Guayana
viejo (San Tomas de Guayana viejo), Dorf im Territorium Yuruari der Bundesrepublik Venezuela, [* 2] hat sich seit Entdeckung der Goldgruben am Yuruari gehoben und steht mit denselben durch eine 200 km lange Eisenbahn in Verbindung.
(spr. uajakil), Bucht von, einzige bedeutendere Meeresbucht an der pazifischen Küste Südamerikas, außerhalb des Fjordgebiets Patagoniens, im N. der äußersten Westspitze des Kontinents (Punta Pariña), wichtig in klimatischer Beziehung, weil hier die kalte peruanische Küstenströmung (fälschlich Humboldtströmung genannt) die Küste verläßt.
(spr. uajakil, Santiago de Guayaquil), wichtigste Seestadt des südamerikan. Staats Ecuador und Hauptstadt der Provinz Guayas, liegt auf niedriger Ebene am Westufer des gleichnamigen Flusses, 50 km oberhalb dessen Mündung in den Golf von Guayaquil. Das Klima [* 3] ist heiß und ungesund, das gelbe Fieber ein häufiger Gast. An gutem Trinkwasser fehlt es. Vom Fluß aus bietet die Stadt einen stattlichen Anblick, dem das Innere derselben nicht entspricht, namentlich nicht in der schmutzigen, im N. gelegenen Ciudad vieja.
Die Häuser sind meist von Bambus oder Holz [* 4] und Lehm und haben gewöhnlich Lauben unter dem ersten Stockwerk. Die öffentlichen Gebäude, mit Ausnahme des am Hafendamm (Calle del Malecon) stehenden Zollhauses, sind wenig ansehnlich. Unter ihnen sind zu nennen: die Kathedrale, das Stadthaus, 2 Hospitäler, 2 höhere Schulen, eine Bank. Die ca. 22,000 Einwohner leben größtenteils vom Handel, aber die Hauptgeschäfte sind in den Händen fremder Handelshäuser. Schiffe [* 5] von 5,5 m Tiefgang können jederzeit bis zum Hafendamm gelangen, tiefer gehende nur mit der Springflut.
Unterhalb der Stadt liegt die Schiffswerfte (astillero) mit Sägemühlen und Eisengießerei, [* 6] ihr gegenüber ein Trockendock. Im J. 1883 liefen 151 Schiffe von 155,283 Ton. Gehalt ein (darunter 92 englische von 141,615 T.). Die Ausfuhr bezifferte sich 1885 auf 5,344,652 Pesos und besteht vorwiegend aus Kakao und außerdem aus Silber, Häuten, Kaffee, Steinnüssen, Fieberrinde, Strohhüten, Kautschuk, Apfelsinen etc. Die Einfuhr schätzte man 1884 auf 8,353,636 Pesos. Eine Eisenbahn, 122 km lang, verbindet Guayaquil mit Sibombe auf der Hochebene, und die Flüsse [* 7] Guayaquil und Daule bieten 800 km lange schiffbare Wasserstraßen ins Innere. Es ist Sitz eines deutschen Konsuls. Guayaquil wurde 1537 von Francisco de Orellana gegründet und 1693 an seine jetzige Stelle verlegt.
(spr. uajas), Provinz des südamerikan. Staats Ecuador, liegt im ebenen Küstenland im W. der Kordillere und hat ein Areal von 23,300 qkm (423,1 QM.) mit (1878) 94,442 Einw. Sie gehört zu den ergiebigsten Provinzen des Staats und liefert den meisten Kakao für die Ausfuhr.
Hauptstadt ist Guayaquil (s. d.).
Der ehemalige Kanton [* 8] Babahoyo bildet jetzt die Provinz Los Rios (s. Rios).
große Gruppe von Indianerstämmen in Südamerika, [* 9] welche mit den verwandten südlicher wohnenden Abiponen (s. Tafel »Amerikanische Völker«, [* 10] Fig. 28) eine Familie bilden und sich am rechten Ufer des Paraguay [* 11] und seinen westlichen Zuflüssen vom 19. bis 27.° südl. Br. erstrecken. Sie zerfallen in neun verschiedene Stämme, von denen die Guaycuru im engern Sinn zwischen Paraguay und Pilcomayo wohnen. Nach ihrer Sitte, in der Unterlippe ein breites Holzstück, gleich einer zweiten Zunge, zu tragen, wurden sie von den Spaniern und Portugiesen Lenguas oder Lingoas genannt. Als kühne Reiternomaden haben sie Paraguay oft heimgesucht.
(spr. uai-), Seestadt im mexikan. Staat Sonora, mit vorzüglichem Hafen (am Eingang 13 m, am Molo 4 m tief), liegt auf felsigem Boden, ist von kahlen Hügeln umgeben und hat 5000 Einw. Die Häuser sind meist vierstöckig, aus Luftziegeln erbaut. Von öffentlichen Gebäuden sind nur die Hauptkirche, der Gerichtshof und das Hospital zu erwähnen. Erwerbszweige sind außer dem Handel die Schuhmacherei, Seifensiederei, Eisfabrikation und Austernfischerei. Eine Eisenbahn verbindet die Stadt mit dem Eisenbahnnetz der Vereinigten Staaten. [* 12] Im J. 1885 liefen 194 Schiffe (darunter 3 deutsche) von 37,517 Ton. Gehalt ein. Die Einfuhr belief sich auf 1,581,940 Pesos, die Ausfuhr (Edelmetalle, Häute, Kalkphosphat, Perlen) auf 1,028,305 Pesos. Guaymas ist Sitz eines deutschen Konsuls.
Indianervolk, s. Botokuden. ^[= (Botocudos), Indianerstamm in Brasilien, der früher Aymores genannt wurde und längs ...]
(spr. uai-), nördlichste Insel des Chonosarchipels (Chile) mit dem Hafen Melinca, wo eine chilenische Niederlassung.
(Goatzacoalco), Hafenort im mexikan. Staat Veracruz, an der Mündung des gleichnamigen Flusses in den Golf von Mexiko, [* 13] hat Ausfuhr von Mahagoni, Zedernholz und Farbholz.
Der Fluß ist 150 km weit (bis Suchil) für flach gehende Dampfer schiffbar.
Der Ort soll Ausgangspunkt der Tehuantepecbahn werden.
(ital.), Wasserfarbe;
daher a g. malen, mit Wasserfarben, in Gouache malen (s. Gouachemalerei).
(russ., »Hufe«),
in Rußland ehedem die Bezeichnung eines Landdistrikts, an dessen Spitze der Gubnoj starosta (Hufenälteste) stand, ein aus Gemeindewahlen hervorgehender Beamter, welchem die Handhabung der Strafrechtspflege und der Kriminalpolizei oblag.
(das alte Iguvium oder Eugubium), Stadt in der ital. Provinz Perugia, am Abhang des Monte Calvo gelegen, hat einen Dom aus dem 13. Jahrh., mehrere andre bemerkenswerte Kirchen, ein Stadthaus, in welchem die berühmten 1444 in einem Gewölbe [* 15] zu Gubbio aufgefundenen Eugubinischen Tafeln (s. d.) aufbewahrt werden, einen schönen gotischen Palast (dei Consoli) und andre mittelalterliche Paläste, darunter den Palazzo Ranghiasci-Brancaleoni mit Gemäldegalerie, Reste eines antiken Theaters und (1881) 5540 Einw. Gubbio ist Bischofsitz und hat ein Gymnasium und eine technische Schule. Seit dem Ende des 15. Jahrh. war Gubbio der Sitz einer lebhaften Majolikafabrikation, in welcher sich besonders Maestro Giorgio (s. d.) auszeichnete. Eine charakteristische Eigentümlichkeit der Majoliken von Gubbio ist der Gold- und Rubinlüster, lange Zeit ein Geheimnis der dortigen Fabrikation, welche bald nach 1550 erlosch (s. Tafel »Keramik«, [* 16] Fig. 6). Gegenwärtig sind in Gubbio einige Fabriken in Betrieb, welche die alten Majoliken mit Glück nachahmen.
[* 17] Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, [* 18] am Einfluß der Lubis in die Lausitzer Neiße, [* 19] die von hier an schiffbar ist, 40 m ü. M., Knotenpunkt der Linien Berlin-Sommerfeld, Halle-Guben und Bentschen-Guben der Preußischen Staatsbahn, hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, Gas- und Wasserleitung, [* 20] sehr bedeutende Hut- und Tuchfabrikation, Wollspinnereien, Gerbereien, Goldleisten-, Papp- und Maschinenfabriken sowie Gemüse-, Obst- und Weinbau und (1885) 27,086 Einw., darunter 903 Katholiken und 191 Juden. hat ein Gymnasium, ¶
ein Realgymnasium und ist Sitz eines Landgerichts (für die zehn Amtsgerichte zu Forst, [* 22] Fürstenberg, Guben, Krossen, Pförten, Schwiebus, [* 23] Sommerfeld, Sorau, [* 24] Triebel und Züllichau), eines Landratsamtes (für den Landkreis Guben), eines Bergrevieramtes u. einer Reichsbanknebenstelle. Der Magistrat zählt 11, die Stadtverordnetenversammlung 30 Mitglieder. Nordöstlich von der Stadt liegen die 114 m hohen Weinberge mit Obst- und Weinanlagen und drei Braunkohlengruben (bei Germersdorf). - Guben war schon zur Zeit des Kaisers Heinrich II. vorhanden und erhielt 1235 Stadtrecht.
Auf einem Landtag ward hier die Vereinigung der Mark Brandenburg [* 25] mit Böhmen, [* 26] Schlesien [* 27] und der Lausitz ausgesprochen. 1434 und 1437 wurde Guben von den Hussiten zerstört. Am hier Friedensschluß zwischen dem Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg und dem König Georg Podiebrad von Böhmen, infolge dessen letzterer allen Ansprüchen auf die Lausitz entsagte. 1631 und wieder 1642 wurde Guben von den Schweden [* 28] besetzt, 1645 von ihnen vergeblich angegriffen. Seit 1635 infolge des Prager Separatfriedens zu Kursachsen gehörend, fiel die Stadt mit der ganzen Niederlausitz 1815 an Preußen. [* 29]
der größte Zufluß der Alle in Ostpreußen, [* 31] mündet bei Schippenbeil.
(lat.), Steuerruder. ^[= (Ruder), Vorrichtung zum Lenken des Schiffs, bestehend aus einem hölzernen oder eisernen Blatt, ...]
Angelo, s. De Gubernatis. ^[= Angelo, ital. Orientalist, Dichter und Litterarhistoriker, geb. 7. April 1840 zu Turin aus adliger ...]
(lat.), Steuermann, Gouverneur. ^[= (franz., spr. guwärnör), oberster Militärbefehlshaber einer großen Garnison oder Festung, ...]
(russ., Gouvernement), in Rußland seit Peter d. Gr. die amtliche Bezeichnung der Provinzen oder Regierungsbezirke.
(neulat.), Verwaltung, in Österreich [* 33] die Provinzialzentralregierung;
gubernial, auf das Gubernium bezüglich, dahin gehörig.
Friedrich Wilhelm, Volksschriftsteller und Publizist, geb. zu Leipzig, [* 34] kam, anfangs zur Theologie bestimmt, mit seinem Vater nach Berlin [* 35] und widmete sich hier mit Eifer der Holzschneidekunst; er machte sich in derselben früh einen Namen, so daß er schon im 19. Jahr als Lehrer an der königlichen Akademie angestellt wurde, in welcher Stellung er ein langes Leben hindurch gewirkt und zahlreiche Schüler gebildet hat. Er war es neben Unger hauptsächlich, welcher die damals von Bewick in England wieder erweckte Xylographie in Deutschland [* 36] wieder zu Ehren brachte. 1822 gründete er die Vereinsbuchhandlung.
Als Schriftsteller hatte er für die Berliner [* 37] Kreise eine gewisse Bedeutung, insbesondere als stehender Theaterberichterstatter der »Vossischen Zeitung« und durch die Herausgabe des Journals »Der Gesellschafter« (seit 1817), an dem in den 20er und 30er Jahren sich namhafte Kräfte beteiligten, und worin unter anderm die frühsten Gedichte von H. Heine erschienen. Gubitz schrieb einige kleine Theaterstücke, von denen manche mit Beifall gegeben wurden; seine Gedichte hat er später gesammelt (Berl. 1860, 2 Bde.). Sein »Jahrbuch deutscher Bühnenspiele« erschien 1822-65, der von ihm gegründete, mit eignen Holzschnitten ausgestattete »Deutsche [* 38] Volkskalender« von 1835 bis 1869. Seine »Erlebnisse« (Berl. 1869, 2 Bde.) enthalten vieles Interessante über seine Schicksale während der Fremdherrschaft und in seinen Berührungen mit berühmten Zeitgenossen. Er starb in Berlin.
Volksstamm, s. Astrabad. ^[= (Asterabad), pers. Provinz, am Kaspischen Meer, grenzt im N. an den Meerbusen von A. und die ...]
Thal [* 39] im nördlichen Teil des norweg. Christiansamtes, 15,448 qkm (280,5 QM.) groß mit (1876) 47,376 Einw., vom Laagen (s. d.) durchflossen, ist etwa 250 km lang und steigt bis 650 m an. Es ist eng, aber großartig, ein Wechsel von Äckern, Wiesen, Laub- und Nadelholzwäldern und steilen Gebirgsabhängen, zahllosen Gewässern und Wasserfällen sowie von Alpentriften, welche die schönsten Alpenpflanzen schmücken. Im N. erhebt sich das Dovrefjeld, im W. die Jötunfjelde. Das Produkt der bedeutenden Viehzucht [* 40] ist der aus Schafmilch bereitete sogen. Wysekäse.
s. Gödde. ^[= (Cuddi), arab. Getreidemaß, = 7,57 Lit.]
Bernhard von, Psychiater, geb. zu Kleve, studierte in Bonn [* 41] und Halle [* 42] Medizin und Naturwissenschaft, wurde nach seiner Promotion Assistent von Jacobi in Siegburg, [* 43] 1851 Hilfsarzt in der badischen Irrenanstalt Illenau bei Achern, ging 1855 nach Bayern, [* 44] um die königliche Kreisirrenanstalt Werneck in Unterfranken einzurichten und zu leiten. Infolge der glänzenden Leistungen der letztern Anstalt erhielt er 1869 einen Ruf als ordentlicher Professor der Psychiatrie und Direktor einer Irrenklinik nach Zürich. [* 45] Von da kam er 1872 an die Münchener Hochschule, um eine ordentliche Professur und die Direktion der Kreisirrenanstalt für Oberbayern zu übernehmen.
Letztere wurde unter seiner Leitung umgebaut und zu einer Musteranstalt erhoben. Er arbeitete namentlich auf anatomischem Gebiet und machte sich durch eine Untersuchungsmethode bekannt, die seinen Namen trägt. Er schrieb über Schädelentwickelung, -Wachstum und über Anatomie des Gehirns sowie über eine zuerst bei Gladiatoren [* 46] wahrgenommene eigentümliche Ohrblutgeschwulst. Mit Westphal in Berlin gab er seit 1870 das »Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten« heraus. Auf seine Anregung ward 1883 die Anstalt Gabersee gegründet, in welcher Geisteskranke mit landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden. Er war Arzt des Prinzen Otto von Bayern, wurde als Vertrauensmann der königlichen Familie auch zur Behandlung des Königs Ludwig II. berufen und starb mit diesem im Starnberger See.
Hans, norweg. Maler, geb. zu Christiania, [* 47] kam 1841 nach Düsseldorf, [* 48] war 1842 Schüler der dortigen Akademie und setzte seine Studien dann besonders unter Schirmers Leitung bis 1844 daselbst fort. Im J. 1848 kehrte er in sein Vaterland zurück, ließ sich aber schon 1850 wieder in Düsseldorf nieder, wo er 1854 als Professor der Akademie angestellt wurde. 1864 folgte er einem Ruf als Professor an die Kunstschule zu Karlsruhe [* 49] an Schirmers Stelle. Im Frühling 1880 siedelte er nach Berlin über, wo er das akademische Meisteratelier für Landschaftsmalerei übernahm.
Vorzüge seiner Bilder, deren Stoffe er zumeist seiner norwegischen Heimat entnimmt, sind große Natürlichkeit und Klarheit der Motive, wohlstudierte Zeichnung des Details und eine durch kräftige Farbe und gewandte Technik unterstützte harmonische Gesamtwirkung. Seine Spezialität sind Strandbilder, welchen eine eigentümliche Beleuchtung [* 50] durch die hinter einer Wolkenschicht verdeckte Sonne [* 51] einen fesselnden Reiz verleiht. Sein Kolorit ist außerordentlich flüssig und wird daher den feinsten Luftwirkungen auf der Meeresfläche gerecht. Die vorzüglichsten seiner Werke ¶
sind: norwegischer Fjord mit hohen Bergen; [* 53]
Hochebene mit Renntieren im Vordergrund;
Gewitter auf einer norwegischen Hochebene;
norwegische Sägemühle;
Brautfahrt auf dem Hardangerfjord;
Fischer auf einem norwegischen Binnensee (mit Figuren von Tidemand, Berliner Nationalgalerie);
vier große Abendbilder nach Szenen aus der Frithjofssage, für die Villa Oskarhall des Königs von Schweden bei Christiania;
auf das Gebirge ziehende Sennermädchen;
nächtlicher Fischfang in Norwegen (mit Figuren von Tidemand);
ein norwegischer Waldsee im Mondschein;
Hochgebirgsbild mit Renntieren;
der Mjösensee;
ein Leichenbegängnis im Sognefjord (Figuren von Tidemand);
Morgenlandschaft mit einem Wasserfall;
nordischer Sommerabend;
Sommertag am Überlinger See (Bodensee);
Meeresstille;
in Sicht der norwegischen Küste;
die Heide von Listen im südlichen Norwegen;
am Strand von Rügen. Er erhielt 1861 die große goldene Medaille der Berliner Ausstellung und ist Mitglied mehrerer Kunstakademien.
(Gudensau), der größte Fluß in Jütland, entspringt im Amt Veile, durchfließt einige Seen und mündet unterhalb Randers in den Randersfjord nach einem Laufe von 139 km;
eine Strecke des Gudenaa ist durch den Silkeborgkanal kanalisiert.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, [* 54] Kreis [* 55] Fritzlar, 245 m ü. M., hat ein Amtsgericht, 2 verfallene Schlösser (Oberburg und Wenigenburg), eine sehr alte Kirche, ein Hospital, Garn-, Flachs- und Hedehandel und (1885) 1855 meist evang. Einwohner.
In der Nähe ein Braunkohlenbergwerk. Im 11. und 12. Jahrh. war Gudensberg der Sitz der Grafen des fränkischen Hessengaues.
Christoph, Mathematiker, geb. zu Winneburg, wurde 1823 Lehrer der Mathematik am Gymnasium zu Kleve, 1832 Professor an der Akademie Münster [* 56] und starb daselbst. Er war einer der ersten, welche sich in die durch Jacobi und Abel geschaffene Theorie der elliptischen Funktionen einarbeiteten, und schrieb einen ausführlichen Lehrbegriff derselben: »Theorie der Modularfunktionen und der Modularintegrale« (Berl. 1844);
außerdem: »Grundriß der analytischen Sphärik« (Köln [* 57] 1830);
»Theorie der Potenzial- oder cyklisch-hyperbolischen Funktionen« (Berl. 1832);
»Lehrbuch der niedern Sphärik« (Münst. 1835).
(spr. güdäng), Théodore, franz. Maler, geb. zu Paris, [* 58] arbeitete anfangs bei Girodet-Triosson ^[richtig: Girodet-Trioson; = Anne Louis Girodet-Trioson (1767-1824)], verließ aber dessen Manier bald und widmete sich der Marinemalerei. Seine Arbeiten fanden schon auf den Ausstellungen von 1822 bis 1827 allgemeinen Beifall, und 1831 begründete er mit seinem Bilde: die Rettung der Passagiere des Kolumbus, gegenwärtig im Museum zu Bordeaux, [* 59] seinen Ruf. Im J. 1838 erhielt er von der Regierung den Auftrag, die Großthaten der französischen Marine zu malen, und begab sich zu diesem Zweck nach Algerien. [* 60]
Von dem umfangreichen Cyklus dieser Gemälde befinden sich 63 in Versailles, [* 61] während 27 andre, zum Privatbesitz der Familie Orléans [* 62] gehörig, später versteigert wurden. Er machte ferner Reisen nach dem Orient (1839), Rußland (1841), Berlin (1844), wo er zwei jetzt in der Nationalgalerie befindliche Bilder: bretonische Küste und Schleichhändlerfelucke, malte, u. Algerien (1865). Anfangs im Anschluß an Claude Lorrain auf poetische und malerische Wirkung ausgehend, verlor sich Gudin allmählich in eine hohle, dekorative Bravourmalerei, welche die Naturwahrheit gänzlich aufgab und nur auf grelle Beleuchtungseffekte ausging. In der Luxembourggalerie befinden sich zwei seiner Hauptwerke: der Brand des Schiffs Kent (1827) und ein Windstoß auf der Reede von Algier (1835). Er starb in Boulogne sur Seine.
russ. Streichinstrument, eine Art Violine mit nur einer Griffsaite und zwei Bordunen;
(mittelhochd. Kûtrûn), deutsches Epos, welches gewissermaßen den versöhnenden Gegensatz zum Nibelungenlied bildet, insofern darin die aufopfernde Treue, das demütige Dulden und der Adel einer deutschen Frauenseele dargestellt wird. Den Inhalt bildet die Sage von drei Generationen: von Hagen, [* 63] dem König von Irland, und dessen Jugendgeschichte, von der Werbung des Hegelingenkönigs Hettel um dessen Tochter Hilde und endlich von Gudrun, der Tochter von Hettel und Hilde.
In der Erzählung von Hettels Werbung um Hilde ist vor allem die Schilderung des Gesangs des Stormankönigs Horant als eine altberühmte und oft dargestellte Sage hervorzuheben. Die Abgesandten des Königs Hettel, seine Mannen Horant, Frute und Wate, kommen an den Hof [* 64] des Königs von Irland, um seine ängstlich von ihm gehütete Tochter Hilde für ihren Verwandten Hettel zu gewinnen. Horant erhebt seinen wunderbar süßen Gesang an einem stillen Abend in der Burg des Königs am Seeufer und gewinnt dadurch die Jungfrau, ihm heimlich zu Hettel zu folgen, dessen Gemahlin sie wird.
Ihre Kinder sind Ortwin und Gudrun. Um letztere wirbt Hartmut, ein Normannenkönigssohn. Aber alte Feindschaft zwischen den Geschlechtern läßt es nicht zu einem glücklichen Erfolg des Werbens kommen; dagegen weiß sich Herwig, der König von Seeland, die Liebe der schönen Gudrun zu erkämpfen. Allein kurz nach dem Verlöbnis machen Vater und Verlobter einen Kriegszug in ein fernes Land, und während ihrer Abwesenheit rückt Hartmut mit seinem Vater, König Ludwig, vor die Burg, erobert sie und führt Gudrun von dannen.
Hettel und Herwig mit ihren Helden, unter ihnen vor allen Wate, ereilen die Räuber auf dem Wulpensand oder Wulpenwerd, einer Nordseeinsel. Hier wird nun eine in alten Liedern vielfach gefeierte blutige Schlacht geschlagen; bis unter die Arme im Meer stehend, fechten die Helden, so daß das Meerwasser von Blut gesalbt wird. Als der Abend hereinbricht, wird der geraubten Gudrun Vater Hettel von des Räubers Vater, dem Normannenkönig Ludwig, erschlagen; während der Nacht entfliehen die Normannen mit ihrer Beute, und Wate fehlen die Streitkräfte zum Nachsetzen in Feindesland.
Als der alte Normannenkönig der Gudrun freundlich zuredet, Hartmut zu minnen, und ihr Freude und Ehre an dessen Seite verheißt, zieht Gudrun den Tod der Vermählung mit Hartmut vor. Zornig schleudert der Normannenhäuptling die Jungfrau über Bord in die See, aber Hartmut rettet sie aus den Wogen. Die Mutter Hartmuts, Gerlinde, empfängt Gudrun anfangs freundlich; bald aber, als auch sie umsonst ihre Überredungskunst an ihr versucht hat, schreitet sie in ihrem »wölfischen« Sinn zu Mißhandlung: Gudrun muß die Dienste [* 65] der niedrigsten Magd verrichten, den Ofen heizen und die Kleider am Meergestade waschen. Erst nach einer Reihe von Jahren kann ihr Vaterland eine Heerfahrt zu ihrer Befreiung rüsten. Nach langer gefahrvoller Seereise gelangen die Helden an eine Insel, von deren hohen Bäumen aus sie fernher die Normannenburgen aus der See heraufglänzen sehen. Gudrun geht, wie sie seit Jahren her täglich gethan, zum Gestade, die Wäsche zu waschen; da ¶
wird ihr in Vogelgestalt ein Engel (in der ursprünglichen Sage jedenfalls eine der Zukunft kundige Schwanenjungfrau, wie deren auch im Nibelungenlied erscheinen) gesandt, sie zu trösten. Aber zorniges Schelten erwartet sie bei ihrer Heimkehr von seiten der argen Gerlinde, weil sie den ganzen Tag mit dem Waschen zugebracht, und am nächsten Morgen muß sie, wiewohl nachts ein tiefer Schnee [* 67] gefallen ist, barfuß am Meergestade ihre Wäsche vollenden. An ebendiesem Morgen aber kommen Ortwin und Herwig, um Kunde einzuziehen, in einer Barke in die Nähe derselben Stelle.
Die beiden Kriegsmänner, Gudrun nicht erkennend, erkundigen sich bei ihr nach Land und Leuten und vernehmen von ihr, daß man wohlgerüstet sei und nur vor Einem Feinde, den Hegelingen, Besorgnis hege. Auf die Frage ihres Bruders Ortwin, ob nicht eine Jungfrau Gudrun einst als Geraubte hierher gebracht worden sei, gibt sich letztere für eine der mit jener geraubten Jungfrauen aus und meldet den Tod jener. Aber als der Seelandskönig ihr den Ring zeigt, mit dem ihm Gudrun verlobt worden, gibt sie sich zu erkennen.
Herwig will sie auf der Stelle mit sich nehmen. Aber auf Ortwins Mahnung, daß es sich nicht gezieme, das im Kampf Geraubte heimlich zu entwenden, fahren beide Fürsten zurück zu ihrer Kriegsflotte, um den Sturm auf die Normannenburg vorzubereiten; Gudrun aber, im erwachten stolzen Selbstgefühl, wirft die Leinwand, statt sie zu waschen, in die See. Deshalb von Gerlinde mißhandelt, stellt sie sich, als wolle sie nunmehr Hartmut heiraten. Im darauf folgenden Kampf fällt der Normannenkönig Ludwig unter Herwigs Streichen; die erboste Gerlinde will dafür Gudrun erschlagen haben, und schon ist das Schwert über deren Haupt gezückt, als Hartmut edelmütig dem Verbrechen wehrt.
Dieser wird gefangen, und der zornige Wate dringt in das Frauengemach, um Gerlinde den verdienten Lohn zu geben. Gudrun aber verleugnet sie, gleichen Edelmut wie Hartmut beweisend; dessenungeachtet weiß Wate sie zu finden und schlägt ihr das Haupt ab. Hierauf folgt die Heimfahrt, Sühne und dreifache Vermählung: zwischen Herwig und Gudrun, zwischen dem Normannenkönig Hartmut und Hildburg, einer von Gudruns Gefährtinnen, und zwischen Ortwin, Gudruns Bruder, und Ortrun, der normännischen Königstochter.
Das Gedicht, das in einer der Nibelungenstrophe nachgebildeten Strophenform abgefaßt ist und wahrscheinlich von einem österreichischen Dichter (um 1190?) herrührt, ist nur in einer einzigen Handschrift erhalten, die auf Befehl Maximilians I. angefertigt ist und auf Schloß Ambras in Tirol [* 68] 1820 gefunden wurde. Die erste Ausgabe des Gedichts veranstaltete v. d. Hagen im 1. Band [* 69] seines »Heldenbuchs« (Berl. 1820); ihr folgten die Editionen von Ziemann (in reines Mittelhochdeutsch umgesetzt, Quedlinb. 1835) und von Vollmer (Leipz. 1845). Die neuesten und besten Ausgaben sind die von erklärenden Anmerkungen begleiteten von Bartsch (Leipz. 1865, 4. Aufl. 1880; auch in Kürschners »Nationallitteratur«, Stuttg. 1885) und von Martin (in Zachers »Germanistischer Handbibliothek«, Halle 1872), die von Symons (das. 1883). Übersetzungen des Gedichts liegen vor von San Marte (Berl. 1839) u. Keller (Stuttg. 1840); besser von Simrock (das. 1843, 8. Aufl. 1873), von Klee (Leipz. 1878), von Weitbrecht (Stuttg. 1884) u. a. In neuerer Zeit sind drei Versuche gemacht worden, auch im Gudrunlied, wie im Nibelungenlied, die echten, auf alter Volkssage beruhenden Teile von den Zuthaten späterer Kunstpoesie zu trennen: zuerst von Ettmüller in: »Gudrunlieder« (Zürich 1841),
dann von Müllenhoff in: »Kudrun, die echten Teile des Gedichts« (Kiel [* 70] 1845),
der von dem überlieferten Text nur 415 Strophen übrigläßt, zuletzt von W. v. Plönnies in: »Kudrun. Übersetzung und Urtext mit erläuternden Abhandlungen« (Leipz. 1853).
Vgl. Keck, Die Gudrunsage (Leipz. 1867);
Bartsch, Beiträge zur Geschichte und Kritik der Kudrun (Wien [* 71] 1865);
Wilmanns, Die Entwickelung der Kudrundichtung (Halle 1873).
In der nordischen Sage ist Gudrun Name der Kriemhild, der Gemahlin Siegfrieds.
(Guzerat), großes Gebiet an der Nordwestküste von Vorderindien (s. Karte »Ostindien«) [* 72] zwischen 20° und 24° 45' nördl. Br. und 69-74° östl. L. v. Gr., besteht aus der Insel Katsch, der Halbinsel Kathiawar und dem daranstoßenden Festland, das im N. die Radschputanastaaten, im O. die Nordwestprovinzen und die Kollektorate Khandesch und Nasik der Präsidentschaft Bombay [* 73] begrenzen, ein Areal von 162,570 qkm (2952 QM.) mit (1881) 7,594,775 Einw., welche aber über das Gebiet sehr ungleich verteilt sind (in den Küstenlandschaften 108-193, im N. und O. nur 25-40 auf 1 qkm). Politisch zerfällt in zwei Gruppen: die Besitzungen indischer Vasallenfürsten und die britischen, zur Präsidentschaft Bombay gehörigen Distrikte.
Die erstern (Katsch, fast ganz Kathiawar, der größte Teil des Festlandes), vor 30 Jahren noch unter 217, jetzt nur noch 189 Herrscher verteilt, unter denen der Gaikawar von Baroda der bedeutendste ist, umfassen 163,262 qkm (2475 QM.) mit 4,737,044 Einw. und werden offiziell auf acht Gebiete verteilt: Katsch, Palampur, Mahi Kantha, Kathiawar, Rewa Kantha, Cambay, Narukot und Surate. Die britischen Besitzungen sind 26,308 qkm (478 QM.) groß mit 2,857,731 Einw. und umfassen die Distrikte Ahmedabad, Kaira, Pantsch Mehals, Barotsch und Surate.
Dazu kommen noch die kleinen portugiesischen Besitzungen Daman an der Küste von Surate und Diu an der Südspitze von Kathiawar. Die Halbinsel Kathiawar zeigt mit Katsch (s. d.) in der Richtung ihrer ozeanischen Küsten (von NW. nach SO.) wie in ihrem geologischen Aufbau große Verwandtschaft, doch ist sie höher; die Girberge im S. erheben sich zu 500 m, die Girnaberge im Zentrum erreichen 1067 m, beide sind mit dichten Waldungen bedeckt. Gegen N. senkt sich das Land, der 110 km breite Isthmus liegt höchstens 15 m ü. M. und wird noch dazu zum großen Teil von einem Salzsumpf eingenommen.
Das Festland wird durch den Mahifluß in zwei voneinander durchaus verschiedene Striche geteilt. Der nördliche ist eben, kahl, trocken und wird von oft wasserlosen Flüssen durchzogen, welche sich bis 20 m tiefe Rinnen gegraben haben, in denen während der Trockenzeit der ganze Verkehr der dann scheinbar ausgestorbenen Landschaft sich bewegt. Der südliche wird von den wasserreichen Flüssen Narbada und Tapti durchzogen, die in weiter Mündung sich in den Golf von Cambay ergießen, und von Hügelketten erfüllt und zeichnet sich durch fruchtbare Felder, prächtige Obstgärten, aber auch durch undurchdringliche Dickichte aus. Das Klima, im N. äußerst heiß und trocken, wird im S. von Juli bis Oktober durch den Südwestmonsun gemäßigt, ist dort aber wegen der verderblichen Fieber Europäern sehr gefährlich.
Im ganzen ist Gudscharat eine der fruchtbarsten und auch am besten kultivierten Landschaften Indiens. In den Küstengegenden wird Reis, im N. Weizen, Gerste [* 74] u. a. gebaut; die Kultur des Zuckerrohrs breitet sich im S. aus. Berühmt ist Gudscharat durch seine Baumwolle, [* 75] die auf beiden Seiten des Golfs von Cambay in großem Maßstab [* 76] gebaut wird und, nach den Ortschaften ¶
benannt, als Surate, Dhollerah u. a. in den Handel kommt; Kokospalmen pflanzt man viel am Meeresufer. Von Mineralien [* 78] werden nur Eisenerze und im untern Thal der Narbada Karneol gefunden. Von wilden Tieren kommen vor: der indische mähnenlose Löwe (nur auf der Halbinsel Kathiawar), ferner Königstiger, Leoparden, Panther, Hyänen, Luchse, Wölfe, Schakale, in den Ebenen des Mahi und Sabarmati Antilopen und Nylgaus, in der Nachbarschaft des Ran wilde Esel und Gazellen, im Gebirge Wildschweine und der indische Hirsch, [* 79] überall zahlloses Geflügel.
Die gewöhnlichen Haustiere sind: das etwas degenerierte Pferd [* 80] in Kathiawar, außerdem sehr schöne Büffel, Zebus und kleine, häßliche Esel. Die Hauptindustrie von Gudscharat war ehemals die Weberei [* 81] von feinen Musselinen und Baumwollzeugen, die aber durch die Einfuhr englischer Stoffe sehr geschädigt wurde; seit 1862 sind nun mit indischem Kapital mechanische Webereien in Barotsch, Surate und Ahmedabad errichtet worden. In Surate werden auch Seidenwaren, in Ahmedabad Teppiche angefertigt. An guten Straßen ist großer Mangel; eine Eisenbahnlinie durchzieht das Festland von N. nach S., von Ahmedabad geht eine Linie ostwärts, um darauf die Halbinsel Kathiawar nach verschiedenen Richtungen zu durchschneiden.
Die Bevölkerung [* 82] besteht zum größern Teil aus Hindu, zum kleinern aus Mohammedanern und Parsen. Unter den Hindu sind die Brahmanen zahlreich; die Radschputen nehmen in Kathiawar, die Marathen auf dem Festland eine hervorragende Stelle ein. Die kaufmännische Klasse der Banjanen ist in allen Handelsstädten vertreten. Die Sprache, [* 83] das Gudscharati, ist eine Tochtersprache des Sanskrits, mit einer sehr ausgedehnten Litteratur, in welcher viele Werke der altpersischen Religion auf uns gekommen sind, und in welcher 1818 die erste Zeitung, 1872 die Geschichte des deutsch-französischen Kriegs erschien.
Die Schrift ist dem Devanagari (s. d.) nachgebildet. Außerdem wohnen in Gudscharat noch zahlreiche halbwilde Stämme, von denen die Kol (s. d.) in Kathiawar die zahlreichsten sind; im nordöstlichen Gudscharat treffen wir die allerdings immer mehr zurückweichenden Bhil und andre Stämme. In Kathiawar waren früher die wandernden Horden im Innern ein Schrecken der seßhaften Bevölkerung; sie machten Raubzüge weit ins Festland hinein, während an der Südwestküste sich das Seeräubertum entwickelte, bis eine englische Expedition 1868 dem Unwesen dauernd ein Ende setzte.
Kathiawar hat mehrere durch ihre großartigen Tempelbauten sowie durch Industrie und Handel bedeutende Städte (Bhaunagar, Nawanagar, Dschunagarh). Der englische Aufsichtsagent sitzt aber in Radschkot im Innern der Halbinsel, mit (1881) 15,139 Einw., einer Militärstation (6013 Einw.) und einer höhern Schule (unter europäischen Lehrern), welche alle künftigen Regenten besuchen müssen. Auf dem Festland sind Ahmedabad, Surate, Barotsch, Cambay, Patan die wichtigsten Orte.
Arische Eroberer scheinen sehr früh nach Gudscharat gekommen zu sein; die Griechen nannten es Surachtrene und trieben Handel mit Barygaza, dem jetzigen Barotsch. Im J. 1294 wurde Gudscharat eine Provinz des mohammedanischen Kaiserreichs Dehli; von 1611 an gründeten Engländer, Portugiesen und Franzosen Faktoreien in Surate, Cambay, Barotsch, Gogo, Diu und Daman. Als sich der Gaikawar unabhängig machte, wurde er von den Engländern unterstützt, die sich aber 1802 dafür die Distrikte Surate, Barotsch, Ahmedabad und Kaira abtreten ließen und ihre Machtsphäre allmählich immer mehr erweiterten.
1) ein Grenzdistrikt in der britisch-ostind. Provinz Pandschab, erstreckt sich zwischen dem Tschenab- und Dschilumfluß bis zum Fuß des Himalaja und umfaßt 5110 qkm (93 QM.) mit (1881) 689,115 Einw. Der Distrikt ist fruchtbar und zum Export durch schiffbare Flüsse wie durch die Lahor-Peschawareisenbahn begünstigt, welche einen Zweig von Lalla Musa westwärts sendet. Hauptfrüchte sind: Weizen und Hirse, [* 84] unter den Handelsgewächsen Baumwolle. Bei der Stadt Gudschrat mit (1881) 17,815 Einw. errangen die Engländer unter Gough einen entscheidenden Sieg über die Sikh (s. Ostindien, Geschichte). S. Karte »Ostindien«. - 2) Land, s. Gudscharat.
dän. Dorf in Jütland zwischen Kolding und Fredericia, bemerkenswert durch das Gefecht vom in welchem die schleswig-holsteinischen Truppen unter General v. Bonin die Dänen unter General v. Bülow nach siebenstündigem Kampf zum Rückzug nach Fredericia nötigten.
(spr. gwe-, Gebern), s. Parsen. ^[= (Gebern, Feueranbeter), die noch übrigen Anhänger der von Zoroaster (s. d.) gestifteten iranischen ...]
(spr. gebriang), Jean Baptiste Budes, Graf von, Marschall von Frankreich, aus bretonischem Adel, geb. zu Plessis-Budes bei St.-Brieuc, lernte den Kriegsdienst in Holland, befehligte dann 1635-39 französische Hilfstruppen im Heer des Herzogs Bernhard von Weimar [* 85] am Oberrhein, zeichnete sich hier durch seine Tapferkeit aus, bewirkte besonders den Übertritt des Heers in französische Dienste nach Bernhards Tod (1639), erhielt 1640 den Oberbefehl über dies Heer, kämpfte mit wechselndem Glück im Verein mit den Schweden unter Banér und Torstensson gegen die Kaiserlichen, die er bei Wolfenbüttel [* 86] und bei Kempen besiegte, und starb an einer 17. Nov. vor Rottweil [* 87] empfangenen Wunde.
Vgl. Lelaboureur, Histoire du maréchal de Guébriant (Par. 1656).
(spr. gebwilähr), Stadt, s. Gebweiler. ^[= (franz. ), Kreisstadt im deutschen Bezirk Oberelsaß, am Fuß der Vogesen, an der ...] [* 88]
(spr. gwelf-), Parteiname für die Anhänger des Papsttums und die Gegner der deutschen Kaiser in Italien [* 89] (vgl. Ghibellinen), hergeleitet von dem den Hohenstaufen verfeindeten Geschlecht der Welfen (s. d.).
hannöv. Orden, [* 90] am von dem Prinz-Regenten, spätern König Georg IV. von England für Hannover [* 91] gestiftet zur Belohnung von Zivil- und Militärdienst, erhielt den Namen zu Ehren der Ahnen des hannöverschen Hauses. Der Orden hatte ursprünglich drei, später vier Klassen, nämlich:
1) Großkreuze, 2) Komture erster und zweiter Klasse, 3) Ritter, 4) Mitglieder der vierten Klasse. Das Ordenszeichen ist ein an goldener Krone hängendes achtspitziges Kreuz, [* 92] dessen Flügel durch Löwen [* 93] verbunden sind, mit einem Rundschild von rotem Email, dessen Avers das weiße Roß mit der Umschrift: »Nec aspera terrent«, umgeben von einem Eichenkranz, und dessen Revers Namenszug und Jahreszahl enthält. Der Orden erlosch, als Hannover 1866 an Preußen fiel.
y Renté (spr. uell), José, span. Schriftsteller und Politiker, geb. zu Havana [* 94] auf Cuba, wurde, nachdem er seine juristischen Studien in Barcelona [* 95] vollendet hatte, in seiner Vaterstadt Advokat, begab sich aber bald nach Madrid, [* 96] wo er im Juni 1848 die Infantin Donna Josepha, die Schwester des Königs Franz, heiratete. Darin lag für ihn die Quelle [* 97] langer Unannehmlichkeiten. Das königliche Haus sah die Ehe höchst ungern, man verwies ihn ins königliche Palais von Valladolid; er aber stellte sich 1854 an die Spitze der Volksbewegung und des ¶
aufständischen Heers. So kam er als Volksmann in die Kammer und wurde zum Kommandanten des 4. Bataillons der Nationalmiliz in Madrid erwählt, wobei er immer auf Esparteros Seite stand. In den Stürmen von 1856 nach Paris verbannt, lebte er hier vorzugsweise der litterarischen Thätigkeit (zum Teil in französischer Sprache); 1879 wurde er für die Insel Cuba zum Senator ernannt. Er starb in Madrid. Außer zahlreichen Beiträgen zur liberalen spanischen Presse [* 99] veröffentlichte er die Gedichtsammlungen: »Lagrimas del corazon« (Valladolid 1854) und »Duelos del corazon« (das. 1855);
ein Drama: »Don Carlos« (1879);
ferner die Prosawerke: »Pensiamentos cristianos, filosoficos y politicos« (Valladolid 1854),
»Traditions américaines« (1861),
»Légendes du Montserrat« (1866),
»Légende de Catherine Ossema« (1873),
»Les deux folies« (1879);
die historischen Studien: »Philippe II et Don Carlos devant l'histoire« (1878) und »Los restos de Colon« (Par. 1884) u. a. Eine neue Ausgabe seiner »Poesías« erschien 1881 in Paris.
(spr. ghelf), Stadt in der britisch-amerikan. Provinz Ontario, am Speed River, hat eine landwirtschaftliche Akademie, Fabriken von Strumpf- und Wollwaren, Nähmaschinen, [* 100] Ackergeräten, Brauereien und (1881) 9890 Einw.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für F. Ed. Guérin-Mèneville (s. d.).
(spr. gherāngd), Stadt im franz. Departement Niederloire, Arrondissement St.-Nazaire, 5 km vom Atlantischen Meer entfernt, an einem Zweig der Westbahn, von Gräben und betürmten Mauern (mit vier Thoren) umgeben, die den mittelalterlichen Charakter der Stadt noch erhöhen, hat eine Kirche, St.-Aubin, aus dem 12. und eine schöne Kapelle aus dem 14. Jahrh. und (1876) 2415 Einw., renommierte Barchentwebereien und große Salzteiche (2300 Hektar), welche jährlich 80 Mill. kg grobes Salz [* 101] produzieren. Guérande ist eine von den Städten, in denen die Sitten der alten Bretagne sich am reinsten erhalten haben.
La (spr. ghärsch), 1) Guerche sur Creuse, Dorf im Departement Indre-et-Loire, Arrondissement Loches, an der Creuse, mit dem von Karl VII. erbauten Schloß der Agnes Sorel, einer Kirche aus dem 11. Jahrh. und (1876) 465 Einw. -
2) Guerche sur l'Aubois, Stadt im franz. Departement Cher, Arrondissement St.-Amand, am Flüßchen Aubois, unweit des Kanals von Berry an der Orléansbahn, hat (1876) 1837 Einw., eine Zuckerfabrik und Brüche lithographischer Steine.
(spr. gŭertschĭno), eigentlich Giovanni Francesco Barbieri, ital. Maler, geb. zu Cento (daher Guercino da Cento, »der Schielende von Cento«, genannt), war daselbst Schüler von Benedetto Gennari und des B. Cremonini, bildete sich dann weiter unter Paolo Zagnoni zu Bologna und unter dem Einfluß von L. Carracci. Bis 1642 war er in Cento ansässig, von da ab in Bologna, wo er starb. In den Jahren 1619 und 1620 arbeitete er in Ferrara [* 102] und Venedig, [* 103] von 1621 bis 1623 war er in Rom, [* 104] 1626 in Piacenza und 1632 in Modena thätig.
Seine ersten Gemälde zeigen in den scharfen Gegensätzen von Licht [* 105] und Schatten [* 106] und der derben Charakteristik eine Verwandtschaft mit Caravaggio. Später ward sein Kolorit unter dem Einfluß der Venezianer harmonischer und wärmer. Seit 1642, wo sich in Bologna eine große Schule um ihn versammelte, schloß er sich dem weichen und glatten Stil Guido Renis an. Die Zahl seiner Fresken und Staffeleibilder ist außerordentlich groß. Als Hauptwerke sind zu betrachten: die Gefangennahme des heil. Rochus (1618, San Rocco, Bologna, in Fresko), Einkleidung des heil. Wilhelm (1620, Pinakothek zu Bologna), Ekstase des heil. Franziskus (Paris, Louvre), Aurora, Deckenbild in der Villa Ludovisi (Rom), Martyrium der heil. Petronella (Altarbild, Rom), Fresken in der Kuppel des Doms zu Piacenza, Himmelfahrt der Jungfrau (1624, Petersburg, [* 107] Eremitage), Tod der Dido (1631, Palazzo Spada, Rom), Kephalos und Prokris (1643, Dresdener Galerie), Verstoßung der Hagar (1657, Mailand, [* 108] Brera). Er hat auch zahlreiche Landschaftszeichnungen hinterlassen, die von Bartolozzi, Guercino Penna, A. Bartsch u. a. gestochen worden sind.
(spr. gherä), Hauptstadt des franz. Departements Creuse, auf einem Bergabhang links von der Creuse, Station der Orléansbahn, hat ein Schloß aus dem 15. Jahrh., ein Collège, eine Normalschule, eine Bibliothek, ein Museum für Naturgeschichte, Numismatik und Antiquitäten, eine Gemäldegalerie, 2 Spitäler, einen botanischen Garten [* 109] und (1881) 5864 Einw. Die Stadt entstand im 8. Jahrh. um eine im 7. Jahrh. gegründete Abtei und war später Hauptort der Haute-Marche.
s. Stummelaffe. ^[= (Colobus Illig.), Gattung aus der Familie der Schmalnasen (Catarrhini) und der Unterfamilie ...]
(spr. ghe-), 1) Otto von, Physiker, geb. zu Magdeburg, [* 110] studierte in Leipzig, Helmstedt und Jena [* 111] die Rechte, dann zu Leiden [* 112] Mathematik, Geometrie und Mechanik und bereiste hierauf Frankreich und England. Er wurde 1627 Ratsherr zu Magdeburg, trat nach der Zerstörung der Stadt in schwedische Dienste als Oberingenieur zu Erfurt, [* 113] wurde 1646 Bürgermeister in Magdeburg und brandenburgischer Rat, legte jedoch 1681 seine Ämter nieder und siedelte nach Hamburg [* 114] über, wo er starb. Guericke ist Erfinder der Luftpumpe [* 115] (1650), mit welcher er die ersten öffentlichen Versuche 1654 auf dem Reichstag zu Regensburg [* 116] machte.
Auch erfand er das Manometer [* 117] (1661), die »Guerickeschen Wassermännchen« (wahrscheinlich hohle Glasfiguren, die auf dem Quecksilber in der Barometerröhre schwammen) und konstruierte die erste (unvollkommene) Elektrisiermaschine, [* 118] mit deren Hilfe er entdeckte, daß zwei gleichnamig elektrisierte Körper sich abstoßen, während man bis dahin nur die Anziehung leichter Körperchen durch elektrisierte Körper beobachtet hatte. Er beschäftigte sich auch mit Astronomie [* 119] und stellte zuerst die Meinung auf, daß sich die Wiederkehr der Kometen [* 120] müsse bestimmen lassen. Die wichtigsten seiner Beobachtungen legte er in der Schrift »Experimenta nova, ut vocantur, Magdeburgica de vacuo spatio« (Amsterd. 1672; neue Ausg., Leipz. 1881) nieder. Von historischem Wert ist auch seine »Geschichte der Belagerung, Eroberung und Zerstörung Magdeburgs« (1631), herausgegeben von F. W. Hoffmann (Magdeb. 1860).
Vgl. Hoffmann, Otto v. Guericke (Magdeb. 1874).
2) Heinrich Ernst Ferdinand, namhafter Vertreter des altlutherischen Dogmas, geb. zu Wettin, habilitierte sich 1824 in Halle mit der Schrift »De schola, quae Alexandriae floruit, catechetica« (Halle 1824-25, 2 Bde.) und wurde 1829 außerordentlicher Professor der Theologie. Als er sich 1833 für die schlesischen Altlutheraner und gegen die Einführung der Union und Agende erklärte, ward er im Januar 1835 seiner Professur enthoben. Er fungierte hierauf als Prediger der altlutherischen Gemeinde in Halle, doch ward ihm 1838 von der Regierung auch die Verrichtung kirchlicher Handlungen untersagt. Seit 1840 als Professor restituiert, starb er ¶