in
Spanien
[* 6] bewaffnete Volkshaufen, die besonders nach der französischen
Invasion von 1808 sich bildeten und neben den regulären
Truppen durch
Führung des kleinen
Kriegs dem Feind bedeutenden
Schaden zufügten. Diese Kriegsweise ist den Spaniern zu allen
Zeiten eigentümlich gewesen, in gleicher
Weise ein
Produkt ihres
die strenge militärische
Zucht abweisenden
Naturells und der
Formation des
Landes, welches in schwer zugänglichen
Gebirgen den
Guerillas vortreffliche
Stützpunkte gewährt.
Mit ihr hatte einst
Viriathus den
Römern jahrelang
Widerstand geleistet, hatten die
Christen ihre ersten
Erfolge gegen die Araber errungen, im spanischen
Erbfolgekrieg die Anhänger der
Bourbonen und der
Habsburger einander befehdet.
Als daher die regelmäßigen
Heere von den
Franzosen zersprengt waren, erließ die Zentraljunta ein
Dekret, welches
im ganzen
Reich, besonders aber in den
Gebirgen, dieBildung von Guerillas anordnete, um kleinere Abteilungen des
Feindes zu überfallen, seine
Kommunikationen abzuschneiden, seine
Depots aufzuheben, dabei auch den Nationalhaß überall
lebendig zu erhalten. In wenigen
Monaten bedeckte sich das Land mit solchen
Banden unter
Führung von
Bauern,
Mönchen, Schmugglern,
Offizieren etc., welche zwar das Land selbst arg ruinierten, aber den
Franzosen auch unüberwindliche Schwierigkeiten bereiteten.
Die durch die französischen
Siege versprengten
Soldaten füllten ihre
Reihen. Unter kühnen
Führern wurden die Guerillas schon im
Frühjahr 1809 größern feindlichen
Korps so gefährlich, daß z. B.
Victor und
Sébastiani nicht nach
Andalusien vordringen
konnten. Oft gelang es den Guerillas, wichtige
Posten abzufangen, vor allem wurden die
Franzosen gezwungen, ihre
Etappen stark zu besetzen und ihre
Kräfte in einem ermüdenden und blutigen Parteigängerkampf aufzureiben.
Repressivmaßregeln steigerten nur die Rachsucht, die Verwüstung des
Landes die Zahl der verzweifelten
Kämpfer. An dem
Scheitern
der
KriegspläneNapoleons haben die Guerillas einen Hauptanteil gehabt, und unter ihren Anführern sind als
besonders durch
Glück,
Charakter und persönliches
Schicksal ausgezeichnet
außer
Empecinado zu nennen: der
Alte von
Sereña,
Pastor, welcher später
General wurde, Abuelo, Chacelo, besonsonders ^[richtig: besonders] aber der
PfarrerMerino (s. d.). Auch
der englische
GeneralRobertWilson (s. d.) hatte großen Einfluß auf die
Organisation der Guerillas und deren
Erfolge.
Nach dem
Frieden von 1814 arteten die Guerillas zum Teil in Räuberbanden aus, welche einzelne
Provinzen arg heimsuchten. Durch Verfolgte
und Unzufriedene verstärkt, gewannen sie infolge der
Revolution von 1820 eine neue politische Bedeutung. Durch den
Fanatismus
der
Pfaffen aufgereizt, bildeten sich royalistische Guerillas, denen konstitutionelle entgegentraten, so daß
sich zwischen beiden ein förmlicher Parteikampf entspann. Nach dem Abzug der
Franzosen gab die Verfolgung der politisch Kompromittierten
dem Bandenwesen in
Spanien neue
Nahrung, welches nun wieder in gemeine Räuberei überging.
Auch um die Ansprüche des
Don Karlos nach
Ferdinands VII.
Tod 1833 durchzusetzen, beriefen die
Priester, vor allenMerino,
wieder Guerillas, so daß der damalige
Bürgerkrieg in den ersten
Jahren einzig von diesen
Banden unterhalten wurde.
Später, mit der
Organisierung des karlistischen
Heers, verlor sich der
Name Guerillas, jedoch nicht die Kriegsart derselben. Im letzten Karlistenkrieg
seit 1872 endlich traten wieder Guerillas auf unter
Führern wie der
PfarrerSanta Cruz, Saballo u. a., die dem
Kampf einen grausamen
Charakter aufgeprägt haben. Auch die Mexikaner haben im
Kampf gegen die
Franzosen 1863-66 mit Erfolg Guerillabanden
gebildet.
Nachdem er 1802
Italien
[* 10] besucht hatte, ließ er sich zu
Paris nieder, wo er eine
Reihe größerer Werke, unter andern
Napoleon,
den
Rebellen in
Kairo
[* 11] verzeihend,
Andromache und
Pyrrhos (1810),
Äneas, der
Dido sein
Abenteuer erzählend
(1813), und
Klytämnestra im
Begriff,
Agamemnon zu ermorden (1817, alle drei im
Louvre zu
Paris), ausführte. Im J. 1822 wurde
er zum
Direktor der französischen
Akademie in
Rom
[* 12] ernannt, in welcher
Stellung er bis 1829 blieb. Im J. 1833 kehrte er
noch einmal nach
Rom zurück; wo er starb. Seine von der Davidschen
Richtung beeinflußten Gemälde zeichnen sich
durch technische Meisterschaft der Behandlung, Korrektheit der
Zeichnung und effektvolle
Beleuchtung
[* 13] aus, mit welch letzterer
Guérin eine neue
Richtung eröffnete. Aus seinem
Atelier sind
Géricault, Sigalon,
Delacroix und Ary
Scheffer
hervorgegangen, die sich freilich von seiner Art weit entfernt haben.
studierte 1821-26 in Löwen,
[* 15] übernahm 1828 die »Gazette de la santé« (die spätere »Gazette médicale de Paris«) und erhob
dieselbe zu dem wichtigsten französischen Fachjournal. Er gründete 1839 das bedeutende orthopädische Etablissement La
Muette de Passy u. übte einen sehr hervorragenden Einfluß auf die Neugestaltung der Orthopädie. Einen 1837 von der Akademie
ausgesetzten Preis für die beste orthopädische Arbeit gewann er durch ein an Untersuchungen und Beobachtungen ungemein reiches
Werk in 16 Bänden mit 400 Tafeln.
Dasselbe ist nie vollständig publiziert worden, doch kamen eine Reihe einzelner ausgewählter Kapitel bis 1841 zum Druck;
»Neue Untersuchungen über veralteten Torticollis und die Behandlung dieser Difformität durch die subkutane
Durchschneidung der verkürzten Muskeln«
[* 17] (1841);
»Untersuchungen über die angebornen Verrenkungen« etc. Guérin starb in
Hyères.
kam 1828 nach Paris, wo er das »Journal des enfants«,
dann die »Gazette des enfants et des jeunes personnes« gründete und 1846 zum Geschichtschreiber der
Marine ernannt wurde. Am bedeutendsten sind seine »Histoire maritime de France« (1842-43, 4. Aufl. 1863) und die Geschichte
des Krimkriegs: »Histoire de la dernière guerre de Russie« (1858, 4 Bde.),
deren Hauptinhalt der Korrespondenz seines in jenem Kriege gefallenen BrudersAdolphe entnommen ist. Von seinen
zahlreichen Schriften für die Jugend, die teilweise unter dem PseudonymLéonidedeMirbel erschienen, sind am bekanntesten:
»Le
[* 18] tour du monde«, »Les jeunes
navigateurs«, »Les marins illustres de la France«, »Les navigateurs français«, »Veillées
du vieux matelot« u. a.
(spr. gheräng-män'wil),Félix Edouard, Naturforscher, geb. zu Toulon,
[* 19] gest. in Paris, bemühte sich um die Hebung
[* 20] der Seidenzucht durch Einführung neuer Raupen und berichtete vielfach
über gewonnene Resultate. Von der Regierung wurde er wiederholt mit offiziellen Aufträgen betraut. Er schrieb: »Iconographie
du Règne animal de Cuvier« (Par. 1830-1844, 7 Bde.);
(spr. gérnsi), eine der zu England gehörigen Kanalinseln (Sarmia der Alten), 67 qkm (1,21 QM.) groß mit
(1881) 32,659 Einw., hat die Gestalt eines Dreiecks, mit steiler, von tiefen Schluchten zerrissener Südküste,
während das nördliche Gestade flach ist, und bildet im Innern eine ebenso reizende wie fruchtbare Landschaft. Etwa zwei Drittel
der Insel sind Acker- und Gartenland. Berühmt sind die Kühe von Guernsey, die außer dem Granit die Hauptartikel der Ausfuhr bilden.
Die Lokalverwaltung ist ähnlich wie in Jersey. Hauptstadt ist St. Peter'sPort (s. d.). Guernsey ist Sitz eines
deutschen Konsuls. S. Karte »Frankreich«.
[* 27]
(spr. gheru),Adolphe, franz. Publizist, geb. zu Radepont (Eure) als der Sohn eines reichen Industriellen,
war nach beendeten Studien ein begeisterter Anhänger des Saint-Simonismus u. ging 1836 im Auftrag des
ältern Bertin nach Spanien, von wo aus er für das »Journal des Débats« äußerst anziehende und sachkundige Artikel über
jenes Land schrieb, die später unter dem Titel: »Lettres sur l'Espagne« (Par. 1838) als selbständiges Werk erschienen.
Durch den Staatsstreich vom sah er seine litterarische Thätigkeit auf industrielle Fragen beschränkt, die er namentlich
in der Zeitschrift »L'Industrie« erörterte. Seit 1857 Hauptredakteur der
»Presse«,
[* 29] gründete er 1859 ein neues politisches Tageblatt, »L'Opinion
nationale«, das Organ der durch den PrinzenNapoleon inspirierten imperialistischen Demokratie, das unter seiner Redaktion schnell
Bedeutung erlangte. 1863 wurde er von Paris in den GesetzgebendenKörper gewählt, wo er zur demokratischen und antiklerikalen
Opposition gehörte und große Rednergabe bewies, aber wegen seiner Unterstützung der deutschen
Politik des Kaisers der Bestechung durch Bismarck beschuldigt wurde. Bei der Neuwahl 1869 fiel er durch. Nach dem Sturz des Kaiserreichs
trat er für die gemäßigte Republik auf. Während der Herrschaft der Kommune wurde er im März 1871 wegen seines Protestes
gegen die munizipalen Wahlen zum Tod verurteilt, entkam aber nach Versailles.
[* 30] Er starb in Vichy.
Seine wichtigern Arbeiten erschienen gesammelt als ȃtudes de politique et de philosophie
religieuse« (1862).
¶
Guerrazzis bestes Werk, in zahlreichen Auflagen verbreitet. 1830 und
wiederum 1834 auf die InselElba verbannt, schrieb er dort einen zweiten, ebenfalls sehr beifällig aufgenommenen Roman: »L'assedio
di Firenze« (unter dem Pseudonym Anselmo Gualandi, Par. 1836, 5 Bde.; deutsch
von Fink, Stuttg. 1850), der seinen Namen auch in Deutschland
[* 35] bekannt machte. Seit der Thronbesteigung Pius'
IX. wuchs sein politischer Einfluß in Toscana. Sein offener Brief an Mazzini zog ihm 1847 eine neue Verbannung nach Porto Ferrajo
zu. In die durch Leopold II. mit einer Verfassung beschenkte Heimat zurückgekehrt, gab er zu Florenz ein
republikanisches Blatt:
[* 36] »L'Inflessibile«, heraus, wurde zum Deputierten gewählt und dann ins Ministerium berufen als Kabinettspräsident
mit dem Portefeuille des Innern.
Hier schrieb er die bekannte »Apologia della vita politica di Guerrázzi« (Flor. 1851). Nach dreijähriger Haft zu 15jährigem Gefängnis
mit Zwangsarbeit verurteilt, aber vom Großherzog zu lebenslänglicher Verbannung begnadigt, lebte er zunächst auf Corsica,
[* 37] seit 1855 in Savona und Genua,
[* 38] bis die politischen Verhältnisse 1859 ihm die Rückkehr in seine Vaterstadt
gestatteten. Er vermochte sich indessen, obgleich mehrmals ins Parlament gewählt, mit der neuen Ordnung der Dinge nicht zu
befreunden und nahm an dem öffentlichen Leben keinen thätigen Anteil mehr. Er verbrachte den Rest seiner Tage meist auf seinem
Landhaus in der Nähe von Livorno, wo er starb.
Von Guerrazzis Schriften sind außer den bereits genannten besonders noch hervorzuheben: »Orazioni funebri d'illustri Italiani«
(1835; 8. Aufl., Palermo
[* 39] 1861);
die in ihrer Einfachheit
anziehende Erzählung »Il buco nel muro« (das. 1862),
»Paolo Peliccioni« (das. 1864) u. a. Ein seltener genanntes,
aber merkwürdiges Buch von Guerrázzi ist: »L'asino, un sogno« (6. Aufl., Mail. 1863),
worin mit staunenswerter Gelehrsamkeit das,
was die Litteratur und die Geschichte der Völker über den
Esel darbietet, zu einer großartigen Satire
verarbeitet ist.
(spr. ghe-),Staat der Bundesrepublik Mexiko, erst 1849 aus Teilen der StaatenPuebla und Mexiko gebildet und
nach dem ehemaligen Präsidenten der Föderalrepublik, Vincente de Guerrero, benannt, grenzt an Oajaca,
Puebla, Moretos, Mexiko, Michoacan und an den StillenOzean und umfaßt 59,231 qkm (1075,7 QM.). Das Land gehört
größtenteils dem untern allmählichen Abfall des mexikanischen Hochlandes an und bildet ein vielfach gegliedertes Bergland
mit angenehmem Klima,
[* 42] das nur in den tief eingeschnittenen Thälern und an der Küste heiß ist.
(spr. gŭerr-); Anselmo, Marchese, ital. Dichter und Politiker, geb. zu Mantua,
[* 54] gehörte
einer der ältesten Familien der Stadt an und wurde frühzeitig von seinem Vater in die litterarischen
Kreise
[* 55] eingeführt. Schon mit 20 Jahren schrieb er für heimische Blätter, studierte in Padua
[* 56] Jurisprudenz und ging dann nach
Mailand,
[* 57] wo er in die politische Strömung hineingerissen wurde. Im J. 1848 gehörte er zur provisorischen Regierung der Lombardei,
in deren Auftrag er mit Aleardi, dem Vertreter der venezianischen Regierung, nach Paris ging.
Nach der Katastrophe von 1849 verbannt und seiner Güter beraubt, lebte er in Genua und Paris, schloß sich später an Manin und,
als er sah, daß Cavour der Mann sei, welcher die Befreiung und Einigung Italiens
[* 58] durchführen könne, an diesen an. 1860-76
wirkte er als Deputierter im Parlament, wo er namentlich in den Kommissionen thätig war und an der administrativen
und finanziellen Wiedergeburt des Landes arbeitete. Einige Zeit war er Generalsekretär des Ministeriums des Äußern und wurde
mit verschiedenen diplomatischen Missionen betraut, so 1865 nach Deutschland, später nach Spanien wegen der Thronfrage für
den HerzogTommaso von Genua. Er gehörte der gemäßigten Partei an, nur in der religiösen Frage stand er
auf seiten der Opposition. In seinen Mußestunden beschäftigte er sich viel mit deutscher Litteratur und hinterließ eine
gelungene Übertragung von Goethes »Faust« (2. Aufl., Mail. 1872) sowie von »Iphigenia auf Tauris«, »Hermann und Dorothea« (in Ottaven)
u. a. Auch übersetzte er den Horaz und war als Lyriker geschätzt. Guerrieri-Gonzaga starb auf seiner Villa Paludano bei Mantua.
(spr. gwer-), Olindo, unter dem Pseudonym Lorenzo Stecchetti bekannter ital. Lyriker, geb. zu Forli
im Kirchenstaat, studierte erst zu Ravenna, dann zu Turin, zuletzt in Bologna, wo er 1868 den juridischen
Doktorgrad erwarb. Ein mäßiges väterliches Erbe setzte ihn in den Stand, auf die Rechtspraxis von vornherein zu verzichten
und ganz seinen Studien zu leben, welche sich bisher hauptsächlich auf dem litteraturwissenschaftlichen Gebiet bewegten.
Gegenwärtig bekleidet er eine Bibliothekarstelle zu Bologna. Er veröffentlichte eine umfangreiche »Vita
di Giulio Croce« (1879),
eine Monographie: »Francesco Patrizio«, und veranstaltete eine Ausgabe der »Versi« des GuidoPeppi. Einige
Jahre später erschien zu Bologna eine lyrische Sammlung: »Postuma. Canzoniere di Lorenzo Stecchetti, edito a cura degli amici«,
eine in ihrer Mischung von derbem, manchmal nahezu trivialem Realismus und echt poetischen Zügen in ihrer
Art einzige Erscheinung. Diese Sammlung gab sich für den Nachlaß eines an der Schwindsucht gestorbenen jungen Mannes aus; aber
bald kannte Italien den wirklichen Autor, das Buch machte Aufsehen und erlebte rasch mehrere Auflagen (11. Aufl., Bologna 1883).
Ein weiteres Heft: »Polemica«, von wenigen Seiten und
ein umfangreicheres: »Nova polemica«, letzteres mit Erörterungen über den Standpunkt des Autors und sein Verhältnis gegenüber
dem Idealismus, folgten nach (beide Bologna 1878, 4. Aufl. 1882). Guerrini inauguriert in diesen Werken den Realismus oder »Verismus«
auf dem Gebiet der Lyrik in Italien: Kampf gegen weltliche und kirchliche Satzung, heiterer Lebensgenuß,
Emanzipation der Sinne, Weltschmerz, Todessehnsucht.
Doch beweist »Nova polemica«, daß Guerrini den Standpunkt des Sinnenkultus doch auch nur als einen einseitigen, immer
wieder in sein idealistisches Gegenteil umschlagenden anerkennt. Weitere Publikationen von Guerrini sind: »Cloë«, Drama (Bologna
1879);
(spr. ghe-), Hafenort in der span. ProvinzGuipuzcoa, am Meer, mit dem Standbild des hier gebornen Seefahrers
Sebastian el Cano, Begleiters Magelhaens', und (1878) 1084 Einw.;
wurde im Mai 1875 von den Karlisten vergebens
belagert.
(spr. gew-),Antonio de, span. Schriftsteller, geboren gegen Ende des 15. Jahrh.
in Viscaya, verbrachte einige seiner Jugendjahre am Hof
[* 61] der KöniginIsabella und trat dann in den Franziskanerorden.
Ein Günstling KaiserKarls V., begleitete er diesen auf seinen Reisen nach Italien etc., wurde nacheinander Hofprediger, kaiserlicher
Geschichtschreiber, Bischof von Cadiz
[* 62] und Mondoñedo und starb 1545. Seine Werke waren nicht zahlreich, aber sehr beliebt und
haben durch den gezierten Stil, in welchem sie abgefaßt sind, auf die spanische Prosa des 16. Jahrh. bedeutenden
Einfluß ausgeübt. Wir nennen: »Relox de principes, o Marco Aurelio« (»Die Uhr
[* 63] des Fürsten«, zuerst 1529; oft ausgelegt und
in fast alle Sprachen übersetzt),
eine Art Kyropädie, die dem KaiserKarl V. das Vorbild eines Fürsten
zeigen sollte;
»Epistolas familiares«
(das. 1539-45, 2 Bde.; auch in der
»Biblioteca de autores españoles«, Bd.
13) und Abhandlungen, wie »De menosprecio de la corte y al abanza de la aldea« (1591) u. a.
yDueñas (spr. gewāra i duénjas),LuisVelez de, span. Dichter, geboren im Januar 1570 zu Ecija in Andalusien,
kam sehr jung nach Madrid,
[* 64] wo er dann als Advokat lebte. Er stand in großer Gunst bei König Philipp IV., der ihn zuerst veranlaßt
haben soll, Komödien zu schreiben, und, wie man sagt, seine eignen Stücke von ihm verbessern ließ. GuevarasKomödien, deren Zahl sich auf mehr als 400 belaufen haben soll, sind ausgezeichnet durch treffliche Charakterzeichnung,
Phantasie, Witz und echt komische Züge. Auszeichnung verdienen darunter besonders zwei: »Mas pesa el rey que la sangre« (»Der
König geht dem Blut vor«),
der unbedingten Lehnstreue als der größten Tugend der spanischen Heldenzeit, und »Reynar des pues de morir« (»Die
Herrschaft nach dem Tod«),
eine Bearbeitung der Geschichte der Ines de Castro. Eine Sammlung der Dramen von Guevara y Dueñas (»Comedias famosas«)
erschien Sevilla
[* 66] 1730; eine Auswahl davon (darunter die genannten) findet sich in der »Biblioteca
de autores españoles« (Bd. 45). Berühmter noch als durch
seine dramatischen Werke ist Guevara y Dueñas durch seinen vortrefflichen satirischen Roman »El diablo cojuelo. Verdades soñadas y novelas
de la otra vida« (Madr. 1641 u. öfter; hrsg. von J. M. Ferrer, Par.
1828; auch in der genannten »Biblioteca«, Bd.
33),
eine geistreiche satirische Schilderung des Lebens und der Sitten seiner Landsleute, die besonders
durch Lesages französische Bearbeitung unter dem Titel: »Le diable boiteux« (zuerst Par. 1707)
in der ganzen gebildeten Welt bekannt geworden ist. Guevara y Dueñas starb in Madrid. Vier bisher unbekannte Komödien gab A. Schäffer
heraus in: »Ocho comedias desconocidas de Don Guillem de Castros, LuisVelez de Guevara y Dueñas etc.« (Leipz. 1886).
[* 65] (Gogel, Kugel, v. lat. cucullus), eine schon im Altertum gebräuchliche Kapuze mit Schulterkragen, im Mittelalter
anfangs am Mantel, bei den Mönchen an der Kutte befestigt, seit dem 14. Jahrh. ein selbständiges Kleidungsstück
beider Geschlechter der vornehmern Stände, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. häufig von ausgeschnittenen Zacken umgeben
(s. Abbildung). Im 15. Jahrh. verschwindet die Gugel als allgemeine
Kleidung, doch erscheinen jetzt noch beim Begräbnis eines Mitglieds des bayrischen Königshauses 24 Männer in der
Gugel, welche nur Öffnungen für die Augen und Lichter enthält, mit dem königlichen Wappen
[* 70] und doppelt brennenden weißen Kerzen.
german. Stamm, wurde von Tiberius auf das linke Rheinufer verpflanzt, um den Rhein gegen die Anfälle der
überrheinischen Germanen zu schützen, trat aber später zu diesen über und nahm am Aufstand der Bataver
unter Civilis teil.
(spr. guljélmi), Pietro, ital. Opernkomponist,
geb. 1727 in der ProvinzMassa e Carrara, machte seine ersten Studien unter seinem Vater Giacomo Guglielmi, der Kapellmeister des Herzogs
von Modena war, bildete sich dann unter Durante in Neapel
[* 71] weiter aus, debütierte 1755 in Turin und war eine
Zeitlang der gefeiertste Opernkomponist Italiens. 1762 ging er nach Dresden,
[* 72] wo er zum königlichen Kapellmeister ernannt wurde,
einige Jahre später nach Braunschweig,
[* 73] 1772 nach London
[* 74] und kehrte 1777 nach Italien zurück, wo er sich nun auch neben Cimarosa
und Paesiello in der Gunst des Publikums behauptete. 1793 zum Kapellmeisteran St. Peter in Rom ernannt, widmete
er sich fortan ganz der kirchlichen Komposition. Er starb Unter seinen 79 Opern sind »I due gemelli«, »I
viaggiatori«, »La pastorella nobile«, »La
bella pescatrice«, »La Didone«, »Enea
e Lavinia« die bedeutendsten.
ErnstKarl, Kunstschriftsteller, geb. zu Berlin,
[* 75] studierte seit 1838 daselbst Philologie, richtete aber
seine Forschungen vornehmlich auf die künstlerischen Leistungen des Altertums und später auch auf die
neuere Kunst. Sein erstes Werk in genannter Richtung war »Ephesiaca« (Berl. 1843). Nach
einer längern Reise durch Italien habilitierte er sich 1848 an der Universität in Berlin und wurde bald darauf auch zum Lehrer
der Kunstgeschichte an
¶
mehr
der Akademie der bildenden Künste ernannt. Er veröffentlichte ferner: »Die neuere geschichtliche Malerei und die Akademie«
(Stuttg. 1848);
»Künstlerbriefe« (Berl. 1853-57, 2 Bde.; 2. Aufl.
von A. Rosenberg, 1880) und »Die Frauen in der Kunstgeschichte« (das. 1858).
Seine letzte große Arbeit war das in Gemeinschaft
mit Koner verfaßte, vielverbreitete Werk »Leben der Griechen und Römer,
[* 77] nach antiken Bildwerken dargestellt«
(Berl. 1860-64, 2 Bde.; 5. Aufl.
1882). Guhl starb in Berlin. Nach seinem Tod erschienen noch »Vorträge und Reden kunsthistorischen Inhalts« (Berl. 1863).
KarlWilhelmFerdinand, Violinspieler und Komponist, geb. zu Militsch in Schlesien,
[* 79] war SchülerSchnabels (Violine) und Berners (Klavier) in Breslau,
[* 80] machte dann eine Zeitlang Kompositionsstudien beim AbtVogler
und ward 1807 Theatermusikdirektor in Nürnberg,
[* 81] von wo er 1813 in gleicher Eigenschaft nach Wiesbaden
[* 82] ging. Ein Jahr später
wurde er als Hofkapellmeister nach Kassel
[* 83] und 1821 als Theaterkapellmeister nach Frankfurt
[* 84] a. M. berufen,
wo er bis zu seinem Tod äußerst erfolgreich wirkte. Guhr war ein genialer Musiker, namentlich ein Operndirigent
von ungewöhnlicher Tüchtigkeit. Er besaß eine außerordentliche Fertigkeit im Partiturlesen, ein feines musikalisches
Ohr
[* 85] und ein seltenes Gedächtnis, mit Hilfe dessen es ihm unter anderm möglich wurde, die noch ungedruckten
KompositionenPaganinis nach dem Gehör
[* 86] aufzuschreiben und so die technischen Kunstgriffe dieses Meisters teilweise des Geheimnisses
zu entkleiden, welches sie bei seinem ersten Erscheinen umgab. Außer einer von diesen Erfahrungen ausgehenden Schrift: »PaganinisKunst, die Violine zu spielen« (1831),
veröffentlichte Guhr mehrere Opern und Instrumentalwerke, die jedoch
ihren Autor nicht überlebt haben.
Vgl. Gollmick, Karl Guhr, Nekrolog (Frankf. a. M. 1848).
Auch gab er »Leibniz' deutsche Schriften« (Berl. 1838 bis
1840, 2 Bde.) sowie »Goethes Briefwechsel mit Knebel« (Leipz. 1851, 2 Bde.)
heraus und lieferte seit 1835 zahlreiche litterarhistorische Beiträge für Zeitschriften und Sammelwerke. Endlich übernahm
Guhrauer die Vollendung von Danzels Werk über Lessing (Leipz. 1853, Bd. 2).