Graue
Brüder und Schwestern, gemeinsamer Name der Barmherzigen Brüder und Schwestern (s. d.);
Graue Brüder, die Laienbrüder des Cistercienserordens.
Brüder und Schwestern, gemeinsamer Name der Barmherzigen Brüder und Schwestern (s. d.);
Graue Brüder, die Laienbrüder des Cistercienserordens.
Hörner, s. Sardona. ^[= ausgedehnte Hochgebirgsgruppe der Glarner Alpen, um den Saurenstock (3056 m) auf der Grenze ...]
s. v. w. Kamm-, Speer-, Leberkies und Markasit; [* 2]
s. Markasit.
diejenige Furcht, die zugleich mit sittlichem Abscheu vor dem Gegenstand derselben verbunden ist.
Bund, s. Graubünden, S. 637.
Star, s. Star. ^[= # die Herabsetzung oder gänzliche Aufhebung des Sehvermögens eines oder beider Augen, sofern ...]
s. v. w. Blättertellur. ^[= (Blättererz, Nagyagit, Nagyager Erz), Mineral aus der Ordnung der einfachen Sulfuride, kristallisie ...]
s. v. w. Fahlerz. ^[= (Tetraedrit, Schwarzerz), Mineralien aus der Ordnung der Sulfosalze, von sehr ungleicher Zusammenset ...] [* 3]
Klostergut im preuß. Regierungsbezirk Hildesheim, [* 4] Kreis [* 5] Goslar, [* 6] Knotenpunkt der Linien Halle-Zellerfeld der Preußischen und Langelsheim-Grauhof der Braunschweigischen Staatsbahn, ehemals Augustiner-Mönchskloster, hat eine Pfarrkirche und (1885) 152 meist evang. Einwohner.
Dabei eine Mineralquelle, aus welcher der weithin bekannte Harzer Sauerbrunnen gewonnen wird.
in Grau, s. Kamaïeu. ^[= (franz., spr. -jöh), erhaben oder vertieft geschnittener Onyx, Sardonyx etc., wobei die verschieden ...]
s. Flüevogel. ^[= (Accentor Bchst.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Sänger (Sylviidae ...]
s. v. w. Kupferglanz. ^[= (Kupferglas, Chalkosin, Redruthit), Mineral aus der Ordnung der einfachen Sulfuride, ...] [* 7]
Karl, deutscher Missionär, geb. zu Wörlitz bei Dessau, [* 8] übernahm 1844 die Direktion der evangelisch-lutherischen Missionsanstalt in Dresden, [* 9] welche 1848 nach Leipzig [* 10] verlegt ward. In den Jahren 1849-53 machte er eine Reise über Palästina [* 11] und Ägypten [* 12] nach Ostindien, [* 13] auf welcher er das Studium der tamulischen Sprache [* 14] und Litteratur sich angelegen sein ließ. Im Gegensatz zur Baseler Mission hatte es nämlich nicht auf Einzelbekehrung, sondern auf Volksbekehrung abgesehen und verlangte deshalb von seinen Missionären Eingehen auf die wissenschaftliche und Kulturentwickelung der Völker. Nachdem er 1861 seine Stellung aufgegeben hatte, starb er in Erlangen. [* 15] In der theologischen Litteratur erwarb er sich einen Namen durch seine »Unterscheidungslehren der verschiedenen christlichen Bekenntnisse« (11. Aufl., Leipz. 1884) und »Die christliche Kirche an der Schwelle des Irenäischen Zeitalters« (das. 1860); für weitere Kreise [* 16] bestimmt war seine »Reise nach Ostindien« (das. 1854-1856, 5 Bde.). Die Resultate seiner tamulischen Studien enthält seine »Bibliotheca tamulica« (Leipz. 1854 bis 1865, 4 Bde.).
(spr. grolä), Stadt im franz. Departement Tarn, Arrondissement Lavaur, links am Dadou, mit (1876) 4435 Einw., Gerberei, Hutfabrikation, Wollspinnerei und Handel.
Über den Fluß führt eine schöne Brücke [* 17] aus dem 16. Jahrh. und eine neue seit 1860.
s. Dyasformation. ^[= (permische Formation, hierzu Tafel "Dyasformation"), jüngste Formation der paläozoischen ...]
s. Manganit. ^[= (Graubraunstein), Mineral aus der Ordnung der Hydroxyde, kristallisiert rhombisch, ...]
Karl Heinrich, Komponist, geb. zu Wahrenbrück, östlich von Torgau, [* 18] kam 1713 auf die Kreuzschule in Dresden, wo er durch seine schöne Stimme Aufsehen erregte, studierte neben den Wissenschaften die Komposition unter dem Kapellmeister Schmidt und wurde 1725 als Tenorist nach Braunschweig [* 19] berufen, bald darauf aber daselbst zum Vizekapellmeister ernannt. 1735 als Kammersänger bei der Kapelle des Kronprinzen von Preußen [* 20] (nachmaligen Königs Friedrich II.) zuvörderst in Rheinsberg angestellt, hatte er hier vorzüglich Konzertkantaten zu komponieren und vorzutragen, deren Anzahl man auf 50 schätzt. Im J. 1740, nach Friedrichs II. Thronbesteigung, wurde Graun zum Kapellmeister ernannt und nach Italien [* 21] gesendet, um für die in Berlin [* 22] zu errichtende Italienische Oper Sänger und Sängerinnen zu gewinnen.
Nach Berlin und zu seinem Amt zurückgekehrt, wendete er sich ganz und gar der Oper zu und wußte dem Geschmack des Königs wie des Publikums so sehr zu entsprechen, daß er bald als unumschränkter Beherrscher des Berliner [* 23] Opernwesens dastand und sich als solcher bis zu seinem Tod behaupten konnte. Graun teilt mit dem Dresdener Kapellmeister Hasse (s. d.) das Verdienst, die italienische Oper des A. Scarlatti zum Höhepunkt ihrer Ausbildung geführt zu haben, und erntete, wie jener, dafür den Dank der Zeitgenossen in so reichem Maß, daß dem Publikum für die Werke eines Bach und Händel nur geringe Teilnahme übrigblieb.
Mit dem Auftreten Glucks verschwanden seine Opern für immer vom Repertoire, dagegen hat sich seine Passionsmusik »Der Tod Jesu« an verschiedenen Orten, namentlich in Berlin, bis zur Gegenwart in der Gunst des Publikums erhalten, und dies verdientermaßen, denn sie zeigt nicht allein die höchste Formvollendung, sondern auch eine edle Geschmacksrichtung und einen zwar an die italienische Oper erinnernden, dem geistlichen Charakter jedoch nicht widersprechenden sinnlichen Reiz.
Hinsichtlich der wirkungsvollen Behandlung der Singstimmen steht Grauns »Tod Jesu« weit über den Werken gleicher Gattung von J. S. Bach und läßt seinen Verfasser als einen der würdigsten Vertreter des italienischen Kunstgesanges erkennen. Außer diesem Werk und 28 Opern hinterließ Graun noch eine große Zahl von Kirchenkompositionen, unter denen ein zu Ehren des Siegs bei Prag [* 24] 1756 geschriebenes Tedeum hervorragt, sowie eine Menge von Instrumentalkompositionen, die jedoch mit seinen Vokalwerken nicht auf gleicher Höhe stehen.
(spr. gro-uji), ein bis in die neuere Zeit hinein in der Kathedrale zu Metz [* 25] aufbewahrtes Abbild des angeblich von J. Clemens daselbst erlegten Drachen, das zu kirchlichen Umzügen diente, ebenso wie der von der heil. Martha getötete Tarasque von Tarascon und der Drache [* 26] von Poitiers, den die heil. Radegonde erlegt haben sollte. Vgl. Drache und Schlangenkultus.
(Schneegraupeln, Riesel, franz. Grésil), kugelrunde, erbsengroße, undurchsichtige, leicht zerdrückbare Schneebälle, die besonders im Frühjahr und Herbst oder überhaupt dann häufig niederfallen, wenn die Temperatur unter vielfachen Schwankungen über den Gefrierpunkt steigt oder unter ihn sinkt. Sie unterscheiden sich vom Hagel (s. d.) durch eine weichere Konsistenz und fallen auch gelegentlich mit Schneeflocken zusammen. Die Entstehung der Graupeln läßt sich aus der Eigenschaft des Schnees erklären, knetbar oder plastisch zu werden, wenn seine Temperatur dem Gefrierpunkt nahe ist.
Bei solchen Temperaturen besitzen deshalb die einzelnen Schneekristalle [* 27] eine gewisse Klebrigkeit (vgl. Eis, [* 28] S. 398), infolge deren sie stärker aneinander adhärieren und sich zu größern Flocken vereinigen, welche sich verdichten und abrunden, wenn ein stürmischer Wind sie heftig und häufig zusammenstößt. Deshalb bilden sie sich am häufigsten und heftigsten (in Graupelschauern) bei den der Verdrängung des Äquatorialstroms durch den Polarstrom eigentümlichen nordwestlichen Winden [* 29] wie bei dem Übergang der kältern in die wärmere Jahreszeit.
enthülste und entspitzte, durch Schälen, Abreiben, Schleifen und Polieren in eine mehr oder weniger vollkommene Kugelgestalt gebrachte Gersten- oder Weizenkörner. Oft werden die Körner auch mehrfach zerbrochen und die Bruchstücke erst ¶
zu Graupen gerundet. Am gangbarsten sind Gerstengraupen (Koch- oder Rollgerste und feinere Perlgraupen). Die Anfertigung der Graupen aus Gerste [* 31] erfordert fast dieselben Maschinen und ähnliche Manipulationen wie das Spitzen des Weizens. Sind die Körner von ihrer äußern Hülse [* 32] oder Schale befreit, so bringt man sie auf die Graupenmühle, in welcher ein einziger sehr großer, horizontal gehender Stein aus stets rauh und körnig bleibendem Material in einer konzentrischen Kapsel (Bütte) läuft.
Letztere ist innen, der Stirn- und Bodenfläche des Steins gegenüber, mit einem Reibeisen versehen, welches den Bart dem Stein zukehrt und 10-20 mm von demselben entfernt ist. Das Graupenmachen wird lediglich durch die Mantelfläche des Läufersteins unter Mitwirkung der Reibeisenbleche bewirkt, indem die Körner zwischen Stein und Bütte so lange in spiralförmigen Bahnen herumgejagt und abgerieben werden, bis sie den Boden erreicht haben. Ist ein bestimmtes Quantum Gerste eine gewisse, durch Versuche ermittelte Zeit lang bearbeitet worden, so entleert man die Mühle.
Auf den neuern Graupenmühlen [* 33] mit vertikalen Steinen (sogen. holländischen Gängen) arbeitet der Stein mit seiner ganzen Oberfläche gegen Reibeisen, die in einer denselben umgebenden Kapsel (Graupenring) angebracht sind, welche sich in entgegengesetzter Richtung langsam dreht. Nach dem Vergraupen und bei feinern Sorten auch vor jedesmaligem wiederholten Aufschütten bringt man das Mahlgut auf Sauber- und Sortierwerke und reibt oder poliert die Graupen schließlich wohl auch noch zwischen Läufern ohne Reibeisenbeschläge oder in besondern Poliermaschinen.
Für feinere Graupen zerbricht man die gereinigten oder enthülsten Körner zunächst auf gewöhnlichen Mahlgängen (Reißgängen) oder auf nach Art der Kaffeemühlen konstruierten Reißmaschinen oder zerschneidet sie mit Hilfe mehr oder weniger vollständiger Schneidewerke (Spaltmaschinen), deren drehbare Messer [* 34] die Körner rechtwinkelig zur Länge halbieren oder zwei- bis dreimal teilen. 17 Ztr. Gerste liefern 11-12 Ztr. ordinäre, aber nur 5-6 Ztr. extrafeine oder 3-4 Ztr. Perlgraupen. Graupen bilden einen starken Handelsartikel und werden in Ulm, [* 35] Wien, [* 36] Nürnberg, [* 37] Frankfurt [* 38] a. M., namentlich auch in Thüringen, häufig fabriziert. Graupen aus unreifen Dinkelkörnern bilden das Grünkorn (s. d.).
(Gräuple), größere Erzkörner, welche bei der Aufbereitung (s. d.), namentlich der Siebsetzarbeit, ausgeschieden werden;
mit dem Namen Zinn- oder Visiergraupen bezeichnet man den in Zwillingskristallen vorkommenden Zinnstein. [* 39]
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Teplitz, in einem tiefen Thal [* 40] am südlichen Abhang des Erzgebirges, an der Dux-Bodenbacher Eisenbahn, mit altem Schloß, (1880) 2904 Einw., Zinn- und Braunkohlenbergbau, Bierbrauerei, [* 41] Brettsäge, Wirkerei [* 42] und Fabrikation von Schuhwaren und Dachsteinpappe.
Dabei zwei von Teplitz vielbesuchte Aussichtspunkte, die Rosenburg und Wilhelmshöhe.
Auf der Höhe des Erzgebirges über Graupen das Mückentürmchen (805 m).
Graupen wurde 1478 zur Bergstadt erhoben.
Vgl. Hallwich, Geschichte der Bergstadt Graupen (Prag 1868).
dasjenige, was Grausen, aber nicht bloß vor der That, sondern (und noch viel mehr) vor dem Thäter (Mord der Desdemona) erregt.
s. v. w. Antimonglanz. ^[= (Antimonit), Mineral aus der Ordnung der einfachen Sulfuride, kristallisiert ...]
ein Konglomerat oder Sandstein, dessen Bruchstücke (Quarz, Kieselschiefer, Thonschiefer) durch ein gewöhnlich dunkel gefärbtes thonig-kieseliges oder kieseliges Bindemittel verkittet werden.
Glimmerführende und sehr kleinkörnige Grauwacken sind oft deutlich schieferig (Grauwackenschiefer, Sparagmit der nordischen Geologen).
Im Silur und Devon [* 43] sowie in der Kulmfacies des Kohlensystems spielen die Grauwacken eine große Rolle.
der Haare, [* 44] s. Haarkrankheiten. ^[= Die gewöhnlichste Haarkrankheit ist die trockne Schinnenbildung (Seborrhoea sicca); sie tritt ...]
(Veh, Feh), graue Winterfelle der Eichhörnchen, kommen besonders aus Rußland und Sibirien in den Handel und sind um so heller, aus je westlichern Ländern sie stammen; die dunkelsten, welche am geschätztesten sind, liefert Ostsibirien. Die amerikanischen Felle sind schwarz oder grau, fast wertlos. Nur der Rücken der Felle ist grau, der Bauch [* 45] weiß, der Schweif mehr oder weniger schwarz. Die Felle werden daher in erster oder zweiter Hand [* 46] meist zerschnitten und die drei Partien besonders verkauft.
Die Rücken bilden die teuerste Ware; die Seitenstücke heißen Fehwammen, sie geben, zu Tafeln zusammengenäht, sogen. bunte, d. h. aus Schwarz und Weiß gemischte, Pelzfutter. Es kommen jährlich etwa 7 Mill. Felle in den Handel; die Hauptkonsumenten sind China, [* 47] Rußland, Amerika, [* 48] Deutschland, [* 49] Frankreich und England, und der Verbrauch ist ein ziemlich beständiger, da die Mode dieses Pelzwerk [* 50] wenig beherrscht. Die Schweife dienen zu Boas, zum Aufputz andrer Gegenstände, aber auch zu Malerpinseln.
(lat.), Beschwerde (s. d.). Gravamina hießen im ältern deutschen Staatsrecht auch die von Landständen über Gebrechen der Rechtspflege etc. erhobenen Beschwerden, daher die dadurch veranlaßten Gesetze Resolutiones gravaminum, Erledigungen jener Beschwerden, genannt wurden. Bekannt sind die Gravamina nationis germanicae, die Beschwerden, welche die deutsche Nation gegen den Papst wegen Eingriffs in ihre Rechte und wegen der gesunkenen Kirchenzucht führte. Die 1522 dem Papst übersendeten 100 Gravamina nationis germanicae erschienen zu Nürnberg 1523 in deutscher und lateinischer Sprache. Gravaminieren, Beschwerde führen.
(lat.), s. Gravieren. ^[= # (franz. graver, v. deutschen "graben"), das Verfahren, durch welches man auf metallenen ...]
(ital.), schwer, ernst, häufig als Überschrift der pathetisch gehaltenen Einleitungen von ernsten Symphonie- oder Sonatensätzen;
zugleich Tempobestimmung, etwa s. v. w. Largo (sehr langsam).
Stadt und Festung [* 51] in der niederländ. Provinz Nordbrabant, am Südufer der Maas, mit Leder-, Zigarren- und Tabaksfabrikation, einigem Handel und (1883) 2746 Einw. Während des niederländischen Befreiungskriegs wurde Grave 1602 von Moritz von Oranien den Spaniern entrissen, 1672 von den Franzosen genommen, aber 1674 von Wilhelm von Oranien trotz der hartnäckigen Verteidigung durch den Marschall v. Chamilly wiedererobert.
(lat.), Schnupfen. ^[= (Koryza), der Katarrh der Nasenschleimhaut, befällt häufiger schwächliche, zarte und skrofulöse ...]
Flecken in der ital. Provinz Como, am westlichen Ufer des Comersees, mit vielen Villen, einem vom Kardinal Gallio 1586 erbauten Palast, merkwürdigem Baptisterium aus dem 12. Jahrh. und (1881) 1035 Einw.
(spr. graw'lihn, deutsch Gravelingen), befestigte Stadt im franz. Departement Nord, Arrondissement Dünkirchen, [* 52] an der kanalisierten Aa, 2 km vom offenen Meer, an der Eisenbahn Calais-Dünkirchen, besteht aus drei Teilen, der eigentlichen, von Wällen und nassen Gräben umgebenen Stadt und dem großen und dem kleinen Fort Philipp zu beiden Seiten der Kanalmündung, hat (1876) 4182 Einw., welche Schiffbau betreiben, und einen durch Versandung leidenden Hafen, welcher für die Küstenfischerei ¶
und den Handel mit Eiern, Gemüse und Obst nach England sowie für die Einfuhr von Kohlen aus England und Holz [* 54] aus Skandinavien Bedeutung hat. 1884 liefen im Hafen 128 Schiffe [* 55] mit 20,785 Ton. ein. - Die Stadt ward um 1160 von Theoderich von Flandern angelegt, 1383 von den Engländern genommen und verbrannt. Berühmt wurde sie durch den Sieg der Spanier unter Egmond über die Franzosen Im J. 1644 zuerst von den Franzosen erobert, wurde Gravelines im Pyrenäischen Frieden förmlich an Frankreich abgetreten.
Maximilian Karl Friedrich Wilhelm, philosophischer und juridischer Schriftsteller: geb. zu Belgard [* 56] in Pommern, [* 57] gehörte seit 1805 dem preußischen Staatsdienst in verschiedenen Stellungen an, wurde jedoch 1818 wegen seiner Schrift »Neueste Behandlung eines preußischen Staatsbeamten« (Leipz. 1818) vom Amt suspendiert und privatisierte hierauf, bis er auf sein Ansuchen 1834 entlassen ward, welche Vorgänge er in einer Schrift: »Die Geschichte meines Austritts aus dem Staatsdienst« (Jena [* 58] 1837, 2 Tle.),
öffentlich bekannt machte. Im J. 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, wo er zur äußersten Rechten gehörte, und im Mai 1849 vom Reichsverweser nach Vorlegung seines Programms: »Mein Glaubensbekenntnis, angehend den politischen Zustand Deutschlands« [* 59] (Frankf. 1849) mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, zog er sich nach dem Rücktritt des Reichsverwesers vom politischen Schauplatz zurück. Er starb in Dresden. In seinen Schriften, wie: »Kommentar zu den Kreditgesetzen des preußischen Staats« (Berl. 1813-20, 4 Bde.) und »Praktischer Kommentar zur allgemeinen Gerichtsordnung für die preußischen Staaten« (Erf. 1825-31, 6 Bde.), förderte er die wissenschaftliche Behandlung des preußischen Rechts.
(spr. graw'lott),
Dorf im deutschen Bezirk Lothringen, Landkreis Metz, 11 km westlich von Metz, hat eine kathol. Pfarrkirche und (1885) 681 Einw. -
Hier fand die dritte Schlacht um Metz (s. d. mit »Karte der Schlachten [* 60] bei Metz«) statt; obwohl die Entscheidung des Tags nicht bei Gravelotte, sondern bei St.-Privat fiel, so wird die Schlacht doch nach ersterm Ort genannt, weil während derselben das große Hauptquartier sich dort befand. Bazaine hatte seine Armee nach der Schlacht von Vionville (s. d.) 16. Aug. näher an Metz heran auf dem Höhenrücken zwischen Roncourt und Rozérieulles aufgestellt, der, durch künstliche Befestigungen verstärkt, eine ausgezeichnete Defensivstellung gewährte. Er glaubte, der Feind wolle ihn von Metz abdrängen.
Vom linken Flügel ab standen das 2., 3., 4. und 6. Korps in erster Linie, die Garde auf dem Plateau von Plappeville in Reserve (zusammen etwa 140,000 Mann). Deutscherseits waren von der ersten Armee das 7. und 8., von der zweiten das 3., 9., 10., 12. und Gardekorps zur Stelle, das 2. von Pont à Mousson in Anmarsch (210,000 Mann mit 726 Geschützen). Vom rechten Flügel ab standen in der Fronte das 7., 8., 9., Garde- und 12. Korps, das 3. und 10. in Reserve. Da man den rechten französischen Flügel umfassen wollte und diesen bei Amanvillers vermutete, so bekam das 9. Korps gegen Mittag Befehl, denselben mit Artillerie anzugreifen, während das Garde- und 12. Korps die Umgehung ausführen sollten.
Manstein begann demgemäß gegen Mittag den Kampf bei Vernéville. Da die feindliche Stellung, wie sich zu spät herausstellte, viel weiter nach Norden [* 61] reichte und die beiden andern Korps nunmehr einen viel größern Umweg um Ste.-Marie herum zu machen hatten, so geriet die Artillerie des 9. Korps dem überlegenen Feind (4. Korps Ladmirault) in seiner vortrefflichen Position bei Amanvillers und Montigny la Grange gegenüber in große Bedrängnis, erlitt ungeheure Verluste und mußte zwei Geschütze [* 62] in den Händen der Franzosen lassen.
Auch die Infanterie hatte einen schweren Stand. Die 18. Division kam nicht über Chantrenne, die 25. nicht über das Bois de la Cusse hinaus und mußte in ungünstigen Stellungen das verheerende Chassepotfeuer aushalten. Inzwischen hatten auch das 7. und 8. Korps kurz nach Mittag den Kampf begonnen. Die tiefe, nur von einem schmalen, hohen Straßendamm durchschnittene Einsenkung des Mancethals erschwerte den Angriff auf die Höhe von Moscou und Point du Jour außerordentlich.
Mit Mühe wurde der Pachthof St.-Hubert erobert und behauptet, und ein höchst kritischer Moment trat ein, als General v. Steinmetz, der Oberbefehlshaber der ersten Armee, in der irrigen Annahme, der Feind sei im Zurückweichen, nach 3 Uhr [* 63] nachmittags die 1. Kavalleriedivision vorgehen ließ, diese, den einzigen Thalübergang versperrend, die Artillerie hinderte, der bedrängten Infanterie zu Hilfe zu kommen, und, da sie, gänzlich nutzlos, wieder umkehrte, die Franzosen die allgemeine Stockung und Verwirrung zu einem Vorstoß benutzten.
Die aufopfernde Tapferkeit mehrerer Truppenteile und das Eingreifen des 39. Regiments setzten demselben noch zur rechten Zeit ein Ziel. Ein gegen Abend im Verein mit dem eben eingetroffenen 2. Korps unternommener allgemeiner Angriff der ersten Armee brachte den Berghang von Moscou und Point du Jour, aber nicht diese Gehöfte selbst in die Gewalt der Deutschen, welche, durch die Dunkelheit gezwungen, das Gefecht abzubrechen, dicht vor den französischen Linien sich sammelten, um am andern Morgen den Kampf fortzusetzen.
Währenddessen war auf dem linken Flügel bei St.-Privat bereits die Entscheidung zu gunsten der Deutschen gefallen. Das Garde- und 12. Korps hatten am Nachmittag Ste.-Marie genommen, und während das letztere auf Roncourt marschierte, hatte der Kommandeur der Garde (Prinz August von Württemberg) [* 64] die 3. Brigade dem 9. Korps zur Unterstützung gegen Amanvillers vorgeschickt, mit den drei übrigen, ohne die Wirkung der Artillerie und die Umgehung der Sachsen [* 65] abzuwarten, um 5¾ Uhr einen Angriff auf das festungsartig auf einer sanft ansteigenden Höhe liegende St.-Privat versucht, der große Verluste kostete und doch mißlang.
Erst als die Artillerie das Dorf in Brand geschossen hatte und um 7 Uhr die Sachsen nach Einnahme Roncourts von Norden gegen St.-Privat vorgingen, hatte ein zweiter gleichzeitiger Angriff dieser und der Garde den gewünschten Erfolg. Der in der Luft schwebende rechte Flügel der Franzosen (6. Korps Canrobert) wurde völlig zerschmettert und in das Moselthal hinabgeworfen. In der Nacht traten auch das Zentrum und der linke Flügel den Rückzug an. Das Ziel des Kampfes, dem Feind alle Wege nach Westen zu versperren, war erreicht, die Zernierung von Metz ermöglicht, welche sofort (19. Aug.) ausgeführt wurde. Die Verluste des 18. Aug. waren allerdings sehr groß: 328 Offiziere, 4900 Mann tot, 571 Offiziere, 14,000 Mann verwundet (davon allein bei der Garde 307 Offiziere, 7900 Mann Tote und Verwundete), während die Franzosen nur 13,000 Mann verloren.
Vgl. das preußische Generalstabswerk: »Geschichte des deutsch-französischen Kriegs«, Bd. 1, Heft 6. ¶
(franz., spr. graw'lühr), verblümte Zote.
s. Haag. ^[= # (den Haag, eigentlich 's 's Hage, franz. la Haye, lat. Haga comitis, "Grafenhain ...] [* 67]
Noer (Groasteen Noer), der innerste, jetzt eingedämmte Teil eines Fjords der Insel Aeroe.
Flecken in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, [* 68] Kreis Apenrade, unweit des Nübeler Noor, einer Bucht des Flensburger Busens, hat eine Pfarrkirche, ein Schloß (1758 erbaut) mit großem Gut, berühmten Obstbau (Gravensteiner Äpfel), Seebad, Dampfschiffsverbindung mit Flensburg [* 69] und (1880) 800 Einw.
(lat.), stark übelriechend.
(sc. voces, lat., die »tiefen«) nannte schon Hucbald (und später Guido u. a.) die tiefsten Töne des damaligen Umfangs des Tonsystems, unser (groß) G bis (klein) c, d. h. die unterhalb der vier Finaltöne (finales) der Kirchentöne (d-g) gelegenen Töne.
(spr. grāw'), weiße und rote Bordeauxweine des Departements Gironde.
Sie sind körperreich und dauerhaft;
die roten werden meist als Médoc verkauft.
Wilhelm Jakob van 's, Philosoph und Mathematiker, geb. zu Herzogenbusch, studierte in Leiden [* 70] die Rechte, wandte sich aber sodann der Mathematik und Physik zu. Schon in seinem 19. Jahr verfaßte er die Schrift »Versuch über die Perspektive«, die Aufsehen erregte. Im Verein mit mehreren Gelehrten gab er seit 1713 das »Journal littéraire« heraus, das von 1722 an in Leiden unter dem Titel: »Journal de la république des lettres« bis 1736 fortgesetzt wurde.
Nachdem er 1715 als Sekretär [* 71] die Gesandtschaft der Generalstaaten nach London [* 72] begleitet hatte, ward er 1717 Professor der Mathematik und Astronomie [* 73] und 1734 auch der Philosophie in Leiden, wo er starb. Er war der erste außerhalb Englands, der sich öffentlich zu Newtons [* 74] Lehre [* 75] bekannte. Er schrieb noch: »Physices elementa mathematica experimentis confirmata« (Leiden 1720-21, 2 Bde.; 2. Aufl. 1743);
»Philosophiae Newtonianiae institutiones« (das. 1723, 2 Bde.; 2. Aufl. 1744).
Eine Sammlung seiner »Œuvres philosophiques et mathématiques« erschien zu Amsterdam [* 76] 1774 in 2 Bänden.
(spr. grehws'end), alte Stadt in der engl. Grafschaft Kent, am südlichen Ufer der Themse, unterhalb London, mit zahlreichen Belustigungsorten (Rosherville Gardens und Windmill Hill, letzterer mit der ältesten Windmühle Englands), welche von den Londonern an Sonn- und Festtagen stark besucht werden, ansehnlichem Fischfang und Gemüsebau (namentlich Spargel, für London) und (1881) 23,375 Einw. Unterhalb der Stadt liegt New Tavern Fort, gegenüber Tilbury Fort (s. d.).
Noch weiter unten verteidigen zwei Forts den Eingang der Themse.
(franz., spr. -wör), einer, der mit dem Grabstichel arbeitet, Stempelschneider, Kupfer-, Stahlstecher etc.;
s. Gravieren.
s. Kiesteïn. ^[= das farblose Wölkchen, welches häufig nach 30-40 Stunden im Harn entsteht, allmählich ...]
(lat.), Schwangerschaft;
Gravida, eine Schwangere;
gravidieren, schwängern.
(v. lat. gravāre), beschweren, drücken, belasten, zur Last fallen;
Gravantia, beschwerende, verschlimmernde (gravierende) Umstände;
Gravation, Beschwerung, Belastung.
(franz. graver, v. deutschen »graben«),
das Verfahren, durch welches man auf metallenen und andern Flächen Schriftzüge oder Zeichnungen bald erhaben, bald vertieft anbringt, um sie entweder als Bezeichnung oder Verzierung, oder zum Abdruck mit Farbe, oder zum Abdruck in weichern Massen, wohl auch zu Abgüssen zu gebrauchen. Hauptsache ist dabei das Einritzen der Platte mit einer Spitze und das Herausschneiden von kleinern oder größern Teilen (Spänen) vermittelst schneidender Instrumente (Grabstichel), während das Eindrücken oder Einschlagen von Vertiefungen mittels Bunzen, die Anwendung von Meißeln statt der Grabstichel sowie die Benutzung der Feile [* 77] zwar nur als Nebenmittel dienen, indessen ebenfalls von Wichtigkeit sind.
Die Gravierkunst im ausgedehnten Sinn umfaßt viele Zweige, wie das Steinschneiden, die Stempelschneidekunst, das Schriftschneiden, das Siegelstechen, das Formschneiden oder Formstechen, die Holzschneidekunst, die Kupferstecherkunst, die Radierung, den Notenstich, den Steinstich. Gravieren nennt man auch das Einschleifen von Ornamenten in Glasgefäße und -Geräte. Das Gravieren ist meist reine Handarbeit, doch werden oft auch Maschinen (Graviermaschinen) angewendet, um Linien in Metall zu reißen, insbesondere Parallellinien, deren richtige und gleiche Entfernung und Stärke [* 78] aus freier Hand mittels des Grabstichels oder der Radiernadel nicht zu erreichen wäre. Hierher gehören auch die Teilmaschinen, womit Einteilungen von Kreisen und geraden Linien auf Metall gezeichnet werden, sowie die Guillochiermaschinen. Ferner sind hierher zu zählen die Liniier- oder Schraffiermaschinen, womit durch Einreißen der Linien teils in das blanke Kupfer, [* 79] teils in den auf der Platte befindlichen Ätzgrund in Kupferstichen die verschiedenartigsten Schraffierungen erzeugt werden.
(neulat., »schwerfällig Einherschreitende«, Riesenfaultiere),
Familie der zahnarmen Säugetiere, s. Zahnlücker. [* 80]
(lat.-griech., »Schweremesser«),
s. v. w. Aräometer. ^[= (griech., "Flüssigkeitsmesser", Senkwage, Schwimmwage), Instrument zur ...] [* 81]
in Puglia, Stadt in der ital. Provinz Bari, Kreis Altamura, in einem tiefen Thal am südlichen Fuß des Monte Franco schön gelegen, hat eine Kathedrale (aus dem 15. Jahrh.), (1881) 15,612 Einw., ein Gymnasium und eine technische Schule und ist Bischofsitz. Auf einem Hügel über der Stadt liegt das berühmte Schloß Kaiser Friedrichs II., mit weiter Aussicht. Der Graben (gravina), der nördlich in den dichten Kalkstein der Murgiehügel eingetieft ist und nach S. in den darüberliegenden Tuff übergeht, gab der Stadt ihren Namen; man sieht eine Menge alter verlassener Wohnungen und eine Kirche in diesem Tuff.
Domenico Benedetto, ital. Kunstschriftsteller, geb. zu Palermo, [* 82] trat 1818 in das Benediktinerkloster zu Monreale, wurde dort Lehrer der Philosophie und Physik und wirkte seit 1839 in gleicher Eigenschaft mehrere Jahre lang in Monte Cassino. Nachdem er mehreren Klöstern als Abt vorgestanden, kam er zuletzt nach Monreale, wo er die gleiche Würde innehat. Unter seinen kunstwissenschaftlichen Publikationen sind bemerkenswert: »Alcune ore sulle antichità di Sicilia« (Neap. 1839);
»Su l'origine e ristauri della chiesa di Santa Maria del Monte presso Cesena« (Monte Cassino 1847);
»Illustrazione del duomo di Monreale« (Palermo 1859);
»Il duomo di Monreale illustrato e riportato in tavole cromolitografiche« (das. 1859-67).
(lat.), schwer, gewichtig;
von Tönen s. v. w. tief (vgl. Graves).
S. auch Accent.
etrusk. Stadt im Gebiet von Tarquinii, seit 181 v. Chr. römische Kolonie, bekannt durch ihren vortrefflichen Wein wie durch ihre ungesunde Luft.
Wahrscheinlichste Lage beim heutigen ¶
San Clementino (le Saline), südlich von der Mündung des Marta.
(lat.), Würde, feierlich ernstes Wesen;
gravitätisch, würdevoll.
die von Newton nachgewiesene Anziehung, welche je zwei Massenteilchen im geraden Verhältnis ihrer Massen und im umgekehrten Verhältnis des Quadrats ihrer Entfernung aufeinander ausüben. Bezeichnen m und m' die Massen zweier Stoffteilchen, r ihre Entfernung und f einen unverhinderlichen Zahlenfaktor, der nur von der Wahl der Grundeinheiten für Masse und Entfernung abhängt, so wird diese Anziehungskraft ausgedrückt durch f.mm'/rr. Aus den von Kepler entdeckten Gesetzen der Planetenbewegung folgt, daß die Planeten [* 84] von der Sonne [* 85] nach diesem Gesetz angezogen werden.
Durch einen fallenden Apfel, so erzählt man, wurde Newton auf den Gedanken gebracht, daß die Schwere nichts andres sei als die von dem Erdkörper ausgeübte Massenanziehung und sich nicht bloß an der Erdoberfläche durch den Fall der Körper äußere, sondern sich mit abnehmender Stärke bis zum Mond [* 86] und darüber hinaus erstrecke und letztern zwinge, die Erde zu umkreisen, gerade wie die Planeten durch die Anziehungskraft der Sonne in ihren Bahnen erhalten werden.
Aus astronomischen Beobachtungen weiß man, daß der Mond, welcher vermöge der Trägheit in jedem Augenblick bestrebt ist, längs der Berührungslinie seiner Bahn geradeaus zu gehen, in jeder Sekunde gegen die Erde hin eine Beschleunigung von 0,00271 m erfährt. Ist nun diese Beschleunigung eine Äußerung der Schwerkraft, welche bekanntlich einem fallenden Körper am Äquator der Erde eine Beschleunigung von 9,78 m erteilt, so muß sich die Mondbeschleunigung nach obigem Gesetz aus der Fallbeschleunigung berechnen lassen. Da die Entfernung des Mondes von der Erde 60 Erdhalbmesser beträgt, derselbe also 60mal weiter von dem Erdmittelpunkt entfernt ist als ein Punkt des Äquators, so müßte die Mondbeschleunigung 60×60 oder 3600mal kleiner sein als die Beschleunigung eines an der Erdoberfläche fallenden Körpers, also 9,78:3600 = 0,00271 m. Durch die vollkommene Übereinstimmung dieses Wertes mit dem aus den astronomischen Beobachtungen abgeleiteten ist aber der sichere Beweis geführt, daß die Schwerkraft und die allgemeine Anziehungskraft, welche den Weltkörpern ihre Bewegungen vorschreibt, ein und dasselbe sind.
Die Anziehung, welche ein Körper auf irgend ein Massenteilchen ausübt, entspringt aus dem Zusammenwirken aller von den einzelnen Massenteilchen des Körpers ausgehenden Einzelkräfte. Ist der Körper eine gleichartige oder aus gleichartigen konzentrischen Schalen gebildete Kugel, so ist die auf ein außerhalb befindliches Teilchen ausgeübte Gesamtanziehung offenbar nach dem Mittelpunkt der Kugel gerichtet und erfolgt gerade so, als wäre die ganze Masse der Kugel in ihrem Mittelpunkt zusammengedrängt.
Deshalb ist der Mittelpunkt der Erde gleichsam als Sitz der Anziehungskraft anzusehen, von welchem aus die Entfernungen zu rechnen sind, wie oben bei Berechnung der auf den Mond ausgeübten Wirkung geschehen ist. Eine Hohlkugel übt auf einen auf ihrer innern Oberfläche oder im Hohlraum gelegenen Punkt gar keine Wirkung aus, weil die diesseit und jenseit des Punktes gelegenen Teile der Kugelschale mit gleicher Kraft [* 87] nach entgegengesetzten Richtungen ziehen. Ein Punkt im Innern der Erde, z. B. auf der Sohle eines Bergwerks, erfährt daher von allen Teilen des Erdkörpers, welche weiter als er selbst vom Mittelpunkt abstehen, keine Einwirkung mehr und wird nur noch von dem unter ihm befindlichen Erdkern nach dem Mittelpunkt gezogen.
Wenn aber jeder Körper den andern anzieht, warum wird man nicht, wenn man an einem Haus vorübergeht, nach dem Haus hingezogen? Die Antwort auf diese Frage lautet: man wird in der That nach dem Haus hingezogen, die Wirkung ist aber im Vergleich zu der Anziehung der ungeheueren Erdmasse so geringfügig, daß sie unsrer Wahrnehmung entgeht. Dennoch kann man durch hinreichend empfindliche Hilfsmittel die Anziehung, welche z. B. eine große Bleikugel auf eine kleinere Kugel ausübt, nachweisen und sogar messen, wie Cavendish, Reich und Baily (mittels der von Michell konstruierten Drehwage) gethan haben.
Kennt man aber die Anziehungskraft, mit welcher eine bekannte Bleimasse in bekannter Entfernung auf eine Metallkugel einwirkt, und vergleicht man dieselbe mit der Anziehungskraft, welche diese Kugel von seiten der Erde erleidet, d. h. mit ihrer Schwere, so kann man daraus auf die Größe der Erdmasse schließen; aus den Messungen der oben genannten Physiker ergibt sich übereinstimmend, daß die Masse der Erde 5½mal so groß ist als diejenige einer gleichgroßen Wasserkugel. Maskelyne hat ferner gezeigt, daß zur Seite einer frei stehenden Bergkette das Bleilot von dieser angezogen und daher aus der lotrechten Richtung abgelenkt wird; aus der Größe dieser Ablenkung und dem durch Schätzung ermittelten Gewicht des Bergs konnte ebenfalls die Masse der Erde, ziemlich nahe übereinstimmend mit der obigen Zahl, gefunden werden.
Durch das eingehende Studium, welches v. Jolly der Wage [* 88] gewidmet hat, gelang es demselben, die Empfindlichkeit dieses Meßwerkzeugs derart zu steigern, daß bei Vergleichung zweier Kilogrammstücke mit einmaliger Wägung der unvermeidliche Fehler auf 0,05 mg und im Mittelwert wiederholter Wägungen auf 0,001 mg zurückgebracht wird. Es mußte sonach möglich sein, die vom Gravitationsgesetz geforderte Abnahme der Schwere nach dem Quadrat der Entfernung vom Erdmittelpunkt unmittelbar mittels der Wage nachzuweisen. Es muß nämlich von zwei Kilogrammstücken, welche an den Armen des Wagebalkens in verschiedener Höhe aufgehängt sind, das tiefer hängende, weil es dem Erdmittelpunkt näher ist, schwerer erscheinen. Es ergab sich in der That, daß bei einem Höhenunterschied von 5,2 m das tiefer hängende Gewicht 1,5 mg schwerer war. Dieser Wert ist um 0,152 mg kleiner als der aus dem Gravitationsgesetz berechnete; die Abweichung erklärt sich aber zur Genüge aus der störenden Anziehung der umgebenden Gebäude. Auch die Anziehung, welche eine große Bleikugel auf eine Quecksilbermasse ausübt, hat Jolly mittels der Wage bestimmt und daraus die mittlere Dichte des Erdkörpers = 5,692 abgeleitet. Vgl. Fall und Schwere.
des Schiffs (Centrum voluminis), der Schwerpunkt [* 89] des Schiffsgebäudes mit seinem Gesamtinhalt.
Gravitätszentrum des vom Wasser verdrängten Raums (Deplacement), der Schwerpunkt der Wassermenge, welche das schwimmende Schiff [* 90] verdrängt, oder, anders ausgedrückt, der Punkt, in welchem das Bestreben zur Aufrechthaltung des Schiffs sich zusammendrängt.
(lat.), zufolge der eignen Schwerkraft (Gravitation) nach einem Punkt hinstreben;
auch im übertragenen Sinn.
Johann Georg (eigentlich Gräve oder Greffe), Kritiker und Philolog, geb. zu ¶
Naumburg [* 92] a. S., vorgebildet in Schulpforta, studierte seit 1650 in Leipzig die Rechte, trieb dann, durch einen Besuch bei Joh. Friedr. Gronov bestimmt, zu Deventer und Amsterdam humanistische Studien, wurde 1656 Professor der Beredsamkeit in Duisburg, [* 93] 1658 Nachfolger Gronovs in Deventer, 1661 Professor der Beredsamkeit, 1667 auch der Geschichte und Politik in Utrecht [* 94] und starb daselbst. Trotz seines großen Ruhms war seine litterarische Thätigkeit doch bereits mehr breit als tief. Außer seinen Ausgaben von Hesiod, Cicero (von besonderm Wert), Cäsar, Catull, Tibull, Properz, Sueton, Florus, Justin etc., sämtlich cum notis variorum, nennen wir: »Thesaurus antiquitatum romanarum« (Utr. 1694 bis 1699, 12 Bde.) und »Thesaurus antiquitatum et historiarum Italiae etc.« (fortgesetzt von Burmann, Leiden 1704-25, 45 Bde.). Sein Leben beschrieben P. Burmann (Leiden 1703) und Jacob in dem Pfortaschen Festprogramm 1843.
(slaw. Gruž), Dorf in Dalmatien, Bezirkshauptmannschaft Ragusa, [* 95] nördlich von dieser Stadt an der ins Land einschneidenden Meeresbucht gelegen, der eigentliche Hafen von Ragusa, Landungsplatz der Lloyddampfer (1883 sind 791 Handelsschiffe mit 214,227 Ton. eingelaufen), mit (1880) 677 Einw., Dominikanerkonvent, zahlreichen Landhäusern der Ragusaner und einem Hauptzollamt.
(franz.), Erzeugnis der Gravierkunst, Kupfer-, Stahlstich;
bei den Franzosen auch Holzschnitt und jede nichtfarbige Abbildung überhaupt.
(spr. gräh), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Obersaône, nordwestlich von Besançon, [* 96] an der Saône, im Kreuzungspunkt mehrerer Linien der Ostbahn, der Eisenbahn Paris-Lyon und der Lokalbahn Gray-Bucey lès Gy, hat enge, steile Straßen, Reste des Schlosses der Herzöge von Burgund, eine schöne Kirche im Renaissancestil, ein Stadthaus, eine alte, auf 14 Bogen [* 97] ruhende steinerne Brücke (aus dem 13. Jahrh.) und eine neue Hängebrücke, einen guten, stark besuchten Hafen und (1881) 7185 Einw., welche Fabrikation von Eisenwaren, Schiffbau, Roßhaarweberei und Handel mit Mehl, [* 98] Getreide [* 99] und Eisen [* 100] betreiben. hat ein Kommunalcollège, eine Bibliothek (15,000 Bände), ein Naturalienkabinett und ist Sitz eines Gerichtshof und eines Handelsgerichts. - Es war schon im 7. Jahrh. gegründet. Die ehemaligen Festungswerke ließ Ludwig XIV. 1668 demolieren. Im Krieg von 1870/71 war Gray von Wichtigkeit für die militärischen Operationen auf dem südöstlichen Schauplatz.
Vgl. Gatin und Besson, Histoire de la ville de Gray (Besançon 1851, 2 Bde.).
(Grey, spr. greh);
1) Johanna (Jane), Königin von England, geb. 1537, war die Tochter der Marquise Frances von Dorset und daher die Enkelin der Herzogin Maria von Suffolk, der jüngern Schwester König Heinrichs VIII. von England. Eduard VI., Sohn und Nachfolger Heinrichs VIII., hatte, gegen die von seinem Vater getroffenen Anordnungen, während seiner letzten Krankheit seine beiden Schwestern Maria und Elisabeth als illegitime Sprößlinge von der Thronfolge ausgeschlossen und die junge Johanna Gray als entschiedene Anhängerin des Protestantismus zu seiner Nachfolgerin ernannt.
Der Anstifter dieser Maßregel war Dudley, Herzog von Northumberland, der seinen jüngsten Sohn, Lord Guilford Dudley, mit Johanna vermählt hatte. Nach Eduards VI. Tod kündigte Northumberland seiner Schwiegertochter ihre Thronbesteigung an. Nur mit Widerstreben ließ sich diese, welche der Politik bisher ganz fern gestanden hatte, bewegen, ihr häusliches Stillleben und die gelehrten Studien, welche dasselbe ausgefüllt hatten, zu verlassen, um das zweifelhafte Glück einer Krone dafür einzutauschen; sie wurde zu London als Königin ausgerufen.
Das Volk, welches das Gesetzwidrige dieses Verfahrens einsah, verhielt sich schweigend. Northumberland hatte zwar alle Maßregeln aufs klügste getroffen, aber die Prinzessin Maria, die rechtmäßige Erbin der Krone, nicht in seine Gewalt bekommen können; vielmehr hatte Maria sich nach Norfolk begeben, ihre Anhänger um sich gesammelt und sich als Königin ausrufen lassen. Während Northumberland ihr mit Heeresmacht entgegenrückte, brach in der Familie Johannas selbst Zwiespalt aus, da sie, um nicht bloß als Kreatur der Dudleys zu erscheinen, ihren Gemahl nicht neben sich als König krönen lassen wollte, und gleichzeitig erklärten sich die Hauptstadt, der Geheime Rat, die Flotte und die in den Grafschaften aufgebotenen Truppen für Maria, der sich nun auch Northumberland selbst unterwerfen mußte.
Maria zog nun in London ein, Johanna aber ward nebst ihrem Gemahl, ihrem Vater und ihrem Schwiegervater verhaftet und in den Tower gesetzt. Northumberland mußte schon 22. Aug. das Schafott besteigen, während Johannas Vater, der Herzog von Suffolk, einstweilen die Freiheit erhielt. Gegen Johanna und ihren Gemahl wurde zwar das Todesurteil gesprochen, doch nicht vollstreckt; sie blieben in strenger Haft im Tower. Erst die Teilnahme des Herzogs von Suffolk an der Empörung des Thomas Wyatt und Peter Carew gegen die Königin (Februar 1554) gab dem Schicksal des jungen Paars eine unglückliche Wendung.
Maria, damals zu blutigen Maßregeln geneigt, kündigte der Gefangenen, obwohl dieselbe an den letzten Ereignissen unschuldig war, die Vollstreckung des Todesurteils an und schickte ihr einen katholischen Geistlichen, der sie aber vergeblich zum Übertritt zur katholischen Kirche zu bewegen suchte. Am fand die Hinrichtung innerhalb des Towers statt, weil der Staatsrat besorgte, die Jugend und Schönheit Johannas möchten das Mitleid des Volkes erregen. Fünf Tage darauf wurde ihr Vater hingerichtet. Das Schicksal Johannas gab mehreren Dichtern Stoff zu dramatischen Darstellungen, Delaroche zu einem trefflichen Gemälde. Ihre kleinen Schriften gab Frère heraus unter dem Titel: »Fragments littéraires de Lady Jeanne Gray« (Rouen [* 101] 1832).
Vgl. Harris Nicolas, Memoirs and remains of Lady Jane Gray (neue Aufl., Lond. 1832);
Dargaud, Histoire de Jane Gray (Par. 1862).
2) Thomas, einer der besten engl. Lyriker des 18. Jahrh., der britische Pindar genannt, geb. zu London, ward in Eton gebildet und widmete sich zu Cambridge dem Studium der Rechte und der alten Sprachen. Später (1739) begleitete er seinen Jugendfreund Horace Walpole auf seiner Reise durch Frankreich und Italien, kehrte aber, nachdem er sich mit ihm überworfen, 1741 nach England zurück. G beschrieb seine Reise in den trefflich abgefaßten »Letters; journal of a tour in Italy«. Er lebte nun als Rechtsgelehrter in Cambridge, bis er 1768 Professor der neuern Geschichte daselbst wurde. Als solcher starb er In seinen vielfach aufgelegten Gedichten (zuerst gesammelt, Lond. 1768) vereinigen sich poetisches Feuer und Würde des Gefühls mit Kraft der Gedanken und Eleganz des Stils und der Sprache. Äm berühmtesten ist seine »Elegie auf einem Dorfkirchhof«, 1751 gedichtet und in fast alle Sprachen Europas, sogar ins Griechische und Hebräische, übersetzt (deutsch von Gotter, Kosegarten, Seume, Müller, ¶