So bezeichnet Fries unter anderm den horizontalen Flächenstreifen zwischen dem
Architrav
[* 2] und
dem
Kranzgesims
[* 3] der griechischen
Säulenordnungen (s. die Tafel
»Säulenordnungen«,
[* 4] Fig. 1-9), zwischen dem Fenstersturz und
der Verdachung
[* 5] von
Fenstern und
Thüren, zwischen der Wand und dem
Gurt- oder Hauptgesims von Gebäudefassaden.
Bei Holztäfelungen sind
Friese
[* 6] die Flächenstreifen, welche zwischen die
Füllungen und die
Rahmen eingeschaltet sind, bei
Fußböden die eingelegten schmalen, gewöhnlich dunkler gefärbten Holzstreifen, daher Friesboden.
Friese heißen ferner
die Reliefdarstellungen, welche sich
oben rings um die
Cella der antiken
Tempel
[* 7] und um andre Gebäude desAltertums
zogen, sowie die aus
Reifen,
Stäben, Rundstäben,
Karniesen etc. bestehenden
Verzierungen der
Geschütze,
[* 8] womit die ältern derselben
meist überladen sind.
(Flaus), glattes oder geköpertes, grobes, starkes, nicht sehr fest geschlagenes, nur wenig
gewalktes wollenes
Gewebe
[* 9] mit langem
Haar
[* 10] auf der Oberseite. Es wird aus geringer Landwolle und groben
Kämmlingen dargestellt,
und man nimmt zum
Einschlag meist doppelt so starkes
Garn wie zur
Kette.
das
»System der
Logik« (das. 1811, 3. Aufl. 1837),
die von den Jenenser
Studenten und
allen deutschen
Patrioten mit
Begeisterung aufgenommene
Schrift »Vom
DeutschenBund und deutscher
Staatsverfassung« (das. 1817, 2. Aufl.
1831) und andre Werke waren
Früchte seines
Heidelberger Aufenthalts. Wegen seiner
Teilnahme an dem
Wartburgfest, von ihm selbst
der »ausgezeichnetste
Augenblick« seines
Lebens genannt, wurde er im
November 1819 vom philosophischen Lehramt suspendiert,
fünf Jahre darauf (1824) aber zum
Professor der
Physik und
Mathematik ernannt, und seit 1825 durfte er wieder philosophische
Vorlesungen halten. Er starb Außer den genannten sind von seinen Werken noch hervorzuheben: »Populäre Vorlesungen
über die
Sternkunde« (1813; 2. Aufl., Heidelb. 1833);
Erstern Mangel trachtete Fries durch seine neue oder anthropologische
Kritik der
Vernunft, diesen durch die
Erhebung des (Jacobischen)
Gefühls (an der
Stelle des
Denkens) zum eigentlichen Erkenntnisprinzip zu verbessern. Daß und wie wir Erkenntnisse besitzen,
dessen könne man sich nur durch innere
Erfahrung bewußt werden;
Psychologie und zwar auf innerer
Erfahrung
beruhende, empirische, müsse die
Basis aller
Philosophie bilden. Durch dieselbe wird der
Besitz eines (wie es auch
Kant gewollt)
dem menschlichen
Geist innewohnenden
a priori (räumliche und zeitliche Anschauungsform,
Kategorien etc.) auf aposteriorischem
Weg dargethan, welches wir zu dem Gegebenen
¶
mehr
hinzuthun, und dadurch Metaphysik und Mathematik als von aller Erfahrungswissenschaft spezifisch unterschiedene apriorische
Wissenschaften ermöglicht. Alles mögliche Wissen (apriorisches wie aposteriorisches, mathematisches wie empirisches) jedoch
erstreckt sich nur auf die Erscheinungen und geht nicht über dieselben hinaus; äußere wie innere Erfahrung beschränken
sich (jene auf die physikalische, materielle, diese auf die psychologische, spirituelle) auf die Erscheinungsweise
der Dingean sich, ohne zu diesen selbst zu gelangen.
Physikalische und psychologische Wissenschaft verhalten sich wie Materialismus und Spiritualismus (Ausdehnung
[* 18] und Denken); wer
in der erstern allein steht, langt bei de la Mettrie, wer in der letztern, bei Berkeley an. Das Wesen der
Dinge offenbart sich jedem von beiden in einer ganz andern Sprache,
[* 19] deren keine es ganz ausspricht. Die Wissenschaft (physikalische
wie psychologische) steht dem Wesen der Dinge gegenüber im Unvollendbaren, ist »Stückwerk«; dieses selbst,
das Vollendete, ist nicht dem Denken (Vorstellen, Erkennen), sondern nur dem Gefühl zugänglich, das, mit jenem verglichen,
das höhere Erkenntnisprinzip, aber (gleichsam zum Ersatz dafür), mit der Klarheit des Gedankens verglichen, allerdings dunkel
ist.
Die im Gefühl wurzelnde Überzeugung von der Existenz des Vollendeten als ewigen Wesens der Dinge (welche das Wissen niemals
gewähren kann) ist Glaube, der daher die (allein völlig befriedigende) Ergänzung des (an sich unvollendbaren
und daher niemals wahre Befriedigung gewährenden) Wissens ist. Allem Handeln der Vernunft liegt der Glaube an Wesen und Wert,
zuhöchst an die gleiche persönliche Würde der Menschen zu Grunde, aus diesem Prinzip fließen die sittlichen Gebote.
Die Veredelung der Menschheit ist die höchste sittliche Aufgabe. Die Vermittelung zwischen Wissen und
Glauben liegt in der Ahnung des Vollendeten im Unvollendbaren, welcher die ästhetisch-religiöse Betrachtung angehört. Im
Gefühl des Schönen und Erhabenen wird das Endliche als Erscheinung des Ewigen angeschaut; in der religiösen Betrachtung wird
die Welt nach Ideen gedeutet; die Vernunft ahnt in dem Weltlauf den Zweck, in dem Leben der schönen Naturgestalten
die allwaltende Güte.
Sein »Systema mycologicum« (Greifsw.
1820-32, 3 Bde.),
welches in dem »Elenchus fungorum« (das. 1828, 2 Bde.)
und in den »Novae symbolae mycologicae« (Upsala 1851) Ergänzungen erhielt, galt längere Zeit als Hauptwerk für die Systematik
der Pilze.
[* 21] Die kürzere Darstellung in der »Summa vegetabilium Scandinaviae« (Stockh.
1846-49, 2 Bde.) ist als das einzige relativ
vollständige systematische Verzeichnis der Pilze bis heute unentbehrlich geblieben. In der neuern Zeit veröffentlichte Fries mehrere
Werke über die Hymenomyceten: »Monographia hymenomycetum Sueciae« (Upsala 1857-63, 2 Bde.),
eine vollkommnere und umfassendere
Darstellung seiner »Epicrisis systematis mycologici seu synopsis hymenomycetum«
(das. 1836-38);
»Sveriges ätliga och giftiga svampar, fungi esculenti et venenati Scandinaviae« (Stockh.
1862-69, mit 93 kolorierten Tafeln) und »Icones selectae hymenomycetum nondum
delineatorum« (das. 1867-75, mit kolorierten Tafeln).
Außerdem schrieb er: »Lichenographia europaea reformata« (Lund u. Greifsw.
1831);
»Enumeratio lichenum et byssaceorum Scandinaviae hucusque cognitorum« (Upsala 1843);
»Schedulae criticae de lichenibus
exsiccatis Scandinaviae« (Lund 1727-33, 14 Bde.);
»Novitiae florae suecicae« (das.
1814-23) und davon die »Editio altera auctior et in formam commentarii in Wahlenbergii floram suecicam reducta« (das.
1828) sowie deren Fortsetzung (das. 1832-42);
ferner: »Symbolae ad historiam hieraciorum« (das.
1847-48);
»Epicrisis generis hieraciorum« (das. 1862);
»Symbolae ad synonymiam hieraciorum« (das.
1866).
Eine Reihe kleinerer Arbeiten erschien gesammelt in der »Botaniska utflygter« (Upsala 1843-64, 3 Bde.).
Die Schrift »Äro naturvetenskaperna något bildningsmedel?« erschien deutsch unter dem Titel: »Sind die Naturwissenschaften
ein Bildungsmittel?« (Leipz. 1844).
3) Ernst, Maler, geb. zu Heidelberg, bildete sich unter der Leitung des ältern Rottmann und von KarlKuntz
zum Landschaftsmaler, war sodann Zögling der MünchenerAkademie, besuchte die Rheinlande und verweilte 1823-27 in Italien.
[* 22] Nach seiner Heimkehr lebte er in München
[* 23] und seit 1831 als Hofmalerin Karlsruhe,
[* 24] wo er starb. Seine meist italienischen
Landschaften zeichnen sich durch eine sinnige und poetische Auffassung der Natur bei stilisierender Formenbehandlung
aus. Dabei ist die Behandlung fleißig, das Kolorit warm, kräftig und harmonisch.
Motiven aus dessen Umgebung wechseln. Seine italienischen Landschaften zeigen großartige Komposition und breite Behandlung,
die neuern deutschen dagegen eine sehr sorgfältige Ausführung. Er starb in München.
(Miliaria), ein durchaus unschuldiger Hautausschlag, dem nicht die Bedeutung einer selbständigen
Krankheit zukommt, welcher vielmehr nur als eine begleitende Erscheinung der verschiedensten fieberhaften Krankheiten, z. B.
des Typhus, Kindbettfiebers, des akuten Gelenkrheumatismus etc., zu betrachten ist. Man hat zwei Formen zu unterscheiden: den
weißen und den roten Friesel. Der weiße Friesel, auch Kristallfriesel, Porzellanfriesel, Schweißfriesel (Sudamina) genannt, kommt
besonders in der Gegend der Schlüsselbeine, auf der Brust und dem Bauch
[* 35] vor und besteht aus zahlreichen zerstreuten, mit klarer
Flüssigkeit gefüllten Bläschen von der Größe eines Grießkorns, welche, wie feine Tautropfen, auf vollkommen gesunder,
nicht geröteter Haut
[* 36] stehen.
Diese Bläschen bestehen nur wenige Tage, platzen dann oder trocknen ein und heilen mit Abschuppung der
Epidermis.
[* 37] Eine Behandlung des Kristallfriesels ist nicht erforderlich, wie überhaupt der ganze Zustand gar keine Beachtung
verdient. Als roten Friesel bezeichnet man einen ähnlichen Bläschenausschlag, welcher auf geröteter Haut steht und infolge starken
Schwitzens eintritt. Die Hautröte ist hier bedingt durch den Reiz, welchen der scharfe Schweiß auf die
Haut ausübt. Durch öfteres Abwaschen der Haut mit kühlem Wasser läßt sich dieser etwas juckende Ausschlag leicht beseitigen.
- Über den Friesel der Säuglinge s. Schälknötchen.
(Frisii, Frisones, in ihrer eignen Sprache Frisan), Name eines germanischen Volksstammes, welcher zu der Zeit,
wo die Römer
[* 38] mit ihm in Berührung kamen, im nordwestlichen Germanien
[* 39] an der Nordseeküste zwischen Rhein
und Ems,
[* 40] also westlich von den Chauken und östlich von den Batavern, wohnte (s. Karte
»Germanien etc.«). Tacitus teilt sie in
die größern und kleinern Friesen, ohne aber die Wohnsitze beider näher anzugeben. Die Friesen werden schon von
dem genannten Schriftsteller als ein emsiges, ebensowohl auf die Ausbeutung des Meers wie auf Viehzucht undAckerbau bedachtes
Volk beschrieben.
Durch Drusus, der bei seiner Fahrt an der nordwestlichen KüsteDeutschlands
[* 41] mit den Friesen zusammentraf, den Römern zinspflichtig
gemacht, blieben sie denselben treu und leisteten Drusus wie Germanicus bei ihren Unternehmungen in Deutschland
[* 42] großen Vorschub. Erst infolge der durch den Centurio Olennius bei Eintreibung des Tributs verübten Gewaltthätigkeiten empörten
sie sich 27 n. Chr., doch gelang es Gnäus DomitiusCorbulo, sie von neuem zu unterwerfen (47). 58 entstand ein neuer Streit,
als die Friesen einen öden Grenzstrich am Rhein besetzt hatten.
Trotzdem sie zwei ihrer Fürsten an KaiserNero schickten, wurden sie doch von dem römischen Statthalter überfallen und zur
Räumung gezwungen. Von da an werden die Friesen wenig genannt; nur zuweilen geschieht ihrer als kühner Seeräuber
Erwähnung, wie sie denn auch neben Angeln und Sachsen
[* 43] an der EroberungBritanniens teilgenommen haben sollen.
Im frühen Mittelalter ist der Name auch weiter östlich verbreitet; Friesland erstreckt sich an der Nordseeküste von dem Fluß
Sincfala im W. (dem heutigen Flüßchen 't Zwin, welches nördlich von Sluys mündet) bis zur Weser im O. Es zerfällt in
drei Teile: Westfriesland, die heutigen ProvinzenZeeland, Süd- und Nordholland und einen Teil von Utrecht
[* 44] umfassend, Mittelfriesland, die heutige ProvinzFriesland, und Ostfriesland, die heutige holländische ProvinzGroningen, das
preußische Ostfriesland und ein Teil von Oldenburg.
[* 45]
Außerdem werden in den westlichen Küstenstrichen Schleswigs von der Eider bis Tondern hin und auf den vorliegenden InselnNordstrand,
Föhr, Sylt und andern Nord- oder Strandfriesen erwähnt. Das Friesenvolk kam bereits im 6. Jahrh. in feindliche
Berührung mit den Franken; der Frankenkönig Dagobert I. (622-638) gründete sodann in dem Grenzkastell Utrecht eine Kirche,
wohl auch zum Zweck der Mission unter den Friesen, dieselbe wurde indes von diesen bald nachher wieder zerstört.
Etwa 40 Jahre später fand dann der Sachse Wilfried, Erzbischof von York, günstigere Aufnahme bei den und
erhielt von ihrem Herzog oder König Aldgisl I. selbst die Erlaubnis zu Predigt und Mission. Dessen Sohn und Nachfolger Ratbod
wurde in einen Krieg mit Pippin von Heristall verwickelt, der ihn 689 bei Wyk te Duerstede schlug und zur
Abtretung Westfrieslands nötigte. Nun kam 690 der heil. Willibrord nach Friesland und begann die Mission mit mehr Erfolg aufzunehmen;
er ist sogar schon bis zu der durch ein altes Heiligtum berühmten InselFositesland (Helgoland)
[* 46] gekommen.
Nach PippinsTod versuchte indes Ratbod sich von dem fränkischen Einfluß wieder zu befreien; im Einverständnis
mit den Neustriern, die sich gegen die karolingischen Majordomus erhoben hatten, gewann er Westfriesland zurück, fuhr dann 716 mit
seinem Heer den Rhein hinauf, landete bei Köln,
[* 47] schlug dort KarlMartell und kehrte mit reicher Beute in die Heimat zurück, wo
er die Kirchen zerstörte und den heidnischen Kultus herstellte. Nach seinem Tod 719 ging unter seinem Nachfolger
Aldgisl II. Westfriesland wieder verloren, und Willibrord, der sich während des Kriegs geflüchtet hatte, kehrte nach Utrecht
zurück, das von nun ab ununterbrochen Bischofsitz für diese friesischen Lande war. Indessen gelang es auch jetzt noch
nicht, das
¶
mehr
Christentum über die Grenze von Mittelfriesland hinaus weiter nach O. zu verbreiten; dort ward noch Winfried-Bonifacius nebst
dem BischofEoban von Utrecht 754 von den Heiden erschlagen. Inzwischen hatte KarlMartell 734 einen zweiten Zug
nach Friesland unternommen
und über Aldgisls Nachfolger Poppo einen Sieg gewonnen. Seit dieser Schlacht, in der Poppo fiel, ist von
einem Herzog, dessen Gewalt sich über alle Teile Frieslands erstreckt hätte, nicht mehr die Rede; an der Spitze der einzelnen
Gaue oder Hundertschaften scheinen besondere, vom Volk gewählte Vorsteher gestanden zu haben, die vielleicht schon jetzt in
einer Art von Bundesverfassung lebten.
Trotzdem hatte noch Karl d. Gr. eine letzte Erhebung der Friesen, die sich an die Sachsenkriege anschloß, niederzuschlagen;
seitdem war Friesland dem Christentum und dem fränkischen Reich völlig unterworfen. Insbesondere werden Handel und Schiffahrt
als Beschäftigungen der in dieser Zeit erwähnt; ihre Schiffer fuhren in slawische Lande (einmal die Elbe hinauf bis zur
Havel), und friesische Kaufleute begegnen sich in sehr verschiedenen Teilen des fränkischen Reichs, auch in England etc. Entweder
unter Karl d. Gr. oder vielleicht schon früher fand auch die Aufzeichnung des friesischen
Gesetzbuchs, der Lex Frisionum (s. Friesisches Recht), statt. Im allgemeinen wurde die Organisation der karolingischen Verfassung
auch in Friesland durchgeführt, doch erhielten sich gerade hier noch manche Institutionen aus altgermanischer
Zeit.
Währenddessen behaupteten die übrigen Friesen ihre Unabhängigkeit nicht nur den benachbarten
Dynasten, sondern auch im großen und ganzen der Reichsgewalt gegenüber, die hier nur äußerst geringes Ansehen hatte.
So entstand hier eine ganz eigentümliche, freie Landesverfassung, in welcher im Gegensatz zu den rings umher emporgekommenen
feudalen Ordnungen altgermanische Rechtssatzungen fortbestanden. Die sieben friesischen Seelande bildeten nun einen Bund
zu Schutz und Trutz gegen äußere Feinde.
Jedes derselben zerfiel in Gaue und diese wieder in Bauerschaften, an deren Spitze aus der
Mitte der Volksgenossen hervorgehende
Richter und gewählte Talemänner (Sprecher) standen. Es gab gemeine Versammlungen der einzelnen Landschaften und Seelande;
über allen stand die alljährlich am dritten Pfingsttag zusammentretende feierliche Versammlung von
Abgeordneten aller Friesen am Upstallsboom (Obergerichtsbaum) unweit Aurich;
[* 52] hier wurde über Gegenstände von besonderer Wichtigkeit,
Krieg und Frieden, Änderung der Landrechte u. dgl., beschlossen. In kirchlicher
Beziehung waren die Friesen dem Erzbischof von Bremen
[* 53] und den Bischöfen von Münster
[* 54] und Utrecht untergeben, aber auch dem Klerus gegenüber
behaupteten sie ihre Unabhängigkeit. So bestand die freie Landesverfassung während der ersten Hälfte des 13. Jahrh.
fort; nur die zwischen Weser und Jade wohnenden Stedinger, die gleichfalls dem Stamm der Friesen angehörten, erlagen 1234 in der
Schlacht von Altenesch einem gemeinschaftlichen Angriff des Erzbischofs von Bremen, des Grafen von Oldenburg
und andrer Fürsten, und ihr Land ward mit Oldenburg vereinigt.
Allmählich aber kamen in den einzelnen Teilen Frieslands Häuptlinge oder Dynasten empor, und infolge der immerwährenden
Fehden zwischen denselben einerseits und der fortgesetzten Angriffe von außen anderseits gingen im Lauf des 14. Jahrh. Eintracht
und Freiheit zu Grunde. Die Verbindung zwischen Mittel- und Ostfriesland lockerte sich mehr und mehr; jeder
von beiden Landesteilen ging seine eignen Wege. In Mittelfriesland fanden im 14. Jahrh. fortwährende
Kämpfe zwischen den reichen Vetkoopers (Fetthändlern) im Ostergo und den ärmern Schieringern im Westergo, die ihren
Namen von der Aalfischerei hatten (Frieslands Schieraal), statt; erstere holten oft bei den Groningern
und den Grafen von HollandHilfe, letztere suchten die alte Volksfreiheit aufrecht zu erhalten.
Wesentlich anders und unabhängig davon hatten sich inzwischen die Geschicke von Ostfriesland gestaltet. Auch hier tobte das
ganze 14. Jahrh. hindurch ein furchtbarer Kampf zwischen den einzelnen Häuptlingen, unter denen sich Focko Ukena und Ocko
ten Brok besonders berühmt gemacht haben, bis endlich ein neuer »Bund der Freiheit« geschlossen
und Edzard Cirksena zum Anführer gewählt wurde. Er stand in inniger Verbindung mit den Hamburgern, die damals in Ostfriesland
sehr mächtig waren, und erlangte von ihnen die Abtretung der bis dahin von Hamburg
[* 57] behaupteten Herrschaft
über die schnell emporblühende Stadt Emden.
[* 58] Auf
¶
Vgl. außer den ältern Werken von Ubo Emmius (1616), Pirius Winsemius (1622), Sjoerd Pietar (1698), P. Thaborita (»Historie
van Friesland«, hrsg. im »Archief voor
vaterlandsche en inzonderheit Vriesche Geschiedenis«, Leeuw. 1824): Wiarda, Ostfriesische Geschichte (Bd. 1-9, Aurich 1791 bis
1813; Bd. 10,Brem. 1817);
Während des DresdenerMaiaufstandes übernahm er provisorisch die Leitung des Ministeriums, und wurde er noch während
der Dauer des Aufstandes definitiv zum Minister des Innern ernannt, in Anerkennung der energischen und kaltblütigen Umsicht
und Entschlossenheit, mit welcher er in gefährlicher Lage wichtige Dienste zu leisten gewußt hatte. Differenzen
mit dem Staatsminister Freiherrn v. Beust, welcher bei der Frage über die Erneuerung der Zollvereinsverträge seine Antipathie
gegen Preußen bis zur Auflösung des Zollvereins treiben und eine Zolleinigung mit Österreich eingehen wollte, veranlaßten
Friesen, im Oktober 1852 seine Entlassung zu nehmen. Im Juni 1853 zum Kreisdirektor in Zwickau
[* 77] ernannt, bekleidete
er diese Stelle bis Ende 1858. Am wurde er wieder in das Ministerium berufen und zum Finanzminister ernannt. 1866 wurde
er Mitglied der Landeskommission, welche während der durch den Krieg veranlaßten Abwesenheit des Königs die Regierung des
Landes führte, und später, im August 1866, als zweiter Kommissar zu den Friedensverhandlungen nach Berlin entsandt. Nachdem
der Friede unterzeichnet und der König in das Land zurückgekehrt war, wurde Friesen neben seiner Stellung als Finanzminister auch
mit dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten beauftragt. Im J. 1867 nahm er teil an den Verhandlungen
über die Gründung des Norddeutschen Bundes und über dessen Verfassung, wurde zum stimmführenden Bundeskommissar für Sachsen
ernannt und hat als solcher bei
¶
Inseln, langgestreckte Inselreihe an der Holländischen und deutschen Nordseeküste, von der Spitze von Helder
in Holland bis zur deutsch-dänischen Grenze in Jütland sich ziehend, nur unterbrochen durch die Gegend der Weser- und Elbmündung.
Reste ehemaligen Festlandes, welches durch Einbrüche des Meers besonders in den Jahren 1277, 1287, 1511 und 1634 weggeschwemmt
wurde, verfolgen sie die Küste in ziemlich gleicher Entfernung, sind in der Richtung derselben gestreckt und stehen mit ihr
durch die zur Zeit der Ebbe trocken liegenden Watte noch in Verbindung.
Die Westfriesischen Inseln sind holländisch, die Ostfriesischen Inseln gehören mit Ausnahme
des oldenburgischen Wangeroog zur preußischen ProvinzHannover,
[* 83] die Nordfriesischen, von denen nur die
nördlichste, Fanö, dänische Besitzung ist, zur preußischen ProvinzSchleswig-Holstein.
[* 84] Über die Natur der Inseln s. die Einzelartikel.
Sprache und Litteratur. Die Sprache der alten Friesen ist ein Zweig des germanischen Stammes, und zwar nimmt
sie eine Mittelstellung zwischen dem Altsächsischen und Angelsächsischen ein. Die altfriesische Sprache
hat keine Dichterwerke aufzuweisen, und es entgeht uns daher nicht bloß eine Menge der lebendigsten Ausdrücke, sondern es
fehlt auch der Maßstab,
[* 86] nach welchem wir ihre Lautverhältnisse besser aufzufassen im stande wären, als dies bei dem nicht
sehr weit zurückreichenden Alter der friesischen Rechtsbücher und der Verschiedenheit der Handschriften
möglich ist.
Letztere gehören sämtlich erst dem 14. und 15. Jahrh. an (»Friesische Rechtsquellen«, hrsg. von v. Richthofen, Berl. 1840);
jedoch
sind sie wegen der Stabilität des altfriesischen Idioms für die Erforschung der altgermanischen Sprachen immerhin von
nicht geringer Bedeutung. Für die ältere Zeit fließen uns nur sehr spärliche Quellen, denn die altfriesischen
Ausdrücke, die sich in der Lex Frisionum (s. Friesisches Recht) hin und wieder finden, sowie die altfriesischen Eigennamen der
Annalen und Urkunden gewähren nur geringe Ausbeute für die Forschung.
Die altfriesischen Sprachlaute stimmen meist mit denen der oben genannten verwandten Dialekte überein; eine sehr charakteristische
Eigentümlichkeit des Friesischen ist es jedoch, daß k und g vor i und e in einen z-Laut übergehen, z. B.
tserke aus kerke (Kirche), lidszia = altsächsisch liggian (liegen). Das Friesische ist die einzige germanische Sprache, welche
diesen in den romanischen und besonders in den slawischen Sprachen sehr gewöhnlichen Lautvorgang kennt.
Die altfriesische Sprache ist uns in den Rechtsquellen in zwei Hauptmundarten überliefert: der westfriesischen
(westlich der Ems in den Niederlanden) und der ostfriesischen (zwischen Ems und Wesermündung);
von einem dritten Zweig des Friesischen,
dem Nordfriesischen, sind keine ältern Sprachdenkmäler überliefert.
Eine Grammatik der altfriesischen Sprache lieferte zuerst
Rask (»Frisisk Sproglære«, Kopenh.
1825; deutsch von Buß, Freiburg
[* 87] 1834). In seinem Zusammenhang mit den übrigen germanischen Sprachen wurde das Altfriesische behandelt
von Grimm in seiner »DeutschenGrammatik«, ferner in der altfriesischen Sprachlehre, welche M. Heyne gibt in seinem Buch »KurzeLaut- und Flexionslehre der altgermanischen Sprachstämme«
[* 88] (3. Aufl., Paderb.
1874); vgl. noch besonders die Abhandlung von Th. Siebs in Paul und Braune, »Beiträge zur Geschichte der
deutschen Sprache und Litteratur«, Bd. 11. Als altfriesische
Wörterbuch er sind zu nennen das nun veraltete von Wiarda (Aurich 1786) und das ganz vorzügliche von Richthofen (Götting. 1840);
ohne wissenschaftliche Bedeutung ist de Haan Hettemas »Idioticon frisicum« (Leeuw.
1874).
Die friesische Sprache hat heutzutage viel von ihrem ältern Verbreitungsgebiet verloren. Analog den ältern Verhältnissen
sind die neufriesischen Mundarten in drei Gruppen zu teilen:
1) Das Westfriesische, auch Bauern- oder Landfriesisch genannt, weil es nur noch auf dem Land gesprochen wird, ist gegenwärtig
auf Hindeloopen, Bolsward, Leeuwarden und die Umgegend beschränkt. Ein großer Teil des ältern westfriesischen
Gebiets ist durch die holländische Sprache eingenommen, welche auch in dem noch friesisch redenden Gebiet die eigentliche
Schriftsprache ist. Jedoch ist gerade hier in Westfriesland das friesische Stammes- und Sprachbewußtsein sehr lebendig, und
schon seit zwei Jahrhunderten war man eifrig bemüht, durch litterarische Produktionen in friesischer Sprache
dieses Bewußtsein zu kräftigen. Ein angesehener älterer Dichter der Westfriesen ist Gysbert Japicx, dessen »Friesche
rijmlerye« (Bolsward 1668) von Epkema (mit Wörterbuch, Leeuw. 1824, 2 Bde.)
u. von Dykstra (Amsterd. 1855) herausgegeben wurde. Als neuere
Dichter sind zu nennen: Salverda (»Itjtlijcke friesche rijmckes«, Sneek 1824),
Posthumus (»Prieuwcke fen
friesche rijmmelerije«, Groning. 1824; »In Jouverkoerke«, das.
1836) und vornehmlich die Brüder E. und J. H. ^[Justus Hiddes] Halbertsma. Des letztern (gest. 1858) bedeutendstes
poetisches Produkt in dieser Mundart ist: »De Lapekoerfen« (Gabe Scroar, Deventer 1822 u. öfter;
¶