Flügeln, kurzem, gerade abgeschnittenem Schwanz, relativ hohen, sparsam befiederten Läufen und borstigen Federn an den Zehen.
Der Steinkauz (Leichen-, Toteneule, Totenvogel, Leichenhühnchen, Klagemutter, Scheunen-, Sperlings-, Lerchenkauz, Wichtl, A. noctuaGray, s. Tafel) wird 22 cm lang, 55 cm breit, oben tief mäusegraubraun, weiß gefleckt, im Gesicht
[* 4] grauweiß, am Unterkörper
weißlich, braun gefleckt, mit rostgelblichen, weiß gefleckten Schwung- und Schwanzfedern, schwefelgelben
Augen, grünlichgelbem Schnabel, gelblich grauen Füßen. Er findet sich in Mitteleuropa (in Südeuropa, Nordafrika und Nordasien
vertritt ihn die kleinere, matter gefärbte, undeutlich gefleckte A. indigenaGray) und Mittelasien, in Feldgehölzen, Obstgärten,
in Städten auf Türmen, Dachböden, in Gewölben, hat durch seine nächtliche Stimme den Aberglauben vielfach
beschäftigt, jagt erst nach Sonnenuntergang und zwar hauptsächlich Mäuse, auch Fledermäuse, Spitzmäuse, Sperlinge, Lerchen,
Insekten,
[* 5] nistet in Höhlungen, auch in Gebäuden und legt im April oder Mai 1-7 Eier,
[* 6] welche das Weibchen in 14-16 Tagen ausbrütet,
wobei es sehr fest auf dem Nest sitzt. Er ist eine der verständigsten Eulen, benimmt sich in der Gefangenschaft
sehr gefällig und ist daher in Südeuropa sehr beliebt. In Italien
[* 7] benutzt man ihn zum Vogelfang, da ihn alle kleinen Vögel
[* 8] verfolgen und sich auf Leimruten in seiner Nähe leicht fangen lassen; auch wird er in Gärten und im Haus
häufig gehalten.
Zu den Ohreulen oder Uhus(BuboninaeGray), mit großem, breitem, flachem Kopf, starkem, fast bauchigem Schnabel, großen, erektilen
Ohrbüscheln, unvollständigem Schleier, mittellangen, stumpfen Flügeln und kurzem, fast gerade abgeschnittenem
Schwanz, gehört der Uhu (Schuhu, Buhu, Gauf, Bubomaximus Sibb.,
s. Tafel). Er wird 77 cm lang und 176 cm breit, ist auf der Oberseite dunkel rostgelb, schwarz geflammt, an der Kehle gelblichweiß,
auf der Unterseite rostgelb mit schwarzen Längsstreifen; die Ohrbüschel sind schwarz, Schwung- und
Schwanzfedern braun und gelb gezeichnet, das Auge ist goldgelb, rötlich gerandet, der Schnabel dunkel blaugrau.
Der Uhu findet sich in Europa,
[* 13] Nord- und Mittelasien, Nordafrika, in großen Waldungen und Gebirgen, in Deutschland besonders im
Nordosten und im bayrischen Hochgebirge, bisweilen auch in der Nähe des Menschen, ist sehr wütend und
scheu, sitzt bei Tag regungslos in Höhlungen oder auf hohen Bäumen, jagt nachts Hasen, Enten,
[* 14] Hühnervögel,
[* 15] Gänse, Raben, Krähen,
auch Bussarde und Igel, meist aber Ratten, Mäuse sowie Reptilien und Insekten. Sein dumpfes, weithin hörbares »Buhu« läßt er
namentlich in Frühjahrsnächten ertönen. Er nistet im März in Höhlungen, Gebäuden, auf dem flachen
Boden,
auch im Röhricht, legt 2-3 Eier. (s. Tafel »Eier I«,
[* 3]
Fig. 6) und pflegt die Jungen mit größter Anhänglichkeit selbst
noch in der Gefangenschaft. Er wird von allen Vögeln verfolgt; in der Gefangenschaft hält er mehrere Jahre aus, pflanzt
sich auch fort, ist aber sehr schwer zähmbar; man benutzt ihn als Lockvogel auf der Jagd.
Die Waldohreule (Ohr-, Horn-, Fuchs-, Ranzeule, OtusverusCuv.), 35 cm lang, 98 cm breit, schlanker als der Uhu, mit längern Flügeln
und Ohrbüscheln, sehr ausgebildetem Schleier und kürzern Füßen, ist ähnlich, aber heller gefärbt als der Uhu, mit gelbem
Auge und schwärzlichem Schnabel, findet sich in ganz Europa und Mittelasien, nur im Wald, lebt gesellig,
jagt wie der Uhu, fängt Mäuse, selten Vögel, streicht im Herbst weit umher und legt im März in verlassene Nester andrer Vögel 4 Eier
(s. Tafel »Eier I«,
[* 3]
Fig. 7). Nur in Australien
[* 16] fehlt die Sumpfeule (Rohr-, Moor-, Brand-, Kohleule, OtusbrachyotusL., s. Tafel), welche der vorigen sehr ähnlich, aber durch einen kleinern Kopf, kurze Ohrbüschel, die verhältnismäßig
langen Flügel und die blaßgelbe Grundfarbe von ihr unterschieden ist.
Sie wird 36 cm lang, 98 cm breit, der Schleier ist weißlichgrau, die Kopf- und Rumpffedern sind mit schwarzen
Schaftstrichen gezeichnet, die Schwingen und Schwanzfedern graubraun gebändert, der Schnabel schwarz, das Auge lichtgelb; sie
ist in der Tundra sehr häufig, zieht im Winter sehr weit südlich, durch Deutschland im September, Oktober und im März, nistet
auch nicht selten bei uns, sitzt am Tag zwischen Gras und Schilf, jagt nachts Mäuse, Maulwürfe, Lemminge,
auch wohl Vögel und legt auf den Boden im Mai 3-4 Eier.
Die Zwergohreule (Ohrkauz, EphialtesscopsGray), 15-18 cm lang, 46-51 cm breit, auf der Oberseite rotbräunlich, schwärzlich
gewässert und längsgestreift, auf dem Flügel weiß, in der Schultergegend rötlich geschuppt, auf der Unterseite braunrostgelb
und grauweiß, mit undeutlichem Schleier, mittellangen Federohren, blaugrauem Schnabel, dunkelgrauem Fuß und hellgelbem Auge,
lebt in Südeuropa, Mittelasien, noch in Süddeutschland, verirrt sich nach Mittel- und Norddeutschland und weilt in Europa
von April bis Oktober. Sie siedelt sich oft in unmittelbarer Nähe des Menschen an, jagt kleine Wirbeltiere und Vögel,
nistet in Baumhöhlen, legt kleine, rundliche, weiße Eier (s. Tafel »Eier I«,
[* 3]
Fig. 8) und hält sich gut in der Gefangenschaft.
Zu den Nachtkäuzen(SyrniinaeGray), mit großem, rundem Kopf ohne Federohren, großer Ohröffnung, deutlichem Schleier, verhältnismäßig
langem Schnabel und meist abgerundeten Flügeln, gehört der Waldkauz (Baumkauz, Brand-, Katzeneule, SyrniumalucoBoie, s. Tafel), bis 48 cm lang, 100 cm breit, tief grau oder leicht rostbraun, auf dem Flügel licht gezeichnet, am Bauch
[* 17] mit sägeartigen Strichen; der Schnabel ist bleigrau, das Auge dunkelbraun. Er bewohnt Mitteleuropa, Nordasien, lebt in Wäldern,
verbirgt sich im Winter am Tag, wohnt auch gern in Gebäuden und Baumhöhlungen, ist äußerst lichtscheu,
jagt fast ausschließlich Mäuse und frißt viele Raupen. SeinGewölle speit er an einer bestimmten Stelle aus. Im März oder
April nistet er in Baumhöhlungen, im Gemäuer, unter Dächern etc. und legt 2-3 Eier (s. Tafel »Eier I«,
[* 3]
Fig. 10). Kaum eine
andre Eule wird vom Kleingeflügel eifriger verfolgt als der Waldkauz; in der Gefangenschaft wird er sehr
zahm. Zu den Schleierkäuzen(StriginaeGray), mit ziemlich langem Hals, großem, breitem Kopf ohne Ohrbüschel, vollständigem,
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dreieckig-herzförmigem Schleier, relativ langem, an der Spitze des Unterkiefers leicht ausgekerbtem Schnabel, kleinen Augen,
sehr großen Flügeln, mittellangem Schwanz, hohen, schwachen, spärlich befiederten, unten nur mit feinen Borstenfedern bekleideten
Füßen und langen, dünnen Krallen, gehört die Schleiereule (Flammen-, Turm-, Kirchen-, Klag-, Schnarcheule, StrixflammeaL.,
s. Tafel), 32 cm lang, 90 cm breit, auf der Oberseite dunkel aschgrau, mit sehr kleinen, schwarzen und
weißen Längsflecken, auf der Unterseite dunkel rostgelb, braun und weiß gefleckt; der Schleier ist rostfarben, die Schwingen
sind rostfarben, auf der Innenfahne weißlich, dunkler gebändert, auf der Außenfahne dunkel gefleckt, die Schwanzfedern
rostgelb, schwärzlich gebändert, an den Spitzen weißlich; das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel rötlichweiß,
der Fuß schmutzig blaugrau.
Sie lebt in Mittel- und Südeuropa, Kleinasien und Nordafrika in altem Gemäuer, hält sich am Tag verborgen, jagt in der Nacht
auf Mäuse, Spitzmäuse, kleine Vögel, Insekten, trägt oft bedeutende Vorräte zusammen, nimmt in der Not auch
Aas an, hat eine widerliche, heiser kreischende Stimme und nistet im April und Mai, aber auch noch im Oktober und November in
einem passenden Winkel
[* 19] des Gemäuers, in Holstein in der Giebelspitze großer Scheuern, wo sie vom Landmann geschützt wird.
In der Gefangenschaft wird sie sehr zahm und ergötzt durch ihre merkwürdigen Bewegungen und Grimassen.
Bei den alten Griechen, namentlich in Athen,
[* 20] galt die Eule als ein der Athene heiliger Vogel und demnach als Verkünderin des
Glückes. Sie wurde hier stets neben dieser Schutzgöttin der Stadt abgebildet, und sowohl auf den athenischen als auf
den Kolonialmünzen nahm sie ihren Platz neben dem Kopf der Pallas ein (s. Tafel »Münzen
[* 21] des Altertums«,
[* 18]
Fig. 2). Wegen ihres Aufenthalts an einsamen Orten und ihres nächtlichen Umherschweifens galt sie zugleich als Symbol des
tiefen, unermüdeten Studiums.
Die Mythe läßt bei den Griechen die Eule aus einer Verwandlung der Nyktimene entstanden sein. Da man in
Athen sehr viele Eulen hielt, so hieß das Sprichwort »Eulen nach
Athen tragen« s. v. w. etwas Unnötiges verrichten. Wegen ihres nächtlichen Treibens erhielt die Eule aber auch eine dämonische,
infernale Bedeutung, sie verkündet Unheil und den Tod; verwünschte Seelen müssen in Gestalt von Eulen umherirren. In der christlichen
Kunst ward die Eule zum Symbol der falschen Weisheit und irdischen Thorheit; ein Kreuz
[* 22] auf dem Kopf einer Eule
bedeutet daher den Sieg des Kreuzes über die Feinde Christi. Die Stimme der Eulen hat zu vielen Sagen von der wilden Jagd Veranlassung
gegeben. Die Nachteulen saugen den Kindern das Blut aus (die Nacht nimmt der Sonne
[* 23] die Farbe) oder ersticken
sie (daher strix von stringere). Wegen seiner sonderbaren Gebärden ist der »närrische
Kauz« bekannt, und an das Komische reiht sich das Neckische (Eulenspiegel).
[* 1] (Eulenfalter, Nachtfalter, Noctuina), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge,
[* 24] Falter von gewöhnlich kaum mittlerer
Größe und trüber, meist grauer oder brauner Färbung, mit langen, dünnen, borstenförmigen, beim
Männchen zuweilen gekämmten Fühlern, großen Augen, stets deutlichen Nebenaugen, stark entwickelter Rollzunge und Tastern,
langen Beinen, starken Sporen an den Schienen, in der Regel glattem, anliegend behaartem Körper und mäßig großen, in der Ruhe
dachförmigen Flügeln, von denen die vordern meist schmal und mit zwei deutlichen Flecken versehen sind.
Sie halten sich am Tag zwischen Baumrinde,
in Mauerspalten, an der Erde unter Blättern etc. versteckt und gehen bei einbrechender
Nacht ihrer Blütennahrung nach. Das Weibchen setzt während des lebhaften, schwirrenden Flugs seine Eier ab, und die meist
16füßigen und nackten Raupen leben daher fast nie gesellschaftlich. Sie nähren sich meist von Kräutern
und verpuppen sich unter der Erde, seltener zwischen Blättern. Die überall verbreitete Familie umfaßt bis jetzt 2500 Arten. 1. Gruppe:
Spinnenartige Eulen (Bombycoidea), meist pelzig oder wollig behaarte, träge Falter und spinnerartige, haarige Raupen.
Die Aprikoseneule (kleine Pfeilmotte, AcronyctatridensL.), 37 mm breit, mit bräunlichgrauen, schwarz
gezeichneten Vorderflügeln und weißgrauen Hinterflügeln, durch deren Mitte eine verwischte dunklere Bogenlinie geht, legt
im Juni, Juli ihre Eier an Obstbäume, welche von der schwarzen, mäßig dicht behaarten, gelb, weiß und rot gezeichneten, 35 mm
langen Raupe bisweilen entblättert werden. Die braune Puppe überwintert in dichtem Gewebe
[* 25] an Baumstämmen.
Der Blaukopf (Brillenvogel, DilobacoeruleocephalaL.), 40 mm breit, graubraun mit drei weißgrünen, zusammenfließenden Flecken
auf den Vorderflügeln und grauen, am Innenwinkel fleckig braunen Hinterflügeln, legt im Herbst seine überwinternden Eier
einzeln an Obstbäume. Die Raupen befressen die Knospen
[* 26] und richten oft großen Schaden an; sie sind gelbgrün,
blaßgelb gestreift, warzig, einzeln behaart, mit bläulichem, schwarz geflecktem Kopf, und spinnen sich im Juni an Mauern,
Zäunen, Baumstämmen ein. Der Schmetterling
[* 27] erscheint Ende September u. später.
2. Gruppe: Eigentliche Eulen (Noctuae genuinae), glatt behaarte, lebhafte und scheue Falter, meist ganz nackte Raupen. Die Ackereule
(Wintersaateule, AgrotissegetumFab.), 48 mm breit, mit licht gelbbraunen, grau gefleckten Vorderflügeln
und weißen, bestäubten Hinterflügeln, findet sich in ganz Europa, einem großen Teil Asiens, in Südafrika
[* 28] und Nordamerika,
[* 29] fliegt bei uns vom Mai bis November und legt ihre Eier an Pflanzenabfälle oder am Boden liegende Blätter; die kahle, erdfahle,
reichlich mit Grau und etwas Grün gemischte, stark glänzende Raupe findet sich vom Juli bis April, überwintert ziemlich erwachsen,
thut des Nachts auf Samenbeeten aller Art und auf den Feldern (Getreide,
[* 30] Ölsaaten, Rüben, Kartoffeln, Fichtensaaten) großen
Schaden, hält sich am Tag an oder in der Erde verborgen (daher Erdraupe, Wurzelraupe) und verpuppt sich im
April in einem zerfallenden Erdkokon.
Neben diesen werden noch mehrere andre Ackereulen den Saaten in ähnlicher Weise verderblich, indem sie nicht die feinen Wurzeln
fressen, sondern die jungen Pflanzen über der Wurzel
[* 31] teils von unten, teils von oben angreifen und in Rüben u. KartoffelnLöcher,
wie der Engerling, machen. Die Hausmutter (Sauerampfereule, TriphaenapronubaL.), 60 mm breit, auf den Vorderflügeln
graubraun, lichtgrau gefleckt, mit hellgrauer innerer Makel, auf den Hinterflügeln orangegelb mit schwarzbrauner Randbinde,
fliegt im Juni, Juli, sitzt oft in Häusern verborgen, legt ihre Eier an Sauerampfer, Salat, Aurikeln, Veilchen, Levkojen, Kohl.
Die oberseits graubraune, unterseits hellere, mit hellern und dunklern Linien gezeichnete Raupe richtet
besonders in Gemüsegärten und an AurikelnSchaden an und verpuppt sich im Mai in einem zerbrechlichen Kokon in der Erde. Die
Kohleule (Herzwurm, MamestrabrassicaeL.), 40 mm breit, mit dunkelbraunen, gelb und schwarz gescheckten Vorderflügeln und
weißlichem Nierenfleck auf denselben,
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gelblich graubraunen Hinterflügeln mit hellem Wisch vor dem Innenwinkel; starkem, doppeltem Kamm auf dem Mittelrücken und
krallenartigem Dorn am Ende der Vorderschienen, findet sich im Mai und dann Ende Juli und August und legt ihre Eier an Kohlarten,
Salat, Küchengewächse; die Raupe ist grün oder braungrün mit dunklerm Rückenstreif, verwüstet im
September und Oktober die Kohlköpfe, frißt sich bis ins Herz derselben ein und geht auch Georginen an. Die Puppe der zweiten
Generation überwintert in der Erde.
40 mm breit, auf den Vorderflügeln rostbraun, mit großem Ring-
[* 33] und Nierenfleck und einem
aus der Mitte der Flügelwurzel entspringenden schwarzen Strahl sowie glänzend gelbbraunen, saumwärts und auf den Rippen
dunklern Hinterflügeln, am Vorder- und Hinterrand des Mittelrückens mit zwei geteilten Schöpfen, legt Ende Mai und Juni
ihre Eier an Gräser
[* 34] und wird bisweilen dem Roggen und Weizen verderblich, indem sich die jungen Raupen in
die noch weichen Körner einfressen und die erwachsenen, überwinternden noch in der Scheune die Körner zerstören.
Die Raupe ist graubraun, wenig glänzend, auf dem Rücken weiß gezeichnet, mit rotbraunem Nackenschild und roter Afterklappe,
und verpuppt sich im Mai. Die Graseule (CharaeasgraminisL.), 32 mm breit, mit olivengrünlichen, sehr
veränderlich gezeichneten Vorder- und gelblich grauen, nach der Wurzel hin hellern Hinterflügeln, legt im Juli, August ihre
Eier an den Grund der Grasstengel oder Blätter. Die glänzend graubraune Raupe verwüstet die Wiesen besonders in Nordamerika
und Skandinavien, aber auch in Norddeutschland, überwintert, setzt im Frühjahr ihr Zerstörungswerk fort und verpuppt
sich im Juni flach unter der Erde.
Die Raupe der Leucaniaertranea Ochsenh.
(amerikanischer Heerwurm) verheert in NordamerikaWiesen und wandert, wenn diese kahl gefressen, in dicht gedrängten Scharen,
oft in drei Schichten übereinander, auch auf Roggen-, Mais- und Sorghumfelder. Die Eule setzt ihre Eier im Juni und Juli an
Grashalme, und man brennt deshalb im Spätherbst die trocknen Grasstoppeln ab, um die überwinternden Eier zu zerstören.
Die Kieferneule (Forleule, TracheapiniperdaEsp., s. Tafel »Schmetterlinge II«),
37 mm breit, mit porphyrrotem Kopf, Thorax und
Vorderflügeln, sehr bunt und veränderlich, zuweilen blässer bis grünlichgrau, mit weißlichen Makeln, am Hinterrand gelblich,
mit dunkelbraunem Hinterleib und Hinterflügeln, fliegt vom März bis Mai und legt ihre Eier an Kiefernadeln. Die schlanke,
grüne, weiß und orange gestreifte Raupe findet sich im Juni und Juli in Kieferbeständen, greift den Maitrieb an, bohrt sich
auch tief in denselben hinein, spinnt in der Jugend mehrere Nadeln
[* 35] zusammen und frißt die Nadeln von der
Spitze bis zur Scheide oder diese auch mit. Sie verpuppt sich im Juli unter Moos, Streu oder in der Erde ohne Gespinst. Die Puppe
überwintert. Die Kieferneule hat wiederholt bedeutende Verheerungen angerichtet.
3. Gruppe: Spannerartige Eulen (Noctuae geometriformes), Falter mit breiten, großen Flügeln, Raupen mit verkümmerten
vordern Bauchfüßen. Die Feldulmeneule (Cosmiadiffinis Ochsenh.,
s. Tafel »Schmetterlinge II«),
25 mm breit, mit zwei großen, weißen Flecken am gelbgrauen Vorderrand, welche in zwei Querlinien
auslaufen, von denen die hintere stark gebrochen ist. Die gelbgrüne, weiß liniierte Raupe, mit schwarzbraunem Kopf und braunem
Nackenschild, lebt auf Rüstern. Die Ypsiloneule (Gamma, Pistolenvogel, PlusiagammaL.), 42 mm breit, mit
graubraunen, dunkel marmorierten, metallisch schimmernden Vorderflügeln, auf denen ein silber- oder messingfarbenes γ oder
y, hellbraunen, an der Saumhälfte bindenartig dunklern Hinterflügeln, auf dem Thorax mit zierlichem Schopf und auf dem Hinterleib
mit aufgerichteten, dunklern Haarbüscheln, findet sich in Europa, Asien
[* 36] bis Japan,
[* 37] in Nordafrika, Grönland,
Nordamerika, fliegt zu jeder Tageszeit vom Frühling bis Herbst und legt ihre Eier an alle krautigen Pflanzen (nicht an Gräser).
Die grüne, weiß und gelb gestreifte, schwach borstenhaarige Raupe frißt auch am Tag, richtet bisweilen an Flachs, Hanf, Raps,
Kohl, Erbsen und ZuckerrübenSchaden an und überwintert und verpuppt sich in einem losen, wolligen Gespinst
an irgend einer Pflanze. Bisweilen überwintert auch der Schmetterling, und im Jahr scheinen drei Generationen vorzukommen.
Über die GattungCatocala Ochsenh. s.
Ordensband. Als Gegenmittel bei Verwüstungen durch Eulenraupen bleibt nichts übrig als Beachtung der Lebensweise der Tiere,
Absuchen besonders mit der Laterne und Benutzung des Umstandes, daß sich manche gern herabfallen lassen, sobald sie gestört
werden. Schlupfwespen stellen den meisten stark nach; auch werden sie von Vögeln und Insektenlarven angegriffen.
Vgl. Guenée,
Species général des lépidoptères, Bd. 5-7 (Par.
1852).
»Handbuch des öffentlichen Gesundheitswesens« (im Verein mit Fachgenossen, das. 1881-82, 2 Bde.);
auch übernahm er 1871 die Redaktion der von Casper begründeten »Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches
Sanitätswesen« und trug zu deren Verbreitung wesentlich bei.
Landtagsmarschall und Oberburggraf von Preußen. Er präsidierte 1855-58 dem Abgeordnetenhaus und war seit 1864 Mitglied des
Herrenhauses, seit 1867 auch im deutschen Reichstag thätig. Im September 1874 wurde er zum Präsidenten der Staatsschuldenverwaltung
ernannt und starb
Der König belohnte ihn für sein treues Aushalten durch Ernennung zum Domherrn von Brandenburg.
[* 53] Nach 1866 hielt die öffentliche
Meinung ihn anfangs für einen Gegner der jetzt von Bismarck befürworteten Reformpolitik, jedoch irrtümlich.
Eulenburg widmete sich mit Eifer der Einordnung der 1866 annektierten Länder in das preußische Verwaltungssystem und begann auch 1872 die
seit langem geforderte Verwaltungsreform, von der die Kreis- und Provinzialordnung für die östlichen Provinzen, das Gesetz
über die Verwaltungsgerichte, die Dotation der Provinzen und das Kompetenzgesetz zur Ausführung kamen.
Allerdings machte Eulenburg wiederholt Versuche, sich von dem Einfluß der liberalen Majorität zu emanzipieren; auch ließ er sich
zu den Reformen mehr drängen, als daß er selbst die Initiative ergriffen hätte. Aber er hielt an dem von ihm gegebenen Versprechen,
die Reform durch eine Städte- und Gemeindeordnung zu vervollständigen und sie auch auf die westlichen Provinzen
auszudehnen, fest, und als Bismarck dem seine Zustimmung versagte, forderte er seine Entlassung, die er erhielt.
Er starb in Schöneberg bei Berlin.
Vgl. die Sammlung seiner Reden: »Zehn Jahre innerer Politik 1862 bis 1872« (Berl.
1872).
3) Botho, Graf, preuß. Minister, geb. als Sohn von Eulenburg 1), studierte die Rechte, ward Landrat in Deutsch-Krone und
war 1865-70 Vertreter dieses Kreises im Abgeordnetenhaus und 1867 im norddeutschen Reichstag, wo er zur konservativen Partei
gehörte und sich durch seine gewinnende Liebenswürdigkeit die Achtung aller Parteien erwarb, so daß
er in einer Session auch zum zweiten Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses erwählt wurde. Vom GrafenFriedrich Eulenburg
als Hilfsarbeiter ins Ministerium des Innern berufen, ward er bald vortragender Rat, 1872 Regierungspräsident in Wiesbaden,
[* 54] 1875 Bezirkspräsident
in Metz,
[* 55] 1876 Oberpräsident in Hannover
[* 56] und als Nachfolger seines VettersMinister des Innern.
Seine erste Leistung war die Ausarbeitung und Verteidigung des Sozialistengesetzes im Reichstag im Oktober 1878, welchem dann
die Fortführung der Verwaltungsreform folgte. Da Eulenburg hierbei mit dem FürstenBismarck in Konflikt geriet, nahm er im Februar 1881 seine
Entlassung als Minister und wurde nicht lange darauf zum Oberpräsidenten der
ProvinzHessen-Nassau
[* 57] ernannt.
Albert, Mediziner, geb. zu Berlin, studierte seit 1857 Medizin in Bonn und Berlin, fungierte fast
vier Jahre als Assistenzarzt am Universitätskrankenhaus in Greifswald,
[* 58] habilitierte sich während dieser Zeit und schrieb
»Die hypodermatische Injektion
[* 59] der Arzneimittel« (Berl. 1865, 3. Aufl. 1875),
welches Werk zur Ausbildung dieser Methode wesentlich beitrug. An den Kriegen von 1864, 1866 und 1870 nahm Eulenburg als Arzt thätigen
Anteil; 1866 siedelte er nach Berlin über und widmete sich hier als Privatdozent und in der Folge als Assistenzarzt der medizinischen
Universitätspoliklinik wesentlich dem Studium der Nervenkrankheiten, die er sowohl auf dem Weg experimentalpathologischer
Forschung als klinischer Beobachtung zu fördern bemüht war. Außer der durch Griesinger angeregten »Pathologie des Sympathicus«
(mit Guttmann, Berl. 1873) erschien als Frucht dieser Studien sein »Lehrbuch der funktionalen Nervenkrankheiten« (das. 1871;
in 2. Auflage als »Lehrbuch der Nervenkrankheiten«, das. 1878). Als der Grundzug dieses Werkes
darf die angestrebte innige Verbindung von Nervenphysiologie und Nervenpathologie, die Begründung der letztern auf experimenteller
Forschung und klinischer Beobachtung gelten.
Seine Untersuchungen auf pharmakologischem Gebiet bewirkten 1874 seine Berufung als Professor der Arzneimittellehre und Direktor
des pharmakologischen Instituts nach Greifswald, von wo er 1882 nach Berlin zurückkehrte, um sich ausschließlich
der Praxis und wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der Nervenkrankheiten zu widmen. Hier gab er heraus: »Realencyklopädie
der gesamten Heilkunde« (Wien
[* 60] 1880-83, 13 Bde.; 2. Aufl. 1884 ff.);
ein Glied
[* 61] des Glatzer Gebirgssystems innerhalb der Sudeten, zwischen der Glatzer Neiße
und der obern Weistritz, die Fortsetzung des ReichensteinerGebirges, bildet einen schmalen, steil ansteigenden, meist stark
bewaldeten Rücken von etwa 650 m Höhe mit mehreren Gipfeln. Der höchste derselben ist die HoheEule (1000 m hoch) bei Wüstewaltersdorf
im NW., ein langgestreckter Vorsprung von der Gestalt eines ungeheuern Grabhügels, der gegen W. steil
und kurz abfällt und nur auf der Nordseite unbewaldet ist. Andre Gipfel sind: der Sonnenstein (965 m), der Otterstein (871
m), die Hahnenkoppe bei Silberberg (739 m).
Till, bekannter deutscher Schalksnarr, zu Kneitlingen bei Schöppenstädt im Braunschweigischen gegen
Ende des 13. Jahrh. geboren, zog, von früher Jugend auf lose Streiche spielend, in der Welt umher, erst im Niedersächsischen
und Westfälischen, dann auch in Italien und in Polen, wo er mit dem Hofnarren des KönigsKasimir d. Gr. einen Wettstreit hatte.
Er starb 1350 in Mölln unfern Lübeck,
[* 62] wo noch heute unter einer Linde sein Leichenstein mit einem Spiegel
[* 63] und einer Eule zu sehen ist. Da man aber auch zu Damme in Belgien
[* 64] einen Leichenstein mit Eulenspiegels Namen fand, worauf 1301 als
sein Todesjahr angegeben ist, so kam man auf die Vermutung, daß Eulenspiegel eine fingierte Person sei. Indessen macht
eine Stelle in der Hettlingschen Sassenchronik (1455 geschrieben) mehr als wahrscheinlich, daß der berühmte Schalksnarr
dieses Namens wirklich 1350 in Mölln an der Pest starb, während der in Damme verstorbene vielleicht der Vater desselben
¶
mehr
war. Wenn nun auch die historische Existenz eines Eulenspiegel nicht abzuweisen ist, so ist doch das Volksbuch, welches seine Abenteuer
und Streiche überliefert, eine Sammlung schon längst bekannter heimischer und fremder Sagen und Schwänke, die zum Teil vom
PfaffenAmis und Pfaffen vom Kalenberg auf Eulenspiegel übertragen worden sind. Die ursprünglich niederdeutsche Fassung
des überaus häufig gedruckten Volksbuches ist nicht mehr vorhanden; aus ihr entstand die älteste hochdeutsche Bearbeitung,
welche vielleicht vonThomasMurner herrührt (zuerst Straßb. 1515, erst jüngst im BritischenMuseum entdeckt; Neudruck, Halle
[* 66] 1885; sodann Straßb. 1519; neue Ausgabe von Lappenberg, Leipz. 1854). Der nächstälteste Druck, etwa 1520-30,
ist kölnisch (nicht niedersächsisch), aus Servais Kruffters Offizin (photolithographische Nachbildung, Berl. 1865). Eine Bearbeitung
des Stoffes in Versen gab Fischart (»Der Eulenspiegel reimenweis«, Frankf. 1571). Übersetzt
wurde das Volksbuch ins Böhmische, Polnische, Italienische, Englische
[* 67] (als ein Miracle-play: »A merge fest of a man that was
called Howleglas«, bei W. Copland und in Farricks »Old plays«, Bd. 10),
ins Niederländische,
[* 68] Dänische,
Französische und Lateinische. Eine gute Erneuerung desselben veröffentlichte Simrock (»Ein kurzweilig Lesen von Till Eulenspiegel. Nach
den ältesten Quellen«, Frankf. 1878). Nachahmungen, die an den Namen und Charakter des Eulenspiegel anknüpfen, sonst aber ganz selbständig
auftreten, erschienen mehrere, so in neuester Zeit: »Till
Eulenspiegel, modernes Heldengedicht« von Böttger (Leipz. 1850) und »Till Eulenspiegel. Redivivus, ein Schelmenlied« von J. ^[Julius] Wolff (Berl.
1875). - Den Namen Eulenspiegel (l'Espiègle) trägt auch ein sehr seltenes Kupferblatt von Lucas van Leiden.
Von den mathematischen Abhandlungen in den 26 Quartbänden, welche die PetersburgerAkademie von 1727 bis 1783 herausgab, ist
mehr als die Hälfte aus seiner Feder geflossen, und bei seinem Tod hinterließ er noch über 200 ungedruckte Abhandlungen,
welche nach und nach erschienen. Von der Akademie der Wissenschaften zu Paris
[* 73] wurde ihm zehnmal der Preis
zuerkannt, so z. B. für die Abhandlungen: »De ignis natura et proprietate« und »Inquisitio physica in causam fluxus et refluxus
maris«.
Sein Werk »Mechanica sive motus scientia analytice exposita« (Petersb.
1736, 2 Bde.) ist noch heute von klassischem Wert und wurde mit
Anmerkungen und Erläuterungen herausgegeben von Wolfers (Greifsw. 1848-53, 3 Bde.).
Im J. 1740 zum Inspektor des geographischen Departements ernannt, folgte er 1741 einem Ruf an die Akademie der Wissenschaften
zu Berlin, wo er mit Eifer für die Memoiren der Akademie thätig war. Seit 1754 Direktor der mathematischen Klasse der Berliner
[* 74] Akademie, kehrte er 1766 nach Petersburg zurück, wo er jedoch bald nach seiner Ankunft erblindete und
starb.
Von seinen Werken erwähnen wir noch: »Einleitung in die Arithmetik« (Petersb. 1742, 2 Tle.);
worin er die Monadenlehre der Leibniz-WolfschenPhilosophie bestritt, was er auch in seinen »Lettresà une princesse
d'Allemagne sur quelques sujets de physique et de philosophie« (das.
1768-72, 3 Bde.; neue Ausg. von Cournot,
1842, 2 Bde.; deutsch von Joh. Müller, neue Aufl., Stuttg. 1853) that. In seiner Schrift »Rettung der göttlichen Offenbarung«
(Berl. 1747, neue Aufl. 1805) zog er gegen die Freigeister zu Felde.
Ungleich epochemachender sind Eulers
rein mathematische Schriften: »Introductio in analysin infinitorum« (Lausanne 1748, 2 Bde.; Lyon
[* 78] 1796; deutsch von Michelsen,
Berl. 1785-90, 3 Bde.; von Maser, das. 1885 ff.);
»Théorie complète de la construction et de la manœuvre des vaisseaux« (das. 1773);
»Institutiones calculi differentialis« (Berl.
1755, 2 Bde.; neue Aufl.,
Petersb. 1804, 2 Bde.; deutsch
von Michelsen, Berl. 1790-98, 2 Bde.);
»Theoria motus corporum solidorum seu rigidorum« (Rost. 1765; neue Aufl., Greifsw. 1790);
»Institutiones calculi integralis«
(Petersb. 1768-1770, 3 Bde.; 3. Aufl.
1824-45, 4 Bde.; deutsch von Salomon, Wien 1828-30, 4 Bde.);
»Anleitung zur Algebra« (Petersb. 1771, 2 Bde.; 3. Aufl.,
Berl. 1821; französisch von J. ^[Johann] Bernoulli, Lyon 1770; mit Zusätzen von Lagrange, das. 1795, und von Garnier, Par. 1807);
»Dioptrica« (Petersb. 1769-71, 3 Bde.);
»Theoria motuum lunae nova methodo pertractata« (das.
1772);
»Opuscula analytica« (das. 1783-85, 2 Bde.).
Bei seinen Lebzeiten erschienen von ihm 473 fast ausschließlich mathematische Abhandlungen. Eine Gesamtausgabe
seiner kleinern Schriften besorgten P. H. und N. Fuß im Auftrag der PetersburgerAkademie unter dem Titel: »Commentationes arithmeticae
collectae« (Petersb. 1849, 2 Bde.);
dieselben gaben auch die im J. 1844 aufgefundenen Schriften als »Opera posthuma mathematica et physica« (das. 1862, 2 Bde.)
heraus.
Auch in andern Wissenschaften besaß E treffliche Kenntnisse, so in der alten Litteratur und in der
Geschichte, in der Medizin, Botanik und Chemie.
2) Karl, Turnlehrer und Schriftsteller, geb. zu Kirchbollenbach im Regierungsbezirk
Trier,
[* 79] studierte in Bonn und Berlin Geschichte und Philologie, wirkte 1854-60 als Lehrer in Schulpforta, widmete sich dann ganz
dem Turnfach und ist seit 1877 Unterrichtsdirigent der von der königlichen Zentralturnanstalt abgezweigten Turnlehrerbildungsanstalt
zu Berlin. Seit 1880 leitet er auch
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