von den Einzeldingen abgezogene
Vorstellungen, denn wir gelangen zu ihnen, indem wir mehrere
Dinge untereinander vergleichen
und dabei von den eigentümlichen Merkmalen der einzelnen ab- und auf ihre gemeinsamen Merkmale hinsehen, worauf dann in der
Einheit des
Bewußtseins die letztern als ein
Ganzes zusammengefaßt werden.
(Genuskauf,
Emtio generis), ein
Kaufvertrag, bei welchem die
Ware nur der
Gattung nach
und nur nach
Maß, Zahl oder
Gewicht bestimmt wird. Den
Gegensatz bildet derjenige
Kaufvertrag, bei welchem es sich um eine individuell
bestimmte
Ware (species) handelt, z. B. um ein bestimmtes
Pferd,
[* 2] um ein bestimmtes
Paar wildlederne
Handschuhe, welches ich mir
aussuchte. Bestelle ich mir dagegen bei dem
Kaufmann schlechthin ein
Paar wildlederne
Handschuhe von dieser
oder jener
Farbe, so liegt ein Gattungskauf vor.
Derartige Kaufgeschäfte kommen sehr oft vor. Es kauft z. B. jemand 100
FlaschenRüdesheimer, 1868er Jahrgang, oder 100 kg
Tabak,
[* 3]
Maryland, prima
Ernte
[* 4] 1869, oder 10
Schock Tannenbretter, 3 m lang, 50
cm breit, astfreie
Ware, oder 1000 Ztr.
Roheisen, prima
Qualität, u. dgl. Das
Wahlrecht, d. h. die Auswahl innerhalb der
Gattung, steht dann im
Zweifel, wofern nichts
Anderweites ausgemacht wurde, dem Verkäufer zu. Die
Quantität der
Ware und ihre
Qualität muß bei dem Gattungskauf insoweit bestimmt
sein, daß die
Ware hinlänglich bezeichnet ist, um nicht gänzlich dem Belieben und der
Willkür eines
Kontrahenten überlassen zu sein. Ist über die
Qualität der
Ware im
Kaufvertrag nichts Näheres bestimmt, so ist nach dem
deutschen
Handelsgesetzbuch (Art. 335)
»Handelsgut mittlerer Art und
Güte«, d. h. von nicht ganz geringer
Sorte, zu liefern.
Viel erörtert und viel bestritten ist die
Frage, mit welchem Zeitpunkt bei dem Gattungskauf die
Gefahr auf den
Käufer
übergehe, d. h. von welchem
Moment an der
Käufer zahlen muß, auch wenn die
Ware durch
Zufall ganz oder teilweise unterging.
Darüber besteht nämlich kein
Zweifel, daß nicht schon bei dem
Abschluß des
Kaufvertrags die
Gefahr auf
den
Käufer übergeht.
Kaufe ich z. B. von einem Pferdehändler zehn
StückTrakehnerHengste, schwarz, vier Jahre alt, so trifft
mich die
Gefahr nicht, wenn der Gesamtbestand an
Pferden des Verkäufers alsbald durch diesen oder jenen unglücklichen
Zufall
zu
Grunde geht. Im übrigen stehen sich aber zwei
Theorien gegenüber.
Nach der »Ausscheidungstheorie«
(Thöl u. a.) ist der
Augenblick entscheidend, in welchem die
Ausscheidung der
Ware für den
Käufer aus der
Gattung erfolgte. Dabei wird wiederum von manchen verlangt, daß der
Käufer von jener
AusscheidungKunde erhielt,
während andre es für genügend erachten, wenn der Verkäufer die Nachricht von der bewirkten
Wahl an den
Käufer abgehen ließ, wenn z. B. mein Pferdehändler aus seinen Beständen die gekauften
zehn
Hengste ausgesucht und mir davon Nachricht gegeben hat.
Andre Rechtslehrer
(Jhering u. a.) vertreten dagegen die sogen. Lieferungstheorie,
wonach der Verkäufer seine vertragsmäßige Verpflichtung zur Lieferung der
Ware erfüllt haben muß. Dabei ist
aber zu beachten, daß beim Distanzkauf, wenn
Käufer und Verkäufer verschiedene Wohnorte haben, im
Zweifel der Verkäufer
für beauftragt gilt, die Art der Übersendung und die
Person, welche den
Transport ausführen soll, zu bestimmen, und daß
er mit der
Übergabe der
Ware an den
Frachtführer, Spediteur etc. seiner diesbezüglichen Verpflichtung
nachgekommen ist.
Hat also jener Pferdehändler die zehn
Hengste auf der
Eisenbahn verladen lassen, so trifft mich die
Gefahr,
wenn nun der Zug
verunglückt, und wenn
die
Pferde
[* 5] dabei zu
Grunde gehen. Das deutsche
Handelsgesetzbuch (§ 345) hat die Lieferungstheorie
adoptiert.
Margaret, engl. Schriftstellerin, geb. 1809 zu Burnham in
Essex, war die Tochter des
GeistlichenScott (Schiffskaplans
an
Bord der Victory, in dessen
ArmenNelson bei
Trafalgar starb) und heiratete 1839 den
PfarrerAlfred Gatty zu
Ecclesfield bei
Sheffield,
[* 6] wo sie starb. Als Schriftstellerin war sie zuerst mit der Märchensammlung »The
fairy godmother, and other tales« (1851) aufgetreten. Von ihren folgenden Werken sind besonders die vortrefflichen,
durch liebevoll eingehende Kenntnis der
Natur ausgezeichneten »Parables from nature« (1855-71, 5 Bde.)
zu erwähnen. Außerdem hat sie viele
Jugendschriften sowie das »Aunt Judy's
Magazine« (seit 1866),
eine
Monatsschrift für die
Jugend, die außerordentlichen Erfolg hatte, und gemeinsam mit ihrem
Gatten ein »Life of
Dr.
Wolff, the
missionary« (1860) herausgegeben.
(Gaetuli), im
Altertum Nomadenvolk in Nordafrika, im
Süden von
Mauretanien und in dem westlichen
Teil der
Sahara wohnend, klein und von dunkler Hautfarbe, kleidete sich in
Felle und lebte meist von
Raub und
Plünderung;
doch
trieb ein Teil von ihnen auch
Feld- und
Gartenbau.
Als Hauptprodukte des
Landes werden
Purpur und ausgezeichneter
Spargel genannt.
MoritzFerdinand,
Bergmann, geb. zu
Leipzig,
[* 8] bezog 1820 die
Bergschule und 1821 die
Bergakademie zu
Freiberg,
[* 9] wurde 1829 Maschinenbausekretär zur Assistenz des Maschinendirektors und
Assessor in
Bau- und Maschinenangelegenheiten
in sämtlichen sächsischen Bergämtern. In dieser
Stellung blieb er bis 1835, lehrte 1832-34 in
Freiberg allgemeine
Markscheidekunst,
wurde 1835
Lehrer der Bergbaukunst an der
Akademie und
Assessor im Bergamt
Freiberg. 1836 zum
Professor ernannt,
leitete er seit 1841 die Lehranstalt für mechanische Baugewerke, wurde 1862 zum Bergrat ernannt und trat 1872 in den
Ruhestand.
Er schrieb: »Anleitung zur Grubenmauerung« (Schneeb.
1831);
(Go,
[* 12]
Ga, got. gavi, althochd. gowi, mittelhochd.
gou, geu, oberdeutsch
Gäu, z. B.
Algäu), altdeutsches
Wort von zweifelhafter Abstammung, das einen
BezirkLandes
bezeichnet und dem lateinischen pagus und dem französischen pays entspricht. Die
Einteilung des
Landes in Gaue findet sich
bereits in dem ältesten fränkischen Rechtsbuch, der
Lex Salica, die um die Mitte des 5. Jahrh. entstanden ist; sie ist dann
auch auf alle übrigen dem fränkischen
Reich unterworfenen deutschen Gebieteübertragen worden. Inwieweit
man schon in vorfränkischer Zeit von Gauen sprechen darf, läßt sich nicht sicher feststellen; häufig entspricht der Gau der
altgermanischen
Völkerschaft (civitas), während bei
Tacitus das
Wort pagus noch eine Unterabteilung der letztern, die Hundertschaft,
bezeichnet, welche in vici
(Gemeinden) zerfällt.
Später wird für die Hundertschaft, welche nach erfolgter
¶
mehr
seßhafter Ansiedelung der Völkerschaften, unabhängig von der Zahl hundert, den Gerichtsbezirk bezeichnet, der Ausdruck centena
oder hunaria (althochd. huntari) gebraucht. In Frankreich dagegen ist Gau der weitere Bezirk, welcher in Hundertschaften zerfällt.
Dem fränkischen Gau analoge Einteilungen finden sich in den meisten germanischen Reichen, so bei den Westgoten, Burgundern
und Langobarden die civitates oder Stadtgebiete, bei den Angelsachsen die shires etc. Die Gaue hatten meist
natürliche Grenzen,
[* 14] welche durch Gebirge, Thäler, Flüsse
[* 15] und Wälder gebildet wurden; ihren Namen erhielten sie bald von den
bedeutendsten darin gelegenen Städten (z. B. Wormsgau, Speiergau etc.), bald von größern
oder kleinern Flüssen (Rheingau,
[* 16] Aargau
etc.) oder Gebirgen (Eifelgau), bald von der Himmelsgegend (Nordgau, Westgau),
bald von der Abstammung der Bewohner (Schwabengau, Hessengau) etc. In gleichem oder ähnlichem
Sinn wie das Wort Gau wurden auch andre Endungen gebraucht, z. B. -bant (Brabant, Teisterbant), -eiba (Wettereiba, jetzt Wetterau
etc.), -feld (Wormsfeld, Eichsfeld) u. a. Die Bestimmung der Lage und der Grenzen vieler Gaue bietet gegenwärtig
große Schwierigkeiten dar, namentlich auch deswegen, weil die Worte pagus und in sehr verschiedener, bald engerer, bald weiterer
Bedeutung gebraucht werden, so daß es oft genug innerhalb eines Gaues kleinere Bezirke gab, die den gleichen Namen führten.
Bisweilen, aber durchaus nicht regelmäßig, schlossen sich die Grenzen der Gaue an die der kirchlichen
Sprengel (Bistümer, Erzdiakonate) an. Insbesondere in Sachsen
[* 17] ist der NameGo für kleinere Distrikte üblich gewesen, die mehr
den fränkischen Hundertschaften als den Gauen entsprachen. - An der Spitze der Gaue standen seit den ältesten ZeitenGrafen
(Gaugrafen), welche anfangs bloße Verwaltungs-, später aber auch richterliche Beamte waren und an den
einzelnen Hundertschafts-Malstätten ihres Gaues Recht sprachen.
Die Ausdrücke Gau (pagus) und Grafschaft (comitatus) sind daher in der frühern Zeit meist gleichbedeutend. Später aber verfiel
die Gauverfassung, wozu mannigfache Umstände, z. B. das Erblichwerden der Grafenwürde und
die damit zusammenhängende Teilung derGrafschaften, die Bildung geistlicher Immunitäten (s. d.), die Städteverfassung
und vor allen Dingen die Ausbildung des Lehnswesens, beigetragen haben; seit der Mitte des 12. Jahrh. ist nur selten noch von
Gauen die Rede.
Baumann, Die Gaugrafschaften im wirtembergischen Schwaben (Stuttg. 1879).
Eine Beschreibung der deutschen Gaue begann 1855 der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, doch erschienen
nur zwei Beschreibungen von
Landau,
[* 21] der Wettereiba (Kassel
[* 22] 1855) und des Hessengaues (das. 1857). Man ist daher noch immer genötigt,
die erste zusammenfassende Arbeit über Gaugeographie im 2. Band
[* 23] von Bessels »Chronicon Gottwicense« (Tegernsee
1732) zu benutzen. Neue Gaukarten für ganz Deutschland enthält die Bearbeitung des v. Sprunerschen Atlas
[* 24] für die Geschichte
des Mittelalters und der modernen Zeit durch Th. Menke (3. Aufl., Gotha
[* 25] 1880, Tafel 31-36).
Von 1824 bis 1848 war er Direktor einer Architekturschule, besonders für Deutsche,
[* 33] in Paris. Seit 1826 in
Frankreich förmlich naturalisiert, starb er in Paris. Als königlicher Architekt restaurierte Gau die KircheSt.-Julien
le Pauvre und das Presbyterium der Kirche St.-Severin und erbaute das neue Gefängnis und die Barrière de l'Enfer. Als sein
hervorragendstes Werk aber ist der Plan der Kirche Ste.-Clotilde auf der Place Bellechasse im FaubourgSt.-Germain
zu Paris zu bezeichnen, die erst nach seinem Tod unter wesentlichen Abweichungen von seinem Plan von Ballu vollendet ward.
(spr. gā-utschos), in den La Plata-StaatenSüdamerikas das die Pampas bewohnende und ausschließlich mit Viehzucht
[* 44] beschäftigte Landvolk. Die Gauchos betrachten sich selbst als Spanier, sind jedoch meist aus der Vermischung der Spanier mit Indianerinnen
entstanden. Ihre Beschäftigung ist das Hüten und Einfangen der Rinder
[* 45] und Pferde auf den weiten Pampas,
den Weideplätzen der großen Landgüter. Sie sind hager von Gestalt, aber von großer Körperkraft und ebenso kühne wie
unermüdliche Reiter.
Ausgezeichnet sind die Schärfe ihrer Sinne, ihre Ortskenntnis und die Geschicklichkeit, mit welcher sie sich in den unermeßlichen
und einförmigen Pampas zurechtzufinden wissen. Sie wohnen in niedrigen Erdhütten (Ranchos). IhreKleidung
besteht in groben Jacken und weiten Hosen,
[* 46] über welche sie den wollenen Poncho (ein großes viereckiges, gestreiftes StückZeug
mit einem Loch in der Mitte, durch welches der Kopf gesteckt wird) werfen, einem breitkrempigen Strohhut und Stiefeln.
Ihre eigentlichen Waffen
[* 47] sind der Lasso, den sie meisterhaft zu werfen verstehen, und die Bolas, zwei eiserne
Kugeln, die am Ende eines langen Lederriemens befestigt sind und, wirbelnd geschleudert, dem gejagten Tier mit bewundernswürdiger
Geschicklichkeit um die Hinterfüße geworfen werden. Dazu kommt noch ein etwa 35 cm langes Messer
[* 48] in einer ledernen Scheide
am Gürtel.
[* 49] Die Gauchos sind teils selbst Besitzer von Viehherden, teils stehen sie in Diensten der Besitzer größerer
Viehhöfe (Estancias).
IhreBildung steht natürlich auf der niedrigsten Stufe. Lesen können wenige, Schreiben gilt ihnen für eine große Kunst. Katholiken
sind sie eigentlich nur der äußern Form nach, doch legen sie auf ein kirchliches Begräbnis in heiliger Erde großen
Wert. Jovial, heiter, gutmütig und gastfrei, sind sie doch im gereizten Zustand der größten Barbareien fähig und verfolgen
ihren Feind mit dem Scharfsinn und der Unermüdlichkeit der Indianer. Kartenspiel und Gesang zur Guitarre sind ihre hauptsächlichsten
Vergnügungen. Abgehärtet und jedem ruhigen Leben abgeneigt, haben sie in den Revolutionskriegen eine ausgezeichnete
Reiterei gebildet.
Anfang eines bekannten Studentenliedes. Nach Gaudeamus Schwetschke (»Zur Geschichte des Gaudeamus igitur«, Halle 1877)
knüpft das Lied, dessen Anfangswort als Titel eines Liedes schon bei SebastianBrant vorkommt, an einen Hymnus aus dem Jahr 1267 an,
von dem es Gedankengang, ja sogar einzelne Wendungen genau wiedergibt. Gedruckt wurde es zuerst 1776 in
einer erst kürzlich bekannt gewordenen, lateinische mit deutschen Versen mischenden, etwas obscönen Form, die 1781 von einem
fahrenden Litteraten, Kindleben, geändert und in die jetzige Gestalt gebracht wurde.
Gaud., bei botan. NamenAbkürzung für C. Gaudichaud (spr. godischoh), Naturforscher, geb.
1789, begleitete Freycinet 1817-20 auf dessen Weltumseglung, starb 1864 in Paris.
FranzBernhardHeinrichWilhelm, Freiherr von, Dichter und Novellist, geb. zu Frankfurt
[* 52] a. O. als Sprößling einer aus Schottland stammenden Familie, erhielt seine Bildung im Collège français zu Berlin,
[* 53] sodann in
Schulpforta und trat 1818 ins preußische Heer, nahm aber 1833 aus Vorliebe für freie litterarische Beschäftigung seinen
Abschied und privatisierte in Berlin, von wo aus er 1835 und 1838 Reisen nach Italien machte. Er starb in Berlin. Seine
Neigung zu humoristischen Pointen und zum epigrammatischen Zusammenpressen poetischer Gedanken machte ihn in seinen frühern
Liedern (»Erato«, Glog. 1829; 2. Aufl., Berl.
1836) zum Nachahmer der Heineschen Manier, von der er sich jedoch in der Folge wieder lossagte.
Seine lyrischen Gedichte sind von ungleichem Wert, bald echt und innig, bald reflektiert und gekünstelt pointenreich. In
seinen Chansons persiflierte er die Thorheiten der Zeit mit glücklichem Humor und strebte in Hinsicht auf Leichtigkeit des
Tons, Behendigkeit und Schlagkraft des Witzes seinem Vorbild Béranger erfolgreich nach. So namentlich in
seinen »Kaiserliedern« (Leipz. 1835), welche
jener in den Tagen der Restauration erwachten oppositionellen Stimmung entstammen, die sich darin gefiel, für den Sohn der
Revolution und den Heros gewaltiger Schlachten
[* 54] und Bewegungen gegenüber dem herrschenden Quietismus und der polizeilich überwachten
RuhePartei zu ergreifen. Zu Gaudys frühern Arbeiten gehören noch: »Gedankensprünge eines der Cholera Entronnenen« (Glog.
1832);
Als frischer Reisedarsteller bewährte er sich in dem Werk »Mein
Römerzug« (Berl. 1836, 3 Bde.);
als Novellist von humoristischem Anflug und phantasievoller Lebendigkeit in »Desangaño« (Leipz.
1834),
»Aus dem Tagebuch eines wandernden Schneidergesellen« (das. 1836, neue Ausg.
1871),
1) Jakob, Maler, Zeichner und Kupferstecher, geb. 1772 zu Öffingen bei Stuttgart,
[* 57] arbeitete erst als Steinmetz
und besuchte dann drei Jahre lang die StuttgarterAkademie. Nachdem er hierauf mit dem Chef einer neubegründeten
Kunsthandlung in Stuttgart und Heilbronn
[* 58] die Schweiz bereist, zeichnete und radierte er an seinem außerordentlich reichen Skizzenvorrat
gegen sechs Jahre, mußte sich aber sodann, da sein Geschäftsfreund fallierte, von Privatunterricht nähren. Im J. 1802 besuchte
er mit MartinMolitorTirol
[* 59] und begann nach der Rückkehr die Ausarbeitung sowohl seiner landschaftlichen
Skizzen als auch eigner Landschaftskompositionen, denen ländliche Szenen aus dem Leben der Gebirgsbewohner Österreichs folgten.
Diese
¶
mehr
Arbeiten machten ihn dem ErzherzogJohann bekannt, der ihn 1811 beauftragte, die schönsten malerischen AnsichtenSteiermarks
aufzunehmen. Gauermann starb Er hat wenig Ölgemälde, dagegen zahlreiche Aquarelle geliefert.
Seine frühern Werke, wie: ein Bauernbursche und ein Mädchen, auf dem Felde rastend (1829), und ein pflügender
Ackersmann (1834), beide im Belvedere, zeigen ihn in den Bahnen Wagenbauers;
allein bald fand er seinen eignen Weg, indem er
poetische Auffassung des landschaftlichen Motivs mit äußerst sauberer und fleißiger Durchführung verband.
Eine poetische
Schöpfung ist sein verwundeter Hirsch,
[* 64] von einem Geier angefallen, dem ein zweiter aus der Luft herkommender
die Beute zu entreißen droht. Ferner sind hervorzuheben: die heimkehrende Herde;
(franz.,
spr. golŏa), gallisch, altfranzösisch,
dann auch s. v. w. »altfränkische« Sprache
[* 67] überhaupt. Le
[* 68] Gaulois, Name einer PariserZeitung, 1867 als Oppositionsblatt gegründet,
jetzt klerikal-bonapartistisch.
Gaultheria ShallonPursh, im westlichen Nordamerika, wird 1 m hoch, hat in Trauben gestellte, weiße und rote Blüten
und dunkel purpurrote Beeren, welchen die Vögel
[* 74] stark nachstellen. Die Pflanze wird deshalb von den Jagdliebhabern vielfach
angepflanzt und war vor längerer Zeit auch in England und Schottland weit verbreitet. Die Beeren sind sehr wohlschmeckend,
man zerstampft sie und trocknet den Brei zu einer ArtBrot.
[* 75] Bei uns kultiviert man die Gaultherien als
Ziersträucher.
(Palatum), bei den höhern Wirbeltieren die obere Wand oder die Decke
[* 76] der Mundhöhle,
[* 77] wodurch diese von der Nasenhöhle
und bei den Säugetieren auch von dem Rachen geschieden ist (s. Mund). Der eigentliche oder harte Gaumen wird
von den Gaumenplatten gebildet, die sich vom Oberkiefer aus in die Tiefe der Mundhöhle erstrecken und aus den wagerechten
Teilen der Oberkiefer und der Gaumenbeine (s. Schädel u. Taf. »Skelett
[* 78] des Menschen II«,
[* 60]
Fig. 17),
also aus vier durch Nähte
miteinander verbundenen Knochen,
[* 79] bestehen. Diese sind mit einer roten (blutreichen),
drüsigen Schleimhaut
bedeckt, welche vorn in das Zahnfleisch übergeht (s. Tafel »Mund etc.«,
[* 77] Fig. 2). Bei den Fischen, Amphibien, Schlangen
[* 80] und Eidechsen
[* 81] können hier außerdem noch Zähne
[* 82] angebracht sein, deren Anzahl und Stellung für die systematische Zoologie von Bedeutung
ist. Bei den Säugetieren setzt sich die Schleimhaut des harten Gaumens hinten in eine Doppelfalte (weicher
Gaumen oder Gaumensegel, velum palatinum) fort, die schräg oder senkrecht gegen die Zungenwurzel herabhängt und die Mundhöhle
gegen den Rachen unvollkommen
¶
mehr
abschließt. Am freien Rande des Gaumensegels springt bei Affen
[* 84] und Menschen in der Mitte das sogen. Zäpfchen (uvula) kegelförmig
vor, während auf jeder Seite zwischen den beiden Blättern der Doppelfalte (sogen. Gaumenbogen) die Mandel (s. d.) liegt.
Im Innern jeder Falte der Schleimhaut befindet sich eine Muskelschicht, so daß das Segel bewegt (gehoben,
gespannt) werden kann (beim Sprechen, Schlucken etc.), nebst vielen Nerven,
[* 85] Gefäßen etc. Auch das Zäpfchen hat einen besondern
unpaaren Muskel zu seiner Hebung,
[* 86] der bei Entzündung der Mund- und Rachenhöhle manchmal gelähmt wird, so daß alsdann das
an den Kehldeckel fortwährend anstoßende Zäpfchen zum Husten reizt.
Künstlicher Gaumen (obturator palati, palatum artificiale, Gaumenobturator, Gaumenstopfer) heißt eine mechanisch
Vorrichtung zum Verschließen von Öffnungen am Gaumengewölbe. Solche Defekte sind zuweilen angeboren, wie beim Gaumenspalt
und Wolfsrachen, zuweilen entstehen sie durch Verletzungen, meistens aber durch geschwürige Entzündungen (Lupus, Syphilis).
Früher suchte man dergleichen Öffnungen mittels Baumwolle
[* 87] oder Wachs zu verschließen; später schlug
Petronius (1563) hierzu goldene oder silberne Platten vor, und Paré (1582) gab mehrere Gaumenobturatoren an, welche in neuester
Zeit durch Anwendung des vulkanisierten Kautschuks ihren Wert fast ganz verloren haben. Besonders gut sitzende und praktisch
verschließende Obturatoren werden vom Zahnarzt Süersen in Berlin angefertigt. Der Gebrauch aller dieser Vorrichtungen
ist seit Erfindung der Gaumennaht (s. Gaumenspalte) sehr eingeschränkt und nur in den Fällen geblieben, wo infolge syphilitischer
Geschwüre etc. Löcher im harten Gaumen sich gebildet hatten.
Sie hat den großen Vorteil, daß der aus der Beinhaut der Gaumenhälften
gebildete Verschluß später verknöchert und ein höchst vollkommenes Resultat liefert, das aber nicht selten durch unruhiges
Benehmen der kleinen Patienten während der schmerzhaften, oft stundenlangen Operation beeinträchtigt wird.
(Palatoschisis), ein angeborner, ziemlich häufig vorkommender Bildungsfehler des Gaumens, stellt sich
im allgemeinen als eine in der Mittellinie des Gaumens hinziehende, etwa 3-10 mm breite Spalte dar, welche bald nur den weichen
Gaumen, bald diesen zusammen mit dem harten Gaumen in zwei seitliche Hälften trennt. Ist der harte Gaumen
gespalten, so wird dieser Zustand als Wolfsrachen (Rictus lupinus) bezeichnet. Der Wolfsrachen ist regelmäßig kombiniert
mit Spaltung des die Zähne tragenden Knochenwalles des Oberkiefers; allein diese sogen. Kieferspalte liegt nicht
in der Mittellinie, sondern etwas seitlich von derselben und meist so, daß sie zwischen dem äußern
Schneidezahn und dem Augenzahn durchgeht.
Manchmal ist die Kieferspalte eine doppelte, so daß das die Schneidezähne tragende Mittelstück des Oberkiefers beiderseits
außer Verbindung mit den seitlichen Abschnitten des Oberkiefers steht. Die einfache mittlere Spalte am harten Gaumen
verlängert
sich dann nach vorn in zwei kurze Schenkel, die beiden Kieferspalten. Neben den letztern kommt regelmäßig
noch eine einfache oder doppelte Hasenscharte (s. d.) vor. Durch die Gaumenspalte wird eine abnorme
Kommunikation zwischen Mund- und Nasenhöhle hergestellt, welche, weil sie denAbschluß der einen von der andern Höhle unmöglich
macht, schon dem neugebornen Kinde das Saugen außerordentlich erschwert, durch direkte Kommunikation der
äußern Luft mit dem Kehlkopf zu Katarrhen der Luftwege disponiert und später der Stimme einen widerwärtigen, näselnden Klang
gibt, die Sprache aber erschwert und höchst undeutlich macht.
Selbst die niedern Grade der Gaumenspalte, wo nur der weiche Gaumen mehr oder minder tief gespalten erscheint, beeinträchtigen
die Sprache sehr erheblich und geben ihr einen näselnden Charakter. Die Gaumenspalte gehört in die Kategorie der sogen. Hemmungsbildungen
und beruht darauf, daß die Vereinigung der beiden den Gaumen bildenden Oberkieferfortsätze, bez. die Verschmelzung dieser
mit den vom Stirnfortsatz ausgehenden Zwischenkiefern überhaupt nicht oder doch nicht vollständig erfolgt
ist.
Man kann die Gaumenspalte auf operativem Weg durch die Gaumennaht oder Staphylorrhaphie beseitigen, indem man die Ränder der Gaumenspalte mit
dem Messer abträgt und die blutenden Schnittflächen durch Nähte miteinander verbindet. Bei dem Wolfsrachen muß, um die Naht
der Gaumenschleimhaut vornehmen zu können, diese Schleimhaut vorher von ihrer knöchernen Unterlage
abgetrennt und gegen die Mittellinie des Gaumens hin verschoben werden. Eventuell ist diese sehr schwierige und umständliche
Operation mit derjenigen der Hasenscharte zu verbinden; wenn es gelingt, die Schleimhaut des Gaumens über der Spalte zu vereinigen,
pflegt später von selbst auch eine Verschmelzung der knöchernen Grundlage des harten Gaumens stattzufinden.
Spalten und Löcher im harten wie im weichen Gaumen können auch erworben werden durch Verschwärungsprozesse, welche namentlich
bei konstitutioneller Syphilis, seltener bei Skrofulose etc. bald in der Schleimhaut des harten oder weichen Gaumens, bald in
derjenigen der Nasenhöhle beginnen und den darunter gelegenen Knochen mit zerstören oder durchbrechen
können. Nach der Ausheilung solcher Geschwüre bleiben rundliche Löcher oder Spalten im Gaumen zurück, durch welche die Nasen-
und Mundhöhle miteinander in abnorme Verbindung treten, so daß Speisen und Getränke leicht aus der Mund- in die Nasenhöhle
gelangen und die Sprache ähnlich wie bei der angebornen Gaumenspalte erschwert und in ihrem Charakter verändert
ist.
(gaumiger Ansatz), beim Gesang eine mangelhafte Art der Tonbildung, welche darin besteht, daß dem Vokal die
Hauptresonanz zu weit hinten nach dem Gaumen zu gegeben wird.
Bezeichnung einer Klasse von Menschen, welche Betrug und Diebstahl gewerbsmäßig nach bestimmten Prinzipien und
Regeln, unter Anwendung eines besondern Sprachidioms (s. Kochemer-Loschen ^[richtig: Kochemer Loschen]) und geheimer Erkennungszeichen
sowie in mehr oder minder regelmäßig organisierter Verbindung und Wechselwirkung betreiben. Die Spuren organisierter und gewerbsmäßig
betriebener Dieberei und Gaunerei reichen in den einzelnen deutschen Ländern wie anderwärts weit zurück. Im Lauf des 17. Jahrh.
suchte man dem Übel durch strenge Gesetze abzuhelfen. Nach württembergischen Gesetzen vom Anfang des 18. Jahrh.
sollten Gauner »sine strepitu
¶
mehr
judicii und nur auf einiges vorläufiges Examen zum Rad kondemniert, Weibern und Kindern aber der Strang anjudiziert werden«.
Bei der damaligen Zersplitterung des Reichs in eine Menge kleiner Territorien und bei dem Mangel durchgreifender polizeilicher
Maßregeln, besonders auf dem flachen Land, wurde indessen damit wenig ausgerichtet, wie denn am Schluß
des vorigen Jahrhunderts allein in Schwaben 2000 eigentliche Gauner ihr Wesen getrieben haben sollen. In dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrh.
steigerte sich während der Kriegsnöte, namentlich in den Grenzländern an den Rheinufern, das Übel zu einer unerträglichen
Höhe.
Die Gauner bildeten nicht geschlossene Banden, sondern pflegten sich nur gelegentlich zu gemeinsam auszuführenden
Streichen zu vereinigen und sich, mochte der Anschlag gelungen sein oder nicht, alsbald wieder nach allen Seiten zu zerstreuen.
Eine neuere Bezeichnung für eine Art der Gauner ist Bauernfänger; man versteht darunter solche, welche unerfahrene
Menschen zum Glücksspiel verleiten und dabei betrügen.
Vgl. Avé-Lallemant, Das deutsche Gaunertum in
seiner sozialpolitischen, litterarischen und linguistischen Ausbildung (Leipz. 1858-62, 4 Bde.).
(Gour), ehemals Hauptstadt von
Hindukönigen über Bengalen in Vorderindien, lag links am Ganges, wurde 1204 von
den Mohammedanern zur Hauptstadt ihres bengalischen Besitzes gemacht, 1639 verlassen und ist jetzt ein Trümmergebiet mit
hochinteressanten Gebäuderuinen.
(auch Mount Everest, nach dem engl. Obersten Everest), der höchste Berggipfel der Erde,
liegt im Himalaja im KönigreichNepal unter 27° 59' nördl. Br. und 86° 54,7' östl. L. v. Gr. und erreicht
eine Höhe von 8840 m. Er ist somit um 4030 m höher als der Montblanc.
Der Name hat eine mystisch-mythologische Bedeutung.
Vgl. »Proceedings« der Royal Geographical Society (1886).
Kurz vorher hatte er als Inauguraldissertation bereits eine kritische Übersicht über die vermeintlichen Beweise
des Satzes gegeben, daß jede algebraische Gleichung eine Wurzel
[* 100] von der Form a + bi habe (s. Gleichung), und selbst einen wirklichen
Beweis erbracht. Auf demselben Gebiet wie die »Disquisitiones« bewegen sich seine Untersuchungen über die biquadratischen
Reste (»Göttinger Kommentarien«, Bd. 6). 1807 wurde Gauß Professor der Mathematik und Direktor der Sternwarte
[* 101] zu Göttingen. Als zu Beginn dieses Jahrhunderts die Planetenentdeckungen neue Methoden zur Berechnung dieser Himmelskörper,
die man nur kurze Zeit zu beobachten vermochte, nötig machten, unterzog sich Gauß der Erfindung solcher Verfahrungsweisen;
als die Frucht dieser Bemühungen ist sein fundamentales Werk »Theoria motus corporum
coelestium, in sectionibus conicis solem ambientium« (Hamb. 1809; deutsch
v. Haase, Hannov. 1865) zu betrachten.
Hierdurch auf die Astronomie
[* 102] hingewiesen, lieferte er in v. Zachs »Monatlicher Korrespondenz« und Bodes »Jahrbuch« eine große
Anzahl von astronomischen Arbeiten. Diesem Zweck dienten auch die von ihm entworfenen Summen- und Differenzlogarithmen, von
denen er 1812 Kunde gab. Ferner führte ihn die Sternkunde auch auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung; in der
Abhandlung »Theoria combinationis observationum erroribus minimis obnoxiae«
entwickelte er seine berühmte »Methode der kleinsten Quadrate«. Seine chronologischen Forschungen fanden ihren Abschluß in
seiner für den Praktiker höchst bequemen Formel zur Schnellberechnung des christlichen und jüdischen Osterfestes, für welcheProfessorL. Feldt in Braunsberg
[* 103] den Beweis nachgeliefert hat. Gauß' Teilnahme an der hannöverschen Landesvermessung
veranlaßte ihn auch zu geodätischen Arbeiten. In den »Untersuchungen über Gegenstände der höhern Geodäsie« (»Göttinger¶