so entstehen beim
Auslaugen und
Schwefeleisen. Auch die
Lamingsche Masse der Gasanstalten, welche zum Reinigen des
Gases gedient
hat, wird auf Ferrocyankalium verarbeitet. Man mischt sie mit
Kalk und erhält dann beim
Auslaugen eine
Lösung von Ferrocyancalcium, welche
mit
Pottasche und kohlensauren
Kalk liefert. Bei der Bereitung der
Mineralpottasche und der Verarbeitung
der
Rübenmelasse kann Ferrocyankalium als Nebenprodukt gewonnen werden. Ferrocyankalium besteht in 100 Teilen
aus 37,03Kalium, 13,25Eisen,
[* 2] 36,93Cyan und 12,79Wasser; es bildet große, zitronengelbe, sehr weiche
Kristalle
[* 3] mit 3
MolekülenKristallwasser, schmeckt bitterlich-süß, salzig, ist nicht giftig, besitzt das spez. Gew.
1,83 wird bei 100° wasserfrei und farblos, löst sich in 2 Teilen kochendem
und 4 Teilen kaltem
Wasser, nicht in
Alkohol, schmilzt nach der
Entwässerung unter
Zersetzung und gibt beim
Schmelzen mit kohlensaurem
KaliCyankalium, cyansaures
Kali und
Eisen, mit
Schwefel geschmolzen Schwefelcyankalium (Rhodankalium) und Schwefelcyaneisen.
Die dem Ferrocyankalium entsprechende Natriumverbindung, Ferrocyannatrium, bietet trotz des bedeutend niedrigern
Preises der
Soda gegenüber
der
Pottasche doch kaum Vorteile dar;
Natrium veranlaßt weniger leicht die Cyanbildung als
Kalium, das
Salz kristallisiert schwerer
und enthält 41 Proz.
Kristallwasser, wodurch die Transportkosten vermehrt werden. Es ist leicht löslich, verwittert und
verhält sich im allgemeinen wie Ferrocyankalium
Dippel in
Berlin
[* 7] erhielt um 1700 durch Erhitzen von
Blut mit kohlensaurem
Kali einen
Körper,
der mit
EisensalzenBerliner Blau lieferte. Aus letzterm stellte Macquer 1750 reines Ferrocyankalium dar;
Berthollet erkannte den Eisengehalt
des
Blutlaugensalzes, und seit etwa 60
Jahren wird dasselbe im großen dargestellt.
Vgl.
Fleck, Die Fabrikation
chemischer
Produkte aus tierischen
Abfällen (Braunschw. 1862).
(El
Ferrol), Bezirksstadt und
Festung
[* 8] in der span.
ProvinzCoruña, einer der drei Hauptkriegshäfen
Spaniens, am nördlichen
Ufer der gleichnamigen
Bucht des Atlantischen
Meers gelegen, ist regelmäßig gebaut und rings von starken Festungswerken umgeben.
Der sehr geräumige
Hafen bildet ein regelmäßiges
Viereck
[* 9] mit einem 3 km langen und so engen Eingang,
daß immer bloß Ein
Linienschiff einfahren kann, und wird durch zwei
Forts
(San Felipe und
Palma) verteidigt. Es befindet sich
hier das größte
ArsenalSpaniens, in welchem 15
Linienschiffe auf einmal gebaut werden können.
Die dazu gehörigen
Docks,
Werften,
Magazine und Werkstätten befinden sich teilweise auch in dem gegenüberliegenden
Ort La
Graña. Die Stadt besitzt eine schöne
Pfarrkirche, eine Seeakademie und Schiffahrtsschule und (1884) 23,969 Einw.,
welche, abgesehen von ihrer Beschäftigung im
Arsenal, Sardellenfischerei und Einsalzung von
Sardellen, dann
Gerberei sowie
etwas
Baumwoll- und Leinweberei betreiben. Ferrol ist Sitz eines deutschen
Konsuls. Die Umgebungen sind sehr
schön und sorgsam angebaut.
Bei Ferrol, das bis 1752 ein elendes Fischerdorf war, fand ein
Seegefecht statt zwischen dem französischen
KonteradmiralDu Manoir le Pelley, welcher nach der
Schlacht bei
Trafalgar mit vier
Linienschiffen hierher geflüchtet war,
und dem englischen
Admiral Stracchan zum Nachteil des erstern, welcher sich den Briten ergeben mußte. Am bemächtigten
sich die
Franzosen der Stadt, mußten sie aber schon 22. Juni d. J. den Briten räumen.
im
Dom zu
Fiesole neben dem Choraufgang eine marmorne
Altartafel mit
Reliefs und flankierenden Freistatuen.
Vor 1508 trat in den
Dienst derFlorentiner
[* 13] Domhütte,
und 1512-18 war er Oberbaumeister des
Doms und fertigte damals (1512-14) die überlebensgroße Marmorfigur des heil.
Andreas
sowie (1517) für den König von
Ungarn
[* 14] einen Marmorbrunnen. 1514 wurde er Oberbaumeister der
Fassade von
San Lorenzo. 1521 lieferte
er die Marmorbüste des Marsilio Ficino im
FlorentinerDom; weiter zeigtman inFrascati einen Marmoraltar,
in
Volterra zwei schöne Marmorengel und in
Santa Felicita sowie in der Assunta zu
Fiesole zwei treffliche Holzkruzifixe von
seiner
Hand.
[* 15] Er starb in
Florenz.
ward 1851 Advokat beim Barreau von Paris,
trat 1865 in die Redaktion des »Temps« ein und veröffentlichte in diesem Journal mehrere durch Schärfe und Freimut ausgezeichnete
Artikel gegen die schlechte Munizipalverwaltung von Paris, die er unter dem Titel: »Comptes fantastiques d'Haussmann« 1865 gesammelt
herausgab. 1869 in den GesetzgebendenKörper gewählt, gehörte er hier zu den heftigsten Oppositionsmitgliedern
und forderte die Auflösung der Versammlung, da sie, unter dem Druck der offiziellen Kandidaturen gewählt, die Majorität des
Landes nicht mehr repräsentiere. Am wurde er Mitglied der Regierung der nationalen Verteidigung, 5. Sept.Sekretär
[* 23] derselben und 6. Sept.Präfekt des Seinedepartements.
Während Ferry im Innern die Republik zu befestigen suchte und zu diesem Zweck auch die von den Opportunisten und Radikalen gewünschte
Verfassungsrevision nebst der Listenwahl durchführte, stellte er nach außen hin ein freundlicheres
Verhältnis zu Deutschland
[* 25] her, mit dem er sich zur Wahrung der europäischen Interessen in Ägypten
[* 26] und Westafrika verband, und
wendete die ganze Kraft
[* 27] Frankreichs nach Hinterindien
[* 28] zur Unterwerfung Anams und zur EroberungTongkings. Er begann sogar
1884 einen
Krieg gegen China,
[* 29] der freilich keine raschen und durchgreifenden Erfolge aufzuweisen hatte. Schon hatte
er aber einen im ganzen günstigen Frieden mit China eingeleitet, als er infolge eines Mißgeschicks der französischen Truppen
in Tongking
[* 30] durch die plötzlich aufwallende Entrüstung in der öffentlichen Meinung und in der Kammer gestürzt
wurde.
L. (Steckenkraut), Gattung aus der Familie der Umbelliferen,
[* 49] perennierende, kahle, häufig blaugrün bereifte Kräuter
mit fiederig zusammengesetzten Blättern, deren letzte Abschnitte
oft fadenförmig oder sehr klein, seltener breit sind. Die
Dolden sind groß, meist vielstrahlig, Hülle und Hüllchen meist vielblätterig, die Blüten gelb, die Früchte
kreisrund oder oblong, sehr stark zusammengedrückt, die Früchtchen mit breit geflügeltem Rand. Etwa 60 Arten in den Mittelmeerländern
und ostwärts bis Zentralasien,
[* 50] viele ausgezeichnet durch ihren großen Gehalt an Gummiharz in Gängen der Wurzel
[* 51] und des Stengels.
Ferula galbaniflua Boiss. et Buhse
mit hohem, oberwärts verzweigtem Stengel,
[* 52] kurz weichhaarigen Blättern, von denen die obersten auf die
oblongen Scheiden reduziert sind, und hüllenlosen Dolden, in Persien,
[* 53] im Elburz am Demawend, liefert GalbanumFerulaNarthexBoiss.,
bis 3 m hoch, mit mächtiger, mit faserigen Blattscheidenresten beschopfter Wurzel, sehr großen, aufgeblasenen Blattscheiden,
bei den obersten Blättern ohne Blattspreite, in Tibet, liefert Asa foetida.
Ferula Sumbul Hook. fil.
etwa 3 m hoch, mit beschopfter Wurzel, wenigen, ganz oder fast ganz auf die Scheiden reduzierten Stengelblättern, in Turkistan
und im zentralasiatischen Steppengebiet, liefert die moschusartig riechende, aromatisch bittere Sumbulwurzel, welche etwa 9 Proz.
weichen, blaßgelben Balsam, Angelikasäure und Baldriansäure enthält und seit 1835 zuerst als Ersatzmittel
des Moschus, dann als (unwirksames) Heilmittel gegen Cholera in den Handel kam. Ferula tingitanaL. etwa 1,5 m hoch, mit doldenrispig
verzweigtem Stengel und großen, bläulichgrünen, vierfach fiederteiligen Blättern, in Nordafrika, auf Chios, Rhodos, in Syrien
und Palästina,
[* 54] liefert afrikanisches Ammoniakum.
Ferula rubricaulisBoiss., mit 2 m hohem, weißlichem, zuletzt
rosenrotem, oberwärts sehr ästigem Stengel, großen Blättern mit großen, aufgeblasenen, rötlichen Scheiden, auf welche
die obern Blätter reduziert sind wächst in den GebirgenPersiens und in der hohen Wüste westlich von Chaf, liefert Galbanum.
FerulaAsa foetidaL. (Scorodosma foetidumBunge), mit rübenartiger, bis schenkeldicker, sehr fleischiger,
faserig beschopfter Wurzel, großen, kurz flaumhaarigen, blaugrünen Blättern, einem erst nach fünf Jahren, dann aber sehr
schnell sich entwickelnden und in 40-50 Tagen, nach der Fruchtreife, mit der Wurzel absterbenden, 2 m hohen, wenig beblätterten,
oben doldentraubig verzweigten Stengel, wächst, förmlich Wäldchen bildend, in den Steppen zwischen dem Aralsee
und dem PersischenMeerbusen, wird auch bei Herat kultiviert und liefert die Asa foetidaFerula communisL. ausdauernd, mit fein
zerteilten Blättern, 3-4 m hohen Blütenstengeln und gelben Blüten, vollendet ihre Entwickelung in wenigen Monaten und ist
gegen Ende des Hochsommers vollständig verschwunden.
(im Plural Ferverdin, altpers. Fravartis, im Zendavesta Fravashisch), Bezeichnung der Schutzgeister in der Zoroastrischen
Religion. Ihre Verehrung ist uralt und scheint ursprünglich mit dem Ahnenkultus zusammenzuhängen. Daher wird sogar den Göttern,
z. B. auch dem Ormuzd, ein an die Seite gestellt. Ihnen ist im Zendavesta einer der sogen. Jashts gewidmet,
der Ferverdin-Jasht, der für die Kenntnis der mythologischen Vorstellungen über die Ferverdin besonders wichtig ist. Im
spätern Parsismus wohnen die Ferverdin über dem Himmelsgewölbe und werden mit den 486,000 Sternen identifiziert. In dem jetzigen
Kalender der Mohammedaner in Persien ist der Monat Ferverdin, mit dem 20. März beginnend, der erste des Jahrs,
und auf den ersten Tag desselben fällt das Neujahrsfest.
(Fas, arab. Fâs), eine der beiden Haupt- und Residenzstädte des Sultanats Marokko, am wasserreichen Ued Fes, einem
Nebenflüßchen des Sebu, in einem schönen, wohlbewässerten Thal,
[* 65] das mit Fruchtgärten und Gehölzen
von Zitronen- und Granatbäumen bedeckt ist, zerfällt in die alte und die neue Stadt, die jenes Flüßchen scheidet. Alt-Fes
el Bâli) bildet den nördlichen Teil und liegt an den Bergen
[* 66] hinauf, Neu-Fes el Dschedid) in der Ebene. Beide sind mit 10 m hohen
Lehmmauern umgeben, die mit viereckigen Türmen versehen, aber sowenig wie zwei verfallene Forts außerhalb
der Stadt und einige Lünetten im stande sind, europäischen Waffen
[* 67] zu widerstehen.
Die Stadt wird in 18 Quartiere geteilt, von denen 2 auf die Neustadt,
[* 68] die übrigen auf die Altstadt kommen. Sie hat zahlreiche,
aber sehr kleine Plätze; die Straßen sind eng, krumm, höchst schmutzig; kein Haus hat Fenster nach der
Straße hinaus, daher das düstere Ansehen der Stadt. Das Innere der Häuser ist dagegen meist hübsch und sauber. Unter den
öffentlichen Gebäuden nimmt der große Palast des Sultans, ein gewaltiges, indessen teilweise in Ruinen liegendes Gebäude,
den ganzen Südwesten von Neu-Fes ein.
Ein zweiter Palast, Bu Dschelad (das »Gerberhaus«),
liegt zwischen Alt- und Neu-Fes. Sonst ist nur noch erwähnenswert die Dschama
Karubin (»Moschee der Cherubim«),
die größte Moschee in ganz Nordafrika, welche auf 360 Säulen
[* 69] ruht, mit plumpem, viereckigem
Minaret, sehr niedrigem Schiff
[* 70] und herrlichen Marmorspringbrunnen, aber ohne alle Symmetrie. Mit ihr verbunden
sind eine an arabischen Manuskripten reiche Bibliothek und eine einstmals sehr berühmte, heute ganz gesunkene Hochschule, an
welche sich eine Anzahl ebenso verkommener Elementarschulen anschließt. Fes besitzt auch eine Irrenanstalt, in welcher die
Geisteskranken in Fesseln wie Gefangene verwahrt werden. -
Fes ist, obwohl in zunehmendem Verfall, noch immer die bedeutendste Handelsstadt Nordwestafrikas, deren
in vorzüglichem Ruf stehende Großhändler direkten Wechselverkehr mit Marseille,
[* 71] Lissabon,
[* 72] Cadiz
[* 73] etc. unterhalten und nach
diesen Städten Handelsreisen unternehmen. Die Waren, welche sie im großen aus Europa
[* 74] beziehen, bestehen in Seide,
[* 75] Baumwollenstoffen,
Tuch, Papier, Waffen, Pulver, Thee, Droguen, Zucker
[* 76] und Gewürzen, die im Handelsquartier, der Kessaria in Alt-Fes,
in ungeheuern Massen aufgestapelt sind und über ganz Nordwestafrika von hier aus verbreitet werden.
Auch die Industrie der Stadt ist nicht unbedeutend, namentlich blüht noch die alte Saffian- oder Maroquinfabrikation. Verfallen
dagegen ist die Fabrikation der nach der Stadt benannten türkischroten Kappen. Auch Fayencen und Thonwaren
[* 77] werden in großer Menge und in schönen Mustern geliefert; die Gold- und Silberwarenindustrie sowie die Münzprägung sind in
den Händen der Juden. Auch in geistiger Beziehung ist Fes heute noch der Mittelpunkt des wenigen, kaum noch pulsierenden wissenschaftlichen
Lebens in Marokko. Über die Größe der Bevölkerung
[* 78] schwanken die Angaben zwischen 50,000 und 150,000 Seelen.
Etwa 10,000 sind Juden, die in dem Mellah, einem besondern Quartier der Neustadt, wohnen; die übrigen Araber und Berber nebst
einigen TausendNegern. Gouverneur der Stadt ist ein Pascha, der über eine Garnison von 5000 Mann gebietet. -
Daß an der Stelle des heutigen Fes schon eine römische Stadt gestanden hat, als die Landschaft unter dem
Namen Mauritania Tingitana einen Teil der römischen Provinz Hispania bildete, dürfen wir aus den Ruinen schließen, welche
sich in der Umgebung befinden. Wahrscheinlich wurde die römische Stadt von den Vandalen zerstört, als sich dieselben Nordafrikas
bemächtigten, und während der darauf folgenden drei Jahrhunderte dauernden Herrschaft des oströmischen Reichs nicht wieder
aufgebaut.
Als die Araber auf ihrem Eroberungszug im 7. Jahrh. auch hierher kamen und das nordwestliche
Afrika unter dem Namen Magreb el Aksa oder Sus beherrschten, gründete Edris, der flüchtige Enkel Hassans, des SohnsAlis, 788 die
Stadt Walyly als Hauptstadt seines Reichs, an deren Stelle sein Sohn Edris II. 793 das von ihm erbaute Fes setzte. Nach wechselvollen
Schicksalen, in denen Stadt und Land einige Zeit von den KalifenSpaniens abhängig waren, stiftete der AlmorawideJussufIbn Taschfin 1086 das
Reich und Marokko. Im J. 1202 machte sich die Landschaft Fes unabhängig und gelangte danach schnell zu hoher
Blüte,
[* 79] so daß die Stadt Fes nicht weniger als 780 Moscheen und Kapellen, 93 öffentliche Bäder und allein innerhalb der Ringmauern 472 Mühlen
[* 80] zählte. Um die Mitte des 16. Jahrh. wurde das Reich Fes abermals mit Marokko vereinigt, bei dem es seitdem
verblieb; die Stadt aber teilte fortan den Rang einer Haupt- und Residenzstadt mit Marokko, dem Fes jedoch durch den Ruf großer
Heiligkeit (es kommt in Westafrika gleich nach Mekka) weit voransteht. Seit dieser Zeit datiert aber auch der Verfall von Fes.
2) AlexanderErnst, Klavierspieler und Komponist, Sohn des vorigen, geb. zu Karlsruhe, studierte
von 1834 an in Berlin unter Rungenhagen und A. W. Bach die Komposition, kehrte 1838 in seine Vaterstadt zurück, wo er seine
Operette »Mariette« zur Aufführung brachte, und machte 1839 und 1840 Kunstreisen durch Deutschland und Österreich.
[* 87] Nach seiner
Rückkehr (1841) brachte er seine dreiaktige Oper »Die Franzosen in Spanien« zur Aufführung und wurde vom
FürstenEgon von Fürstenberg zum Kammervirtuosen ernannt. Die letzten Lebensjahre verlebte er zu Braunschweig,
[* 88] wo er starb.
In seinen Kompositionen, bestehend in Liedern, Salonstücken, Klaviertrios etc., die eine Zeitlang
sehr beliebt waren, sprechen sich Talent und eine gewisse Leichtigkeit des Produzierens aus; doch fehlt
ihnen der tiefere Gehalt und künstlerische Ernst.
(Fescenninische Verse, Fescennini versus), eine der ältesten Gattungen italischer Volkspoesie, deren Namen
man gewöhnlich von der Stadt Fescennium im südlichen Etrurien ableitet. Es waren Wechselgesänge und Wechselgespräche,
die von den Landleuten bei heitern Anlässen aufgeführt wurden, wobei sich die Teilnehmer, von Lust
und Wein berauscht, in gegenseitigen Sticheleien, volkstümlichderben Witzen etc. ergingen. Ursprünglich auch bei ländlichen
Festen, z. B. nach der Ernte,
[* 89] am Feste der Tellus und des Waldgottes, ausgeübt, wurde die oft ins Zügellose ausartende Sitte
(licentia Fescennina) später durch ein besonderes Gesetz auf einen engern Kreis
[* 90] eingeschränkt und kam
endlich nur noch bei Hochzeiten in Anwendung. Zu letzterm Zweck bemächtigte sich seit dem Ende der Republik auch die Kunstpoesie
der Fescenninen, unter denen man später geradezu scherzhafte Lieder beim Einholen der Braut verstand. Als ursprüngliches Versmaß der
Fescenninen, soweit sie überhaupt gebundene Form hatten, ist ohne Zweifel das sogen. saturnische anzunehmen.
Bei Annäherung der Österreicher (1814) floh er mit seiner SchwesterLätitia, der Mutter des Kaisers, nach Rom,
[* 95] ward nach Napoleons
I. Rückkehr Pair von Frankreich, kehrte aber nach der Schlacht von Waterloo
[* 96] nach Rom zurück und lebte hier
in völliger Zurückgezogenheit den Künsten und Wissenschaften. Das Ansinnen der französischen Regierung, auf sein Erzbistum
Lyon zu verzichten, wies er entschieden zurück, wenn er auch thatsächlich das Amt nicht versah. Er starb Seine
weltberühmte Gemäldesammlung, die mehr als 20,000 Bilder gezählt haben soll, wurde nach seinem Tod nach
und nach versteigert und der Erlös zu Familienstipendien verwendet.
bei den Säugetieren mit Hufen der kurze Teil des Fußes zwischen dem Vorder-, resp. Hintermittelfuß oder dem
Schienbein und dem Huf
[* 100] (s. d.). Die Stellung der Fessel ist eine regelmäßige, wenn sowohl beide Vorder- als auch beide Hinterfesseln
parallel und in dem Maß vor- und abwärts verlaufen, daß die Verlängerung
[* 101] an den Vorderfüßen mit dem
Boden einen Winkel
[* 102] von 45°, an den Hinterfüßen einen Winkel von 50-55° bildet. Wenn beide Vorder- oder beide Hinterfesseln
abwärts divergieren und die Zehenteile der Hufe oder Klauen auswärts gerichtet sind, so heißt die Stellung französische
Stellung; wenn die Fesseln konvergieren, wird das Tier Zehentreter genannt. In beiden Fällen ist die Stellung unschön und der
Gang
[* 103] mehr oder weniger unsicher. Eine zu steile Stellung der Fessel ist zuweilen angeboren, in den meisten Fällen aber infolge
großer Anstrengungen entstanden und öfters mit Lahmgehen verbunden. Steht die Fessel zu schräg,
und findet beim
¶
mehr
Auftritt eine starke Senkung des Fesselgelenks statt, so wird dieselbe »weiche« Fessel genannt.
Diese bildet einen Fehler, weil infolge der übermäßigen Senkung des Gelenks leicht krankhafte Veränderungen an den Bändern
und Sehnen entstehen.
1) Ignaz Aurelius, Geistlicher und Freimaurer, geb. zu Czurendorf in Niederungarn, trat 1773 in
den Orden
[* 109] der Kapuziner. In Wien machte der Tod eines um einer jugendlichen Übereilung willen 52 Jahre in einem unterirdischen
Kerker eingeschlossenen Mönchs einen so tiefen Eindruck auf ihn, daß er diesen Fall dem KaiserJoseph II.
mitteilte, was die Beseitigung aller Klostergefängnisse in der Monarchie zur Folge hatte. aber wurde vom Kaiser 1784 zum ordentlichen
Professor der orientalischen Sprachen und des Alten Testaments an der Universität zu Lemberg
[* 110] ernannt. Im J. 1787 sah er sich
wegen seines Trauerspiels »Sidney« genötigt, sein Amt niederzulegen und nach Breslau
[* 111] zu fliehen; 1791 trat
er zur protestantischen Kirche über und verheiratete sich; doch ward die Ehe später wieder getrennt, worauf er, seit 1796,
in Berlin litterarisch beschäftigt lebte.
Auf die gegen das Konkordat gerichteten Angriffe antwortete er in Streitschriften und Kommentaren zu einzelnen Partien desselben,
besonders ausführlich zum Eherecht. Beim Beginn der neuen Ära wurde er in Sachen des Konkordats als Unterhändler
nach Rom geschickt und nach seiner Rückkehr zum Bischof von St. Pölten ernannt. Beim vatikanischen Konzil 1870 fungierte er
als Generalsekretär und verteidigte es später in der gegen Professor v. Schulte gerichteten Schrift »Die
wahre und die falsche
Unfehlbarkeit der Päpste« (Wien 1871). Er starb Von seinen Schriften sind die »Institutiones
patrologicae« (Innsbr. 1850-52, 2 Bde.)
und die »Sammlung vermischter Schriften« (Freiburg
[* 115] 1869) zu erwähnen.
Costanzo, Komponist, aus Florenz gebürtig, trat 1517 als Sänger in die päpstliche Kapelle, welcher er bis
zu seinem Tod als Mitglied angehörte. Festa ist einer der ersten Italiener, welche sich neben den damals die gesamte
Musik beherrschenden Niederländern Geltung verschaffen konnten. Von seinen Kompositionen sind nur wenige gedruckt und zwar:
dreistimmige Motetten (Vened. 1543), dreistimmige Madrigale (das. 1556 und 1559) und Litaneien (Münch. 1583).
Die übrigen befinden sich teils in den Archiven der päpstlichen Kapelle, teils in Sammlungen der damaligen Zeit. Ein Tedeum
von Festa (1596 in Rom gedruckt), welches beim Einzug der Fronleichnamsprozession in die Peterskirche gesungen zu werden pflegt,
läßt ihn als den Vorboten, ja als das Vorbild Palestrinas erkennen.
(vom lat. festum, dies festus), Tage, welche zur Ehre einer Gottheit oder Person oder zum Gedächtnis
wichtiger Begebenheiten unter Einstellung der alltäglichen Geschäfte mit gewissen Feierlichkeiten begangen werden. Das Bedürfnis
eines Wechsels von Werk- und Feiertagen liegt schon in der Natur des Menschen selbst begründet, erhielt aber vornehmlich in der
geschichtlichen Entwickelung der einzelnen Nationen und im religiösen Kult Befriedigung. Namentlich mit
letzterm verbunden treten die Feste schon früh auf.
Denn die ersten Feste waren wohl unstreitig Naturfeste, wie die Frühlings-, Herbst- und Sonnenwendfeste der Germanen, Slawen und
Kelten, veranlaßt durch den Wechsel derJahreszeiten,
[* 116] die Wiederkehr der lebenerweckenden Sonne
[* 117] und andre Erscheinungen der Natur,
z. B. in Ägypten durch das regelmäßig abwechselnde Steigen und Fallen
[* 118] desNils. An diese Naturfeste,
welche meistens in der Weise begangen wurden, daß man durch mimische Darstellung oder Nachahmung der Naturerscheinungen das
Walten der Götter zu symbolisieren suchte, schlossen sich eng die mit dem Landbau, dem politischen und religiösen Leben der
Völker verbundenen Freuden- und Dank-, Buß- und Versöhnungsfeste an. Die Freuden- und Dankfeste waren
fröhliche Gedächtnisfeste, bei denen man sich an die von den Göttern empfangenen Wohlthaten oder an preiswürdige Thaten
von Helden, Stammeshäuptern und Religionsstiftern erinnerte und sich dem sinnlichen Vergnügen bis zum Übermaß hinzugeben
pflegte, da man nichts Höheres als Sinnengenuß kannte und die Götter selbst sich als sinnliche Wesen vorstellte.