Laufen nämlich mehrere Fernsprechleitungen nebeneinander her, so hört man unter anderm durch Induktionswirkung in der
einen Leitung, was in der andern gesprochen wird; ebenso machen sich die
Ströme benachbarter Telegraphenleitungen durch Erzeugung
eines knackenden
Geräusches in den
Telephonen bemerkbar. Diesem Übelstand hat man auf verschiedene
Weise abzuhelfen gesucht.
Man hat die Empfangsapparate unempfindlicher, die gebenden
Apparate kräftiger gemacht, wodurch der Einfluß der störenden
Nebengeräusche abgeschwächt wird; man hat Vorrichtungen angebracht, welche die auftretenden Induktionsströme durch solche
von entgegengesetzter
Richtung aufheben; man hat endlich die Störungsursachen, die plötzlichen Änderungen
im
Wachsen und Abnehmen der
Ströme in den benachbarten Leitungen durch Einschaltung von
Kondensatoren oder elektromagnetischen
Widerständen zu beseitigen versucht. In letzterer
Richtung ist besonders van
Rysselberghe in
Brüssel
[* 15] erfolgreich gewesen, dem 1884 die
gleichzeitige Benutzung einer und derselben Leitung zum Sprechen und zur
Morse-Telegraphie gelang. Unter
Benutzung seines
Verfahrens sind in
Belgien
[* 16] mehrere Fernsprechnetze verschiedener
Städte untereinander in
Verbindung gebracht,
ohne daß es nötig gewesen wäre, besondere Leitungen für diesen Betrieb herzustellen. Auch die Reichs-Telegraphenverwaltung
steht im
Begriff, ausgedehnte
Versuche mit dem Rysselbergheschen
Verfahren anzustellen.
Die Fernsprechleitungen werden innerhalb der
Städte in derRegel über die
Dächer geführt. Als
Stützpunkte
dienen
Stangen aus gewalzten schmiedeeisernen
Röhren,
[* 17] die mit Querträgern aus Flacheisen versehen sind, auf denen 2-24
Isolatoren
befestigt werden; man rechnet dabei in der
Regel auf je 4 nebeneinander stehende
Isolatoren eine
Stange. Die Leitungen bestehen
aus 2,2mm starkem verzinkten Gußstahldraht. Da zur
Befestigung der Rohrständer meist bewohnte Gebäude
benutzt werden müssen, so hat man außer dem in jedem Apparatgehäuse vorhandenen
Blitzableiter auf freier
Strecke zahlreiche
Blitzableitungsseile an den eisernen
Stangen und metallische
Verbindung der letztern untereinander durch besondere Blitzleitungen
angebracht.
Dem Übelstand des Tönens der Leitungen wird durch Dämpfervorrichtungen an den Befestigungspunkten
und passende Regulierung der Drahtspannung vorgebeugt. In der letzten Zeit sind vielfach Kabelleitungen für Fernsprechzwecke
zur Anwendung gelangt und teils an den
Stützpunkten der oberirdischen Fernsprechlinien aufgehängt (Luftkabel), teils in
Röhren unter dem
Straßenpflaster eingezogen oder unmittelbar in die
Erde gelegt worden.
Vgl. Grawinkel, Lehrbuch der
Telephone
und Mikrophonie (2. Aufl., Berl. 1884);
Wietlisbach,Technik des Fernsprechwesens
(Wien
[* 18] 1886);
Aubl.,
Gattung aus der
Familie der
Rosaceen, mit der einzigen Art Ferolia guianensisAubl. einem
Baum in
Guayana und auf den
Antillen, mit 12-15 m hohem
Stamm, sehr kurz gestielten, elliptisch zugespitzten, ganzrandigen, unten
weißlichen Blättern und rundlichen, grünlichen
Früchten mit beinhartem, höckerigem, zweisamigemKern. Das harte, schwere,
gelb und rot gefleckte
Holz
[* 22]
(Atlasholz) macht einen bedeutenden Handelsartikel
Guayanas aus und dient zu
Möbeln und Marketeriearbeiten.
Corr.,
Gattung aus der
Familie der
Rutaceen, mit der einzigen Art Feronia elephantumCorr.
(Elefantenapfelbaum), einem
großen
Baum in
Indien,
Ceylon,
[* 23]
Birma, mit hartem, schwerem, aber nicht dauerhaftem
Holz, gefiederten Blättern, schönen weißen
Blütentrauben und vielsamigen, apfelähnlichen
Früchten mit harter, rauher, holziger
Rinde und nußartigem
Fleisch. Die
Blätter riechen anisartig, und das
Fruchtfleisch ist genießbar; beide werden medizinisch angewandt. Aus dem verwundeten
Stamm fließt ein
Gummi, welches in unregelmäßigen, großen Klumpen als Feroniagummi oder echtes ostindisches
Gummi in den
Handel kommt. Es ist durchsichtig, topasfarbig, stark glänzend, bisweilen etwas trübe, gelb bis braun und
nur fettglänzend bis matt. Es löst sich leicht und vollständig in
Wasser, klebt stark, wird wie
arabisches Gummi, welches
viel teurer ist, benutzt und ist diesem für
Wasserfarben vorzuziehen.
eine altitalische
Göttin, angeblich sabinischen Ursprungs, dem
Jupiter Anxur oder dem
ApolloSoranus beigesellt,
daher auch
Juno Feronia genannt. Da sie die Blumenliebende heißt und mit
Proserpina zusammengestellt wird,
so hat
man in ihr wohl eine
Frühlings- und Erdgöttin zu sehen. An ihrem
Fest zu Trebula Mutuesca im Sabinischen wurden ihr
Blumen und Erstlingsfrüchte dargebracht; dabei fand eine
Messe statt, die zu den besuchtesten von ganz
Italien
[* 24] gehörte.
Andre berühmte Heiligtümer der
Göttin waren zu
Terracina, am
Fuß des
BergsSoracte und in
Präneste. Sie war
auch Schutzgöttin der Freigelassenen. Nach pränestinischer
Sage hatte sie ihrem Sohn Herilus drei
Seelen gegeben, so daß
er dreimal von
Evander getötet werden mußte.
Eduard, Pseudonym des Dichters EduardSchulz (s. d.). ^[= 1) Johann Abraham Peter, Komponist, geb. 31. März 1747 zu Lüneburg, studierte die Komposition ...]
Die gleichnamige Hauptstadt, in tiefer Sumpfebene, links an einem Arm des Po (Po di und an der von Florenz über Bologna nach
Padua führenden Eisenbahn gelegen, nur 2,4 m über dem 50 km entfernten Meer, macht den Eindruck tiefen
Verfalls, da auf der weiten bebauten Fläche nur eine verhältnismäßig geringe Bevölkerung wohnt. Ferrara ist nächst Turin die
regelmäßigste und eine der schönsten Städte von Oberitalien,
[* 44] mit Mauern, Gräben und Bastionen umgeben, auch durch eine Citadelle
verstärkt, Befestigungen, die aber der jetzigen Kriegskunst nicht mehr entsprechen und nicht im stande
sind, den wichtigen Po-Übergang zu decken.
Die Hauptstraße ist der ungefähr 3000 Schritt lange Corso, der die Stadt von der PortaPo (im W.) bis zur PortaMare (im O.)
durchschneidet und mit zahlreichen Palästen geschmückt ist. Unter den öffentlichen Plätzen zeichnet
sich die Piazza Ariostea, mit einer Statue des Dichters, aus. Unter den Kirchen sind die bemerkenswertesten: der Dom (aus dem 12. Jahrh.),
teils im romanischen, teils im gotischen Stil (mit spätern Umbauten im Renaissancestil), reich an trefflichen Bildern und
Fresken von Garofalo (dem vorzüglichsten Maler Ferraras), Guercino, Sebastiano Filippi etc. und andern Kunstwerken
(darunter prachtvolle Bronzeskulpturen von Niccolò und Giovanni Baroncelli u. a.);
ferner die dreischiffige KircheSan Francesco
(im Renaissancestil, 1494-1530);
Unter den weltlichen Gebäuden behauptet das Castello, der alte herzogliche Palast, im
gotischen Stil (aus dem 14. und 15. Jahrh.), mit vier gewaltigen Ecktürmen
besetzt und von einem breiten und tiefen Graben umzogen, den
ersten Platz. Er wurde von Nikolaus vonEste erbaut, später, nachdem 1554 eine
Feuersbrunst den größten Teil des Innern verzehrt hatte, durch Giordano da Carpi erneuert. Diese ehemals hochberühmte Residenz
des HausesEste, die durch Tasso, Ariost, Michelangelo, Dosso Dossi u. a. geweiht ist, diente früher als
Residenz des päpstlichen Legaten und wird jetzt als Verwaltungsgebäude benutzt.
Andre hervorragende Gebäude sind: der Palazzo Comunale, der erste Sitz der Este;
der gotische Palazzo della Ragione (Justizpalast),
der Palazzo Scroffa, der Palazzo Roverella, das Studio Pubblico oder Universitätsgebäude, der Palazzo dei
Diamanti (1493 erbaut), seit 1842 mit der Gemäldesammlung des Ateneo Civico (s. unten), und das
Theater.
[* 45] Im St. Annenhospital ist die Zelle,
[* 46] in welcher Tasso sieben Jahre lang als angeblich Wahnsinniger gefangen saß;
auch
das Haus Ariosts und das des Dichters Guarini sind noch erhalten.
Ferrara, das im 16. Jahrh. über 100,000 Einw.
zählte, hat (1881) mit Einschluß der Vorstädte SanLuca und San Giorgio nur eine Bevölkerung von 30,695 Seelen. Von höhern
Bildungsanstalten besitzt es eine Universität (s. unten), ein Lyceum, Gymnasium, eine technische und eine Musikschule. Die
von KaiserFriedrich II. gestiftete, 1402 von Nikolaus III. erweiterte, zur französischen Zeit aufgehobene, 1824 wiederhergestellte
freie Universität umfaßt drei Fakultäten (juristische, medizinisch-chirurgische, mathematisch-naturwissenschaftliche), Kurse
für Notare, Tierärzte und Hebammen und sonstige Institute.
Die Zahl der Studenten ist jetzt gering (ca. 50). Die dazu gehörige Bibliothek, welche zu den größten und interessantesten
Italiens
[* 47] zählt, wurde zwar erst 1746 gegründet, aber zugleich. durch die reiche Sammlung des Kardinals
Bentivoglio vermehrt. Sie enthält gegen 100,000 Bände, seltene Inkunabeln und ca. 1000 Manuskripte, darunter Autographen von
Ariost, Torquato Tasso, den »Pastor fido« von Guarini etc. Die Sala Ariostea enthält das Marmormonument Ariosts mit seinen Überresten
und andre Ariost-Reliquien.
Außer der Bibliothek sind noch hervorzuheben: das Domarchiv und das Stadtarchiv. Von den Kunstsammlungen
steht die Pinakothek oder die Gemäldesammlung des Ateneo Civico, welche neun Säle des Hauptgeschosses vom Palazzo dei Diamanti
füllt, obenan. Sie bietet besondere Gelegenheit, die beiden Hauptmeister der ferraresischen Malerschule, Garofalo und Dosso Dossi,
kennen zu lernen. Ferrara ist der Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Zivil- und Korrektionstribunals,
eines Assisenhofs, eines Handelsgerichts, einer Finanzintendanz und einer Handelskammer. 24 km von Ferrara liegt die Villa Belriguardo,
bei Goethe der Schauplatz der LiebeTassos zu Leonore von Este. Ferrara ist Geburtsort des ReformatorsSavonarola, des Dichters Guarini
u. a.
Geschichte. Ferrara, eine altrömische Kolonie, war schon frühzeitig, seit der ersten Hälfte des 4. Jahrh.,
als Sitz eines Bischofs und Hauptort des Bistums Ferrara ausgezeichnet. In denZeiten der Völkerwanderung hatte es von den durch Nord-
und Mittelitalien herabziehenden Germanenstämmen als offener Ort manche Unbill zu erdulden. Erst 604 erhielt es Mauern zur
Verteidigung gegen die Langobarden. Es gehörte zum Exarchat, bis es 757 eine Zeitlang unter päpstliche Herrschaft kam. Später
erhob es sich faktisch zur Selbständigkeit, wenngleich es nominell im 11. Jahrh. die Oberhoheit des Markgrafen Bonifaz von
Tuscien und nach ihm die seiner Tochter Mathilde, der »großen Gräfin«, bis zu deren Tod (1115)
¶
mehr
anerkannte. Wie in den meisten andern KommunenOber- und Mittelitaliens, rangen seit dieser Zeit auch hier zwei Adelsfraktionen
um die Herrschaft. An ihrer Spitze standen die beiden mächtigsten Familien der Gegend, die Salinguerra Torelli und die Adelardi,
die ihren Einfluß dadurch befestigten, daß sie das Kapitanat des Volkes, die oberste Exekutivbehörde
der Kommune neben dem Rat oder Consiglio, längere Zeit hindurch zu behaupten wußten. Von diesen vertraten die Torelli das
ghibellinische oder kaiserliche, die Adelardi das guelfisch-päpstliche Interesse.
In demKampfeFriedrichBarbarossas gegen die Kommunen stand Ferrara auf der Seite der letztern und war Mitglied des lombardischen
Städtebundes. Dieser Umstand begründete für längere Zeit das Übergewicht der guelfischen Adelardi,
die bald auch das Podestat der Stadt, d. h. die mit weitreichenden Befugnissen ausgestattete
oberste Administrativ- und richterliche Würde, erlangten. Gegen Ende des 12. Jahrh. errang die auf HerzogWels ihren Ursprung
zurückführende Familie der Este den größten Einfluß auf die Leitung der städtischen Angelegenheiten
und behauptete denselben durch weise Förderung der städtischen Interessen wie durch Unterwerfung des umliegenden Gebiets
unter das Gebot der Stadt.
Während der KämpfeFriedrichs II. mit der Kirche und den Kommunen trat Ferrara auf Seite des erstern und vertrieb den Guelfen Azzo
von Este, wurde aber von diesem 1240 wieder unterworfen und nach Bezwingung der ghibellinischen Torelli
seitdem ständig von den Este behauptet, erst als Podestas und Kriegsführern, dann als faktischen Oberherren, die bald den
TitelMarkgrafen von Ferrara annahmen. 1329 ward Aldobrandino II. von Este vom Papst mit dem Vikariat Ferrara belehnt. 1471 erhob Paul
II. den Markgrafen Borso zum erblichen Herzog von und die Este schlugen nun ihre Residenz in Ferrara auf, das sie zu einem glänzenden
Fürstensitz umschufen. (Weiteres s. Este.) Beim Erlöschen des Hauptstammes der Este mit Alfons II. (1597) zog Clemens VIII.
das Herzogtum als erledigtes Lehen ein und schlug es zum Kirchenstaat. Im Januar 1438 wurde hier von Eugen
IV. ein Konzil zur Wiedervereinigung der griechischen mit der römischen Kirche eröffnet, dem KaiserMichael IV. Paläologos
persönlich beiwohnte, das indes, im Januar 1439 nach Florenz verlegt, erst dort zum gewünschten Abschluß gedieh. 1735 erhob
PapstClemens XII. das Bistum Ferrara zu einem Erzbistum.
Als Finanzminister 1867 in das KabinettRattazzi berufen, aber schon nach wenigen Monaten von seinem Amt
zurückgetreten, nahm er noch längere Zeit als Mitglied der Finanzkommission der Kammer, gegenwärtig des Senats, regen Anteil
an der Gestaltung der italienischen Finanzen. Seit 1868 ist Ferrara Direktor der Oberhandelsschule in Venedig.
[* 53] Von den von ihm veröffentlichten
Werken sind hervorzuheben: »Importanza dell' economia politica« (Turin 1849);
»Biblioteca dell' economista« (1850-68, 2 Serien
in 27 Bdn.).
Ein größeres Werk: »Il trattato di economia politica«, an welchem er
über 20 Jahre gearbeitet hat, harrt der Veröffentlichung.
1) Gaudenzio, ital. Maler, geboren um 1481 zu Valduggia im Sesiathal (Piemont), bildete sich nach Stefano Scotto,
B. Luini und Leonardo da Vinci, war 1515-18 in Novara, 1521 in Vercelli, bis 1524 in Varallo und von da ab
in Mailand
[* 55] thätig, wo er 1546 oder 1547 starb. Während seine frühern Werke noch an die ältere Schule erinnern, zeigt sich
in seinen spätern das StudiumLeonardos; dabei macht sich immer ein energischer Naturalismus geltend. Seine Farbe ist sehr kräftig,
obwohl häufig bunt, seine Komposition meist überladen oder doch unharmonisch.
3) Bartolommeo, ital. Bildhauer, geb. zu Marostica bei Vicenza, widmete sich der Bildhauerkunst
[* 59] unter der Leitung
seines Oheims Torretti und setzte seine Studien später in Venedig fort, wo er Schiffsfiguren im Arsenal
und Kruzifixe
[* 60] und Heiligengestalten in Holz schnitzte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Florenz kehrte er wieder nach Venedig
zurück und war hier vorzugsweise auf dem Gebiet der
¶
5) Giuseppe, Geschichtsphilosoph, geb. 1812 zu Mailand, studierte in Pavia, lebte dann unabhängig seinen
Studien und begann seine Schriftstellerlaufbahn mit einer Abhandlung über seinen Lehrer, den PhilosophenRomagnosi (s. d.),
der eine Ausgabe der sämtlichen Werke Vicos (1835) und einige Schriften in französischer Sprache: »Vico et l'Italie« (Par. 1839),
»De l'erreur« (das. 1840) und »De religiosis Campanellae opinionibus« (das. 1840), nachfolgten. Nachdem
er seit 1840 kurze Zeit als Professor der Litteratur in Rochefort gewirkt, seiner freisinnigen Richtung wegen aber hatte zurücktreten
müssen, ward ihm im J. 1842 auf Cousins Verwendung der philosophische Lehrstuhl an der Universität zu Straßburg
[* 65] übertragen;
aber schon nach 18 Tagen ward er auch hier auf Betreiben der Ultramontanen abgesetzt. Seine Vorlesungen
veröffentlichte er als »Idées sur la politique de Platon et d'Aristote« (Par. 1842). Nach der Februarrevolution 1848 von Carnot
wieder in sein Amt eingesetzt, wirkte er darauf in Bourges, wurde aber hier ebenfalls bald suspendiert und kehrte 1859 nach
Italien zurück, wo er nacheinander Professor in Turin und Mailand wurde.
Als Mitglied des piemontesischen Parlaments war er ein heftiger Gegner von Cavours Annexionspolitik. Seitdem ununterbrochen
Deputierter, starb er in Rom.
[* 66] Außer den genannten Werken schrieb er: »Essai sur le principe et les limites de la
phliosophie de l'histoire« (Par. 1843);
sein philosophisches Hauptwerk, in dem er die Lehre
[* 67] von den »Antinomien« für »unüberwindlich« erklärt
und zuletzt von den unlöslichen Widersprüchen, die dem reinen Gedanken anhaften, den Ausweg in die versöhnende Unmittelbarkeit
des realen Lebens zeigt.
Daran schloß sich sein politisches Glaubensbekenntnis: »La federazione republicana«
(Capolago 1851),
eine Darlegung seiner Theorie der freien Völkerverbrüderung, an welcher er mit doktrinärem Starrsinn festhielt;
die »Histoire des révolutions de l'Italie, ou Guelfes et Gibelins« (Par. 1856-58, 4 Bde.);
»Storia della rivoluzione d'Italia« (Mail. 1871-73, 3 Bde.);
»Teoria de' periodi
politici« (das. 1874) u. a. Seine Biographie schrieb Mazzoleni (Mail. 1876).
6)
Paolo, ital. Lustspieldichter, geb. zu Modena, studierte daselbst die Rechte, mit größerm Eifer aber Geschichte
und Litteratur und schrieb zu Massa, wohin sein Vater als herzoglicher Gouverneur übergesiedelt war, 1847 seine erste Komödie:
»Bartolommeo il calzolajo«, die er später »Il
codicillo dello Zio Venanzio« betitelte. Es folgten andre Stücke nach, von welchen sich jedoch nur »La donna e lo scettico«
und »Il codicillo« auf dem Repertoire erhalten haben. 1852 schrieb er sein Meisterwerk: »Goldoni e le sue sedici commedie«,
welches zwei Jahre lang unaufgeführt blieb, dann aber beim Publikum wie bei der Kritik einen seltenen
Triumph errang.
Kaum geringer war der Erfolg der Komödie »Parini e la satira« (1857). Beide Werke gelten seither als die gediegensten Erzeugnisse
auf dem Gebiet des modernen italienischen Lustspiels. Ferrari lieferte noch eine Reihe von nicht ganz so erfolgreichen, aber doch
wertvollen Dramen und Lustspielen: »Prosa« (ursprünglich »Il Tartuffo moderno« betitelt);
»L'Antonietta« (1880) u. a.
PikanteStoffe, ernste Tendenzen, pointierter Dialog, geschickte Mache und zum Teil auch grelle Effekte erinnern
in Ferraris neuern Stücken hier und da an französische Muster. 1860 übernahm Ferrari eine Professur der Geschichte in Modena, später
eine solche an der wissenschaftlichen Akademie zu Mailand.
Eine Gesamtausgabe seiner »Opere drammatiche« erschien zu Mailand
(1877-80, 14 Bde.).
2) Amalie, ital. Tänzerin, geb. 1830 zu Voghera in Piemont, debütierte 1844 am Scalatheater in Mailand und kam dann an das
San Carlo-Theater in Neapel, wo sie mehrere Jahre blieb. Nachdem sie 1854 und 1855 in Rom, London
[* 73] und Wien
gastiert hatte, wurde sie 1856 an der Oper in Paris engagiert, wo zahlreiche Ballette eigens für sie komponiert wurden. Wir
nennen von ihren Schöpfungen nur die »Iberia«, in welcher Rollesie der Bildhauer Gajazzi zu Rom (1854) als Statue darstellte.
Zu ihren letzten Triumphen gehörte »Der Stern vonMessina«
[* 74] bei ihrem Gastspiel in Brüssel 1864. Bald darauf
zog sie sich von der Bühne zurück.
¶
Giuseppe Jacopo, ital. Bibliograph und Schriftsteller, geb. zu
Cartigliano bei Bassano, studierte in VicenzaTheologie, bekleidete eine Lehrerstelle zu Bassano, die ihm Radetzky 1849 wegen
seiner patriotischen Gesinnung entzog, und widmete sich darauf mit großem Erfolg der geistlichen Beredsamkeit, bis ihm 1852 auch
diese Thätigkeit von der österreichischen Regierung untersagt wurde. Nach der Einigung Italiens erhielt
er eine Professur zu Bassano, die er noch jetzt bekleidet.
Sein Hauptwerk ist das umfassende »Manuale Dantesco« (Bassano 1864-77, 5 Bde.). Von seinen übrigen Schriften seien genannt:
»DiBassano e dei Bassanesi illustri« (Bassano 1847);
»Elogio storico di M. Zaccaria Briesto, arcivescovo
di Udine« (das. 1852);
Théophile Charles, Mitglied der Kommune von Paris, geb. 1845, beschäftigte sich frühzeitig
mit Politik, schrieb Artikel in die kleinern Journale und hielt revolutionäre Reden in öffentlichen Versammlungen, was ihm
mehrmals Verhaftung und Bestrafung zuzog. Während der Belagerung von Paris stellte er in den Klubs die radikalsten Anträge
und nahm an den Umsturzversuchen der Sozialdemokraten 31. Okt. und teil. Nach dem Aufstand vom wurde
Ferré, welcher an der Ermordung der GeneraleLecomteundThomas teilgenommen hatte, 26. März zum Mitglied der Kommune gewählt und
war Sekretär
[* 77] derselben, sodann Mitglied des Ausschusses für allgemeine Sicherheit, Stellvertreter des Staatsanwalts und endlich
Delegierter des Polizeiwesens. In den letzten Tagen der Kommune gab er den Befehl zu den Hinrichtungen der
Geiseln, ließ 27. Mai die gefangenen Sträflinge mit Waffen versehen und durch dieselben eine große Anzahl von Gefangenen,
darunter 70 Gendarmen, niedermetzeln und mehrere Gebäude anzünden. Am wurde er verhaftet, vom Kriegsgericht einstimmig
zum Tod verurteilt und 28. Nov. erschossen.
Daneben hielt er zu Coimbra Vorlesungen über die Rechtswissenschaften. In seine Vaterstadt zurückgekehrt,
ward er zum Rat des Obertribunals und zum königlichen Kammerherrn ernannt, starb aber schon 1569 an der Pest. Seine Gedichte:
»Poemas lusitanos«, die sich durch Tiefe, lebendigen
Ausdruck und dichterische Begeisterung auszeichnen, erschienen von seinem
Sohn Miguel Leite Ferreira gesammelt (Lissab. 1598). Seine »Ignez
deCastro« (im 2. Bd. dieser Sammlung),
deVasconcellos (spr. waskongsséllusch), Jorge, einer der ältesten dramatischen
Dichter der Portugiesen, geboren zu Coimbra oder Monte mór o Velho, war Schreiber im Finanz- und Kolonialdepartement und starb 1585 in
Lissabon. Seine Komödien: »Eufrosina« (geschrieben 1527; gedruckt Coimbra 1560, Lissab. 1786),
»Ulyssipo« (geschrieben 1547;
gedruckt das. 1616 u. 1787),
»Aulegraphia« (das. 1619 u.
1787) sind etwas mühsam ausgeführte Sitten- und Charaktergemälde im klassischen Geschmack (Ferreira gehörte
zu den Nachahmern der spanischen »Celestina«),
echt national und sprachlich wie kulturhistorisch von großem Interesse. Außerdem
schrieb Ferreira einen Ritterroman: »Triumpho de Sagramor« (Coimbra 1554),
und ein »Memorial das poezas da segunda tavola redonda«
(das. 1567; neue Ausg., Lissab. 1867).
der untere, dem Schams zu gelegene Teil des Avers (s. d.) im schweizer. Kanton Graubünden,
[* 84] eine Reihe wilder, waldbedeckter Felsschluchten
und enger Thalkessel, aus denen der AverserRhein hervorbricht, um dem Hinterrhein zuzueilen. Die 180 romanischen Bewohner der
beiden kleinen Dörfer Inner-Ferrera oder Canicul und Außer-Ferrera nähren sich hauptsächlich von Alpenwirtschaft;
früher wurde hier aber ansehnlicher Bergbau
[* 85] betrieben, wie verlassene Hüttenwerke und Hochöfen beweisen. Die Förderung von
Eisen
[* 86] (daher der Name des Thals), auch von Silber und Kupfer
[* 87] war nicht unbeträchtlich. Auch wurde hier 1873 eine Anzahl von Thermen
(34½° C.) von alkalischem Geschmack entdeckt.
¶
Juan de, span. Geschichtschreiber, geb. zu Labañeza,
ward Pfarrer in Madrid
[* 89] und Ratgeber des Kardinals Portocarrero, Beisitzer des Staatsrats und Oberbibliothekar. Seine Hauptthätigkeit
aber gehörte dem Studium der vaterländischen Geschichte. Er starb Durch seine »Historia de España« (Madr. 1700-1727, 16 Bde.;
neue Aufl. 1775-91, 17 Bde.;
deutsch mit Anmerkungen und Fortsetzung bis 1648 von S. J. ^[SiegmundJakob] Baumgarten, Halle 1754-72, 13 Bde.) machte er sich
um die Aufhellung der Geschichte Spaniens bis 1598 sehr verdient. Noch sind zu erwähnen seine »Varias poesías« (Madr. 1726)
u. a.
Der Paß
[* 93] verbindet die beiden Val Ferret, das schweizerische, ein Seitenthal des
Val d'Entremont (s. d.), und das piemontesische, eine Oberstufe des Val d'Aosta.
1) Jacopo, ital. Operntextdichter, geb. zu
Rom, wurde für die Rechtswissenschaft bestimmt, beschäftigte sich aber neben seinen Berufsarbeiten auch viel mit litterarischen
Dingen und gründete unter anderm ein »Gabinetto letterario«, worin
sich die schriftstellerische JugendRoms versammelte. 1812-13 lehrte er italienische Litteraturgeschichte im Collegio Romano; 1814 übernahm
er ein Amt in der Salz- und Tabaksverwaltung. Seine Richtung als melodramatischer Dichter verdankt er seiner
Verehrung für Metastasio, und seine Textbücher waren von den ersten Komponisten gesucht. Er schrieb für Rossini, Donizetti,
Pacini, Ricci, Rossi u. a. Unter seinen über 40 Libretti befinden sich: »La
Cenerentola«, »Olivo e Pasquale«, »Il
Torquato«, »Il nuovo Figaro«, »Gli esposti«, »I
Pirati« etc. Auch als Improvisator war Ferretti sehr beliebt sowie als Kritiker gefürchtet. Ein Band
[* 94] scherzhafter Gedichte verschaffte
ihm den Ruf eines geistreichen Satirikers. Ferretti war verheiratet mit Teresa Terziani, welche in den musikalischen ZirkelnRoms
als bedeutende Dilettantin galt. Er starb im März 1852 in Rom.
2) Luigi, röm. Dialektdichter, geb. zu Rom, studierte Mathematik und Mechanik und ist seit 1871 Inspektor der Stadtschulen
in Rom. Er veröffentlichte: »La dottrinella« (Flor. 1877) und »Centoventi sonetti in dialetto romanesco« (das.
1878), Werke, die ihn als den bedeutendsten Dialektdichter des gegenwärtigen Italien erkennen lassen.
Man leitet auch das Chlor in ein mit gepulvertem Ferrocyankalium beschicktes rotierendes Faß,
[* 97] solange es noch absorbiert wird,
und bringt das Produkt (Blaupulver) in den Handel oder kristallisiert es um. Ferricyankalium bildet wasserfreie, stark glänzende, tief dunkelrote
Kristalle
[* 98] vom spez. Gew. 1,81, schmeckt zusammenziehend-salzig
und gibt ein gelbes Pulver. 100 Teile Wasser lösen bei 10° 36 Teile, bei 100° 77,5 Teile, in Alkohol
ist es nicht ganz unlöslich; die Lösung scheidet im Sonnenlicht einen blauen Körper ab und gibt Ferrocyankalium; von reduzierenden
Substanzen wird es besonders in alkalischer Lösung leicht zersetzt und wirkt daher als kräftiges Oxydationsmittel.