Faustŭlus,
Name des Hirten, welcher nach der römischen Sage die am Tiber ausgesetzten Zwillingsbrüder Romulus und Remus auffand, in sein Haus nahm und durch seine Frau Acca Larentia aufziehen ließ.
Name des Hirten, welcher nach der römischen Sage die am Tiber ausgesetzten Zwillingsbrüder Romulus und Remus auffand, in sein Haus nahm und durch seine Frau Acca Larentia aufziehen ließ.
(franz., spr. foht), Fehler, Versehen, Mangel;
faute d'argent, aus Mangel an Geld;
faute de mieux, in Ermangelung eines Bessern.
(franz., spr. fotöj, aus dem mittellatein. faldistolium), Armsessel, Lehnstuhl;
Präsidentenstuhl;
namentlich auch einer von den 40 Sitzen in der französischen Akademie (während man mit dem 41. Fauteuil den Platz derjenigen bezeichnet, welche trotz ihrer Verdienste keine Aufnahme in die Akademie gefunden haben).
(franz.-deutsch, franz. faute de frêt, »wegen Mangels an Fracht«; engl. Dead freight), Vergütung, welche ein Schiffer zu fordern berechtigt ist, wenn der Befrachter die bedungene Ladung nicht oder doch nicht vollständig liefert. Es ist insbesondere der Frachtbetrag, welchen der vom Vertrag zurücktretende Befrachter zu bezahlen hat. Nach französischem, englischem und nordamerikanischem Seerecht muß der säumige Befrachter die ganze Fracht als Fautfracht entrichten; nur solange die Verladung des Schiffs noch nicht begonnen hat, kann er sich von dieser Verpflichtung durch Zahlung der halben Fracht befreien.
Das deutsche Handelsgesetzbuch dagegen behandelt das Rechtsinstitut der Fautfracht, nach dem Vorgang des holländischen und spanischen Seerechts, von dem Gesichtspunkt eines beiderseitigen Rücktrittsrechts aus. Hiernach kann der Befrachter vor Antritt der Reise von dem Vertrag unter der Verpflichtung zurücktreten, die Hälfte der bedungenen Fracht als Fautfracht zu zahlen. Doch gilt die Reise als angetreten, wenn der Befrachter den Schiffer bereits abgefertigt, oder wenn er die Ladung bereits ganz oder teilweise geliefert hat und die Wartezeit verstrichen ist (Art. 581). Ist die Reise im Sinn des Artikels 581 angetreten, so ist der volle Frachtbetrag als Fautfracht zu entrichten.
War das Schiff [* 2] zugleich auf Rückladung verfrachtet, und der Rücktritt des Befrachters erfolgt vor Antritt der Rückreise, so beträgt die Fautfracht nur zwei Drittel der bedungenen Fracht. Derselbe Betrag ist zu entrichten, wenn das Schiff in Ausführung des Vertrags zur Einnahme der Ladung eine Fahrt aus einem andern Hafen zu machen hat und der Rücktritt vor der Abreise aus dem Abladungshafen erklärt wird. Ist bloß ein bestimmter Teil des Schiffs verfrachtet, oder hat der Frachtvertrag Stückgüter zum Gegenstand, so muß der zurücktretende Befrachter regelmäßig die volle Fracht vergüten, wobei jedoch der Verfrachter, wenn er statt der bedungenen Ladung eine anderweite erhielt, deren Fracht abrechnen muß. Auf die Flußschiffahrt finden diese Grundsätze keine Anwendung.
Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 581-591; Kaltenborn, Grundsätze des praktischen europäischen Seerechts (Berl. 1851, 2 Bde.).
(lat.), Gönner, Begünstiger;
Fautor delicti, Begünstiger eines Verbrechens.
(lat., »Schlund«),
in der Botanik der obere erweiterte Teil der Röhre der Blumenkrone, welcher sich in den Saum derselben fortsetzt (s. Blüte, [* 3] S. 66).
(franz., spr. foh), falsch, unecht;
faux pas, Fehltritt, Versehen;
faux ménage, wilde Ehe.
bourdon (franz., spr. fo burdóng, ital. Falso bordone, engl. fa-burden), eine der ältesten Formen der Mehrstimmigkeit des Gesanges, welche etwa im 13. Jahrh. in England aufkam; ihr Wesen ist fortgesetzte Parallelbewegung dreier Stimmen in Terzen und Sexten (Sextakkorden). Später verstand man unter Faux bourdon eine schlichte Harmonisierung des Cantus firmus, zwar nicht wie früher in steter Parallelbewegung, aber doch überwiegend oder ausschließlich Note gegen Note in konsonanten Akkorden, im 17. Jahrh. einen jedenfalls nach ähnlichen Regeln improvisierten, aber mit Trillern und Koloraturen aufgeputzten Contrapunto alla mente. Bisher nicht genügend erklärt ist die Bezeichnung Falso bordone für den Sprechton der Psalmodie, welche ganze Sätze bis gegen den Schluß hin in einer Tonhöhe hält.
Stadt in der ital. Provinz Girgenti (Sizilien), [* 4] mit altem Kastell, (1881) 15,983 Einw., Schwefelbergbau und Marmorbrüchen.
(spr. -war), Charles Simon, fruchtbarer franz. Opern- und Lustspieldichter, geb. zu Paris, [* 5] erhielt seine Schulbildung am Collège Louis le Grand und begann bei guter Zeit Verse zu machen. Nachdem er durch sein Gedicht »La France délivrée par la Pucelle d'Orléans« bei den Jeux floraux den Preis gewonnen, widmete er sich ganz der Litteratur, schrieb besonders für die Opéra-Comique und übernahm 1745 die Direktion der Schauspielertruppe, welche dem Marschall von Sachsen nach Flandern folgte.
Später nach Paris zurückgekehrt, widmete er sich wieder der dramatischen Poesie und ward der Schöpfer der feinern Oper. Nach dem Tod seiner Gattin (1772) versiegte seine Produktionskraft, und er starb in Vergessenheit. Favarts Lustspiele und Operetten (er hat deren ca. 150 geschrieben) sind meist artige, nach der Natur gezeichnete und mit echt französischer Heiterkeit gewürzte Schilderungen ländlicher Liebe oder auch lustige Schwänke nach Art der Fabliaux des Mittelalters.
Als besonders gelungen sind hervorzuheben: »Annette et Lubin«, »L'astrologue de village«, »Bastien et Bastienne«, »Ninette à la cour«, »Les trois sultanes« und »L'Anglais à Bordeaux«. [* 6] Einige von seinen Werken sollen ganz oder teilweise von seiner Gattin verfaßt sein, doch läßt sich deren Anteil nicht mehr bestimmen. Im Druck erschienen von ihm: »Théatre de Favart« (Par. 1763-1772, 10 Bde.) und »Théâtre choisi« (das. 1810, 8 Bde.);
ferner »Œuvres choisies« (das. 1813, 3 Bde.) und seine für die Litteraturgeschichte wichtigen »Mémoires« nebst der »Correspondance« (das. 1809, 3 Bde.). -
Seine Gattin Marie Justine Benoîte Duronceray, geb. zu Avignon, erntete als Schauspielerin und Tänzerin in der Opéra-Comique großen Beifall und folgte 1745 ihrem Gatten nach Flandern, wo sie dem Marschall von Sachsen eine heftige Neigung einflößte, der sie aber wegen ihres Widerstandes hart behandelte. Sie zeichnete sich besonders aus in der Darstellung von Charakterrollen und wagte es zuerst, in einer ihrer Rolle angemessenen Kleidung aufzutreten. Sie starb An den Schriften ihres Gatten hat sie Anteil gehabt (s. oben). -
Beider Sohn Charles Nicolas, geb. 1749, gest. 1806, Schauspieler und Theaterdichter, hat verfaßt die Oper »Les trois folies« (1786); die Komödien »Le [* 7] mariage singulier« (1787),
»La sagesse humaine« (1790) u. a.
2) Marie (eigentl. Pierrette Ignace Pinaud), franz. Schauspielerin, geb. zu Beaune, Schülerin des Konservatoriums zu Paris, trat hier zum erstenmal 1848 im Théâtre-Français auf und ist seitdem (kurze Zeit ausgenommen, während welcher sie in den Variétes spielte) eins der gefeiertsten Mitglieder (auch seit 1854 Societärin) dieser ersten Bühne Frankreichs. Ihr Spiel ist durch Vornehmheit und Würde gleich sehr wie durch Wärme [* 8] und gewinnende Anmut ausgezeichnet und tritt in tragischen ¶
Rollen [* 10] des klassischen Repertoires und in solchen der modernen Litteratur gleich vorteilhaft zu Tage. Vermählt ist die Künstlerin mit dem Schauspieler L. A. Delaunay (s. d.).
Ildefonse, Militärschriftsteller, geb. zu Dreux, trat 1836 zu Napoleon III. bei dem Straßburger Putsch in Beziehungen, wurde 1850 Adjutant Napoleons und der militärische Mitarbeiter des Kaisers namentlich bei Herausgabe der »Études sur le passé et l'avenir de l'artillerie« (Par. 1846 bis 1872, Bd. 1 u. 2 vom Kaiser, Bd. 3-6 von Favé verfaßt). Favé war bis 1859 Lehrer an der polytechnischen Schule in Paris, wurde 1865 Brigadegeneral, 1870 bei Sedan [* 11] Kriegsgefangener und trat nach dem Friedensschluß in den Ruhestand. Er schrieb noch: »Nouveau système d'artillerie de campagne de Louis Napoléon Bonaparte« (1850) zur Empfehlung der zwölfpfündigen Granatkanone und eine Broschüre über die Leistungen dieses Geschützes, ferner: »Nouveau système de défense des places fortes« (1841);
»Histoire et tactique des trois armes« (1845);
»Histoire de l'artillerie« (1845, mit Nachrichten über das griechische Feuer und Schießpulver [* 12] aus dem 13. Jahrh.);
»Des nouvelles carabines et de leur emploi« (1847).
Seine nach 1871 an der polytechnischen Schule gehaltenen Vorträge erschienen als »Cours d'art militaire« (1877).
Stadt in Gallia Cispadana, berühmt durch ihren Wein und Linnen.
Dort wurden Carbo und Norbanus 82 v. Chr. durch Sullas General Metellus geschlagen;
jetzt Faenza.
(spr. -wersch), Stadt im franz. Departement Obersavoyen, Arrondissement Annecy, mit einem alten Schloß, (1876) 1537 Einw. und Seidenindustrie.
Dabei in malerischer Gebirgsschlucht die Ruinen einer 1132 gegründeten Abtei (Tamié).
(spr. fawwerschäm), alte Stadt in der engl. Grafschaft Kent, 14 km westnordwestlich von Canterbury, an einem Arm der Swale, mit Hafen für Schiffe [* 13] von 150 Ton., hat ein 1594 erbautes Rathaus, Pulvermühlen, Zementwerke, Ziegeleien und (1881) 8756 Einw., welche bedeutenden Handel mit Getreide, [* 14] Austern und Fischen betreiben.
Die Stadt besitzt (1884) 270 Seeschiffe von 24,949 Ton. Gehalt und 118 Fischerboote.
linguis (lat.), »seid geneigt mit euern Zungen«, d. h. enthaltet euch übler oder unheiliger Rede! Zuruf, welchen der römische Priester bei Beginn des Opfers an die Anwesenden zu richten pflegte;
auch s. v. w. »schweigt!«
(franz., spr. -wör), Gunst, Gewogenheit.
s. Respekttage. ^[= (Respit-, Respiro-, Diskretions- oder Ehrentage), im Wechselrecht die Tage, welche dem Bezogenen ...]
(spr. -winja-), die größte der Ägatischen Inseln (s. d.), hat zahlreiche Grotten, ein Fort und (1881) 4854 Einw., welche Safranbau und Thunfischfang betreiben.
Die gleichnamige, an der Nordküste gelegene Stadt hat einen Hafen.
Favignana, im Altertum Ägusa genannt, gilt für die Ziegeninsel, auf welcher Odysseus jagen ging.
Hier 241 v. Chr. Seesieg der Römer [* 15] über die Karthager.
Marcus, Bewunderer und Anhänger des jüngern Cato, Gegner der Triumvirn, erklärte sich 57 v. Chr. gegen den Vorschlag des Cicero, Pompejus die Oberaufsicht über das Getreidewesen zu übertragen, und sprach 55 gegen das Gesetz des Trebonius, das den Konsuln Pompejus und Crassus die Provinzen Spanien [* 16] und Syrien auf fünf Jahre zuteilte und die Statthalterschaft Cäsars in Gallien auf ebensoviel Jahre verlängerte. Im J. 53 gelangte Favonius zur Ädilität und 49 zur Prätur. Beim Ausbruch des Bürgerkriegs folgte er Pompejus. Nach des letztern Untergang kehrte er nach Italien [* 17] zurück und wurde begnadigt. Nach Cäsars Ermordung schloß er sich, obwohl er nicht zu den Verschwornen gehörte, an Brutus und Cassius an, ward bei Philippi gefangen und auf Befehl Oktavians hingerichtet.
(lat.), Gunst, Begünstigung;
Favor defensionis, im Strafprozeß die gesetzliche Erleichterung der Verteidigung eines Angeklagten, z. B. dadurch, daß der Angeklagte zu möglichst vollständiger Ausführung seiner Verteidigung immer das letzte Wort erhält, daß er seinen Verteidiger frei wählen darf etc. In favorem, zu gunsten.
(lat.), günstig, geneigt.
Rhetor, aus Arelate (Arles), Schüler des Dion Chrysostomos, Freund des Plutarch und Fronto, erwarb sich um 130 n. Chr. zu Rom [* 18] durch Kenntnis der griechischen und römischen Sprache [* 19] sowie als Redner und Philosoph (Skeptiker) ein bedeutendes Ansehen.
Von seinen zahlreichen griechisch geschriebenen Schriften sind nur dürftige Reste erhalten.
(ital. Favorito, franz. Favori), Günstling, Liebling;
Favorite, Favoritin, insbesondere erklärte Geliebte eines Fürsten (vgl. Favoritsultanin);
favorisieren, begünstigen;
Favoritismus, Günstlingsherrschaft.
begünstigte Gemahlin des türkischen Kaisers.
Gewöhnlich versteht man unter Favoritsultaninnen diejenigen drei Gemahlinnen des Sultans, welche nach der Chassekisultanin kommen und bereits Kinder geboren haben.
Sie haben freien Zutritt beim Sultan und eine bedeutende jährliche Einnahme.
(spr. -wra), Thomas Mahé, Marquis von, das Opfer eines politischen Komplotts, geb. zu Blois, trat in den Militärdienst, ward Leutnant in der Schweizergarde des Grafen von Provence, nachherigen Ludwigs XVIII., heiratete die Prinzessin Karoline von Anhalt-Bernburg und faßte nach dem Ausbruch der Revolution, durch seinen unruhigen Ehrgeiz bewogen, den Entschluß, den König und die Monarchie auf irgend eine Weise zu retten. Mit Hilfe einer Schar geworbener Leute gedachte er die Konstituierende Versammlung aufzuheben und den König mit dessen Familie nach Peronne zu entführen.
Von Spionen der Polizei umgeben und verraten, wurde er im Dezember 1789 verhaftet und als Hochverräter zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Urteil, welches unter dem Einfluß der Volkswut gefällt worden war, wurde auf dem Grèveplatz zu Paris vollzogen. Der Graf von Provence, der um seinen Plan wußte, that sowenig etwas zu seiner Rettung wie der König. Nach seinem Tod erschien: »Testament de mort« (1790) und bald darauf: »Correspondance du Marquis et de la Marquise de Favras pendant leur détention«.
Vgl. Stillfried-Ratènic, Thomas de Mahy, Marquis de Favras (Wien [* 21] 1881).
(spr. fawr), 1) Pierre, auch Lefèvre genannt, einer der Stifter des Jesuitenordens, geb. 1506 zu Villaret in Savoyen, studierte seit 1527 zu Paris. Ihm und dem Spanier Fr. Xaver entdeckte Loyola (s. d.) seinen Plan zur Gründung eines neuen Ordens. Beide legten in der Abtei auf dem Montmartre mit noch drei andern ihr Gelübde ab. Später ward Favre Professor der Theologie in Rom und Parma, [* 22] wohnte 1541 dem Reichstag in Regensburg [* 23] bei und verbreitete sodann in Deutschland [* 24] den ¶
neuen Orden; [* 26] unter anderm stiftete er 1544 das Jesuitenkollegium zu Köln, [* 27] später die Ordenshäuser zu Valladolid und Coimbra; er starb in Rom. Sein Leben beschrieb Nic. Orlandini in der »Historia societatis Jesu« (Rom 1615; besonders gedruckt, Lyon [* 28] 1617).
2) Antoine Favre, Freiherr von Peroyes, bekannter unter dem Namen Antonius Faber, berühmter franz. Rechtsgelehrter, geb. zu Bourg en Bresse, studierte in Paris und Turin, [* 29] wurde 1581 zum Oberrichter von Bresse und 1610 zum Präsidenten des Senats von Savoyen ernannt. Er starb in Chambéry. Seine »Opera juridica« erschienen gesammelt Lyon 1658-63, 10 Bde.
3) Jules, franz. Staatsmann, geb. zu Lyon, studierte in Paris die Rechte, nahm an der Julirevolution eifrigen Anteil und forderte in einer Zuschrift an den »National« Abschaffung des Königtums und Berufung einer konstituierenden Versammlung. Er kehrte darauf nach Lyon zurück, ließ sich als Advokat nieder und that sich durch republikanische Gesinnung und Verteidigung politischer Angeklagten hervor. 1835 verteidigte er die Aprilangeklagten vor dem Pairshof und nahm von 1836 an seinen bleibenden Aufenthalt in Paris.
Nach der Februarrevolution von 1848 zum Generalsekretär im Ministerium des Innern ernannt, verfaßte er das verrufene Zirkular, welches die Kommissare der Republik mit diktatorischer Allgewalt in den Provinzen bekleidete. Zum Deputierten gewählt, gab er seine amtliche Stellung auf, übernahm aber bald danach auf kurze Zeit das Unterstaatssekretariat im Ministerium des Auswärtigen. An den Arbeiten der Nationalversammlung nahm er bedeutenden Anteil und verfocht, wenn er auch die Maßregeln zur Aufrechthaltung der Ordnung, wie die Gesetze über Volksaufläufe, die Klubs u. a., billigte, doch durchaus freisinnige Grundsätze. Er stand an der Spitze der Opposition gegen Ludwig Napoleon.
Dessen Staatsstreich machte seiner politischen Laufbahn für längere Zeit ein Ende. Als Verteidiger Orsinis ward er von neuem bekannt. Als Deputierter im Gesetzgebenden Körper, in welchen er 1858 gewählt wurde, war Favre das Haupt der Opposition gegen das Kaiserreich, der sogen. Unversöhnlichen, die anfangs nur aus fünf Männern bestand, aber mit jeder neuen allgemeinen Wahl wuchs, und seine wirksamen Reden fanden in der Nation einen immer lautern Widerhall.
Als ehrlicher politischer Charakter und als edler Mensch hochgeschätzt, genoß er eine große Popularität. 1860 wurde er zum Batonnier (Stabträger) der Pariser Advokaten und 1867 zum Mitglied der Akademie erwählt. Seine Opposition gegen die mexikanische Expedition und gegen die italienische Politik der Regierung fand bei der Mehrheit des Volkes allgemeinen Beifall, wenn er auch den Radikalen zu idealistisch, andern zu doktrinär erschien. In der denkwürdigen Sitzung vom gehörte Favre zu den wenigen, welche den Kriegsfall durch den Verzicht des Prinzen von Hohenzollern [* 30] auf den spanischen Thron [* 31] für beseitigt erklärten und den von Ollivier geforderten Kredit nicht genehmigten.
Die Niederlage von Sedan brachte ihn in eine einflußreiche Stellung von bedeutender Verantwortlichkeit. Nachdem er durch seinen Antrag auf Absetzung der Napoleonischen Dynastie den Anstoß zur Revolution vom 4. Sept. gegeben, wurde er Mitglied der Regierung der nationalen Verteidigung und übernahm das Ministerium des Auswärtigen. Aber er bewies einen geringen Einblick in die Verhältnisse und eine wenig staatsmännische Nachgiebigkeit gegen die phrasenhafte Eitelkeit des Volkes. In seinen zwei Rundschreiben vom 6. und 17. Sept. erklärte er, die neue französische Regierung wolle den Frieden und sei zu einer Kriegsentschädigung bereit, wenn der König von Preußen [* 32] sofort mit seinem Heer das französische Gebiet verlasse; wo nicht, so falle die ganze Verantwortung des Kriegs auf ihn, und er werde einem fürchterlichen Widerstand des ganzen Volkes begegnen; nicht einen Fußbreit Landes, nicht einen Stein seiner Festungen werde Frankreich abtreten.
Unter solchen Umständen konnte seine Zusammenkunft mit Bismarck in Ferrières (19. und 20. Sept.), welche den Abschluß eines die Vornahme von Wahlen zur Konstituierenden Versammlung ermöglichenden Waffenstillstandes zum Zweck hatte, keinen Erfolg haben. Favre zeigte sich ganz als eitlen, verblendeten Franzosen, der nur die Ehre seines Vaterlandes im Auge, [* 33] aber für die Rechte und Interessen andrer Nationen kein Verständnis hatte. Nach dem Scheitern der Waffenstillstandsverhandlungen blieb in Paris, um das Schicksal seiner Kollegen zu teilen. Er übernahm nach Gambettas Abreise auch das Innere und zeigte sich bei der Revolte 31. Okt. zwar mutig, nachher aber gegen die Empörer allzu nachsichtig. Da Bismarck ihm einen Paß [* 34] verweigerte, begab er sich nicht auf die zur Schlichtung der orientalischen Frage berufene Konferenz und nahm Ende Januar 1871 die für ihn besonders schmerzliche Aufgabe auf sich, die Kapitulationsverhandlungen in Versailles [* 35] zu führen. Hierbei beging er in seinem kurzsichtigen Optimismus den großen Fehler, den Waffenstillstand nicht auf die Bourbakische Armee auszudehnen und die Entwaffnung der Pariser Nationalgarde abzulehnen; die Warnungen Bismarcks vor dem Pariser Pöbel wies er mit der Behauptung zurück, es gebe keinen Pöbel in Paris. Er hat später offen seinen verhängnisvollen Irrtum eingestanden und bereut. Bei den Wahlen vom 8. Febr. in die Nationalversammlung gewählt, ward Favre 19. Febr. von Thiers wiederum auf den Posten eines Ministers des Auswärtigen berufen und führte mit Thiers und Picard die Verhandlungen des Präliminarfriedens von Versailles und endlich gemeinsam mit dem Finanzminister Pouyer-Quertier die Verhandlungen des definitiven Friedens von Frankfurt. [* 36] Seit der Unterzeichnung dieses Friedens, dem schwersten Opfer seines glühenden Patriotismus, war er ein gebrochener Mann. Als die Mehrheit der Nationalversammlung die klerikalen Petitionen, welche auf eine Wiederherstellung des Kirchenstaats hinzielten, an den Minister des Auswärtigen überwies, nahm Favre 23. Juli seine Entlassung. Unangenehme Enthüllungen über sein Familienleben (er lebte in wilder Ehe mit einer nicht geschiedenen Frau) zwangen ihn zu einem kompromittierenden Prozeß. Er trat daher in der Nationalversammlung und im Senat, dem er seit 1876 angehörte, fast gar nicht und als Advokat nur sehr selten auf und starb an einem Herzleiden in Versailles. Favre veröffentlichte in den letzten Jahren: »Rome et la République française« (1871);
»Le Gouvernement de la défense nationale« (1872-75, 3 Bde.);
»Conférences et discours littéraires« (1873);
»La justice et la réforme judiciaire« (1877).
Eine Sammlung seiner Reden gab Favres Witwe heraus (»Discours parlementaires«, 1881, 4 Bde.).
Vgl. Maritain, Jules Favre, mélanges politiques, etc. (1882).
4) Louis, Ingenieur, geb. zu Chêne-Bourg bei Genf [* 37] als Sohn eines Zimmermanns, erlernte das Handwerk des Vaters, ging später nach ¶
Frankreich und bildete sich hier als Eisenbahningenieur aus. Durch die Lösung eines schwierigen praktischen Problems legte er in Lyon den Grundstein für seine weitere Laufbahn, und bald beteiligte er sich als selbständiger Unternehmer an den großen Eisenbahnbauten der damaligen Zeit. Hierbei sammelte er wichtige Erfahrungen und erreichte durch sein eminentes praktisches Geschick, sein Organisationstalent und seine Energie hervorragende Erfolge. 1872 siegte er bei der Konkurrenz um die Erbauung des Gotthardbahntunnels und übernahm die Verpflichtung, den Tunnel [* 39] in acht Jahren zu vollenden.
Der Gotthardbahngesellschaft leistete er eine Kaution von 10 Mill. Frank, welche er mit Hilfe eines Konsortiums von Genfer Fachmännern aufbrachte, und begann dann in Göschenen und Airolo die nötigen Vorarbeiten. Anfangs blieb er hinter seinem Arbeitsprogramm zurück; aber seit 1876 wurden erhebliche Überschüsse erzielt und damit auch die finanziellen Schwierigkeiten beseitigt, welche dem Unternehmen und speziell der Vollendung desselben durch Favre verhängnisvoll zu werden drohten. Er überwand glücklich zahlreiche Widerstände aller Art, und schon erwartete er zu Ende 1879 die Vollendung des Werkes, als er 19. Juli d. J. im Tunnel selbst starb.
(Tinea favosa, Erbgrind, Rasiergrind, Wabenkopfgrind), ansteckende Hautkrankheit, welche Tiere und Menschen befällt und bei letztern ihren Hauptsitz auf der Kopfhaut hat. Schönlein hat nachgewiesen, daß die Entstehung und Ausbreitung des Erbgrindes auf dem Wachstum eines Fadenpilzes beruht, welcher sich in den Haarbälgen ansiedelt und die Entzündung derselben unterhält. Der Pilz [* 40] ist später rein dargestellt worden und erweist sich nach Form und Fruchtbildung als ein Stammesgenosse des Milchschimmels (Achorion Schoenleini); ja, Impfungen mit letzterm brachten dieselben Krankheitserscheinungen hervor, welche auch bei der Übertragung des Favuspilzes entstehen, d. h. herpesähnliche Bläschen, welche aber auf gut gepflegter Haut [* 41] bald vertrocknen.
Beim Ausbruch des Erbgrindes entstehen auf der Kopfhaut gelbe, flache Klümpchen, welche mit sogen. Krebssteinen Ähnlichkeit [* 42] haben, die anfangs feucht sind, später aber zu einer mehlartigen Masse zerbröckeln, welche Haarreste, Eiterkörperchen, Epidermiszellen und massenhafte Pilzelemente enthält. Der Favus ist äußerst hartnäckig, zumal bei mangelhafter Pflege des Kopfes, und führt gewöhnlich zum Haarschwund. Bei sorgsamer Hautpflege ist er überaus selten, so daß das eigentliche Mutterland für diese Schmutzkrankheit das Proletariat in Polen und Galizien ist, wohin die Kultur sie im Lauf der Zeit zurückgedrängt hat. Die Behandlung besteht im fleißigen Erweichen der Borken mit reinem Öl, möglichst sorgfältigem und lange fortzusetzendem Ausziehen der erkrankten Haarschäfte (Epilation) mit einer Pinzette und in Waschungen mit Sublimatlösungen (0,5:1000) oder verdünntem Spiritus. [* 43]
(spr. fahsset), 1) Henry, engl. Volkswirt und Politiker, geb. 1833 zu Salisbury, ward im Trinity College zu Cambridge gebildet, machte sich frühzeitig durch sein mathematisches Wissen bemerkbar, das ihm 1856 die Ehre der Mitgliedschaft seines Kollegs eintrug. Im September 1858 ward er durch einen Unfall auf der Jagd gänzlich seines Gesichts beraubt. Nachdem er sich durch seine wissenschaftlichen Arbeiten einen geachteten Namen erworben hatte, wurde er 1863 zum Professor der Volkswirtschaft an der Universität Cambridge gewählt.
Seit 1865 Mitglied des Parlaments, bekämpfte er wiederholt und besonders in der orientalischen Frage die Politik des konservativen Ministeriums und wurde 1879 im Ministerium Gladstone zum Generalpostmeister ernannt, als welcher er mehrere wichtige Verbesserungen im englischen Postwesen durchgeführt hat. Er starb in Cambridge. Außer zahlreichen Abhandlungen in Zeitschriften schrieb er: »Manual of political economy« (1863, 6. Aufl. 1883);
»The economic position of the British labourer« (1865);
»Pauperism, its causes and remedies« (1871);
»Speeches on some current political questions« (1873);
»Free trade, protection and reciprocity« (6. Aufl. 1885; deutsch, Leipz. 1878);
»Indian finance« (1880);
»State socialism and the nationalisation of the land« (1883). - Seine Gattin Millicent, geborne Garret, hat sich gleichfalls als sozialwissenschaftliche Schriftstellerin, namentlich in Bezug auf die Frauenfrage (»Essays and lectures«, 1872; »Political economy for beginners«, 5. Aufl. 1885), hervorgethan.
Vgl. Stephen, Life of Henry Fawcett (Lond. 1885).
2) Edgar, amerikan. Dichter, geb. zu New York, studierte am Columbia College [* 44] daselbst, widmete sich dann der litterarischen Thätigkeit und erzielte namentlich mit seinen Novellen: »Purple and fine linen« (1875) und »Ellen Story« (1876),
in denen er die Hohlheit der amerikanischen Gesellschaft geißelte, großen Erfolg. Außerdem veröffentlichte er ein Schauspiel: »The false friend«, eine Sammlung von Kinderliedern: »Short poems for short people« (1871),
einen Band [* 45] gedankenreicher Gedichte: »Fantasy and passion« (1878), u. a.
(spr. fahks), Guy, das Haupt der sogen. Pulververschwörung in England, geb. 1570 zu York als Sohn eines protestantischen Notars, vergeudete sein väterliches Vermögen, trat zum Katholizismus über und diente unter den spanischen Truppen in den Niederlanden. Nach seiner Rückkehr nach England ließ er sich mit andern Fanatikern in eine Verschwörung gegen die protestantische Regierung ein und übernahm es, die Pulvermine anzuzünden, durch welche bei Eröffnung des Parlaments, dasselbe samt dem König Jakob I. und seinen Ministern in die Luft gesprengt werden sollte.
Auf die Denunziation eines Mitwissenden wurde Fawkes mit der brennenden Lunte in der Hand [* 46] verhaftet. Obwohl gefoltert, verriet er seine Genossen nicht und ward hingerichtet. Zur Erinnerung daran wird in den meisten englischen Städten, besonders in London, [* 47] jeden 5. Nov. ein als Offizier angeputzter Strohmann unter dem Ruf »No popery« durch die Straßen getragen und sodann den Flammen übergeben. Durch die Papal aggression 1850 erhielt dieses Volksfest wieder eine politisch-religiöse Bedeutung, indem man statt des Guy Fawkes den Kardinal Wiseman verbrannte. Wegen des grotesken Anputzes nennt man in England einen phantastisch aufgeputzten Menschen einen Guy Fawkes.
s. Kreideformation. ^[= (Quadersandsteinformation, Quadergebirge, Grünsandformation, procäne Formation, den Bezeichnungen ...] [* 49]
(lat.), »Fackel und Trompete«, sprichwörtlich s. v. w. Hauptperson, Rädelsführer.
Joseph, Maler, geb. zu Köln, bildete sich auf der Düsseldorfer Akademie und in Paris zum Historienmaler und trat 1840 mit einem Gemälde: Simson und Delila, auf. Darauf erwarb er sich besonders durch seine Freskomalereien im Rathaussaal zu Elberfeld, [* 50] die Urgeschichte der Deutschen bis zur Hermannsschlacht darstellend, einen ehrenvollen Ruf. Komposition und Malerei zeugen von ebenso ¶
großartiger Auffassung wie technischer Befähigung. Von seinen übrigen Gemälden historischen oder romantischen Inhalts sind noch hervorzuheben: eine lauschende Thisbe, Romeo und Julie, Gretchen im Gefängnis u. a. Später wandte er sich ausschließlich der Genremalerei zu. Er behandelte Szenen aus dem Leben und Treiben des italienischen Volkes, das er bei wiederholtem Aufenthalt in Italien eingehend studiert hatte. Einen besondern Reiz gewinnen seine Bilder auch durch die landschaftliche Umgebung, die einen wesentlichen Bestandteil derselben ausmacht. Glückliche Auffassungsgabe, leuchtendes Kolorit und gewandte Pinselführung zeichnen dieselben aus. Er starb in Düsseldorf. [* 52]
(spr. fäh), 1) Theodore Sedgwick, amerikan. Schriftsteller und Diplomat, geb. zu New York, ward 1828 Advokat, übernahm dann die Redaktion des »New York Mirror« und ließ 1832 eine erste Sammlung seiner Beiträge zu diesem Blatt [* 53] unter dem Titel: »Dreams and reveries of a quiet man« erscheinen. Nach einem längern Aufenthalt in Europa [* 54] publizierte er 1835 seinen ersten Roman: »Norman Leslie« (zuletzt 1869). Im J. 1837 ward er Gesandtschaftssekretär in Berlin, [* 55] 1848 Geschäftsträger beim deutschen Parlament in Frankfurt a. M. und 1853 Ministerresident in Bern, [* 56] in welcher Stellung er 1856 die Vermittelung zwischen Preußen und der Schweiz [* 57] übernahm und bis 1861 verblieb. Seitdem lebte er meist in Berlin oder zu Muskau in der Lausitz und beschäftigte sich unter anderm mit der Bearbeitung von geographischen Handbüchern. Sonst veröffentlichte er noch Novellen: »The countess Ida« (1840; deutsch, Berl. 1841),
»Hoboken« (1843),
»Robert Rueful« (1844);
ferner das Gedicht »Ulric, or the voices« (1851);
eine »History of Switzerland« (1870) u. a.
2) Charles Alexandre, franz. General, geb. zu Pains-Jean-Pied de Port (Niederpyrenäen), ward in Ponditscherri erzogen, wo sein Vater Kapitän in der Marineinfanterie war, trat 1845 in die Schule von St.-Cyr ein und ward 1847 zum Leutnant im Generalstab ernannt. Nachdem er bei der Aufnahme einer Karte der Pyrenäen beschäftigt gewesen, diente er in Afrika, [* 58] begleitete 1854 den General Bosquet als Adjutant in den Krimkrieg, ward 1864 Eskadronschef und 1870 Oberstleutnant in der Rheinarmee.
Da er 1868-69 auf verschiedenen Missionen in Deutschland gewesen war und die preußischen Militärverhältnisse studiert hatte, ward er 1874 beauftragt, die Büreaus des Großen Generalstabs im Kriegsministerium zu organisieren. 1879 wurde er zum Brigadegeneral und Souschef im Großen Generalstab sowie zum Staatsrat im außerordentlichen Dienst, 1883 zum Divisionsgeneral in Grenoble [* 59] ernannt. Er schrieb: »Souvenirs de la guerre de Crimée« (1867);
»Étude sur la guerre en Allemagne en 1866« (1867);
»Étude sur les opérations militaires en Bohême en 1866« (1867);
»De la loi militaire« (1870);
das vielgelesene »Journal d'un officier de l'armée du Rhin« (Brüss. 1871, 4. Aufl.);
»Projet d'organisation et de mobilisation de l'armée française à propos d'un ordre inédit de mobilisation de l'armée prussienne« (1873) u. a.
(spr. faj), Andreas, ungar. Dichter und Schriftsteller, geb. zu Kohány im Zempliner Komitat, machte seine Studien am reformierten Kollegium zu. Sáros-Patak, ward dann Advokat und Stuhlrichter in Pest, war bis zu Kossuths Auftreten (1840) im Pester Komitat einer der Wortführer der Opposition und wirkte auch später vielfach für den geistigen und materiellen Aufschwung seines Volkes, z. B. als Mitbegründer des ungarischen Theaters in Ofen, als Schöpfer der Sparkasse in Pest, als Mitglied des Industrievereins, des Kunstvereins, der Akademie, der Kisfaludy-Gesellschaft etc. Er starb in Pest. Begründete er durch seinen »Fris bokréta« (»Neuer Strauß«, [* 60] Pest 1818) seinen Dichterruhm, so fanden die vielfach ausgezeichneten »Mesék« (»Fabeln«, Wien 1820, 2. Aufl. 1824; deutsch von Petz, das. 1821) noch größern Beifall.
Seine »Kedvesapongások« (»Ausbrüche der Laune«, Pest 1824, 2 Bde.),
das Trauerspiel »A Két Bátóry« (das. 1827),
der humoristische Roman »Béltekihaz« (»Das Haus Bélteki«, das. 1832), seine Erzählungen und Lustspiele zeichnen sich durch elegante und korrekte Sprache und frischen Humor aus. Zugleich war Fay der erste belletristische Vertreter der sozialen Reformideen. Seine gesammelten Werke erschienen zu Pest 1843-44 in 8 Bänden, seine »Sämtlichen Novellen« in neuester Ausgabe daselbst 1883 in 3 Bänden.
eine Insel der Azoren (s. d.). ^[= (portug. Açores, "Habichtsinseln", von den Engländern Western Islands genannt), ...]
Troubadour, s. Faidit. ^[= (spr. fädih), Gaucelm oder Anselm, Troubadour, geboren zu Uzerche in Limousin, trieb ...]
(spr. fäh), Auguste Etienne Albans, Astronom, geb. zu Benoît du Sault, studierte unter Arago Astronomie, [* 61] ward Adjunkt der Pariser Sternwarte, [* 62] Mitglied des Längenbüreaus, zuletzt Professor der Astronomie an der polytechnischen Schule. Früher ein eifriger Beobachter (er entdeckte den nach ihm benannten Kometen [* 63] und astronomischer Rechner, hat er sich später ausschließlich auf Spekulationen über einzelne Probleme der physischen Astronomie, die Natur der Sonne [* 64] und der Kometen etc., geworfen, doch ohne besondern Erfolg. Er schrieb: »Leçons de cosmographie« (2. Aufl., Par. 1854) und übersetzte Humboldts »Kosmos«.
[* 65] (Faiénce, franz., spr. fajangs), allgemeine Bezeichnung für feinere, oft verzierte Thonwaren [* 66] mit porösem, an der Zunge klebendem Scherben und einer Glasur aus durchsichtigem oder undurchsichtigem Bleiglas, unterscheidet sich vom ordinären Geschirr nur durch feineres Material und sorgfältigere Bearbeitung. Der Name wird von der italienischen Stadt Faenza hergeleitet, wo man im 15. und 16. Jahrh. weiße, glänzende, wie poliert erscheinende Geräte aus porösem Thon fabrizierte. Als diese Fabrikation im 16. Jahrh. zu Nevers in Frankreich eingeführt wurde, soll der Namen Fayence entstanden sein. Näheres s. Thonwaren.
[* 65] (spr. fajangs), Flecken im franz. Departement Var, Arrondissement Draguignan, mit Fayencefabrikation, welche wahrscheinlich aus Italien (Faenza) hierher verpflanzt wurde und dem Orte den Namen gab, und (1876) 980 Einw.
s. Indigo. ^[= # (Indicum), blauer Farbstoff, kann aus vielen Pflanzen erhalten werden, findet sich aber niemals ...] [* 67]
s. Zeugdruckerei. ^[= (Stoffdruckerei), die Kunst, farbige Muster (Dessins) auf Geweben durch Druck zu erzeugen. Die ...]
patriotiques (franz., spr. fajangs patriotihk, patriotische Fayencen), Schüssel, Teller und Trinkgeschirre von ziemlich roher und grober Arbeit, welche in der Zeit von 1789 bis 1795 in Frankreich angefertigt wurden und wegen ihrer auf die Zeitgeschichte bezüglichen Bilder und Devisen von den Sammlern sehr gesucht werden. Die Devisen, Symbole und Darstellungen treten je nach der politischen Stellung der Fabrikanten und Abnehmer für das Königtum oder für die Revolution und ihre Helden ein. So wurde z. B. der Bastillensturm häufig dargestellt, und besonders zahlreich sind auch die Teller zur Erinnerung an den Tod Mirabeaus mit der Inschrift: »Aux mânes de Mirabeau la patrie reconnaissante 1791«. ¶
s. Lafayette. ^[= # (spr. -fajett), 1) Marie Madeleine Pioche de Lavergne, Gräfin de, berühmte franz. Romandichterin, ...]
(spr. fäjettwil), 1) (ehemals Campbelltown) Hauptstadt der Grafschaft Cumberland im nordamerikan. Staat Nordcarolina, am Cape Fear River, 225 km oberhalb seiner Mündung, inmitten von Föhrenwaldungen, wichtiger Stapelplatz für Bauholz, Teer und Terpentin, mit (1880) 3985 Einw. -
2) Dorf im nordamerikan. Staat Arkansas, am obern White River, ist Sitz der 1875 gegründeten Gewerbeuniversität und hat (1880) 1788 Einw. In der Nähe kommen Kohlen, Eisen [* 69] und Blei [* 70] vor.
(altägypt. Phiom, »Sumpf, Seeland«),
Oase im nördlichen Mittelägypten, westlich vom Nil, ringsum eingeschlossen von wüsten Höhenzügen der libyschen Gebirgskette und nur durch eine schmale Pforte im O. mit dem Nilthal verbunden. Durch diese enge Thalschlucht, El Lahun, tritt der vom Nil abgeleitete Josephskanal (Bahr Jussuf) in die Oase, die er in 16 Armen durchzieht und bewässert, um endlich sein überschüssiges Wasser in zwei Armen, einem nördlichen und einem südlichen, dem großen, 54 km langen, 10-11 km breiten, schwach salzigen Birket el Kurn (»See der Hörner«) zuzuführen.
Man hielt diesen See früher für den Mörissee, bis Linant de Bellefonds nach sorgfältigen Messungen unwiderleglich bewies, daß derselbe infolge seiner Lage (18 m tiefer als der Nil bei Beni Suef) dem Zweck der Wasseraufnahme aus dem Nil zur Zeit der Flut behufs Wiederabgabe nach dem Fallen [* 71] des Flusses niemals dienen konnte (s. Mörissee). Die Mudirieh Fayûm, deren nutzbares und vermessenes Areal 1277 qkm beträgt, zeichnet sich wie im Altertum, so noch heute durch sehr große Fruchtbarkeit aus.
Auf den durch Schöpfräder eigentümlicher Konstruktion bewässerten Fluren gedeihen Weizen, Gerste, [* 72] Durra, Reis, Zuckerrohr, Baumwolle, [* 73] Flachs, Hanf sowie geschätzte Orangen, Feigen, Oliven, Pfirsiche, Granatäpfel, Weintrauben, von welchen viel nach Kairo [* 74] geht. Wegen seiner Rosen war das Fayûm schon im Altertum hochberühmt, doch ist das hier gewonnene Rosenöl von geringer Güte. Die Einwohner (1882: 234,591) sind ackerbauende Fellahs oder Beduinen; zu den letztern rechnen sich auch die armen Fischer am Birket el Kurn.
Die Hauptstadt Fayûm hat 25,799 Einw. (291 Fremde), von denen die schöne Wolle der Schafe [* 75] der Provinz sowie Baumwolle und Flachs zu vorzüglichen Geweben, zum großen Teil für Kairo, verarbeitet werden. Im N. der Stadt liegen die bedeutenden Trümmer von Arsinoe (s. d.), heute Kom Faris, das in neuester Zeit wieder durch große Funde von Papyrus- und Pergamenthandschriften bekannt geworden ist, am Ostrand der Oase bei dem Dorf Hawara die Ruinen des berühmten Labyrinths (s. d.).
(portug., spr. faß-; span. Hacienda), Landgut, besonders in Brasilien; [* 76]
Fazénda real, königliches Gut, Staatsschatz;
Fazendeiro, Besitzer einer Fazénda.
(lat. facit, »es macht, es thut«),
als Hauptwort das Ergebnis einer Rechnung;
daher auch allgemein s. v. w. Erfolg, Resultat.
(Fassokl, Fazuglo), waldige Berglandschaft im obern Nubien, südlich von Senaar, am Blauen Nil (Bahr el Azrak) und dessen Nebenfluß Tumat. In dem durch die Vereinigung beider Ströme gebildeten Winkel [* 77] erhebt sich gleich einem Vorgebirge über seine ebene Umgebung der merkwürdige isolierte, 840 m hohe Fazoglberg. Erzeugnisse des Landes sind: Gummi, vorzüglicher Honig, Gold, [* 78] Sennesblätter, Tamarinden, Elfenbein. Die Bewohner sind Fundsch. Hauptort ist das befestigte Dorf Famakâ, am rechten Ufer des Blauen Nils, unter 10° 14' nördl. Br., während der Ort Fazogl, am Fuß des gleichnamigen Bergs, früher Residenz eines selbständigen Herrschers, jetzt ein elendes Dorf ist. Der Bezirk (Dâr) Fazogl ward im Anfang der 40er Jahre von den Ägyptern militärisch besetzt, 1862 von ihnen aufgegeben, aber schon im folgenden Jahr wieder in Besitz genommen und gehörte dann mit dem Bertagebiet zur Mudirieh Senaar. S. Karte »Ägypten [* 79] etc.«.
(spr. -si), James, schweizer. Staatsmann und Publizist, geb. zu Genf, erhielt seine Erziehung in Frankreich, ließ sich in Paris nieder und nahm als Journalist thätigen Anteil am Kampf der liberalen Opposition gegen die Restaurationsregungen, unterzeichnete den Protest der französischen Journalisten gegen die Juliordonnanzen, bekämpfte die Kandidatur des Herzogs von Orléans [* 80] und kehrte, nachdem er mehrere Verfolgungen wegen Preßvergehen erlitten, 1833 in seine Vaterstadt zurück, wo er schon 1826 das »Journal de Genève« gegründet hatte.
Hier redigierte er die »Revue de Genève«, organisierte die radikale Bewegung vom und, als dieselbe nicht zum Ziel führte, den Aufstand vom 5. bis trat an die Spitze der provisorischen und hernach der neukonstituierten Regierung und verfocht als Gesandter Genfs an der Tagsatzung 1847/48 mit Erfolg die Einführung des amerikanischen Zweikammersystems in die neue schweizerische Bundesverfassung. Von 1846 an, nur mit Unterbrechung der Wahlperiode von 1853 bis 1855, das Haupt der Genfer Regierung, hat er mächtig dazu beigetragen, durch Schleifung der Festungswerke, Aufführung großartiger öffentlicher Bauten etc. das altcalvinische Genf in eine moderne kosmopolitische Stadt umzuwandeln; aber sein keineswegs makelloses Privatleben sowie sein diktatorisches Walten erregten Mißvergnügen, so daß er 1861 und 1863 nicht mehr in den Staatsrat gewählt wurde.
Nachdem im August 1864 seine erneuerte Kandidatur zu blutigen Wirren und einer vorübergehenden eidgenössischen Besetzung Genfs geführt hatte, war sein Einfluß gebrochen. Er starb Außer seinen Zeitungen und zahlreichen politischen und nationalökonomischen Broschüren schrieb er: »La mort de Lévrier« (Genf 1826),
eine Tragödie;
einen »Précis de l'histoire de Genève« (das. 1838-40, 2 Bde.) und einen »Cours de législation constitutionelle« (das. 1874).
(ital., in Schwaben Fatzenetli), Taschentuch, Halstuch;
vgl. Facillettlein.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Johann Christian Fabricius (s. d. 5).
dur (ital. Fa maggiore, franz. Fa majeur, engl. F major), s. v. w. F mit großer (harter) Terz.
Der F dur-Akkord = f a c. Über die F dur-Tonart, ein b vorgezeichnet, s. Tonart.
in der Chemie Zeichen für Eisen (Ferrum). ^[= Eisen; F. oxydatum etc., s. Eisenpräparate.]
Carlo Domenico Francesco Ignazio, ital. Gelehrter und Kunstkenner, geb. zu Pigna bei Nizza, [* 81] studierte in Nizza und Rom und erhielt daselbst die Priesterweihe und den Doktorgrad. Im J. 1798 in die Politik verwickelt, mußte er beim Einrücken der Franzosen nach Florenz [* 82] entweichen, ward bei seiner Rückkehr (1799) von den Neapolitanern, die damals Rom besetzt hielten, als Jakobiner verhaftet, bald aber wieder in Freiheit gesetzt und hierauf zum Commissario delle antichità sowie zum Bibliothekar des Fürsten Chigi ernannt. In dieser Stellung leitete er archäologische Nachgrabungen und veröffentlichte deren Resultate in zahlreichen, sehr gelehrten Abhandlungen. Er starb in Rom. Außer ¶