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Der Staat erhob in folgenden Perioden durchschnittlich pro Kopf (wie oben, ohne Einnahmen des Postamtes): 1821-30: 48 Schill.;
1831-40: 39 Schill.;
1841-50: 38 Schill.;
1851-60: 43 Schill.;
1861-70: 44 Schill.;
1871-1880: 40 Schill.;
1881 bis 1884: 41 Schill.
Die Quellen, aus welchen die britischen Staatseinnahmen fließen, sind von der verschiedensten Art, werden aber im wesentlichen unter Zöllen, Accise (excise), Stempelgebühren, direkten Steuern (taxes), dem Ertrag vom Post- und Telegraphendienst und den Einnahmen der Kronländereien zusammengefaßt. Die Kronländereien waren ursprünglich von großer Ausdehnung, [* 2] wurden aber durch die Könige unter ihre Günstlinge verteilt oder veräußert, so daß jetzt, abgesehen von den Herzogtümern Cornwall und Lancaster, deren Einnahmen in den Säckel des Königs, bez. des Prinzen von Wales fließen, nur etwa 48,000 Hektar übrig sind, die jährlich nur 380,000 Pfd. Sterl. abwerfen.
Die von Heinrich VIII. eingezogenen Kirchengüter allein warfen schon damals 273,000 Pfd. Sterl. ab. Die Grundsteuer (Land tax), die ursprünglich von allen Lehnsleuten (tenants in capite) entrichtet werden mußte, wurde 1660 durch das Parlament Karls II. mit 151 gegen 149 Stimmen beseitigt und an deren Stelle eine Brau- und Brennsteuer und ein Zoll auf Korn eingeführt. Im J. 1692 ward dieselbe jedoch wieder eingeführt und zwar im Betrag von 20 Proz. auf die Roheinnahmen von liegendem Eigentum.
Gleichzeitig wurde die Ablösung dieser Steuer zugestanden. Sie trug damals in England und Schottland 2,037,627 Pfd. Sterl. ein und würde jetzt an 40 Mill. eintragen, wenn nicht noch immer die ursprüngliche Einschätzung Kraft [* 3] hätte und fast die Hälfte der Steuer abgelöst worden wäre. So belief sich der Ertrag 1883-84 auf nur 1,044,858 Pfd. Sterl. Eine Haussteuer ist seit 1851 an Stelle der ältern Fenstersteuer getreten und wird von allen Häusern erhoben, deren jährlicher Mietswert 20 Pfd. Sterl. übersteigt.
Wohnhäuser [* 4] zahlen 9 Pence, Geschäftslokale und Pachterhäuser 6 Pence auf das Pfund Sterling Miete. Eine Einkommensteuer wurde zuerst 1798 von W. Pilt eingeführt und bis 1815 als Kriegssteuer bezahlt; 1843 wurde sie von Sir R. Peel erneuert und ist seither in wechselndem Betrag beibehalten worden. Sie beträgt jetzt 8 Pence pro Pfund Sterl. (3 ⅓ Proz.) für alle Einkommen, gleichviel ob von Land, Kapital oder Erwerb. Doch sind Einkommen von unter 150 Pfd. Sterl. steuerfrei, solche von 400 Pfd. Sterl. oder weniger zahlen auf die ersten 120 Pfd. Sterl. keine Steuer.
Auch Landwirte erfreuen sich einer Ermäßigung. Eine Accise ist seit 1660 von Bier und Spirituosen und 1694-1824 auch von Salz, [* 5] 1712-1861 von Papier erhoben worden. Jetzt beschränkt sich dieselbe auf: Bier 6 Schill. 3 Pence pro Faß [* 6] von 36 Gallons (3 Mk. 82 Pf. pro Hektoliter) bei 1,057° Würze und Spirituosen 10 Schill. pro Gallon (2 Mk. 26 Pf. pro Liter), wird aber eventuell auch auf Tabak [* 7] erhoben werden, sollte dessen Anbau, der jetzt untersagt ist, gestattet werden. Lizenzen (zum Betrieb von Gewerben etc.) müssen gelöst werden von Brauern, Brennern, Tabaksfabrikanten, Essigfabrikanten, Seifensiedern, Wirten jeder Art, Tabakshändlern, Hausierern, Wildbrethändlern, Hundebesitzern, Jägern, Wagenbesitzern, Bankiers, Versteigerern u. v. a. Eisenbahngesellschaften haben 5 (für städtische Bahnen nur 2) Proz. von allen Passagierbillets zu zahlen, für welche die Fahrt 1 Penny für die engl. Meile (5,4 Pf. pro Kilometer) übersteigt.
Die Zölle beschränken sich auf wenige Artikel, und es steht ihnen entweder eine Accise oder entsprechende Stempelgebühr gegenüber. Schutzzölle kennt man nicht. Zölle werden erhoben von Bier (4 Mk. pro Hektoliter und mehr, je nach Stärke); [* 8]
Spirituosen (2 Mk. 26 Pf. pro Liter);
Kölnischem Wasser etc. (3½ Mk. pro Liter);
Wein (2 Mk. pro Liter bis zu 30°, 5 Mk. für stärkere Weine);
Tabak (roh 3½ Mk. pro Pfund, Zigarren 5½ Mk. etc.);
Zichorien (13¼ Mk. pro Zentner);
Goldwaren (54 Mk. 80 Pf. pro 100 g);
Silberwaren (4 Mk. 80 Pf. pro 100 g);
Spielkarten (3¾ Mk. pro Dutzend Pack);
getrockneten Früchten (7 Mk. pro Zentner);
ferner von Chloroform, Kollodium, Chloral, Äther, Seife und Firnis, wenn sie Alkohol enthalten.
Die Stempelgebühren sind insgemein vielfältig, aber wirklich einträglich sind unter ihnen nur die Erbschaftssteuern, die als Probate, Legacy und Succession duties erhoben werden und nach dem Grade der Verwandtschaft 1-10 Proz. von der Hinterlassenschaft betragen. Nur wenn Eheleute sich beerben, wird keine Steuer bezahlt, während Erben von Realitäten (d. h. Fideikommissen) eine unverhältnismäßig niedere Steuer aufgelegt ist.
Die Einnahmen für das Jahr 1884/85 setzten sich wie folgt zusammen:
Einnahmen | Pfd. Sterl. | Pfd. Sterl. |
---|---|---|
Zölle: | ||
Tabak | 9376093 | |
Spirituosen | 4313837 | |
Thee | 4795843 | |
Wein | 1235200 | |
Verschiedenes | 834846 | 20557819 |
Accise: | ||
Branntweinsteuer | 13987472 | |
Biersteuer | 8554749 | |
Gewerbesteuern etc. | 3570165 | |
Etiketten für Kaffee und Zichorienmischung | 6827 | |
Eisenbahnbillets | 392397 | 26511612 |
Stempel: | ||
Erbschaftssteuer | 7720194 | |
Wechselstempel | 689950 | |
Quittungsstempel | 934381 | |
Apothekerwaren | 169968 | |
Verschiedenes | 2362692 | 11886185 |
Taxen: | ||
Grundsteuer | 1044858 | |
Häusersteuer | 1855292 | |
Einkommensteuer | 11922770 | 14822920 |
Post- und Telegraphenamt | - | 9638497 |
Kronländereien | - | 483306 |
Zinsen von Anleihen und den Suezkanalaktien | - | 1027350 |
Verschiedenes | - | 3145366 |
Zusammen: | - | 88073055 |
Direkte und indirekte Steuern, abgesehen von den Einnahmen des Post- und Telegraphenamtes, beliefen sich somit auf 72,868,000 Pfd. Sterl. (40½ Schill. pro Kopf der Bevölkerung), [* 9] und dazu trugen England und Wales 58,340,000, Schottland 8,005,000 und Irland nur 6,523,000 Pfd. Sterl. bei oder bez. 43,41 und 26 Schill. auf den Kopf der Bevölkerung. Irland scheint demnach leicht besteuert, ist es aber im Verhältnis zu seinen Hilfsquellen nicht. Was indes von Irland im ganzen gilt, das gilt auch von der großen Masse der Bevölkerung Großbritanniens, und die bevorstehende Verteilung der Steuerlast wird sicherlich darauf Bedacht nehmen, die wohlhabenden ¶
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Leute und namentlich die großen Gutsbesitzer in höherm Grad als bisher zu den Steuerleistungen heranzuziehen. Übrigens kostet die Zivilverwaltung Irlands volle 4 Mill. Pfd. Sterl., so daß also für Reichszwecke (Armee, Flotte etc.) nur 2½ Mill. übrigbleiben. Die Ausgaben betrugen in den letzten fünf Etatsjahren:
1881/82 | 1882/83 | 1883/84 | 1884/85 | 1885/86 | |
---|---|---|---|---|---|
Zinsen | 21994466 | 21955615 | 20897973 | 19742349 | } |
Annuitäten | 7192797 | 7289920 | 7938561 | 9082738 | } 23801000 |
Amortisation | 270120 | 213793 | 600173 | 508447 | - |
Verwaltungskosten | 208562 | 209766 | 214819 | 214705 | 215000 |
Staatsschuld: | 29665945 | 29679098 | 29651526 | 29548239 | 24016000 |
Zivilverwaltung | 18548476 | 18891999 | 18731582 | 19041249 | 19575000 |
Zollamt | 1000959 | 998727 | 974843 | 977516 | 977800 |
Inländisches Revenueamt | 1839796 | 1871574 | 1796906 | 1767852 | 1823100 |
Post- und Telegraphenamt | 5680542 | 6058125 | 6735600 | 7125625 | 7448260 |
Armee | 15738002 | 15133451 | 16095326 | 18600338 | 17850700 |
Flotte | 10560983 | 10259853 | 10728781 | 11427064 | 12386500 |
Kriegsunkosten | 570000 | 4395500 | 1040000 | 550000 | 11250000 |
Zusammen: | 83605503 | 87288327 | 85954564 | 89037883 | 95327360 |
Die Ausgaben für Verwaltung der Kronländereien (etwa 100,000 Pfd.) sind oben ausgeschlossen. Den Zinsen, die für die Staatsschuld gezahlt wurden, stehen mehr als 1 Mill. gegenüber, welche die Regierung für Anleihen an Lokalbehörden etc. erhält.
Unter anderm kosteten (1884-85) Rechtspflege 6,524,462 Pfd. Sterl.; Schulen, Wissenschaft und Kunst 5,164,794 Pfd. Sterl.; ausländische und koloniale Angelegenheiten 696,822 Pfd. Sterl. Die britische Staatsschuld belief sich zur Zeit der letzten Revolution (1689) nur auf 664,263 Pfd. Sterl. Kapital. Königin Anna fand bei ihrem Regierungsantritt eine Schuld von 16,4 Mill. Pfd. Sterl., die sie in zwölf Jahren um 37,7. Mill. Pfd. Sterl. vermehrte. Georg II. traf 1727 eine Schuld von 52 Mill. Pfd. Sterl. an, die bis zum Pariser Frieden (1763) bis auf 138,9 Mill. Pfd. Sterl. anwuchs. Beim Ausbruch des amerikanischen Kriegs (1774) betrug sie noch 128,6 Mill. Pfd. Sterl., hatte aber beim Friedensschluß (1784) eine Höhe von 250 Mill. Pfd. Sterl. erreicht. Nach dem Ende des französischen Kriegs (Anfang 1817) war der Stand der ganzen Schuld zu 841 Mill. Pfd. Sterl. berechnet, und sie bürdete dem Land eine jährliche Ausgabe von 32 Mill. Pfd. Sterl. auf. Seit 1792 waren z. B. über 64 Mill. Pfd.
Sterl. in Subsidien und Kriegsanleihen bewilligt, von welcher Summe bis 1853 nur 400,000 Pfd. Sterl. zurückbezahlt wurden. 1853 war die Schuld auf 771 Mill. Pfd. Sterl. gefallen, stieg aber wieder infolge des Kriegs mit Rußland und belief sich 1857 auf 836 Mill. Pfd. Sterl. 1875 betrug sie 769 Mill. Pfd. Sterl., 1879: 773 Mill. und 740,330,654 Pfd. Sterl. (nämlich: 640,181,896 fundiert, 14,033100 nichtfundiert und 86,115,658 Annuitäten zu 3 Proz., in Kapital umgerechnet). Großbritannien [* 11] hätte demnach seit 1857: 95,345,600 Pfd. Sterl. abgezahlt.
Eigentlich ist die Staatsschuld noch geringer, denn verschiedene Lokalbehörden schulden dem Staat 27,398,765 Pfd. Sterl., die voraussichtlich zurückgezahlt werden. Der Staat besitzt Suezkanalaktien, die 3,976,582 Pfd. Sterl. kosteten, und hat 10,880,571 Pfd. Sterl. für die Telegraphen [* 12] bezahlt. Abzüglich dieser Guthaben und eines Kassenbestandes von 4,993,207 Pfd. Sterl. belief sich die Nationalschuld auf nur 693,081,529 Pfd. Sterl. Seit 1875 sind jährlich 28,800,000 Pfd. Sterl. für Zinsenzahlung und Amortisation der Staatsschuld bestimmt, deren Abzahlung ferner durch Schaffung von Zeitrenten (terminable annuities) beschleunigt wird.
Heerwesen.
Die insulare Lage Großbritanniens und die Eigenart seiner staatlichen Entwickelung sind Ursache, daß die Organisation der englischen Streitkräfte von derjenigen aller übrigen europäischen Heere abweicht, namentlich insofern, als die Ergänzung der aktiven Armee nicht auf allgemeiner Wehrpflicht, sondern auf Werbung beruht.
Heeresverfassung. Das Landheer Englands zerfällt in 1) die reguläre Armee, 2) die Auxiliartruppen; letztere bestehen aus a) der Miliz, b) der Yeomanry, c) den Freiwilligen (volunteers). Jährlich, seit 1689, wird durch Parlamentsbeschluß, den Mutiny act (Aufruhrgesetz, s. v. w. Militärstrafgesetz), an dessen Stelle 1879 der Army act getreten, das Fortbestehen der Armee in gewisser, durch das Budget festgesetzter Stärke genehmigt. Die aktive Armee ergänzt sich durch Werbung und Übertritt von Milizrekruten.
Die Dienstzeit dauert 12 Jahre, doch kann dieselbe auch zur Hälfte im stehenden Heer, zur Hälfte in der Reserve abgeleistet werden. Für die Miliz gilt das Rekrutierungsgesetz von 1875. Nach demselben kann jeder Engländer zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr durch Ballotieren zur Miliz ausgehoben werden, doch wird seit 1832 jährlich durch den Ballot suspensions act das Ballotement aufgehoben. Die Rekrutierung erfolgt auch hier durch Werbung in der Grafschaft, zu welcher das Regiment gehört, auf höchstens 6 Jahre, welche auf weitere 6. Jahre verlängert werden können.
Die Dienstzeit darf 6 Monate und die jährliche Exerzierzeit in der Regel 21-28 Tage nicht übersteigen, doch kann letztere auf besondern Befehl des Souveräns auf 56 Tage verlängert, aber auch verkürzt und aufgehoben werden. Während der Übung ist die Miliz dem Mutiny act unterworfen. Die Milizreserve besteht aus Milizmannschaften, welche sich gegen einen Mehrgehalt von 20 Mk. jährlich verpflichten, im Kriegsfall in der regulären Armee zu dienen. Der Eintritt in ein Freiwilligenkorps befreit von der Dienstpflicht im stehenden Heer oder der Miliz; die Aufstellung der Korps erfolgt in der Grafschaft, ihre Einberufung zum Schutz der Küsten und Londons erfolgt nach Erklärung des Parlaments durch den Souverän; sie stehen dann gleichfalls unter dem Mutiny act.
Organisation. Das vereinigte Königreich ist in 13 Militärdistrikte geteilt, von denen 9 auf England, 1 auf Schottland und 3 auf Irland kommen. Diese sind wieder in 67 Infanteriesubdistrikte geteilt, von denen 50 auf England und Wales, 9 auf Schottland und 8 auf Irland kommen; zu jedem ¶
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derselben gehören zwei Linien- und zwei Milizbataillone, die Freiwilligenkorps der betreffenden Grafschaft, die Infanterie der Armeereserve und das Brigadedepot. Sämtliche Truppenteile bilden eine administrative Infanterie-Subdistriktsbrigade, nur die Garde ist keinem Distrikt zugeteilt. Jeder Militärbezirk ist einem General, der Infanteriesubdistrikt einem Oberstleutnant unterstellt, welchem als Brigadedepot-Kommandanten die Rekrutierung (Werbung), die Ausbildung der Rekruten für die Infanterie der Linie und Miliz, der Auxiliar- und Reservetruppen sowie die Verwaltung aller Waffen [* 14] und sonstigen Bestände obliegen.
Die Kavallerie ist auf 2, die Artillerie auf 12 Distrikte verteilt, welche unter eignen Kommandanten stehen. An der Spitze der Armee steht die Königin, welche 2 persönliche und 40 Adjutanten im Oberstenrang hat, an der Spitze des Kriegsamtes (War office) der Kriegsminister (Secretary of State for war), eine Zivilperson, die mit der Regierung wechselt und dem Parlament für den Zustand der Armee verantwortlich ist. Unter ihm stehen außer den Sekretären auch der Höchstkommandierende, der Kommandeur en chef, ein Berufssoldat, gleichzeitig Direktor des Militärdepartements. Er erläßt Befehle (general orders) im Namen des Souveräns. Die Generalität zählt nach dem Etat 6 Feldmarschälle, 10 Generale, 35 Generalleutnants und 95 Generalmajore, nach der »Army-List« vom Dezember 1885 in Wirklichkeit 4 Marschälle, 25 Generale, 54 Generalleutnants und 135 Generalmajore aktiv.
1) Infanterie. 70 Regimenter, von diesen 3 Garde- (1 à 3, 2 à 2 Bataillone),
67 Linienregimenter, von denen stehen:
58 | Bataillone im Mutterland | |
83 | " außerhalb desselben | |
Zusammen: | 141 | Bataillone. |
Zu den Regimentern gehören ferner 135 Milizbataillone, außerdem 2 Regimenter Rifles (Riflebrigade) zu je 4 regulären und 5 Milizbataillonen, insgesamt 301 Bataillone, von denen 156 reguläre, 145 Miliz. Die Garden und die Rifles (Schützen) rekrutieren aus dem Königreich, die übrigen Regimenter aus den Bezirken, deren Namen sie tragen. In der Regel befinden sich 1 oder 2 Bataillone eines Regiments außerhalb, der Rest im Mutterland. Jedes Bataillon besteht aus 8 aktiven und 2 Depotkompanien.
Der Friedensetat der Bataillone schwankt nach dem Budget für 1885 zwischen der Stärke von 600 und 850 Mann. Die Bataillone in Indien sollen 820, die in Ägypten [* 15] und den Kolonien 800 Mann stark sein. Die Stärke der Milizbataillone ist je nach der Bevölkerungszahl ihres Bezirks sehr verschieden, sie haben gegenwärtig 4, 5, 6, 8, 10 oder 12 Kompanien; jedoch wird beabsichtigt, sie gleichmäßig auf 8 Kompanien zu bringen, jede Kompanie soll 100 Mann stark sein.
2) Kavallerie. Sie zählt 3 Garde- (Kürassiere), 10 Dragoner-, 13 Husaren-, 5 Lancier-, zusammen 31 Regimenter. Die Garde-, 1., 2., 4. und 5. Dragoner- (Garde-) Regimenter, die, ebenso wie die Gardeinfanterie, nur im Kriegsfall außerhalb des Mutterlandes dienen sollen, rechnen zur schweren, die übrigen Dragoner und Lanciers zur mittlern, die andern Regimenter zur leichten Kavallerie. Jedes Linienregiment besteht aus 6 Troops (Eskadrons), 384 Gemeinen, 436 Dienstpferden.
3) Artillerie, insgesamt nach altherkömmlichem Brauch »das königliche Regiment Artillerie« benannt, besteht aus 3 Brigaden (A, B, C) reitender, 6 Brigaden (1-6) Feld-, 5 Brigaden (7-11) Garnison-, 1 Brigade Küsten- und 35 Regimentern Miliz- (Garnison-) Artillerie. Die 3 reitenden Brigaden zählen 28 aktive und 3 Depot-, die 6 Feldbrigaden 80 aktive und 6 Depotbatterien; von den aktiven Batterien stehen 14 reitende und 41 Feldbatterien in Indien, die übrigen im Mutterland. Die fünf Garnisonbrigaden (Festungsartillerie) zählen 102 aktive und 5 Depotbatterien, von erstern 33 in Indien, 32 in den Kolonien, 37 im Mutterland. Die Küstenbrigade ist in 10 Divisionen formiert und in den Küstenforts [* 16] stationiert. Die Milizartillerie besteht in 35 Regimentern aus im ganzen 198 Batterien.
4) Das Ingenieurkorps, direkt vom Höchstkommandierenden ressortierend, besteht nach der Reorganisation von 1885 aus 35 aktiven Kompanien;
von diesen sind 4 Topographen-, 2 Eisenbahn-, 9 Torpedo- (Submarine Mining), 6 Feld- (jede mit einem leichten Ingenieurpark), 14 Garnison- (Festungs-) Kompanien;
sie führen die Nrn. 1 bis 35;
ferner 9 Ersatz-, 3 Kadrekompanien in Indien, 1 malaiisches Torpedobataillon (4 Kompanien), 1 Küstenbataillon, 1 Telegraphenbataillon zu 2 Divisionen, von diesen eine stets kriegsbereit, 1 fahrende Pontonierkompanie, 1 Ersatz-Sappeurabteilung, 1 Feldpark mit 2 Luftschiffahrtsabteilungen, von denen 1 in Südafrika. [* 17] Es bestehen 3 Regimenter Milizingenieure mit zusammen 15 Kompanien.
5) Der Train (Army Service Corps) besteht aus 11 Proviant- und 12 Transportkompanien für die Armee und dem Truppentrain, bei jedem Infanteriebataillon eine Kolonne von 12 Wagen.
6) Das Sanitätskorps besteht aus 893 Ärzten, wovon 38 Generalärzte als Distriktsärzte, die übrigen bei den Truppen und in den Lazaretten fungieren. Außerdem besteht ein Hospitalkorps von 52 Offizieren, 460 Unteroffizieren (Lazarettgehilfen) und 1817 Gemeinen als Krankenwärtern, auf die Lazarette verteilt.
7) Das Kolonialkorps und die Miliz der Kanalinseln. Ersteres besteht aus der Royal Malta Fencible-Artillerie von Malta in 6 Batterien und 2 westindischen Regimentern (Art Zuaven) von je 10 Kompanien, die aus Eingebornen gebildet sind. Die Miliz der Kanalinseln besteht aus 15 Batterien Artillerie und 6 Bataillonen zu 6 Kompanien Infanterie.
Höhere Truppenverbände (Brigaden, Divisionen etc.) bestehen in der englischen Armee nicht, die Regimenter bei der Infanterie und Brigaden der Artillerie haben nur administrative Bedeutung, Bataillon und Batterie sind die selbständigen Truppenabteilungen.
Bewaffnung: Die Infanterie führt das Henry-Martini-Gewehr, die Kavallerie den Henry-Martini-Karabiner, Säbel in Stahlscheide, die Ulanen eine Lanze, die Kürassiere Stahlküraß. Die Feldartillerie ist mit 9pfündigen (7,62 cm) und 16pfündigen (9,14 cm) Vorderladerkanonen bewaffnet. Aber schon seit Jahren befinden sich Hinterladerkanonen im Versuch, doch hat man sich (bis Anfang 1886) für ein bestimmtes System noch nicht entschieden. Uniformierung. Infanterie: scharlachrote Waffenröcke, die englischen Regimenter weiße, die schottischen gelbe, die irischen grüne, die Garden blaue Aufschläge und Kragen, die Schützen dunkelgrüne Waffenröcke mit roten, schwarzen oder hellgrünen Aufschlägen;
blaue Beinkleider, Korkhelm, mit blauem, bei den Schützen mit grünem Tuch bezogen.
Kavallerie: Kürassiere, 2 Regimenter scharlachrote, 1 blaue Waffenröcke mit blauen, bez. roten Aufschlägen;
Dragoner, 9 Regimenter rote, 1 Regiment blaue Waffenröcke mit verschiedenfarbigen Aufschlägen, Bronzehelm, 1 Regiment Bärenmützen;
Lanciers, 4 Regimenter blaue, ¶
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1 Regiment rote Ulanka, Ulanenmütze mit Feder; Husaren blaue Attilas mit gelben Schnüren, dunkelblaue Beinkleider, Pelzmütze mit verschiedenfarbigem Kalpak. Artillerie: blaue Waffenröcke mit roten Kragen, blaue mit breiten roten Streifen, blauer Tuchhelm mit Bronzebeschlag und Kugel. Die reitende Artillerie blaue Jacketts mit gelber Verschnürung, Pelzmütze. Ingenieure: rote Waffenröcke mit blausamtenen Aufschlägen.
8) Die Yeomanrykavallerie hat eine Stellung zwischen der Miliz und den Volunteers. Sie müssen eine Anzahl jährlicher Übungen von neun Tagen, während deren sie Sold erhalten, bei ihrem Regiment des Distrikts mitmachen. Uniform und Pferd [* 19] sind Eigentum des Mannes auch im Krieg. Es bestehen 39 Yeomanryregimenter, nach der Grafschaft ihrer Heimat benannt, zu 4-11, zusammen 244 Eskadrons (Troops).
9) Die Volunteers bilden eine unbesoldete Truppenmacht, die sich durch freiwillige Rekrutierung ergänzt. Jeder Freiwillige muß eine Anzahl Übungen mitmachen und erhält dann für jede Übung 30 Schilling. Die Infanterie zählt 212 Korps (Bataillone) von 6 bis 22, im Durchschnitt 8 bis 10 Kompanien. Uniform ist zum Teil die des Territorial-Infanterieregiments, 117 haben rote, 58 grüne und 37 graue Waffenröcke. Die Volunteerkavallerie bildet 11 Eskadrons, Pferde [* 20] mit Sattelzeug sind Privateigentum. Die Volunteerartillerie besteht aus 59 Korps à 6 und mehr, zusammen 546 Batterien von etwa 80 Köpfen. Sie besitzt keine Feldbatterien, sondern würde bei einer Mobilmachung auf die Festungen verteilt werden. Die Ingenieure bilden 16 Korps mit zusammen 105 Kompanien.
Anstellung, Beförderung und Verabschiedung der Offiziere. Der seit Karl II. bestehende Gebrauch des Kaufs der Offizierstellen ist abgeschafft worden. Patente als Offiziere in der Armee erhalten die Kadetten der Militärkollegien, Leutnants der Miliz, die ein Examen bestehen; die Offiziere der Küstenartillerie, die Quartier- und Stallmeister werden aus Unteroffizieren befördert. Die Beförderung (in der Regel nach der Tour) zu höhere Chargen ist von Prüfungen abhängig.
Wird ein Major nach sieben Jahren nicht befördert, so wird er zum Oberstleutnant auf Halbsold ernannt; wird er innerhalb drei Jahren nicht wieder aktiv verwendet, so erhält er den Abschied. Ähnliche Verhältnisse gelten bei den Oberstleutnants und Obersten. Die Ernennung zum Generalmajor erfolgt in der Waffe ohne Rücksicht auf Anciennität. Ein General, der fünf Jahre lang nicht aktiv verwendet wurde, wird verabschiedet. Offiziere erhalten grundsätzlich den Abschied mit Pension, wenn sie folgendes Alter erreicht haben: Leutnants und Hauptleute 40 Jahre (200 Pfd. Sterl. Pension jährlich);
Majore 48 Jahre (250-300 Pfd. Sterl.);
Oberstleutnants 55 Jahre (365 Pfd. Sterl.);
Obersten 55 Jahre (420-450 Pfd. Sterl.);
Generalmajore 62 Jahre (700 Pfd. Sterl.);
Generalleutnants 67 Jahre (850 Pfd. Sterl.);
Generale 67 Jahre (1000 Pfd. Sterl.).
Leutnants und Hauptleute können nach zwölf Dienstjahren mit einer Gratifikation von 1200 Pfd. Sterl., nach 15 Jahren mit 1600 Pfd. Sterl., nach 18 Jahren mit 2000 Pfd. Sterl., nach 20 Jahren mit einer Jahrespension von 200 Pfd. Sterl. freiwillig zurücktreten. Ähnliche Bestimmungen bestehen für alle übrigen Chargen. Die Witwen von Offizieren, welche vollen oder halben Gehalt bezogen, sind pensionsberechtigt.
Militärschulen. a) Die Generalstabsschule (Staff college) zu Sandhurst; b) die Militärakademie zu Woolwich, erzieht die Kadetten für die Artillerie und Ingenieure; c) das Militärkolleg in Sandhurst zur Erziehung von Kadetten für Infanterie und Kavallerie; d) das Artillerieinstitut zu Woolwich für Offiziere und Unteroffiziere; e) Artillerieschießschule zu Shoeburyneß; f) Schießschule für Infanterie und Kavallerie zu Hythe (Kent); g) Medizinalschule für Militärärzte zu Netley; h) Musikschule zu Hounslow; i) Reitschule zu Woolwich; k) die Militärasyle in Chelsea und Dublin [* 21] zur Erziehung von Soldatenkindern; l) Tierarzneischule zu Aldershot. Ferner bestehen in allen größern Garnisonen Schulen für jüngere Offiziere, Soldaten und deren Kinder. An Militärfabriken bestehen: das Arsenal zu Woolwich mit Geschützfabrik, Artilleriewerkstatt und Feuerwerkslaboratorium, in Enfield eine Gewehrfabrik, Pulver und Schießwollfabrik zu Waltham, eine Montierungsfabrik zu Pimlico.
Die indische Armee. Die Armee der alten Ostindischen Kompanie wurde 1858 in die königliche Armee aufgenommen, steht auf dem indischen Etat und besteht aus englischen und eingebornen Truppen, gemischt, in territorialen Verbänden unter gemeinsamem Oberkommando. Sie gliedert sich in die Bengal-, Madras- und Bombay-Armee, das Pandschab-Grenzkorps und die Truppen in Zentralindien. Jede dieser drei Armeen hat ihr Generalstabskorps. Die ganze indische Armee besteht aus 125 selbständigen Bataillonen Infanterie à 8 Kompanien, 841 Köpfe, davon 720 Gemeine, stark, 37 Regimentern à 3 Eskadrons und 7 selbständigen Eskadrons Kavallerie, 559 Köpfe, davon 477 Gemeine (Ulanen), stark, 6 Gebirgs-, 1 Fuß- und 4 Feldbatterien Artillerie, 3 Bataillonen mit zusammen 25 Kompanien Ingenieure.
Die budgetmäßige Stärke der britischen Armee für 1885/86 beträgt auf dem britischen Etat im Mutterland: 16,741 Offiziere, 490,402 Mann, 26,590 Pferde;
in den Kolonien: 1453 Offiziere, 41,023 Mann, 1463 Pferde;
indischer Etat: 2487 Offiziere, 59,110 Mann, 9746 Pferde;
in Summa: 20,681 Offiziere, 590,515 Mann, 37,799 Pferde.
Die Effektivstärke des britischen Heers pro 1885/86 ist auf 114,194 Mann festgesetzt, sie betrug 114,162 Mann mit einer Armee- und Milizreserve von 70,047 Mann. Das Freiwilligenheer zählte 208,000 Mann. Die Rekrutierung hat 1884/85: 35,560 Mann betragen.
Vgl. Scott, The British army, its origine, progress and equipment (Lond. 1867-81, 3 Bde.);
Griffiths, The English army, its history, condition and prospects (das. 1879).
Marine.
Es ist naturgemäß, daß die Marine zu allen Zeiten bis zur Gegenwart den Stolz der britischen Nation und den Eckpfeiler ihrer Machtstellung bildete. Elisabeth verfügte bei ihren Unternehmungen gegen Spanien [* 22] bereits über eine Flotte von 42 größern Schiffen mit 8500 Mann Besatzung, bei der Vertreibung Jakobs II. war sie schon 173 Schiffe [* 23] mit 6930 Kanonen und 43,000. Mann Besatzung stark. Im 18. Jahrh. aber stieg sie zur ersten der Welt. 1755 zählte sie 263 Schiffe, darunter 121 Linienschiffe und 81 Fregatten, mit 11,720 Kanonen und 80,200 Mann Besatzung; im J. 1800 erreichte sie ihr Maximum von 1108 Schiffen, darunter 293 Linienschiffe, 258 Fregatten, mit 29,000 Kanonen und 175,000 Mann. Mitte 1835 waren bereits 35 Dampfschiffe vorhanden, welche bis 1840 auf 71 stiegen. Im Juli 1855 hatte die Flotte ¶
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eine Stärke von 302 Segelschiffen mit 11,473 Kanonen und 289 Dampfschiffen mit 5818 Kanonen und 69,989 Pferdekräften. Der Stand der englischen Flotte war 1885:
Schiffsgattung | fertig | im Bau | zusammen |
---|---|---|---|
Panzerschiffe | 58 | 6 | 64 |
Torpedofahrzeuge | 93 | 7 | 100 |
Kreuzer | 191 | 8 | 199 |
Avisos, Jachten, Raddampfer | 23 | - | 23 |
Transportschiffe | 14 | - | 14 |
Zusammen: | 379 | 21 | 400 |
Die Turmschiffe, unter denen Inflexible das größte von 11,880 Ton. Deplacement, haben ein Gesamtdeplacement von 188,380 T., worin ein im Bau befindliches nicht eingerechnet ist. Die Breitseit- (Kasematt-) Schiffe, unter denen die beim Bombardement von Alexandria vielgenannte Alexandra von 9490 T. das schwerste, haben ein Deplacement von 89,970 T., die Panzerfregatten 100,390 T.; werden die drei Kreuzer mit 20,650 T. dazu gerechnet, so haben die gesamten Panzerschlachtschiffe ein Deplacement von 399,390 T. Außer vorstehend aufgeführten Schiffen besitzt die englische Marine noch eine große Anzahl Stationsschiffe, Hafen- und Werftdampfer, Segelschiffe, Küstenwachtkreuzer etc. Von der Admiralität sind 300 Dampfer der Handelskette bezeichnet, die im Kriegsfall armiert und als Kreuzer eingestellt werden können.
An der Spitze der obersten Marinebehörde, des Admiralitätsamtes, steht der »Erste Lord der Admiralität«, ihm zur Seite vier Lords-Kommissare, deren zwei stets Seeleute sein müssen. Das aktive Seeoffizierkorps hatte 1884 eine Stärke von 4387 Offizieren aller Grade. Es ist Gebrauch, diejenigen Offiziere, welche nicht an Bord eingeschifft oder sonstwie dienstlich beschäftigt sind, auf Halbsold, in der Regel auf drei Jahre, zu setzen. 1884 betrug ihre Zahl 508. Die Ernennung zum Seeoffizier setzt eine fünfjährige Fahrzeit als Midshipman und das Bestehen einer Berufsprüfung voraus.
Die Mannschaft rekrutiert sich durch Werbung, in der Regel auf drei Jahre. Die Schiffsbesatzungen bestehen aus Matrosen, Marineartillerie und Seesoldaten (mariners) oder Marineinfanterie. Außerdem bestehen noch drei besondere Korps: die Küstenwache, die Werftdivisionen und die Marinepensionäre. Erstere, in Divisionen formiert, steht im Frieden im Dienste [* 25] der Zollverwaltung und soll im Krieg an der Küstenverteidigung teilnehmen; sie ergänzt sich aus ausgedienten Matrosen.
Die Werftdivisionen sind Freiwilligenkorps von Handwerkern und Fabrikarbeitern; sie sind zur Zeit etwa 20,000 Mann stark. Die Marinepensionäre sind Mannschaften, die nach zehnjähriger Dienstzeit ausgeschieden sind und sich auf weitere zehn Jahre verpflichtet haben, im Kriegsfall wieder Dienst an Bord von Kriegsschiffen zu nehmen. Das aktive Marinepersonal bestand 1884 aus 35,659 Matrosen und 4804 Schiffsjungen, außerdem 9868 Mann Marineinfanterie und 2532 Mann Marineartillerie.
Auf den Schiffswerften werden 21,000 Mann beschäftigt. Man verfügt außerdem über eine Marinereserve von etwa 400 Offizieren und 18,000 Matrosen. Kriegshäfen sind: Portsmouth, [* 26] Plymouth, [* 27] Pembroke, Portland, Chatham (mit den Befestigungen an der Themse, dem Medway und von Sheerneß), Dover, [* 28] Cork und Harwich;
die Befestigungen von Portsmouth und Plymouth gehören zu den großartigsten der Welt.
Vgl. v. Löbell, Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen (Berl., seit 1874);
Jähns, Heeresverfassungen und Völkerleben (das. 1885);
v. Kronenfels, Das schwimmende Flottenmaterial der Seemächte (Wien [* 29] 1881);
Derselbe, Die Kriegsschiffbauten 1880-82 (das. 1883);
v. Henk, Die Kriegführung zur See in ihren wichtigsten Epochen (Berl. 1884);
Brassey, The British navy (Lond. 1882-83, 5 Bde.);
Adams, England on the sea (das. 1885, 2 Bde.).
Wappen, Flagge, Orden.
Das Wappen [* 30] des Vereinigten [* 31] Königreichs ist ein Hauptschild mit vier Feldern, in der Mitte mit einem Herzschild belegt. Von jenen vier Feldern enthalten das obere rechts und das untere links die drei goldenen Leoparden Englands auf rotem Grund, blau bewehrt. Das obere linke Feld hat den aufgerichteten roten Löwen [* 32] von Schottland auf goldenem Grund in doppelter Einfassung mit untergelegten Lilien; [* 33] das untere rechte, der Schild [* 34] von Irland, stellt auf blauem Grunde die goldene Davidsharfe mit silbernen Saiten dar.
Der Herzschild ist gedeckt mit der Königskrone von Hannover; [* 35] rechts hat er die beiden goldenen Löwen von Braunschweig, [* 36] links den blauen Löwen von Lüneburg, [* 37] unten das springende weiße Roß von Sachsen [* 38] im blauen Felde. Der gesamte Wappenschild wird von der königlichen Krone Großbritanniens mit einem darüberstehenden gekrönten goldenen Löwen bedeckt; denselben umgibt das große blaue Band [* 39] des Hosenbandordens mit der Umschrift: »Hony soit qui mal y pense«.
Unter dem Schild liegen die beiden Zweige, welche die englische Rose, die schottische Distel und den irischen Klee vereinigen, mit der Devise der Krone: »Dieu et mon droit«. Als Schildhalter steht rechts ein goldener gekrönter Löwe, links ein silbernes Einhorn mit einer Krone um den Hals und einer daran befestigten, herunterhängenden Kette (s. Tafel »Wappen«). Der Prinz von Wales führt in seinem Wappen einen Stirnreif mit Straußfedern und der deutschen Devise: »Ich dien'« (seit der Schlacht von Crécy, wo der damalige Prinz von Wales, der sogen. schwarze Prinz, sich den königlichen Stirnschmuck des mitbesiegten Königs von Böhmen [* 40] als Sieger aufs Haupt setzte).
Die Unionsflagge ist aus den Kreuzen der Heiligen Georg, Andreas und Patrick, als der Landespatrone von England, Schottland und Irland, zusammengesetzt. Die Farben sind: Rot, Blau und Weiß (s. Tafel »Flaggen«). [* 41] Das britische Reich hat sieben Ritterorden, welche teils Hofehren, teils belohnende Anerkennungen der Verdienste um den Staat sind: der Orden [* 42] des blauen Hosenbandes (Order of the Garter, s. Tafel »Orden«),
der nur an fremde Fürsten und die ersten Peers des Reichs ausgeteilt wird, gestiftet von Eduard III. 1347 (52 Mitglieder);
der schottische Orden von der Distel, 1540 gestiftet, von Jakob II. 1687 erneuert (20 Mitglieder);
der irische Orden des heil. Patrick, seit 1783 (25 Mitglieder);
der Bathorden, gestiftet von Heinrich IV. 1399, erneuert von Georg I. 1725 als Verdienstorden für Militär- und Zivilbeamte (1215 Mitglieder in drei Klassen, davon 868 Militärs);
der Orden des Sterns von Indien, 1861 gestiftet, um Personen, welche sich um Indien verdient gemacht haben, zu belohnen (255 Mitglieder);
der Orden von St. Michael und St. Georg, 1818 gestiftet, um Verdienste um die Kolonien zu belohnen (430 Mitglieder), und der Orden des indischen Kaiserreichs, 1878 gestiftet (173 Mitglieder).
Dazu kommen noch zwei Orden für Damen, nämlich der Viktoria- und Albertorden, 1862 gestiftet (54 Mitglieder), und der kaiserliche Orden ¶
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der Krone von Indien, 1878 zu Ehren des Tags der Annahme des Titels einer Kaiserin von Indien gestiftet (50 Mitglieder). Unter den militärischen Ehrenzeichen nimmt das 1856 gestiftete Viktoriakreuz den vornehmsten Rang ein und ist bis 1886 an 250 Offiziere und Soldaten für »hervorragende Tapferkeit« im Feld verliehen worden. Ausführlichere Beschreibung der einzelnen Orden s. in den betreffenden Artikeln.
Umfang und Bevölkerung des britischen Reichs.
Bestandteile | QKilom. | QMeilen | Bewohner |
---|---|---|---|
a) Europa. | |||
Vereinigtes Königreich | 313726 | 5697.7 | 36325115 |
Insel Man | 588 | 10.67 | 53558 |
Kanalinseln | 196 | 3.6 | 87704 |
Helgoland | 1 | 0.02 | 2001 |
Gibraltar | 5 | 0.09 | 24680 |
Malta | 323 | 5.9 | 162182 |
Zusammen: | 314839 | 5718.0 | 36655240 |
b) Asien. | |||
Ind. Reich (mit Birma etc.) | 2759310 | 50112.0 | 201760000 |
" " (Vasallenstaaten) | 1320120 | 23974.7 | 55191742 |
Aden und Perim | 190 | 3.4 | 35165 |
Ceylon | 65690 | 1193.0 | 2761396 |
Straits Settlements | 3742 | 68.0 | 540000 |
Keelings- oder Kokosinseln | 23 | 0.4 | 400 |
Labuan (auf Borneo) | 78 | 1.4 | 6286 |
Nordborneo | 59600 | 1082.4 | 150000 |
Hongkong | 83 | 1.5 | 160400 |
Port Hamilton (Korea) | 13 | 0.2 | 2000 |
Cypern | 9282 | 168.6 | 186173 |
Kuria-Muria und Kamaran | 220 | 4.0 | - |
Zusammen: | 4218351 | 76609.0 | 260793562 |
c) Afrika¹. | |||
Afrikanische Westküste | 44833 | 814.2 | 811000 |
Kapkolonie | 626104 | 11370.7 | 1250000 |
Betschuanenland | 480000 | 8717.3 | 478000 |
Natal | 54779 | 994.8 | 424500 |
Mauritius und Nebeninseln | 2753 | 50.0 | 385800 |
Tristan da Cunha | 116 | 2.1 | 105 |
St. Helena | 123 | 2.2 | 5059 |
Ascension | 88 | 1.6 | 165 |
Neuamsterdam u. St. Paul | 72 | 1.3 | - |
Zusammen: | 1208868 | 21954.0 | 3354629 |
d) Australien. | |||
Neusüdwales | 804774 | 14615.5 | 921264 |
Victoria | 227610 | 4133.6 | 961276 |
Südaustralien | 2339775 | 42492.3 | 313322 |
Queensland | 1731337 | 31443.1 | 309913 |
Westaustralien | 2527530 | 45903.0 | 33000 |
Tasmania | 68308 | 1240.5 | 130541 |
Neuseeland (mit Chatham) | 270540 | 4913.3 | 564304 |
Neuguinea | 229100 | 4160.7 | 135000 |
Fidschi und Rotumah | 20843 | 378.5 | 128414 |
Kleinere Inseln | 750 | 13.6 | 800 |
Zusammen: | 8220567 | 149294.0 | 3497834 |
e) Amerika. | |||
Kanada | 8987945 | 163230.5 | 4542000 |
Neufundland | 110670 | 2009.9 | 197330 |
Bermudas | 50 | 0.9 | 16200 |
Bahamainseln | 13960 | 253.5 | 43521 |
Jamaica und Turks | 12018 | 218.3 | 585600 |
Leeward Islands | 1827 | 33.2 | 121000 |
Windward Islands | 2150 | 39.0 | 610000 |
Trinidad | 4544 | 82.5 | 166630 |
Honduras | 19585 | 355.7 | 27452 |
Britisch-Guayana | 221000 | 4013.6 | 257473 |
Falklandinseln | 12532 | 227.6 | 1551 |
Zusammen: | 9386281 | 170465.0 | 6568757 |
Insgesamt: | 34229806 | 424040.0 | 310870022 |
¹Ohne Muscha (Insel im Tadschurragolf), Zeila, Berbera und Sokotora an der Ostküste und das Nigergebiet an der Westküste.
Die Kolonien Großbritanniens.
Die Kolonien und auswärtigen Besitzungen stellen das britische Reich hinsichtlich der Größe und Volkszahl über alle Staaten alter und neuer Zeit (s. Karte »Kolonien«). [* 44] Selbst das römische Weltreich ist mit dem Umfang und der Wichtigkeit des britischen Kolonialwesens nicht zu vergleichen. Dem System ihrer Verwaltung nach kann man die Kolonien (abgesehen von Indien) in drei Klassen einteilen. Die erste Klasse umfaßt diejenigen, welche eine dem Mutterland nachgebildete Verfassung mit verantwortlichen Ministern haben. In ihnen wird die Krone durch einen von der Zentralregierung ernannten Gouverneur vertreten. Es sind dies: Kanada, Neufundland, Kapkolonie, Neusüdwales, Neuseeland, Queensland, Südaustralien, Tasmania und Victoria. [* 45]
Ihnen schließen sich diejenigen Kolonien an, welche zwar eine repräsentative Verfassung haben, in welchen aber sämtliche Beamte von der Krone ernannt werden, welcher gleichfalls ein unbeschränktes Veto zusteht. Diese sind: Malta, die Bahamainseln, Bermudas, die Leeward und Windward Islands, Guayana, Natal, Ceylon, [* 46] Cypern [* 47] und Westaustralien. Die übrigen Kolonien werden als Crown Colonies durch Gouverneure ohne Teilnahme der Bevölkerung verwaltet. Ausnahmen machen Nordborneo u. das Niger-Binuëgebiet, welche Handelsgesellschaften unterthan sind.
Die größern Kolonien sind in England durch Agenten vertreten. Einer Vertretung im britischen Parlament erfreuen sie sich nicht, anderseits aber steuern sie auch nicht zu den Ausgaben des Reichs bei. An Vorschlägen zur Umwandlung des britischen Reichs in einen Bundesstaat (federation) mit Bundesparlament hat es in jüngster Zeit nicht gefehlt. Die Kolonien werden vom Mutterland nicht nur nicht besteuert, sondern letzteres zahlt auch den größten Teil der für die Verteidigung nötigen Truppen (mit Ausnahme Ostindiens) und teilweise die Gehalte der Gouverneure und andrer Beamten. Die Ausgaben für die Kolonien beliefen sich 1884/85 auf 2,013,406 Pfd. Sterl. Es stehen in ihnen 93,000 Mann europäische Truppen, wovon 61,600 in Indien. Der Gesamtumfang und die Bevölkerung Großbritanniens mit Einschluß seiner sämtlichen Kolonien und auswärtigen Besitzungen sind aus der nebenstehenden Tabelle ersichtlich.
Litteratur.
Vgl. namentlich die Blaubücher, welche jährlich in großer Zahl erscheinen; Kellys »Directories«, die »Jahrbücher« und »Almanacks«; ferner Porter, The progress of the nation (3. Aufl., Lond. 1851);
Mac Culloch, Statistical account of the British empire (4. Aufl., das. 1854);
Milner, The land we live in (letzte Ausg., das. 1874);
E. Großbritannien Ravenstein, Handbuch der Geographie und Statistik des britischen Reichs (Leipz. 1863), und dessen erweiterte Bearbeitung von Elisée Reclus' »Geographie universelle« (Lond. 1882);
Ramsay, The physical geography of the British islands (5. Ausg., das. 1878);
Hughes, Geography of British history (das. 1874);
E. Hull, [* 48] Contributions to the physical history of the British isles (das. 1883);
R. E. de Rance, The water supply of England and Wales (das. 1881);
J. ^[John] Beddoe, The races of Britain (das. 1885);
Bonwick, The British colonies and their resources (1886).
Von Spezialwerken kommen außer den bei den betreffenden Abschnitten bereits angegebenen in Betracht: Wiese, Deutsche [* 49] Briefe über englische Erziehung (3. Aufl., Berl. 1877, 2 Tle.);
Cox, Die Staatseinrichtungen Englands (deutsch, das. 1867);
R. Gneist, Das englische Verwaltungsrecht der ¶