Unter den zahlreichen
Missionen, welche ihm anvertraut wurden, ist hervorzuheben die
Organisation der schweizerischen Abteilung
auf der
PariserWeltausstellung von 1867, welche er als Generalkommissar leitete, insbesondere aber seine Thätigkeit als Vertreter
der
Schweiz
[* 2] bei den seit 1865 fast in jedem Jahr zusammentretenden
Konferenzen der
Staaten des lateinischen Münzbundes, in
welchem er für den Übergang zur
Goldwährung eintrat. Von seinen
Schriften über
Münzwesen
[* 3] sind hervorzuheben: »L'unification
monétaire internationale, ses conditions et ses perspectives« (1869);
»La
France et ses alliés monétaires en présence
de l'unification unoverselle des monnaoes« (1870);
Seit 1852 war er ununterbrochen Mitglied desGroßenRats, 16 Jahre
Präsident der Staatsrechnungskommission und zweimal
Präsident des
GroßenRats selbst. Er starb
in der Jägersprache das Abreiben des
Bastes von den ausgebildeten (vereckten)
Geweihen der Hirscharten an
Bäumen und Sträuchern (s.
Geweih), wozu sich die einzelnen
Stücke einen ihrer
Stärke
[* 5] entsprechenden
Stamm vom schwachen Reitel
bis zur armstarken
Stange wählen, so daß man an der
Stärke der
Stange und an der
Höhe, bis zu welcher der
Hirsch
[* 6] gereicht
hat, ungefähr die
Stärke desselben anzusprechen vermag. Die durch das Fegen abgelöste
Rinde bleibt in kleinen
Fetzen an den
Stämmen hängen, während die Rindenentblößungen, welche vom
Schälen (s. d.) herrühren, an den erkennbaren
Zahnspuren zu unterscheiden sind. Die Rehböcke wählen zum Fegen nur ganz schwache, niedrige Stämmchen und scharren
dabei den Bodenüberzug auf (plötzen), was bei
Hirschen nur ganz ausnahmsweise der
Fall ist.
Alle Wildarten
wählen sich zum Fegen selten im
Revier vorkommende Holzarten, namentlich Lärchenstämme, deren
Harz ihnen besonders angenehm
zu sein scheint.
(Reinigungsfeuer, lat.
Ignis purgatorius,
Purgatorium), nach der römisch-katholischen Kirchenlehre ein Zwischenort,
nach der gewöhnlichen
Vorstellung im Innern der
Erde, bei
Dante auf der jenseitigen Erdhälfte gelegen,
wo nach dem
Tode die von
Erlaßsünden noch nicht ganz gereinigten Gläubigen nachholen müssen, was sie auf
Erden an Büßungen
und
Genugthuungen versäumten, um schließlich in den
Himmel
[* 7] aufzusteigen. Die
Vorstellung selbst ist altparsisch und wurde
zuerst von dem alexandrinischen
KirchenlehrerOrigenes in den
Kreis
[* 8] der christlichen
Eschatologie (s. d.)
hereingezogen.
Aber erst
Augustin hat die
Lehre
[* 9] von einem sinnlich peinigengen ^[richtig: peinigenden] Fegfeuer vorgetragen und mit
1. Kor. 3, 15. zu
begründen gesucht. Die Beziehung auf das Meßopfer endlich hat
Gregor d. Gr. nachgetragen, welcher überhaupt bereits alle
Grundzüge der kirchlichen
Lehre vertritt.
Wer mit
Todsünden belastet stirbt, geht in die
Hölle, wogegen
erläßliche
Sünden, wie Schwatzhaftigkeit, Lachsucht, schlechte Haushaltung etc., im F. abgebüßt
werden.
Hauptsache aber ist schon bei ihm, daß in dieses Fegfeuer Einwirkungen der heilsmittlerischen
Kirche aus dem Diesseits durch
Fürbitten,
gute Werke, sonderlich aber durch das Meßopfer, hineinreichen. Die
Kirche kann den im F. Leidenden also
zu
Hilfe kommen, welcher
Gedanke dem Allerseelenfest zu
Grunde liegt. Auf dem
Konzil zu
Florenz
[* 10] 1439 wurde die
Lehre vom Fegfeuer zu
einem förmlichen Glaubensartikel erhoben. Die hier erlangte Zustimmung der griechischen
Kirche aber war nur eine scheinbare.
Dieselbe hat
die
Vorstellung vom Fegfeuer abgelehnt, nicht weil sich eine fürbittende Thätigkeit der
Kirche
für die Verstorbenen daran knüpfte, was vielmehr gutgeheißen wird, sondern weil sie reinigende Büßungen und Leistungen
der
Seelen auf das Jenseits überträgt, während der Zeitraum werkthätiger Besserung mit diesem
Leben abschließt. Die
Reformatoren
ihrerseits verwarfen die
Lehre schon um ihres Zusammenhanges mit den
Lehren
[* 11] von derMesse, dem
Ablaß und
der Verdienstlichkeit guter Werke willen.
im
Mittelalter der Privatkrieg im
Gegensatz zum Volkskrieg. Bei den alten
Germanen war es
Grundsatz, daß
Recht
und
Friede zunächst von dem Einzelnen, von der
Familie und deren
Angehörigen und nur im Notfall von
Staats wegen, d. h.
von dem ganzen
Volk oder dessen
Leitern und Vertretern, zu schützen seien. Dem Verletzten stand es zu, selbst
Rache zu nehmen
und auf eigne
Hand
[* 12] Fehde (faida) zu beginnen, um dadurch den Verletzenden zur Sühnung seines
Vergehens zu zwingen, und so erscheint
die Fehde im
Mittelalter geradezu als ein Rechtsinstitut. Da jedoch durch ein derartiges Fehderecht die Sicherheit
des
Schwachen dem
Starken gegenüber in
Frage gestellt ward, so pflegten die Volksgenossen zu gunsten des Verletzten einzuschreiten,
wenn dieser von seinem Fehderecht keinen
Gebrauch machen wollte oder konnte.
Der Verletzer wurde vor
Gericht gezogen und gezwungen, dem Verletzten
Genugthuung zu geben. War die
Satisfaktion,
welche in der
Zahlung einer gewissen Geldsumme an den Verletzten
(Wergeld) bestand, geleistet, so traten beide Teile in ihren
vorigen Friedensstand zurück. Einen solchen von dem Volksgericht garantierten
Frieden (compositio, Beilegung) pflegte man
durch feierliche Sühnungsformeln zu bekräftigen. Übrigens mußte der Verletzende auch noch dem
Volk, später
dem König und
Richter wegen des von ihm gebrochenen
Friedens ein Friedensgeld (fredus oder fredum) bezahlen.
Schon in früher Zeit unterlag die Ausübung des Fehderechts gewissen Beschränkungen. So sollte gegen den, welcher sich
beim König befand oder zu ihm ging oder von ihm kam, die Fehde ruhen
(Königsfriede); auch konnte der König
einem Einzelnen besondern
Königsfrieden erteilen. Auf gleiche
Weise sollte
Frieden haben, wer in der
Kircheoder an der Gerichtsstelle
war, oder dahin ging, oder von dorther kam
(Kirchen-, Gerichtsfriede). Eine gänzliche Beseitigung der Fehde war den deutschen
Kaisern noch im 13. und 14. Jahrh. nicht möglich.
Sie mußten daher den Weg einschlagen, sogen.
Landfrieden zu errichten und auf eine gewisse
Reihe von
Jahren,
gewöhnlich auch
nur für bestimmte Teile des
Reichs, verkündigen zu lassen. Auch wurde die Ausübung des Fehderechts an bestimmte
Formen gebunden. Der Fehde mußte eine bestimmte Ankündigung (Absage, diffidatio) vorhergehen; auch mußten gewisse
Personen und
Sachen geschont werden, namentlich
Geistliche, Kindbetterinnen, schwere Kranke,
Pilger, Kaufleute
und Fuhrleute mit ihrer
Habe, Ackerleute und Weingärtner außer ihrer Behausung und während ihrer
Arbeit, endlich
Kirchen
und
Kirchhöfe. Eine andre Beschränkung führte der
Klerus ein, den
Gottesfrieden (treuga Domini, trevia
pax Dei), wonach vier
Tage in jeder
Woche, von
Mittwoch abends bis
Montag früh, alle Fehde ruhen sollte. Allein auch hierdurch wurden
der
Willkür der Mächtigen und der Roheit des
Faustrechts keine festen
Schranken gesetzt, und es war daher ein hohes
VerdienstKaiserMaximilians I., daß derselbe aus dem
Reichstag zu
Worms
[* 13] 1495 die
Reichsstände zum
¶
(Absagebrief), Schreiben, worin man jemand den Frieden auf- und die Fehde (s. d.) ankündigte.
Solche Fehdebriefe
waren meist ganz kurz, z. B.: »Wisse, daß ich (N. N.) dein (N. N.s) Feind sein will«;
zuweilen enthielten
sie aber auch die Ursache der Befehdung, oder es wurde auch, wenn der Absagende nur als Bundesgenosse eines andern auftrat,
der Hauptgegner genannt.
im Eichungswesen die gesetzlich zulässige Abweichung der Maße und Gewichte von den Eichungsnormalien,
welche von den Eichungsstellen bei der Eichung innezuhalten ist (s. Eichen).
im weitern Sinn (fausse couche) findet statt, wenn die Frucht vor erlangter Reife, beim
Menschenvor der 38. Schwangerschaftswoche, geboren wird. Man unterscheidet im allgemeinen dreierlei Arten:
2) die unzeitige Geburt (partus immaturus), zwischen der 17. und 28. Schwangerschaftswoche, wobei gewöhnlich die Eihäute
erst zerreißen, ehe die Frucht abgeht;
3) die Frühgeburt (partus praematuras), zwischen der 29. und 37. Schwangerschaftswoche, wobei das Kind, wenigstens aus dem
siebenten und den spätern Monaten, lebensfähig ist und nicht selten erhalten wird. In den ersten drei
Monaten der Schwangerschaft erfolgen die Fehlgeburten am häufigsten. Später werden sie seltener, sind aber dann um die 28. Schwangerschaftswoche
wieder häufiger. Die Ursachen der Fehlgeburt sind sehr mannigfaltig. Teils sind sie in dem mütterlichen Organismus, teils und zwar
häufiger, als man ehedem glaubte, in der Frucht selbst begründet.
Mechanische Einwirkungen, wie Fall, Stoß, Schlag auf den Leib der Schwangern, heftiges Erbrechen, Husten, ferner übermäßige
Körperbewegungen beim Tanzen, psychische Alterationen leiten gewöhnlich die ein. In den frühern Monaten geschieht die Fehlgeburt oft
ganz ohne Vorboten. Es entsteht plötzlich ein starker Blutabgang, der einige Tage andauert und nur mit
der Ausstoßung des Eies und der dazu gehörigen Gebilde endigt. In spätern Monaten bezeichnet das Absterben der Frucht zuweilen
ein plötzlich eintretender Frostanfall, Aufhören der Kindesbewegungen, eine Senkung des Leibes mit dem Gefühl der Schwere
und Kälte in demselben, allgemeines Übelbefinden, Appetitmangel, Schlaffheit der Brüste, übelriechender
Ausfluß
[* 22] aus den Geburtsteilen; dann treten Wehen ein, und die Geburt nimmt ihren Anfang.
Der Blutfluß ist hier, wie in den frühern Monaten, immer ein sehr wichtiges Moment. Die Vorhersage ist verschieden je nach
dem Allgemeinbefinden überhaupt, nach der Stärke der Blutung, nach der Zeit des Eintritts der Fehlgeburt, nach
ihren Ursachen und andern zufälligen äußern Umständen. Für die Mutter sind die übeln Folgen einer in den ersten zwei Monaten
in der Regel geringer als später, wo überhaupt die Blutungen viel heftiger sind und daher viel leichter ein hoher Grad
von Schwäche entsteht.
Die Behandlung betrifft:
1) das diätetische Verhalten, welches bei solchen Frauen, die an habitueller Anlage zur Fehlgeburt leiden, von besonderer Bedeutung
ist, 2) das Verfahren bei drohender und 3) die Behandlung der bereits eingeleiteten. Fehlgeburt. Was das diätetische
Verhalten der Frauen anbetrifft, so ist zwar mäßige Körperbewegung zu empfehlen, aber angestrengte
Arbeit und übertriebene Bewegung (Tanzen) sowie jede Erschütterung des Körpers, das Fahren auf holperigen Wegen und in schlecht
federnden Wagen, zu vermeiden.
Nicht minder wichtig ist die Sorge für die Gemütsruhe der Frauen und Vermeidung heftiger Affekte. Sobald sich eine Störung
des Allgemeinbefindens einstellt, muß dieses sogleich entsprechend verbessert werden. Tritt der Zeitpunkt
ein, wo früher schon Fehlgeburt erfolgte, so muß die Schwangere längere Zeit eine horizontale Lage einnehmen. Der drohende Abortus
verlangt ebenfalls vor allen Dingen eine ruhige, horizontale Lage, mag derselbe von einer Ursache herrühren, von welcher er
wolle.
Bei jeder Fehlgeburt soll der Arzt gerufen werden, welcher dieselbe nach den Regeln der Kunst zu leiten hat. Hauptsache
bleibt immer die Stillung der Blutung, welche mit jeder Fehlgeburt verbunden und oft eine ganz exzessive, das Leben bedrohende ist.
Hier ist horizontale Lagerung, kalte Umschläge auf den Unterleib, vorsichtige Einspritzungen von eiskaltem oder heißem
(40° R.) Wasser in die Scheide oder, wenn dies nicht hilft, in den Uterus sehr wirksam. Nach Vollendung der Fehlgeburt hat die Frau
mindestens acht Tage das Bett
[* 23] zu hüten und sich überhaupt so zu verhalten, als ob sie regelmäßig geboren hätte. Vgl. Frühgeburt.
1839 ging Fehling als Professor der Chemie an die polytechnische Schule in Stuttgart,
[* 31] trat 1882 in den Ruhestand und starb Fehling hat
als Lehrer, als Mitglied der Zentralstelle für Handel und Gewerbe sowie des Medizinalkollegiums einen segensreichen Einfluß
auf die Entwickelung der Gewerbthätigkeit in Württemberg ausgeübt. Seine Untersuchungen erstrecken sich
besonders auf die technische Chemie (Mineralwässer, Salinenwesen, Brotbereitung, Gerbmaterialien).
[* 32] Für die analytische Chemie
gab er die zur Zuckerbestimmung allgemein benutzte Fehlingsche Lösung an. Er bearbeitete mehrere Abschnitte in dem großen
Kolbeschen »Lehrbuch der organischen Chemie« und redigierte die neue Auflage des »Handwörterbuchs für Chemie« (Braunschw. 1871 ff.).
(Paralogismus), fehlerhafter, aber im Unterschied vom Trugschluß (Sophisma) unvorsätzlich fehlerhafter
Schluß. Derselbe heißt material, wenn der Fehler in der Materie (d. h. in den Prämissen), formal, wenn er in der Form des
Schlusses (d. h. in der Verbindung derselben) seinen Ursprung hat. Jener entspringt aus einem in das Gebiet
der besondern Wissenschaft, welcher die vermeintlich wahre Prämisse angehört, fallenden, dieser dagegen aus einem rein logischen
Irrtum. Beispiel eines solchen ist die sogen. quaternio terminorum, in welcher der Mittelbegriff
im Ober- und Untersatz verschieden ist, daher statt der drei zu einem Syllogismus erforderlichen Begriffe deren vier
vorhanden sind. Auf Fehlschlüssen beruhende Beweise heißen Scheinbeweise, auf Trugschlüssen beruhende Trugbeweise. Vgl.
Beweis und Trugschluß.
Infolge des RendsburgerVertrags von 1580 kam an die Linie Gottorp und fiel mit Holstein-Gottorp 1773 an
die KroneDänemark. In der Nacht vom 14. bis ward die Insel den Dänen entrissen und bald darauf wieder zu Holstein
geschlagen, nachdem sie unter dänischer Herrschaft mit Schleswig-Holstein verbunden gewesen war. Das Fehmarnsche Landrecht
ward 1326 gegeben und 1558 erneuert. Auch gegenwärtig besitzt die Insel in der innern Verwaltung dem
Landratsamt
in Oldenburg gegenüber eine gewisse Unabhängigkeit, und neben der Landgemeindeverfassung von 1867 bestehen die frühern
Kirchspielsgemeinden fort. S. Karte »Schleswig-Holstein«.
Niederlassungen in den Moorflächen der preuß. ProvinzHannover
[* 40] und zwar in Ostfriesland
(Regierungsbezirk Aurich),
[* 41] bei deren Gründung von einem mit Seeschiffen zu befahrenden Gewässer ab in das anzubauende Moor
ein für kleinere Seefahrzeuge passierbarer Hauptkanal oder Fehn hergestellt worden ist, welcher ebensowohl zur Entwässerung
des Moors wie als Hauptverkehrsader für die Kolonisten dient.
Diese Kolonien (17 mit 15,000 Einw.) erfreuen sich
eines guten Gedeihens und stellen einen großen Teil der ostfriesischen Seeleute.
hatten den Ruhm, das fast doppelt so starke, für unüberwindlich gehaltene schwedische Heer besiegt zu haben, mit einem Verlust
von 500 Mann bezahlt. - Zum Andenken an diese Schlacht ließ Herr v. Rochow auf Rekahn an der Landstraße von Linum ein Denkmal
errichten; ein zweites Monument auf dem Schlachtfeld wurde von dem Havelländischen Kriegerverein 1857 aufgestellt. 1875 ward
der 200jährige Gedenktag der Schlacht feierlich begangen und der Grundstein zu einem neuen Denkmal beim Dorf Hakenberg gelegt,
das 1879 eingeweiht wurde; dasselbe besteht in einem hohen, von einer Viktoria gekrönten Turm.
[* 52]
Vgl. v. Witzleben und Hassel,
Zum 200jährigen Gedenktag von Fehrbellin (Berl. 1875);
heißt die Stimmung, die einem Gefeierten (d. h. mit Recht oder Unrecht für groß und erhaben Gehaltenen)
entspricht und sich von der Stimmung, in die das Erhabene (s. d.) uns versetzt, dadurch unterscheidet,
daß letzteres auch ohne Feier ehrwürdig ist, das Feierliche aber nur durch die FeierEhrfurcht einflößt.
Sind sie von der Kirche vorgeschrieben, so werden sie vom Volk die gebotenen
Feiertage genannt, während die aufgehobenen in Tirol
[* 53] Bauernfeiertage heißen.
Jemand »die Feige weisen« (ital.
far la fica), ihn durch eine gewisse Gebärde (indem man den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger vorstreckt) verhöhnen.
(Condyloma), warzenähnliche nässende, meist kleine Hautgeschwulst. Man muß streng zwei Formen der Feigwarzen
unterscheiden, nämlich das breite und das spitze Kondylom. Das breite Kondylom kommt nur bei konstitutioneller Syphilis vor
und hat seinen Sitz vorzugsweise an den äußern Genitalien, seltener am Afteroder an den Lippen. Es stellt
sich dar als eine breite, flache, glatte Erhebung derHaut,
[* 62] welche um 1-3 mm über das Niveau der gesunden Umgebung hervortritt,
meist von rundlicher Gestalt ist und die Größe eines Zehnmarkstücks gewöhnlich nicht überschreitet.
An der Schleimhaut des Mundes nennt man diese Art der Feigwarze auch Schleimpapel (Plaque muqueuse); sie erscheint
daselbst als milchig-trübe, flache Erhabenheit. Die breiten Kondylome nässen gern an der Oberfläche, bluten leicht, wenn
sie berührt werden, und besitzen die Neigung, in Verschwärung überzugehen. IhreAbsonderung ist ansteckend. Lustgarten hat
darin eigenartige Bacillen gefunden, deren Rolle als Krankheitsursache jedoch noch nicht unumstößlich
erwiesen ist. Die Behandlung der breiten Kondylome muß gegen das Grundleiden, nämlich die Syphilis (s. d.), gerichtet sein
und besteht in der Anwendung des Quecksilbers, des Jodkaliums etc. Daneben ist es zweckmäßig, sie mit Salzwasser anzufeuchten
und dann mit Kalomel zu bestreuen oder mit Höllenstein zu betupfen. - Die spitzen Feigwarzen (Condyloma
acuminatum), welche man je nach ihrer Gestalt als hahnenkammförmige oder beerenförmige bezeichnen kann, haben das Gemeinschaftliche,
daß sie schmalgestielt aufsitzen, fast nur auf der äußern Haut vorkommen und mit der Syphilis als solcher nichts zu schaffen
haben. Die spitzen Feigwarzen beruhen auf einer starken Wucherung des Papillarkörpers der Lederhaut und
sind ihrem Bau nach eine Art von Warzen. Ihr Lieblingssitz ist die Umgebung des Afters und die großen Schamlippen; doch kommen
sie auch an andern Hautstellen, z. B.
¶
mehr
den Lippen, der Eichel etc., vor. Sie können die Größe eines Hühnereies, selbst einer Faust erreichen und bilden manchmal
einen dicken Wall um After und Scheidenöffnung. Sie entstehen durch den Reiz scharfer Sekrete, welche dauernd mit der Haut in
Berührung sind, z. B. bei weißem Fluß, chronischer Ruhr, Eicheltripper. Durch Reinlichkeit kann man ihre
Entstehung sicher verhüten. Spitze Feigwarzen von geringem Umfang schneidet man mit der Schere
[* 64] an ihrer Basis ab und betupft
die blutende Fläche mit Höllenstein. Sehr große Feigwarzen pflegt man mit der galvanokaustischen Schneideschlinge abzutragen.
KleineKondylome dieser Art gehen durch Bestreichen mit einer Verbindung von Salicyl und Kollodium oft zurück.
Eine allgemeine oder innere Behandlung ist überflüssig und ohne Einfluß auf die spitzen Feigwarzen.
[* 65] Werkzeug von Stahl, dessen mit Einschnitten versehene Oberfläche mehr oder weniger feine Späne (Feilspäne)
von dem mit derselben bearbeiteten Arbeitsstück abnimmt. Die Einschnitte (Hieb)
[* 66] der Feilen, welche deren
Oberfläche mit einer großen Zahl kleiner Schneiden ausstatten, werden mittels eines Meißels hervorgebracht. Laufen diese
Kerben auf jeder Seitenfläche einer Feile nur nach einer Richtung und parallel miteinander, so heißt sie einhiebige Feile; bei
den meisten Feilen laufen die Einschnitte aber nach zwei sich durchkreuzenden Richtungen (zweihiebige Feilen)
und bilden dann zahlreiche rautenförmige Zähnchen.
Der Hieb ist niemals senkrecht geführt, sondern stets so, daß die aufgeworfenen Kanten nach der Spitze der Feile hin steil abfallen,
nach dem Heft zu aber einen schräg abgedachten Rücken bilden. Daher greift die Feile auch nur an, wenn sie gegen das Arbeitsstück
vorwärts gestoßen wird. Die Feilen werden aus bestem Stahl in Gesenken geschmiedet oder gewalzt, durch
Befeilen und Schleifen auf Schleifmaschinen ausgearbeitet und dann mit dem Hieb versehen (gehauen). Das Hauen geschieht mit
zweiseitig zugeschärften Meißeln, deren Schneide je nach der Gestalt der darzustellenden Feile geradlinig, konkav oder konvex
sein muß; man legt die leicht mit Fett bestrichene Feile auf einen Amboß, so daß die Angel dem Arbeiter zugekehrt
ist, hält sie mit einem doppelten endlosen Riemen, in welchen der auf einer Bank sitzende Arbeiter mit den Füßen wie in einen
Steigbügel tritt, fest und bringt jeden Einschnitt mit einem einzigen Hieb hervor.
Kommt beim Fortschreiten der Arbeit eine schon mit Hieb versehene Fläche der Feile auf den Amboß zu liegen, so wird sie durch
eine ScheibePappe oder Blei
[* 67] geschützt. Nachdem alle Seiten mit dem ersten Hieb (Unterhieb) versehen sind, nimmt man auf dem
Schleifstein oder mit einer groben Feile den Grat ab und bringt dann den Oberhieb an. Ein sehr geschickter
Feilenhauer macht auf groben und großen Feilen 70-90, auf kleinen Feilen bis 240 Schläge in einer Minute. Feilenhaumaschinen,
seit 1735 in ungemein großer Zahl konstruiert, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt; einige neuere Konstruktionen werden indes
sehr gerühmt.
Nach dem Hauen werden die Feilen mit einem Brei von Kochsalzlösung und Roggenmehl, von Bierhefe, Hornkohle,
Ofenruß, Pferdemist, Kochsalz, Thon bestrichen, getrocknet, rotglühend gemacht und durch Eintauchen in Regenwasser oder Kochsalzlösung
gehärtet. Man reinigt sie dann mit einer Bürste, Sand und Wasser oder mit verdünnter Schwefelsäure,
[* 68] trocknet sie schnell
auf einer erhitzten Eisenplatte, taucht sie warm in
Baumöl und verpackt sie nach dem Abtropfen in Papier,
nachdem noch die Angel durch Erhitzen weich gemacht ist.
Die Feilen haben sehr verschiedene Größe, von 2,5 bis 60 cm und mehr; die größten Feilen mit grobem Hieb sind die Arm- oder
Strohfeilen (in Stroh verpackt), mit 10-27 Einschnitten auf 2,5 cmLänge; die Feilen mit Mittelhieb heißen
Bastard- oder Vorfeilen, die feinsten Schlichtfeilen, mit 140-230 Einschnitten. Zur Bezeichnung einer Feile wird im Handel auch
die Länge angegeben (s. unten), weil der Hieb bei kleinen Feilen feiner als bei großen ist. Bastardfeilen
von 3 ZollLänge haben auf 2,5 cm 73, solche von 7 Zoll 37, von 12 Zoll 28, von 16 Zoll 22, von 20 Zoll 19,
von 22 Zoll 17 Einschnitte.
Die meisten Feilen sind gegen das vordere Ende hin stark verjüngt; die Flächen sind der Länge nach teils gerade, teils bauchig.
Nach der Querschnittsform unterscheidet man vierkantige mit quadratischem Querschnitt und Hieb auf allen
vier Flächen;
flache (Ansatz-, Handfeilen) mit rechteckigem Querschnitt und auf einer schmalen Seite ohne Hieb;
spitzflache
(Spitzfeilen) mit rechteckigem Querschnitt, spitz zulaufend;
Gabelfeilen,
spitzflache Feilen mit abgerundeten Schmalseiten zum Ausfeilen der Gabelzinken;
Einstreichfeilen (Schraubenkopf-,
Schwertfeilen), deren Querschnitt ein sehr stark verschobenes gleichseitiges Viereck
[* 69] mit ein wenig abgestumpften scharfen Winkeln
bildet;
Bei Bearbeitung eines Metalls mit der Feile beginnt man stets mit groben Feilen (Bestoßen, Schruppen) und nimmt allmählich
feinere und ganz feine (Schlichten, Abschlichten). Letztere werden auf Schmiedeeisen und Stahl mit Öl benutzt.
Sind die Feilen nach längerm Gebrauch verstopft, so reinigt man die gröbern mit einer feinen Stahlspitze oder einem dünnen
ausgehämmerten Messingblech, feinere mit einer Kratzbürste oder einem auf Holz
[* 76] genagelten Stück einer Baumwollkratze; vorteilhaft
befeuchtet man dabei die Feilen mit Benzin oder Petroleum. Durch den Gebrauch stumpf gewordene Feilen werden
durch Ausglühen weich gemacht, abgeschliffen und im hellrot- oder fast weißglühenden Zustand mit einer sehr großen und
groben Abziehfeile vom Hiebe befreit und dann von neuem aufgehauen. Manche Feilen ertragen diese Operation mehrere Male,
¶
mehr
bisweilen aber leidet der Stahl und erreicht dann später nicht mehr den erforderlichen Härtegrad. Einigen Erfolg erzielt
man auch durch Behandlung der mit Lauge ausgekochten und sorgfältig gereinigten Feilen mit einer starken Säure, welche die
Zähnchen des Hiebes oberflächlich angreift. Man benetzt die trockne Feile mit so viel Scheidewasser, wie
sich, ohne abzulaufen, daran hält, spült und bürstet sie nach 4-7 Minuten in reinem Wasser ab und wiederholt die Behandlung
mit Säure mehrere Male. Zuletzt wäscht man die ab, zieht sie durch Kalkmilch, trocknet sie in der Wärme
[* 78] und bürstet sie mit
etwas Öl ab. Zum Ersatz der mit der Hand auszuführenden Arbeit des Feilens hat man Feilmaschinen (s. d.)
konstruiert.
Vgl. Wildner, Handbuch der Feilenkunde (Düsseld. 1885).
[* 65] ein kleiner Schraubstock,
[* 83] welcher in der Hand gehalten wird und zum Einspannen kleiner Gegenstände dient,
die auf allen Seiten mit der Feile bearbeitet werden sollen.
(engl. Shaping machine), eine Metallbearbeitungsmaschine, welche in der Wirkungsweise
mit der Hobelmaschine übereinstimmt und sich von dieser nur dadurch unterscheidet, daß das Arbeitsstück, meist kleinern
Kalibers, in einem an der Maschine
[* 84] befindlichen Schraubstock festgespannt wird, während sich ein Schneidstahl
in gerader Linie über demselben bewegt. Der Vorschub für einen neuen Schnitt erfolgt dadurch, daß der Schraubstock durch
eine Schraube und einen Schaltmechanismus rechtwinkelig zur Bewegungsrichtung des Stahls nach jedem Schnitt um die Spanbreite
vorwärts geschoben wird. Der Name Feilmaschine wurde der Maschine gegeben, weil sie dieselbe Arbeit verrichten soll,
wozu man früher nur die Feile gebrauchte. Von Reichenbach
[* 85] in München (1810) zunächst für Messingarbeiten an feinern Instrumenten
erfunden, entwickelten sich aus ihr sehr schnell die nun für die Metallverarbeitung so wichtig gewordenen Hobelmaschinen
[* 86] (s. d.).
(Diemen, Mieten, Tristen), regelmäßig aufgesetzte Haufen von Heu, Stroh und Getreide,
[* 87] welche
entweder bei der Ernte
[* 88] gleich auf dem Feld zur Ersparung von Arbeit in der Absicht, sie zur Zeit größerer Ruhe abzufahren,
oder, und dann auch in der Nähe des Gehöfts, zum Zweck längern Stehenlassens errichtet werden. Die Dampfdreschmaschinen haben
viel dazu beigetragen, die Feimen, die in England und in den Niederlanden schon lange im Gebrauch sind, auch
bei uns einzubürgern; man drischt gleich auf dem Feld aus und setzt das Stroh in Feimen. Diese werden entweder unmittelbar auf
dem Boden oder auf eisernen und hölzernen Gestellen, letztere
mit Steinsockeln, errichtet und spitz zulaufend oder nach der
Spitze zu sich erweiternd, mit und ohne Dach
[* 89] aufgebaut.
Die holländischen Heufeimen werden zwischen aufrecht stehenden Pfählen mit auf- und abschiebbarem Dach aufgeschichtet. Getreide
und Futter wird meistens auf Unterlagen von Stroh oder auf Gestellen aufgebaut und oben mit Stroh bedeckt, auch hier und da nach
der Wetterseite noch besonders verwahrt. In England hat man fast nur eiserne Gestelle. Lagert man die Vorräte
auf der Erde, so umzieht man das Ganze mit einem tiefen Graben mit steilen Wänden und bringt in demselben Löcher oder Töpfe
zum Fangen derMäuse an. Getreide muß sehr sorgsam, mit den Ähren nach innen, geschichtet werden; in England
bedient man sich dabei auch besonderer Maschinen zum Aufwinden der Garben (Elevatoren). In gut geschichteten und geschützten
Feimen halten sich die Früchte mindestens ebensogut wie in den Scheunen.
Da, wo man regelmäßig Futter und Stroh in einem besondern Feimenhof auf feststehenden Gerüsten schichtet, pflegt man wohl
auch, um sicherer hantieren zu können, das Ganze zu überdachen, so daß der Regen abgehalten wird, die
Luft aber frei durchstreichen kann, oder man bringt nur an der Wetterseite eine Schutzwand an, hinter welcher die in
regelmäßigen Abständen stehen. Solche Feimen ohne Gerüste sollten nur provisorisch errichtet werden. Wo dies
der Fall ist (auf dem Felde), darf deren Inangriffnahme zum Zweck der Heimfahrt nur an sichern Tagen erfolgen und muß rasch
beendigt werden, da ein genügender Schutz bei angebrochenen Feimen nicht gut möglich ist und im Herbst und Winter anhaltend schlechtes
Wetter
[* 90] eintreten kann. Bei den Gestellen überdeckt man die Sockel mit glockenförmig gebogenem Blech zur
Abhaltung von Ungeziefer.