Griechenland
[* 2] gibt es noch heute
Felder, auf welchen, wie vor 2000 und mehr
Jahren, nie ein andrer
Wechsel als der zwischen
Winter-
und Sommergerste stattfindet, also nur eine
Frucht, aber in der
Winter- und Sommervarietät, gebaut wird. Das ist eine seltene
Ausnahme. Die
Römer
[* 3] wechselten mit Anbau und
Brache (s. d.), und auch noch bei uns wird diese in der
Fruchtfolge entsprechend benutzt. Da, wo man sich an bestimmte
Betriebssysteme hält, werden die Fruchtfolgen diesen gemäß eingerichtet
und auch in unsern
Tagen noch nach von alters ererbtem
Schema.
1)
Brache, 2)
Winter-, 3) Sommerfrüchte; an
Stelle der
Brache tritt zeitweise eine Hülsenfrucht als
Blattpflanze. Die Vierfelderwirtschaft
hat nach den Winterfrüchten zwei Sommerfrüchte, die Fünffelderwirtschaft vier Getreidearten nach der
Brache etc. In heutiger
Form als verbesserteKörnerwirtschaft treten alle diese nicht mehr in strenger
Regel auf; man ersetzt
die
Brache halb oder ganz durch
Blattpflanzen
[* 5] und
Hackfrüchte und gibt nur noch höchstens zwei
Halmfrüchte hintereinander.
Mit Einführung des Kleebaues glaubte man die
Brache ganz entbehren zu können und
Klee, Winterfrucht, Sommerfrucht als glücklichste
Lösung gefunden zu haben. Leider haben wir noch kein
Mittel, den
Klee sicher alle drei Jahre zu bauen,
und müssen langjährige Fruchtfolgen einrichten und zu diesen außer
Klee auch
Hack- und
Hülsenfrüchte verwenden. Damit kommt
man dann von selbst auch darauf, dem
Prinzip der
Fruchtwechselwirtschaft: möglichst zwischen
Blatt-,
Halm-,
Hack- und
Hülsenfrüchten
zu wechseln, mehr sich zu nähern, wenn das
Klima
[* 6] die strenge
Durchführung nicht gestattet, also nach
Kartoffeln und
Runkeln Wintergetreide nicht mehr sicher gebaut werden kann.
Ein nicht zu unterschätzender
Gesichtspunkt bei der
Fruchtwechselwirtschaft ist die Unterdrückung der tierischen und pflanzlichen
Schmarotzer. Nachdem z. B. in einem Jahr sich auf dem Halmfruchtfeld eine
große Zahl dieser schädlichen
Insekten
[* 7] eingefunden und ihre
Eier
[* 8] den Stoppeln oder dem
Boden einverleibt haben, würde die
Nachkommenschaft bei abermaliger
Bestellung mit
Halmfrüchten sofort neue
Nahrung finden, während durch Einschaltung z. B.
einer Hackfrucht die junge
Brut keine
Nahrung findet und zu
Grunde geht. Ein
Gleiches gilt von den Wurzelparasiten
(Nematoden, s. d.;
Wurzelfäule der Rübenarten etc.).
Die reinen
Feldgraswirtschaften wechselten mit x
JahrenGetreide
[* 9] (mit und ohne
Brache) und mit y
JahrenKlee und Grasweide; heutzutage
hat man auch für diese
Hack- und andre
Früchte mit aufgenommen. Vielfach baut man auch noch sogen. Zwischenfrüchte, z. B.
Roggen und nach diesemStoppelrüben, welche noch in demselben Jahr geerntet werden, oder auch nach Winterfrüchten
eine bloße Grünfutter- oder selbst nur Gründüngungspflanze. Früher suchte man die Fruchtfolge strengstens so
einzurichten, daß
Futter- und Strohgewinnung, Düngererzeugung und Viehstand im sogen. gerechten
Verhältnis zu einander standen,
und mußte durch sorgsame Berechnung ermitteln, wieviel Vieh gehalten werden durfte, und wieviel
Stroh
und
Futter für dieses sowie
Dünger für die
Felder erzeugt werden mußte.
Reich hieß dann das
System, wenn es an nichts fehlte, vermögend, wenn gerade der
Bedarf notdürftig gedeckt war, und arm,
wenn es an
Stroh und
Futter, also auch an
Mist, fehlte, d. h. zu wenig Vieh gehalten werden konnte. Heutzutage
hat sich für
Dünger und
Futter ein lebhafter
Handel entwickelt und kann durch Zukauf das Fehlende erlangt werden; anderseits
versteht
man es auch gründlicher, die
Schätze im
Boden sich nutzbar zu machen. Vordem kannte man nur die Sorge für die
Felder
und hier lediglich die für Körnergewinn; dazu verwendete man allen
Dünger und schätzte sich glücklich,
wenn man recht viele
Wiesen und
Weiden (Waldhut, Streulaub) u. dgl. berauben
konnte.
Jetzt gibt man den
Dünger nur noch für besser lohnende
Pflanzen, baut
Getreide in zweiter und dritter
Tracht und düngt nicht
minder sorgsam die
Wiese, wenn nicht fruchtbares
Wasser zu
Gebote steht, ja wechselt sogar auch schon mit
dieser (zeitweiser Umbruch). Am wichtigsten ist die Auswahl unter den zu bauenden
Pflanzen, die richtige Aufeinanderfolge
der ausgewählten bietet keine Schwierigkeiten mehr. Zuerst muß man alle
Pflanzen ausscheiden, welche unter dem herrschenden
Klima nicht sicher gedeihen;
dann die, welche bei dem
Boden im gegebenen Kulturzustand nicht lohnen;
die,
welche nach den
Markt- und Handelsverhältnissen nicht vorteilhaft erscheinen;
endlich die, von welchen man bei der gewählten
Einrichtung des Betriebs keinen
Gebrauch machen kann oder will.
Von dem Rest wählt man die aus, welche frische Düngung lieben
oder verlangen; sie stehen an der
Spitze; die andern folgen möglichst so, daß
Halm-,
Blatt-, Wurzelfrüchte
sich ablösen, und so, daß zwischen
Ernte
[* 10] und
Saat genügende Zeit zur Bearbeitung des
Feldes gegeben ist. Die hierher gehörige
Litteratur s. bei
Betriebssystem,
Landwirtschaftslehre etc.
[* 12] die kleinenZweige des Obstbaums, an denen sich die
Früchte bilden. Man unterscheidet:
Fruchtruten, schwache, seitenständige, oft etwas gebogene, 15-30
cm lange
Zweige, welche beim
Kernobst Blätterknospen oder
kurze Fruchttriebe, beim Steinobst
Blütenknospen oder Boukettzweige entwickeln.
BeimPfirsichbaum trägt die Fruchtrute an der
Spitze gewöhnlich eine Holzknospe, sonst aber in ihrer ganzenLänge zu drei stehende
Knospen,
[* 13] von denen
die beiden äußern
Blütenknospen, die mittlere eine Holzknospe ist.
Fruchtspieße, 2-10
cm lange, steife, seitenständige
Zweige mit nahe beisammenstehenden
Knospen. Sie haben beim
Kernobst an der
Spitze eine Blattknospe, beim Steinobst außer der Endknospe eine
Blütenknospe und hier also wirkliche Fruchtorgane, während
sie wie die Fruchtruten beim
Kernobst nur in der
Entwickelung begriffenes Fruchtholz repräsentieren.
Ringelspieße,
bis 5
cm lange
Zweige an
Kernobst, mit durch die
Narben abgefallener
Blätter gebildeten wulstigen
Ringen, in denen sehr kleine,
spitze
Knospen sitzen.
An der
Spitze steht immer eine stark entwickelte
Blätter- oder
Blütenknospe.
Fruchtkuchen, Anschwellungen an derSpitze der
Fruchtruten des
Kernobstes, verästeln sich durch seitlich entstehende
Knospen und geben dann das Quirlholz in Form kleiner,
zackiger, knorriger
Äste, welche in ihrer ganzen
Länge mit Fruchtspießen,
Ringelspießen,
Fruchtkuchen,
Blätter- und
Blütenknospen
besetzt sind und auf Jahre hinaus
Fruchtbarkeit verheißen. Boukettzweige vertreten beim Steinobst die
Ringelspieße, sind
nur wenige
Zentimeter lang und tragen an der
Spitze eine Holzknospe und unter derselben dicht zusammengedrängt
mehrere
Blütenknospen. Sie bleiben nur wenige Jahre in Thätigkeit, erzeugen sich aber immer aufs neue. Der rationelle Obstbaumschnitt
hat auf das Fruchtholz, seine Hervorrufung,
¶
mehr
Erhaltung und Verjüngung Rücksicht zu nehmen, wie auch bei der Ernte die größte Schonung des Fruchtholzes dringend geboten
ist.
die aus Früchten dargestellten und, um längere Zeit aufbewahrt werden zu können, einer besondern Behandlung
unterworfenen Säfte. Die Fruchtsäfte enthalten keinen künstlich zugesetzten Zucker
[* 17] und unterscheiden sich dadurch von den
Fruchtsirupen. Zur Darstellung derselben zerquetscht man die gereinigten Früchte, kocht den Brei auf, preßt den Saft ab, filtriert
und füllt ihn nach der Appertschen Methode auf Flaschen. Viel besser halten sich die Fruchtsäfte mit schwachem Alkoholgehalt, zu deren
Darstellung man die zerquetschten Früchte einige Tage im Keller stehen läßt, bis die Gärung vorüber ist,
sodann abpreßt, aufkocht und filtriert.
Diese Fruchtsäfte werden besonders zu Gefrornem, Konserven, Gelees u. dgl. benutzt. Für Liköre bereitet man Fruchtsäfte, indem man 20 Lit. Fruchtbrei
mit wenigens ^[richtig: wenigstens] 5 Lit. fuselfreiem Alkohol von 80 Proz. Tr. versetzt, in ein Faß
[* 18] füllt, welches vor dem
Ablaßhahn ein Sieb enthält, und in diesem 3-6 Tage lang häufig durchschüttelt. Nach weitern drei Tagen, während welcher
Zeit man das Faß der Ruhe überlassen hat, zapft man den Saft ab und füllt ihn, nachdem er sich geklärt hat, auf Lagerfässer
oder auf Flaschen.
Auf den nach dem Ablassen des Safts im Faß verbliebenen Fruchtbrei kann man von neuem so viel starken
Alkohol gießen, als man Fruchtsaft abgezapft hat, und nach mehreren Tagen diesen zweiten Aufguß, der eine schlechtere Sorte
Fruchtsaft darstellt, abzapfen. Die Fruchtsäfte halten sich nur ein Jahr und verlieren später an Farbe und Geruch. Die gebräuchlichsten
Fruchtsäfte sind: Zitronensaft, Himbeersaft, Johannisbeersaft und Kirschsaft. Im Handel kommen auch Fruchtsäfte vor, welche
durch Mischen des über Preßkuchen von Früchten destillierten Wassers mit Spiritus,
[* 19] Zucker und Säure und Färben des Gemisches
mit Fuchsin erhalten werden.
mit Zucker zu einem Sirup eingekochte Fruchtsäfte. Man bereitet sie aus ungegornen, besser aber aus gegornen
und dann filtrierten Fruchtsäften (s. d.) durch nur einmaliges Aufkochen,
wobei auf 1 Teil Fruchtsaft 2½-3 Teile Raffinade genommen werden. Der Fruchtsirup ist sofort nach dem Aufwallen durch ein
wollenes Tuch zu gießen und,
wenn er aus ungegornem Fruchtsaft bereitet wurde, nach der Appertschen Methode auf Flaschen zu
füllen. Aus gegornem Fruchtsaft bereitete Fruchtsirupe sind viel haltbarer. Wenn die Fruchtsirupe im
Sommer zu gären beginnen, muß man sie aufkochen und einigemal heftig aufwallen lassen.
die Vereinigung mehrerer Fruchtorgane zu einem größern Ganzen.
Bei den eigentlichen Früchten der Phanerogamen
spricht man von Fruchtstand dann, wenn eine Anzahl solcher so zu einem Ganzen, einer Sammelfrucht, verbunden ist;
(Schafwasser, Kindswasser, Liquor amnii), die Flüssigkeit, welche zusammen mit dem Embryo den von den Eihäuten
gebildeten Sack ausfüllt und zunächst von der innersten Eihaut, der sogen. Schafhaut (amnion), umschlossen wird. Das Fruchtwasser bettet
den Fötus vollständig ein, er schwimmt gewissermaßen in ihm. Seine Menge steht zur Größe des Fötus
nicht immer im gleichen Verhältnis, letzteres schwankt vielmehr in den verschiedenen Stadien der Schwangerschaft ziemlich
beträchtlich.
Anfangs von geringer Quantität, nimmt es zu in der Mitte der Schwangerschaft und übersteigt das Gewicht der Frucht; später
aber übersteigt das Gewicht der letztern das des Fruchtwassers wieder, so daß es zur Zeit der Geburt
bei dem Menschen nur ½-1 kg betragen mag. Doch gibt es auch Fälle, wo es in bedeutend größerer Quantität vorhanden ist.
In chemischer Hinsicht gleicht es den gewöhnlichen Transsudaten. Gewöhnlich ist es klar, weißgelblich oder grünlich gefärbt,
hat einen eigentümlich faden Geruch, ein spezifisches Gewicht von 1,018, reagiert schwach alkalisch und
enthält in 1000 Teilen ca. 8,5 feste Bestandteile. Letztere sind: Eiweißca. 0,8, Extraktivstoffeca. 0,6, Salzeca. 7,0. Das Fruchtwasser schützt
die Frucht vor mechanischen Schädlichkeiten, welche den mütterlichen Leib treffen. Es gestattet dem Fötus, sich frei zu
bewegen, und macht die Kindesbewegungen der Mutter weniger empfindlich. Es behütet ferner den Fötus vor
Druck der Gebärmutter, erleichtert die Geburt und bereitet die Geburtsteile durch den allmählichen Abfluß zur Geburt vor.
jeder gleich dem Safte der Weintrauben behandelte Fruchtsaft. Das Fabrikat wird aber in der RegelCider oder Obstwein (s. d.) genannt. Eine andre Art Fruchtwein entsteht, wenn
man den Saft gewisser Früchte, namentlich von Äpfeln, Birnen, Kirschen, Johannisbeeren, Stachelbeeren, mit Zucker versetzt
(auf 1 Lit. etwa 0,5 kg), einige Tage in einem bedeckten Gefäß
[* 23] an einem kühlen Ort stehen läßt und dann mit dem doppelten
Volumen weißen Weins vermischt. Dieser Fruchtwein ist nach vier Wochen genießbar. Man kann auch zerquetschte Früchte
mit Wein macerieren und auf diese Weise eine Essenz bereiten, welche, mit mehr Wein verdünnt und versüßt, ebenfalls einen
Fruchtwein liefert.
(lat., Mehrzahl zu frux), Früchte, besonders Feldfrüchte. Fruges consumere nati, Citat aus Horaz' »Episteln« (Buch
I, 2, 27): »Geboren, die Früchte (des Landes) zu verzehren«, als Bezeichnung der nur zum Verzehren oder Genießen gebornen
Müßiggänger.
Carlo Innocenzio Maria, ital. Dichter, geb. zu Genua,
[* 26] trat 1707 in den Somaskerorden,
ward 1716 Professor der Rhetorik in Brescia, wo er eine »arkadische Kolonie« stiftete, lehrte später in Rom,
[* 27] Genua, Bologna, Modena
und lebte zuletzt am Hof
[* 28] zu Parma,
[* 29] wo er sich durch eine Menge Gelegenheitsgedichte und eine Geschichte
des HausesFarnese (1729) den Titel eines königlichen Historiographen erwarb. Frugoni starb Seine poetischen Werke erschienen
Parma 1779, 10 Bde.;
Gerichtszeit (rechte Gerichtsfrühe), ehedem besonders in den sächsischen LändernFormel in Gerichtsvorladungen,
durch welche dem Vorgeladenen angezeigt ward, daß er sich zu der gesetzlich oder herkömmlich für Termine
bestimmten Tageszeit
pünktlich einzufinden habe.
in der gerichtlich-medizinischen Terminologie jede Geburt, welche nach Ablauf
[* 31] der 28. und vor Beendigung
der 36. Schwangerschaftswoche erfolgt. Sie ist von der Fehlgeburt (s. d.) teils durch den angegebenen Termin ihres Vorkommens,
teils dadurch unterschieden, daß das Geborne dabei infolge seiner vorgerückten Ausbildung im stande ist, bei sorgfältiger
Pflege sein Leben außerhalb des Mutterleibes fortzusetzen. Früchte aus dem letzten Monat der Schwangerschaft rechnet man nicht
zu den eigentlichen Frühgeburten, weil sie in ihrer körperlichen Bildung keine auffallenden Spuren der Unreife zeigen.
Die Entscheidung, ob in einem gewissen Fall Frühgeburt stattgefunden habe, wird nicht nur bei zweifelhaften Rechtsfragen
über Vaterschaft, über Rechtmäßigkeit und Erbfähigkeit eines Kindes, sondern auch in Bezug auf die Lebensfähigkeit Neugeborner
bei Untersuchungen über zweifelhafte Todesarten derselben zur Feststellung des Thatbestandes des Kindesmordes erfordert. Rücksichtlich
der Fähigkeit Frühgeborner, das Leben fortzusetzen, gilt im allgemeinen als Regel, daß dies um so leichter
möglich ist, je näher dem natürlichen Ende der Schwangerschaft die Geburt erfolgte.
Das deutsche Strafrecht verurteilt in § 218 ohne Unterschied der Entwickelungszeit der Leibesfrucht eine Schwangere, welche
ihre Frucht vorsätzlich abtreibt oder tötet, mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren; denjenigen, welcher gegen
Entgelt hierzu die Mittel beschafft oder anwendet, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren. Wird durch das Abtreiben der Tod der Schwangern
herbeigeführt, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter 10 Jahren oder lebenslänglich ein. Unter künstlicher Frühgeburt versteht man
das Kunstverfahren, wodurch die Gebärmutter genötigt wird, die zwar noch nicht völlig reife, aber doch
lebensfähige Frucht auszustoßen.
Das Verfahren selbst darf nur von einem Arzt ausgeführt werden und erfordert größte Sorgfalt und Umsicht, wenn nicht das
Leben der Mutter aufs bedrohlichste gefährdet werden soll. Es besteht in künstlicher Erregung der Wehenthätigkeit durch
mechanische Mittel, Eihautstich, Preßschwamm etc. In verbrecherischer Absicht werden
drastische Abführmittel, Juniperus u. dgl. vielfach benutzt, welche,
auch wenn der beabsichtigte Zweck mit ihnen nicht erreicht wird, die Gesundheit schädigen und strafbar sind. (Vgl. Abtreibung der Leibesfrucht.)
Die künstliche Frühgeburt ist dann angezeigt, wenn Frauen wegen Beckenenge nur nach voraufgegangener Perforation des Kindskopfes oder
nur durch sehr schwierige Zangenoperationen (also von einem toten Kind) entbunden werden könnten, falls
der natürliche Endtermin der Schwangerschaft abgewartet würde.
Durch die künstliche Frühgeburt soll also ein lebendes und lebensfähiges Kind ohne erhebliche Gefahr für die Mutter zur Welt befördert
werden, was bei einem gewissen Grad von Beckenenge am normalen Ende der Schwangerschaft unmöglich wäre.
Hierdurch unterscheidet sie sich wesentlich von dem künstlichen Abortus, der nur in der Absicht erregt wird, um die Mutter
durch baldige Entfernung des noch ganz unreifen Eies vom sichern Tod zu retten. Die künstliche Frühgeburt wurde zuerst von den Engländern
und zwar von Macaulay 1756 in die Geburtshilfe eingeführt. In Deutschland
[* 32] war es Wenzel, welcher diese Operation
zuerst 1804 ausübte. Am spätesten fand das Verfahren in Frankreich Eingang. Außer der Beckenenge gibt es noch andre Indikationen
zur Einleitung¶
mehr
der künstlichen Frühgeburt, nämlich gewisse gefahrdrohende Krankheiten der Mutter, wie z. B. wassersüchtige Anschwellungen, hohe
Grade von Gelbsucht, welche durch Druck auf die Gallengänge veranlaßt sind, eingeklemmte, nicht zurückbringbare Brüche, hartnäckiges,
nicht zu stillendes Erbrechen, öfters wiederkehrende, das Leben der Schwangern gefährdende Blutungen und schwere Grade von
Atemnot, zumal bei Herzkrankheiten. Auch wenn das Kind zu bestimmten Zeiten, wo es bereits Lebensfähigkeit
erlangt hat, abzusterben pflegt, wurde die künstliche Frühgeburt gemacht, um das Leben des Kindes zu erhalten.
Für die südliche Halbkugel beginnt der Frühling mit dem Augenblick, wo der Mittelpunkt der Sonne bei ihrem jährlichen Hinabsteigen
von N. nach S. den Äquator passiert, und endigt, wenn die Sonne die größte südliche Abweichung erlangt hat; er dauert also
dort vom 22. oder 23. Sept. (Herbst-Tag- und Nachtgleiche) bis zum 21. oder 22. Dez. (Winter-Sonnenwende, Solstitium
brumale). Infolgedessen ist der Frühling auf der nördlichen Halbkugel um einige Tage länger als auf der südlichen, ein Unterschied,
der von der verschiedenen Geschwindigkeit der Erde in ihrer Jahresbahn um die Sonne herrührt und periodisch
ist. In meteorologischer Hinsicht pflegen in der Regel die Monate März, April und Mai als Frühlingsmonate bezeichnet zu werden.
Der Charakter der Frühlingswitterung ist feucht, veränderlich, am Tag oft heiß, des Nachts kühl, so daß im mittlern Deutschland
selbst noch im Mai Nachtfröste vorkommen. Vgl. Jahreszeiten.
[* 35]
bestehen darin, daß man die frisch ausgepreßten Säfte gewisser Pflanzen, welche zur Gruppe der bittern
auflösenden Mittel gehören, im Frühjahr des Morgens im nüchternen Zustand trinken läßt. Es wird entweder der Saft eines
einzelnen Krautes oder mehrerer zusammen verordnet, derselbe mit Milch, Fleischbrühe, aromatischen Wassern, Selterwasser etc.
vermischt, auch zuweilen noch andre Arznei damit verbunden und die Wirkung des Ganzen durch eine zweckmäßige
Diät unterstützt. Man wählt dazu Herba Cichorei, Taraxaci, Fumariae, Millefolii, Chelidonii, Petroselini etc. Gewöhnlich
werden dabei 60-200 g Saft mit oder ohne Salz
[* 36] genommen und dabei Bewegungen im Freien gemacht. Die wesentliche Wirkung derartiger
Kuren besteht in der Anregung des Stoffwechsels bei Verdauungsstörungen.
Sowohl der Körper als der Geist des Kindes kann seinem Lebensalter vorauseilen und sich durch Eigenschaften
auszeichnen, welche nur dem Erwachsenen zukommen. Es hat frühreife Kinder gegeben, die schon im sechsten
Lebensjahr an Größe und Stärke
[* 39] einem ausgewachsenen Menschen gleichkamen (sogen. Riesenwuchs), ja manche zeigten in noch
früherm Alter alle Merkmale der Mannbarkeit; doch sind gewöhnlich mit einer solchen frühzeitigen Ausbildung des Körpers eine
Verkümmerung der intellektuellen Fähigkeiten und ein früher Tod verbunden.
Aber auch der Geist mancher Kinder kann seiner naturgemäßen Entwickelung voraneilen. Das Lübecker Wunderkind Chr. H. Heineken,
geb. lernte schon im zehnten Monat alle Gegenstände kennen und benennen, machte sich noch vor Ablauf des ersten
Lebensjahrs unter Anleitung eines Lehrers mit den hauptsächlichsten Geschichten in den fünf Büchern Mosis
bekannt, fing im 15. Monat die Weltgeschichte an, hatte noch vor vollendetem dritten Lebensjahr die Institutionen und die dänische
Geschichte inne, lernte nun auch lateinisch lesen, starb aber schon im fünften Lebensjahr. Auch Torquato Tasso, JohannPico
von Mirandola, Melanchthon, HugoGrotius, aus neuester Zeit J. ^[John] Stuart Mill. dürften zu den frühreifen
Kindern zu zählen sein. Über die Ursachen einer solchen Frühreife ist nichts bekannt. Geistig frühreife Kinder sind in der Regel einem
frühen Tod verfallen, weshalb die Eltern derselben die geistige Entwickelung durch gesteigerte Pflege der körperlichen Ausbildung
zurückhalten sollten.
Emilio, ital. Lyriker, geb. 1808 zu Florenz
[* 40] aus angesehener Familie, widmete sich zu Pisa
[* 41] den Rechtsstudien und wurde dann in der königlichen Advokatur angestellt. An der nationalen Erhebung der Jahre 1848 und 1859 lebhaften
Anteil nehmend, war er 1859 als Deputierter von Fiesole Mitglied der toscanischen Assemblee sowie der für die Neugestaltung
der toscanischen Universitäten eingesetzten Kommission. Im J. 1860 wurde er ins italienische Parlament
und von der Stadt Florenz in den Rat gewählt. Frullani war es, der 1865 im Stadtrat von Florenz die Anregung zur nationalen Dante-Feier
gab; auch ward auf seinen Vorschlag das von ihm ausfindig gemachte Wohnhaus
[* 42] Dantes, über welches er einen Bericht herausgab,
vom Florentiner
[* 43] Munizipium angekauft, um als nationales Denkmal erhalten zu werden. Er starb in
Florenz. Als Lyriker nimmt Frullani unter den toscanischen Dichtern der Gegenwart einen hohen
¶
mehr
Rangein. Der Verlust seiner Gattin (1844) und andrer ihm teurer Verwandten gab seiner Lyrik eine schwermütige Richtung; er
ward Meister der Elegie, und manche seiner Trauergesänge auf den Tod geliebter Personen, vor allen die Kanzone »Le
[* 45] tre anime«,
gehören zu den hervorragendsten Leistungen der modernen italienischen Lyrik. Überdies werden seinen
DichtungenEleganz des poetischen Ausdrucks und musterhafte Reinheit der Sprache
[* 46] nachgerühmt. Seine »Versi« erschienen gesammelt 1863 zu
Florenz, eine neue Sammlung (»Nuovi versi«) daselbst 1874. Mit Gorgani
gab er das Werk »Della casa di Dante« (mit wichtigen Dokumenten, Flor. 1864-69) heraus.
(lat.), bei den Römern diejenigen, welche beim Heer die Herbeischaffung des Getreides zu besorgen hatten.
Unter den spätern Kaisern auch als Ordonnanzen, endlich als Träger
[* 53] und Vollstrecker bedenklicher Befehle, als Späher etc.
gebraucht, arteten sie zu einer Clique aus, welche durch falsche Anklagen und den Schrecken davor namentlich
in entlegenen Provinzen die angesehenen Leute auf das schändlichste brandschatzten.
Als sie selbst gegen Frundsberg ihre Spieße erhoben, nahm dieser es sich so zu Herzen, daß ihn ein Schlaganfall
zu Boden warf. Seinem Lokotenenten Konrad v. Boyneburg den Oberbefehl über die Knechte übergebend, ließ er sich erst nach
Ferrara,
[* 67] darauf im Mai 1528 nach Mailand bringen, von wo ihn sein Sohn Kaspar in die HeimatMindelheim geleitete. AchtTage nach
seiner Rückkehr starb er daselbst erst 55 Jahre alt. Er war es, der auf dem Reichstag zu
Worms
[* 68] Luther auf die Schulter klopfte mit den Worten: »Mönchlein, Mönchlein, du gehst jetzt einen Gang,
[* 69] dergleichen ich und
mancher Obrister auch in der allerernstlichsten Schlachtordnung nicht gethan haben. Bist du aber auf rechter Meinung und deiner
Sache gewiß, so fahre in GottesNamen fort und sei getrost; Gott wird dich nicht verlassen.« An der Spitze seiner Landsknechte,
die er taktisch so weit ausbildete, daß sie an die Stelle der bisher für unüberwindlich gehaltenen Schweizer traten, wobei
er zugleich die Feuerwaffen ausgedehnter zur Geltung brachte, stand er in 20 Feldschlachten, in vielen
Gefechten und Belagerungen.
Mit gewaltiger Körperkraft verband er Uneigennützigkeit, Milde, Ritterlichkeit, hohes Gefühl
für Gesetzlichkeit und war seinem Kaiser zu allen Zeiten unwandelbar treu, obgleich es dieser ihm so wenig lohnte, daß Frundsberg, der
fast sein ganzes Vermögen im kaiserlichen Dienst aufgeopfert hatte, in dem bekannten, von ihm gedichteten
Klaggesang: »Mein Fleiß und Müh' ich hab' nie g'spart« bis an sein Lebensende sagen konnte: »Nicht
¶
mehr
Dank, noch Lohn davon ich bring'«. - Sein Sohn Kaspar von Frundsberg, geb. 1500, erwarb sich ebenfalls als Landsknechtführer in den
italienischen und türkischen Kriegen jener Zeit großen Ruhm und starb 1536. Mit dessen Sohn Georg von Frundsberg, der mit Auszeichnung
in den Niederlanden kämpfte, starb 1586 das Geschlecht aus. Ihm widmete Adam Reißner die »HistoriaHerrnGeorgs und HerrnKaspars von Frundsberg« (lat., Frankf. 1568; deutsch 1572).
eine Gemeinde des schweizer. Kantons Bern,
mit (1880) 4042 Einw.,
der Hauptort eines Doppelthals im Berner Oberland. Beide Quellthäler beginnen mit zwei Hochthälchen:
Gasteren und Engstligen, welche je durch eine Klus in die niedere Thalstufe übergehen. Aus jenem kommt die Kander, aus diesem
der Engstligenbach, und beide vereinigen sich bei Frutigen. Das Thal
[* 71] hat treffliche Rinder
[* 72] von BernerSchlag. Die Frutiger Schafe
[* 73] sind groß, ungehörnt, von feinem Knochenbau und langer, wenn auch nicht gerade feiner Wolle. Die Frutiger Weiber fabrizieren
das dauerhafte »Frutigtuch«, welches zu Oberröcken der Bäuerinnen gebraucht
wird.
Volksname für diejenigen Meerestiere, welche in den Küstenstädten Italiens
[* 74] vorzugsweise von den niedern Klassen meist roh
gegessen werden (mancherlei Würmer,
[* 75] Seeschnecken, aus denen Suppe bereitet wird, Seeigel, Austern, die kleinern
Krebse etc.).
(spr. frei), 1) Elisabeth, der »Engel der Gefängnisse« genannt, geb. zu Cartham Hall
[* 76] bei Norwich
[* 77] als Tochter
des Schloßbesitzers und QuäkersJohn Gurnay, stiftete auf dem Familienlandsitz Plashet House eine Freischule
für verwaiste Mädchen, die sie nach ihrer Verheiratung mit dem LondonerKaufmannJoseph Fry (1800) nach und nach erweiterte.
Später gründete sie in London eine Schule für die Kinder der Gefangenen in Newgate und 1819 eine Lehr- und Arbeitsschule für
verurteilte weibliche Gefangene, die unter dem Namen des Newgater Vereins von einer Vorsteherin und zwölf
Frauen geleitet wird, und war überhaupt 21 Jahre lang unermüdet thätig für die Verbesserung des Loses der Gefangenen. Selbst
nach Amerika, Frankreich, der Schweiz, Deutschland unternahm sie zu diesem Zweck 1837-43 Reisen. Sie starb in Ramsgate.
IhreDenkwürdigkeiten wurden von ihren Töchtern (2. Aufl., Lond.
1848, 2 Bde.; abgekürzt 1868; in deutscher Bearbeitung, 2. Aufl.,
Hamb. 1858) veröffentlicht.
Anders, schwed. Geschichtschreiber, geb. zu
Hesselskog in Dalsland, widmete sich dem Studium der Theologie und Geschichte, ward 1820 zum Pfarrer ordiniert, 1821 Magister
philosophiae an der UniversitätUpsala,
[* 81] 1828 Rektor des Mariengymnasiums in Stockholm
[* 82] und 1833 Titularprofessor, 1835 Pfarrer
zu Sunna in Wermland; doch wurde er, seit 1840 Mitglied der schwedischen Akademie, 1847 beurlaubt, um Muße
zu archivalischen Forschungen im Ausland, die er in »Handlingar rörande Sveriges historia« (Stockh. 1836-43, 4 Bde.)
herausgab, und für Ausarbeitung seines Hauptwerks: »Erzählungen aus der schwedischen Geschichte« (»Berättelser ur svenska
historien«, Bd. 1-46, Stockh.
1832-80), zu haben.
Dasselbe behandelt die schwedische Geschichte in einfacher, überwiegend biographischer und populärer
Weise, mehrfach unter Hinzuziehung neuer Quellen, ist durch sein gerechtes Urteil und seine Wahrheitsliebe ausgezeichnet und
teilweise auch in die deutsche, dänische, französische und englische Spracheübertragen worden. Ins Deutsche
[* 83] übersetzt
wurden daraus die Geschichte Schwedens bis zu Erichs XIV. Tod von Tinette Homberg (Stockh. 1842-43, 2 Bde.),
die Geschichte GustavAdolfs von derselben (Leipz. 1842-43, 2 Bde.)
und von einem Ungenannten (das. 1852), die Geschichte GustavWasas von Ekendahl (Neust. a. d. O. 1831), die Geschichte Karls
XII. von Jenssen-Tusch und Rohrdantz (Braunschw. 1861, 5 Bde.).
Gegen das Werk »Die sozialen Zustände unsrer Zeit«, worin der berühmte
schwedische Geschichtschreiber Geijer die AristokratieSchwedens geißelt, trat Fryxell mit einer Broschüre:
»Von den Verwünschungen der Aristokratie in der schwedischen Geschichtschreibung« (Upsala 1845-50, 4 Hefte), in die Schranken.
die den ersten regelmäßigen Unterricht der schwedischen Schulen
in der Muttersprache begründete. Während seine politische Geschichte Schwedens noch fortgesetzt wurde, betrat er ein neues
Feld mit seinen »Beiträgen zur schwedischen Litteraturgeschichte«
(»Bidrag till Sveriges literatur-historia«, 1860-62, 9 Bde). Fryxell starb in Stockholm.