In denGrund der Gebärmutter münden mit sehr feiner Öffnung rechts und links die
Eileiter (s. d.). Die
Höhle der Gebärmutter ist im nichtschwangern
Zustand sehr eng und mit zähem
Schleim, während der
Menstruation auch mit
Blut erfüllt. In ihrer
Lage wird die Gebärmutter erhalten
durch den Bauchfellüberzug sowie durch die sogen. breiten und runden
Mutterbänder; erstere (ligamenta
uteri lata) sind Falten des
Bauchfelles, in die auch
Eileiter und
Eierstock eingeschlossen werden; letztere (ligamenta uteri
rotunda) sind muskulös, verlaufen zum
Leistenkanal und gehen aus der
Substanz der Wandung der Gebärmutter hervor.
Diese selbst besteht (abgesehen vom Bauchfellüberzug) aus einer dicken
Lage glatter Muskelfasern und
einer innern, mit Flimmerzellen versehenen, gefäßreichen Schleimhaut.
Letztere ist im Halskanal in
niedrige, quere Falten
gestellt und enthält dort
Schleimdrüsen, welche bei
Verstopfung ihrer Öffnungen zu rundlichen Säckchen anschwellen (sogen.
Nabothseier), dagegen in der eigentlichen Gebärmutterhöhle einfache, schlauchförmige
Drüsen
(Uterindrüsen), welche im Beginn
der
Schwangerschaft sich verlängern und so weit werden, daß sie die feinen Zotten des
Chorions (s. d.)
in sich aufnehmen können.
Zur Zeit der
Menstruation (s. d.) ist die Schleimhaut mit
Blut überfüllt, dunkelrot, samtartig aufgelockert; während der
Schwangerschaft ist sie fest mit den Eihäuten verwachsen, wird bei der
Geburt samt demMutterkuchen und
den übrigen Eihäuten mit ausgestoßen u. während des
Wochenbettes neu gebildet. Dann nimmt auch die Gebärmutter, welche im Verlauf
der
Schwangerschaft (s. d.) tiefgreifende anatomische Veränderungen erlitten
hatte, wieder nahezu ihre frühere
Größe und Form an. Nach Erlöschen der Geschlechtsfunktionen tritt häufig eine beträchtliche
Verkleinerung der ein.
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1. Gebärmutter des
Känguruhs (Halmaturus).
Die
Gebärmutter ist ungemein zahlreichen Erkrankungen unterworfen. Als angebornes Übel kommen
vollständiger Mangel und Verkümmerung, anderseits aber auch eine Verdoppelung der
Gebärmutter vor (uterus bicornis), d. h.
das
Organ besteht aus zwei bald vollständig, bald unvollständig getrennten Hälften, deren eine oder
beide bald normal entwickelt, bald teilweise verkümmert sind. Mangel und Verkümmerung schließen im allgemeinen die Möglichkeit
einer
Schwangerschaft aus, während bei Verdoppelung der
Gebärmutter die
Funktionen derselben ganz die normalen sein können.
Von den erworbenen
Krankheiten der
Gebärmutter sind die häufigsten diejenigen, welche sich als
Abweichung
von der normalen
Lage des
Organs darstellen, nämlich der
Vorfall, die
Neigungen und
Beugungen, die Umstülpung und die Emporzerrung
der
Gebärmutter, welche allgemein unter dem
Namen der
Frauenkrankheiten zusammengefaßt werden. Der Gebärmuttervorfall (prolapsus)
besteht anfänglich nur in einem Herabsinken der
Gebärmutter in die
Höhle derMutterscheide (sogen. descensus
uteri); bei den ausgebildeten
Formen des
Vorfalls jedoch kommt der Scheidenteil der
Gebärmutter äußerlich zwischen den Schamlippen
zum Vorschein, und im schlimmsten
Fall ist die
Mutterscheide ganz umgewendet, ihre Schleimhaut nach außen gekehrt, und der
Scheidenteil der
Gebärmutter nimmt die tiefst gelegene
Stelle an der vor den äußern
Schamteilen erscheinenden
Geschwulst ein. Ein solcher
Vorfall der
¶
mehr
Gebärmutter entsteht entweder plötzlich, nämlich wenn frisch entbundene Frauen das Bett
[* 10] zu früh verlassen und sich wohl
gar noch gröbern Körperanstrengungen unterwerfen, oder allmählich, außerhalb des Wochenbettes, infolge übermäßiger
körperlicher Anstrengungen, Heben schwerer Lasten u. dgl. Der Vorfall der Gebärmutter ist für die damit behafteten Frauen ungemein
lästig: der bloßliegende Schleimhautüberzug des Vorfalls ist gewöhnlich entzündet und mit Geschwüren
besetzt, weil die vorgefallenen Teile beim Gehen und durch die Verunreinigung mit Harn etc. beständig gereizt werden. Die
Behandlung des Vorfalls besteht darin, daß man die Gebärmutter in ihre normale Lage zurückbringt und in dieser durch sogen.
Pessarien oder Mutterkränze zu erhalten sucht (vgl. Mutterhalter), oder in hochgradigen Fällen darin,
daß man operativ Stücke der vordern oder hintern Scheidenschleimhaut herausschneidet und durch künstlich angelegte Nähte
der Gebärmutter eine befestigte Lage gibt. - Die Neigungen oder Versionen der Gebärmutter sind dadurch charakterisiert, daß
die Gebärmutter als Ganzes bald nach hinten (Retroversion), bald nach vorn (Anteversion) in verschieden
hohem Grad umgelegt erscheint.
Die Beugungen oder Flexionen der Gebärmutter dagegen bestehen darin, daß die Gebärmutter in der Gegend des Halses eine Knickung
erleidet, wobei der Grund der Gebärmutter nach vorn (Anteflexion) oder nach hinten (Retroflexion) oder nach der Seite (infractio
lateralis) gewendet ist. Die Ursachen dieser Lageveränderungen liegen teils in einer eigentümlichen
Schlaffheit der Gebärmutter und ihrer Befestigungsmittel, teils darin, daß die übermäßig gefüllte Harnblase oder der
mit Kotmassen dauernd überfüllte Mastdarm und ähnliche Momente die Gebärmutter aus ihrer Lage drängen. Auch hier besteht
die Behandlung darin, daß man die Gebärmutter aufrichtet, in ihre normale Lage zurückbringt und in dieser
durch ein Pessarium zu erhalten sucht. Die Anwendung dieser erst seit wenigen Jahren in die Behandlung eingeführten intra-uterinen
Pessarien gestattet die freie Bewegung des Körpers. - Die Umstülpung (inversio uteri) entsteht in ihrer reinen Form nur kurz
nach einer Entbindung, namentlich dann, wenn die Frauen in der Nachgeburtsperiode übermäßig mitpressen,
oder wenn gewaltsam an der Nabelschnur gezerrt wird, während der Mutterkuchen noch fest an der Wand derGebärmutter ansitzt.
Es tritt dann der Grund der schlaffen Gebärmutter durch den weiten Muttermund hervor; ja, es kann sogar eine vollständige
Umstülpung der ganzen Gebärmutter und der Mutterscheide nach außen eintreten. Auch große Geschwülste
der Gebärmutter, welche in die Mutterscheide hereinwachsen, können den Grund der Gebärmutter langsam nach sich ziehen und
dadurch allmählich einen gewissen Grad von Umstülpung herbeiführen, worin ein sehr erschwerendes Moment für später notwendig
werdende operative Eingriffe liegt. - Die Emporzerrung oder Elongation der Gebärmutter besteht in einer
Zerrung dieses Organs in die Länge und wird bewirkt durch Geschwülste, welche mit der Gebärmutter zusammenhängen und bei
fortschreitendem Wachstum im kleinen Becken keinen Platz mehr haben, so daß sie in die Bauchhöhle emporrücken und die Gebärmutter
dahin nachzerren. - Die Blutgeschwulst (haematometra) entsteht, wenn der Abfluß des Menstrualbluts durch
mechanischen Verschluß verhindert ist. Auch Eiter, Schleim, Wasser können unter ähnlichen Voraussetzungen in der Gebärmutterhöhle
sich ansammeln (hydrometra, Sackwassersucht der Gebärmutter) und das Organ zu
einem dünnwandigen, selbst cystenartigen Sack
umbilden. - Die Ansammlung von Luft und zwar von Fäulnisgasen in der Höhle der frisch entbundenen und
schlaffen Gebärmutter bedingt die Windgeschwulst derselben (physometra). Die Behandlung dieser Zustände ist stets eine operative.
- Entzündungen der Gebärmutter sind entweder akute, und dann sehr gefährliche Folgen des Wochenbettes, oder sie sind chronische
Erkrankungen, welche bei den erwähnten Lageveränderungen der Gebärmutter sich einstellen und unter den wechselvollen Symptomen
auftreten, die unter Amenorrhöe, Dysmenorrhöe, Weißer Fluß und Frauenkrankheiten eingehender erörtert
sind. - Die Entzündung des Zellgewebes in der Umgebung der Gebärmutter heißt Parametritis, diejenige des Bauchfellüberzugs
der GebärmutterPerimetritis; beide kommen vorzugsweise im Wochenbett (s. d.) vor. - Gebärmutterblutungen (Metrorrhagien) erfolgen
entweder in regelmäßigen Perioden vom Beginn der Geschlechtsreife (s. Menstruation), oder während der
Schwangerschaft und Geburt (s. d.), oder endlich infolge tiefer Gewebserkrankungen der Gebärmutterwand,
namentlich krebsiger Geschwüre derselben. Je nach der Ursache und dem Grade der Blutung ist die Behandlung verschieden.
Die Menstrualblutung erfordert höchst selten ärztliche Eingriffe; während der Schwangerschaft wird häufig eine Fehlgeburt
durch Blutungen angekündigt, und hier ist sofort ärztliche Hilfe einzuholen. Noch vorsichtiger sind größere
Blutverluste gegen den Beginn der Geburt aufzunehmen, da sie oft fehlerhaften Sitz des Mutterkuchens anzeigen und schleunige
Entbindung mit Kunsthilfe notwendig machen. Nur wenn Schwangerschaft sicher auszuschließen ist, sind kalte Einspritzungen bei
ruhiger Lage, Ausstopfen derScheide mit Scharpieballen, Darreichung von Ergotin u. dgl. am Platz.
1) Die Schleimhautpolypen der Gebärmutter sind birnen- oder keulenförmige, gestielt aufsitzende, manchmal auch flach und
breit aufsitzende örtliche Schleimhautwucherungen, welche mit schlauchförmigen Drüsen oder kleinen schleimhaltigen Cysten
versehen sind und von der Höhle der Gebärmutter oder dem Halskanal ausgehen, durch letztern nicht selten
in die Scheide herabragen und vermöge ihrer Zartheit und ihres Gefäßreichtums gern zu Blutungen führen. Solche Polypen sind
mit keinen erheblichen Beschwerden verknüpft, auch nicht gerade gefährlich zu nennen und lassen sich leicht durch Abbinden
[* 11] oder Abschneiden entfernen. - 2) Die Fasergeschwülste (Myome) der Gebärmutter sind feste, meist kugelförmige,
aus sehnigem Fasergewebe und glatten Muskelfasern, oft auch aus weicherm und dann gefäßreichem Schleimgewebe bestehende Geschwülste,
welche sich ursprünglich stets in der eigentlichen Substanz der Gebärmutter, also zwischen Schleimhaut und Bauchfellüberzug
derselben, entwickeln und langsam zu oft kolossaler Größe heranwachsen können.
Solche Fasergeschwülste können im Verlauf einiger Jahre ein Gewicht von 10-15 kg sowie einen schrecklichen
Umfang erreichen, sie treten bald einzeln, bald zu mehreren auf, kommen namentlich im Alter von 30-40 Jahren und später vor.
Je nach ihrer Lage unterscheidet man Myome, welche inmitten der Gebärmutterwand (intraparietal) liegen, von solchen, die
mehr kugelige Vorwölbungen des Bauchfelles (subseröse Myome) oder Vorstülpungen der Schleimhaut (submuköse Geschwülste)
darstellen. Die letztern werden mitunter durch wehenartige Zusammenziehungen wie durch
¶
mehr
einen Geburtsakt ausgestoßen. Doch dies Ereignis ist immerhin selten, man kann nicht darauf rechnen, und wenn diese Neubildungen
heftige Blutungen und andre Beschwerden verursachen, so müssen sie herausgeschält werden. Die Operation ist nicht ohne Lebensgefahr,
indessen leistet gerade auf diesem Gebiet die neuere Chirurgie an glücklichen Erfolgen oft Staunenswertes, da
es gelingt, nicht nur einzelne Abschnitte, sondern die ganze Gebärmutter mit allen Anhängen zu entfernen und so selbst bösartige
Krebse bei frühzeitiger Operation radikal zu heilen.
Der Krebs
[* 13] der Gebärmutter entwickelt sich fast immer in der Art, daß ohne bekannte Ursache in dem Scheidenteil der Gebärmutter
eine harte Stelle auftritt, über welcher ein blumenkohlähnliches, meist schnell an Umfang zunehmendes
Gewächs sich entwickelt, welches das Scheidengewölbe ausfüllt. Dieses Gewächs geht regelmäßig in Zerfall und Verschwärung
über, wobei eine scheußlich stinkende Jauche aus der Scheide abfließt. Das Geschwür dehnt sich aus, greift in die Tiefe,
zerstört den Halsteil der Gebärmutter, bricht nach der Blase oder dem Mastdarm durch und bildet somit
eine kurze, aber weite Fistel zwischen Scheidengewölbe und Mastdarm oder jenem und der Harnblase.
Kot und Harn gehen dann teilweise durch die Scheide ab, wodurch die Atmosphäre um die unglücklichen Kranken herum nur noch
mehr verpestet wird. Auch durch das Bauchfell kann das Krebsgeschwür durchbrechen, dieser Vorgang ist
aber fast unmittelbar vom Tod gefolgt. Die Frauen, welche an Krebs der Gebärmutter leiden, magern ab, werden bleich, elend;
sie haben oftmals die furchtbarsten Schmerzen auszustehen, und mit der Verschwärung des Krebses sind gewöhnlich Blutungen aus
dem Geschwür verbunden.
Alle diese Momente beschleunigen den Tod der aufs äußerste erschöpften Kranken, welche auf keine Weise
zu retten ist. Die Möglichkeit einer Heilung dieses schrecklichen Übels ist einzig dann vorhanden, wenn die harte, verdächtige
Stelle am Scheidenteil der Gebärmutter sehr früh und so entfernt wird, daß durchaus kein Krebskeim an Ort und Stelle zurückbleibt.
Durch genial ersonnene Operationsmethoden auf diesem Gebiet haben sich in neuester Zeit besonders Schröder,
Freund, Spencer-Wells u. a. verdient gemacht.
(Servitutes praediorum urbanorum), diejenigen Servituten, welche zu gunsten eines Gebäudes als herrschenden
Grundstücks (praedium dominans) an einem benachbarten (dienenden) Grundstück (praedium serviens) bestehen.
S. Servituten.
Auch können zwei Besteuerungsformen sich gleichzeitig an ein und dasselbe Gebäude anknüpfen, wie die Gebäudesteuer des
Staats und die Mietsteuer der Gemeinde in Berlin.
[* 14] Als Ertragssteuer soll die Gebäudesteuer die Erträge treffen, welche
Gebäude abwerfen. Dieselbe gewann ihre heutige Bedeutung infolge des Umstandes, daß eine größere Zahl von Wohnungen vermietet
und
deswegen auch als echte Ertragsquelle erkannt wurde. Sie hat jedoch nicht allein die wirklich erhobenen Mietzinsen zu
treffen, sondern ist auch auf denjenigen zu legen, welcher ein eignes Haus bewohnt, somit die Mietzahlung
spart, bez. ein Äquivalent in der Nutzung des Hauses zieht.
Als Ertragssteuer nimmt sie auf die Verschuldung keine Rücksicht und belastet auch den nur möglichen Ertrag aus leer stehenden
Häusern. In einigen Ländern werden Gebäudesteuer und Grundsteuer getrennt bemessen und erhoben, in andern wird das
Gebäude mit dem Boden als ein Ganzes durch die Gebäudesteuer getroffen, während dagegen die in Frankreich mit der Grundsteuer verschmolzen
ist, welche von bebauten und nicht bebauten Flächen erhoben wird. Bei Neubauten wird vielfach zeitweilig Steuerfreiheit gewährt.
Öffentliche Gebäude sind überall frei. Gewerbliche oder landwirtschaftlich benutzte Räumlichkeiten können entweder
durch die Gebäudesteuer für sich getroffen werden, oder es läßt sich auch deren Nutzung im Gesamtertrag durch Grund- und Gewerbesteuer
belasten. Ob eine gesonderte Besteuerung durch die Gebäudesteuer zweckmäßig, ist eine Frage der Ausgestaltung des Steuersystems und der
Technik der Durchführung desselben. Die preußische Gebäudesteuer (Gesetz vom trifft die vorzugsweise
zum Bewohnen bestimmten Gebäude mit 4 Proz. des Nutzungswerts, dagegen solche, welche ausschließlich
oder vorzugsweise dem Gewerbebetrieb dienen, mit 2 Proz.; sie erstreckt sich jedoch nicht auf die reinen Wirtschaftsräume
der Landwirtschaft (Stallungen, Scheunen etc.) und auf solche zu gewerblichen Anlagen gehörige Gebäude, welche nur zur Aufbewahrung
von Brennmaterialien, Rohstoffen etc. dienen. Ein Teil der französischen Gewerbesteuer wird als proportionale Steuer zu 1 2/3-10
Proz. des Mietwerts der benutzten Räume bemessen.
Als Aufwandsteuer soll die Gebäudesteuer den Aufwand treffen, welchen man für persönliche Zwecke durch Bewohnen von Häusern treibt;
sie hat als solche die für gewerbliche Zwecke benutzte Räumlichkeit freizulassen. Zu erheben ist sie
vom Mieter sowohl als auch von demjenigen, welcher eigne Häuser bewohnt, bez. für persönliche Zwecke überhaupt verwendet.
Bei vermieteten Häusern kann die Steuer vom Hausbesitzer in der Absicht erhoben werden, daß derselbe sie auf den Mieter überwälze.
Besteht gleichzeitig eine Gebäudesteuer als Ertragssteuer, so tritt bei etwaniger Nichtabwälzung
Doppelbesteuerung ein. Ebenso wird dann die Steuer beim Bewohnen eigner Häuser als Doppellast empfunden.
Den Charakter der Einkommensteuer nimmt die an, wenn der Aufwand, welchen man mit Wohnungen treibt, bei der Besteuerung nur als
Kennzeichen für Bemessung des Einkommens dient. In diesem Fall muß, da der Aufwand für Wohnungen vom
höhern Einkommen einen geringern Prozentsatz verschluckt als vom niedern, der Steuerfuß ein progressiver sein. Dem entsprechend
ist ein Teil der französischen Contribution personnelle-mobilier gestaltet, welche für höhere Mieten ein höheres Steuerprozent
ansetzt.
kann, sowie auch, weil Wohnungsaufwand und Einkommen ebensowenig einander immer entsprechen.
Die Veranlagung der Gebäudesteuer ist in der Praxis meist sehr mangelhaft. Dieselbe erfolgt in Preußen
[* 17] und Österreich
[* 18] nach einem Ertragskataster,
in Baden,
[* 19] Hessen
[* 20] und Württemberg
[* 21] nach einem Wertkataster. In Orten, in welchen viele Vermietungen vorkommen, kann einfach der
Mietzins (in Preußen nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre) zur Bemessung benutzt werden, indem
von demselben die Erhaltungskosten in Abzug kommen (in Österreich 15 Proz. vom Bruttomietwert in speziell benannten Städten, 30 Proz.
in allen andern Orten).
Die Höhe der Miete läßt sich durch Fassion der Eigentümer unter Benutzung einer durch den Mieter auszuübenden
Kontrolle feststellen. Daneben können Kaufpreise als Mittel der Kontrolle und Berichtigung verwendet werden. Die nicht vermieteten
Wohnungen (in Österreich in Orten, in welchen wenigstens die Hälfte der Wohnungen, in Preußen in Orten, wo gewohnheitsmäßig
Wohnungen vermietet werden) lassen sich dann nach dem möglichen Mietertrag einschätzen. In allen
andern Fällen, in welchen das Eigenbewohnen die Regel, ist das Steuerobjekt nach äußern Merkmalen zu bemessen. In Österreich
werden diese Wohnungen nach der Zahl der Stockwerke und der bewohnbaren Räume in zwölf Klassen eingeteilt (Hausklassensteuer);
Bayern
[* 22] erhebt in kleinen Ortschaften und einzelnen Höfen mit wenig vorkommenden Vermietungen eine Arealsteuer,
indem neben den für die Grundsteuer maßgebenden Bodenklassen der Flächeninhalt von Bauplatz und Hofraum der Bemessung zu
Grunde gelegt wird.
Preußen wirft auf dem Lande die Gebäudesteuer aus nach Größe, Bauart und Beschaffenheit der Gebäude und nach den Gesamtverhältnissen
der zugehörigen Besitzungen; doch soll bei größern Besitzungen nie ein höherer Ertrag als bei einem
Gebäude gleicher Beschaffenheit in den nächsten Landstädten angenommen werden. Die französische, 1798 eingeführte Thür-
und Fenstersteuer ist ausschließlich eine solche vom Eigentümer erhobene Hausklassensteuer, welche von den Mietern nach ihrem
Anteil an den Öffnungen wieder eingezogen werden darf.
Johann, tschech. Sprachforscher, geb. zu
Oubislavica bei Neupaka, studierte in Gitschin und Prag,
[* 27] bekleidete seit 1866 Lehrerstellen an den Realschulen zu Pardubitz und
Prag, habilitierte sich 1873 hier als Dozent der tschechischen Sprache
[* 28] und wurde 1881 zum ordentlichen Professor an der tschechischen
Universität ernannt. Er schrieb (in tschechischer Sprache): »Etymologische Sprachanfänge« (Prag 1868);
eine schon im Nibelungenlied erwähnte Kopftracht der Jungfrauen,
später der Frauen überhaupt, bestand anfangs aus einem gesteiften Bande, das Wangen und Kinn umschloß, wozu im 13. und 14. Jahrh.
eine Kopfbinde kam, die wie ein Reif oder, wenn sie oben geschlossen war, wie ein Barett den Kopf umschloß und durch das genannte,
am Kinn schmäler werdende Band
[* 29] gehalten wurde (s. nebenstehende Abbildung).
Die Farbe des Gebendes war
meist weiß, seltener rot oder grün.
(Gafar, Gabar), eigentlich AbuAbdallah Dshafar ibn Muhammed, mit dem Beinamen al Ssadik (der
Wahrhafte), arab. Gelehrter, geb. 699, der sechste Imam (Oberhaupt der Aliden), starb 765 in Medina. Er war ein eifriger Astrolog
und wegen seiner Wahrsagekunst (aus dem Gliederzucken) berühmt. Man schreibt ihm gegen 500 Schriften zu, von welchen besonders
»Sidera apparentia nativitatum«, »Liber divinationis«, »Valpitationes membrorum«, »Electiones
dierum« und »Tabulae de cognitione ingressus annorum, mensium et dierum« vielfach übersetzt worden sind. Geber wird
oft vermengt mit seinem berühmten SchülerAbuMusa Dshabir ibn Hajján, dem bedeutendsten Chemiker der Araber, der im Abendland
ebenfalls unter dem Namen Geber oder Dschabir (s. d.) geht. - Ein dritter Geber, Dschaaber ben
Aflah, lebte zu Ende des 11. oder zu Anfang des 12. Jahrh. in Sevilla
[* 30] und schrieb unter anderm ein Werk: »De astronomia libri
IX« (hrsg. von Apian, Nürnb. 1534), in welchem namentlich die PtolemäischeTheorie der zwei untern Planeten,
[* 31] jedoch mehr heftig
als gerecht, angegriffen wird.
(von beten, d. h. ursprünglich bitten), eigentlich Bitte, womit man sich an göttliche
Wesen wendet; dann im weitern Sinn jede Anrufung höherer Mächte; im weitesten Sinn überhaupt Erhebung des Herzens zu Gott,
Sammlung und Konzentration der Gedankenwelt in der Richtung auf das Göttliche, daher s. v. w. Andacht (s. d.). Das Gebet ist
sonach die erste, natürlichste Äußerung der subjektiven Religion und gestaltet sich im einzelnen Fall teils zur Bitte um
göttliche Hilfe, teils zum Dank für Erfahrung derselben (Lobgebet), teils, da jede Religion zugleich ein Ausdruck eines Gemeinschaftsbewußtseins
ist, zur Fürbitte (s. d.). In allen drei Formen setzt das Gebet voraus, daß sich der menschliche Geist dem
göttlichen als ein Ich dem Du gegenübergestellt finde.
Während man aber neuerdings fast durchgängig die Wirksamkeit des Gebets darin sucht, daß in der Berührung mit Gott und
der Vergegenwärtigung einer übersinnlichen Welt der Betende sich über die weltlichen Dinge erhoben, ins Gleichgewicht
[* 36] gebracht,
von den Bestrebungen des Alltäglichen und Gemeinen gereinigt, nach der gottverwandten Seite seines innern
Lebens hin gekräftigt fühlt, waren die Ansichten über das in einem frühern Stadium des geistlichen Lebens anders beschaffen,
sofern im G. vielmehr ein Handeln auf Gott, ein Bestimmtwerden Gottes bezweckt wurde, daher dasselbe auch im ganzen Altertum
bei den verschiedenartigsten Vorgängen im Staat und in der Familie eine viel ausgedehntere Rolle spielte.
Selbst noch in den Blütezeiten der griechischen und römischen Staatenbildung wurde wenigstens bei allen wichtigern Veranlassungen
das Gebet für unerläßliche Pflicht gehalten, deren Versäumnis den Zorn des vernachlässigten Gottes nach sich zog. In zahlreichen
Fällen waren die Gebete von Opfern begleitet, um die Götter geneigter zu machen, die Wünsche und Bitten
der Menschen zu erfüllen. Viele Gebete waren daher in bestimmte Formeln gefaßt, wie die um Schutz für die Feldfrüchte, bei
Geburten und Hochzeiten und namentlich die bei öffentlichen Feierlichkeiten von den Magistraten oder Priestern gesprochenen,
bei welchen das Versprechen oder Stocken immer für ein übles Anzeichen gehalten wurde, wie man überhaupt durchweg von der
Voraussetzung einer dem Gebet innewohnenden Zauberkraft ausging. Selbst die äußern Gebräuche beim Gebet waren bedeutungsvoll.
Man pflegte zuvor seine Hände zu waschen, denn mit unreinen oder gar mit blutigen Händen zu den Göttern
zu flehen, war Frevel. Während aber der Grieche mit unbedecktem Haupt zur Gottheit aufschaute, verhüllte der Römer
[* 37] sein Angesicht
beim Gebet.
Vgl. E. v. Lasaulx, Über die Gebete der Griechen und Römer (Würzb. 1842).
Seinen ständigen Ort hat das Gebet im Kultus (s. d.). Im Alten Testament werden bestimmte, an Zeit und Ort gebundene
Gebetsformeln, außer
5. Mos. 26, 5-10. bei der Darstellung derErstlinge, nicht gefunden. Erst als im nachexilischen Judentum
strenge Gesetzlichkeit die ganze Außenseite der Religion zu beherrschen begann, führte man auch bestimmte Gebetsformeln
und Gebetszeiten ein, und seitdem sank das Gebet gleich dem Fasten (s. d.) zur vorschriftsmäßigen Verrichtung,
zum verdienstlichen Werk herab und wurde sogar Gegenstand raffinierter Kasuistik.
Schon vor Jesu Zeiten finden wir das dreimalige um die dritte, sechste und neunte Tagesstunde, die langen Gebetsformeln und
den Gebrauch der sogen. Denkzettel und Gebetriemen beim Gebet. Die vom Talmud vorgeschriebenen und von orthodoxen Juden
auch heute noch beobachtete Gebetsordnung ist auf dem Weg des Gebetsmechanismus
noch erheblich weiter gegangen, erkennt übrigens
nur die Gebete in hebräischer Sprache als heilkräftig an. Auch darin verleugnet der orthodoxe Jude noch heutigestags seine
orientalische Herkunft nicht, daß er mit bedecktem Haupt betet, denn der Hut
[* 38] ist sein Turban auch unter
dem abendländischen Himmel,
[* 39] und daß er, wenn thunlich, im Freien zu beten pflegt, ohne aber die Sonne
[* 40] selbst anzusehen, um
sich nicht den Sonnenanbetern gleichzustellen. - Das Gebet der Christen war von alters her ausschließlich an Gott gerichtet
(s. Vaterunser) und darum eigentlich allemal ein Bekenntnis zu dem einigen Gott und Vater. Es hatte daher
wie zuvor im Synagogengottesdienst, so auch in den christlichen Versammlungen seine geregelte und unabkömmliche Stellung.
Gebete an Märtyrer, Heilige, Engel sowie an die JungfrauMaria kommen vor dem 4. Jahrh. nicht vor, wohl aber in dem Maß, als
eine höhere Christologie (s. d.) Platz griff, an Christus. Die Sitte, stehend zu beten, kam von dem Judentum
ins Christentum herein
(Mark. 11, 25);. nur den Büßenden war das Stehen beim Gebet ausdrücklich
untersagt. Das Kniebeugen (genuflexio) ist gleichfalls dem jüdischen Kult entlehnt. Auch das altertümliche Aufheben der
Hände (manuum sublatio) findet sich
1. Tim. 2, 8. und auf den Katakombenbildern.
Das später aufgekommene Falten der Hände (conjunctio sive complicatio manuum et digitorum) erklärte PapstNikolaus I. für
ein Zeichen, daß sich die Christen als Knechte und Gebundene des Herrn erkennen sollten. Was die Entblößung und Bedeckung des
Hauptes bei dem Gebet betrifft, so hielt sich die alte Kirche streng an die apostolische Vorschrift
1. Kor.
11, 4. ff. Dieser zufolge beteten die Männer mit entblößtem, die Weiber mit bedecktem Haupt. Auch der Gebrauch, das Gesicht
[* 41] nach Morgen zu richten, kam schon früh auf.
Trotz
Matth. 6, 6. ward das Hersagen, sogar das oft wiederholte, von
Gebetsformeln als verdienstliches Werk allmählich zur weitverbreiteten, von der Kirche beförderten Praxis. Dagegen ist im
protestantischen Gottesdienst das öffentliche Gebet auf einen engern Raum reduziert worden, indem es mit dem Gemeindegesang abwechselte
und seine Stelle vorzugsweise nach der Predigt fand (s. Liturgie). Dabei legt Luther hohen Wert auf das liturgisch
fixierte Gemeindegebet, während Zwingli in dieser Beziehung eine gewisse Freiheit beansprucht.
Beide Reformatoren vertreten aber auch bezüglich der Beurteilung des Gebets überhaupt zwei in der religiösen Welt sich gegenseitig
bedingende Pole. Für Luther bewegt sich das ganze religiöse Leben in scharf geschiedenen Akten und Gegensätzen; das Heil des
Ganzen und des Einzelnen hat seine Geschichte, seine dramatischen Momente, und das Gebet ist eine mächtig
darin eingreifende Handlung, während für Zwingli das religiöse Leben mehr als ein ruhiger Verlauf und das Gebet als eine Erscheinung
des sich immer gleichbleibenden Grundes desselben in Betracht kommt. - Auch der Islam weist seine Bekenner
auf ausschließliche und häufige Anrufung des einigen wahren Gottes hin, und Mohammed hat selbst alle Waschungen, Gebärden,
Kniebeugungen und sonstigen beim Gebet zu beobachtenden Zeremonien genau geregelt. Die fünf Gebetsstunden werden durch dazu bestimmte
Ausrufer (Muezzins) von den Minarets der Moscheen herab den Gläubigen angezeigt. Obwohl aber das Gebet im
Islam für besonders verdienstlich gilt, so gehört es doch fast ganz der Privaterbauung an, nicht dem öffentlichen
Kultus, ist auch mehr Preis- und Dank- als Bittgebet. Während der Verrichtung des
¶
(Gebetmühle, Gebetcylinder), ein Apparat, dessen sich die lamaischen Buddhisten bedienen, um das vorgeschriebene
Gebet myriadenmal wiederholen zu können, wie es die gegenwärtige entartete Priesterlehre verlangt, wenn das Gebet Erfolg
haben soll. Die Gebetmaschinen zum Handgebrauch sind Cylinder von 1-2 dm Höhe; um eine Röhre werden Papierstreifen
mit dem aufgedruckten Gebet gewunden und durch einen cylindrischen Überzug von Metall, Holz,
[* 47] Leder oder Leinwand zusammengehalten;
durch die Röhre geht ein Draht,
[* 48] der in eine hölzerne Handhabe endigt, und mittels Anhängung eines kleinen Gewichts sind diese
Handexemplare durch eine leichte Bewegung der Hand
[* 49] von rechts nach links in steter Rotation zu erhalten.
Größere Gebetmaschinen werden (z. B. in Tempeln) vertikal aufgestellt; die Eisenstange ruht in Pfannen, ist unten ausgebogen
und wird mittels eines Strickes in Bewegung erhalten. Noch andre werden durch Wasser und Wind ohne menschliche Thätigkeit gedreht
und haben dann oft gewaltige Dimensionen. Das eingeschlossene Gebet ist ausnahmslos von sechs Silben und
lautet: »Om mani padme, hum« (»das Kleinod im Lotus, Amen«);
Der Text ist mittels Holzblöcken,
am liebsten in Rot, aufgedruckt und in jedem Cylinder unzähligemal wiederholt. Die Gebetmaschine heißt Gesetzes- oder Religionsrad (tibetisch
Tschoskhor, chinesisch Tschhuan, mongolisch Kurdu).
Der Papst erklärte Gebhard natürlich für abgesetzt, die katholische Partei erhob den PrinzenErnst von Bayern auf seinen Stuhl,
und es kam 1583 zum Krieg zwischen den beiden Prätendenten. Ernst wurde von den Bayern und den Spaniern aus den Niederlanden
unterstützt, Gebhard erhielt Zuzug aus der Pfalz. Da er aber das Feld nicht behaupten konnte, zog er sich 1584 nach Holland zurück;
seine Parteigänger unternahmen noch eine Zeitlang Versuche, das Stift wiederzuerobern. 1589 begab sich
Gebhard nach Straßburg, wo er die Domdekanei besaß, und starb daselbst.
1) Eduard von, Maler, geb. im Pastorat zu St. Johannes in Esthland,
[* 61] besuchte seit seinem 16. Jahr
drei Jahre lang die Akademie von St. Petersburg
[* 62] und brachte dann zwei Jahre teils auf Reisen, teils in Karlsruhe
[* 63] zu, wo er die Kunstschule besuchte. 1860 kam er nach Düsseldorf,
[* 64] wo er SchülerWilhelmSohns wurde und bei demselben solche
Förderung fand, daß er in Düsseldorf zu bleiben beschloß. Seine Neigung war, schon durch seine Erziehung,
von Anfang an auf das religiöse Gebiet gerichtet; doch wollte er der religiösen Malerei, im Zusammenhang mit der realistischen
Kunstanschauung der Gegenwart, einen nationalen Inhalt geben und behandelte daher die biblischen Szenen vom Standpunkt der
niederländischen und deutschen Meister des 15. und 16. Jahrh., indem er denFiguren nicht nur die Tracht
und die äußere Erscheinung der Menschen jener Epoche gab, sondern sie auch nach den künstlerischen Mustern der Zeit charakterisierte.
Was er dadurch an Tiefe, Schlichtheit und Wahrheit der Empfindung gewann, gab er anSchönheit und Idealität der Darstellung
auf, weshalb seine Schöpfungen ebenso heftige Gegner wie eifrige Bewunderer gefunden haben. Ungeachtet
der großen technischen Meisterschaft, über welche Gebhardt gebietet, ist seine Naivität der Darstellung nicht ursprünglich, sondern
nur anempfunden, und es ist ihm daher nicht gelungen, in das Volk einzudringen, dem seine gesuchte Ausdrucksweise unverständlich
geblieben ist. Seine Werke teilen sich in religiöse Gemälde und in Darstellungen aus der Reformationszeit.
Die
¶