Die
Ruten werden dabei geschält und ungeschält, roh, gebleicht und gefärbt angewendet und die geflochtenen
Gegenstände vielfach durch Anmalen,
Lackieren,
Bronzieren,
Vergolden auf das effektvollste verziert. Eine weitere
Spezialität
der Geflechte ist das sogen. à jour-Geflecht, welches aus
Bändern hergestellt wird, die aus
Baumwollzwirn oder aus diesem und
Pferdehaar
gewebt und dann namentlich zu Kinderhüten verflochten werden
(Sparterie). Sehr beliebt sind bei uns in
neuerer Zeit die geflochtenen
Arbeiten der
Japaner aus Reisstroh und gespaltenen oder dünnen ganzen Bambuszweigen sowie die
Matten und zierlichen Körbchen der
Kaffern geworden. Die Flechtindustrie schafft bei uns namentlich in Gebirgsländern eine
sehr ausgedehnte und lohnende Beschäftigung. Im schlesischen
Gebirge ist das Strohflechten ein Erwerbszweig
von solcher Bedeutung geworden, daß dort sogar eigne Strohflechtschulen errichtet sind, und zu
Lindenberg in
Bayern
[* 6] hat die
Hutflechterei nach italienischer Art große
Ausdehnung
[* 7] gewonnen.
Worte, ein ursprünglich Homerischer
Ausdruck (epĕa pteroënta), in neuester Zeit auf
Aussprüche geschichtlich
berühmter
Personen und
Citate aus dichterischen Werken angewendet, die als besonders treffend und charakteristisch einen weiten
Widerhall fanden und nun im
Munde des
Volkes als stehende Redensarten fortleben.
die
Zucht von Hühnern,
Gänsen,
Enten,
[* 11]
Tauben,
[* 12] Trut- und Perlhühnern und
Fasanen für wirtschaftliche
Zwecke oder als Liebhaberei, war seit langer Zeit in
Frankreich und
Italien
[* 13] in lebhaftem Betrieb, erhielt
aber einen neuen Aufschwung durch die Einführung des Kochinchinahuhns, an welche sich in
England eine Erregung knüpfte,
die mit der Tulpenwut und ähnlichen
Erscheinungen verglichen werden kann. Als die
Bewegung in ruhigere
Bahnen lenkte, wurden
Geflügelzuchtvereine, inDeutschland
[* 14] der erste unter dem
Namen Hühnerologischer
Verein in
Görlitz
[* 15] 1852 durch
Öttel, gegründet.
Später wurde für die
Vereine eine
Organisation gesucht, und es entstanden
Verbände und Zentralvereine. Viele
Vereine dienten
nur der Liebhaberei, dem
Sport
(Deutscher Geflügelzüchter-Sportklub), andre betonen hauptsächlich die wirtschaftliche Bedeutung
der Geflügelzucht und legen teils auf die
Fleisch-, teils auf die
Eierproduktion das größte
Gewicht. Dank diesen
Bemühungen hat auch die
Landwirtschaft der Geflügelzucht wieder erhöhte
Aufmerksamkeit geschenkt, und manche landwirtschaftlichen
Vereine
haben wie die Geflügelzuchtvereine besondere Geflügelausstellungen veranstaltet. Mehrfach sind große geschäftliche
Unternehmungen
für Geflügelzucht ins
Leben gerufen worden, und nicht ohne Erfolg ist bei denselben die Brutmaschine zur Anwendung
gekommen. Weiteres und Litteratur s. die einzelnen
Artikel.
(Gefolgschaft,Comitatus), mehrere
Personen, die einem regierenden
Fürsten, auch hohen
Zivil- und
Militärbeamten
zur
Begleitung und Bedienung beigegeben sind; bei den alten
Germanen eine
Verbindung kampflustiger
Jugend, die sich zu
Streifzügen
und sonstigen kriegerischen
Unternehmungen, wobei ein allgemeines
Aufgebot nicht stattfand, um einen frei
gewählten
Führer, gewöhnlich einen
Fürsten, scharte und sich demselben gegen Gewährung von Unterhalt zur
Treue verpflichtete.
Dergleichen Gefolgschaften finden sich späterhin besonders bei den
Franken, bei denen die Gefolgsleute (antrustiones) im
Frieden eine Art Hofstaat, im
Krieg aber die bewaffnete Umgebung desKönigs bildeten. Die Verteilung von
Ländereien seitens der
Fürsten an ihr Gefolge legte den Ursprung zum
Lehnswesen. Zufolge der neuern Forschungen von
Deloche (»La
trustis et l'antrustion royal sous les deux premières races«, Par. 1873) bezeichnete nach
dem
SalischenGesetz und nach den
Formeln Markulfs trustis das königliche Gefolge und nach einem
Dekret von
Chlotar
zugleich eine Art Gendarmerie, da die antrustiones verpflichtet waren, jedem, der mit einem
Verbrechen bedroht war,
Hilfe zu
leisten. Seit dem 8. Jahrh. durften auch Großgrundbesitzer ein um sich sammeln, welches aus
Vasallen (vassi) bestand, die sich gegen Unterhalt zu allen einem
Freien anstehenden Dienstleistungen verpflichteten,
eine Einrichtung, welche in der Folgezeit zu der
Ausbildung des
Lehnswesens (s. d.) wesentlich mit beitrug.
Mikrolithe, mitunter fluidal angeordnet, enthält. Die Quarzkörner liegen oft zersprungen in diesem glasig gewordenen
Bindemittel. Neben dieser Substanzänderung tritt bisweilen auch eine dem benachbarten unveränderten Sandstein fehlende säulenförmige
Absonderung auf. Alle diese Erscheinungen zeigen auch Sandsteine, welche als Gestellsteine eines Hochofens lange Zeit einer sehr
hohen Temperatur ausgesetzt waren.
[* 17] (Eis)
[* 22] wird im allgemeinen dadurch bereitet, daß man Fruchtsäfte mit Zucker,
[* 23] zuweilen auch mit Rahm (Sahne),
Eiern, Gewürzen gefrieren läßt. Man bringt die Masse in eine blecherne oder zinnerne cylindrische Büchse (Gefrierbüchse)
von etwa 15 cmDurchmesser und 30 cmHöhe, welche mit einem genau schließenden Deckel, an dem sich ein
Griff oder Henkel befindet, versehen ist. Diese Büchse stellt man in einen Eimer, an welchem sich unten ein Zapfloch befindet
(Eiskübel), und füllt das Gefäß
[* 24] rings um die Büchse abwechselnd mit gestoßenem Eis und Salz
[* 25] oder mit einer andern Kältemischung
bis zur Höhe der Büchse, so daß nur der Deckel derselben sichtbar bleibt und die oberste Schicht aus
Salz besteht.
Nachdem die Büchse etwa ¼ Stunde lang so gestanden hat, dreht man sie mehrere Male in dem Eis herum, ohne sie in die Höhe zu
ziehen, öffnet sie, rührt die Masse mit einem blechernen oder hölzernen Spatel gut um, verschließt
die Büchse aufs neue, dreht sie wieder ¼ Stunde lang im Eis herum und fährt so fort, bis der Inhalt eine gleichförmige, butterartige,
geschmeidige Masse darstellt. Das vollendete Gefrorne wird sogleich in Gläser oder Formen gefüllt und serviert, oder man läßt
es bis zum Servieren ruhig im Eiskübel stehen und bedeckt dann auch den Deckel mit Eis. Vor dem Gebrauch
taucht man die Büchse ½ Minute lang in lauwarmes Wasser und stürzt sie hierauf um. Fullers Gefrierapparat
[* 17]
(Fig. 1) besitzt
eine Büchse a, die auf dem Zapfen
[* 26] b durch die Kurbel
[* 27] in Rotation versetzt wird. Der Arm dd führt die Kurbel
und greift über den Zapfen cc. Der Deckel ee schließt den mit Kältemischung gefüllten Raum. Das äußere Gefäß ist doppelwandig,
und der Raum zwischen den doppelten Wandungen ist mit schlechten Wärmeleitern gefüllt. Meidingers Gefrierapparat
[* 17]
(Fig. 2)
besteht aus einem doppelwandigen Gefäß B B, in welchem ein ringförmiges Blechgefäß CC mit durchlöcherten
Wandungen und in der Mitte das cylindrische Gefriergefäß A hängt.
Man schüttet in das große Gefäß das zu erbsengroßen Stücken zerschlagene Eis, gießt bis zu gleicher Höhe vollkommen gesättigte
Kochsalzlösung hinzu, füllt das ringförmige Gefäß mit grobkörnigem Kochsalz u. hängt das Gefriergefäß ein, welches
den Brei aus Eis und Salzlösung
bis an den Rand des großen Gefäßes empordrücken muß. Das Gefriergefäß
darf nur bis zu drei Vierteln mit dem Sirup oder Creme gefüllt werden. Zur Darstellung größerer Mengen von Gefrornem benutzt
man verschieden konstruierte Gefriermaschinen, bei denen ein oder mehrere Gefriergefäße durch eine mechanische Vorrichtung
in Umdrehung versetzt werden. Halbgefroren nennt man die Fruchteise: Granitto; das Gefrorne stellt sich
dann als eine breiartige Masse dar. Ist es noch in dickflüssigem Zustand, so daß es getrunken werden kann, so bezeichnet
man es als Sorbetto. Halbgefrornes Sahneeis sind die Eiscremes, Charlot Russe, Nesselrode, FürstPückler etc.
eine Summe von eigentümlichen Wahrnehmungen, welche durch die sensibeln Nerven
[* 28] vermittelt werden und welche
entweder auf das empfindende Ich oder auf eine diesem gegenüberstehende Außenwelt bezogen werden (s. Gemeingefühl). - Im
psychologischen Sinn wird Gefühl häufig (obwohl fälschlich) mit der Bezeichnung: »Empfindung« als gleichbedeutend
gebraucht. Beide Arten von Bewußtseinserscheinungen haben das miteinander gemein, daß sie unmittelbar durch Reize verursacht
und auf solche bezüglich sind, allein mit dem Unterschied, daß Empfindungen durch äußere (Zustände im Sinnesnerv), Gefühle
durch innere Reize (Zustände im Bewußtsein) erzeugt werden.
Ursache der erstern ist ein gewisser Molekularzustand im Sinnesnerv, welcher durch die entsprechende
Sinnesempfindung (Gesichts-, Gehörs-, Tast- etc. Empfindung) ausgelöst, Ursache der letztern ein gewisser Spannungszustand der
im Bewußtsein vorhandenen Vorstellungen, welcher in ein entsprechendes Gefühl (Lust- oder Unlustgefühl) übersetzt wird. Wie
daher jeder Sinn, so hat auch das Gefühl seine spezifische Energie; wie das Auge
[* 29] nur auf Licht-, das Ohr
[* 30] nur auf
Luftoszillationen, jenes nur durch Licht-, dieses nur durch Schallempfindungen reagiert, so antwortet das Gefühl nur auf Förderungs-
und Hemmungszustände der Vorstellungen innerhalb des Bewußtseins und zwar nur in Form eines Lust- und Unlustgefühls. Um
dieser Ähnlichkeit
[* 31] willen mit den Sinnen ist das Gefühl wohl auch selbst ein Sinn und zwar im Gegensatz zu diesen,
die sich auf äußere Reize beziehen, ein innerer genannt worden, weil es durch innere angeregt wird. Der Ausdruck ist deshalb
unpassend, weil er dazu verführen kann, das Gefühl mit der Apperzeption, d. h. mit dem Bewußtsein unsrer Vorstellungen, zu verwechseln.
Wessen wir uns im G. bewußt werden, sind nicht die Vorstellungen selbst, sowenig wie das, dessen wir
uns in der Empfindung bewußt werden, die einzelnen Moleküle sind, aus welchen der Sinnesnerv besteht;
¶
mehr
in beiden Fällen ist es vielmehr die Lage (dort der Moleküle im Nerv, hier der Vorstellungen im Bewußtsein), welche zum Ausdruck
kommt. Wie nun beispielsweise für den Sehnerv die volle Anwesenheit des Lichtreizes Lichtempfindung, die (allerdings niemals
totale) Abwesenheit desselben Empfindung der Dunkelheit veranlaßt, so rufen die einander entgegengesetzten Zustände
des Vorstellens, die völlige Freiheit und Ungehemmtheit und das (gleichfalls niemals totale) Gehemmtsein desselben, entgegengesetzte
Gefühle, jene das der Lust, dieses das der Unlust hervor.
Beide, Gefühle wie Empfindungen, haben daher einen realistischen Charakter; aus dem Dasein der erstern läßt sich mit Sicherheit
auf das Dasein gewisser Hemmungen oder Förderungen des Vorstellens, aus der Existenz der letztern ebenso
auf die Existenz entsprechender Reize im Sinnesnerv schließen. Beide haben aber auch eine nicht aufzuhebende Dunkelheit an sich:
aus der Qualität der Empfindung läßt sich auf keine Weise die Qualität des Reizes, aus jener des Gefühls ebensowenig die
Qualität einer im Zustand der Hemmung oder Förderung befindlichen Vorstellungen »herausklauben«.
Alles, worauf uns die Empfindung zu schließen gestattet, ist, daß überhaupt Reize (einer gewissen Art) vorhanden sind. Alles,
was uns das gegebene Gefühl lehren kann, besteht darin, daß im Innern überhaupt Spannungszustände (einer gewissen
Art) herrschen. Alles, was außerdem in die Empfindung als angeblich unmittelbar Wahrgenommenes hineingelegt
wird, gehört einem groben Dogmatismus an, der durch Kant und die (idealistischen) Ergebnisse der neuern Physiologie der Sinnesorgane
für immer beseitigt ist.
Alles, was außerdem in das Gefühl als vermeintlich unmittelbar Gefühltes hineingeheimnist wird, ist eine Illusion jener im Trüben
fischenden Gefühlsphilosophie, welche den Bankrott des Wissens vom Übersinnlichen durch die Wünschelrute
des Fühlens zu ersetzen wähnte. Vermögen jedoch die Gefühle über das außerhalb unsers Bewußtseins Befindliche (Objektive)
uns nicht einmal so viel zu lehren wie die (deshalb objektiv genannten) Empfindungen, und sind sie deshalb, weil sie nur Zustände
unsers eignen Bewußtseins offenbaren, vorzugsweise (im Gegensatz zu jenen) subjektive Seelenzustände,
so sind sie doch als unaufhörliche und unvermeidliche Begleiter unsers Vorstellungslebens von ausnehmender Wichtigkeit.
Sie drücken gleichsam den Anteil aus, den das Bewußtsein als solches an seinen eignen Zuständen, deren Hebung
[* 33] und Senkung,
Freisein, Gehemmtsein und Wiederbefreitwerden nimmt. In der Qualität des jeweilig vorherrschenden Gefühls spiegelt
sich, wie in der Stellung der Quecksilbersäule ober- oder unterhalb des Gefrierpunktes, der jeweilige Stand vorherrschender
Hemmung oder Freithätigkeit des Vorstellens; in der Intensität und dem beschleunigten oder verzögerten Rhythmus desselben
prägt sich der augenblickliche Grad und das Tempo der Zu- oder Abnahme des vorhandenen Spannungszustandes im Bewußtsein vornehmlich
aus.
Folge davon ist, daß die sprachlichen Bezeichnungen für die Beschaffenheit der Gefühle aus demjenigen Gebiet sinnlicher
Erscheinungen genommen sind, welche, wie Wärme
[* 34] und Kälte, verschiedene Grade der Spannung zwischen den kleinsten Teilen der
körperlichen Materie darstellen. In wessen Innerm schon geringe Veränderungen des gegebenen Spannungszustandes hinreichen,
um Gefühle hervorzurufen, heißt ein Mensch von empfindlichem, derjenige, bei welchem die Intensität
des Gefühls, mit jener der veranlassenden Spannung verglichen, hoch
erscheint, einer von warmem Gefühl. Die entsprechenden Gegenteile
stellen der unempfindliche (gefühllose) und kalte Mensch dar, obwohl beide Ausdrücke auch wohl auf die Abwesenheit einer gewissen
Art von Gefühlen (den sympathetischen) gedeutet zu werden pflegen.
Bei der Einteilung und Aufzählung der Gefühle, die zu den mannigfaltigsten, aber auch rätselhaftesten Phänomenen des Bewußtseinslebens
gehören und stets das »Kreuz«
[* 35] der Psychologen ausgemacht haben, kann entweder von der Beschaffenheit des Spannungszustandes,
dessen Ausdruck das Gefühl ist, oder von dessen Ursache ausgegangen werden. In ersterer Hinsicht unterscheidet
man angenehme Gefühle als Ausdruck des ungehemmten und unangenehme Gefühle als solchen des gehemmten Zustandes im Bewußtsein;
in letzterer Hinsicht körperliche Gefühle, wenn der Grund der Spannung in organischen Leibeszuständen, und geistige Gefühle,
wenn er in dem Vorhandensein und Vorherrschen gewisser Vorstellungen oder Vorstellungsmassen im Bewußtsein liegt.
Beide sind normal oder anormal, je nachdem die veranlassenden Leibes- oder Bewußtseinszustände es sind.
So ruft das normal wiederkehrende Bedürfnis der Nahrung als Ersatz für den aufgezehrten Stoff das unangenehme, aber gesunde
körperliche Gefühl des Hungers bei jedem unter gleichen Umständen auf gleiche Weise, dagegen das anormal gesteigerte des Kranken
nur bei diesem das krankhaft gesteigerte Schmerzgefühl des Heißhungers hervor. Ebenso werden bei normalen
Verhältnissen vorhandene Vorstellungsmassen unter gleichen Umständen stets denselben Spannungsgrad zeigen und dieselben
Gefühle nach sich ziehen; bei anormalen (z. B. wenn deren Selbstthätigkeit durch das Vorherrschen
andrer Vorstellungsmassen gestört, gehemmt oder entstellt wird) werden zwar andre Spannungsverhältnisse und infolgedessen
auch andre Gefühle zum Vorschein kommen, aber nur, weil und solange jene anormalen Umstände vorhanden sind.
Die unter normalen Verhältnissen eintretenden Gefühle können, weil sie sich immer gleichbleiben, auch fixe (objektive)
heißen; die unter anormalen auftretenden werden, weil sie, wie diese selbst, zufällig und unberechenbar sind, passend vage
(subjektive) Gefühle genannt. Letztere sind es besonders, welche die Anwendung der angenehmen oder unangenehmen
begleitenden Gefühle als Wertmesser der von ihnen begleiteten Bewußtseinszustände in Verruf gebracht haben.
Sowenig nämlich sich vorhersagen läßt, daß z. B. eine Speise, die dem Gaumen unter normalen Gesundheitsverhältnissen des
Geschmacksnervs angenehm schmeckt, ihm unter anormalen, z. B. bei einer
Verstimmung des Nervs, ebenso munden werde, sowenig läßt sich vorhersehen, ob eine unter normalen Umständen, d. h. wenn
sie allein im Bewußtsein vorhanden ist, ein gewisses Gefühl nach sich ziehende Vorstellungsmasse dieselbe Folge haben werde, wenn
außer derselben noch andre ihre Wirksamkeit störende, hemmende oder entstellende Vorstellungsmassen im Bewußtsein vorhanden
sind.
Daraus ist der Spruch entstanden, daß sich über den Geschmack (eigentlich das Gefühl) nicht streiten lasse. Letzteres schon aus
dem Grund nicht, weil jeder Streit, um zu einem greifbaren Ergebnis zu führen, deutlich bewußte Vorstellungen voraussetzt,
Gefühl jedoch zwar das Bewußtsein des Spannungszustandes der Vorstellungen, aber nicht dieser selbst ist.
Zu den fixen körperlichen Gefühlen gehören die sogen. Vitalitätsgefühle, die von der gemeinsamen,
zu den vagen die Idiosynkrasien (s. d.), welche von der individuellen körperlichen
¶
mehr
Organisation abhängen. Zu den fixen geistigen gehören die sogen. reinen (universellen) Gefühle,
die ohne, zu den vagen die »subjektiven Erregungen«, die unter Einmischung
der Individualität des Fühlenden entspringen (Kants »Privatgefühle«). Jene werden weiter, je nachdem ihre Veranlassung
in der Materie oder in der Form der ihren Sitz ausmachenden Vorstellungsmasse gelegen ist, in materielle
und Formgefühle, letztere selbst, je nachdem die verursachende Form eine logische (Identität, Widerspruch) oder ästhetische
(Größe, Fülle, Einheit in der Mannigfaltigkeit, Harmonie, Disharmonie) ist, in logische (Wahrheits-) u. ästhetische (Schönheits-)
Gefühle unterschieden.
Letztgenannte gehen, wenn obige Vorstellungsmasse das Bild eines Wollens und die veranlassende Form die Form
eines solchen (Vollkommenheit, innere Freiheit, Wohlwollen, Recht, Billigkeit oder eins ihrer Gegenteile, Unvollkommenheit,
innere Unfreiheit, Übelwollen, Streit, Unbilligkeit) ist, in sittliche Gefühle über. Wird das Gefühlte (was aber nur
bei den Formgefühlen möglich ist) zum deutlichen Bewußtsein erhoben, so geht das in (logisches, ästhetisches, sittliches)
Urteil über, das einer Wissenschaft von den logischen, ästhetischen, sittlichen Formen als Normen des richtigen
Denkens, ästhetischen und ethischen Beurteilens (formale Logik, Ästhetik, Ethik oder praktische Philosophie) zum Prinzip dienen
kann.
Wird endlich auf den Umstand geachtet, ob die Ursache des Gefühls im eignen oder in einem fremden Bewußtsein gelegen ist,
so ergibt sich die Einteilung in egoistische (eigne) und sympathetische (Mit-) Gefühle. Letztere entstehen
durch unwillkürliche Nachahmung des fremden entweder durch das gleiche (Mitfreude, Mitleid) oder durch das entgegengesetzte
Gefühl (Neid bei Freude, Schadenfreude bei Leid des andern). Sogenannte gemischte Gefühle, die zugleich Lust- und Unlustgefühle
sein sollen, kann es nicht geben. Die dafür gelten, z. B. Wehmut u. a., beruhen auf der raschen Abwechselung
entgegengesetzter Freude- und Trauergefühle.
In der Natur der Gefühle ist es begründet, daß sie der äußern Darstellung und Mitteilung durch (sichtbare oder hörbare)
Zeichen große Schwierigkeiten bieten. Da das Gefühl auf der Spannung gewisser Vorstellungen ruht, diese selbst aber nicht
kennt, so können sehr verschiedene Vorstellungen sich in dem nämlichen Spannungsverhältnis befinden, also dasselbe Gefühl verursachen.
Daraus folgt, daß sich zwar durch Erregung derselben Vorstellungen in andern dieselben Gefühle, keineswegs aber durch Erregung
derselben Gefühle in andern dieselben Vorstellungen erzeugen lassen müssen.
Darstellung von Gefühlen durch Worte (»Dem Dichter gibt ein Gott, zu sagen, was er leide«)
ist daher zwar bestimmt, jene von Ideen durch Gefühle aber nicht anders als unbestimmt. Wo die Erzeugung der nämlichen Vorstellungen
eine Unmöglichkeit ist, weil sie entweder der Fühlende selbst nicht bei sich zur Klarheit gebracht, oder weder sicht-, noch
hörbare Zeichen dafür hat (»Der Mensch verstummt in seiner Qual«),
da bleibt kein andres Mittel, als
den nämlichen Spannungszustand im andern, gleichviel wodurch, zu erregen, um das gleiche Gefühl als Auslösung desselben zu erzeugen.
Der Musiker bedient sich zu diesem Zweck der Töne, da die Tonempfindungen ihrerseits untereinander ähnliche Spannungen und
Lösungen zeigen und überdies der Rhythmus des Gefühls, das An- und Abschwellen der Spannung, durch den
Rhythmus der Tonfolge und die Verstärkung
[* 37] oder Abdämpfung des Tons nachgeahmt werden kann.
Trauer und Freude können im allgemeinen musikalisch
dargestellt, niemals aber kann z. B. die Trauer um ein bestimmtes Individuum
durch bloße Töne fixiert werden. Händels Trauermusik auf den Tod der Prinzessin von Wales ließe sich als
christliche Passionsmusik gebrauchen. Auf der durchschnittlichen Beschaffenheit der herrschenden Gefühle beruht das, was wir
das Glück oder Unglück des Lebens nennen; das Vorwiegen der körperlichen oder geistigen, insbesondere der reinen, Gefühle
entscheidet über dessen niedern oder höhern Charakter.
im allgemeinen bedeutet den Mangel an Gefühlen, Gemütlosigkeit insbesondere den Mangel an Mitgefühl
(s. d.), der Herzlosigkeit heißt und bisweilen (beim Egoisten) vollständig,
während die Gefühllosigkeit niemals absolut, sondern das vorhandene Gefühl entweder nur schwach oder auf einen kleinen Kreis
[* 38] von Objekten
(beim Egoisten auf sich selbst) eingeschränkt ist.
eine Philosophie, welche sich, wie z. B. die Philosophie F. H. Jacobis (s. d.),
des Gefühls statt des Intellekts als Erkenntnisorgans bedient, um mittels desselben nicht nur in den Besitz dessen, was schön
oder gut (praktische Gefühlsphilosophie), sondern auch dessen, was wahr oder wirklich ist (theoretische Gefühlsphilosophie, Gefühlsmetaphysik),
zu gelangen.
Venusbilder (im Besitz des Königs) und ein großes Altarbild: Madonna mit dem Kind, in der Kirche zu Wangen. Auch schuf er mehrere
treffliche Bildnisse. Gegenbaur stellte am liebsten das Zarte, Anmutige und Liebliche dar, wiewohl er auch Schlachtenbilder
malte. Er starb in Rom.
Unvergleichlicher Reichtum empirischer Kenntnisse wetteifert bei ihm mit der größten Klarheit der kausalen Erkenntnis der
Formerscheinungen und mit philosophischer Förderung der Erkenntnis ihrer allgemeinen Gesetze. Unter seinen zahlreichen Spezialarbeiten
sind am wichtigsten diejenigen über die vergleichende Anatomie der Wirbeltiere (namentlich die Schädel- und Gliedmaßentheorie).
In seinen »Grundzügen der vergleichenden Anatomie« (2. Aufl., Leipz. 1870) ist zum erstenmal die
Deszendenztheorie auf das ganze Gebiet ebenso kühn wie vorsichtig angewandt und damit helles Licht
[* 52] über eine große Zahl
bis dahin dunkelster Phänomene ausgegossen worden. Charakteristisch für Gegenbaur ist die außerordentliche Nüchternheit und Kälte
seiner Betrachtungen bei aller Hoheit des Gedankenflugs; niemals wird er Enthusiast. Er schrieb noch:
»Grundriß der vergleichenden Anatomie« (2. Aufl., Leipz. 1878),
im Bergwesen ein öffentliches Urkundenbuch, welches über die Besitzverhältnisse
der Gewerkschaften und sonstigen Bergwerkseigentümer amtliche Auskunft gibt;
im Geschäftsleben ein zur fortlaufenden Kontrolle
einer Kasse neben dem Hauptbuch zu führendes Journal oder sonstiges Geschäftsbuch.
Kaiser, welche dem regierenden Kaiser entgegengestellt wurden, um ihm die Herrschaft streitig zu machen,
sind in der römischen Kaiserzeit namentlich von den Prätorianern mehrfach aufgestellt worden. Sie starben jedoch
meistens
eines gewaltsamen Todes, ohne allgemeine Anerkennung gefunden zu haben. Im frühern DeutschenReich war der erste Gegenkaiser, richtiger
Gegenkönig, Rudolf vonSchwaben, welcher 1077 dem KaiserHeinrich IV. von den ihm feindlich gesinnten Fürsten
entgegengestellt ward, aber noch in demselben Jahr fiel. Seitdem Ruprecht von der Pfalz 1400 gegen Wenzel als Gegenkaiser aufgestellt
ward und letztern in der That verdrängte, ist die Aufstellung eines Gegenkaisers in Deutschland nicht mehr vorgekommen.
(Gegengift, Antidotum), Bezeichnung solcher Stoffe, welche, in unmittelbare Berührung mit den Giften gebracht,
diese chemisch umsetzen und unwirksam machen.
beim Bergbaubetrieb ein vom Schacht im Innern der Grube aus getriebener Stollen, welchem
in gleicher Richtung ein Stollen vom Tag aus entgegengetrieben wird;
man redet alsdann vom Stollenbetrieb mit Ort und Gegenort.
die Kontrollprobe bei Bestimmung des Metallgehalts in einem Erz oder in einer Legierung (z. B. bei Münzen).
[* 54] Die Blei-, Silber- und Kupfererze werden auf dem Oberharz durch einen Bergprobierer und einen Berggegenprobierer
auf ihren Metallgehalt untersucht und zwar von ersterm im Interesse der Gruben, von letzterm im Interesse der Hütten,
[* 55] welche
die Erze von jenen kaufen. - Bei Abstimmungen, deren Ergebnis ein zweifelhaftes ist oder doch genauer festgestellt werden soll,
ist Gegenprobe die umgekehrte Abstimmung, welche auf dem entgegengesetzten Weg wie bei der ersten Abstimmung dasselbe
Resultat wie diese ergeben muß. Läßt z. B. der Vorsitzende bei der ersten Abstimmung diejenigen aufstehen, welche für einen
Antrag sind, so daß diejenigen sitzen bleiben, welche gegen denselben stimmen, so läßt er nun umgekehrt bei der Gegenprobe diejenigen
aufstehen, welche gegen den Antrag sind, während diejenigen sitzen bleiben, die für diesen Antrag stimmen wollen.
Derartige Gegenproteste kommen namentlich bei
Wahlprotesten oder Wahlanfechtungen vor, um die Gründe, welche zur Kassation der Wahl führen sollen, zu widerlegen und die
Gültigkeit der letztern darzuthun.
nennt man die Bestrebungen, die im 16. Jahrh. zuerst in Spanien
[* 56] und dann in ganz Europa
[* 57] sich regten,
um die protestantische Reformation rückgängig zu machen. Einerseits wurde dabei die Reinigung und Herstellung
der aus dem
¶
mehr
Mittelalter überlieferten katholischen Kirche ins Auge gefaßt, und in diesem Sinn ist das Tridentiner Konzil ein Ergebnis der
Gegenreformation zu nennen, anderseits war die Absicht vorhanden, den Protestantismus, wo immer er Fuß gefaßt hatte, zu unterdrücken und
zu vernichten. Die eigentlichen Führer und Vorkämpfer der Gegenreformation sind die spanischen Herrscher, KaiserKarl
V. und König Philipp II.; die thätigsten Gehilfen bei dieser Arbeit aber sind die Jesuiten. Das Zeitalter der Gegenreformation oder der Religionskriege
umfaßt das Jahrhundert von 1546 bis 1648; der erste Religionskrieg war der Schmalkaldische, der letzte der Dreißigjährige
Krieg.
Der WestfälischeFriede machte 1648 gesetzlich (wenn auch nicht thatsächlich) der gewaltthätigen in Deutschland ein Ende.
Das Ergebnis der Gegenreformation war eine beträchtliche Verstärkung der katholischen Kirche, welche das Gebiet in Europa wiedergewann,
das sie noch heutigestags behauptet, und ihre streng hierarchische Verfassung unter der absoluten Herrschaft des
Papsttums ausbildete.
Vgl. Pescheck, Geschichte der in Böhmen (Leipz. 1844, 2 Bde.);
(Contrastimulus), absichtliche Schmerzerregung in
einem Körperteil, um einen Reiz von einem andern abzulenken;
Gegenreizlehre oder Kontrastimulismus, von dem Italiener Rasori (daher auch Rasorismus) und von Brown (daher
Brownianismus) aufgestelltes medizinisches System.
(Oppositio) findet in der Logik zwischen Sätzen statt, wenn dieselben zwar beide unwahr, aber nicht beide
zugleich wahr sein können;
zwischen Begriffen dagegen, wenn sie sich weder miteinander zu einem Begriff noch in einem dritten
Begriff als dessen Merkmale vereinigen lassen.
Der Gegensatz ist kontradiktorisch, wenn nicht nur die Wahrheit
des einen Teils den andern falsch, sondern auch die Falschheit des einen den andern wahr macht;
konträr, wenn dagegen nur
das erstere der Fall ist.
in den reproduzierenden Künsten die Wiedergabe eines Gemäldes oder einer Zeichnung, wie sie sich im Spiegel
[* 77] darstellt, so daß die rechte Seite mit der linken vertauscht erscheint.
Auf diese Weise müssen die Zeichnungen
auf der Kupfer-, Holz-, Stein- oder Glasplatte ausgeführt sein, damit sie beim Abdruck das richtige Bild ergeben. Da sich die
Kopisten von alten Kupferstichen bisweilen nicht die Mühe gaben, die Zeichnung verkehrt anzufertigen, ist
der Abdruck von der Gegenseite oft das untrügliche Merkmal einer Kopie.
im Versicherungswesen, im Gegensatz insbesondere zur spekulativen Versicherungsunternehmung
durch Dritte (Aktiengesellschaften) solche Vereine, welche ihre eignen, von einer bestimmten Gefahr bedrohten Mitglieder gegen
die aus letzterer erwachsenden Schäden versichern. Versicherer und Versicherte sind hiernach ein und
dieselben Personen. Das Bestreben der Gegenseitigkeitsgesellschaften ist hiernach nicht auf Erzielung von Überschüssen
gerichtet, die von ihnen erhobenen Beiträge (Prämien) werden demgemäß so zu bemessen sein, daß sie nach Deckung der Verwaltungskosten
gerade ausreichen, die jeweiligen wirklichen Schäden zu begleichen.
Gewöhnlich werden feste Prämien im voraus erhoben. Waren die im Lauf desJahrs eingetretenen Verluste niedrig,
so finden Rückzahlungen statt, im entgegengesetzten Fall können Nachzahlungen und zwar bis zu einer im Statut bestimmten
Höhe eingefordert werden. Bei größern Gegenseitigkeitsgesellschaften, welche für die Prämienbemessung zutreffende
Durchschnittssätze in Anwendung bringen können, kommen solche Nachforderungen nur bei ganz ungewöhnlichen Ereignissen
(z. B. Brand von Hamburg
[* 78] im J. 1842) vor. Weiteres s. unter Versicherung.
(gegenüberstehend, oppositus), in der Botanik Bezeichnung derjenigen Stellung von Seitengliedern, insbesondere
von Blättern und Ästen, welche paarweise aus gleicher Höhe, aber an entgegengesetzten Seiten der Achse entspringen.