Suspension, die nur auf
Geistliche Anwendung findet. Früher hat die
katholische Kirche auch gegen
LaienGefängnisstrafen und
Geldbußen verhängt. Die evangelische
Kirche kannte ursprünglich nur den kleinen
Bann, erst später auch den großen: Bußübungen,
Versagung des christlichen Begräbnisses und gewisser Auszeichnungen, selbst
Geldbuße und Leibesstrafen.
Schon im
Mittelalter
trat indessen die
Notwendigkeit ein, dem
Mißbrauch der kirchlichen
Straf- und Zuchtmittel entgegenzutreten.
In
Sachsen,
[* 2]
Brandenburg,
[* 3]
Bayern,
[* 4]
Frankreich,
England wurden teils die kirchlichen Urteilssprüche allgemein der staatlichen Bestätigung
(placet) unterworfen, teils die Verhängung gewisser
Kirchenstrafen, namentlich der Exkommunikation, gegen landesherrliche
Beamte für nichtig erklärt. Im
DeutschenReiche galt der bereits erwähnteRecursus ab abusu, und gegen
geistliche Obere wurden wegen Übergriffe der geistlichen
Gerichte in weltliche
Sachen oder unzulässiger Verhängung von
KirchenstrafenGeldbußen, Temporaliensperren, Absetzungen, auch
Gefängnisstrafen ausgesprochen. - Das bayrische
Religionsedikt vom und
die Entschließung des
Staatsministeriums vom das
Edikt für die
oberrheinische Kirchenprovinz vom
die sächsische Verfassungsurkunde vom kennen ebenfalls den
Recursus ab abusu; das badische
Gesetz vom und
das württembergische vom erfordern: das erstere die Vollzugsreiferklärung durch die Staatsbehörde, das letztere,
daß der Bestrafte mit dem Vollzug durch die
Kirchengewalt einverstanden sei.
Ausführlicher ist das preußische
Gesetz vom über die
Grenzen
[* 5] des
Rechts zum
Gebrauch kirchlicher
Straf- und Zuchtmittel.
Es verbietet (§ 1) alle
Straf- und Zuchtmittel, welche ihrer
Natur nach in das staatliche Gebiet hinübergreifen, während
es anderseits das
Prinzip anerkennt, daß die Handhabung einer berechtigtenZucht- und
Strafgewalt den Religionsgesellschaften
freistehen soll. Aber auch die Anwendung der zulässigen Zuchtmittel ist durch § 2 und 3 für den
Fall untersagt, daß sie
dafür verhängt werden, weil die
Unterthanen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen sind oder nachkommen wollen.
Durch § 4 endlich wird verhütet, daß durch die Art und Form der Bekanntmachung oder Vollziehung einer
gesetzmäßig verhängten
Strafe eine Minderung, bez. Kränkung der
Ehre des Bestraften herbeigeführt werde. Das
Gesetz vom erklärt
jedoch ausdrücklich, daß die Versagung kirchlicher
Gnadenmittel unter die Bestimmungen des
Gesetzes vom nicht
falle.
III. DieZivilgerichtsbarkeit sprach die
katholische Kirche an über
Geistliche, welche im
DeutschenReich
einen privilegierten
Gerichtsstand vor den geistlichen
Gerichten erlangt hatten; aber auch hinsichtlich der
Laien wurden Alimentensachen,
Ehesachen,
Gelübde, Verlöbnisse etc. vor geistliche
Gerichte gezogen, und auch in der evangelischen
Kirche entwickelte sich
eine geistliche Gerichtsbarkeit, welche sich
namentlich in Ehesachen bis in die neuere Zeit
erhielt. In
Deutschland
[* 6] wurden die
Rechte der geistlichen
Gerichtsbarkeit in
Strafsachen wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
durch das Gerichtsverfassungsgesetz beseitigt, welches (§ 15) ausdrücklich bestimmt, daß die
Gerichte Staatsgerichte sind,
daß die Ausübung einer geistlichen
Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegenheiten ohne bürgerliche
Wirkung sein und dies
insbesondere für
Ehe- und Verlöbnissachen gelten soll.
Vorbehalt, s.
Reservation^[= # (lat.), ein Vorbehalt, welcher bei dem Abschluß eines Rechtsgeschäfts gemacht wird, z. B. ...] und
Augsburger Religionsfriede.
Dergleichen waren besonders in der zweiten Hälfte des
Mittelalters sehr im
Schwange und wurden, als zum Festgepränge der katholischen
Kirche gehörig, von
Geistlichen wie von
Laien in
Kirchen und auf
öffentlichen
Plätzen aufgeführt.
die Gesamtheit aller Kirchenbeamten, höherer wie niederer, besonders aber derjenigen,
welche durch den Empfang der
Ordination nicht nur zum Predigen, sondern auch zur
Verwaltung der
Sakramente und überhaupt zur
Ausübung der pfarramtlichen
Seelsorge berechtigt sind.
Über die rechtlichen Verhältnisse dieses
Standes s.
Klerus;
FernereReisen führten Geitler nach Serbien
[* 21] und Makedonien, wo er sich
längere Zeit am BergAthos aufhielt. Weiter erschienen von ihm als Teil einer vergleichenden slawischen Grammatik die Schrift
»Über die slawischen U-Stämme« (Prag 1877) und die litterarhistorische Studie »PoetischeTraditionen der
Thraker und Bulgaren« (beide tschechisch). 1880 entdeckte Geitler im Kloster am BergSinai zwei im glagolitischen Alphabet abgefaßte
Handschriften altslawischer Texte aus dem 10. Jahrh. (»Euchologium«
und »Psalterium«, Agram 1883). Seine letzte Veröffentlichung war: »Die albanesischen und slawischen
Schriften« (Wien 1883).
die zwischen den Blattwinkeln hervorkommenden Kurztriebe, z. B. an der Tabakspflanze
und am Weinstock, die, weil sie dem Hauptstamm die Nahrung entziehen, ohne selbst Früchte zu tragen, entfernt werden;
(althochd. kît, »ungezügelte Habgier,Heißhunger«) kommt mit dem Erwerbstrieb darin überein, daß er auf die Vermehrung, mit der Sparsamkeit darin, daß er auf
die Erhaltung des Besitzes bedacht ist, unterscheidet sich aber von beiden dadurch, daß jenes Streben nicht, wie bei diesen,
Mittel, sondern, wie bei der Habsucht, die Vermehrung und, wie bei der Sparsucht, die Erhaltung des Besitzes
selbst Zweck ist, daher er, wie jene, auch unerlaubte Erwerbsmittel nicht scheut und, wie diese, auf die Befriedigung auch
notwendiger Bedürfnisse Verzicht leistet.
Geringerer Grad von Geiz ist die Kargheit, die sich auf das unentbehrliche Maß von Genüssen beschränkt und zur
Knickerei wird, wenn sie auch wirkliche Bedürfnisse übersieht, zur Knauserei aber, wenn sie darauf ausgeht, andre auf kleinliche
Weise in dem ihnen Gebührenden zu beeinträchtigen oder zu beschädigen. Der höchste Grad des Geizes, wo derselbe das Ehrgefühl
des Menschen völlig ertötet und eine niedrige und verächtliche Gesinnungs- und Handlungsweise zuwege
gebracht hat, heißt schmutziger Geiz oder Filzigkeit und der ihm Verfallene Geizhals. Eine Musterschilderung des
Geizes (als Knauserei) hat Molière in seinem berühmten Lustspiel »L'avare« gegeben.
(Krätz, Krätze, Geschur), allerlei bei Erz- und Metallschmelzungen sowie bei der Verarbeitung edler Metalle
(Gold- und Silberkrätze) gesammelte metallhaltige Abfälle, auf Hüttenwerken z. B. Gemenge von dem auszubringenden Metall mit
Schlacken, Brennmaterial, Zwischenprodukten (z. B. Lechen), welche während eines unregelmäßigen Schmelzganges, beim Ausräumen
des Herdes, beim Ausblasen (Ausschuren) der Öfen,
[* 26] beim Reinigen der Metalle mittels Seigerung (Seigerkrätz)
etc. gesammelt werden. Diese Produkte werden entweder ohne weiteres wieder in die Schmelzarbeiten zurückgegeben, oder zuvor
einer mechanischen Aufbereitung durch Pochen, Setzen oder Schlämmen unterworfen, wobei durch letztere OperationKrätzschlieg
erhalten wird. Vgl. Goldkrätze.
Dichter (Poeta laureatus). Die Sitte, Dichter feierlich mit dem Lorbeer zu bekränzen,
verpflanzte sich von den griechischen Nationalspielen zu den Römern und wurde im 12. Jahrh. von den deutschen Kaisern nachgeahmt.
So krönte FriedrichI. denMönchGünther, welcher die Thaten des Kaisers in einem lateinischen Epos verherrlicht hatte. Nachher
verlor sich die Sitte und kam im 13. Jahrh. zuerst in Italien
[* 27] wieder auf. Die berühmteste Dichterkrönung
war dort die Petrarcas auf dem Kapitol am Ostertag 1331. In Deutschland führte KaiserFriedrich III. die Sitte wieder ein, indem
er denÄneasSylviusPiccolomini (nachherigen PapstPius II.) und KonradCeltes nebst andern krönte.
Sein Sohn Maximilian I. setzte Ulrich v. Hutten den Dichterkranz auf, verlieh dann aber das Recht dazu den
kaiserlichen Pfalzgrafen. Dadurch verlor die Auszeichnung an Bedeutung und sank vollends, seitdem Ferdinand II. den Reichshofgrafen
das Vorrecht der Dichterkrönung überlassen hatte. Nächst Hutten sind die berühmtesten gekrönten Dichter GeorgSabinus,
NikodemusFrischlin und MartinOpitz, der erste, der wegen deutscher Gedichte den Lorbeer erhielt. Goethe,
der während seines Aufenthalts in Rom
[* 28] dort feierlich gekrönt werden sollte, lehnte die Ehre ab. In England besteht die Hofwürde
eines Poet laureate, der als solcher vom Regenten ernannt wird und einen kleinen Gehalt bezieht, seit Eduard
IV. und hat sich bis heute erhalten. Der gegenwärtige Kronpoet ist Tennyson, der 1850 zu dieser Würde erhoben ward.
s. v. w. nach einem Winkel
[* 29] gebogen, daher gekröpfte Bänder etc. Gekröpftes Gesims,
[* 30] Gesims, welches bei Mauervorsprüngen oder Risaliten um die Ecke des Vorsprungs mit der gleichen Ausladung, die dieser hat, herumführt;
(Mesenterium), eine Falte des Bauchfelles (s. d.), welche von der hintern Bauchwand her sich derart an den
Darm
[* 31] anheftet, daß ihre Blätter auseinander weichen und den ganzen Umfang des Darms mit den zugehörigen
Gefäßen, Nerven
[* 32] etc. einschließen. Im engern Sinn ist Gekröse die Bekleidung des Dünndarms, während für diejenige der folgenden
Darmstrecken die NamenGrimmdarm- (mesocolon) und Mastdarmgekröse (mesorectum) gebräuchlich sind (s. Tafel »Eingeweide
[* 33] I«).
(Kalbsgekröse, Inster), in der KochkunstMagen,
[* 35] Därme und Netz des Kalbes, wird klein geschnitten, gekocht und
meist mit einer weißen Sauceà la hollandaise, manchmal aber auch gedünstet, gebraten oder gebacken serviert.
auch
Gips
[* 36] kommt in solchen Bildungen vor, z. B. bei Frankenhausen wurmförmig gewundene weiße Gipslagen, in
bituminösem, bräunlichem Gips eingebettet.
Bezeichnung zweier gleichartiger, durch ein gemeinsames Glied
[* 37] miteinander verbundener Gegenstände. So sind
gekuppelte Säulen
[* 38] solche, die durch ein gemeinsames Gesims oder ein gemeinsames Postament miteinander verbunden sind, oder
die nur ein einziges Kapitäl haben. Sie kommen im maurischen Stil und in der Spätrenaissance sowie in
den dieser folgenden Bauperioden vor (s. Abbildung). Gekuppelte Fenster sind mehrere nebeneinander stehende, durch schmale
Pfeiler getrennte, mit gemeinschaftlicher gerader oder gebogener Verdachung
[* 39] versehene Fenster, welche besonders in Räumen Anwendung
finden, die viel Licht
[* 40] bedürfen und keine breiten Fensterschäfte zulassen. Gekuppelte Träger
[* 41] heißen
mehrere einzelne, über den Stützpunkten verbundene kontinuierliche Träger.
1) Name von zwei Päpsten: a) St. Gelasius I., Afrikaner, im März 492 zum Papst gewählt, war einer der ersten
römischen Bischöfe, welche das Kirchensupremat im Abendland in Anspruch nahmen. Er verfolgte mit Strenge den Pelagianismus,
der in Dalmatien um sich zu greifen schien, erneuerte den Bannfluch seines Vorgängers Felix III. gegen die orientalischen
Patriarchen und vertrieb die in Rom verborgenen Manichäer; starb 19. Nov. 496. Man hat von ihm eine Schrift
gegen die Eutychianer und Nestorianer: »De duabus in Christo naturis«, mehrere Briefe und einen »Codex sacramentarius«. Die Briefe
und Abhandlungen sind herausgegeben von Thiel in »Epistolae romanorum pontificum etc.« (Braunsb. 1867).
- b) Gelasius II., vorher Johann vonGaeta, Benediktiner von Monte Cassino, war unter Urban II. und Paschalis II.
Kardinal und Kanzler des heiligen Stuhls und ward nach dem Tode des letztern von der dem KaiserHeinrich V. feindlichen
Partei zum Papst gewählt.
sehr reiner, farb-, geruch- und geschmackloser Knochenleim (s. Leim). Gelatina Carragaheen, irländische Moosgallerte, wird
bereitet, indem man 1 Teil Carragaheen mit 40 Teilen Wasser ½ Stunde im Wasserbad erhitzt, durchseiht und
die Flüssigkeit unter Zusatz von 2 Teilen Zucker
[* 50] auf 10 Teile verdampft. Gelatine Lichenis islandici, isländische Moosgallerte,
wird bereitet, indem man 3 Teile mit kaltem Wasser gewaschenes isländisches Moos mit 100 Teilen Wasser ½ Stunde im Wasserbad
erhitzt, durchseiht und die Flüssigkeit unter Zusatz von 3 Teilen Zucker auf 10 Teile verdampft. Gelatine Lichenis
islandici saccharata sicca, trockne, gezuckerte isländische Moosgallerte, wird bereitet, indem man 16 Teile isländisches Moos
mit 1 Teil gereinigter Pottasche und Wasser 24 Stunden stehen läßt, dann abwäscht und mit 200 Teilen Wasser 4 Stunden im Wasserbad
erhitzt. Nach dem Durchseihen wiederholt man die Behandlung im Wasserbad, vereinigt beide Abkochungen und verdampft sie mit 6 Teilen
Zucker zur Trockne. Der Rückstand wird endlich mit so viel Zucker vermischt, daß er gleiche Teile Gelatine und Zucker enthält. Gelatinieren,
zu Gallerte werden; gelatinös, gallertartig.
von Sand erfundenes Verfahren zur Herstellung typographischer Klischees von Handzeichnungen etc. Ein
aus Gips, dem man etwas schwefelsauren Baryt und Alaun
[* 51] zugesetzt hat, mit Wasser bereiteter dünner Brei wird mittels eines breiten
Haarpinsels auf einer vollständig glatten Fläche (Zink, Porzellan, Glas)
[* 52] bis zur Dicke von reichlich 1 mm aufgetragen und
trocknen gelassen. Ist dies geschehen, so radiert man mit einer senkrecht zu führenden Nadel die Zeichnung in die Gipsschicht
ein und übergießt dieselbe dann, nachdem man die ganze Platte mit einem Rand aus Holz,
[* 53] Glaserkitt, Wachs od. dgl. umgeben hat,
mit geschmolzener Buchdruckwalzenmasse (s. Buchdruckerkunst, S. 559) bis zur Dicke von 8-10 mm, läßt erkalten
und hebt den Aufguß ab. Mit einer dünnen Lösung von chromsaurem Kali überstrichen, verhärtet sich die Oberfläche der Platte,
welche man mit Leim auf einem Holzblock befestigen kann, um ihr die für den Druck in der Buchdruckpresse erforderliche Höhe
zu geben.
in der Farbenlehre mit Rot undBlau eine der drei Grundfarben, welche mit BlauGrün und mit
RotOrange bildet. Während blaue Lichtstrahlen die stärkste chemische Wirkung ausüben und rote am stärksten erwärmen, besitzen
die gelben Lichtstrahlen
¶
(Beergelb, Avignonbeeren oder -Körner), die unreifen getrockneten Beeren verschiedener
Rhamnus-Arten, von der Größe einer Erbse mit drei oder vier Einschnürungen, welche ebenso vielen Samen
[* 57] entsprechen, sind auf
der Oberfläche runzelig, gelb, gelbgrün, bräunlichgrün, schmecken süßlich (die deutschen unangenehm bitter) und riechen
schwach widerlich. Die besten sind die persischen von Rhamnus infectoria, dann folgen die levantischen
und türkischen von R. saxatilis und R. infectoria, die französischen oder Avignonbeeren von R. infectoria, die spanischen,
italienischen, ungarischen von R. saxatilis, R. infectoria und R. cathartica und die deutschen von der zuletzt genannten
Art. Die Gelbbeeren enthalten Rhamnin, welches in geruch- und geschmacklosen, gelben Nadeln
[* 58] kristallisiert, in Wasser
und kochendem Alkohol leicht löslich ist, in der Lösung, besonders wenn sie alkalisch ist, schnell braun wird und durch ein
in den Beeren enthaltenes Ferment sowie durch Säuren in Zucker und Rhamnetin (Chrysorhamnin) gespalten wird.
(Livre jaune), in Frankreich (seit 1852) die Sammlung von offiziellen Aktenstücken, welche der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten der Volksvertretung zu unterbreiten pflegt;
entspricht dem englischen Blaubuch (s. Blaubücher).
(Melinit), Mineral, ein durch Eisenhydroxyd gefärbter Thon, derb, bisweilen dickschieferig, matt ockergelb,
undurchsichtig, zerreiblich, findet sich zu Wehrau in der Lausitz, Amberg,
[* 66] Blankenburg, Richelsdorf u. a. O.,
wird gemahlen und geschlämmt und kommt als Anstrichfarbe, als Gelberde, gelber Thon, gelbe Hausfarbe, Berggelb, Stritzelgelb etc.
in den Handel.
Auch südlich vom Äquator kommt es selten vor. Brasilien
[* 72] war 40 Jahre lang vom gelben Fieber befreit geblieben, bis es 1849-52
wieder von heftigen Epidemien heimgesucht wurde. Im allgemeinen sind aber auf der ganzen westlichen Hemisphäre die Ostküsten
weit mehr der Sitz des gelben Fiebers als die Ufer des StillenMeers. Die Krankheit kommt aber auch an einzelnen
Stellen der afrikanischen Westküste vor, besonders in Sierra Leone, und zwar endemisch-epidemisch, so daß diese Länder sogar
von einzelnen als der Ursitz der Krankheit betrachtet wurden. Auch Weiterverbreitungen von da aus wurden beobachtet. In Europa
[* 73] herrschte das gelbe Fieber niemals endemisch, dagegen sind in einigen Küstenstädten (Cadiz,
[* 74] Barcelona,
[* 75] Gibraltar)
[* 76] zu Anfang des 19. Jahrh. größere Epidemien vom gelben Fieber vorgekommen, seit 1828 nur noch kleinere Epidemien,
so 1839 in Brest, 1851 in Oporto
[* 77] etc. Einzelne sporadische
¶
mehr
Fälle kommen nicht selten auf ankommenden Schiffen in europäischen Seehäfen vor, wie dies namentlich 1852 mehrfach beobachtet
worden ist. Die Entstehung der Krankheit scheint durch eine anhaltende Hitze von 26-27° und darüber erheblich begünstigt
zu werden. Das gelbe Fieber herrscht deshalb in Westindien vom Mai bis zum Oktober, auf dem amerikanischen
Festland vom August bis Oktober und November. Schwüle und Windstille, namentlich wenn längere Zeit die Gewitter ausbleiben, scheinen
durch die Stagnation der erhitzten Atmosphäre begünstigend einzuwirken.
Ist die Krankheit einmal epidemisch geworden, so pflegt sie erst mit Eintritt kühler Witterung zu erlöschen. Auch Feuchtigkeit
scheint die Entstehung des gelben Fiebers zu begünstigen. Ohne Zweifel wirken ungünstige Bodenausdünstungen
oder Miasmen zur Erzeugung der Krankheit wesentlich mit. In denStädten, welche eigentliche Herde der Krankheit sind, beginnt
sie meist in den schmutzigen und engsten Quartierenoder an den Kais. Auf dem Land scheint sie fast nie zu entstehen, obgleich
sie dahin verschleppt werden kann, ebenso wie sie sich auch nur selten in höhern Regionen verbreitet.
Selbst auf niedern Höhenzügen in der Nähe der Meeresküste ist man schon ziemlich sicher vor dem gelben Fieber; absolute
Immunität gewähren freilich nur sehr starke, etwa 1500 m hohe Bodenerhebungen. Ist das gelbe Fieber einmal ausgebrochen,
so scheint es sich nach Art einer ansteckenden Krankheit, also auf kontagiösem Weg, verbreiten zu können. Man hat wenigstens
häufig beobachtet, daß namentlich im Anfang einer Epidemie ein paar Wohnungen, eine Häuserreihe oder einzelne Straßen allein
Erkrankungen zeigten, und daß diejenigen, welche solchen Ausbruchsherden fern blieben, vor derKrankheit sicher
waren, daß aber ein vorübergehender Besuch dieser Orte dieselbe hervorzurufen im stande war.
Namentlich durch Schiffe
[* 79] soll das gelbe Fieber weiter verschleppt werden, indem, wenn sie nicht exemplarisch rein gehalten
werden, das faulende Wasser in den untern Kielräumen, zumal unter dem Einfluß einer tropischen Hitze, ein sehr geeignetes
Medium für die Entwickelung des der Krankheit zu Grunde liegenden spezifischen Giftstoffs abgeben soll.
Aber auch durch Menschen, welche vor derKrankheit fliehen, wird dieselbe nur zu häufig weiter verbreitet und dann auf die
Umgebung, selbst in ganz fieberfreien Gegenden, übertragen.
Die Bösartigkeit des gelben Fiebers ist im Beginn einer Epidemie am heftigsten. Zuweilen aber zeigen die
Epidemien einen mildern Charakter, und während ihrer Herrschaft treten wohl alle andern, namentlich entzündliche, Krankheiten
zurück; ein andermal kommen Typhen und Cholera gleichzeitig mit dem gelben Fieber vor. Auch Tiere sollen von der Krankheit während
ihrer epidemischen Verbreitung befallen werden. Während der Herrschaft einer Gelbfieberepidemie leiden
überhaupt alle Menschen mehr oder weniger unter dem Einfluß der Krankheit, namentlich an Verdauungsstörungen, schlechtem
Schlaf, gelber Färbung der Haut
[* 80] etc., wenn sie auch im übrigen gesund bleiben. Am empfänglichsten sollen die Fremden, besonders
die neu angekommenen Europäer, für das gelbe Fieber sein, und um so mehr, aus einem je kühlern Land
sie kommen, eine je kürzere Zeit sie zur Überfahrt gebraucht oder sich in der Region des gelben Fiebers befunden haben.
Ist ein Fremder schon ein oder zwei Jahre im Land, ohne von der Krankheit befallen zu sein, so zeigt dieselbe, wenn sie ihn
noch befällt, einen mildern Charakter, wie bei den Eingebornen überhaupt und bei denen, welche sich
durch eine Reihe von Jahren akklimatisiert haben. Auch die verschiedenen Rassen zeigen eine verschiedene Disposition zur Erkrankung.
Je dunkler die Haut, desto geringer soll die Empfänglichkeit sein. Die Neger sind vollkommen frei davon. Je kräftiger und
blühender aber die Körperbeschaffenheit, desto größer die Empfänglichkeit.
Die Frauen sind dem gelben Fieber im allgemeinen weniger unterworfen als die Männer. Mißbrauch geistiger Getränke steigert
die Disposition. Am allermeisten sind diejenigen geschützt gegen die Krankheit, welche sie schon durchgemacht haben. Als Gelegenheitsursachen
gelten deprimierende Gemütsaffekte, Diätfehler, Erkältung und Durchfall. Die Krankheit ist in der Regel
eine sehr rasch verlaufende, indem sie meist nur 3-10 Tage währt. Gewöhnlich beginnt sie ziemlich plötzlich, ohne besondere
Vorboten, welche allenfalls in Mattigkeit, Appetitlosigkeit, schwerem Kopf, Schwindel und Schnupfen bestehen.
Diese das erste Stadium der Krankheit charakterisierenden Erscheinungen währen gewöhnlich 2-4 Tage, und es beginnt dann das
zweite Stadium, in welchem die Kranken eine subjektive Besserung fühlen. Das Fieber hört auf, die Schmerzen verschwinden aus
Kopf, Magen, Gliedern etc., die Haut wird kühl, die Augen verlieren den Glanz, die Stühle werden stark gallig
gefärbt, ein Schweiß tritt ein, zuweilen leichte gelbliche Färbung der Haut, worauf völlige Genesung eintreten kann, jedoch
selten eintritt.
In der Regel kehrt der Magenschmerz heftiger zurück, der Körper nimmt eine intensiv gelbe Färbung an, der Urin
wird gallig, der Puls sinkt unter die Norm, die Kranken werden matt und stupid, sie erbrechen dann alles Genossene, das Erbrochene
ist blutig, die Zunge ist trocken, braun, der Durst groß, die Harnabsonderung fehlt fast ganz. Die Kranken klagen über Angst,
Beklemmung, die Gesichtszüge sind verfallen. Manchmal sind Delirien vorhanden. So steigern sich
die Symptome fort und fort, bis der Tod unter Konvulsionen eintritt. LetztereErscheinungen können als drittes Stadium bezeichnet
werden. Genesung erfolgt in der Regel nur in den zwei ersten Stadien; ist einmal Blutbrechen vorhanden, so ist meist keine Besserung
zu erwarten, sie ist wenigstens sehr selten, und die Kranken erholen sich nur sehr langsam. Das gelbe Fieber
ist eine der tödlichsten Krankheiten. Durchschnittlich nimmt man an, daß ein Drittel der Erkrankungen tödlich endet.
Über die Ursachen des gelben Fiebers ist nichts bekannt, nur läßt sich aus dem Mitgeteilten vermuten, daß auch hier ein
vermehrungsfähiger Ansteckungsstoff vorliegt, und es ist daher möglichst alles Faulende, alle Ansammlungen
von Unrat, stagnierendes Wasser etc. zu entfernen oder zu zerstören, die Schiffe recht rein zu halten; bricht die Epidemie
in einer Stadt aus, so ist ein massenhaftes Verlassen derselben geboten, wie dies auch in New Orleans systematisch durchgeführt
wird. Die Wiederkehr
¶
mehr
findet dann erst bei Beginn des Frostes statt. Am meisten gilt dies für Fremde, denen auch möglichst strenge Diät, namentlich
in Bezug auf geistige Getränke, anzuempfehlen ist, neben Freihaltung des Stuhlganges und möglichster Lüftung der Wohnung.
Was die Sorge gegen die Einschleppung der Krankheit durch Schiffe in die Seehäfen betrifft, so sollten
die Quarantänemaßregeln nur für die Zeit gehandhabt werden, wo überhaupt das gelbe Fieber herrschend ist; außerdem sind
sie zwecklos. Im Winter z. B. sind sie ganz unnötig, ebenso in nördlichen Gegenden, wo eine Gelbefieberepidemie
niemals beobachtet wurde, weil sie da keinen Boden findet.
Kommt aber ein Schiff
[* 83] aus einem Hafen, wo das gelbe Fieber herrscht, ist seine Überfahrt eine kurze, sind
mehrere Gelbefieberfälle auf dem Schiffe vorgekommen, und ist der Ort, wo das Schiff anlegt, von der Art, daß die Krankheit
daselbst einen günstigen Boden zu ihrer Ausbreitung findet, so ist eine strenge Quarantäne angemessen. Unnötig mag dieselbe
aber erscheinen, wenn bei etwas länger dauernder Überfahrt kein Krankheitsfall unter dem Schiffspersonal
vorgekommen ist.
Morin C12H8O5 bildet farblose Nadeln, schmeckt schwach bitter, löst sich leicht in Alkohol, sehr
schwer inWasser, leicht und mit gelber Farbe in Alkalien. Das Maclurin C13H10O6 bildet gleichfalls
farblose Kristalle, schmeckt süßlich adstringierend, ist leicht löslich in Wasser, Alkohol und Alkalien, zersetzt Kohlensäuresalze,
fällt Eisenoxydul- und Eisenoxydsalze schwarzgrün und wird durch Leim vollständig gefällt. Man benutzt
Gelbholz zum Gelbfärben; es liefert fast dieselben Farben wie Quercitronrinde, und auch hinsichtlich der Echtheit stehen sich beide
nahe; am häufigsten benutzt man es zu allerlei Mischfarben. - Besonders aus dem Cuba-Gelbholz wird in Amerika,
[* 85] Frankreich und Deutschland
Gelbholzextrakt bereitet, welches dickflüssig oder fest, aber nie so hart und glasartig wie das Blauholzextrakt
ist.
Das amerikanische Extrakt ist stets fest, dunkel olivengrün, schwach glänzend, spröde, von muscheligem Bruch. Reiner als
das Gelbholzextrakt ist der Gelbholzlack (Cubalack). Derselbe ist hell olivengrün, teigartig und wird durch Fällen einer
Abkochung des Gelbholzes mit Alaun dargestellt. Der Cubalack wird namentlich in der Woll- und Kattundruckerei
angewandt. SchöneStücke von Gelbholz dienen auch zu feinern Tischlerarbeiten. Ungarisches Gelbholz s. v. w. Fisettholz.
(Xanthopsie), Störung des Sehvermögens, bei welcher helle Gegenstände gelblich erscheinen, tritt nach innerlicher
Verabreichung von Santonin ein, indem letzteres die violett empfindenden Nervenfasern der Netzhaut zuerst erregt (vorübergehendes
Violettsehen) und dann lähmt (Violettblindheit), so daß nun infolge des Ausfallens des Violett das weiße Licht gelb wird.
Das Gelbsehen bei Gelbsucht ist wahrscheinlich nur eine Folge der Gelbfärbung der durchsichtigen Teile des Auges
durch Gallenfarbstoff.
(gallige Dyskrasie, Icterus, Morbus regius, Cholaemia). Die Gelbsucht ist keineswegs eine selbständige Krankheit, sondern
nur ein Symptom zahlreicher krankhafter Zustände im Bereich der Leber, des Gallenapparats und einiger andrer Organe, welche
alle darin übereinstimmen, daß eine mangelhafte Ausscheidung von Galle eine gelbe Färbung der Organe,
namentlich der Haut und der Bindehaut des Auges, bedingt. Die Behinderung im Gallenabfluß ist vorwiegend mechanischer Natur,
bedingt durch Gallensteine, Narben, Geschwülste oder Schwellung der Darmschleimhaut und Verlegung der Mündung des Gallenganges
durch katarrhalisches Sekret (Icterus catarrhalis).
Gallenresorption und damit Gelbsucht wird eintreten müssen, sobald die Galle in den Gallenwegen unter einem
höhern Druck steht als das Blut in den Lebergefäßen. Die Beimischung von Gallenbestandteilen zum Blut verursacht zunächst
eine gelbgrüne Farbe des Blutserums, der Gewebesäfte und der Gewebe
[* 87] selbst. Die gelbe Färbung, welche sich bis zur schwarzgrünen
Farbe steigern kann, tritt am frühsten und deutlichsten hervor an der weißen Augenhaut (der Sclerotica),
der Bindehaut des Auges, an den Lippen, der Gaumenschleimhaut, den Nägeln und zuletzt an der ganzen äußern Haut. Dagegen fehlt
der Gallenfarbstoff in dem Kot, welcher thonfarbig, weißgrau aussieht und aashaft stinkt. AlleSekrete des Körpers, namentlich
der Harn und Schweiß, sind gallig gefärbt. Aber nicht bloß der Gallenfarbstoff, sondern auch die Gallensäuren treten bei
der Gelbsucht im Harn auf. Da keine Galle in den Darm gelangt, so ist die Verdauung schwer gestört: es bestehen Appetitlosigkeit, Widerwille
gegen Speisen,
¶