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ten Tieren mehrere Tage lang vollkommen brauchbar. Da bei der natürlichen Laichablage der lachsartigen Fische [* 2] immer ein sehr großer Teil der Eier [* 3] unbefruchtet bleibt, würde die künstliche Befruchtung [* 4] allein schon von großem Vorteil sein, wenn man die Eier nachher auf den natürlichen Laichstellen ausschüttete. Das ist auch vielfach geschehen, und man hat auch wohl solche Laichstrecken durch Absperren mit Gittern gegen Raubfische geschützt. Viel besser ist es aber, die Eier in eignen Brutapparaten unterzubringen. Die Jacobische Brutkiste [* 1] (Fig. 1) ist ein flacher, mit einem Deckel verschließbarer Kasten von Holz, [* 5] dessen Seitenwände teilweise durch Metallsiebe ersetzt sind, um das Wasser durchströmen zu lassen.
Auf dem Boden der Kiste werden die Eier in einfacher Schicht auf einer Unterlage von Kies ausgebreitet. Die Kiste kann in Bächen oder Flüssen schwimmend aufgestellt oder auf den Boden versenkt werden. Der Kuffersche Bruttiegel, in runder Form aus gebranntem Thon hergestellt und ringsum siebartig durchlöchert, wird in kleinen Bächen auf den Grund gestellt; auch in ihm liegen die Eier gewöhnlich auf Kies. Natürlich lassen sich diese Apparate nur da anwenden, wo man vor plötzlichen Hochwassern und namentlich vor starker Eisbildung sicher ist. Im allgemeinen ist es vorteilhafter, die Eier in frostfreien Räumen aufzustellen, in welche das Wasser hineingeleitet wird.
Solche Brutanstalten, in welchen zur Aufnahme der Eier gewöhnlich andre als die oben besprochenen Apparate benutzt werden, können, sofern es sich nicht um sehr große Eiermengen handelt, überall, wo die Zuleitung guten Wassers möglich ist, mit geringen Mitteln eingerichtet werden. Zur Aufstellung der für 10,000 Lachs- oder Forelleneier erforderlichen Apparate genügen ein paar Quadratfuß in einem Keller, einem Viehstall, einer Meiereistube; in einem kleinen Zimmer können Hundertausende ^[richtig: Hunderttausende] von Eiern erbrütet werden, und selbst wo der Bau eigner Bruthäuser erforderlich ist, verursacht derselbe doch nur geringe Kosten, wenn man das Gebäude aus doppelten Holzwänden herstellt, deren Zwischenraum, um die Kälte abzuhalten, mit trocknem Moos, Torf, Stroh oder Sägespänen gefüllt ist.
Der älteste zur Aufnahme der Eier in geschlossenen Brutanstalten angewandte Apparat waren die Costeschen Kacheln, viereckige Kasten von gebranntem Thon, in welchen die Eier auf einem beweglichen Glasrost gelagert wurden, und die, wie [* 1] Fig. 2 zeigt, staffelförmig aufgestellt wurden, um mit einer geringen Wassermenge viele Kacheln zu speisen. Man hat diese Kacheln, da sie außer andern Übelständen namentlich den Nachteil haben, daß das Wasser über die Eier nur fortläuft, ohne sie allseitig zu umspülen, fast allgemein aufgegeben. Von den zahlreichen aus Glas, [* 6] Porzellan, Schiefer, Thon, Holz und Metall konstruierten Apparaten, deren jeder Fischzüchter gewöhnlich einen neuen erfindet, verdienen nur wenige erwähnt zu werden. Wo der Raum es gestattet, ist die Aufstellung sogen. Bruttische [* 1] (Fig. 3) am meisten zu empfehlen, d. h. langer, in Tischhöhe angebrachter Tröge von mehreren Metern Länge, 30 cm Breite [* 7] und 15 cm Tiefe, durch welche das Brutwasser der Länge nach hindurchströmt, und in denen die Eier auf viereckigen, aus verzinktem Drahtgewebe angefertigten Siebtellern mit 1 cm hohem Rand in einfacher Schicht gelagert werden. Die Siebe müssen so aufgestellt werden, daß das Wasser über und unter ihnen fortfließt, die Eier also von allen Seiten umspült. Bei sehr reichlichem Wasserzufluß können die Siebe mehrfach übereinander gestellt werden. Eine solche Einrichtung ist sehr billig und zur Revision der Eier, dem Auslesen der abgestorbenen, wozu man sich am besten breiter Pinzetten bedient, am bequemsten. Wo es an Raum mangelt, kann man die Siebe, wie es in dem von Holton [* 1] (Fig. 4) konstruierten Apparat geschieht, statt nebeneinander, übereinander in einem
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Glasrost. Brutkachel. Kachelapparat.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Bruttisch.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 4. Brutapparat von Holton.] ¶
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tiefen Kasten aufstellen, in den das Wasser von untenher einströmt. Natürlich müssen dann die Ränder der Siebe genau aufeinander passen, um zu verhüten, daß durch die Strömung Eier fortgeschwemmt werden. In kleinen und mittlern Brutanstalten sind jetzt die sogen. kalifornischen Apparate nach den Konstruktionen von v. d. Borne, Eckardt, Schuster [* 8] (Fig. 5-7) am gebräuchlichsten. Sie bestehen aus zwei beweglich verbundenen Kasten, von denen der innere einen Siebboden hat und in den äußern so eingesetzt ist, daß alles in letztern von oben einströmende Wasser durch den Siebboden in den innern Kasten eindringen muß; durch eine Röhre oder offene Rinne im obern Rand läuft das Wasser wieder ab. Auf dem Siebboden können die Eier in 5-10facher Schicht gelagert werden, so daß ein Kasten von 30×20 cm Grundfläche 5-10,000 Forelleneier aufnehmen kann.
Das Auslesen der abgestorbenen, an ihrer weißen, undurchsichtigen Farbe kenntlichen Eier ist auch in diesen Apparaten leicht, da die Eier, wenn man den innern Kasten vorsichtig hebt und dann schnell herabdrückt, durch die Strömung gehoben werden und sich umlagern, auch ohne Schaden mit der Hand [* 9] oder einem Sieblöffel umgerührt werden können. Das Abschwimmen junger Fischchen, die schon ausgeschlüpft sind, wird in diesen Apparaten durch vorgestellte Sperrsiebe verhindert, oder man läßt dieselben in einen vorgestellten »Fangkasten« gelangen, in dem sie durch ein Sieb zurückgehalten werden. Der Übelstand, daß die Fischchen gegen das Sperrsieb der kalifornischen Tröge durch die Strömung angepreßt und vielfach beschädigt werden, ist bei einer vom Professor v. La Valette Saint-George angegebenen Modifikation des Apparats vermieden. Der äußere Kasten [* 8] (Fig. 8) ist durch einen einige Zentimeter über dem Boden ringsum laufenden, 2 cm breiten Rand in eine kleine untere und eine größere obere Abteilung geteilt.
Auf diesem Rand steht der Siebboden des innern Kastens fest auf. Das Brutwasser gelangt durch einen Trichter in die untere Abteilung des äußern Kastens, steigt durch Siebboden und Eier in den innern und verläßt denselben wieder durch eine breite, siebförmig durchlöcherte Zone der vier Seitenwände, um in die obere Abteilung des äußern Kastens zu treten und aus diesem abzufließen. Bei der bedeutenden Größe der Siebzone ist ein Andrücken von Fischchen, da nirgends eine starke Strömung stattfindet, unmöglich, ein eignes Sperrsieb und ein Fangkasten sind entbehrlich. Der Wilmotsche Trichter unterscheidet sich von den kalifornischen Apparaten nur durch die konische Form des innern, zur Aufnahme der Eier dienenden Kastens und die infolge der Kleinheit des Siebbodens etwas stärkere Strömung.
Die in sehr verschiedenen Formen konstruierten Selbstausleser [* 8] (Fig. 9) sind nur für die 1-3 mm großen Eier der Coregonen geeignet, welche gewöhnlich in sehr großer Menge gewonnen werden, und deren Kleinheit das Auslesen jedes toten Eies sehr beschwerlich machen würde. Für die größern und schweren Eier von Lachsen und Forellen sind sie nicht anwendbar. Ihre Wirkung beruht darauf, daß sie die Eier durch eine starke aufsteigende Strömung in fortwährender langsamer Bewegung erhalten, wobei die abgestorbenen, spezifisch etwas leichtern an die Oberfläche kommen und entweder durch zeitweise Verstärkung [* 10] des Wasserzuflusses abgeschwemmt, oder mittels eines Sieblöffels leicht entfernt werden können.
Der in Deutschland [* 11] gebräuchlichste Selbstausleser von v. d. Borne ist nach dem Prinzip des kalifornischen Apparats konstruiert. Der äußere Kasten ist 50 cm hoch, 20×20 cm weit, der innere von cylindrischer Form, 40 cm hoch und 10 cm weit. Solche Apparate können 50-100,000 Eier der größern Coregonenarten aufnehmen. Der Zufluß des Wassers muß mittels eines Hahns genau so geregelt werden, daß die Eier bis einige Zentimeter unter dem Ausflußrohr schwebend erhalten werden; dann arbeitet der Apparat
[* 8] ^[Abb.: Fig. 5. Kalifornischer Bruttrog nach v. d. Borne.]
[* 8] ^[Abb.: Fig. 6. Kalifornischer Bruttrog nach Eckardt.]
[* 8] ^[Abb.: Fig. 7. Kalifornischer Bruttrog nach Schuster.]
[* 8] ^[Abb.: Fig. 8. Bruttrog nach La Valette Saint-George.]
[* 8] ^[Abb.: Fig. 9. Selbstausleser nach v. d. Borne] ¶
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vortrefflich. Zum Auffangen etwa abschwimmender Fischchen ist ein Fangkasten erforderlich.
Wo ein regelmäßiger Wasserzufluß nicht herstellbar ist, können die Eier bis kurz vor dem Ausschlüpfen der Fischchen in dem Matherschen Eisbrutschrank [* 12] (Fig. 10) gehalten werden. Derselbe enthält 10-15 ganz flache Schiebladen, deren Boden vielfach durchbrochen und mit Flanell belegt oder nur durch Aufnageln eines Flanellstücks auf den viereckigen Rahmen hergestellt ist. Auf diesen Schiebladen werden nun die Eier, am besten und gleichmäßigsten unter Wasser, ausgebreitet, so daß sie nur in einfacher Schicht liegen.
Ein Rahmen von 30×30 cm kann 4000 Bachforellen- oder 10,000 Coregoneneier aufnehmen. Über die sämtlichen Schiebladen wird ein mit Eis [* 13] oder Schnee [* 14] gefüllter Kasten gestellt. Das abfließende Schmelzwasser genügt, um den Flanell so feucht zu erhalten, daß sich die Eier darauf sehr gut entwickeln. Steht der Apparat an einem kühlen Ort, so ist das Einlegen von neuem Eis nur alle 2-3 Tage einmal nötig. Das Auslesen der toten Eier ist sehr bequem. Einige Zeit vor dem Ausschlüpfen müssen die Eier natürlich in fließendes Wasser gebracht werden.
In der ersten Zeit nach der Befruchtung sind die Eier gegen Erschütterungen sehr empfindlich und werden dadurch leicht getötet. An Laichgewinnungsorten, wo fließendes Wasser nicht zur Verfügung steht, ist daher die Anwendung der Eisbrutschränke sehr vorteilhaft, um einen zu frühzeitigen Transport der Eier zu vermeiden. Später, namentlich wenn erst die Augen als schwarze Punkte sichtbar werden, ist ihre Empfindlichkeit sehr viel geringer. Sie lassen sich dann, in feuchtes Moos oder Watte verpackt und durch eine starke Umhüllung mit schlechten Wärmeleitern gegen äußere Temperatureinflüsse geschützt, gefahrlos als gewöhnliche Postpakete versenden.
Auf Wunsch des Deutschen Fischereivereins sind von der deutschen Postverwaltung besondere Adressenformulare hergestellt worden, die einen Lachs in rotem Druck zeigen, und deren Anwendung den Sendungen eine vorsichtige Behandlung und schleunige Beförderung sichert. In den letzten Jahren sind zahlreiche Fischversendungen zwischen der Fischereikommission der Vereinigten Staaten [* 15] und dem Deutschen Fischereiverein ausgetauscht worden und meistens in bestem Zustand über den Ozean gelangt.
Das für die Brutanstalt benutzte Wasser muß kühl (am besten 0,5-5°), lufthaltig und klar sein; im übrigen ist es ganz gleichgültig, ob es aus Quellen, Bächen oder stehenden Gewässern stammt. Zu warmes und luftarmes Quellwasser kann durch eine längere oberirdische Leitung abgekühlt und mit Luft gesättigt, trübes Fluß- oder Teichwasser durch Filtration geklärt werden. Zu Filtern sind halb mit gewaschenem Kies oder mit Abfällen von Badeschwämmen gefüllte Fässer oder Kasten gut verwendbar.
Das regelmäßige Auslesen der toten Eier und Fischchen ist erforderlich, weil auf denselben sonst eine Pilzbildung (Byssus) sich einfindet, welche sich auch auf die gesunden Eier und Fischchen erstreckt und außerordentlichen Schaden anrichten kann. Beim Verlassen des Eies tragen die Fischchen noch einen großen Teil des Dotters in Gestalt eines rundlichen oder länglichen Sackes am Bauch [* 16] (Dottersack, Nabelblase; [* 12] Fig. 11-13). Derselbe hält sie durch seine Schwere noch längere Zeit ziemlich unbeweglich am Grund und wird erst im Laufe von 4-6 Wochen allmählich aufgezehrt.
Die Fischchen werden gleichzeitig beweglicher und bedürfen, wenn der ganze Dottersack verschwunden ist, der Aufnahme äußerer Nahrung. Sie müssen daher schon etwas vor dem völligen Schwunde des Dottersackes an geeigneten Stellen, deren Beschaffenheit derjenigen der natürlichen Laichplätze entspricht, ausgesetzt werden, wo sie ihre Nahrung, die in kleinen Krustaceen, Insektenlarven etc. besteht, selber suchen können. Sehr günstig ist es, wenn man sie noch einige Monate in flachen, pflanzenreichen und von reichlichem Wasser durchströmten Teichen oder Gräben halten kann, ehe sie ganz in Freiheit gesetzt werden.
Ein Transport der jungen Fischchen in besondern Transportkannen, die bei sehr warmer Witterung mit Eis gekühlt werden können, ist auf weite Entfernungen hin zwar möglich, aber immer kostspielig, gefährlich und unsicher. Es empfiehlt sich daher sehr, an allen zu besetzenden Gewässern kleine Brutanstalten einzurichten, welchen die Eier kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen der Fischchen leicht und sicher zugeschickt werden können. Forellen und Saiblinge lassen sich, wie schon bemerkt, sehr gut in Teichen mit reichlichem Zufluß kühlen Wassers aufziehen und mästen, Lachse müssen möglichst früh in die Bäche gesetzt werden,
[* 12] ^[Abb.: Fig. 10. Eisbrutschrank.]
[* 12] ^[Abb.: Fig. 11. Lachs, sogleich nach der Geburt.]
[* 12] ^[Abb.: Fig. 12. Lachs, gegen drei Wochen alt.]
[* 12] ^[Abb.: Fig. 13. Lachs, nach Aufzehrung der Dotterblase.] ¶
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da sie in geschlossenen Gewässern verkümmern und im Lauf des ersten oder zweiten Lebensjahrs zum Meer ziehen müssen, von wo sie erst im geschlechtsreifen Alter zum Laichen in die Flüsse [* 18] zurückkehren. In Amerika [* 19] sind infolge großartiger Aussetzungen von Lachsbrut Flüsse, in denen der Lachs fast gänzlich verschwunden war, fischreicher gemacht, als sie je waren, und auch in Deutschland, wo von zahlreichen mit dem Deutschen Fischereiverein in Verbindung stehenden Brutanstalten jährlich einige Millionen Lachseier in die öffentlichen Gewässer gesetzt werden, ist ein günstiger Einfluß auf den Lachsbestand vieler Flüsse unverkennbar und ermutigt zu weiterm Vorgehen in größerm Umfang.
Für die Hebung [* 20] des Lachsbestandes in unsern Flüssen, die durch zahlreiche Wehre, Stauwerke, Mühlen [* 21] etc. den früher in sie einwandernden Lachsen unzugänglich gemacht sind, ist die Anlage von Lachsleitern (Lachstreppen, Fischwegen, Fischpässen) ein dringendes Erfordernis. Durch derartige Vorrichtungen wird es dem Lachs möglich gemacht, an Wehren, die er ihrer Höhe wegen nicht überspringen kann, auf leichte Weise aus dem Unterwasser ins Oberwasser und zu seinen im Oberlauf der Flüsse gelegenen Laichstellen zu gelangen.
Bei der Anlage solcher Lachsleitern wird entweder eine Reihe niedriger Wasserfälle in Treppenform angelegt mit Bassins auf jeder Stufe, in denen die Fische ausruhen, und aus deren jedem sie leicht in das nächsthöhere springen oder durch einen Einschnitt in der Wand schwimmen können, oder es wird die Gewalt des über eine geneigte Ebene herabströmenden Wassers durch Erzeugung von Gegenströmungen so geschwächt, daß die Fische im stande sind, gegen den Strom hinaufzuschwimmen. Nach beiden Systemen sind in Amerika und England zahlreiche, von den Lachsen stark benutzte Leitern angelegt, und auch in Deutschland beginnt man, nachdem einige Anlagen sich bewährt haben, dem Bau von Fischleitern eine größere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Sehr viel einfachere Einrichtungen erfordert es, um der jährlich in großen Schwärmen aus dem Meer in die Flüsse aufsteigenden Aalbrut (Montée) den Weg in den obern Lauf der Flüsse und die mit ihnen zusammenhängenden Seen zu bahnen. Solche Aalbrutleitern, die an jeder Wassermühle aufgestellt werden sollten, bestehen aus rohen hölzernen Rinnen, die in schräger Stellung aus dem Unterwasser ins Oberwasser führen, deren Boden mit Kies bedeckt ist, und durch die aus dem Oberwasser nur soviel Wasser herabrinnt, um den Kies naß zu erhalten. Die Aale steigen meistens nachts auf, nur bei trübem Wetter [* 22] auch am Tag, und bei Rendsburg [* 23] hat man die Rinnen oft von den Aalmassen, die sie nicht völlig fassen konnten, überquellen sehen. Je mehr jungen Aalen es möglich wird, in die obern Flußläufe und Seen zu gelangen, um so größer ist natürlich später der Aalfang bei den Mühlen, wenn sie erwachsen wieder dem Meer zuwandern, um zu laichen.
Ertrag der Fischerei.
Über den Ertrag, welchen die See- und Süßwasserfischerei der verschiedenen Nationen liefert, sind wir noch sehr unvollkommen unterrichtet, indem mit regelmäßigen statistischen Erhebungen über diese Verhältnisse erst in wenigen Ländern ein Anfang gemacht ist und die hin und wieder bekannt gewordenen Angaben aus sehr verschiedenen Zeiten stammen und vielfach auf ziemlich willkürlichen Schätzungen beruhen. Für Deutschland wies die Gewerbezählung von 1875 im ganzen 19,623 Fischer nach, 1882 nur 13,392. Diese betreiben zum größten Teil Binnenfischerei und Küstenfischerei in der Ostsee mit kleinen Fahrzeugen und vielfach in ganz unerheblichem Umfang.
An der ganzen Nordseeküste sind nur 1200 Fischer beschäftigt, die sich auf 12 Logger der Emdener Heringsfischereigesellschaft, 70 Schellfischschaluppen auf den ostfriesischen Inseln und 270 Ewer von der Unterelbe verteilen. Der Fischkonsum ist in Deutschland, verglichen mit dem andrer Länder, außerordentlich gering; der Bedarf wird indessen keineswegs allein von deutschen Fischern gedeckt. Heringe werden jährlich im Wert von 30 bis 40 Mill. Mk., andre gesalzene, getrocknete und geräucherte Fische für 1,5 Mill. Mk. importiert; auch die Einfuhr frischer Seefische aus andern Ländern ist sehr beträchtlich, aber nicht zahlenmäßig nachzuweisen.
Eine Hebung der deutschen Seefischerei ist nur zu erwarten, wenn sich das Großkapital der Sache annimmt, wie in andern Ländern. In Großbritannien [* 24] wird nach einer 1883 veröffentlichten Übersicht die Fischerei [* 25] von 113,640 Personen mit etwa 35,000 Fahrzeugen betrieben. Allein die Schleppnetzfischerei wird von 3000 Segelfahrzeugen und Dampfern ausgeübt und liefert den größten Teil des auf fast 3 Mill. Ztr. veranschlagten Fischbedarfs von London. [* 26] Es ist in dieser ein Kapital von 300 Mill. Mk. angelegt, der Ertrag beträgt 70 Mill. Mk. Hull [* 27] allein besaß 417 Schleppnetzfahrzeuge im Wert von 11 Mill. Die Treibnetzfischerei Schottlands wurde 1880 von 70,000 Menschen mit 15,000 Booten und 30,000 km Netzen betrieben, 1881 lieferte sie 200,000 Tons Heringe im Wert von 44 Mill. Mk. Der Gesamtertrag der englischen Seefischereien wird auf 240 Mill. Mk. angegeben, der der Süßwasserfischereien auf 13,5 Mill., wovon allein 7,5 Mill. auf den Lachsfang kommen. In Frankreich waren 1869-77 durchschnittlich 19,700 Fahrzeuge mit der Fischerei beschäftigt und mit 92,200 Fischern besetzt, von denen 68,000 mit Küstenfischerei, 11,000 mit dem Kabeljaufang bei Neufundland zu thun hatten.
Der durchschnittliche Ertrag der Fischerei betrug in den genannten Jahren 60 Mill. Mk.; 1877 wurden allein bei Neufundland für 7 Mill. Mk. Dorsche gefangen. Nach der von dem französischen Marineministerium herausgegebenen »Revue maritime et coloniale« beziffert sich für 1882 der Ertrag der Meeresprodukte auf 92,963,000 Frank. Die Fischerei der Niederlande, [* 28] welche früher von größter Bedeutung war, ist in neuerer Zeit durch die englische und französische Konkurrenz in den Hintergrund gedrängt.
Noch in der Mitte des 17. Jahrh. wurde die Heringsfischerei von 1000-2000 Schiffen betrieben und lieferte einen jährlichen Ertrag von etwa 15 Mill. Gulden. Dagegen waren 1855 nur noch 79 größere Heringsfahrzeuge in Thätigkeit. Seitdem hat sich jedoch die Seefischerei bedeutend gehoben, 1871 gingen bereits wieder 128 Fahrzeuge auf den Heringsfang, und die Fangresultate der einzelnen Schiffe [* 29] verbessern sich immer mehr. Im J. 1865 wurde der Ertrag der gesamten Seefischerei auf 12 Mill. Mk. geschätzt, dürfte jetzt aber erheblich höher sein.
Für die Fluß- und Küstenfischerei ist der Lachs von der größten Bedeutung, welcher sich infolge der Brutaussetzungen in Deutschland und der Schweiz [* 30] erheblich vermehrt hat, bei seinem Aufsteigen in den Rhein aber in Holland in rücksichtslosester Weise weggefangen wird, so daß der Ertrag eines Tags in Holland mitunter den Gesamtwert des Lachsfanges am Oberrhein in einem Jahr übertrifft. Die Zufuhr von Lachsen am Kralingschen Veer, wo sich der holländische Lachshandel wesentlich konzentriert, betrug 1870: 21,687, 1875: 56,436, 1884: 92,116 Stück ¶
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Lachse. In Belgien [* 32] beschäftigte die Fischerei 1863: 275 Fahrzeuge und 1717 Mann; 1865 schätzte man den Wert der Seeprodukte auf 1,8 Mill. Mk., 1884 betrug die Zahl der Hochseefischerfahrzeuge 214. In Norwegen [* 33] wurden 1881 in den Lofoten von 26,850 Fischern mit 6153 Booten 28,5 Mill. Dorsche im Wert von ca. 6 Mill. Mk., in Finnmarken von 11,736 Fischern mit 3417 Booten fast 13 Mill. Dorsche im Wert von 2,5 Mill. Mk. gefangen; überhaupt wurden den Fischern für Dorsch, Hering, Sprotte, Makrele, Lachs, Hummer etc. über 22 Mill. Mk. gezahlt. In Schweden betrug nach einer 1883 veröffentlichten Nachricht der Ertrag der großen Fischereien mit Ausschluß der Seen etwa 10 Mill. Mk. In Dänemark [* 34] wurde 1865 die Einnahme aus der Fischerei auf 4,5 Mill. Mk. geschätzt, wovon die Hälfte auf die isländische und grönländische Fischerei entfällt. In Rußland liefert das Kaspische Meer 560 Mill. kg Fische im Wert von 112 Mill. Mk., während der Gesamtertrag der russischen Fischerei auf 800 Mill. kg geschätzt wird. In Italien [* 35] beschäftigte die Seefischerei 1869: 29,384 Fischer mit 11,219 Fahrzeugen; 48 große Thunfischnetze lieferten einen Ertrag von über 5 Mill. Mk., im ganzen wurde der Wert der Fischereien auf 30 Mill. Mk. geschätzt. In Spanien [* 36] wurde 1865 die Ausbeute der Seefischerei auf 4 Mill. Mk. veranschlagt, nach neuern Mitteilungen werden allein an der Nordküste jährlich 100,000 Tons Sardinen gefangen und von über 600 Faktoreien verarbeitet; davon werden 60 Mill. kg im Wert von 1,5-2,5 Mill. Mk. exportiert.
Über die Fischereien der Vereinigten Staaten von Nordamerika [* 37] finden wir in dem »Compendium of the tenth census« (Juni 1880) sehr genaue Angaben. Die Fischerei wurde damals von 131,426 Menschen betrieben, von denen 101,684 eigentliche Fischer, 29,742 am Ufer beschäftigt waren. Große Fahrzeuge waren 6605, Boote 44,804, zusammen im Wert von 41 Mill. Mk., in der Fischerei thätig. In Netzen waren über 34, in Gebäuden, Grundstücken etc. 75,5 Mill. Mk. angelegt; das gesamte in der Fischerei beschäftigte Kapital betrug 158 Mill., der Ertrag 181 Mill. 1883 wurde der Gesamtertrag der amerikanischen Fischerei schon auf 420 Mill. Mk. veranschlagt. In Kanada wird die Fischerei von 60,000 Menschen betrieben. 1881 und 1882 betrug der Wert der gefangenen Dorsche ca. 68 Mill. Mk., der Heringe fast 7 Mill., der Makrelen fast ebensoviel, der Gesamtertrag der Fischerei über 100 Mill. Mk.
[Litteratur.]
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3) Zeitschriften etc. »Jahresberichte der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere« (Kiel, [* 51] seit 1874);
»Zirkulare des Deutschen Fischereivereins« (das. 1870-1885);