgsschlucht 1500 m ü. M. gelegen, mit etwa 800 Häusern, treibt beträchtlichen Handel
mit Obst, Töpfergeschirr und Fellen.
Die ehemals ergiebigen Silbergruben liegen jetzt danieder. Am wurde hier der
Pascha von Trapezunt von den Russen geschlagen.