Fabrikdorf in der sächs. Kreishauptmannschaft
Bautzen,
[* 2] Amtshauptmannschaft
Zittau,
[* 3] 332 m ü. M., an der
LinieBischofswerda-Zittau der
Sächsischen Staatsbahn, hat ein
Amtsgericht, eine
Webschule und (1885) 5934 meist evang. Einwohner.
Großschönau ist
Mittelpunkt der Damastweberei im
DeutschenReich mit
ca. 4000 Arbeitern, die vorzügliche Damasttischzeuge mit eingewebten
Bildern bis zum Wert von 15,000 Mk. liefern; ferner gibt es
Lein-,
Plüsch- und Baumwollwebereien und große
Bleichen. Auch Bierbrauerei
[* 4] und Garnhandel werden stark betrieben. Seit 1587 gehört der
Ort dem
Stadtrat zu
Zittau.
Markt in der mähr. BezirkshauptmannschaftSchönberg, im anmutigen Theßthal,
hat ein altes fürstlich Liechtensteinsches
Schloß mit
Park, (1880) 2208 Einw., Flachsbau, Leinweberei, Glasfabrik,
eine laue
Schwefelquelle und eine Badeanstalt.
[* 11]
höchste
Spitze der westlichsten
Gruppe der
Hohen Tauern, westlich vom
Großglockner, 3673 m hoch.
Die
Gruppe besteht aus
Granit, von
Glimmerschiefer überlagert, läuft strahlenförmig aus und ist in ihrer Gletscherentwickelung
(Schlattenkees, Obersulzbacher
Gletscher u. a.) noch bedeutender als die Glocknergruppe. Die äußerste
Spitze des Großvenedigers
ist eine überhängende Schneekuppe. Die nächstbedeutenden
Erhebungen der
Gruppe sind: Rainerhorn (3554 m), Kristallkogl (3513
m),
Hohes Aderl (3501 m).
ErzherzogJohann hat den
Berg 1828 bis auf 60 m vom Gipfel erstiegen, sodann gelangten
I. ^[Ignaz] v. Kürsinger und
Spitaler aus
Mittersill bis zur
Spitze. Gegenwärtig wird der Großvenediger sehr häufig und zwar von S.
her von
Windischmatrei, über die
PragerHütte oder über Pregratten und die Johannishütte, von N. her
von
Neukirchen, über die Kürsingerhütte bestiegen.
Daselbst bestehen eine königliche Rechtsakademie, eine theologische römisch-kath.
Lehranstalt, ein griechisch-kath. Diözesanseminar, ein
Staats- und ein
Prämonstratenser-Obergymnasium, eine
Oberrealschule,
eine Landeshebammenschule, eine
Lehrer- und eine Lehrerinnenpräparandie und mehrere sonstige Erziehungsanstalten; ferner
ein Alumneum für arme Studierende, einige Kinderbewahr- und Armenanstalten und 6
Spitäler, ein Zellengefängnis, 4 Geldinstitute
und 7
Zeitungen. Großwardein ist der Sitz desKomitats, eines römisch-katholischen (vom heil.
Ladislaus gegründeten)
und eines griechisch-kath.
Bistums (seit 1776) mit dem
Domkapitel, eines
Gerichtshofs und Steuerinspektorats, einer Postdirektion
und
Advokatenkammer, hat
Gasbeleuchtung und eine
Arena und außer dem schon erwähnten schönen bischöflichen
Park eine
Promenade
(ehemals gräflich Rhédayscher
Garten).
[* 17] In der
Nähe (10 km weit), amFuß eichenbewaldeter
Berge, liegen
das mit Großwardein durch eine Zweigbahn verbundene Bischofbad und das Felixbad, ein beliebter Ausflugsort mit Parkanlagen,
Teich und
Inseln und wirksamen alkalischen
Schwefelquellen (40-41° C.), in deren Abfluß die seltene
Thermen-Seerose wächst.
- Am wurde in Großwardein der
Friede zwischen
Ferdinand I. vonÖsterreich
[* 18] und
JohannZápolya geschlossen.
Als es 1556 an
Siebenbürgen kam, ließ
Bethlen Gabor die
Kathedrale abbrechen und ein Festungswerk daraus machen; später kam
die Stadt wieder an die Kaiserlichen. 1598 wurde sie vergebens von den
Türken belagert, 1663 aber eingenommen und ihnen auch
im
Frieden von Vasvár völlig überlassen. Erst 1692 fiel sie wieder an
Ungarn.
[* 19] Als in den
Jahren 1848-49
die ungarische
Regierung nach
Debreczin
[* 20] flüchtete, wurden
Archive, Banknotenpresse etc. nach Großwardein gebracht.
Vgl. »Großwardein und seine
Umgegend« (Großward. 1872);
Bunyitai, Geschichte des Großwardeiner
Bistums (das. 1884).
(bei den
Türken Visiri-Aasam oder
Sadr-Aazam), im türk.
Reich und andern orientalischen
Staaten der erste Staatsbeamte, die
Stütze
(Wesir) der
Staatsverwaltung, welcher
Präsident des
Ministeriums ist, die eigentlichen
Staatsangelegenheiten leitet und die kaiserlichen
Siegel bewahrt, die ihm bei seiner Ernennung von einem Palastdiener überbracht
und bei seiner Absetzung wieder abgenommen werden. Der Großwesir präsidiert dem hohen
Staatsrat und ist beimSultan
für sämtliche
Handlungen der
Regierung verantwortlich. In der Neuzeit wurde dieses
Amt in der Türkei
[* 21] aufgehoben und der Großwesir durch
einen Premierminister (Basch-Vekil) ersetzt.
¶
Flecken in der hess. ProvinzStarkenburg, KreisDieburg, an der Gersprenz, hat eine kath. Kirche, Streichholz-
und Zünderfabriken, Töpferthongruben, starken Geflügelhandel und (1885) 2869 Einw.
Schon 1855 Mitglied der Akademie der Wissenschaften geworden, konnte er sich, mit dem Eintritt der Mündigkeit des Thronfolgers
(1859), seiner Lehrstelle und nach Niederlegung derselben (1862) ausschließlich seinen Lieblingsstudien
widmen. Unter die ersten seiner litterarischen Arbeiten gehört die metrische Übersetzung von Byrons »Mazeppa«; später folgte,
im Versmaß des Originals, diejenige der »Frithjofssage« von Tegnér, die »Fahrten in Finnland«, eine Reihe von Aufsätzen über
die finnische und schwedische Litteratur und (in schwedischer Sprache)
[* 28] eine Geschichte Rußlands bis Peter
d. Gr. (»Handbok i ryska rikets historia«,
Helsingfors 1850-51). Als Akademiker arbeitet Grot hauptsächlich im Gebiet der russischen Philologie; seine hierher gehörigen
Schriften: »Philologische Forschungen« (in russischer Sprache) erschienen gesammelt in dritter Auflage 1885. Seine Hauptarbeit
für die Litteraturgeschichte bildet die kritische Herausgabe der sämtlichen Werke des Dichters Dershawin
(1743-1816) mit Lebensbeschreibung in 9 Bänden. Im Auftrag der HistorischenGesellschaft gab Grot die PapiereKatharinas II. heraus,
worunter besonders ihr Briefwechsel mit Grimm hervorzuheben ist. Seine neueste Arbeit ist ein im Auftrag der Akademie ausgearbeitetes
Handbuch der russischen Rechtschreibung.
1) (spr. groht)George, engl. Geschichtschreiber und Staatsmann, geb. aus
einer ursprünglich deutschen Familie zu ClayHill in der GrafschaftKent, ward in der Charterhouseschule erzogen
und trat, 16 Jahre
alt, in das Bankiergeschäft seines Vaters ein, widmete sich aber daneben dem Studium der alten Klassiker und nahm regen Anteil
an den politischen Bewegungen seiner Zeit. Im J. 1821 veröffentlichte er eine anonyme Flugschrift gegen
SirJamesMackintoshs »Essay on parliamentary reform« und schrieb später ein kleines Werk: »On
the essentials of parliamentary reform«. Im Dezember 1832 für London
[* 29] ins Parlament gewählt, schloß er sich der radikalen Partei
an und stellte sich besonders die Einführung der geheimen Abstimmung (Ballot) zur Aufgabe, die er alljährlich
beantragte.
Da es ihm indes nicht gelang, den Widerstand der Konservativen und eines großen Teils der Whigs zu besiegen, so legte er 1841 sein
Mandat nieder und trat anderthalb Jahre später auch vom Bankgeschäft zurück, um sich lediglich
mit der Ausarbeitung seiner »History of Greece« (Lond.
1846-56, 12 Bde. nebst 2 Bdn.
Exkurse; 5. Aufl. 1883, 12 Bde.;
deutsch, 2. Aufl., Berl. 1880, 4 Bde.;
die Abschnitte »Mythologie und Antiquitäten« daraus besonders übersetzt von T. Fischer, Leipz. 1856-60, 4 Bde.)
zu beschäftigen, die er schon 1823 begonnen, und die sich ebenso durch Gründlichkeit der Forschung
wie durch Popularität und Schönheit der Darstellung auszeichnet. Sie umfaßt die ganze Zeit von den ersten Anfängen des Griechenvolkes
bis zum TodAlexanders d. Gr. Grotes republikanische Gesinnung macht sich in der günstigen Beurteilung der athenischen Demokratie
bemerkbar. Daran schloß sich »Plato and the other companions of Socrates« (1864, 3 Bde.; 4. Aufl.
1885); ein ähnliches Werk über Aristoteles (hrsg. von Bain und Robertson, 1872, 2 Bde.; 2. Aufl.
1879) blieb unvollendet.
Die UniversitätOxford
[* 30] ernannte ihn 1853 zum Ehrendoktor; 1868 wurde er Vizekanzler der UniversitätLondon. Er starb und
ward neben Gibbon in der Westminsterabtei beigesetzt. Aus seinem Nachlaß erschienen: »Minor works, with
critical remarks« (1873);
»Fragments on ethical subjects« (1876) und »Seven
letters concerning the politics of Switzerland pending the outbreak of the civil war in 1847« (1876), eine trefflich geschriebene
Untersuchung über den Sonderbundskrieg. - Seine an Geist und Bildung ihm ebenbürtige Gattin Harriet Grote (gest.
gab nach seinem Tod seine Biographie heraus (deutsch von Seligmann, Leipz. 1874).
deren neue Folge u. d. T.: »Münzstudien« (das.
1855-1872, 8 Bde.) erschien, und eine große Anzahl in diesen
Zeitschriften veröffentlichter, zum Teil sehr umfangreicher Arbeiten über deutsche Münzen
[* 33] des Mittelalters,
über technische und staatsrechtliche Fragen der Münzkunde etc. hervorragende Verdienste erworben. Als Separatabdrücke erschienen
davon: »Die Münsterschen Münzen des Mittelalters und das ältere Münz- und Geldwesen Westfalens« (1856);
»Geschichte des königlich
preußischen Wappens« (1861);
und des Herzogtums Braunschweig«
[* 35] (Hannov. 1852). In den wissenschaftlich bearbeiteten genealogischen »Stammtafeln« (Leipz. 1877)
hat Grote schließlich ein für numismatische und historische Studien gleich wichtiges Werk geliefert.
»Neue Beiträge zur Erläuterung der babylonischen Keilschrift« (das. 1840) etc. Außerdem nennen wir seine
Arbeiten über Altitalien: »Rudimenta linguae umbricae« (Hannov.
1835-38, 8 Hefte);
»Rudimenta linguae oscae« (das. 1839) und »Zur
Geographie u. Geschichte von Altitalien« (das.
1840-42, 5 Hefte).
»Lateinische Schulgrammatik« (das. 1833; umgearbeitet
von Krüger, das. 1842, 2 Bde.) u. a.
3) KarlLudwig, Altertumsforscher und Historiker, Sohn von Grotefend 1), geb. zu Frankfurt a. M., studierte seit 1825 in
Göttingen, war seit 1853 am königlichen Archiv zu Hannover angestellt, wo er, 1871 zum Geheimen Archivrat
ernannt, starb. Als Altertumsforscher, besonders auf dem Gebiet der Numismatik und römischen Epigraphik, erwies
er sich in den Schriften: »Die Münzen der griechischen, parthischen und indoskythischen Könige von Baktrien und den Ländern
am Indus« (Hannov. 1839),
»Imperium romanum tributim descriptum« (das. 1863),
»Die Stempel der römischen
Augenärzte« (das. 1867),
»ChronologischeAnordnung der athenischen Silbermünzen« (das. 1872) sowie durch seine in verschiedenen
Zeitschriften niedergelegten Forschungen über die römischen Legionen, deren unterlassene Zusammenfassung in einem Werk noch
der Veröffentlichung harrt. Seine historischen Untersuchungen sind meistens in der »Zeitschrift des HistorischenVereins fürNiedersachsen« (1850-74) enthalten; außer diesen verdient Hervorhebung das mit Fiedler herausgegebene »Urkundenbuch
der Stadt Hannover bis 1369« (Hannov. 1860).
ein weit vorspringender Berg mit breiter, flacher Kuppe im Teutoburger Wald, 6 km südwestlich von Detmold,
[* 36] 388 m
hoch. Auf der unbewaldeten Kuppe desselben steht das von Ernst v. Bandel (s. d.) modellierte, eingeweihte
kolossale Hermannsdenkmal.
[* 37] Am Abhang der Grotenburg der Kleine und Große Hünenring, ersterer ein 500 Schritt im Umfang haltender, 6 m
hoher, mit einem Graben umgebener, viereckiger Wall von rohen, übereinander getürmten Steinmassen, letzterer von noch größerm
Umfang, aber weniger gut erhalten. Man hält sie für die Überbleibsel der Festungswerke der alten
großen
Teutoburg, welche die Cherusker hier erbaut hatten.
(ital. grottésco), Bezeichnung einer Gattung des Niedrig-Komischen in der Litteratur, der Musik und den bildenden
Künsten, welche das Närrisch-Seltsame, das abenteuerliche Zusammenstellen heterogener Gegenstände, ein Produkt ungezügelter
Phantasie, in sich faßt. Als Grotesken bezeichnet man insbesondere die von der Renaissancemalerei gegen
Ende des 15. Jahrh. eingeführte Ornamentik, zu welcher das Vorbild in unterirdischen Gebäuden
(Thermen und Kaiserpalästen) des alten Rom
[* 38] (den sogen. grotte) gefunden wurde.
Vgl. Flögel, Geschichte des Groteskkomischen (Liegn. 1778; neue Ausg.
von Ebeling, Leipz. 1886);
Wright, History of caricature and the grotesque in literature and art (Lond. 1875). -
In deutschen Buchdruckereien heißt Grotesk. (Grotesque) eine lateinische (Antiqua-) Schrift ohne Haarstriche
in geraden, glatt gehaltenen Linien (s. Schriftarten).
1) Klaus, niederdeutscher Dichter, geb. zu Heide in Holstein, besuchte das Schullehrerseminar zu Tondern
und erweiterte, nachdem er die Stelle eines Mädchenlehrers zu Heide erhalten, seine Kenntnisse, namentlich
in den Sprachen, durch Selbststudium. Als zu große Anstrengung ihn nötigte, seine Stelle aufzugeben, ließ er sich auf Fehmarn
nieder, wo er sechs Jahre blieb und während dieser Zeit den größten Teil seiner Gedichte verfaßte. 1853 begab er sich
zu seiner weitern Ausbildung nach Kiel,
[* 47] bereiste sodann Süddeutschland und die Schweiz,
[* 48] verweilte längere
Zeit in Bonn,
[* 49] wo ihm die philosophische Fakultät in Anerkennung seiner Verdienste um die plattdeutsche Sprache die Doktorwürde
erteilte (März 1856), und kehrte im Sommer 1857 nach Kiel zurück, wo er sich das Jahr darauf an der Universität als Dozent
für deutsche Sprache und Litteratur habilitierte. Im J. 1866 wurde er zum Professor ernannt und 1872 durch
eine Verdoppelung seines Gehalts von seiten des preußischen Kultusministers geehrt; 1875 erhielt er den Schillerpreis.
Groths Hauptwerk ist der »Quickborn«, eine Sammlung von Gedichten in dithmarsischer
Mundart (Hamb. 1852; 15. Aufl., Berl.
1885; auch ins Hochdeutscheübertragen, z. B. von F. A. Hoffmann, Braunschw. 1856),
die von der Kritik mit
seltener Einstimmigkeit als ein hervorragendes poetisches Produkt begrüßt ward, und der ein zweiter Teil: »Volksleben in
plattdeutscher Dichtung« (Leipz. 1871),
nachfolgte. Seine hochdeutschen Gedichte »HundertBlätter. Paralipomena zum Quickborn«
(Hamb. 1854) fanden geringern Beifall; in größerm Maß ward dieser dem Werk »Vertelln« (Braunschw.
1855-59, 2 Bde.),
in Anspruch und verfocht die Ansicht, daß das Übergewicht des Hochdeutschen über das Niederdeutsche für die Entwickelung
unsrer Litteratur bedenklich gewesen sei, Behauptungen, mit denen er begreiflicherweise auf starken Widerspruch stieß. Noch
veröffentlichte er: »Voer de Goern«, Kinderreime (Leipz. 1858);
Seine Arbeiten beziehen sich meist auf chemische und physikalische Kristallographie. Er schrieb: »Tabellarische Übersicht
der Mineralien,
[* 58] nach ihren kristallographisch-chemischen Beziehungen geordnet« (2. Aufl.,
Braunschw. 1882);
In dem Streit zwischen den Gomaristen und Arminianern stand er als Anhänger Oldenbarneveldts auf seiten der letztern, deren
Sache er durch Flugschriften unterstützte, ward deshalb mit jenem verhaftet und, während Oldenbarneveldt 1619 enthauptet wurde,
zu lebenslänglicher Gefangenschaft auf dem Schloß Loevestein verurteilt. Seine Gemahlin Maria v. Reigersberg
befreite ihn endlich aus dem Kerker, indem sie sich in einer Bücherkiste ins Gefängnis bringen ließ, mit ihm die Kleider
wechselte und im Gefängnis blieb, während er in der Kiste verborgen hinausgebracht wurde (1621). Grotius floh nach Frankreich,
wo ihm Ludwig XIII. eine Pension von 3000 Livres bewilligte, die er jedoch durch Richelieu wieder verlor.
In dem zuletzt genannten Jahr nahm er seine Entlassung und gedachte von Stockholm
[* 66] nach Holland zurückzukehren,
wurde indessen durch einen Sturm nach Pommern
[* 67] verschlagen und starb in Rostock.
[* 68] 1886 wurde ihm in Delft ein Kolossalstandbild
errichtet. Grotius war ein gründlicher Theolog, ausgezeichneter Humanist, scharfsinniger Philosoph und Jurist und ein mit kritischem
Geist begabter Historiker. Seine metrischen Übersetzungen aus dem Griechischen zeugen von großem dichterischen
Genius. Er war einer der besten neuern lateinischen Dichter und versuchte sich auch in holländischen Versen.
Sein Hauptwerk ist »De jure belli et pacis« (Par. 1625 u. öfter, Amsterd.
1720, 1735; mit Noten von H. Cocceji, Bresl. 1745-52, 4 Bde.;
von Hamaker, Haag 1869; deutsch von v. Kirchmann, Berl. 1869-70, 2 Bde.),
durch welches er denGrund zu einer neuen Wissenschaft legte. Biographien gaben Luden (Berl. 1806), Butler
(Lond. 1827), de Vries (Amsterd. 1827).
Philipp, Zeichner und Illustrator, geb. zu Stettin,
[* 74] wo er sich anfangs dem
Maschinenbau widmete und als Schlosserlehrling und Geselle in der Fabrik »Vulkan« arbeitete 1861 bezog er das Polytechnikum in
Hannover, wo er der Kunst näher geführt wurde und durch
¶
gewölbte natürliche oder künstliche, nicht selten mit Nischen versehene Höhle von geringer Tiefe, im Altertum
oft einzelnen Gottheiten und Nymphen geweiht, wie z. B. die Grotte der Sibyllen, der Egeria bei Rom etc. Wie im Altertum, so dienen
auch noch jetzt die Grotten bei Gartenanlagen und sind, wie in den englischen Anlagen und Parken, treue
Nachbildungen natürlicher Höhlen, gewöhnlich mit Moos, Muscheln,
[* 83] Tropfsteingebilden und rinnendem oder springendem Wasser verziert.
Derartiges Grottenwerk (franz. rocaille) war besonders im vorigen Jahrhundert, auch als Dekoration eines Innenraumes, beliebt
und gehört zu den charakteristischen Eigentümlichkeiten des Rokokostils, dessen Name von rocaille hergeleitet
wird.
Le,
[* 84] Stadt in der ital. ProvinzGirgenti (Sizilien),
[* 85] an der EisenbahnCatania-Girgenti, in öder, allenthalben von
Schutthalden bedeckter Gegend, inmitten der größten Schwefeldistrikte von Sizilien gelegen, mit (1881) 8775 Einw., meist
armen Arbeitern in den bedeutenden Schwefelbergwerken.
Arthur, poln. Maler, geb. 1837 zu Lemberg,
[* 86] begann seine Studien in der Heimat und begab sich später nach Wien,
[* 87] wo er Schüler der Akademie wurde. Seine geniale, durch patriotische Begeisterung gehobene Begabung offenbarte sich schon frühzeitig
in einem Cyklus von Kohlezeichnungen, welche den polnischen Aufstand in seiner Heimat
behandelten und in der
Leidenschaftlichkeit der Schilderung an Matejko erinnern. Doch fand er nicht die Zeit, die von seinen slawischen Landsleuten
auf ihn gesetzten Hoffnungen zu erfüllen, da er bereits in dem Pyrenäenbad Amélie les Bains starb. Seine Zeichnungen
(zum Teil im Besitz des GrafenPálffy) sind photographisch vervielfältigt worden.
1) Theodor (eigentlich ChristianJohannDietrich), Freiherr von, Naturforscher, geb. zu Leipzig,
[* 88] studierte
seit 1803 daselbst, in Paris, Neapel
[* 89] und machte hier seine Untersuchungen über die Zersetzung des Wassers durch den galvanischen
Strom. SeinBericht: »Mémoire sur la décomposition de l'eau et des corps qu'elle tient en dissolution,
à l'aide de l'électricité galvanique« (Rom 1805) erregte großes Aufsehen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Er übernahm 1808 sein
Erbgut Geddutz im wilnaisch-litauischen Gouvernement, machte hier zahlreiche chemische und physikalische Untersuchungen und
starb 14. (26.) März 1822 durch eigne Hand.
[* 90] Er gab heraus: »Physisch-chemische Forschungen« (Nürnb.
1820);
»Verbindungsverhältnis- oder chemische Äquivalententafeln« (das.
1821).
2) Elisabeth, Baronin von, Schriftstellerin, geb. zu Durben in Kurland,
[* 91] ward schon in früher Jugend von einem Augenleiden
befallen, das schließlich (1854 in Dresden) zu völliger Erblindung führte, trat darauf in Teplitz 1855 zur
katholischen Kirche über und folgte ein Jahr später ihrer Freundin, der Gräfin Kuefstein, nach Wien, wo sie seitdem wohnt
und seit den 60er Jahren eine sehr rege litterarische Thätigkeit, meist im katholischen Sinn, entwickelt hat.
ital. Dichter, geb. zu Adria bei Venedig,
[* 95] verlor
acht Tage nach seiner Geburt das Augenlicht, betrieb aber trotzdem philosophische und litterarische Studien
mit solchem Erfolg, daß er schon im 15. Jahr als öffentlicher Redner auftreten konnte. Im J. 1565 wurde er zum Präsidenten
der neugegründeten Akademie der Illustrati zu Adria ernannt; er starb in Venedig, nachdem er kurz zuvor auf dem
dortigen Theater
[* 96] die Rolle des blinden KönigsÖdipus gespielt hatte. Seine Werke sind: »Orazioni volgari«
(Vened. 1586 u. öfter; neu hrsg.
von Brocchi, das. 1817);
Als die Alliierten 1814 den Rhein überschritten hatten, erhielt er den Oberbefehl über die Kavallerie, focht rühmlich bei
La Rothière, Troyes, Joinvilliers etc. und ward bei Craonne schwer verwundet. Bei der ersten Restauration wurde er
verbannt, aber schon im Januar 1815 wieder zurückberufen. Als Napoleon von der InselElba zurückkehrte, trat er sogleich zu
ihm über, schlug im Süden mehrere königliche Truppenkorps unter dem Herzog von Angoulême und wurde dafür zum Marschall und
Befehlshaber der gesamten Kavallerie der Hauptarmee ernannt.
Nach der Schlacht bei Ligny erhielt er den Befehl, mit 35,000 Mann und 100 Kanonen die preußische Armee zu
verfolgen. Am 18. Juni stieß er bei Wavre auf das preußische Korps v. Thielmann, das er, dem ausdrücklichen Befehl des Kaisers
buchstäblich folgend, angriff. Daß er nicht auf den Kanonendonner von Waterloo,
[* 104] wie seine Generale rieten,
Napoleon dorthin zu Hilfe eilte, machte ihm dieser zum schweren Vorwurf und schob ihm ungerechterweise die Schuld an der Niederlage
zu. Von Wavre zog Grouchy sich auf Namur
[* 105] zurück.
Nach der Abdankung des Kaisers proklamierte er Napoleon II., versuchte als Oberbefehlshaber sämtlicher Armeekorps die Alliierten
vergebens von Paris abzuhalten und trat dann den Marsch nach Paris an. Nach der Einnahme der Hauptstadt ging
er als Verbannter nach Nordamerika,
[* 106] erhielt aber 1819 die Erlaubnis zur Rückkehr. Nach der Julirevolution trat er als Deputierter
in die Kammer, ward 1831 als Marschall bestätigt, 1832 zum Pair erhoben und starb in St.-Etienne.
Vgl. die von seinem Enkel herausgegebenen »Mémoires du maréchal de Grouchy« (Par. 1873 bis 1874, 5 Bde.).
(Grousewild, spr. graus'), eine vonBrisson als Lagopus scoticus aufgeführte Form des Moorschneehuhns (L. albusGm.), welche in bedeutender Menge auf den MoorenSchottlands sich findet und hier ein sehr beliebtes Jagdwild
ist.
Die Jagd auf dasselbe wird in vielen Revieren zeitweise auf Wochen verpachtet, und es sind z. B. für die ersten 14 Tage
der Jagd in einem Revier 2000 Pfd. Sterl. Pacht bezahlt worden.
(spr. grohw') 1) SirWilliamRobert, Physiker, geb. zu Swansea, studierte die Rechte in Oxford und praktizierte
fünf Jahre als Advokat in London. Durch Krankheit an der Ausübung seines Berufs verhindert, wandte er sich
den Naturwissenschaften zu und konstruierte 1839 die galvanische Batterie, welche seinen Namen trägt. Er erhielt 1840 eine
Professur an der LondonInstitution, ward Mitglied der Royal Society und beteiligte sich lebhaft an deren Reform. Das größte
Aufsehen erregten 1842 seine Vorlesungen, in welchen er alle Naturkräfte von einem gemeinsamen Gesichtspunkt
aus betrachtete. Diese Vorträge erschienen als »Correlation of physical forces« (Lond.
1846, 6. Aufl. 1874) und wurden ins Französische und Deutsche
[* 110] (nach der 5. Aufl. von v. Schaper, Braunschw. 1871) übersetzt.
Grove entdeckte auch die galvanische Gasbatterie und bereicherte die Lehre
[* 111] von der Elektrizität
[* 112] durch zahlreiche wichtige Untersuchungen.
Er ward 1871 Richter am Court of Common Pleas und wurde 1872 in den Ritterstand erhoben.
2) SirGeorge, engl. Ingenieur, Schriftsteller und Musikgelehrter, geb. zu Clapham, einer Vorstadt von London, wurde
schon 1841 in Jamaica mit Erbauung des ersten gußeisernen Leuchtturms betraut und arbeitete dann in England
unter R. Stephenson an der Chester- und Holyheadeisenbahn und der Britanniabrücke. 1850 zum Sekretär
[* 113] der Society of Arts ernannt,
vertauschte er diese Stellung 1852 gegen die eines Sekretärs der Kristallpalastgesellschaft und rückte in derselben 1873 zum
Direktionsmitglied auf. Seine Verdienste um die große Anstalt in Sydenham sind erheblich. Zugleich ist er
Geschäftsteilhaber der Verlagsbuchhandlung von Macmillan u. Komp. und war namentlich als
Redakteur von »Macmillan's Magazine« viele Jahre thätig. Seit 1879 redigiert ein im
¶