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Stätte der Anbetung, auch Sitz der Stiftshütte. Jetzt das Dorf El Dschib. - Südöstlich davon lag Gibea, Geburtsort und Residenz Sauls, das im Zeitalter der Richter eingeäschert ward (Richt. 19);. heute Tulel el Ful.
Stätte der Anbetung, auch Sitz der Stiftshütte. Jetzt das Dorf El Dschib. - Südöstlich davon lag Gibea, Geburtsort und Residenz Sauls, das im Zeitalter der Richter eingeäschert ward (Richt. 19);. heute Tulel el Ful.
[* 1] (arab. Dschebel al Tarik, »Fels des Tarik«),
Vorgebirge an der südlichsten Spitze der span. Landschaft Andalusien, an der Meerenge von Gibraltar (s. auch das Spezialkärtchen auf der Karte »Mittelmeerländer«),
welche das Atlantische mit dem Mittelländischen Meer verbindet, ist ein kolossaler, senkrecht aus den Wellen [* 2] aufsteigender, aus Jurakalk bestehender Felsen von 425 m Höhe, 4,6 km Länge und 1,25 km Breite, [* 3] der auch nach N. und namentlich nach O. steil abfällt und mit dem Festland nur durch einen Isthmus aus Flugsand (den sogen. neutralen Boden), der kaum höher als der Meeresspiegel und bei 3 km Länge etwa 2 km breit ist, zusammenhängt. Die südlichste Spitze ist die Punta de Europa (36° 6' nördl. Br.). Die Meerenge (estrecho) von Gibraltar (bei den Alten Fretum Herculeum) hat eine mittlere Tiefe von 275 m und im westlichen Eingang 37, im östlichen (zwischen der Punta de Europa und dem Felsen von Ceuta) [* 4] 20 km Breite; die schmälste Stelle dazwischen (zwischen der Punta del Frayle im N. und Punta de Ciris im S.) ist nur 13 km breit.
Das ganze Vorgebirge (mit einem Flächeninhalt von 5 qkm) ist von den Engländern, die seit 1704 im Besitz desselben sind, durch großartige, zum Teil in den Felsen gehauene Fortifikationen zu einer Festung [* 5] umgeschaffen worden, die für unüberwindlich gilt und als Pforte des Mittelmeers [* 6] von großer Wichtigkeit ist. Drei in den Felsen gehauene, sehr hoch gewölbte und breite Galerien, die erste 122 m, die zweite 213 m, die dritte 308 m ü. M., mit Kanonen von ungeheurem Kaliber reichlich gespickt und durch schmale Zickzackpfade verbunden, türmen sich nach der Landseite amphitheatralisch empor.
Außer diesen Galerien dient eine vierte Reihe schwerer Batterien zur Deckung der Landzunge, und zahlreiche Außenwerke vollenden das Fortifikationssystem, zu dem im ganzen 800 Kanonen gehören. Bemerkenswert sind außerdem das maurische Kastell und das Signalhaus auf dem höchsten Punkte des Felsens, von wo sich eine wundervolle Aussicht über die Berge Malagas und die des südlichen Andalusien wie jenseit der Meerenge nach Afrika [* 7] (von Ceuta bis Tanger) darbietet.
Ein niedriger Erdwall mit von den Spaniern besetzten Wachthäusern, der quer über die Landzunge läuft und la Linea genannt wird, bildet im N. die Grenze des »neutralen Bodens«; 6 km hinter diesem Erdwall liegt das Städtchen San Roque auf hohem Felsen. Am minder steilen Westabfall des Vorgebirges zum Golf von Gibraltar (nach der gegenüberliegenden spanischen Stadt auch Golf von Algeciras genannt) zieht sich terrassenförmig die Stadt Gibraltar hin, die jedoch aus wenig mehr als Einer Straße mit einigen steilen Nebengassen besteht.
Sie hat 2 protestantische und mehrere kath. Kirchen, 3 Synagogen und eine Moschee, ist von starken Festungswerken umgeben und hat meist im italienischen Stil erbaute, aber enge, unbequeme Häuser. Gibraltar zählt außer einer Militärbevölkerung von 7707 Seelen (1881) 18,381 Einw. (darunter 1800 Protestanten, 1500 Juden und 28 Mohammedaner), hat gute Unterrichtsanstalten und einen vortrefflichen Hafen, der zum Freihafen erklärt ist; nur auf Spirituosen und Wein wird ein Zoll erhoben. Im J. 1884 liefen in den Hafen von Gibraltar 6146 Schiffe, [* 8] fast ausschließlich Dampfer und zum größten Teil unter englischer Flagge, mit 4,610,000 Ton. ein und ungefähr ebensoviel aus. Gibraltar ist Sitz eines deutschen Konsuls.
Obschon an einem der wichtigsten Kreuzungspunkte des Weltverkehrs [* 9] gelegen (es verkehren hier über 20 große Dampfschiffgesellschaften), ist Gibraltar doch ein Platz von untergeordneter kommerzieller Bedeutung und nur als Kohlenstation von hervorragender Wichtigkeit. Sonst werden eingeführt: Tabak, [* 10] Zucker, [* 11] Mehl [* 12] und Manufakturwaren;
ausgeführt werden: Wein, Südfrüchte u. a.
Von Gibraltar aus wird nach Spanien [* 13] bedeutender Schleichhandel getrieben.
In der Umgegend sind von Natur kahle und dürre Felsen von den Engländern durch Sprengen, [* 14] Behauen und kostspielige Herbeischaffung von Erde aus Spanien, ja sogar aus England in den prachtvollsten Park umgewandelt. Eine schöne Straße führt am Bergabhang empor bis zu der ebenfalls stark befestigten Punta de Europa, auf deren äußerster Felsenspitze der Leuchtturm steht. Am Ostfuß des Felsens liegt das Fischerdorf La Catela. Die auf silurischem Grund ruhende Kalkmasse des Vorgebirges umschließt zahlreiche Tropfsteinhöhlen, unter denen die St. Michaelshöhle die größte und schönste ist. Noch sind als eigentümliche Erscheinungen auf Gibraltar die Affen [* 15] zu erwähnen, welche die stellenweise von Niederholz überwucherten Felsen über der Festung und um sie herum bewohnen und sorgfältig geschützt werden. Es sind die einzigen in Europa [* 16] vorkommenden Affen.
Der Felsen von Gibraltar war schon in der ältesten Zeit unter dem Namen Calpe als eine der beiden Säulen des [* 17] Herkules (die andre ist der Felsen von Avila bei Ceuta auf der afrikanischen Küste) bekannt. Die Römer [* 18] gründeten hier eine Kolonie, Colonia Julia Calpe. Als 710 und 711 die Mauren bei ihrem Einbruch in Spanien bei Gibraltar landeten, legte der Feldherr Tarik hier ein festes Kastell an. Seitdem nannten die
[* 1] ^[Abb.: Kärtchen des Vorgebirges von Gibraltar.] ¶
Mauren den Berg Gebel (Dschebel) al Tarik (d. h. »Fels des Tarik«),
woraus der Name Gibraltar entstand. Die Mauren erbauten das Schloß von Gibraltar 1149 an der jetzigen Stelle. Im J. 1302 entriß der König Ferdinand II. von Kastilien die Festung den Mauren, aber schon 1333 eroberte Abu Melik, Sohn des Kaisers von Marokko, [* 20] dieselbe nach einer sechsmonatlichen Belagerung. Noch in demselben Jahr sowie 1349 suchte sie Alfons XI. von Kastilien vergeblich wiederzugewinnen. 1410 nahm Jussuf III., König von Granada, [* 21] Gibraltar den Marokkanern ab; 1438 griff Don Enrique de Guzman, Graf von Niebla, unter der Regierung Johanns II. Gibraltar erfolglos zu Lande und zur See an; erst 1462 unter König Heinrich IV. ward es durch Guzman, Herzog von Medina-Sidonia, nach einer langwierigen Belagerung den Mauren entrissen.
Seitdem der Krone von Kastilien und Leon angehörig, wurde es 1502 mit der Krone von Spanien vereinigt. Karl V. ließ die alten Werke durch den deutschen Ingenieur Daniel Speckle verbessern und erweitern. Am forcierte der holländische Admiral Jakob Heemskerk den Hafen von Gibraltar und zerstörte die in demselben liegende spanische Flotte. Im spanischen Erbfolgekrieg erschien 1704 eine englische Flotte unter dem Admiral Rooke in den Gewässern von Gibraltar und warf ein Korps von 1800 Kriegern ans Land, welches 3. Aug. unter dem kaiserlichen Feldmarschallleutnant Prinz Georg von Hessen-Darmstadt die schlecht verteidigte Festung durch einen Handstreich für England nahm. Der Versuch des Marquis von Villadarias, sie mit 7000 Mann Spaniern und Franzosen von der Landseite anzugreifen, während der Admiral Poyez den Angriff mit 24 Schiffen unterstützen sollte, wurde teils durch die Festigkeit [* 22] des Platzes, teils durch die rechtzeitige Dazwischenkunft der englisch-holländischen Flotte unter dem Admiral Leake (Nov. und Dez. 1704) vereitelt.
Ein zweiter Versuch der vereinigten Spanier und Franzosen unter dem Marschall Tessé im März 1705 endete mit der Niederlage des französischen Geschwaders im Hafen von Gibraltar. Im April 1706 erklärte die Königin Anna Gibraltar für einen Freihafen. Der Utrechter Friede (1713) bestätigte England im Besitz von Gibraltar, und es hat diese Macht seitdem jährlich gegen 40,000 Pfd. Sterl. darauf verwandt, um dieses Bollwerk seines Handels im Mittelmeer unüberwindlich zu machen. Im J. 1726 machte Spanien fruchtlose Versuche, Gibraltar den Engländern zu entreißen; auch die den letztern gebotene Kaufsumme von 2 Mill. Pfd. Sterl. ward zurückgewiesen, und Spanien mußte sich im Vertrag zu Sevilla [* 23] (1729) aller Ansprüche auf Gibraltar begeben.
Die berühmteste Belagerung Gibraltars war die von 1779-82, der letzte Versuch Spaniens, Gibraltar mit Waffengewalt wiederzugewinnen. Verteidiger war General Elliot. Die Belagerer waren anfangs 14,000, die Belagerten etwa 5000 Mann stark. Von April bis Ende Mai 1781 warfen die Belagerer 56,760 Kugeln und 20,130 Bomben, welche zwar die Stadt in einen völligen Schutthaufen verwandelten, die Festungswerke aber nur wenig beschädigten. Dafür zerstörte Elliot in der Nacht vom 26. zum mit 1000 Mann die von den Spaniern errichteten Batterien; im März 1782 erhielt er von der See her Verstärkung [* 24] an Mannschaft und Lebensmittel.
Gleichwohl beschlossen die bourbonischen Höfe, die Belagerung mit verdoppelter Anstrengung fortzusetzen, und übertrugen die Führung derselben dem Eroberer von Menorca, dem Herzog von Crillon, der im Juni 1782 mit 8000 Franzosen im Lager [* 25] anlangte. Schon vorher hatten die Spanier zu Algeciras bombenfeste schwimmende Batterien nach der Idee des französischen Ingenieurs d'Arçon zu errichten begonnen, die über 300 Kanonen und Bombenkessel trugen, und obwohl die Batterien durch glühende Kugeln in Brand gesteckt wurden, eröffnete der Herzog 9. Sept. den Sturm, der aber keinen Erfolg hatte.
Als dann 12. Sept. die vereinigte französisch-spanische Flotte von 38 Linienschiffen unter Don Luis de Cordova in der Bai erschien, waren von der Seeseite 47 Linienschiffe, 10 schwimmende Batterien, im ganzen 142 Stück Kanonen von großem Kaliber, nebst vielen kleinen Schiffen, von der Landseite 200 Stück großes Geschütz und eine Armee von 40,000 Mann versammelt, wogegen in Gibraltar kaum 7000 Mann lagen. Allein alle Anstrengungen blieben vergeblich, und als die Festung durch Admiral Howe Zufuhr erhielt, hoben die Verbündeten nach großen Verlusten (angeblich über 70 Mill. Thlr.) gegen Ende Oktober die Belagerung auf, und der Friede von 1783 bestätigte die Engländer im Besitz von Gibraltar. Seitdem ist in allen englisch-spanischen Kriegen nur beobachtet worden. In der neuern Zeit, besonders seit 1821, war Gibraltar stets ein Einigungspunkt für die spanischen Liberalen (1831 fand von hier aus die Landung des unglücklichen Generals Torijos statt) und während des Karlistenkriegs ein sicherer Waffenplatz für die Christinos.
Vgl. Gilbard, Gibraltar (Gibr. 1882);
and its sieges, with a description of his natural features« (Lond. 1879);
die Geschichte Gibraltars behandelten Montero (Cadiz [* 26] 1860) und Tubino (Sevilla 1863).
(spr. ghibs'n), 1) John, engl. Bildhauer, geb. 1790 zu Gyffin bei Conway, kam neunjährig nach Liverpool, [* 27] wurde durch Unterstützung des Geschichtschreibers Roscoe aus der Handwerkslehre befreit und widmete sich dem Studium der Anatomie und dem Modellieren, bis seine Erfolge ihm den Weg nach London [* 28] und infolge einer durch Roscoe veranstalteten Subskription 1817 nach Rom [* 29] bahnten. Des Gönners Empfehlung an Canova verschaffte ihm auch einen Platz in dessen Atelier.
Nach Canovas Tod ging er zu Thorwaldsen über. Bis zu seiner Ankunft in Rom hatte er nur autodidaktisch gearbeitet. Dies zeigten sein schlafender Hirt und die 1819 begonnene Gruppe: Mars [* 30] und Cupido, im Besitz des Herzogs von Devonshire zu Chatsworth. Doch schon seine Psyche, von Zephyren emporgetragen (1821), und sein Hylas, von den Nymphen überrascht (1826), jetzt in der Nationalgalerie zu London, zeigten den Umschwung. Von da ab verraten seine Werke stetige Klärung und zunehmende Vollendung, wenn auch der allzu enge Anschluß an die Antike der Originalität Abbruch that und ihm vielfach den Vorwurf der Nachahmung zuzog.
Nymphen, Cupido, Psyche, Paris [* 31] und ähnliche Gestalten von jugendlicher Schönheit beschäftigten ihn vorzugsweise, bis er zu einigen porträtstatuarischen Arbeiten veranlaßt wurde, so zu den zwei Statuen Huskissons in Liverpool und zur Statue der Königin im Buckinghampalast, welcher später die Gruppe für den Westminsterpalast folgte: die Königin, die allegorischen Gestalten von Weisheit und Gerechtigkeit einführend, sowie das Grabmal der Herzogin von Leicester [* 32] zu Longford (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 33] VIII«, [* 34] Fig. 9). Erfreulicher sind die Idealgestalten, wie namentlich die Venus mit der Schildkröte zu Füßen, welche er selbst für sein vollendetstes Werk hielt. An dieser Statue suchte er die griechische Polychromie, wie er sich dieselbe dachte, durchzuführen (das Fleisch elfenbeinfarbig, die Augen blaßblau, das Haar [* 35] blond, das Haarnetz golden). Nach 48jährigem Aufenthalt in Rom starb er daselbst.
Vgl. Lady Eastlake, Life of J. Gibson (Lond. 1870). ¶
2) Thomas Milner, engl. Staatsmann, geb. 1807 in Trinidad, studierte zu Cambridge und trat 1837 für Ipswich ins Parlament. Da aber seine Gesinnung mit der konservativen Richtung seines Wahlbezirks nicht übereinstimmte, legte er 1839 sein Mandat nieder, ward eins der thätigsten Mitglieder der Anti-cornlaw-league und zählte bald zu den populärsten Verteidigern des Freihandels. Infolge davon siegte er 1841 bei den Wahlen in Manchester [* 37] und stritt nun neben Cobden in den vordersten Reihen der Freihändler, bis die Aufhebung der Kornzölle (1846) durchgesetzt wurde. In Russells Ministerium, das sich die weitere Entwickelung der nunmehr angenommenen handelspolitischen Prinzipien zur Aufgabe stellte, wurde Gibson Vizepräsident des Handelsamts. Da jedoch bald politische Differenzen mit seinen Kollegen hervortraten und in Manchester die Lauheit der Minister in der Durchführung finanzieller Verbesserungen und ihr Widerstand gegen Wahlreformen großes Mißfallen erregten, legte Gibson im Mai 1848 sein Amt nieder.
Seitdem war er im Unterhaus einer der Führender radikalen Partei und wirkte namentlich für die Emanzipation der Juden. Da er aber als Angehöriger der Friedenspartei sich gegen den russischen Krieg erklärt hatte, fiel er 1857 in Manchester durch, wurde jedoch bald darauf für Ashton ins Parlament gewählt, bewirkte durch seinen Antrag auf Verwerfung der von der Regierung vorgelegten Konspirationsbill den Rücktritt des Ministeriums Palmerston und trat im Juni 1859 in das neue Kabinett Palmerston als Präsident des Handelsamtes.
Gleich Cobden wünschte er die Entwickelung der englischen Handelspolitik auf der Grundlage des Freihandelssystems und war in diesem Sinn für den Handelsvertrag mit Frankreich und ähnliche Verträge mit andern Staaten thätig. Während des amerikanischen Konflikts riet er mit aller Entschiedenheit zu aufrichtig neutraler Politik. Die gleiche Stellung im Kabinett behielt auch in dem Ministerium, welches nach Palmerstons Tod 1865 von Russell gebildet wurde, bis 1866 die Staatsleitung an die Tories überging. Bei den Neuwahlen von 1868 wurde er nicht wieder gewählt und zog sich seitdem vom politischen Leben zurück. Er starb in Algier.
(franz., spr. schibüh), »Klapp-Cylinderhut«, benannt nach einem Hutmacher Gibus.
s. Gihon. ^[= nach 1. Mos. 2, 13 einer der vier Ströme des Paradieses, bei orientalischen Schriftstelle ...]
die Mündung eines zum Rösten oder Schmelzen von Erzen dienenden Schachtofens sowie auch der Raum um diese Mündung herum. In ersterm Sinn redet man von Gichtmantel, einem die Ofenmündung bis auf Chargieröffnung umgebenden Cylinder aus Blech oder Mauerwerk, in letzterm von Gichtplateau und Gichtgalerie, einer das Plateau einschließenden Umfriedigung, sowie von Gichtbrücke, einer das Gichtplateau mehrerer Öfen [* 38] verbindenden Brücke. [* 39] Ferner bezeichnet Gicht die nach Volumen oder Gewicht abgeteilten Portionen von Erz und Brennmaterial, welche periodisch durch die Gichtmündung in den Ofen gebracht (aufgegichtet) werden. Hierauf beziehentlich die Ausdrücke: Gichtenwechsel, Niedergangszeit der Gichten im Ofen, Gichtmesser und Gichtwecker, Signale, welche angeben, daß die Gichten so weit im Ofen niedergegangen sind, daß frische aufgegeben werden müssen;
s. Gichtaufzug. Bei Frischfeuern (s. Eisen, [* 40] S. 410) heißt Gicht diejenige Seite des Herdes, an welcher das einzuschmelzende Roheisen eingeschoben wird.
(Podagra, Arthritis vera, A. urica, A. guttosa, franz. la Goutte), eine schmerzhafte, in Anfällen auftretende entzündliche Erkrankung der Gelenke, namentlich der Zehen und Fingergelenke, welche anatomisch durch die Ablagerung harnsaurer Salze in den Gelenken und den sie umgebenden Weichteilen charakterisiert ist. Die echte Gicht wird gewöhnlich als der Ausdruck einer eigentümlichen Blutentmischung, nämlich der harnsauren Diathese, angesehen, denn man findet bei der Gicht die Menge der Harnsäure im Blut vermehrt.
Worauf diese Vermehrung beruht, ist noch nicht genügend ermittelt; allein es wird angenommen werden dürfen, daß der gichtischen Diathese eine eigentümliche Störung des allgemeinen Stoffwechsels zu Grunde liegt. Es ist nachgewiesen, daß bei der Gicht die erbliche Anlage eine sehr große Rolle spielt, denn dieselbe läßt sich wohl bei der Hälfte aller Kranken konstatieren. Im Kindesalter kommt die Gicht gar nicht vor, bei Frauen ist sie weit seltener als bei Männern.
Sie befällt nicht leicht jemand vor dem 30.-35. Lebensjahr und gilt mit Recht für eine Krankheit der wohlhabenden Stände. Sie befällt vorzugsweise solche Personen, welche übermäßig reichliche Mahlzeiten lieben, dem Wein- und Biergenuß huldigen und sich dabei wenig Bewegung machen. Ein Gichtanfall tritt wahrscheinlich dann ein, wenn die im Blut angehäufte Harnsäure nicht genügend vollständig durch den Harn ausgeschieden wird. Die Ursache der ungenügenden Ausscheidung scheint darin zu liegen, daß die Harnkanälchen der Nierenpyramiden mit harnsauren Niederschlägen verstopft sind.
Die Harnsäure wird unter solchen Umständen an gewissen Orten des Körpers, vorzugsweise in den Gelenken der Zehen (Podagra), aber auch in andern Gelenken, wie bei der Gicht der Finger (Chiragra), im Ohrknorpel etc., abgelagert. Bevor ein Anfall eintritt, fühlen sich die Kranken schon abgespannt; ihr Schlaf ist unruhig, ihre Verdauung gestört, der Appetit vermindert; sie klagen über Beengung, schwitzen stark und sondern einen spärlichen, konzentrierten Harn ab. Der Anfall selbst stellt sich trotzdem unerwartet und plötzlich, meist um Mitternacht, mit heftigen bohrenden und brennenden Schmerzen in dem Gelenk der großen Zehe ein.
Die Schmerzen erreichen bald eine fast unerträgliche Höhe. Die Haut [* 41] über dem Gelenk rötet sich und ist etwas geschwollen, es tritt Fieber hinzu. Gegen Morgen macht sich ein starker Nachlaß der Schmerzen bemerklich. In der nächsten Nacht erfolgt ein neuer, gleich heftiger oder etwas schwächerer Anfall, und so wechseln erträgliche Tage mit schlechten Nächten ab, bis etwa nach Ablauf [* 42] einer Woche der Kranke von seinen Schmerzen befreit ist. Der Patient fühlt sich nun sehr erleichtert und wohler als vor dem ersten Anfall. Nach Monaten oder erst nach Jahren tritt gewöhnlich die Krankheit von neuem in der gleichen Art hervor, die Anfälle folgen mit der Zeit schneller aufeinander; aber die kürzern freien Zwischenzeiten sind nicht mehr Perioden vollkommenen Wohlbefindens, sondern es bleiben leichte Schmerzen und eine gewisse Unbehaglichkeit für immer zurück. Es geht also mit der Zeit die akute in die chronische Gicht über.
Als chronische (irreguläre oder atonische) pflegt man diejenigen Fälle zu bezeichnen, bei welchen den Anfällen längere Zeit hindurch Vorboten, namentlich in Gestalt von Verdauungsbeschwerden, vorausgehen, bei welchen die Anfälle selbst weniger schmerzhaft und nur mit geringem Fieber verbunden, dafür aber anhaltender sind, wochen- und monatelang dauern, wobei nicht bloß die Zehen-, sondern auch andre Gelenke gleichzeitig oder eins nach dem andern ergriffen werden. Gerade bei der chronischen Gicht kommt ¶
die massenhafte Ablagerung von harnsauren Salzen in den Gelenken vor, welche manchmal selbst die Haut als steinartige Bildungen (tophi) durchbohren. Das kranke Gelenk geht bei der chronischen Gicht nach einem Anfall nicht ganz in den Normalzustand zurück; es bleiben harte Stellen, Gichtknoten, Verkrümmungen etc. zurück. Die Gelenke bleiben schließlich fast anhaltend schmerzhaft, schwer beweglich und mißgestaltet. Die Kranken können nicht mehr gehen und sich ihrer Glieder [* 44] frei bedienen.
Hierzu gesellt sich ein andauerndes allgemeines Siechtum. Die Kranken magern ab, die Verdauung ist schwer gestört, es tritt ein hoher Grad von Reizbarkeit und Verstimmung auf. Der Verlauf der Gicht ist sehr langsam und heimtückisch. Der Ausgang in dauernde Genesung ist im ganzen selten, wahrscheinlich deshalb, weil die Kranken sich nicht eher zu einer gründlichen Änderung ihrer Lebensweise entschließen, als bis die Krankheit fest eingewurzelt ist. Auch der Tod ist ein seltener Ausgang der Gicht; die meisten Gichtkranken sterben an andern Krankheiten, von welchen sie zufällig betroffen werden.
Die Behandlung der Gicht muß die Regelung der Lebensweise vorzugsweise in das Auge [* 45] fassen. Der zur Gicht. Geneigte muß eine strenge, ganz mäßige Diät führen, sich bei seinen Mahlzeiten vorzugsweise an vegetabilische Substanzen, Suppe, Obst, Gemüse u. dgl. halten, während der Fleischgenuß einzuschränken ist und nur einmal täglich gestattet werden darf. Wein und Bier wird der Kranke am besten gänzlich vermeiden, auch vom Kaffee und Thee soll er sich fern halten. Dagegen soll der Patient sich viel in der freien Luft bewegen, angemessene körperliche Leistungen verrichten und fleißig Wasser trinken.
Gewisse Brunnenkuren, wie Vichy, Karlsbad, Marienbad, Kissingen, [* 46] Homburg [* 47] etc., stehen in großem Ruf als Heilmittel gegen die Gicht In den spätern Stadien der Krankheit leisten die warmen Bäder von Wildbad, Gastein, Teplitz, Pfäfers etc. vorzügliche Dienste. [* 48] Spezifische [* 49] Heilmittel gegen die Gicht gibt es wohl nicht; das Colchicum hat allerdings lange dafür gegolten. Eine Behandlung des Gichtanfalls durch entzündungswidrige Mittel, wie Blutentziehungen, Kälte, starke Laxanzen u. dgl., pflegt eher schädlich als nützlich zu wirken. Dagegen dürfen die narkotischen Mittel zur Verminderung der Schmerzen, z. B. subkutane Einspritzungen einer Morphiumlösung, in ausgedehnte Anwendung gezogen werden.
Vorrichtung auf Hüttenwerken zum Emporschaffen von Schmelzmaterialien von der Hüttensohle bis zur Ofenmündung (Gicht). Man benutzt Handaufzüge in Gestalt von Haspeln oder Dampf- und Wasseraufzüge, bei welchen das mit den Materialien gefüllte Fördergefäß auf einer geneigten Schienenbahn oder in Leitungen in vertikaler Richtung von dem Motor emporgezogen wird. Bei den Wassertonnenaufzügen sind an den Enden eines über eine Scheibe gehenden Drahtseils Blechkasten befestigt, auf welche die Fördergefäße gestellt werden.
Befindet sich der eine Blechkasten oben an der Gicht, und wird er aus einem Reservoir mit Wasser gefüllt, so sinkt er mit dem darauf befindlichen leeren Gefäß [* 50] herab, während auf der andern Seite ein leerer Blechkasten nebst dem darauf stehenden gefüllten Fördergefäß emporgezogen wird. Am Boden angekommen, entleert sich durch Aufschlagen eines Ventils der Wasserkasten, während der obere leere Kasten mit Wasser gefüllt wird, worauf das angegebene Spiel von neuem beginnt.
Die hydraulischen Aufzüge [* 51] bestehen aus einem eisernen Cylinder, in welchem ein Kolben durch daruntergepreßtes Wasser gehoben wird; die Kolbenstange trägt eine Plattform mit vollem Fördergefäß. Sobald letzteres an der Gicht angekommen ist, wird es abgezogen, ein leeres Gefäß auf die Plattform gestellt und das Wasser unterhalb des Kolbens abgelassen, worauf derselbe zu sinken beginnt. Bei den pneumatischen Aufzügen kommt statt des Wasserdrucks komprimierte Luft zur Verwendung (s. Luftverdichtungsmaschinen). [* 52]
s. v. w. schwarze Johannisbeere, Ribes nigrum.
des Getreides, s. Grünauge;
Gichtigwerden des Weizens, s. Aaltierchen.
Johann Georg, Schwärmer und Mystiker, geb. zu Regensburg, [* 53] ward daselbst 1664 Advokat. Er beschäftigte sich jedoch fortwährend mit religiösen, später besonders mit Jakob Böhmes Schriften, die er zuerst vollständig herausgab (1682). Auch trat er in persönlichen Verkehr mit andern Schwärmern, namentlich mit dem Holländer Breckling. 1668 kam er infolge seiner Befehdung der Orthodoxie ins Gefängnis und an den Pranger. Er suchte nun eine Zufluchtsstätte in Amsterdam. [* 54]
Seine Lehre, [* 55] daß man einzig auf den »Gott in uns« hören, dagegen um die Bedürfnisse des Lebens sich nicht bekümmern solle, rief Arbeitsscheu und Zerwürfnisse in den Familien hervor. Er starb in Amsterdam. Seine »Theosophia practica« ward von seinem Schüler Gottfr. Arnold (1701-1708, 3 Bde.) und von Überfeld (1722, 6 Bde.) mit seiner Biographie herausgegeben. Die Glieder der von ihm gestifteten kleinen Gemeinde in Holland hießen nach ihm Gichtelianer; sie selbst nannten sich Engelsbrüder, weil sie bis zur Reinheit der Engel sich zu erheben hofften, indem die vollkommenen Glieder (Melchisedeksche Priester) sich des ehelichen Umganges enthielten und nur von freiwilligen Gaben lebten. An ihre Spitze stellte sich ein Kaufmann J. W. ^[Johann Wilhelm] Überfeld aus Frankfurt [* 56] a. M. Sie haben sich in Norddeutschland bis ins 19. Jahrh. herein erhalten.
Vgl. Reinbeck, Gichtels Lebenslauf und Lehren [* 57] (Berl. 1732);
Harleß in der »Evangelischen Kirchenzeitung« 1831; Lipsius in Ersch und Grubers »Encyklopädie«, Bd. 66.
die aus der Mündung (Gicht) eines Herd- oder Schachtofens entweichenden noch brennbaren Gase, [* 58] welche beim Anzünden oberhalb der Gicht die Gichtflamme geben und jetzt häufig zu Heizzwecken abgeleitet werden (s. Feuerungsanlagen, [* 59] S. 216 f.).
Mund (Urgicht), vom altd. gichen, jehen, d. h. sagen, gestehen, im altdeutschen Gerichtsverfahren s. v. w. Geständnis.
(Radenkorn), die durch das Weizenälchen (s. Aaltierchen) veranlaßte Gallenbildung des Weizenkorns.
s. Geranium ^[= L. (Storchschnabel), Gattung aus der Familie der Geraniaceen, einjährige und ausdauernde Kräuter ...] und Gratiola.
(Charta resinosa, antirheumatica, antarthritica), ein mit Harzen etc. getränktes Papier zum Einhüllen der gichtkranken Glieder, soll die Hautthätigkeit befördern und äußere schädliche Einflüsse abhalten.
Zur Darstellung schmelzt man 6 Teile Pech, 6 Terpentin, 4 gelbes Wachs und 10 Teile Kolophonium zusammen und streicht die Masse auf Papier.
s. v. w. Paeonia. ^[= Tournef. (Päonie), Gattung aus der Familie der Ranunkulaceen, Stauden, selten Halbsträucher ...]
s. v. w. Bryonia ^[= L. (Zaunrübe), Gattung aus der Familie der Kukurbitaceen, rankende Staudengewächse mit rübenartig ...] alba.
an Zinkoxyd reiche Ansätze (Ofenbrüche, Ofenschwamm, Ofengalmei) im obern Teil eines Schachtofens, namentlich in Eisenhochöfen, entstehen dadurch, daß bei zinkischen Erzen im untern sehr heißen Ofenteil sich Zinkoxyd reduziert, ¶
der aufsteigende Zinkdampf sich in den obern Ofenteilen durch Kohlensäure und Wasserdampf oxydiert und das feuerbeständige, nicht flüchtige Zinkoxyd sich an den oben kühlern Ofenwänden ansetzt.
Der Gichtschwamm wird, wenn er sich in größerer Menge erzeugt, auf Zink verarbeitet.
s. Phallus. ^[= L. (Eichelschwamm), Pilzgattung aus der Unterordnung der Gastromyceten, mit einem ...]
s. v. w. Flugstaub. ^[= (Fluggestübe), bei Schmelzprozessen durch Verdampfung von Substanzen sowie durch das Gebläse, ...]
ein Wachstaft zum Einhüllen der an Rheumatismus und Gicht leidenden Körperteile, soll das Übel durch Beförderung der Hautthätigkeit und Abhaltung äußerer schädlicher Einflüsse vermindern oder heilen.
Berg, s. Kickelhahn. ^[= Berg im Thüringer Wald, nahe bei Ilmenau, 862 m hoch, mit einem Aussichtsturm und dem 1870 ...]
Théophile, franz. Maler, geb. zu Paris, erhielt seine künstlerische Ausbildung durch Paul Delaroche und Cogniet und widmete sich vorzugsweise den Genreszenen des italienischen Volkslebens, das er in naturwahrer, sehr charakteristischer Weise zum Ausdruck zu bringen weiß, aber auch dem historischen Genre und dem Interieur. Zu seinen besten Genrebildern gehören: die studierenden Mönche (1865, im Museum zu Alençon);
Pius IX. besucht ein Nonnenkloster und Probe einer musikalischen Messe (1866, Museum in Roubaix);
der Empfehlungsbrief;
indiskretes Vertrauen;
noch ein Glas! (1875);
Karl IX., derben Befehl zur Niedermetzelung der Hugenotten unterschreiben muß, und der Streit beim Spiel (1876);
das Innere der St. Markuskirche in Venedig [* 61] und Ludwig IX. von seinem Hofnarren beim Gebet überrascht (1877);
der junge Invalide (1878).
(spr. schidäl), Charles Antoine, franz. Litterarhistoriker, geb. zu Gannat (Allier) und im dortigen Collège vorgebildet, war an verschiedenen Lyceen thätig, wurde 1872 Direktor des Lyceums Henri IV in Paris und steht seit 1878 dem Lyceum Louis le Grand vor. Seine akademischen Erfolge und öffentlichen Vorlesungen über Litteratur machten ihn auch in weitern Kreisen bekannt und trugen ihm wiederholt Akademiepreise ein, so für die »Étude sur Saint-Evremond« (1866),
»Discours sur J. J. Rousseau« (1868),
»Imitations faites en grec depuis le douzième siècle, de nos anciens poèmes de chevalerie« (1864) und die ausgezeichneten »Études sur la littérature grecque moderne« (1866-78, 2 Bde.),
sein Hauptwerk. Außer diesen Preisschriften sind noch zu nennen: »Les Français du XVII. siècle« (1873) und die »Histoire de la littérature française« (1874-83, 3 Tle.).
(hebr., »Baumfäller«),
Held und Heerführer (Richter, Schophet) der Israeliten, Sohn des Joas aus dem Stamme Manasse, rottete den Baalsdienst zu Ophra aus (daher sein Beiname Jerubaal = »möge Baal mit ihm streiten«) und befreite das Volk von der siebenjährigen Herrschaft der Midianiten, wofür ihm eine Partei die erbliche Fürstenwürde antrug.
Nachdem er diesen Antrag zurückgewiesen, gedachten seine 70 Söhne des Vaters Gewalt unter sich zu teilen, wurden aber von ihrem Halbbruder Abimelech (s. d. 2) ermordet. Vgl. Richt. 6-9.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Ch. Gieb Giebel (s. d.).
der dreieckige, lotrechte Abschluß an den Enden eines Sattel- oder Pultdaches, welcher entweder von dem Dach [* 62] überragt wird (gedeckter Giebel), oder das Dach überragt (freier Giebel). In den südlichen Klimaten, wo die Dächer flacher sind, erhalten auch die Giebel eine im Verhältnis zu ihrer Breite geringe Höhe, während ihnen in nördlichen Klimaten eine im Verhältnis zu ihrer Breite bedeutend größere Höhe gegeben wird. Die Giebel der griechischen Tempel [* 63] werden von dem Dach überragt und sind an ihren drei Seiten mit Gesimsen eingefaßt, während die Giebel gotischer Häuser oft das Dach überragen und massiv, seltener durchbrochen sind.
Während die griechischen Giebel nur am Gipfel und an den Traufkanten mit vegetabilischen oder tierischen Gebilden verzierte Auflösungen aufweisen, sind die gotischen Giebel bei dreieckiger Grundform an den geneigten Seiten durchweg mit Krabben versehen oder teils bei dreieckiger, teils bei stufenförmiger Grundform von Fialen [* 64] und Türmelungen durchsetzt. Auch die Giebel der Renaissance überragen meist die Dachfläche und sind mit den verschiedensten eckigen, spitzen, runden oder schneckenartig gewundenen Formen (Voluten) verziert. Da sie meist den Straßen zugekehrt waren, wurden sie als Schauseiten behandelt und oft mit Malereien dekoriert, was gegenwärtig bei Nachbildung von altdeutschen Häusern gern nachgeahmt wird. Vgl. Baukunst. [* 65] Unter Giebelwand und Giebelmauer versteht man den Giebel samt der unter ihm befindlichen Wand oder Mauer.
Fisch, s. v. w. Karausche. ^[= (Carassius Nils.), Gattung aus der Ordnung der Edelfische und der Familie der Karpfen (Cyprinoidei ...]
Christoph Gottfried, Zoolog und Paläontolog, geb. zu Quedlinburg, [* 66] studierte seit 1841 in Halle [* 67] Mathematik und Naturwissenschaften, habilitierte sich dort 1848 und hielt Vorlesungen über Paläontologie, Geognosie und Mineralogie sowie über Zoologie, vergleichende Anatomie und allgemeine Naturwissenschaften. 1861 ward er zum ordentlichen Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Museums in Halle ernannt. Er starb Von seinen Schriften, in welchen er die Theorie von der allmählichen Vervollkommnung der organischen Welt vertritt und die Ansicht, daß die aufeinander folgenden Tierschöpfungen gesetzmäßig fortschreitende Entwickelungsstufen, aber nicht im Darwinschen Sinn, repräsentieren, für die Systematik der Wissenschaft verwertet, sind zu nennen: »Paläozoologie« (Merseb. 1846);
»Allgemeine Paläontologie« (Leipz. 1852);
»Fauna der Vorwelt« (das. 1847-56, 3 Bde.; unvollendet);
»Odontographie«, eine vergleichende Darstellung des Zahnsystems der fossilen und der lebenden Wirbeltiere (das. 1854);
»Die Säugetiere in zoologischer, anatomischer und paläontologischer Beziehung« (das. 1853-55, in neuer Bearbeitung für Bronns »Klassen und Ordnungen des Tierreichs«);
»Petrefacta Germaniae« (das. 1866);
»Insecta epizoa« (nach Nitzsch' Nachlaß bearbeitet, das. 1874);
»Thesaurus ornithologiae« (das. 1874-77, 3 Bde.).
Ferner schrieb er: »Gaea excursoria germanica« (Leipz. 1848);
»Lehrbuch der Zoologie« (Darmst. 1857, 6. Aufl. 1884);
»Kosmos für das Volk« (Leipz. 1849);
»Tagesfragen aus der Naturgeschichte« (3. Aufl., Berl. 1859);
»Naturgeschichte des Tierreichs« (Leipz. 1858-63, 5 Bde.);
»Landwirtschaftliche Zoologie« (Glog. 1869);
»Der Mensch« (Leipz. 1868);
»Vogelschutzbuch« (4. Aufl., Berl. 1877).
Im J. 1847 gründete er einen Naturwissenschaftlichen Verein, welcher 1853 zu einem sächsisch-thüringischen Verein erweitert wurde; auch redigierte er die von dem Verein seit 1853 herausgegebene »Zeitschrift für die gesamten Naturwissenschaften«.
s. Firstblume. ^[= in der Architektur eine aus Schmiedeeisen angefertigte, auf einer Stange befindliche, ...] [* 68]
s. v. w. Satteldach, ^[= s. Dach (Fig. 2).] s. Dach.
die von drei Seiten durch Gesimse eingeschlossene Fläche eines Giebels, welche bei griechischen Tempeln, z. B. am Parthenon (s. Tafel »Baukunst IV«, [* 70] Fig. 6),
am Tempel ¶
zu Ägina (s. Tafel »Bildhauerkunst II«, [* 72] Fig. 1), am Zeustempel zu Olympia (s. Tafel III., [* 71] Fig. 4) und am Theseustempel zu Athen, [* 73] mit Skulpturen geziert war.
Bei den steilern Giebeln der gotischen und romanischen Kunst sind die Giebelfelder häufig mit hohen oder Rosettenfenstern und einzelnen Statuen geschmückt.
ein kleiner Turm [* 74] auf der Giebelspitze eines Gebäudes.
s. Blattroller. ^[= (Blattschneider, Blattwickler, Rhynchites Herbst), Käfergattung aus der Gruppe der Kryptopentameren ...]
ein Turm mit Satteldach, also mit zwei Giebeln, oder mit Kreuzdach, also mit vier Giebeln.
Fisch, s. Blicke. ^[= (Güster, Blicca Heck.), Fischgattung aus der Ordnung der Edelfische und der Familie der Karpfen ...]
Dorf und Domäne im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, [* 75] Saalkreis, unmittelbar nördlich bei Halle, mit dem es durch eine Pferdebahn verbunden ist, an der Saale, mit einer Schiffbrücke über dieselbe nach dem gegenüberliegenden Gröllwitz, hat eine Kirche, das Solbald ^[richtig: Solbad] Wittekind, eine Baumwollspinnerei und -Bleicherei (400 Arbeiter), eine Eisengießerei [* 76] und Maschinenfabrik, eine Bierbrauerei [* 77] etc. und (1885) 10,718 meist evang. Einwohner. Dabei auf einem steilen Felsen dicht an der Saale die Trümmer des alten Bergschlosses Giebichenstein, das schon um 980 erwähnt wird. Die für unüberwindlich geltende Burg diente besonders als Staatsgefängnis, wo manche namhafte Gefangene, wie z. B. 1027 Herzog Ernst von Schwaben u. a., verwahrt wurden. Auch Ludwig der Springer saß hier im Kerker; sein Sprung in die Saale, mit dem er sich rettete, ist jedoch sagenhaft. - Schon seit dem 10. Jahrh. gehörte das Schloß den Erzbischöfen von Magdeburg, [* 78] die bis 1467 meist hier und abwechselnd in Halle ihren Hof [* 79] hielten. Seit seiner Zerstörung durch den schwedischen General Banér (1636) liegt der in Ruinen.
Vgl. Hendel, Chronik von Giebichenstein (Halle 1818);
Müldener, Der Giebichenstein (das. 1874).
Flecken im preuß. Regierungsbezirk Hildesheim, [* 80] Kreis [* 81] Duderstadt, an der Ruhme und im Untereichsfeld, hat eine Pfarrkirche, ein Amtsgericht und (1885) 2109 meist kath. Einwohner.
altes fränk., ehemals reichsunmittelbares Grafengeschlecht, das seinen Namen nach der Stammburg (jetzt Ruine) im ehemaligen Bistum Bamberg [* 82] führt, erwarb im Lauf der Zeit ansehnliche Herrschaften, namentlich auch Buchau und durch Heirat mit einer Erbtochter aus dem Hause Förtschen 1564 Thurnau, ward 1663 durch Kaiser Leopold I. in den Reichsgrafenstand erhoben und teilte sich 1695 in die beiden Linien Buchau und Thurnau, die sich gemeinschaftlich die Landeshoheit über Thurnau und andre Ortschaften erkauften, worauf sie 1726 in dem fränkischen Reichsgrafenkollegium Sitz und Stimme erhielten.
Das seit 1810 standesherrliche Haus bekennt sich zur evangelischen Kirche, das Haupt führt das Prädikat Erlaucht und ist Mitglied der bayrischen Kammer der Reichsräte; seine Gesamtbesitzungen betragen gegen 220 qkm mit 13,000 Einw. -
Franz Friedrich Karl von Giech, geb. war erst Regierungsdirektor in Würzburg [* 83] und Kommissar der Universität, sodann seit 1838 Regierungspräsident von Mittelfranken zu Nürnberg, [* 84] trat aber 1840 aus dem Staatsdienst und legte die Motive zu diesem Schritt in einer an den König gerichteten und ohne sein Wissen veröffentlichten Denkschrift (Stuttg. 1840) dar. Noch allgemeinere Aufmerksamkeit erregte er durch seine »Ansichten über Staats- und öffentliches Leben« (2. Aufl., Nürnb. 1843). An dem Kniebeugungsstreit nahm er publizistisch lebhaften Anteil, wie er überhaupt für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche ein großes Interesse an den Tag legte. 1848 wurde er in das Frankfurter Parlament gewählt und war in diesem und dem folgenden Jahr auch Mitglied der bayrischen Ständeversammlung, wobei er die Wahl zum Präsidenten der Ersten Kammer ablehnte.
Später trat er wiederholt in den Versammlungen des Reichsrats in liberalem Sinn auf, so 1861 in der kurhessischen Frage und bei der Frage über Ansässigkeit und Gewerberecht der Juden. Für das Haus Giech entwarf er das »Hausgesetz im Geschlecht der Grafen und Herren von Giech« (1855), welches für derartige Verhältnisse musterhaft ist. Er starb Jetziges Haupt des nur noch in einer Linie bestehenden Hauses ist sein Sohn, Graf Karl Gottfried (geb.
(kurzweg Baum), das Rundholz für die Unterseite der Gaffelsegel.
(spr. schjäng, das alte Cenabum), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Loiret, nahe dem östlichen Ende des Waldes von Orleans, am rechten Ufer der Loire und an der Paris-Lyoner Eisenbahn gelegen, hat ein schönes altes Schloß (jetzt Verwaltungsgebäude), einen Flußhafen, eine Brücke mit zwölf Bogen, [* 85] Fabrikation von Fayence, [* 86] Handel mit Getreide, [* 87] Wein etc. und (1881) 6930 Einw. Hier bewog Jeanne d'Arc Karl VII., nach Reims [* 88] zu ziehen und sich dort krönen zu lassen. Im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 ging bis hierher die Verfolgung des rechten Flügels der bei Orléans [* 89] Anfang Dezember 1870 geschlagenen französischen Loirearmee (s. Orléans).
Vgl. Marchand, Histoire de la ville, des seigneurs et du comté de Gien (Gien 1886).
Stadt im württemberg. Jagstkreis, Oberamt Heidenheim, 463 m ü. M., an der Brenz und an der Linie Aalen-Giengen-Ulm der Württembergischen Staatsbahn, hat eine schöne Pfarrkirche, eine Spitalkirche, eine Real- und Latein- und eine Musikschule, Filz- und Malzfabrikation, Orgelbauerei, Glasschleiferei, Wollspinnerei, Tuchweberei, Kratzenfabrikation, Bierbrauereien, Gerbereien, Färbereien, Frucht- und Viehmärkte, einen Wollmarkt und (1885) 3001 meist evang. Einwohner. - Giengen (ursprünglich Gingen), schon seit 1171 als Stadt genannt, wurde 1307 Reichsstadt und kam 1802 an Württemberg. [* 90] Hier Sieg des Herzogs Ludwig von Bayern-Landshut über Markgraf Albrecht Achilles von Ansbach. [* 91]
das zickzackförmige Abweichen während der Fahrt des Schiffs von der geraden Linie, durch Nachlässigkeit im Steuern verursacht.
Otto Friedrich, namhafter Rechtslehrer, geb. zu Stettin, [* 92] besuchte die Gymnasien zu Bromberg [* 93] und Stettin und studierte 1857-60 in Heidelberg [* 94] und Berlin, [* 95] arbeitete dann als Auskultator bei den Stettiner Gerichtshöfen und ward 1865 Gerichtsassessor. 1867 habilitierte er sich an der Berliner [* 96] Universität, wurde daselbst 1871 zum außerordentlichen Professor befördert und Ostern 1872 als ordentlicher Professor des deutschen Rechts nach Breslau, [* 97] 1884 in gleicher Eigenschaft und mit dem Charakter Geheimer Hofrat nach Heidelberg berufen.
An den Feldzügen in Böhmen [* 98] und Frankreich nahm er als Artillerieoffizier teil. Sein Hauptwerk ist: »Das deutsche Genossenschaftsrecht« (Berl. 1868-81, 3 Bde.). Zu Homeyers Jubiläum veröffentlichte er die geistvolle Schrift »Der Humor im deutschen Recht« (Berl. 1871). Von seinen kleinern Arbeiten verdient erwähnt zu werden der Aufsatz über »Die Grundbegriffe des Staatsrechts und die neuesten Staatsrechtstheorien« in der Tübinger »Zeitschrift für die ¶