Bei der Wiedereinnahme seinerGüter eignete Grumbach sich nur an, was er früher unbestritten besessen hatte;
was irgend zweifelhaft war, sollte dem
Ausspruch eines
Schiedsgerichts unterstellt bleiben. Allein der
Kaiser sprach die
Acht
über Grumbach aus und inhibierte den Vollzug des
Vertrags, obwohl
Würzburg selbst um
Zurücknahme des Befehls bat. Kaum war Grumbach diese
neue
Phase seines
Schicksals bekannt geworden, als er durch neue
Schriften bei der fränkischen
Ritterschaft
und den
Kurfürsten um Unterstützung nachsuchte und die Rechtswidrigkeit seiner
Ächtung nachwies.
Wirklich erhielt er auch viele
Beweise fürstlichen Wohlwollens; nichtsdestoweniger setzten die kaiserlichen
Kommissare auf
dem Verhandlungstag durch, daß die Vollziehung der
Acht beschlossen wurde. Die
Ritterschaft
in
Franken sandte eine neue
Vorstellung an den
Kaiser, die rheinischen
Kurfürsten drängten den
WürzburgerPrälaten bis zu den
Präliminarien eines Güteversuchs, das brandenburgische
Haus bot sein ganzes Ansehen auf, um seines alten
DienersHaupt von
dem kaiserlichen
Zorn zu entlasten, und man erreichte wenigstens, daß die
Sache einstweilen hinausgeschoben
wurde.
Kaum aber war der
KaiserFerdinand I. gestorben so griff der
Bischof von
Würzburg in einer
Schrift auf das schonungsloseste
an. Grumbach wandte sich 1566 in einer Eingabe an den
Reichstag nicht nur an die Einsicht, sondern auch an das
Mitleid seiner
Richter. Aber der
Kaiser war durch die ihm von dem
KurfürstenAugust von
Sachsen
[* 4] über Grumbachs Einfluß am
Hof
[* 5] zu Gotha
[* 6] gemachte Mitteilung im voraus gegen ihn eingenommen; die
Fürsten waren ihm teils feindlich gesinnt, teils wenigstens
teilnahmlos gegen ihn, und auch die
Hilfe des
Adels blieb aus.
Nur
HerzogJohannFriedrich vermochte nicht, sich von Grumbach zu trennen, und so fiel auch er um Grumbachs willen in die
Acht. Die
Exekution wurde dem sächsischen
KurfürstenAugustübertragen, der zur Belagerung Gothas (1566) schritt. Hartnäckig weigerte
JohannFriedrich die
Auslieferung Grumbachs; endlich fiel die Stadt in
AugustsHand
[* 7] Grumbach wurde
ergriffen und, nachdem man ihm durch die
Folter Geständnisse abgepreßt hatte, 18. April auf dem
Markt zu Gotha gevierteilt, während
man den gefangenen
Herzog nach
Österreich
[* 8] abführte, wo er 27 Jahre hindurch bis zu seinem
Tod festgehalten wurde.
FriedrichWilhelm von, preuß.
General, geb. zu
Berlin,
[* 10] Sohn des um die
Organisation des Heerwesens
hochverdienten kurbrandenburgischen Geheimrats
JoachimErnstv. Grumbkow (gest. 1690), machte schon 1689 als
Fähnrich den Rheinfeldzug
mit, studierte 1690-93 in
Utrecht
[* 11] und
Leiden,
[* 12] trat dann wieder in die brandenburgisch-preußische
Armee,
ward 1703 Oberst und kämpfte rühmlichst bei
Höchstädt
[* 13] und
Malplaquet. 1709 zum
Generalmajor befördert, wurde
er 1713 unter
FriedrichWilhelm I., der ein unbedingtes Vertrauen in ihn setzte, und auf den er großen Einfluß übte, Generalkommissar
(Finanzminister), 1723 Vizepräsident des Generaldirektoriums und, nachdem er 1717
Generalleutnant, 1733
General der
Infanterie geworden, 1737
Generalfeldmarschall. Im
Verein mit dem österreichischen
GesandtenGrafen Seckendorf, der ihn durch
reiche
Geschenke völlig für die
Politik des kaiserlichen
Hofs gewonnen hatte, wußte
er den arglosen König für unbedingten
Anschluß an
Österreich zu gewinnen und bis zuletzt dabei festzuhalten.
In dem Familienzwist am preußischenHof
spielte er eine wichtige
Rolle: während er früher die englischen
Heiraten bekämpft und dadurch den Zwiespalt verschärft
hatte, war er nach der
Katastrophe für die
Versöhnung zwischen dem König und dem
Kronprinzen eifrig thätig. Er war ein kenntnisreicher
Mann und in der innern
Verwaltung wie in der Leitung diplomatischerGeschäfte nicht ohne
Verdienste. Er
starb
FriedrichWilhelmAugust, Mitglied des deutschen
Reichstags, geb. zu
Goslar,
[* 14] war zuerst
Advokat in
Lüneburg
[* 15] und seit 1855
Oberbürgermeister in
Harburg.
[* 16] 1848 ins deutsche
Parlament, dann wiederholt in die hannöversche Zweite
Kammer gewählt, war er 1867-78 Mitglied des norddeutschen, dann des deutschen
Reichstags, hier zur nationalliberalen
Partei gehörig und an den
Arbeiten der Versammlung, besonders bei volkswirtschaftlichen und Verwaltungsfragen, eifrig beteiligt.
Seit 1879 gehörte er dem Abgeordnetenhaus als Mitglied an. Er starb in
Harburg.
(Grummet, in Süddeutschland und der
Schweiz
[* 19]
Emd), dasjenige
Gras, welches nach der ersten oder eigentlichen Heuernte
im
Herbst gewonnen wird (zweiter
Schnitt). Da, wo man dreimal schneiden kann, heißt die letzte
Ernte
[* 20]
Nachmad
(Aftergrumt). Über den relativen Wert von
Heu und Grumt sind die
Ansichten sehr verschieden. Vollkommenes Wachstum und gutes
Ernten vorausgesetzt, wird das Grumt, weil zarter, dünnblätteriger und ärmer an
Holzfasern, relativ reicher an Proteinstoffen,
also nährkräftiger als
Heu sein, auf feuchten
Wiesen, bei magerm
Boden, im kältern und feuchten
Klima
[* 21] aber in der
Regel das
Heu, weil kräftiger und vollkommener wachsend und bei intensiverer
Wärme
[* 22] geerntet, den Vorzug verdienen;
da aber, wo aus Unkenntnis oder der
Witterung wegen das
Gras zur Heuernte zu lange, d. h. über die
Blütezeit der
Mehrzahl der
Gräser
[* 23] und
Kräuter bis zu beginnender Körnerbildung, stehen blieb, sowie da, wo der Bestand der
Wiese,
besonders in Bezug auf die Entwickelungszeit der einzelnen
Pflanzen, ein zu ungleicher ist, wird das Grumt vorzuziehen sein.
Je nach Jahrgang ist bald das
Heu, bald das Grumt begünstigt.
Gutes Grumt gibt man vorzugsweise den
Kühen, tragenden
Tieren, den
Schafen und dem Mastvieh, das
Heu den
Pferden und Zugochsen. Von großem Einfluß auf
Güte und
Menge des
Grumts ist auch die
Witterung nach der Heuernte: auf Wässerungswiesen gibt man die erforderliche
Feuchtigkeit künstlich,
auf natürlichen
Wiesen gehen bei anhaltender Trockenheit die bessern
Gräser und
Kräuter ein oder bleiben verkümmert.
Ebenso hat man einige grüne Teerfarben dargestellt. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Es gilt aber auch im eigentlichen
wie im übertragenen Sinn als Bezeichnung des Unreifen. - Französisches Grün, s. Grünerde.
1849 auch in die preußische Zweite Kammer gewählt, nach deren Auflösung aber
wegen »intellektueller« Beteiligung an dem PfälzerAufstand verhaftet und erst nach achtmonatlicher Haft
freigesprochen. Grün lebte seitdem schriftstellerisch thätig in Belgien, brachte ein Jahr (1861) in Italien
[* 37] zu, wurde nach seiner
Rückkehr Lehrer an der Handels- und der höhern Gewerbeschule zu Frankfurt,
[* 38] hielt 1865-68 Vorlesungen in den rheinischen Städten
und siedelte 1870 nach Wien
[* 39] über, wo er noch jetzt lebt. Er veröffentlichte noch: »LudwigNapoleonBonaparte,
die Sphinx
[* 40] auf dem französischen Kaiserthron« (3. Aufl., Hamb.
1860);
(ChloropsMeig.), Insektengattung aus der Ordnung der Zweiflügler
[* 42] und der Familie der Fliegen
[* 43] (Muscariae), kleine
und sehr kleine Insekten
[* 44] mit halbrundem, in die Quere gezogenem Kopf, stark zurückweichendem Untergesicht,
sehr breiter, feinhaariger Stirn, schön grünen Augen, drei Nebenaugen auf schwarzem Scheiteldreieck und bisweilen verkümmerten
Flügeln. Das bandfüßige Grünauge (Kornfliege, C. taeniopusMeig., s. Tafel »Zweiflügler«) ist 4 mm lang, gelb mit schwarzen Fühlern,
schwarzem Scheiteldreieck und schwarzen Striemen auf dem Hinterkopf und Thorax, schwarzbraunen Querbinden
auf dem Hinterleib und gelben Beinen, von welchen die schwarzen Fußglieder der vordersten beim Männchen einen gelben Mittelring
besitzen.
Die Flügel sind glashell. Das Weibchen legt die Eier
[* 45] zwischen die Blätter des Weizens und der Gerste,
[* 46] wenn die Ähre noch tief
zwischen denselben verborgen ist; die Larve frißt einen braun werdenden Kanal
[* 47] vom
letzten Knoten bis zur
Ähre, infolgedessen der Halm im Innern sich verdickt und keine gesunde Ähre entwickelt (Gicht oder Podagra). Sie verpuppt sich
nahe dem obersten Knoten zwischen Halm und Blattscheide oder in der Ähre. Die zweite Generation lebt wahrscheinlich in den
Wintersaaten und tötet diese oft noch vor dem Winter. Auch das gestriegelte (C. strigulaFabr.), mit rußigbraunem Hinterleib,
und das liniierte (C. lineataFabr.), mit glänzend schwarzem Hinterleibsrücken und schwarzem dritten Fühlerglied, werden
dem Getreide schädlich.
[* 24] (Grüneberg), 1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz,
[* 48] an der LinieBreslau-Stettin
der Preußischen Staatsbahn, ganz von Weinbergen umgeben, zwischen denen sich die GrünbergerHöhe erhebt (mit hübscher Aussicht
vom Belvedere), hat vier Vorstädte, eine evangelische und eine kathol. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, ein Realgymnasium,
eine Musterwebschule, eine Reichsbanknebenstelle, bedeutende Tuch- und Wollwarenfabrikation, Zwirnerei, Fabriken für Brückenbau
und Maschinen (zur Landwirtschaft und Textilindustrie), Dachpappe und künstliche Blumen, Schaumweinfabrikation,
Bierbrauerei,
[* 49] ein Braunkohlenbergwerk, Obst- und sehr bedeutenden Weinbau und (1885) 14,396 meist evang.
Einwohner. Der Weinbau, in der Umgegend auf mehr als 1100 Hektar gepflegt, liefert nicht allein eine große Menge von Trauben
zur Ausfuhr, sondern in guten Jahren bis 30,000 hlWein (Grünberger). Die Stadt gehörte ehemals zum FürstentumGlogau.
[* 50] Der Weinbau besteht schon seit 1150.
Vgl. Wolff, Geschichte der Stadt Grünberg (Grünb. 1848). -
in Italien die offiziellen Sammlungen diplomatischer Aktenstücke, welche von der Regierung dem Parlament
zur Einsichtnahme unterbreitet werden, entsprechend den englischen Blaubüchern (s. d.).
im logischen Sinn das, worauf ein Gedanke oder eine Gedankenreihe beruht, worauf sie sich
gründet. In der Gedankenwelt redet man also insofern von Gründen, als man einen Gedanken für wahr hält, weil man den andern
für wahr anerkannt hat, mithin einen Gedanken (Folge) von dem andern (Grund) ableitet. In der folgerichtigen Ableitung der Gedanken
voneinander, in der Zurückführung
¶
mehr
der Gedanken auf wahrhafte und allgemein gültige Gründe, also in der Begründung derselben, äußert sich die Gründlichkeit.
An dieses Verhältnis zwischen Grund und Folge ist aber unser gesamtes (logisches) Denken gebunden; daher das logische Gesetz: »Setze
nichts ohne Grund«, oder: »Verknüpfe deine Gedanken als Grund und Folge miteinander« (Satz des Grundes), welches
alle willkürlichen Behauptungen zurückweist. Wo wir nicht bis zum zureichenden Grund (ratio sufficiens) hindurchdringen
können, müssen wir uns mit unzureichenden Gründen begnügen, worauf sich dann das wahrscheinliche Urteil basiert (s. Wahrscheinlichkeit).
Übrigens muß der Grund eines Gedankens nicht immer außer demselben, sondern er kann auch in ihm selbst
liegen (s. Analyse). Sind die Gründe objektiv zureichend, so begründen sie das Wissen oder Erkennen; sind sie bloß subjektiv
zureichend, so begründen sie das Glauben; sind sie aber unzureichend, so kann daraus nur ein Meinen oder gar ein Wähnen hervorgehen.
Jede logisch richtige Gedankenreihe geht von Begriffen oder Sätzen aus, welche selbst der Begründung
entweder nicht fähig oder nicht bedürftig sind. Ein solcher Satz, der unmittelbar gewiß ist, heißt ein Grundsatz oder Axiom
(s. d.). SynthetischeGrundsätze, die von unmittelbarer anschaulicher Gewißheit sind, oder Axiome im engern Sinn erkennt die
kritische Philosophie nur in der Mathematik an; alle andern, deren Wahrheit nur durch vermittelnde Begriffe
(Kategorien) einleuchtend gemacht werden kann, nennt sie diskursive (s. Diskursiv).
ferner der Gegenstand, auf welchem gemalt
oder vergoldet wird, sowie der erste Farbenüberzug, welcher auf einen Gegenstand teils zur Glättung desselben, teils zur
Hebung
[* 58] der später aufzutragenden Farben gebracht wird (Malgrund, s. d.);
daher bei gemusterten Zeugen der nicht gemusterte
Teil (Leinwand-, Atlas-, Taft-, Köpergrund etc.);
bei Gemälden, was sich hinter den einzelnen gemalten Gegenständen befindet
(Vorder-, Mittel-, Hintergrund, s. Hintergrund).
der Inbegriff aller Bauarbeiten, welche einem Bauwerk einen festen Stand
auf dem Baugrund verschaffen, wechselt mit der sehr verschiedenen Beschaffenheit des letztern, welche vor Beginn des Baues sorgfältig
zu prüfen ist. Diese Prüfung erfolgt entweder durch Eintreiben von Pfählen, aus deren Eindringen man
auf die Widerstandsfähigkeit, oder durch Bohrungen, aus deren Ergebnissen (Bohrproben) man auf die Art des Baugrundes schließt.
Derselbe ist teils fest und dann in einer geringern Tiefe von 1-3 m (fester Obergrund) oder in einer größern Tiefe
von 3-20 m (fester Untergrund) zu erreichen, teils unfest, d. h. erst in unerreichbarer oder allzu schwierig
erreichbarer Tiefe fest.
Näheres s. Baugrund. Läßt der unfeste Baugrund eine Verbesserung zu, so geschieht dies teils durch Dichtung (Kompression)
mittels eingetriebener hölzerner Füllpfähle (unter Niedrigwasser), Steinsäulen oder wagerecht festgerammter Steinschichten
(Rollschichten), teils durch Entwässerung, z. B. nasser Thon- und Lehmschichten, teils durch Bewässerung,
z. B. lose aufgeschütteten Sandes, welcher hierdurch eine größere Dichtigkeit annimmt, teils durch vollständige Beseitigung
und Ersatz desselben durch festen Baugrund, z. B. Steinschotter, Kies oder Sand. Der Grundbau auf festem Obergrund ist der einfachste
und erfordert nach dem Grad seiner Festigkeit entweder keine oder eine nur mäßige Verbreiterung der Gründungsbasis
zur Vergrößerung der tragenden Fläche des Baugrundes durch Vorsprünge oder Absätze des Fundaments. Diese Vorsprünge bestehen
entweder aus Mauerwerk (Mauerabsätze, s. Tafel »Grundbau«,
Fig. 1), Holzwerk (liegender Rost,
[* 54]
Fig. 2) oder zwischen hölzernen Spundwänden eingeschlossenen Betonlagen
[* 54]
(Fig.
3). Der Grundbau auf festem Untergrund erfordert ein Übertragen der Gebäudelast durch die unfesten auf die
festen Bodenschichten teils durch einzelne steinerne Pfeiler (Erdpfeiler, Grundpfeiler,
[* 54]
Fig. 4), teils durch steinerne Röhren
[* 63] (Senkbrunnen) von rundem oder rechteckigem Querschnitt auf ring- oder rahmenförmiger eiserner oder hölzerner Unterlage (Kranz,
Schling,
[* 54]
Fig. 5), teils durch eingeschraubte hohle gußeiserne oder massive
walzeiserne Pfähle
[* 54]
(Fig. 6), teils durch eiserne, ohne oder mit Hilfe von verdünnter oder meist verdichteter Luft versenkte,
nach der Versenkung mit Beton gefüllte Röhren (Senkröhren, hohle eiserne Rostpfähle,
[* 54]
Fig. 7 und 8), teils endlich durch
hölzerne, in hinreichender Zahl eingerammte Rostpfähle (Pfahlrost,
[* 64] Fig. 9). Der Grundbau auf unfestem Baugrund
erfordert entweder eine ausgedehnte Verbreiterung der Gründungsbasis mittels umgekehrter, zwischen die Basis von Wänden oder
Pfeilern eingespannter Gewölbe
[* 65] (Grund-Erdbogen,
[* 54]
Fig. 10), mittels weit vorspringender, starker hölzerner Schwellroste
[* 54]
(Fig. 11), mittels weit über die Gründungsbasis ausgebreiteter Sand-, Kies- oder Steinschüttungen
[* 54]
(Fig. 12 und 13), oder
die Erzeugung einer hinlänglichen Seitenreibung an dem das Fundament umgebenden, unfesten Baugrund mittels
Senkbrunnen
[* 54]
(Fig. 14), mittels eingerammter Holzpfähle
[* 54]
(Fig. 15) oder
mittels sogen., durch Füllung von Rammlöchern mit Sand gebildeter Sandpfähle
[* 54]
(Fig. 16). Die Anordnung des Grundbaues ist
verschieden, je nachdem der darauf wirkende Druck des Bauwerkes ein ganz oder nahezu lotrechter oder ein
nach rückwärts oder vorwärts geneigter ist. Im erstern Fall, welcher bei den meisten Hochbauten vorliegt, erhält der Grundbau am
zweckmäßigsten eine wagerechte
[* 54]
(Fig. 17), im letztern Fall entweder eine
¶
mehr
geneigte, zur Druckrichtung ganz oder nahezu normale
[* 57]
(Fig. 18, 19 u.
20) oder eine derart gebrochene oder gezahnte Gründungsbasis, daß jede Verschiebung des Grundbaues hierdurch vermieden wird.
Der Grundbau der Widerlagpfeiler gewölbter Brücken,
[* 67] welcher dem landwärts gerichteten Seitendruck ihrer Gewölbe ausgesetzt ist,
erhält hiernach entweder die in
[* 57]
Fig. 21 dargestellte gebrochene oder die in
[* 57]
Fig. 22 u. 23 dargestellte gezahnte und getreppte Form; der Grundbau der
Ankerpfeiler von Hängebrücken, welcher dem nach der Brückenöffnung hin gerichteten Zug
ihrer Tragketten zu widerstehen hat,
entweder die in
[* 57]
Fig. 24 dargestellte gebrochene oder die in
[* 57]
Fig. 25 dargestellte
gezahnte Form.
Die Ausführung des Grundbaues oder die Gründung erfolgt entweder im Trocknen, wie bei den meisten Hochbauten,
oder im Wasser, wie bei den meisten Brückenbauten. Im erstern Fall wird ein Ausheben der Baugrube entweder nur mit mehr oder
minder steilen Böschungen oder mit abgesprießten Wänden, im letztern Fall eine vollständige oder teilweise Beseitigung des
Wassers durch Wasserschöpfen, Auspumpen oder Auspressen mittels komprimierter Luft erforderlich. Das Ausschöpfen und Auspumpen
erfolgt zwischen möglichst wasserdichten, sogen. Fangdämmen (s. Fangdamm), das Auspressen des Wassers durch Einpressen von
verdichteter Luft in den zur Lösung des Bodens bestimmten luft- und wasserdichten Arbeitsraum des Fundaments (Arbeitskammer),
die dem Gesamtdruck der äußern Luft und der äußern Wassersäule das Gleichgewicht
[* 68] hält (pneumatische Fundation).
Eine Reduktion der kostspieligen Wasserförderung erzielt man unter anderm durch Anwendung einzelner kleiner Senkbrunnen,
welche man von innen ausbaggert und hierdurch zum Sinken bringt, während man sie über Wasser allmählich aufmauert, oder
durch Anwendung von meist hölzernen, kalfaterten Senkkasten, welche
zunächst auf dem Wasser schwimmen
und unter der Last der Mauerung des Pfeilers allmählich auf den natürlichen oder künstlich befestigten Baugrund niedersinken.
Auch die zwischen hölzernen oder eisernen Spundwänden in großen Trichtern versenkten Betonlagen, welche unter Wasser erhärten,
gestatten eine erhebliche Verminderung des Wasserschöpfens. Die Beseitigung des Wassers, welches aus
wasserführenden Schichten in eine Baugrube eindringt, läßt sich nach dem Vorgang von Pötsch beim Abteufen von Schächten
in schwimmendem Gebirge in besondern Fällen auch dadurch bewirken, daß man jene Schicht da, wo sie die Baugrube durchsetzt,
künstlich gefrieren läßt und so eine Umschließung derselben durch eine Eiswand herstellt, welchenom Wasser
nicht mehr durchdrungen wird.
Zur Übertragung der Kälte auf den Schwemmsand verwendet Pötsch Chlormagnesium, bez. Chlorcalciumlauge, deren Gefrierpunkt
bei etwa -40° C. liegt, und deren Temperatur mittels einer Eismaschine auf etwa -25° C. gebracht wird. Durch eine Druckpumpe
wird dieselbe einem im Schacht stehenden Röhrensystem zugeführt, welches aus einer ringsum an den Schachtwänden
niedergebrachten Reihe von unten geschlossenen Röhren von ca. 20 cmDurchmesser, worin wieder engere, ca. 3 cm weite, unten mit
seitlichen Öffnungen versehene Röhren stecken, besteht.
Die Röhren stehen mit einem gemeinschaftlichen Einfall- und Steigrohr in Verbindung, durch welches die Lauge bez. niedersinkt
und wieder zum Kühlapparat emporsteigt, um aufs neue abgekühlt zu werden. Den ähnlichen Kreislauf
[* 69] beschreibt
die Lauge in den einzelnen Röhren. Textfig. 26 gibt das von Pötsch am Archibaldschacht in Schneidlingen zur Erschließung
eines Kohlenflözes angewandte Gefrierverfahren
[* 70] wieder, wobei F und S bez. das erwähnte Fall- und Steigrohr darstellen. Durch
ersteres gelangte die Lauge in die weitern lotrechten Röhren, an deren Wänden sie Wärme aufnahm und dadurch den umgebenden
Schwemmsand zum Gefrieren brachte, worauf sie durch die innern Röhren in das sie verbindende Querrohr und von da durch das
Steigrohr S zu dem Kühlapparat emporstieg. Auf diese Weise wurde der gefrorne Sandkegel ab cd erzeugt,
welcher nunmehr ohne Wasserhebung unter Anwendung von Schlegel- und Eisenarbeit wie Felsen bis zu dem Kohlenflöz durchbrochen
wurde.
Bei Gründung von Brückenpfeilern, Kaimauern u. dgl.
bei größern Wassertiefen findet in neuerer Zeit die pneumatische Fundation immer ausgedehntere Anwendung. Hierbei steht
die Arbeitskammer A (Textfig. 27), worin die Lösung des Bodens durch Arbeiter bewirkt wird, durch die zur
Förderung des gelösten Bodens und zum Auf- und Absteigen der Arbeiter bestimmten Schächte SS mit der Luftschleuse L in Verbindung,
durch welche die Beseitigung des gelösten Bodens sowie das Aus- und Einsteigen der Arbeiter vermittelt wird, und welche
deshalb mit einer innern und einer äußern Klappe versehen ist.
Durch die von der Luftkompressionspumpe mittels des RohrsR in die Luftschleuse geführte komprimierte Luft wird zunächst das
im Innern des Pfeilers befindliche Wasser ausgepreßt, worauf das Einsteigen der Arbeiter durch die äußere Luftklappe, während
die innere noch geschlossen ist, erfolgt. Ist hierauf die erstere geschlossen, die letztere geöffnet,
so steigen die Arbeiter in die Arbeitskammer nieder, wo sie denBoden vorzugsweise am Rande des Pfeilers lösen und diesen dadurch
allmählich zum Sinken bringen.
Der gelöste Boden wird in Kübeln aufgewunden und durch die beiden erwähnten Luftklappen, welche abwechselnd geschlossen
und geöffnet sind, nach außen befördert und dort in den Fluß gestürzt oder auf Kähnen weggefahren. Gleichzeitig wird
der Zwischenraum über der Arbeitskammer A und zwischen den Außenwänden und Schächten SS mit Beton oder Mauerwerk ausgefüllt
und durch die Belastung die Einsenkung des
Pfeilers befördert. Erst nachdem der Pfeiler, welcher seinem
Einsinken entsprechend nach oben verlängert wird, den festen Baugrund erreicht hat, werden die Arbeitskammer sowie die beiden
Schächte mit Beton oder Mauerwerk ausgefüllt und auf diese Weise ein massiver Pfeiler mit eisernem oder gemauertem Mantel geschaffen.
Im letztern Fall ruht das Mauerwerk auf dem eisernen Kasten C (caisson, Textfig. 28), welcher die Arbeitskammer
enthält, und in welchen mehrere eiserne Schächte münden, die oben mit Luftschleusen L versehen sind und teils als Förderschächte
F, teils als Steigeschächte S dienen. Bei sehr starken Pfeilern, z. B. bei der EastRiver-Brücke bei New York, hat man, um anGewicht und Kosten zu sparen, statt des Eisens festes Holz
[* 72] zur Herstellung von Caissons verwandt. Bei andern
Pfeilern, z. B. von Drehbrücken,
[* 73] hat man nur Decke
[* 74] und Rand der Arbeitskammer sowie die Schächte aus Eisen,
[* 75] alles übrige aus
Mauerwerk (Textfig. 29) hergestellt. Um die Arbeit zur Verdichtung der Luft zu sparen und die Luftschleusen bei der
während der Einsenkung des Pfeilers erforderlichen Verlängerung
[* 76] der Schächte nicht immer abnehmen und wieder aufsetzen zu
müssen, hat man die Luftschleusen bei Gründung der Brücke
[* 77] über den Mississippi bei St. Louis unmittelbar über der Arbeitskammer
angebracht und sowohl die Förder- als auch die Steigeschächte oben offen gelassen.
Die Tiefe, auf welche das pneumatische Verfahren ausführbar erscheint, beträgt 20 bis höchstens 30 m
unter dem Wasserspiegel, welche einen Druck der komprimierten Luft von 3-4 Atmosphären erfordert, um der äußern Wassersäule
das Gleichgewicht zu halten: ein Luftdruck, in welchem Menschen gerade noch leben und arbeiten können. Während man anfangs
nur Röhrenpfeiler mit etwa 79 qm Basis pneumatisch versenkte, zeigen die oben erwähnten Pfeiler der EastRiver-Brücke bereits eine Basis von 1594 und 1632 qm.
erfordert vor allem dessen Schutz gegen Unterspülung durch hölzerne oder eiserne Spundwände oder, bei stark strömenden
Gewässern mit sehr wandelbaren Flußbetten, durch fangdammartige Befestigungen dieser letztern, sogen. Sturzbetten. Um einer
Verwitterung des unter den Fundamenten befindlichen Baugrundes vorzubeugen, ist die Gründungsbasis in einer Tiefe unter der
Erdoberfläche anzulegen, bis zu welcher der Frost nicht eindringt, und welche in unsern Klimaten etwa
0,75 m beträgt. Wo Holz zum Grundbau verwendet wird, wie bei liegenden und Pfahlrosten, Füllpfählen und Spundwänden, ist dasselbe
zur Vermeidung von Fäulnis nur unter dem niedrigsten Wasserstand zu verwenden. Die zum Grundbau zu verwendenden eisernen Spundpfähle
und Spundbohlen erhalten zum Schutz gegen Oxydation einen soliden Anstrich oder Überzug mit heißem Teer
u. dgl.
Grundbegriff heißt auch
der das Gebiet einer Wissenschaft bezeichnende Begriff, durch dessen Gültigkeit die Gültigkeit aller übrigen ihr zugehörigen
bedingt wird.
SchonKarl d. Gr. führte für Kirchen und Klöster sogen. Lagerbücher (Polyptica) ein, in welchen Abgaben und Dienste
[* 80] verzeichnet
waren, die auf bestimmtem Grundvermögen lasteten. Eigentümlich war das Verfahren, welches man inMähren
[* 81] zur Sicherung der
Eigentumsverhältnisse an Liegenschaften einschlug. Auf fichtenen Tafeln wurden die Grundbesitzungen der einzelnen Markgenossen
verzeichnet, und diese Landtafeln bildeten die Grundlage des heutigen österreichischen Grundbuch- oder
»Tabularwesens«. In Deutschland legte man frühzeitig in den einzelnen Gemeinden öffentliche Bücher (Flurbücher, Lagerbücher,
Schuld- und Pfandbücher) an, in welchen im Interesse der Rechtssicherheit und namentlich auch im Interesse des Realkredits die
einzelnen Grundbesitzungen und deren dingliche Belastungen verzeichnet wurden.
Diese Bücher wurden teils von Gemeindebehörden, teils von den Gerichten, namentlich von den städtischen Gerichtsbehörden
(Stadt- und Gerichtsbücher), geführt. Für die neuere Entwickelung des Grund- und Hypothekenbuchwesens war namentlich die
preußische Hypothekenordnung von 1783 von großem Einfluß. Dieselbe beruht aus dem Grundsatz der Publizität, indem jeder,
der ein rechtliches Interesse daran hat, die Grundbücher einsehen kann. Der Eintrag ins Grundbuch sichert dem Berechtigten
das eingetragene Recht, welches erst durch den Eintrag rechtsgültig begründet wird.
Nach dem weitern Grundsatz der Spezialität muß
sich die Eintragung auf bestimmte immobile Vermögensstücke beziehen. Dazu
kommt das Prinzip der Legalität, wonach der Richter die Gesetzmäßigkeit des dem Eintrag zu Grunde liegenden
Rechtsgeschäfts nach Form und Inhalt zu prüfen hat. Indessen hat der Richter den an sich zulässigen Eintragungs- und Löschungsantragen
der gehörig legitimierten Personen stattzugeben (sogen. Konsensprinzip). Was die äußere Form der Grundbücher anbetrifft,
so unterscheidet man das System der Real- und dasjenige der Personalfolien, je nachdem für die einzelnen
Grundstücke besondere Grundbuchsblätter (Folien) mit den auf ebendieses Grundstück bezüglichen Einträgen bestehen oder die
Person des Grundeigentümers für die Einträge maßgebend ist, welch letztere auf den Namen desselben erfolgen.
Das System der Realfolien ist für die Grundbücher das herrschende. Eine weitere Verschiedenheit zwischen den
einzelnen deutschen Staaten besteht noch insofern, als in manchen Ländern, z. B. in Baden, Hessen
[* 82] und Württemberg,
[* 83] die Grundbücher neben
den Hypothekenbüchern getrennt geführt werden (s. Hypothek), während sie anderwärts mit diesen vereinigt sind (Grund- und
Hypothekenbücher). Letzteres ist insbesondere nach der preußischen Grundbuchordnung vom der Fall, welche
gleichzeitig mit dem Gesetz über den Eigentumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen
Gerechtigkeiten zunächst für das Gebiet des preußischen Landrechts publiziert, demnächst aber fast auf alle Gebietsteile
der preußischen Monarchie ausgedehnt ward.
Unter ebendemselben Datum wurde das Gesetz über die im Grund- und Hypothekenbuchwesen zu erhebenden Stempelabgaben
erlassen, welche bei Auflassungen 1 Proz. und bei sonstigen Eintragungen 1/12 Proz.
des Werts betragen. Die Löschungen sind frei. Das preußische System, welches auch in andern StaatenNachahmung fand, ist folgendes:
Für jede Gemarkung besteht ein Grundbuch. Jedes selbständige Grundstück hat sein Grundbuchsblatt (Realfolium). Die Beschreibung
des Grundstücks (nach Katasternummer, Karte, Flächenmaß, Reinertrag, Kulturart) bildet den sogen. Titel.
Dazu kommen drei Abteilungen oder Rubriken und zwar:
1) für den Eigentümer, 2) für die dinglichen Belastungen außer den Hypotheken, 3) für die Hypotheken und Grundschulden.
Veränderungen und Löschungen erfolgen in der betreffenden Rubrik unter fortlaufender Nummer. Vormerkungen der Protestationen
können ebenfalls eingetragen werden. Als Eigentümer gilt nur der als solcher ins Grundbuch Eingetragene.
Die Eintragung (Auflassung, Besitztitelberichtigung, Ab- und Zuschrift) muß im Fall freiwilliger Veräußerung durch Kauf, Tausch
etc. vor dem Grundbuchrichter von dem bisherigen Eigentümer mündlich bewilligt und von dem neuen Erwerber beantragt werden.