betroffen, so ist jedermann befugt, ihn vorläufig festzunehmen, wenn er der
Flucht verdächtig ist, oder wenn seine Persönlichkeit
nicht sofort festgestellt werden kann. Der Festgenommene muß unverzüglich dem
Amtsrichter des
Bezirks, in welchem die Festnahme erfolgte,
zugeführt werden, und dieser hat ihn spätestens am
Tag nach der Vorführung zu vernehmen.
(franz., spr. -stóng), Gehänge von
Blumen (Blumenschnur),
Laubwerk (Laubschnur),
Früchten (Fruchtschnur) und
andern natürlichen oder künstlichen Gegenständen, wie
Muscheln,
[* 2]
Instrumenten u. dgl., welche entweder
in Natura aufgehangen,
oder, in
Gips
[* 3] und
Stein nachgeahmt, zum
Schmuck von Bauwerken verwendet werden. Solche Festons kommen schon an spätgriechischen
und römischen Bauwerken sowie an
Altären,
Urnen, Grabmälern etc. vor und wurden dann in der italienischen
Renaissance ein beliebtes
Element in der
Dekoration der
Fassaden sowie der Innenräume (s. Tafel
»Baukunst
[* 4] XII«,
[* 5] Fig. 3, die Festons amFries, und bei
Altar,
[* 6] Fig. 1). Von der
Architektur und der
Plastik wurden die Festons auch auf die
Holzbildhauerei,
den Metallguß etc.
übertragen. In landschaftlichen
Gärten benutzt man zur
Bildung von Festons
Hopfen,
[* 7]
Waldrebe, wilden
Wein,
AristolochiaSipho und andre Schlinggewächse. Für kleinere Verhältnisse eignen sich besonders Passifloren, manche
Clematis-Arten,
Cobaea
scandens etc. Festonnieren, mit Festons verzieren.
eine
Gattung von
Schauspielen, die besonders in der letzten Hälfte des 17. und während
des 18. Jahrh. im
Gebrauch waren und namentlich bei Hoffeierlichkeiten aufgeführt wurden. Sie waren in
Prosa oder in gekünstelten
Versarten abgefaßt und stellten den Gegenstand meist in allegorischer Form ohne eigentliches dramatisches
Leben dar; besonders
häufig wurden sie in das vielbeliebte Schäfergewand gekleidet (so auch
S. v.
Birkens 1650 aufgeführtes
Festspiel »Margenis, oder das vergnügte, bekriegte und wieder befreite
Deutschland«).
[* 8] An den
Höfen arteten sie bald in geschmacklose Schmeicheleien aus, bis sie allmählich wieder verschwanden
oder künstlerische Form u. poetischen
Gehalt erhielten, wie durch
Goethe, der zahlreiche Festspiele zu Hofzwecken dichtete;
auch
Schillers
»Huldigung der
Künste« gehört hierher.
die auf die rechtskräftige Feststellung eines Rechtszustandes gerichtete
Klage. Im
Gegensatz zu
den gewöhnlichen
Klagen, welche Gegenstand eines
bürgerlichen
Rechtsstreits sind, handelt es sich bei einer Feststellungsklage nicht um die
Verurteilung des Beklagten zu einem
Thun oder Unterlassen oder zu einer Leistung, sondern lediglich um die
Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder um die Feststellung der Echtheit oder Unechtheit
einer
Urkunde.
Zulässig ist die Feststellungsklage nach der deutschen
Zivilprozeßordnung (§ 231), wofern der Kläger ein rechtliches
Interesse daran hat,
daß die Echtheit oder Unechtheit der
Urkunde oder das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses alsbald
festgestellt werde. Je nachdem es sich darum handelt, ob das Bestehen oder das Nichtbestehen eines angeblichen Rechtsverhältnisses
Gegenstand der
Klage ist, wird zwischen positiver und negativer Feststellungsklage unterschieden.
Letztere vertritt nunmehr die
Stelle der Provokationsklage
des frühern gemeinrechtlichen
Prozesses, durch welche der Verklagte genötigt wurde, seine vermeintlichen Ansprüche binnen
gewisser
Frist klagend geltend zu machen, widrigenfalls ihm ewiges Stillschweigen auferlegt werden würde.
Behauptet z. B. jemand, daß ich ihm 100 Mk. schuldig sei, so kann
ich, wenn ich dies bestreite, die Feststellungsklage anstrengen, um durch Richterspruch feststellen zu lassen, daß
ich dem Verklagten keine 100 Mk. schuldig sei.
[* 1] L.
(Schwingelgras),
Gattung aus der
Familie der
Gramineen,
[* 10] ein- oder mehrjährige
Gräser
[* 11] mit rispen-, selten ährenartigem
Blütenstand,
[* 12] abwechselnd zweizeiligen, einseitigen
Ästen, drei- bis mehrblütigen, stielrundlichen oder seitlich zusammengedrückten
Ährchen
[* 13] und begrannten oder unbegrannten
Deckspelzen. FestucaovinaL.
(Schafschwingel,
Berggras,
[* 1]
Fig. 3), mit borstigen, mehr oder
weniger blau bedufteten Blättern, aufrechten
Rispen, drei- bis fünfblütigen, kurzbegrannten
Ährchen,
bildet gedrungene Rasenbüschel, liebt leichtes, dürres Land, ist für dürre
Triften, besonders für Berghänge, sehr wertvoll
und bietet
Schafen vortreffliche
Weide.
[* 14] Man säet es auf dürren, trocknen
Boden mit
Poa
[* 15] pratensis,
Avena pratensis und
Leguminosen;
[* 16] für Schnittwiesen paßt es nicht. FestucarubraL. (roter
Schwingel,
[* 1]
Fig. 2) bildet durch
Ausläufer einen
lockern
Rasen, hat borstenförmige
Wurzelblätter, lange, bis zur
Blütezeit flache Halmblätter, vier- bis sechsblütige, violettrötliche,
bläulich beduftete, begrannte
Ährchen in lockerer Ähre, findet sich auf guten, trocknen und auf frischenWiesen, fehlt nur dem strengen Boden, bildet im Sandland
einen Teil des Hauptbestandes vieler Wiesen u. gilt als Wiesengras erster Güte für Weide und Schnitt. FestucapratensisL. (Wiesenschwingel
[* 17]
Fig. 1), mit durch viele seitliche Triebe ausgebreiteten Wurzelstock, bis Ende der Blüte
[* 18] aufrecht stehender
Rispe und fünf- bis zehnblütigen, grünen oder violettbunten, unbegrannten Ährchen, ist eins der gemeinsten und wichtigsten
Wiesengräser, überall auf guten, trocknen, besonders aber auf feuchten und frischen Wiesen, im sandigen, kalkigen und thonigen
Boden, bildet auf bewässerten Wiesen nicht selten den Hauptbestand und gibt viel Heu und gutes Grumt, wohlschmeckendes
und kräftiges Futter. Es darf bei Wiesen- und Weidenanlagen niemals fehlen, sobald der Boden nicht dürr liegt; Gebrauchswert
der Samen
[* 19] 26 Proz.
FestucaarundinaceaSchreb. (Festuca elatiorL.,Rohrschwingel,
[* 17]
Fig. 4), 1-1,25 m hoch, mit kriechender Wurzel,
[* 20] tiefgrünen,
breiten, langen, etwas übergebogenen Blättern, fußhohen, schon in der Blüte übergebogenen Rispen und
vier- bis fünfblütigen Ährchen, findet sich auf humosem frischen Thonboden, bildet mit dem vorigen den Hauptbestand der
Marschwiesen, wächst sonst am Rande der Bäche und Gräben, liefert in Heu und Grumt viel Futtermasse, welche aber nicht ganz
so kräftig und gröber ist als Wiesenschwingel.
FestucaflabellataLam. (Tussackgras), auf den Falklandinseln
und in Patagonien, gegen 2 m hoch, mit fächerförmig gestellten Blättern. Die Pflanze liebt einen fruchtbaren, feuchten Moorboden,
der durch Seewasser geschwängert wird. Die Wurzel ist weiß, weich und von angenehmem Geschmack. Sie bildet große Ballen,
die sich 2 m über die Erde erheben, an der Spitze sich verästeln und lange Blätter tragen, die gefällig
herabhängen. Diese Büschel oder Tussacks wachsen gewöhnlich einige Fuß voneinander entfernt. Das Hornvieh frißt dieses
Gras sehr gern und wird schnell fett davon.
und
offen, eine Schlußform im bedingten Zeitgeschäft, welche dem Prämiengeber die Befugnis
einräumt, nach Wunsch eine größere oder geringere Menge der gehandelten Effekten zu nehmen oder zu liefern. (Vgl. Börse,
S. 238.)
[* 22] ein im Frieden mit allen erreichbaren Mitteln derart befestigter Ort, daß er gegen einen mit allen Angriffsmitteln
ausgerüsteten, der Zahl nach überlegenen Gegner nachhaltig verteidigt werden kann (s. Festungskrieg).
Die Anlage, die Erbauung einer Festung geschieht nach gewissen Grundsätzen, die mit den jeweiligen Waffen
[* 23] und bautechnischen Hilfsmitteln
in Wechselbeziehung stehen, und die in der Lehre
[* 24] von der beständigen Befestigung zu einer besondern Wissenschaft ausgebaut
sind.
wichtige Heeresstraßen, Eisenbahnen, namentlich beim Übergang
über große Flüsse
[* 25] und im Gebirge oder beim Überschreiten der Landesgrenze, zu sichern oder zu sperren (Sperrplätze);
auch
können Festungen als Sammelplätze, Zufluchtsorte für geschlagene Armeen dienen, doch wird ihre Bedeutung
in dieser Beziehung häufig überschätzt.
In der Regel hat eine Festung mehrere dieser Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, z. B.
Köln,
[* 26] Mainz,
[* 27] Straßburg,
[* 28] Thorn,
[* 29] die nicht nur wichtige Depotplätze und Brückenköpfe an Stromübergängen großer Verkehrsstraßen,
sondern auch Stütz- und Ausgangspunkte für Operationen und Sammelplätze bei etwanigem Rückzug bilden.
IhrerLage nach ist eine Festung Land- oder Küsten- oder auch Grenzfestung, zu letztern würden auch die Sperrforts zu zählen sein;
diese werden auch wohl Defensivplätze, die großen Festungen mit Forts, wie Straßburg, Köln, Posen,
[* 30] Toul,
[* 31] Verdun
[* 32] etc., Offensiv-
oder Lagerfestungen genannt, letzteres, weil Armeen unter ihrem Schutz lagern können. Die Festungen werden
auch als solche ersten, zweiten etc. Ranges bezeichnet oder in Klassen (Frankreich) je nach ihrem Umfang oder ihrer Wichtigkeit
eingeteilt. Solche sorgsame Klassifikation hat wenig praktischen Wert; am bezeichnendsten ist heute die Unterscheidung zwischen
¶
mehr
Festung mit oder ohne Forts und Sperrfort; ihre Wichtigkeit kann durch den Krieg und ihr Verhalten in demselben bedingt werden. In
Deutschland werden die Festungen nur in solche mit Armierung erster oder zweiter Ordnung eingeteilt. Die erstern sind zur Verteidigung
gegen eine förmliche Belagerung, letztere nur gegen einen gewaltsamen Angriff ausgerüstet; maßgebend
hierfür ist die strategische Wichtigkeit der Festung, die ihrerseits von den Wandlungen der politischen Verhältnisse stark beeinflußt
wird. In dieser Beziehung haben die FestungenSchlesiens verloren (Kosel,
[* 34] Schweidnitz,
[* 35] Silberberg sind eingegangen), die in Preußen
[* 36] gewonnen (Posen, Thorn, Lötzen, Königsberg).
[* 37]
Abgesehen von den ungeheuern Bau- und Unterhaltungskosten eines solchen Landesverteidigungssystems, erfordert
die kräftige Verteidigung so vieler Festungen auch entsprechend große Streitkräfte (in Frankreich gegen 500,000 Mann), die
den Feldarmeen zum großen Teil verloren gehen. Dieses System zwingt also zur Führung eines Defensivkriegs. Ein Volk, in welchem
offensiver Geist lebt, wird in der Ausdehnung
[* 39] der Befestigungsanlagen, die immer einem gewissen Gefühl
der Schwäche entspringen, Maß halten. Viel umstritten ist auch die Frage, ob die Landeshauptstadt zu befestigen ist. Im Altertum
war die Hauptstadt jedes größern Reichs (Babylon, Ninive) eine Festung, mit welcher in der Regel die Selbständigkeit des Volkes
stand und fiel (Karthago,
[* 40] Jerusalem).
[* 41] In der Neuzeit hat sich diese Ansicht geteilt. Rom,
[* 42] Paris sind Festungen,
Berlin,
[* 43] Wien
[* 44] nicht.
Die verschiedenen Befestigungssysteme.
Soll eine Festung ihre Aufgabe erfüllen können, so muß sie sturmfrei, d. h. gegen
einen gewaltsamen Angriff mit Leiterersteigung ohne förmliche Belagerung gesichert sein, sie muß unter den günstigsten
Bedingungen den Gebrauch der Waffen, überhaupt die Verteidigung ermöglichen und für alle Streitkräfte,
Streit- und Lebensmittel eine gegen feindliche Zerstörung gesicherte Unterkunft bieten. Diese Anforderungen an eine Festung waren
zu allen Zeiten im großen und ganzen die gleichen, nur war die Art und Weise, wie ihnen entsprochen wurde, verschieden, da
hierfür
die jeweilige Art der Verteidigungs- und Angriffswaffen maßgebend war.
Aus dieser Wechselwirkung gingen nach und nach die vielen Befestigungssysteme hervor. Den einfachen Pfahlwerken, den Erd- und
Steinwällen folgten die Mauern, die an Dicke und Höhe mit der Zerstörungskraft der Angriffsmaschinen zunahmen. Die Krone der
Mauer diente als Aufstellungsraum für die Verteidiger, auf Pfeilschußweite vorspringende Türme zu ihrer
Flankierung. Eine Brüstungsmauer am vordern Rand, später mit Schießschlitzen, Zinnen, versehen, deckte die Verteidiger.
Um auch die äußere Mauerfläche bestreichen, den an ihr aufklimmenden Feind bekämpfen zu können, ließ man auf der Krone
große Hausteine vorkragen und setzte auf diese die Brüstung, so daß man zwischen ihr und den Kragsteinen
hindurch die Mauerflucht bestreichen konnte; so entstanden die Senkscharten oder Maschikulis.
Beide bestanden aus einer 2-3 m starken frei stehenden Mauer mit Zinnenkrönung, meist ohne Graben davor, aber von solcher
Höhe, daß sie sturmfrei war. Etwa im Abstand von 40 m vorspringende Türme gewährten ihnen Flankierung.
Vor die Thore legte man häufig halbmondförmige Waffenplätze,
[* 50] gleichzeitig zur Deckung und als Sammelplätze für Ausfalltruppen
dienend. Die Einführung der Geschütze
[* 51] forderte bald bedeutende Umgestaltungen. Um die ungedeckten Festungsmauern der Zerstörung
durch Geschützfeuer aus der Ferne zu entziehen, versenkte man sie unter den Bauhorizont, indem man einen
breiten und tiefen Graben vor ihnen aushob und die aus ihm gewonnene Erde hinter der Mauer zu einer deckenden Brustwehr
[* 52] mit Wallgang
dahinter aufschüttete, um Platz für die Aufstellung der Geschütze zu finden, den die schmale Mauerkrone nicht
bieten konnte. Auch die Türme mußten zur Aufnahme von Geschützen erweitert, konnten aber der größern Schußweite wegen
weiter auseinander gestellt werden. Sie wurden nun Basteien oder Rondelle genannt, aus denen später nach Entwickelung des Geschützwesens
die Bastione hervorgingen. Veranlassung boten die Kriege Anfang des 16. Jahrh., welche die Be-
festigung zahlreicher Städte in Italien
[* 56] notwendig machten. Es entstand die altitalienische Manier
[* 55]
(Fig. 1), in welcher Micheli 1527 Verona
[* 57] befestigte. Die senkrecht zum Mittelwall (Kurtine) stehende Flanke c des Bastions a war zur niedern Grabenbestreichung halb
zurückgezogen; das kleine Mittelbastion b deckte die lange Kurtine, diese flankierend. Nächst Micheli war
Tartaglia Hauptvertreter dieses Systems, welches gegen das 16. Jahrh. durch Cataneo (1570) und Marchi (1599) dadurch wesentlich
verbessert wurde, daß sie die Bastione erheblich vergrößerten, zur Hauptgeschützaufstellung in dieselben einen überhöhenden
Kavalier c
[* 55]
(Fig. 2), vor die Kurtine das diese deckende Ravelinb und vor die Kontreskarpe den gedeckten Weg
g mit den Waffenplätzen w legten, vor denen das 2 m hohe Glacis sich gleichmäßig abböschte. Die Eskarpe erhielt 7,5 m Höhe.
Das Bastionärsystem war hiermit in allen wesentlichen Teilen hergestellt.
Eine eigenartige Anwendung fand die italienische Manier in den Niederlanden. Während des Kampfes gegen die spanische Herrschaft
mußten schnell Befestigungen hergestellt werden. Die
Grundwasserverhältnisse des Landes nötigten dazu,
hinter breiten Wassergräben Erdwälle ohne Mauerbekleidung aufzuführen und zur niedern Bestreichung des sehr breiten Grabens
vor den Hauptwall noch einen Niederwall (Faussebraie) zu legen. In denHauptgraben legte man noch zahlreiche Außenwerke und vor
denselben den gedeckten Weg. Diese Befestigungsmanier wurde von Freitag 1630 beschrieben und unter Festhaltung
ihrer Grundzüge von Coehoorn (schrieb 1685) in Rücksicht auf eine offensive und abschnittsweise innere Verteidigung im Sinn
seines Zeitgenossen Rimpler wesentlich verbessert. Er gab dem Hauptgraben G
[* 55]
(Fig. 5) zwischen dem Hauptwall A und dem NiederwallR eineBreite
[* 60] von 30 m, gemauerte Eskarpe und Kontreskarpe, letzterer eine Reversgalerie S zur niedern Grabenbestreichung,
um hier den eingedrungenen Feind noch hartnäckig bekämpfen zu können. Vor den Niederwall R, von ihm durch einen breiten
nassen Graben getrennt, legte er die Couvreface C, vor dieselbe abermals einen nassen Graben und davor einen breiten gedeckten
Weg W, um so eine stufenweise Verteidigung zu ermöglichen. Das Festsetzen in diesen Werken wurde dem
Angreifer dadurch erschwert, daß gedeckter Weg und Hauptgraben bis nahe zum Grundwasserspiegel versenkt waren.
Die französische Befestigung, durch das unter Heinrich IV. von Sully begründete Ingenieurkorps entwickelt, hatte im allgemeinen
von den Italienern das Profil, von den Holländern den Grundriß entlehnt. Nach den Ingenieuren Errard de
Bar-le-Duc (»La fortification démontrée«, 1604) und GrafPagan trat der vielgefeierte Kriegsbaumeister Vauban auf (gest. 1707),
der in langem, thatenreichem Leben 53 Belagerungen leitete (vgl. Festungskrieg), 33 Festungen neu baute und etwa 300 verbesserte.
Vauban wählte seine Formen, ohne sich zu sehr an feste Regeln zu binden, stets mit Rücksicht auf das Terrain;
im allgemeinen lassen sich aber drei Manieren unterscheiden, nach denen die meisten ältern Festungen gebaut sind. Man nennt
die Liniea b
[* 55]
(Fig. 6 u. 7) die Polygonseite, gewöhnlich 300-380 m lang;
a e und b f die Defenslinien, die Bastionsfacen a g und h b = 2/7 a e; g und h die
Vauban verringerte zunächst die Grabentiefe; da hierdurch die Eskarpenmauer an Deckung verlor, machte er
dieselbe niedriger und verlor damit an Sturmfreiheit. Die wichtigste Änderung im Grundriß der spätern Manieren war Absonderung
des Bastions vom Hauptwall, so daß nur ein 11 m hoher Kavalier oder ein sogen. bastionierter Turm
[* 62] mit diesem in Verbindung blieb,
das Bastion aber isoliert davorlag. Vauban, hauptsächlich im Angriff erfahren, fand bald selbst die Schwächen
seiner Bauten und stellte in seinem Angriffssystem sogar die Zahl der Tage fest, binnen deren jede Festung erliegen müsse.
Seine Nachfolger, namentlich Cormontaigne und die Schule vonMézières (gestiftet 1750), suchten das Bastionärtracee zu verbessern
durch vollständige Deckung des Mauerwerks, Schaffen von Reduits und Hohlräumen, letztere zunächst als
Galerien zur Gewehrverteidigung. In Schweden
[* 63] wurden von Carlberg (1755) und Röök (1766), dann aber vorzüglich vom General
Virgin (1781) interessante fortifikatorische Vorschläge, hauptsächlich zur Verbesserung des Bastionärsystems, gemacht. Inzwischen
hatte schon 1707 der Niederländer Landsberg der jüngere (die Vorschläge früherer Ingenieure benutzend) das Tenaillensystem
durch mehrere Entwürfe begründet. Aber dem GrafenMontalembert (gest. 1800) war es vorbehalten, diesen
Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Er will Verwerfung der Bastione, nur Tenaillen- und Polygonalbefestigung, zahlreiche zweckmäßig
konstruierte Defensionskasematten, Vereinigung großer, den Angriffsbatterien weit überlegener Geschützmassen an den entscheidenden
Punkten, solide permanente Abschnitte (kasemattierte Türme), konstruierte neue Tenaillen-, Polygonal- und Kreisbefestigungen
und verschiedene Arten detachierter Forts zur Verstärkung der Plätze.
Nachdem Moucé, Bousmard und Chasseloup nochmals Verbesserungen für
das bastionierte System vorgeschlagen hatten, brachte
Carnot in seinem auf Napoleons I. Aufforderung geschriebenen Werk über die Verteidigung fester Plätze 1810 verschiedene neue
Vorschläge. Dieselben bezweckten, zahlreiche starke Ausfälle für den Belagerten namentlich auch dann
noch zu ermöglichen, wenn der Feind bereits das Glacis erreicht hat, und Überschüttung der gegen diese Ausfälle vorrückenden
feindlichen Trancheewachen mit Wurffeuer.
Erreicht sollte dieses werden durch Umwandlung der gemauerten steilen Kontreskarpen in ein rampenartiges Glacis en contrepente
und durch Anlage von kasemattierten Mörserbatterien. Auch Vorschläge für Tenaillen-Befestigung machte
Carnot. Die neuesten französischen Systeme sind die von Haxo (1826) und Choumara (1827) für kasemattierte Bauten. Die seit 1830 vom
GeneralleutnantFleury geleitete Befestigung von Lyon
[* 64] und die unter der Direktion des GeneralsDode de la Brunerie ausgeführte
Befestigung von Paris bestehen aus der bastionierten Stadtenceinte und einer Anzahl detachierter Forts,
meist bastionierter Fünfecke. Die Franzosen bedienten sich bei Ausführung ihrer Bauten fast stets des Bastionärsystems, waren
bis 1870 entschiedene Gegner der Polygonalbefestigung und haben deshalb die sogen. neupreußische
Befestigungsmanier heftig angegriffen (Mangin).
In Preußen wurden schon seit 1715 unter Leitung Wallrawes tenaillierte Anlagen mit niedriger Eskarpen-, aber hoher
Kontreskarpenmauer mit schmalen, tiefen, von Reversgalerien flankierten Gräben und mit Blockhäusern im gedeckten Weg sowie
Kasematten zur Unterbringung der Truppen gebaut. Nach Wallrawes Tod (1748) ordnete Friedrich d. Gr. die Bauten oft selbst an,
so in Neiße,
[* 65] Schweidnitz, Glatz,
[* 66] Silberberg und Graudenz,
[* 67] und im Gegensatz zu den Franzosen überall mit kasemattierter
Grabenflankierung, auch kasemattierten Batterienca. 500 m vom Glacis zur Beherrschung des Vorterrains, ferner mit gedeckten
Unterkunftsräumen im Hof
[* 68] der Werke, Abschnitten und Reduits, mehrfach selbständigen Werken in der Hauptumfassung (wie bei
Schweidnitz die Hauptforts,
[* 61]
Fig. 8) nach tenailliertem Grundriß mit Reverskaponnieren c c, tenaillierter Enveloppe e e, deren
Graben als gedeckter Weg dient (Profil,
[* 61]
Fig. 9), mit Blockhäusern b b und Konterminensystem m m,
Grundgedanke des Systems ist: Möglichkeit der Verteidigung durch geringe Besatzung und Begünstigung der Offensive zur Verwendung
größerer Truppenmassen auf vorbereitetem Kampffeld. Letzterm diente ein Gürtel
[* 76] von 500 bis etwa 800 m
vorgeschobenen Forts. Vermieden wurde ein ängstliches Kleben an bestimmtem System; man bediente sich zwar vorzugsweise des
Kaponnieresystems, aber auch des bastionären, wie es gerade für den vorliegenden Fall das Terrain und sonstige Umstände
erheischen.
Die Grundlage der regelmäßigen Polygonalfronte ist eine Linie von ca. 800 m, mit einer großen mehrstöckigen
Kaponniere
[* 77] K alsReduit und Abschnitt in der Mitte, die Linie unter Umständen leicht nach innen oder nach außen gebrochen, die
Kaponniere durch ein großes Ravelin R gedeckt, dessen Graben, bestrichen durch kasemattierte Batterien B, im Hauptwall A mit
der verteidigungsfähigen, meist frei stehenden Eskarpenmauer E E zusammenhängt. Zur Unterstützung des
Geschützkampfes dienen kasemattierte Mörserbatterien M M in den ausspringenden Winkeln.
Die Verteidigungseinrichtung der Eskarpenmauer E E dient zur Bekämpfung des Gegners auf dem gedeckten Weg und im Graben. BlockhäuserP P bestreichen den erstern. Die detachierten Forts sollten die Angriffsarbeiten weiter in das Vorfeld
hinausschieben. Ihr Grundriß ist meist der einer stumpfen Lünette
[* 78] (Fig. 11), mit Grabenkaponnieren und Reduit, ähnlich den
Festungsfronten, ausgestattet. Im Profil ist bei allen Werken vollständige Deckung
des Mauerwerks gegen Sicht von außen, jedoch
nicht gegen den indirekten Schuß, nötigenfalls durch Vertiefung der Gräben und höhere Anschüttung
des Glacis, erreicht.
Die gemauerte Eskarpe ist stets sturmfrei. Die Kaponnieren gestatten aus ihren Stockwerken die Grabenverteidigung durch Geschütz-
und Gewehrfeuer, während Geschütze auf der obern Erddecke in das Vorterrain wirken. Gleichzeitig bergen sie Besatzung und
Ausrüstung und sollen auch nach Wegnahme der vorliegenden Werke noch längere Zeit haltbare Punkte sein.
Die Neubauten der Engländer, Russen, Dänen, Schweden, Holländer, Türken etc. gehören fast sämtlich dem Prinzip der deutschen
Schule an. Der Umbau der Festung Antwerpen
[* 79] durch Brialmont übertrug die neuen Befestigungsgrundsätze nach den Niederlanden,
wo wieder Erdbau mit 60-100 m breiten nassen Gräben die Verteidigungslinie bildet und Mauerwerk nur zu
den Kaponnieren und Kasematten verwendet ist. Hier auch fand zuerst Eisenbau in Panzerdrehtürmen bei der Landbefestigung Anwendung.
Neben einfachem Grundriß der durch Inundation gedeckten Fronten ist besonders der Grundriß der geschlossenen detachierten Forts
[* 69]
(Fig. 12) zu bemerken. In gepanzerter Drehkuppel stehende Geschütze beherrschen das Vorterrain.
Bald indes machte sich der Einfluß der gezogenen Geschütze, namentlich durch die Überlegenheit ihres
indirekten Feuers, durch welches alles bisher erbaute Mauerwerk schon aus größerer Ferne zerstört werden konnte, geltend;
die Erfolge der deutschen Belagerungsartillerie im Krieg 1870/71 lieferten den Beweis hierfür und riefen eine neue Epoche im
Festungsbau hervor. Die Zwecklosigkeit kleiner Festungen ohne vorgeschobene Forts, wenn ihre Verteidigungsfähigkeit
nicht durch ihre Lage auf Höhen etc. sich gründete, war ebenso erkannt wie die Unentbehrlichkeit großer Festungen mit weit
von der Hauptumwallung abliegenden Forts als Stützpunkte für die Operationen großer Armeen. Die Forts sollen durch ihre vorgeschobene
Lage ein Bombardement der Stadt erst dann möglich machen, wenn der Angreifer dieselben genommen hat oder
bis in ihre Nähe vorgedrungen ist. Anfänglich ging man, in der Furchtvor der Möglichkeit eines Bombardements, hierin sehr
weit. Die Franzosen haben viele Forts 6-7 km, bei Paris sogar bis 15 km vor die Hauptenceinte vorgeschoben. Man