(Generalkosten,Generalia) sind die für ein
Ganzes, eine ganze
Unternehmung (z. B.
Eisenbahnbau
[* 5] und -Betrieb)
gemachten Aufwendungen, wie z. B. die
Kosten der Oberleitung, im
Gegensatz zu den speziellen nur einzelne Teile betreffenden
Kosten.
in der ehemaligenRepublik der
Niederlande
[* 6] die von den Provinzialstaaten oder Provinzialständen
zur Leitung des
Staats gewählten Abgeordneten, welche den
Titel »Hochmögende« führten. Seit 1593 hatten die Generalstaaten ihren
Sitz im
Haag.
[* 7] Erstes Mitglied der Generalstaaten war der Erbstatthalter. Die
Abstimmungen geschahen nach
Provinzen, wobei jede
Provinz nur
eine
Stimme hatte; doch hatte die
ProvinzHolland, welche 56 Proz. der gemeinsamen
Ausgaben bezahlte, den
überwiegenden Einfluß. Da die Generalstaaten die Souveränitätsrechte der
Republik ausübten, so wurde die letztere oft selbst so genannt.
Die
Eroberung der
Niederlande durch die
Franzosen (1795) machte den ein Ende. Auch in dem gegenwärtigen
Königreich der
Niederlande
führt das
Parlament den alten
Namen Generalstaaten mit dem
Prädikat »Edelmögende« und hat ebenfalls im
Haag seinen
Sitz. - In
Frankreich hießen Generalstaaten oder
Generalstände
(États généraux) seit Anfang des 14. Jahrh. die aus den Abgeordneten
des
Adels, der
Geistlichkeit und der städtischen
Korporationen zusammengesetzten
Landstände, welche, während die
Stände bis
dahin nur aus dem
Adel und den
Prälaten bestanden hatten, von
Philipp dem
Schönen in seinem Streit mit
Bonifacius VIII. 1302 zum erstenmal einberufen wurden.
Obwohl diese
Generalstände in der
Regel nur außerordentliche
Subsidien zu bewilligen hatten, so übten sie doch zuweilen,
namentlich während
Karls VIII.
Minderjährigkeit, einen bedeutenden Einfluß aus. Von 1614 an wurden sie 175 Jahre
lang nicht wieder einberufen. Als sie infolge der finanziellen Zerrüttung wieder versammelt werden mußten, verwandelten
sie sich bald in eine
Nationalversammlung, welche die
französische Revolution einleitete (s.
Frankreich, Geschichte, S. 545 u.
554).
(franz.
État-major général), früher auch Generalquartiermeisterstab genannt, ein Offizierkorps, dem
die Vorbereitung der kriegerischen Thätigkeit des
Heers sowie die Unterstützung der
Heerführer und höhern
Truppenbefehlshaber obliegen, oder, wie
Clausewitz sagt, bestimmt, »die
Ideen
der kommandierenden
Generale in Befehle umzuschaffen«.
Zu der vorbereitenden Thätigkeit gehört die
Pflege kriegswissenschaftlicher
Bildung überhaupt, namentlich aber das
Studium
und die Bearbeitung der
Kriegsgeschichte, ferner das Sammeln von Nachrichten und statistischem
Material über fremdeHeere und
die verschiedenen Kriegsschauplätze, Kartenlegung, Untersuchung und
Beschreibung des eignen
Landes, dann die
Ausbildung von
Offizieren für höhere Truppenführung und den Generalstabsdienst, endlich das Entwerfen und Ausarbeiten der
Pläne für die
Mobilmachung und die Zusammenziehung der
Armeen.
Die Unterstützung derHeer- oder Truppenführer besteht im Erteilen von Auskunft über das feindliche
Heer und den Kriegsschauplatz auf
Grund der im
Frieden erlangten Kenntnis, im Sammeln und
Sichten der im
Felde darüber eingehenden
Nachrichten, in der Ergänzung derselben durch Rekognoszierung (s. d.) der feindlichen
Stellungen etc. oder rein örtlicher Verhältnisse (Wegsamkeit, Möglichkeit der Unterbringung
und Verpflegung der
Truppen, Verteidigungsfähigkeit von
Orten u. dgl.), endlich
im Ausarbeiten der
Anordnungen des Befehlshabers in Befehle für die
Truppen
(Dispositionen für Unterbringung,
Märsche und
Gefechte).
Die Gesamtheit dieser Thätigkeit wird als Generalstabsgeschäfte bezeichnet. Der Generalstab ist entweder eine selbständige
Behörde
(Preußen,
[* 8]
Österreich etc.) oder nur eine Abteilung des
Kriegsministeriums
(England,
Frankreich, Rußland); die
Offiziere
desselben bilden meist ein besonderes
Korps mit eigner
Uniform und bevorzugtem
Avancement, wechseln aber
in
Deutschland in ihrer Dienststellung beim Generalstab und in der
Truppe. Seinem Wirkungskreis nach zerfällt er überall in einen
Großen Generalstab, dem im
Frieden die allgemeinen Vorbereitungsarbeiten, im
Krieg neben der Fortsetzung der Friedensthätigkeit die
Generalstabsgeschäfte im großenHauptquartier und bei den Armeekommandos obliegen, und in den Generalstab bei
den
Truppen, dessen
Offiziere bei den
Armeekorps,
Divisionen, den
Generalinspektionen der
Artillerie und einzelnen
Gouvernements
(Summa 76,
Großer Generalstab 73
Offiziere) neben den Vorarbeiten für die
Mobilmachung in ihrem Bereich schon im
Frieden und namentlich
bei den
Manövern ähnliche Aufgaben zu erfüllen haben wie im
Felde.
Die wichtigste
Stellung im G. ist die des
Chefs, wie im großen
Hauptquartier und beim Oberkommando einer
Armee; so auch bei
den einzelnen
Korps,
weil er, mitverantlich ^[richtig: mitverantwortlich] für die Leitung und Ausführung der militärischen
Operationen, auch die übrigen Dienstzweige (Munitionsersatz, Verpflegungs-,Gesundheits-,
Transport-, Etappendienst
etc.) damit in
Einklang zu erhalten hat und deshalb von allen Vorgängen im
Hauptquartier unterrichtet sein muß.
Ihm zur Seite steht bei der obersten Heeresleitung und bei den einzelnen
Armeen im
Feld ein
Generalquartiermeister zur Besorgung
der die militärischen
Operationen betreffenden
Geschäfte. Die Zahl der Generalstabsoffiziere, imKrieg
überall größer als im
Frieden, ist sowohl im ganzen als bei den einzelnen
Stäben in den
Heeren sehr verschieden.
Preußen
hat deren im
Frieden je einen bei jeder
Division und den damit dotierten
Gouvernements, einen
Chef (Oberst) und zwei
Offiziere
bei jedem
Generalkommando, nur einen
Chef des Generalstabs bei der
Generalinspektion der
Artillerie. Die
übrigen
Offiziere sind vereinigt in dem
Großen Generalstab und bilden hier einen Hauptetat (wirkliche Generalstabsoffiziere) und einen
Nebenetat für wissenschaftliche
Zwecke (teils wirkliche Generalstabs-, teils mit der
Uniform ihres Truppenteils dorthin
¶
mehr
versetzte Offiziere). Der Große Generalstab, unter direkter Leitung des Chefs des Generalstabs der Armee, zerfällt in folgende Abteilungen:
drei Abteilungen, als 1., 2., 3. bezeichnet, sammeln die Nachrichten über fremde Heere;
die Eisenbahnabteilung sammelt die
Nachrichten über Anlage und Material der Bahnen, vereinbart im Inland mit den Zivilbehörden die Fahrpläne
etc. für Truppenbeförderungen und leitet die letztern im Gebrauchsfall durch besondere Linienkommissare;
weitere Abteilungen sind die kriegsgeschichtliche und die geographisch-statistische.
Unter einem besondern Chef stehen die
drei Abteilungen der Landesaufnahme, die trigonometrische, die topographische und die kartographische. Ein Zentralbüreau,
Bibliothek und Archiv vervollständigen die Organisation. Zur eignen Ausbildung sind 40 Leutnants aus der
Armee zur Dienstleistung zum Generalstab kommandiert. Neben dem Unterpersonal an Büreaubeamten, Zeichnern etc.
werden eine Anzahl Trigonometer und Topographen, meist frühere Oberfeuerwerker der Artillerie, bei den trigonometrischen Messungen
und topographischen Aufnahmen verwendet. - In Frankreich heißt auch die gesamte Generalität der Armee; dort gibt es auch
einen besondern Generalstab der Artillerie und des Genies, gebildet aus den Generalen und höhern Stäben dieser Waffen.
[* 10] In Rußland wird
der Generalstab Hauptstab (glawnii schtab) genannt. - Generalstabsreisen, Übungsreisen zur Ausbildung von Offizieren in der Truppenführung
ohne Anwesenheit von Truppen; es werden dabei nach einer zu Grunde liegenden Idee für zwei einander gegenüberstehende
Korps die täglichen Operationen bestimmt, nach der jedesmaligen Disposition von einzelnen Offizieren die Marschstraßen, Biwakplätze,
Vorposten- und Gefechtsstellungen aufgesucht, dann im Quartier die Berichte über die Rekognoszierungen, die neu zu erlassenden
Befehle aufgesetzt und durch den Leiter der Übung die Arbeiten und die aus den beiderseitigen Anordnungen
für den nächsten Tag sich ergebende Lage besprochen.
Solche Reisen werden in Deutschland alljährlich durch den Chef des Generalstabs der Armee mit den Offizieren des Großen Generalstabs
und in zwei Dritteilen der Korpsbezirke durch die Generalstabschefs der Armeekorps mit den dortigen Generalstabs- und andern
dazu kommandierten Offizieren gemacht, meist unmittelbar nach Schluß der Herbstübungen und von 14tägiger
Dauer, ebenso mit den Offizieren der Kriegsakademie nach Beendigung ihres dreijährigen Kursus. Erst in den letzten Jahren haben
diese Reisen auch in andern Ländern, zuerst in Rußland, Nachahmung gefunden.
Vgl. Bronsart v. Schellendorff, Der Dienst des
Generalstabs (2. Aufl. von Meckel, Berl. 1884);
v. Böhn, Generalstabsgeschäfte (2. Aufl., Potsd.
1875).
Aus dem Ertrag des Werkes »Der deutsch-französische Krieg 1870/71« sind 300,000 Mk. der Stiftung überwiesen, deren
Zinsen zur Förderung wissenschaftlicher Zwecke und zu Unterstützungen von Offizieren und Beamten der preußischen, bayrischen,
sächsischen und württembergischen Armee
zu verwenden sind.
(Plenarversammlung), in Vereinen, Genossenschaften und Aktiengesellschaften eine Versammlung, zu der
sämtliche Mitglieder der Gesellschaft in gesetzlicher oder statutarischer Form eingeladen werden, und an der jedes Mitglied
teilzunehmen berechtigt ist. Die vorschriftsmäßig berufene Generalversammlung ist dasjenige Organ der Gesellschaft, welches alle Mitglieder
repräsentiert und endgültig über Fortbestehen oder Auflösung, über Organisation, Jahresrechnungen,
Wahlen etc. beschließt.
In denStatuten von Aktiengesellschaften und Genossenschaften muß ausdrücklich angegeben sein, in welcher Art und Form die
durch Vorstand oder Aufsichtsrat erfolgende Zusammenberufung der Mitglieder zu erfolgen hat, und in welcher Weise, resp. unter
welchen Bedingungen das Stimmrecht ausgeübt wird. Jede ordnungsgemäß berufene Generalversammlung ist beschlußfähig,
wenn nicht im Statut noch besondere Bedingungen vorgesehen sind. Jede Aktie (nicht jeder Aktienanteil) hat eine Stimme, und Beschlüsse
werden nach einfacher Stimmenmehrheit gefaßt, sofern nichts andres im Statut bestimmt ist. Es gibt ordentliche, zu den statutenmäßig
bestimmten Zeiten zu berufende und außerordentliche Generalversammlungen.
Die erstern finden zum Zweck von Neuwahlen im Vorstand und Aufsichtsrat, zur Prüfung des gesamten Betriebes,
Abhör der Rechnungen, Entlastung (Decharge) des Vorstandes, Verfügung über den Reingewinn, Beschlußfassung über Deckung
von Verlusten, über Prozeßführung gegen Vorstand und Aufsichtsrat und zur Erledigung andrer laufender Geschäfte statt.
Die außerordentlichen Generalversammlungen werden dagegen zur Erledigung außergewöhnlicher Geschäftsangelegenheiten,
wie Veränderungen in der Organisation (Statutänderung), Auflösung etc., berufen. Die Wirksamkeit der Generalversammlung ist, da die Zahl
der Mitglieder meist sehr groß ist, denselben Geschäftskenntnisse abgehen, nicht alle an der Generalversammlung teilnehmen können etc.,
eine sehr schwerfällige und begrenzte. Die wirksame Kontrolle verbleibt dem Aufsichtsrat. Im übrigen muß das
Gesetz durch Strafbestimmungen die Aktionäre gegen Widerrechtlichkeiten durch Aufsichtsrat und Vorstand zu schützen suchen.
in der katholischen Kirche der ordnungsmäßige Vertreter eines Bischofs in allen Jurisdiktionssachen.
Die Veranlassung zu der Einsetzung stehender Stellvertreter der Bischöfe haben die Anmaßungen der Archidiakonen gegeben;
als Gegengewicht gegen dieselben setzten im 13. Jahrh. die Bischöfe einen Officialis principalis oder
Vicarius generalis ein (s. Offizial). Um Generalvikar zu werden, ist der Besitz der höhern Weihen nicht notwendig; jedoch muß er Doktor
oder Lizentiat des kanonischen Rechts sein. Obwohl der Generalvikar der Stellvertreter des Bischofs ist, bedarf er doch zur Ausübung
einer Anzahl von bischöflichen Amtsbefugnissen ein besonderes Mandat des Bischofs, wie z. B. zur Berufung
der Diözesansynoden, zur Ausstellung von Dimissorialien, zur Verhängung der Suspension, der Exkommunikation, des Interdikts
etc. Der Generalvikar führt den
¶
mehr
Vorsitz in dem Generalvikariat, auch Konsistorium oder Ordinariat genannt, einer aus Räten und Assessoren gebildeten Behörde,
die dem Bischof, resp. dem Generalvikar gegenüber eine beratende und nur, soweit sie Gerichtsbehörde
ist, eine beschließende Stimme hat.
(Mandatum generale), der einer Person erteilte Auftrag zur Vertretung einer andern in allen rechtlichen
Angelegenheiten der letztern, soweit eine solche überhaupt zulässig ist.
Manche rechtliche Handlungen, wie namentlich die
Ableistung eines Eides, können nämlich nicht durch Stellvertreter vorgenommen werden.
Auch die Urkunde, welche über eine
solche generelle Vollmachtserteilung ausgestellt wird, heißt Generalvollmacht. Die Unterschrift des Ausstellers ist hier regelmäßig gerichtlich
oder notariell zu beglaubigen (s. Mandat).
(lat.), s. v. w. Zeugung; in der Geschlechtsfolge rück- oder vorwärts jedes einzelne Glied;
[* 12] dann auch die
Gesamtheit der zu derselben Zeit lebenden Menschen. Die ältere Chronologie pflegte danach die Zeiträume zu bestimmen, indem
gewöhnlich 30 Jahre auf eine Generation oder ein Menschenalter gerechnet wurden. Herodot rechnete 100 Jahre
auf drei, andre 28, 27, selbst nur 22 Jahre auf eine Generation. Eine genaue Begrenzung dieses Begriffs suchte zuerst Rümelin anzubahnen.
Nach demselben bedeutet Generation als Zeitmaß den Altersabstand zwischen Eltern (Vätern) und deren Kindern (Söhnen), und der statistische
Ausdruck für die Dauer einer Generation wird aus dem durchschnittlichen Heiratsalter der
Männer mit Zurechnung der halben Dauer der ehelichen Fruchtbarkeit gewonnen. Zur exakten Bestimmung dieser Dauer zog Rümelin
einerseits aus den Tübinger Familienregistern 500 Ehen und anderseits aus dem »Gothaischen genealogischen Hofkalender« 264 Ehen
aus und berechnete die Dauer der ehelichen Fruchtbarkeit vom Trauungsjahr bis zur Geburt des letzten Kindes.
Das Resultat dieser Berechnungen lieferte 12,2-12,5 Jahre. Wird nun
weiter das mittlere Alter der heiratenden Männer in Deutschland mit 30 Jahren angenommen und noch um ein Jahr erhöht, weil
die Geburt des erstes Kindes gewöhnlich auf das nächste Jahr nach eingegangener Ehe fällt, und die mittlere
Größe der Dauer der ehelichen Fruchtbarkeit (12 Jahre) aus demselben Grund um ein Jahr vermindert, so erhält man die Zahlen 31 und 11 und
sonach 31+11/2 = 36,5 Jahre als die für Deutschland geltende Generationsdauer.
(Metagenese, Ammenzeugung), eine Art der Fortpflanzung, bei welcher der Entwickelungscyklus durch
einen regelmäßigen Wechsel zweier oder mehrerer in verschiedenartiger Weise sich fortpflanzender Generationen zu stande kommt.
Bei der einfachen Entwickelung nämlich gleichen die Nachkommen, wenn sie erwachsen sind, ihren Erzeugern in allen wesentlichen
Punkten; beim Generationswechsel dagegen setzt sich die Lebensgeschichte der Art aus dem Leben zweier oder mehrerer auseinander hervorgehender
Generationen zusammen. Im einfachsten Fall erzeugen die Geschlechtstiere A Nachkommen B, welche ihnen niemals gleichen, dafür
aber durch Knospung Nachkommen A liefern, die zur Form und Organisation der Geschlechtstiere zurückkehren.
Während also das Schema für gewöhnliche Entwickelung lautet: A, A, A... heißt es bei dem einfachsten Generationswechsel A, B;
A, B... oder, wenn B nicht wieder A, sondern eine zweite ungeschlechtliche Generation C hervorbringt, A, B, C;
A, B, C... Hierbei
werden B und C als Großammen und
Ammen bezeichnet.
Der Generationswechsel findet sich bei vielen niedern Tieren (Würmern, Tunikaten
[* 13] etc.; bei
letztern wurde er 1819 vom Dichter Chamisso zuerst beschrieben) vor und kann noch mit Metamorphose verbunden
sein, so daß die aufeinander folgenden Generationen sich nicht nur durch die Art ihrer Fortpflanzung (geschlechtlich-ungeschlechtlich),
sondern auch in ihrem sonstigen Bau unterscheiden und die ungeschlechtliche Generation sogar scheinbar nur die Larve der Geschlechtsgeneration
darstellt.
Eine dem Generationswechsel äußerlich sehr ähnliche Erscheinung ist die sogen. Heterogonie, bei welcher die Art der
Fortpflanzung zwar immer dieselbe, nämlich die geschlechtliche ist, aber die Generationen selbst dem Schema A, B; A, B folgen.
Hierher gehört z. B. die früher allgemein zum Generationswechsel gerechnete Heterogonie der Blattläuse (Aphiden), Wasserflöhe (Daphniden)
u. a. Einer zweigeschlechtlichen, d. h. aus
Männchen und Weibchen bestehenden Generation folgen hier ein oder mehrere parthenogenetische (eingeschlechtliche), d. h.
ohne Zuthun von Männchen fortpflanzungsfähige, Generationen, worauf wieder die zweigeschlechtliche Generation erscheint.
Die eingeschlechtlichen Weibchen können aber in ihrem Bau bedeutend von den normalen (zweigeschlechtlichen) abweichen (heterogon
sein), so daß scheinbar ein Generationswechsel vorliegt. Auch im Pflanzenreich tritt die Erscheinung auf, daß vom Mutterorganismus
scheinbar spezifisch verschiedene Nachkommen erzeugt werden, die durch ihre Fortpflanzung erst wieder den anfänglichen Organismus
reproduzieren oder wohl auch erst nochmals die Generation wechseln, ehe der Entwickelungsgang auf seinen Ausgangspunkt zurückkehrt.
Besonders merkwürdig werden diese Verhältnisse in dem Fall, wo das zugehörige Aecidium auf einer ganz andern Nährpflanze
als der eigentliche Rostpilz schmarotzt, wie dies z. B. bei dem Getreiderostpilz (Puccinia graminis) der Fall ist, welcher auf
Getreidearten den Rost erzeugt, sein Aecidium aber nur auf dem Berberitzenstrauch ausbildet, so daß die
auf dem letztern entstandenen Aecidium-Sporen wieder den ersten Anfang neuer Rostpilzentwickelung auf dem Getreide
[* 16] hervorbringen
(vgl. Pilze und Rost).
Auch bei den Gefäßkryptogamen findet ein regelmäßiger Generationswechsel statt, indem stets eine aus der ungeschlechtlich
erzeugten Spore entstandene, mit den Geschlechtsorganen (Antheridien und Archegonien) ausgestattete Generation:
der häufig lebermoosähnliche Vorkeim oder das Prothallium, mit einer ungeschlechtlichen, aus der befruchteten Eizelle des
Archegoniums hervorgegangenen Generation, d. h. der eigentlichen stamm- und blattbildenden Farnpflanze, abwechselt. Die
Blütenpflanzen lassen nur noch rudimentäre Andeutungen dieses Generationswechsels hervortreten. S. Geschlechtsorgane (der
Pflanzen).
PeterAugust de, der beliebteste holländ. Dichter der Neuzeit, geb. zu
Amsterdam,
[* 25] bildete sich am Remonstranten-Seminar daselbst zum Theologen aus, wurde 1852 Prediger zu Delft, legte aber später
sein Amt nieder und starb in Rosendaal bei Arnheim. Er veröffentlichte: »Eerste gedichten« (1851),
die bereits großen Erfolg hatten;
dann die populären »Leekedichtjes« (1860),
eine Sammlung von Epigrammen und kürzern Gedichten,
zum Teil gegen den Übermut der kirchlichen Parteien gerichtet, und das Werk »Laatste der Eerste« (1860),
das seine besten
Gedichte enthält.
Eine Sammlung seiner »Dichtwerken« mit einer Biographie gab Tiele heraus (Amsterdam 1868, 2 Bde.).
(griech.), auf die Erzeugung, Entstehung sich beziehend;
daher genetische Erklärung und Definition eine solche,
welche nicht sowohl die Merkmale des Begriffs als die Entstehungsweise seines Gegenstandes angibt.
(Gin, Wacholderbranntwein, Steinhäger), ein besonders in Holland beliebter, jetzt auch in Deutschland vielfach
mit gutem Erfolg nachgeahmter starker Branntwein, welcher seine Vorzüglichkeit der eigentümlichen Bereitung verdankt. Man
verarbeitet ein Gemenge aus 2 Teilen Gersten- und 4 Teilen Roggenmalz, bereitet daraus eine sehr dünne Maische und läßt diese
sehr unvollkommen vergären. Das erste Destillat wird über wenig Wacholderbeeren und Hopfen
[* 30] rektifiziert.
Man ahmt den Genever nach, indem man gewöhnlichen Spiritus
[* 31] über Wacholderbeeren und Hopfen destilliert oder auch nur mit Wacholderöl
versetzt. Von den in Deutschland fabrizierten Sorten sind der Steinhäger (Westfalen)
[* 32] und der Bommerlunder (Schleswig-Holstein)
[* 33] besonders beliebt.
(im Alten TestamentSeeKinnereth; außerdem See von Tiberias und Galiläisches Meer genannt),
schöner Gebirgssee im nördlichen Palästina,
[* 36] in einer der reizendsten und gesegnetsten, gegenwärtig aber verlassensten
Gegenden Vorderasiens, 191 m unter dem Spiegel
[* 37] des Mittelmeers
[* 38] gelegen, 250 m tief, ist von N. nach S. etwa 20 km lang, 11 km
breit und hat klares, schwach salziges Wasser, das zahlreiche Fische
[* 39] nährt. Die Umrahmung des Sees, der
seiner Länge nach vom Jordan durchflossen wird, bilden schön geformte Bergwände und Hügel, die im Frühjahr in saftiger
Vegetation prangen, später aber bei fast völliger Baumlosigkeit versengt und verödet erscheinen. Zur Zeit Jesu waren
die Uferterrassen auf das fleißigste angebaut; hier haben die meisten Apostel als Fischer gewohnt, und
Jesus selbst verweilte oft und gern am Ufer des Genezareth. Jetzt ist die Ostseite eine von räuberischen Beduinen bewohnte Wüste, die
Westseite nur spärlich bewohnt und bebaut.
[* 29] (franz. Genève, ital. Ginevra), ein Kanton der schweizer. Eidgenossenschaft, nächst Zug
der kleinste der ungeteilten
Kantone, 279 qkm (5,1 QM.) groß, fast ganz von Frankreich umschlossen bis auf den schmalen Hals von Versoix-Céligny, der ihn
nach NO. mit der übrigen Schweiz,
[* 40] zunächst dem Kanton Waadt,
verbindet. Als der äußerste Südwestflügel der zwischen Alpen
[* 41] und Jura eingebetteten
Hochebene gehört das eng eingerahmte Ländchen, dessen Thalsohle der Genfer See und der diesem entfließende
Rhône einnehmen, zu der flachern Schweiz. Von der alpinen Seite tritt der schroffe Salève (1383 m), von der jurassischen der
Reculet (1720 m) heran. Die Einwohnerzahl
¶
mehr
des Kantons Genf beläuft sich auf (1880) 101,595 Seelen. Bei 85 Proz. der Bevölkerung
[* 43] ist das Französische, bei 11 Proz. das
Deutsche,
[* 44] bei 2 Proz. das Italienische die Muttersprache. Im J. 1880 zählte man 51,557 Katholiken, 48,359 Protestanten (Reformierte), 662 Juden.
Das katholische Bekenntnis herrscht mehr in Carouge und den Landgemeinden, besonders des linken Ufers, das
reformierte in der Hauptstadt und deren neuen Vorstädten Plainpalais und Eaux Vives. Die Genfer Katholiken waren bisher dem
BistumFreiburg-Lausanne zugeteilt; über den durch die Ernennung eines besondern Bischofs für Genf neuerlich entstandenen Konflikt
s. unten (Geschichte).
Infolgedessen setzt ein Statut vom fest, daß die katholischen Pfarrer und Vikare von den katholischen
Wählern ernannt werden, daß nur der vom Staat anerkannte Diözesanbischof die bischöfliche Jurisdiktion und Verwaltung handhaben
kann, daß die katholischen Gemeinden einer schweizerischen Diözese angehören müssen und der Bischofsitz nicht in den Kanton
Genf verlegt werden darf. Es gibt im Kanton nur noch ein Kloster (in Carouge). Die Verwaltung der protestantischen
Nationalkirche übt ein Konsistorium von 25 weltlichen und 6 geistlichen Mitgliedern, welche von der Gesamtheit der stimmfähigen
Konfessionsangehörigen auf je vier Jahre gewählt werden.
In dem milden Thalgelände sind Gärtnerei, Obst- und Weinbau die Haupterwerbszweige. 83 Proz. des Areals
sind produktives Land; davon entfallen auf Äcker, Gärten und Weiden 197 qkm, auf Waldungen 21 qkm, auf Weinberge 14,8 qkm.
Zu dieser Urproduktion hat die neuere Zeit eine großartige Uhrmacherei und Bijouterie gesellt, die selbst im Land Faucigny
(Savoyen) 2000 Arbeiter beschäftigt. Genf pflegt insbesondere das Fach der teurern dekorierten Uhren,
[* 45] während
die gewöhnlichen goldenen oder silbernen Taschenuhren in den jurassischen Gebieten und in Besançon
[* 46] verfertigt werden.
Die jährliche Produktion bewegt sich gegenwärtig um 10 Mill. Frank, diejenige in Schmuckwaren um 10-12 Mill. AndreGewerbe,
wie Töpferei, Parketterie, Gerberei etc., sind hauptsächlich in der nahen Arbeiterstadt Carouge angesiedelt. Genf bildet
das Thor, durch welches der schweizerische Handel mit Lyon,
[* 47] Marseille,
[* 48] Spanien,
[* 49] Algerien
[* 50] etc. pulsiert; ja, solange nicht die direkte
Schienenverbindung des St. Gotthard geöffnet war, bildete es auch die bequemste Pforte nach den östlichen Mittelmeerländern
und dem fernern Orient.
Die gegenwärtig in Kraft
[* 52] bestehende Verfassung des Kantons Genf wurde vom Volk angenommen, seither
wiederholt revidiert. Zufolge derselben bildet die Republik Genf einen Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft von demokratischer
Form. Garantiert sind die in den SchweizerRepubliken üblichen Grundrechte. Die Souveränität ruht in der Gesamtheit der stimmfähigen
Einwohner; diese stimmen als Conseil général über Kantonal- und Bundesverfassung ab. Das Organ der legislativen Gewalt
ist der GrandConseil, welcher von den drei Bezirken (Stadt, rechtes und linkes Ufer) auf je zwei Jahre nach Verhältnis der Kopfzahl
gewählt wird. Es kommt je ein Mitglied auf 1000 Seelen, solange nicht die Zahl der Mitglieder 100 übersteigt; von da an
wird die Skala entsprechend reduziert.
Wählbar sind die Bürger weltlichen Standes, sofern sie das 25. Altersjahr zurückgelegt haben und im
Vollgenuß ihrer Wahlrechte stehen. Der GrandConseil versammelt sich ordentlicherweise zweimal jährlich. Das Initiativrecht
üben der Staatsrat und die Mitglieder des GrandConseil; die Vorschläge der letztern können an eine Legislativkommission gewiesen
werden. Seit 1879 besteht das fakultative Referendum; eine Zahl von 3500 Wählern genügt, um die Abstimmung
zu verlangen.
Der GrandConseil übt das Begnadigungsrecht, überwacht und bestimmt den jährlichen Staatshaushalt, ernennt die Abgeordneten
in den eidgenössischen Ständerat etc. Die Exekutivgewalt ist einem Conseil d'État von sieben Mitgliedern übertragen, die
durch den Conseil général auf je zwei Jahre, abwechselnd mit den Wahlen in den GroßenRat, gewählt werden.
Wählbar sind die Wähler weltlichen Standes, sofern sie das 27. Altersjahr zurückgelegt haben. Die Gesetzgebung ordnet die
Rechtspflege, alle Richter werden vom GroßenRat gewählt.
Das Schwurgericht für Strafsachen und das Institut der Friedensrichter sind garantiert. Jede Gemeinde hat
einen Conseil municipal, der je auf vier Jahre gewählt wird. In der Stadt Genf ist die Munizipalverwaltung einem Conseil administratif
übertragen, der durch den Munizipalrat aus der eignen Mitte bestellt wird. Der Staat sorgt für den Primär-, Sekundär- und
akademischen Unterricht; der Primärunterricht ist unentgeltlich (und seit 1872 auch obligatorisch).
Die Verfassung kann jederzeit (nach bestimmtem Modus) revidiert werden. Die Staatsrechnung von 1884 (Einnahmen 4,483,027 Fr.,
Ausgaben 5,546,920 Fr.) ergab ein Defizit von 1,063,893 Fr. Unter den Einnahmen ist der stärkste Posten Enregistrement, Timbres
etc. mit 1,485,177;
dann folgen Mobiliartaxe mit ca. 800,000 Fr., Contribution foncière mit über 600,000
Fr. etc. Den stärksten Ausgabeposten verursachte die Verzinsung und Amortisation der Staatsschuld mit 903,585Fr.;
er ließ sich mit einer Summe von 2,400,000 Fr. abfinden, und der Anteil der Stadt
Genf beläuft sich auf ca. 20 Mill. Fr.
¶
mehr
Die Stadt Genf.
Die Stadt Genf am Ausfluß
[* 55] des Rhône aus dem Genfer See ist das »schweizerische Paris«. Der belebte See mit seinen reizenden Ufern,
der Wasserschwall des klargrünen Stroms, die Firsten der Jurakette im N., der schroffe Salève im S., dahinter die Firne des
Montblanc, dazu die stolze Stadt selbst, das rege öffentliche und wissenschaftliche Leben, der Reichtum,
die Eleganz: das alles macht Genf zu einem der reizendsten Plätze des Erdbodens, und darum auch ist es schon lange der Aufenthalt
vieler Fremden von Rang und Bedeutung.
Die stärkere Stadthälfte (la vieille Cité), der Sitz der vornehmen Bevölkerung, ist auf dem steilen
linken Ufer erbaut; gegenüber, auf flacherm Gelände, liegt St.-Gervais, jetzt aus einem sonst unansehnlichen Arbeiterviertel
erweitert und verschönert. Der enge und bei den hoch getürmten Häusermassen ziemlich finstere Stadtkern hat neuerdings
durch Schleifung der Festungswerke und Abdämmungen des Sees ganz außerordentliche Erweiterungen erhalten und ist mit neuen
Straßenreihen und Stadtteilen ausgestattet worden.
Erwähnung verdient auch das 13 m lange, 0,8 m hohe, in Lindenholz geschnitzte
Montblancrelief im EnglischenGarten, eine Arbeit von Sené. Die Stadt zählt (1880) 50,043, mit den Vorstädten Plainpalais
und Eaux Vives 68,328 Einw. Dem Reichtum der Stadt entsprechend ist die Zahl der wohlthätigen Anstalten,
die zum Teil städtisch
(wie das große Bürgerhospital, das, mit einem Fonds von 3½ Mill. Fr. dotiert, jährlich an 800 Personen
verpflegt, das Irrenhaus, die Anstalt für Unheilbare, die neue Waisenanstalt u. a.), zum großen
Teil auch Privatanstalten sind. Wie ehedem, ist auch heute noch Genf die Burg des Protestantismus für die Schweiz und die westlich
und südlich angrenzenden Länder, und es zeugen für den keineswegs erkalteten religiösen Eifer die vielen
Sekten und die vielen religiösen Gesellschaften.
Genf (Genava) erscheint zuerst in der Geschichte als befestigte Grenzstadt der Allobroger gegen die Helvetier und gelangte mit
jenen um 120 v. Chr. unter die Herrschaft der Römer.
[* 62]