3) HannöverscherOrden, gestiftet von KönigErnstAugust sowohl als Hoforden wie auch zur Belohnung
des
Verdienstes, wurde 1866 aufgehoben. -
4) SizilischerMilitärverdienstordendesheil.Georg, der Wiedervereinigung, nach einigen gestiftet 1806 von
JosephNapoleon,
von
Murat und
Ferdinand IV. beibehalten, nach andern erst von diesem gestiftet und wegen der Wiedervereinigung
Siziliens und
Neapels»della riunione« genannt, wurde 1861 aufgehoben.
Man hat päpstliche,
mantuanische,
Lütticher, Fuggersche,
Friedberger, Leuchtenbergsche, schwedische, russische sowie mansfeldische und ungarische
Georgsthaler, von welchen die beiden letztern aus dem 16. und 17. Jahrh.
häufig als
Amulette getragen wurden, um hieb-, schuß- und stoßfest zu machen.
Tiefenstufe, diejenige Tiefendifferenz, bei welcher unter Voraussetzung einer gleichmäßigen
Zunahme die
Temperatur in der festen
Erdrinde um 1° steigt.
(griech., von gē,Erde, und trópos, Wendung), die
Eigenschaft vieler lebender Pflanzenteile, durch den
Einfluß der
Schwerkraft bestimmte
Richtungen, vertikal aufrechte oder vertikal abwärts gehende oder auch horizontale, anzunehmen
vermöge besonderer in
Krümmungen bestehender
Bewegungen.
Der geozentrischeOrt steht im
Gegensatz einesteils zu dem von der Erdoberfläche aus
beobachteten, andernteils zum heliozentrischen, d. h. dem vom Sonnenzentrum aus beobachteten;
doch ist der erstere Unterschied nur beim
Mond
[* 12] erheblich, und bei den
Fixsternen ist auch der letztere
nur in wenig
Fällen meßbar (vgl.
Parallaxe).
[* 13]
Weltanschauung, s.
Anthropozentrische Weltanschauung. ^[= die ältere, meist durch religiöse Systeme gestützte Weltanschauung, welche den Menschen als ...]
(Jagdleopard,
Jagdtiger, CynailurusWagl.), Untergattung der Raubtiergattung
Katze
[* 20]
(FelisL.), gewissermaßen den
Übergang zu den
Hunden bildend,
Tiere mit katzenartigem
Kopf und
Schwanz, hohen, hundeartigen
Beinen, nicht ganz zurückziehbaren,
daher sich abnutzenden
Krallen, rauhem, struppigem, buntem
Pelz mit mähnenartig verlängertem
Haar
[* 21] am
Nacken und Vorderrücken
und bis auf die zusammengedrückten Eckzähne katzenartigem
Gebiß. Der
Tschitah(Cynailurus jubatusSchreb.),
mit sehr kleinem, fast hundeartig gestrecktem
Kopf, licht gelblichgrauem, schwarz und braun gestecktem, namentlich auf dem
Rücken langem und struppigem
Pelz, wird 1 m lang, mit 65
cm langem
Schwanz, über 60
cm hoch.
Der afrikanischeGepard (Fahhad,C. guttatus Herrm.)
ist mähnenlos, orangegelb, am
Bauch
[* 22] weiß und ungefleckt, etwas hochbeiniger als der vorige. Er findet
sich in
Afrika,
[* 23] während der
Tschitah das ganze südwestliche
Asien
[* 24] bewohnt; er ist ein echtes Steppentier, zeigt in seinem
Wesen fast so viel
Ähnlichkeit
[* 25] mit den
Hunden wie mit den
Katzen
[* 26] und nährt sich von mittelgroßen und kleinen
Wiederkäuern, welche er durch
List erbeutet. Man hat ihn für die
Jagd abgerichtet und benutzt ihn in
Persien
[* 27] und
Ostindien
[* 28] allgemein,
oft in zahlreichen
Meuten.
Der deutsche
KaiserLeopold I. jagte mit zwei Geparden, die er vom türkischen
Sultan erhalten hatte. Auch in
Abessinien wurde
der Gepard früher als Jagdtier benutzt, und noch jetzt thun dies die Araber der nördlichen
Sahara. Die Zähmung
macht so gut wie keine Mühe, das
Tier ist gemütlich wie ein
Hund und wird ungemein zahm. Man setzt dem Gepard zur
Jagd eine
Haube
auf und führt ihn auf einem zweiräderigen
Karren,
[* 29] auch wohl auf dem
Pferd, mit sich, bis
man in die
Nähe
eines
RudelsWild gekommen ist, auf welches dann der enthaubte Gepard losgelassen wird.
In den zoologischen
Gärten hält er sich
selten längere Zeit, er verkümmert selbst bei bester
Pflege.
Meeresbewohner mit cylindrischem, selten kugeligem, ungegliedertem Körper, meist derber, zuweilen mit Borsten besetzter Haut,
[* 32] meist einstülpbarem Rüssel, end- oder bauchständiger Mundöffnung und end- oder rückenständigem After. Die Gephyreen sind zum
Teil den Holothurien
[* 33] äußerlich recht ähnlich; sie leben in ziemlicher Tiefe im Sand und Schlamm unter Steinen, sind getrennten
Geschlechts und entwickeln sich durch Metamorphose. Interessant ist das Verhalten der GattungBonellia Rol.,
bei welcher das einige Zentimeter große Weibchen (welches seinen Rüssel übrigens bis auf Meterlänge ausstrecken kann) eine
Anzahl (4-20) mikroskopisch kleiner Männchen als Schmarotzerin sich beherbergt, die lange Zeit hindurch fälschlich für
parasitische Plattwürmer gehalten wurden. Ferner gehört hierher Priapulus (s. Tafel »Würmer«),
mit cylindrischem
Körper, längsgeripptem Rüssel und einem mit Papillen besetzten Schwanz. Er bewohnt die Küsten der nördlichen Meere und lebt
im Sand- oder Thonboden in selbstgegrabenen Röhren,
[* 34] aus denen nur der Schwanz hervorragt.
german. Stamm, gehört zur gotisch-vandalischen Völkergruppe und wird um die Mitte des 3. Jahrh.
n. Chr. zuerst erwähnt. Sie saßen damals an den Mündungen der Weichsel und errangen unter ihrem kriegerischen König Fastida
einen Sieg über die benachbarten Burgundionen, welche sie zur Auswanderung nötigten. Die Gepiden scheinen dann von der großen
Wanderung der Goten nach SO., von der Weichsel an die untere Donau, mit ergriffen worden zu sein; hier treten
sie zu Anfang des 5. Jahrh. als Verbündete oder als Unterthanen der Goten auf.
Den Hunnen sind darauf auch sie, wie die Ostgoten, unterworfen; ihr König Ardarich focht in der Schlacht auf den Katalaunischen
Feldern 451 mit dem Ostgotenkönig Walamir auf seiten der Hunnen. Nach AttilasTod 453 nahmen die an der
Erhebung gegen seinen Sohn Ellak in der großen Völkerschlacht am Fluß Netad teil, gewannen ihre Freiheit wieder und setzten
sich in den BesitzDaciens, d. h. des östlichen Ungarn,
[* 35] Siebenbürgens und der Walachei, des Landes zwischen
Donau und Aluta; so mächtig waren sie damals, daß die Oströmer bis auf Justinian ihnen Tribut zahlen mußten.
Als 489 der Ostgotenkönig Theoderich nach Italien zog, stellten sich ihm die Gepiden unter ihrem König Traustila an der Ulca (wahrscheinlich
der Save) entgegen, wurden aber besiegt; ein Teil der hat sich dann dem Sieger angeschlossen und erscheint
später im HeerTheoderichs, die Hauptmasse des Volkes blieb aber in Dacien zurück. Seitdem dauerte der Kampf zwischen Ostgoten
und in den Donauländern fort, und die Grenzen
[* 36] zwischen beiden waren schwankend; nach der Besiegung der Ostgoten durch die
Oströmer wandten sich diese gegen die Gepiden und erweckten ihnen neue mächtige Feinde in den
Langobarden. 551 erlitt der König der Gepiden, Turisund, eine große Niederlage. 566 kam es zwischen Turisunds Nachfolger Kunimund
und dem mit den Avaren verbündeten Langobardenkönig Alboin zu einer entscheidenden Schlacht, die dem Reich der ein
Ende machte.
Kunimund fiel durch AlboinsHand;
[* 37] der Sieger ließ sich aus dem Schädel des gefallenen Feindes eine Trinkschale machen und vermählte
sich mit dessen Tochter, der sagenberühmten Rosamunde. Ein Teil der Gepiden unterwarf sich den Avaren, ein andrer folgte den Langobarden
nach Italien; später sind sie völlig verschollen. Wie die gotischen Völkerschaften, hatten auch die
Gepiden das arianische Christentum
angenommen.
Vgl. Aschbach, Geschichte der Heruler und Gepiden (»Archiv für Geschichte«, Bd. 6, 1835);
Kropatschek, De Gepidarum rebus (Halle
[* 38] 1869).
»Die altgriechische Bühne« (das. 1843) u. a. Später
dem römischen Theater,
[* 43] insbesondere den Plautinischen Dramen, sich zuwendend, suchte er auch in praktischem Sinn das Interesse
für diese Dichtungen zu erwecken, indem er (1844-48 und wiederholt 1859-68) öffentliche Aufführungen derselben veranstaltete
und von mehreren (»Trinummus«, »Curculio«, »Menaechmi«, »Rudens«) Ausgaben mit gewandter metrischer Übersetzung
veröffentlichte.
Seine exegetisch-kritischen Arbeiten, wie: »Über den Codex Ambrosianus und seinen Einfluß auf die Plautinische
Kritik« (Leipz. 1847),
»Über die Aussprache des Lateinischen im ältern Drama« (das. 1858) u. a., sind hauptsächlich gegen
Ritschl und dessen Schule gerichtet und im ganzen als verfehlt zu bezeichnen. Auf Grund des Codex Ambrosianus
in Mailand
[* 44] besorgte er weitere Ausgaben Plautinischer Stücke, so der »Captivi« (1859),
des »Truculentus« (1863),
»Poenulus«
(1864),
der »Casina« (1866) etc., und schloß mit
seinen »Plautinischen Studien« (Berl. 1870-71, 2 Hefte) dieses Gebiet seiner Thätigkeit. Noch veröffentlichte er: »Chronik
von Berlin« (Berl. 1837-42, 3 Bde.)
und »Reiseeindrücke aus Spanien«
[* 45] (das. 1873), die Frucht eines Ausflugs nach der Pyrenäenhalbinsel.
Der altertümliche Ausdruck ist nur noch in der Turnkunst (Gerwerfen nach dem
Zielpfahl mit Pfahlkopf) im Gebrauch und kommt außerdem in zusammengesetzten Personennamen vor (Gerhard, Gertrud, Gerlinde
etc.).
[* 46] rechtsseitiger Nebenfluß der Unstrut in Thüringen, entspringt am Nordfuß des Schneekopfes im Thüringer Wald,
oberhalb Elgersburg im Herzogtum Gotha,
[* 47] aus zwei Quellflüssen (eigentliche und wilde Gera), nimmt die Wipfra, Gramme, Apfelstedt
etc. auf, fließt durch das Schwarzburgische und Preußische, teilt sich
beim Austritt aus Erfurt
[* 48] in die Wilde und die Schmale Gera und mündet (jene bei Gebesee, diese bei Werningshausen) nach 75 km
langem Lauf.
[* 46] Stadt im FürstentumReuß
[* 49] j. L., Hauptstadt der gleichnamigen Herrschaft oder des unterländischen Verwaltungsbezirks,
liegt anmutig im Thal
[* 50] der WeißenElster,
[* 51] ist Knotenpunkt der LinienWeißenfels-Gera und Gera-Eichicht der Preußischen
wie der LinieGößnitz-Gera der Sächsischen Staatsbahn und der EisenbahnWeimar-Gera und hat, nachdem sie durch den Brand von 1780 fast
ganz zerstört wurde, ein neues und schönes Ansehen erhalten, das vorzüglich seit 1850 noch durch Anlegung mehrerer neuer
Stadtteile gehoben ward. Charakteristisch für den alten Stadtteil sind die hohen, fast immer mit Felsenkellern
versehenen Häuser. Bemerkenswert sind besonders das fürstliche Schloß am Johannisplatz sowie das
¶
mehr
altertümliche Rathaus. Auf dem Johannisplatz steht das Standbild des verdienten FürstenHeinrich Posthumus (gest. 1635). Die
Bevölkerung
[* 53] beläuft sich (1885) inkl. Garnison (1 Infanteriebataillon Nr. 96) auf 34,152 Seelen, darunter (1880) 259 Katholiken.
Die Industrie ist sehr bedeutend. Obenan steht die Wollwarenmanufaktur, begründet von Nikolaus de Smit, welcher 1595 von Flandern
her einwanderte; sie umfaßt 23 Etablissements mit einem jährlichen Umsatz von 18 Mill. Mk. Für Fabrikation von Kammgarnstoffen
sind ca. 2500 mechanische Webstühle
[* 54] aufgestellt.
Mehrere Kammgarnspinnereien, Stückfärbereien und Appreturanstalten unterstützen diesen Industriezweig. Bedeutend sind
auch die Leder-, Tabaks- und Zigarren-, insbesondere aber die von Wien
[* 55] hierher verpflanzte Harmonikafabrikation. Die
jährliche Produktion der acht Fabriken (mit ca. 1500 Arbeitern) beträgt etwa 15,000 StückMelodions, 300,000 Akkordions und
250,000 Dutzend Mundharmoniken. Außerdem besitzt Gera Maschinenbau und Eisengießerei,
[* 56] Wagenfettfabrikation, große Buch- und
Steindruckereien, Bierbrauereien, zahlreiche Kunstgärtnereien mit starker Blumenzucht etc.
Der lebhafte Handel, vermittelt durch eine Reichsbankstelle, die Geraer Bank, eine Gewerbe- und eine Handels- undKreditbank, befaßt sich außer mit den heimischen Erzeugnissen mit Landesprodukten, Mehl,
[* 57] Öl, Spiritus
[* 58] etc. Groß ist die Zahl
der Buchhandlungen: 7 Firmen, darunter 4 Verlagshandlungen. hat 2 Kirchen, ein Gymnasium (1608 gegründet), eine Realschule erster
Ordnung, eine Handels- und kaufmännische Hochschule, vorzüglich organisierte Bürger- und Volksschulen,
zum Teil in mustergültig eingerichteten neuen Gebäuden, eine Fachwebschule, ein Waisenhaus, eine Privatirrenanstalt, ein
Landesarbeitshaus, ein Theater und ist Sitz der Landesbehörden für Reuß j. L., eines Landratsamtes, eines Landgerichts (für
die acht Amtsgerichte zu Auma, Gera, Hirschberg
[* 59] a. S., Hohenleuben, Lobenstein, Neustadt
[* 60] a. O., Schleiz
[* 61] und Weida), eines Hauptsteueramtes
und einer Handelskammer. Gera gegenüber, am linken Ufer der Elster, liegt der OrtUntermhaus mit (1885) 3220 Einw.; über demselben,
am Abhang des bewaldeten Heinbergs, das fürstliche Residenzschloß Osterstein mit vielen Kunstschätzen. - in Urkunden Geraha,
verdankt seine Entstehung wahrscheinlich den Sorben, gehörte seit 999 dem StiftQuedlinburg
[* 62] und wurde zu
Ende des 12. Jahrh. den Vögten von Weida (s. Reuß) überlassen, während die Lehnshoheit über Gera zu Anfang des 14. Jahrh.
an Thüringen fiel. Im sächsischen Bruderkrieg ward Gera vom LandgrafenWilhelm III. von Thüringen nach langer Belagerung
gestürmt und von den böhmischen Hilfsvölkern des letztern niedergebrannt. Im Vertrag zu Gera 1599, der 1603 in
Ansbach
[* 63] bestätigt wurde, überließ KurfürstJoachimFriedrich vonBrandenburg
[* 64] die fränkischen Fürstentümer seinen Stiefbrüdern.
Am Osterfest 1639 wurde Gera fast zur Hälfte von den Schweden
[* 65] verwüstet. Die große Feuersbrunst vom legte 31 öffentliche
Gebäude und 686 Bürgerhäuser in Asche. Auch in den Kriegen von 1806 bis 1814 ward Gera hart mitgenommen.
- Die Herrschaft Gera, 240 qkm groß, war seit Mitte des 13. Jahrh. Besitztum einer
eignen Linie der spätern Fürsten von Reuß, fiel 1550 an die Plauensche Hauptlinie und wurde 1666 mit Saalburg einer Speziallinie
zugeteilt, nach
deren Aussterben (1802) die Herrschaft an die Fürstenhäuser Reuß-Schleiz und Reuß-Lobenstein-Ebersdorf
fiel, welche die Regierung gemeinschaftlich führten. (Weiteres s. Reuß.)
Vgl. F. Hahn,
[* 66] Geschichte von Gera und dessen Umgebung
(Gera 1855, 2 Bde.);
Fischer, Die Stadt Gera und ihre kommunalen Einrichtungen (das. 1878);
»Urkundensammlung zur Geschichte
der Herrschaft Gera im Mittelalter« (hrsg. von Alberti, das. 1882).
ein Institut des deutschen Erbrechts, kommt in zweifacher Gestalt, als Witwengerade und
als Niftelgerade, vor. Die Witwengerade bildete einen Inbegriff gewisser beweglicher Gegenstände, welche die Witwe aus dem
Nachlaß ihres verstorbenen Ehemanns wahrscheinlich zur Entschädigung für ihr in der Ehe untergegangenes bewegliches Vermögen
erhielt. Solche Gegenstände waren Hausgerätschaften und für den Hausstand bestimmte Vorräte an Waren und Lebensmitteln,
bei dem Adel auch die Equipage, deren sich die Gatten zu ihrem persönlichen Gebrauch bedient hatten; doch
herrschte hinsichtlich der Bestimmung dessen, was zur Gerade gerechnet wurde, in den Partikulargesetzen große Verschiedenheit.
So erbten hin und wieder auch die Geistlichen die Gerade, insofern sie von der Erbschaft des Heergeräts ausgeschlossen waren und
deshalb hinsichtlich der Gerade gleiche Rechte mit den Frauenspersonen erhielten.
Die Niftelgerade dagegen war ein Inbegriff beweglicher, aus dem Nachlaß einer Frau den Töchtern oder in deren Ermangelung
den nächsten weiblichen Verwandten von der Weiberseite (Niftel) gebührender Gegenstände. Anfänglich gehörten zu dieser
letztern nur weibliche Kleider, Wäsche und Schmuckgegenstände nebst den zur Aufbewahrung dienenden Behältern;
später wurden auch gewisse Haustiere dahin gerechnet. Die Niftelgerade wurde häufig dadurch umgangen, daß die betreffende
Frauensperson ihre Gerade bei Lebzeiten an den verkaufte, welchem sie dieselbe eben zuwenden wollte. Das Institut der Gerade ist fast
allenthalben durch die moderne Gesetzgebung aufgehoben, und nur vereinzelt finden sich noch Spuren desselben.
und Ungerade, ein sehr gewöhnliches einfaches Glücksspiel, welches darin besteht, daß man verschiedene Münzen
[* 70] oder sonstige kleine Gegenstände in die Hand nimmt, letztere schließt und einen andern erraten läßt, ob die Zahl derselben
eine gerade oder ungerade sei; es war schon den Griechen (artiazein) und den Römern (ludere par impar)
bekannt. GroßeÄhnlichkeit hat hiermit das Fingerspiel oder Fingerlosen, wobei man schnell eine Anzahl Finger einschlägt oder
ausstreckt und, indem man die Hand verborgen hält, die Anzahl derselben von einem andern erraten läßt. Vgl. Mora.
¶
Ordnung der Insekten,
[* 73] umfaßt
Kerbtiere mit beißenden Mundteilen, zwei ungleichen, geäderten Flügelpaaren und unvollkommener Metamorphose. Der Kopf trägt
meist lange, vielgliederige Fühlhörner; die Unterlippe
[* 71]
(Fig. 5) zeigt deutlich ihre Zusammensetzung aus
zwei Hälften und bewahrt so die ursprüngliche Gestalt eines zweiten Unterkieferpaars. Die Vorderflügel sind schmal und
zuweilen lederartig hart zum Schutz des Rückens und der Hinterflügel, die dünn und breit sind und sich der Länge nach zusammenfalten
lassen.
Die Beine dienen zum Schreiten, Laufen oder Springen. Der langgestreckte Hinterleib sitzt stets in seiner
ganzen Breite an der Brust fest und endet mit zangen-, griffel- oder fadenförmigen Anhängen. Die Augen sind vielfach sehr
groß, auch sind meist Nebenaugen (Ocellen) vorhanden (s. Figur). In einzelnen Fällen (Heuschrecken)
[* 74] existieren Stimm- und Gehörorgane;
die zirpenden oder schrillenden Töne werden, und zwar fast nur von den Männchen, durch Reiben der mit
gezahntem Rand versehenen Hinterschenkel an den Flügeldecken oder auch durch Reiben der letztern aneinander (nach Art des
Geigenspiels) hervorgebracht. Das Weibchen besitzt oft eine Legescheide zum Ablegen der Eier
[* 75] in die Erde. Die Jungen
sind flügellos, aber den Erwachsenen bereits sehr ähnlich und durchlaufen eine Anzahl Häutungen, so daß die Geschlechtsreife
oft erst nach einigen Jahren erreicht wird. Die Nahrung der Larven und des vollkommenen Insekts ist vegetabilischer, animalischer
oder gemischter Natur. Schmarotzer sind unter den Geradflüglern nicht bekannt. - Fossil treten die Geradflügler schon
im Devon
[* 76] und in der Kohle auf. Die Anzahl der bekannten lebenden Arten beträgt mehrere Tausend; die Tiere selbst sind zum Teil
von ansehnlicher Größe (bis zu 30 cm) und schöner Färbung. Manche sind in auffallendster Weise ihrer Umgebung angepaßt,
so daß sie nur schwer sichtbar werden (z. B. das Wandelnde Blatt, die Stabheuschrecken). - Früher rechnete
man zur Ordnung der Geradflügler verschiedene Familien, die man neuerdings unter dem Namen der Falschnetzflügler
[* 77] (s. d.) oder Pseudoneuroptera
zu einer selbständigen Ordnung erhoben hat.
Die eigentlichen Geradflügler
zerfallen in: 1) Läufer (Cursoria) mit Laufbeinen;
2) Schreiter (Gressoria) mit Schreitbeinen; hierher die Fangheuschrecken und Gespenstheuschrecken (s. d.,
Phasmidae), nur in wärmern Gegenden; die flügellosen Formen gleichen verdorrten Zweigen, die geflügelten trocknen Blättern;
[* 71] Gattungsname für eine Reihe von Mechanismen, welche den Zweck haben, eine geradlinige
Bewegung zu erzeugen. Die einfachste Geradführung besteht in einer oder mehreren geraden Stangen oder Schienen (Gleitschienen, Gleitbacken),
auf welchen das zu führende Stück (Gleitstück, Gleitklotz, in bestimmten Fällen auch Querhaupt oder Kreuzkopf
[* 78] genannt) hin-
und hergleitet. Die scheinbar sehr einfache Aufgabe, eine gerade Linie durch Bewegung zu beschreiben, wird
ein schwieriges Problem der Mechanik, wenn die Bedingung gestellt wird, nicht von einer bereits vorhandenen geraden Linie auszugehen,
sondern nur kreisförmige Bewegungen zu benutzen (die sogen. Gelenkgeradführungen).
Ihre wichtigste Verwendung finden die Gelenkgeradführungen bei den Balancierdampfmaschinen, wo sie zwischen den Balancier
[* 79] und die Kolbenstange eingeschaltet werden, um die geradlinige Kolbenbewegung aufzunehmen und in eine Oszillation
des Balanciers zu verwandeln. Nachdem man lange nach einer theoretisch genauen Gelenkgeradführung gesucht hatte, ist es
endlich in neuerer Zeit zugleich Peaucellier, Silvester und Kempe gelungen, eine solche zu finden. Diese besteht
[* 71]
(Fig. 1) aus 7 Gelenkstangen
mit parallelen Endzapfen und einem festen Stück a mit den Zapfen
[* 80] A und B. Die Stangenb und c sind einander
gleich, ebenso e, f, g, h, und die Stange d ist gleich der Entfernunga der beiden festen Punkte A und B. E ist der gerade geführte
Punkt, und zwar ist seine Bahn senkrecht zu der Linie A B. Soll diese Behauptung richtig sein, so muß das
von E auf die Verlängerung
[* 81] von A B gefällte Lot für alle Lagen, welche der Mechanismus einnehmen kann, denselben Fußpunkt
behalten, es muß also A H eine konstante Länge sein. Das folgt aber aus der Ähnlichkeit der bei C, resp.
H rechtwinke-
[* 71]
^[Abb.: Fig. 1. Geradführung von Peaucellier.]
¶
also konstant. Es ist also auf ganz elementarem Weg nachgewiesen, daß der Punkt E wirklich eine Gerade
beschreibt. Dieser Mechanismus ist indessen zu kompliziert, als daß er in der Praxis die einfachern angenäherten Geradführungen
verdrängen könnte, die zwar keine wirkliche Gerade, jedoch eine von der Geraden nur ganz wenig abweichende Linie ergeben.
Bei den angenäherten Geradführungen wird die genaue gerade Linie durch eine Kurve ersetzt, welche dieselbe
mehrere Male, etwa 3-5mal, schneidet und sich zwischen den Schnittpunkten der Geraden möglichst innig anschmiegt. Hierher
gehört Watts Lemniskoidenlenker
[* 84]
(Fig. 2), bei dem A und B feste Punkte sind, um welche die StangenA C und B D schwingen können,
während E der auf der LinieC E D liegende gerade geführte Punkt ist. Vielfach bei Dampfmaschinen
[* 85] ist die
Evanssche Geradführung angewendet worden, für Druckpressen der sogen. Hypocykellenker,
welcher darauf beruht, daß die Peripheriepunkte eines Rades, welches in einem andern von doppeltem Radius rollt, gerade Linien
beschreiben. Der Reichenbachsche oder Konchoidenlenker ist namentlich bei Wassersäulenmaschinen
[* 86] angewendet
worden. Die Werke über Maschinenbau und Kinematik zählen eine sehr große Zahl brauchbarer angenäherter Geradführungen
auf.
(Storchschnabelgewächse), dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Gruinales, Kräuter
und Stauden mit meist knotig gegliederten Stengeln und gegen- oder wechselständigen, gestielten, meist handförmig gelappten
bis geteilten, selten gliederten Blättern, an deren Grund zwei grüne oder trockenhäutige Nebenblätter sitzen. Die Blütenstände
bilden Dichasien mit Wickeltendenz. Die Blüten sind vollständig, regelmäßig, selten zygomorph, fünfzählig und haben
einen doppelten Staubblattkreis mit monadelphischen Staubgefäßen.
Die Frucht ist eine aus fünf Teilen bestehende Kapsel, deren Fächer
[* 91] samt den mit ihnen zusammenhängenden Griffelanteilen
sich von unten nach oben von der Blütenachse ablösen und sich nach oben spiralig oder bogenförmig einrollen, worauf die
Samen
[* 92] aus den an der Innenseite geöffneten Kapselfächern ausfallen.
Vgl. Baillon, Histoire des plantes,
Bd. 5 (Par. 1877);
L. (Storchschnabel),
[* 94] Gattung aus der Familie der Geraniaceen, einjährige und ausdauernde Kräuter mit gegenständigen,
gestielten, meist rundlich gelappten Blättern, zu zweien auf langem Stiel stehenden Blüten und fünfteiligen
Kapseln.
[* 95] Geranium RobertianumL. (Roberts- oder Ruprechtskraut, Rotlaufskraut, Gichtkraut), mit aufrechtem, ästigem, rauhhaarigem,
bis 45 cm hohem Stengel,
[* 96] drei- bis fünfschnittigen Blättern, zweiblütigen, nach der Blüte
[* 97] fast niedergebogenen Blütenstielchen
und rosenroten Blumenblättern, ist in ganz Europa häufig, riecht widerlich, schmeckt herb salzig und wurde
früher arzneilich benutzt.
EbensoGeranium sanguineumL. (Blutkraut, rote Hühnerwurz), mit 30 cm hohem, sparrig ästigem, nebst
den Ästen und Blütenstielen rauhhaarigem Stengel, kreisförmigen, fünfteiligen Blättern, einblütigen, nach dem Blühen
fast niedergebogenen Blütenstielchen und lebhaft rosenroten Blüten, wächst auf sonnigen Hügeln und Bergen,
[* 98] an Waldrändern
und in lichten Laubwäldern; mehrere Arten werden als Zierpflanzen kultiviert.
verschiedene rosenartig riechende ätherische Öle.
[* 99] Südfranzösisches Geraniumöl (echtes Geraniumöl, Rosenblattgeraniumöl,
Palmarosaöl) wird aus Blättern u. Blüten von Pelargonium radula durch Destillation
[* 100] mit Wasser gewonnen, ist farblos, auch gelblich,
grünlich oder bräunlich (letzteres besonders geschätzt), erstarrt bei 16°, besteht im wesentlichen aus Geraniol C10H18O
und dient wie das algierische Geraniumöl aus Blättern und Blüten von P. roseum und P. odoratissimum
als Surrogat und zum Verfälschen des Rosenöls, wird aber selbst wieder mit dem ätherischen Öl von Andropogon-Arten verfälscht.
Türkisches Geraniumöl (Idris Yaghi, Rosé, Roshe Oil) wird aus einem Gras (Andropogon Pachnodes) angeblich in Mekka
gewonnen und kommt über Smyrna und Bombay
[* 101] in den Handel. Es ist gelblich, dünnflüssig, riecht angenehm gewürzhaft und erstarrt
nicht leicht. Alle diese Öle riechen täuschend wie Rosenöl, werden häufig mit Lemongrasöl verfälscht und sind erst, seit
sich die Kultur der Geranienarten mehr verbreitet hat, leichter rein zu erlangen.
¶
David hatte für seinen begabten Schüler dadurch gesorgt, daß er ihm eine Geschwornenstelle im Revolutionstribunal verschaffte;
doch war Gérard der Politik so abgeneigt, daß er sich dem für ihn peinlichen Amt entzog. 1795 erregte er durch seinen blinden
Belisar (St. Petersburg)
[* 107] allgemeine Aufmerksamkeit;
doch hielt er
sich von dessen Übertreibungen frei, wie er auch wahrer und feiner im Kolorit war.
Hin und wieder gibt sich in seinen Arbeiten
ein zu sklavisches Anschließen an die Antike kund. Den größten Ruhm erwarb sich Gérard jedoch als Porträtmaler,
weshalb er der Maler der Könige und der König der Maler genannt wurde. Die berühmtesten und merkwürdigsten Persönlichkeiten,
welche in dem ganzen Zeitraum von 1789 bis 1837 nach Paris kamen, wurden von Gérard porträtiert. DiesenRuhm hat er jedoch weniger
der Schärfe seiner Charakteristik als der Vornehmheit seiner Auffassung und der Eleganz und Glätte seines
Kolorits zu verdanken. Seine Porträte
[* 112] begann
er seit 1826 unter dem Titel: »Collection des portraits historiques de Mr. le baron
Gérard, premier peintre du Roi, gravés à l'eau-forte par M. PierreAdam, précédée d'une notice sur le portrait historique«
zu veröffentlichen. Gérard starb in Paris.
Vgl. Adam, Œuvre du baron F. Gérard (Par. 1852-57, 3 Bde.);
Henri Gérard, Correspondance de F. Gérard (das. 1867).
deNerval (spr. scherahr d'nerwall, eigentlich Gérard de Nerval Labrunie), franz.
romantischer Schriftsteller, geb. zu Paris, erhängte sich nach einem abenteuerlichen und bewegten
Leben in einem Anfall von Geistesstörung. Mitarbeiter an verschiedenen litterarischen Zeitschriften, schrieb er
unter anderm mit Th. Gautier das dramatische Feuilleton der
¶