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bis zum Ende des 12. Jahrhunderts (Halle [* 2] 1875); »Chronicon Islebiense« (hrsg. von Größler und Sommer, Eisl. 1882).
bis zum Ende des 12. Jahrhunderts (Halle [* 2] 1875); »Chronicon Islebiense« (hrsg. von Größler und Sommer, Eisl. 1882).
s. Eis, ^[= # nimmt in mehreren Formen erheblichen Anteil an der Bildung der Erdrinde und ist in diesem Sinn ...] [* 3] S. 400 ff.
(Polarmeer), im allgemeinen Bezeichnung für die die beiden Erdpole zunächst umgebenden Wassermassen, wonach ein nördliches und ein südliches Eismeer zu unterscheiden ist. Das Nördliche Eismeer oder Arktische Polarmeer (s. Karte »Nordpolarländer«) [* 4] umgibt den Nordpol und berührt die nördlichen Küsten von Asien, [* 5] Europa [* 6] und Amerika. [* 7] Zwischen den dem letztern Kontinent vorgelagerten Inseln bildet es eine Menge von Busen, Durchfahrten und Straßen. Mit dem Atlantischen Ozean steht es durch die Davisstraße, die Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island [* 8] und durch die breite Öffnung zwischen Island und Südnorwegen in Verbindung; in das Stille Meer führt die Beringsstraße.
Das Nördliche Eismeer ist das kleinste der selbständigen Meeresbecken und wird zu einem Flächeninhalt von 15,292,411 qkm (277,726 QM.) berechnet. Im allgemeinen sind die Tiefen desselben nur gering. Die nordischen Tiefebenen setzen sich unter Wasser weiter fort. Östlich von Spitzbergen sind kaum Tiefen über 500 m vorhanden. Zwischen Spitzbergen und Grönland aber befindet sich ein tiefes Becken, die Eismeertiefe, welche in einem großen Teil Tiefen über 3000 m aufweist, und in deren nördlichem Teil sogar Stellen von 4600 und 4800 m gefunden worden sind.
Über den Verlauf dieser tiefen Rinne nördlich von 80° wissen wir nichts. Ebenso bildet die Davisstraße einen tiefen Fjord, noch in der Baffinsbai sind Tiefen von 1880 m gelotet. Selbst in der wärmern Jahreszeit treiben aus den Polargegenden gegen S. Eismassen von kolossaler Ausdehnung [* 9] und oft höchst merkwürdiger Gestalt: schwimmende Eisinseln, die zum Teil auf dem Meer selbst, an seinen Küsten und in seinen Buchten, zum Teil in den Flüssen entstanden sind oder endlich von den Gletschern der Landbezirke stammen (Eisberge und Gletschereisblöcke).
Diese Eismassen folgen im allgemeinen der sogen. Polarströmung; ihre Erstreckungsgrenzen sind je nach den Jahreszeiten [* 10] und einzelnen Jahren verschieden. Am weitesten nach S. reichen dieselben im Frühjahr. An Stellen, wo das Eis dicht zusammengedrängt auftritt, macht es die Schiffahrt ganz unmöglich, an andern sind auch die stärksten Schiffe, [* 11] wenn sie sich zwischen die Treibeisschollen wagen, der Gefahr des Zerdrücktwerdens ausgesetzt. Neben diesen starren Massen schwimmt als das Produkt einer mildern Zone Treibholz, welches nirgends sonst in solcher Menge angetroffen wird.
Meeresströmungen [* 12] tragen es aus den Mündungen der sibirischen Flüsse [* 13] und denen des nordwestlichen Amerika an die Polarküsten. Was die Tierwelt anlangt, so herrschen die Meersäuger und Amphipoden (Flohkrebse) im Nördlichen Eismeer vor. Unter den erstern sind der grönländische Bartenwal, der Finnfisch, der Narwal und das Walroß charakteristisch. Die unermeßlichen Scharen der winzigen Flohkrebse sind aasfressend und vermögen in einer Nacht den größten Seehund bis auf das Gerippe zu verzehren, dienen aber selbst wieder den Säugern als Futter.
Handelsgeist und ein höherer Trieb der Forschung und Entdeckung haben den Menschen auch in dieses unwirtliche Meer geführt. Der Walfischfang sowie die Jagd auf Pelztiere sind daselbst lohnend, und nächstdem veranlaßte der Wunsch, von der Hudson- und Baffinsbai aus an der Nordküste von Nordamerika [* 14] hin eine nordwestliche Durchfahrt (Nordwestpassage) oder auch über Spitzbergen oder Nowaja Semlja eine nördliche oder nordöstliche Durchfahrt nach der Beringsstraße aufzufinden, seit 1517 eine Menge von Expeditionen nach dem Norden. [* 15] Im J. 1818 wurden dieselben auf Veranlassung John Barrows von England wieder aufgenommen (s. Nordpolexpeditionen). An die Namen Roß, Parry, Franklin, Beechey etc. knüpft sich die Geschichte mehr oder minder erfolgreicher Fahrten, unter deren Schrecken neben den Gefahren des Treibeises eine Kälte, welche Chloroform und salzsauren Äther in feste Körper verwandelt, vielmonatliche Gefangenschaft in der Polarnacht, der Skorbut und die Qualen des Hungers die erste Stelle einnehmen.
Die gesuchte Durchfahrt fand indessen erst Mac Clure im Herbst 1850, freilich nur, um ihre gänzliche Unbrauchbarkeit für die Schiffahrt darzuthun. Das Treibeis der Kanäle, welche diese zwischen polaren Inselländern sich windende Durchfahrt bilden, wird im W. und S. des Melvillesundes zum unüberwindlichen Hindernis. Die Sage von einem offenen Polarmeer im N. der Smithsundroute, welche sich an die Beobachtungen von Inglefield, Morton und Hall [* 16] knüpfte, wurde durch die englische Expedition von Nares (1875-76) widerlegt, wobei Nares den Namen Offenes Polarmeer mit gleicher Übertreibung in den eines Paläokrystischen Meers verwandelte.
Auf dem Eis dieses Meers erreichte sein Begleiter Markham die höchste bis jetzt verzeichnete Polarbreite von 83° 20' 26''. Mittlerweile gaben die Untersuchungen im Nordatlantischen Ozean (seit 1860) in Verbindung mit den wissenschaftlichen Spitzbergen Expeditionen der Schweden [* 17] (seit 1858) Veranlassung zu einer wissenschaftlich-systematischen Erforschung der Eismeere, zunächst des europäischen Anteils, deren Hauptverdienst den Norwegern Mohn und Wille zufällt (1876-78), und welche uns über die Tiefenverhältnisse dieser Meere, das spezifische Gewicht und die chemische Zusammensetzung des Seewassers, den Meeresboden und das Tierleben, die Temperaturzustände und die Meereszirkulation umfassende Aufschlüsse geliefert hat. In erster Linie betrifft diese Forschungsarbeit das Gebiet des Warmwasserzugs, dem man, da sein Anfang mit dem amerikanischen Golfstrom zusammenfällt, bis zu seinen äußersten nördlichen Zweigen den Namen dieser Strömung beilegt, der aber zutreffender als atlantischer Zufuhrstrom bezeichnet werden könnte. Er befreit das Nördliche Eismeer durch seine mechanische Wirkung und die mitgeführte Wärme [* 18] weithin vom Eis und sendet seine Verzweigungen bis in die Baffinsbai, nach Nordspitzbergen und in das Meer zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja.
Eine ähnliche Wirkung auf die Schiffbarkeit des Eismeers üben an den Küsten Sibiriens und des westlichen Nordamerika die großen Flüsse dieser Gegenden aus (vor allen der Ob, der Jenissei, die Lena und der Mackenzie), indem dieselben ihre allsommerlich unter südlichern Breiten erwärmten Gewässer über das schwerere Meerwasser verbreiten. Diese Verhältnisse ermöglichten dem umsichtigen und unermüdlichen Nordenskjöld die Eröffnung des Seehandels nach Westsibirien und im J. 1878 die Auffindung der so lange vergeblich gesuchten nordöstlichen Durchfahrt. Auch durch die Beringsstraße gelangt aus dem Beringsmeer ein Warmwasserzug in die Polarsee. Ein kalter Strom dagegen fließt an der Ostküste Grönlands nach S., scheint aber die Nähe Grönlands nicht zu verlassen, sondern in die Davisstraße einzubiegen. Noch ungleich breiter und tiefer fließt aus der Baffinsbai auf der Westseite der Davisstraße ein südwärts ¶
gerichteter Strom, welcher der Neufundlandbank Eisberge in Menge zuführt.
Im N. des europäisch-asiatischen Kontinents finden sich überall die Strömungen in Übereinstimmung mit dem Gesetz der Rechtsablenkung durch die Rotationswirkung der Erde. An den Nordküsten sind die Strömungen durchweg nach O. gerichtet. Sie führen von S. herkommendes und daher warmes Wasser aus dem Atlantischen Ozean und den sibirischen Flüssen und halten die Kontinentalküste während des Sommers eisfrei. Dieselbe Anlehnung an die rechtsseitige Küste weist der Nordstrom an den Westküsten von Spitzbergen und Nowaja Semlja, der Südstrom an den Ostküsten dieser selben Inseln aus. Auch im N. der Beringsstraße wendet sich die dem Lauf der Küste folgende Strömung rechts nach Kap Barrow zu. Vgl. Nordpolarländer.
Das Südliche Eismeer oder Antarktische Polarmeer hat keine Landgrenze wie das Nördliche, sondern hängt mit den südlichen Hälften des Atlantischen, Indischen und Stillen Ozeans in offener Wasserverbindung zusammen. Das Areal dieses Meers läßt sich nur schätzungsweise auf etwa 352,000 QM. angeben, da man nicht weiß, wieviel Land um den Südpol gelagert ist. Denn einer Erforschung dieser Regionen stellen sich noch größere Schwierigkeiten entgegen als im N., da hier Eisfelder und Eismassen ein noch ausgedehnteres Gebiet haben. So reicht die nördlichste Grenze des Treibeises südlich von Afrika [* 20] bis über den 45° nach N. hinüber.
Die große Menge ausgedehnter Eisberge, welche nach N., namentlich in den Atlantischen Ozean, gelangen, macht aber das Vorhandensein eines großen antarktischen Landes sehr wahrscheinlich. Die wichtigste Expedition in diese Region ist die des englischen Kapitäns Roß 1839-1843, der bis jetzt am weitesten gegen den Südpol vorgedrungen ist (bis 78° 11'). Die Namen seiner Schiffe, Erebus und Terror, übertrug man auf feuerspeiende Berge des dort entdeckten und gegenwärtig als antarktischer Kontinent angesehenen Victorialandes.
Weiterm Vordringen stellte sich eine kolossale Eismauer von 65-70 m Höhe entgegen, die fest zusammenhängend Hunderte von englischen Meilen sich hinzog. Soweit Beobachtungen vorliegen, ist das Südliche Eismeer flach. Die Lotungen von Roß erreichen meist nur Tiefen von weniger als 900 m, auch die im südlichen Indischen Ozean gefundenen mäßigen Tiefen deuten auf eine allmähliche Erhebung des Meeresbodens nach dem Südpol hin. Die Strömungen des Südlichen Eismeers werden im allgemeinen aus den direkten Strombeobachtungen ostwärts und nordwärts gefunden.
Dagegen hat man aus dem Verlauf der Treibeisgrenze den Schluß gezogen, daß südlich von der Kergueleninsel, südlich von Neufundland und südwestlich vom Kap Horn warme Strömungen in das Südliche Eismeer hineinfließen. Während nämlich die Treibeisgrenze im Südatlantischen Ozean bis in etwa 40°, im Indischen Ozean zwischen 40 und 50°, im Stillen Ozean auf 50° südl. Br. zu setzen ist, weicht sie im SW. vom Kap Horn auf 57° und an den beiden andern bezeichneten Stellen auf etwa 61° zurück (vgl. Neumayer, Die Erforschung des Südpolargebiets, Berl. 1872). Über die Eisverhältnisse der Polargegenden s. Polareis.
(Eiskarton, Alabasterpapier), ein mit einer zarten Schicht von Kristallen bedecktes starkes Papier, zu Visitenkarten etc. dienend, wird hergestellt, indem man eine Lösung von Bleizucker auf Papier kristallisieren läßt.
s. Mesembryanthemeen. ^[= dikotyle, etwa 400 Arten umfassende, fast ausschließlich im Kapland einheimische ...]
s. Eis, ^[= # nimmt in mehreren Formen erheblichen Anteil an der Bildung der Erdrinde und ist in diesem Sinn ...] S. 399.
s. v. w. Gefrierpunkt, ^[= s. Thermometer, Schmelzen.] s. Thermometer [* 21] und Schmelzen.
s. v. w. Kormoran. ^[= (Scharbe, Phalacrocorax Briss.), Gattung aus der Ordnung der Schwimmvögel und der Familie der ...]
s. Eis, ^[= # nimmt in mehreren Formen erheblichen Anteil an der Bildung der Erdrinde und ist in diesem Sinn ...] S. 400.
Johann, Kupferstecher, geb. 1824 zu Frankfurt [* 22] a. M., widmete sich sieben Jahre lang dem Studium der Kupferstecherkunst am Städelschen Institut unter Eissenhardt Schäffer, stach dann eine Reihe von Kompositionen zu deutschen Dichtungen nach Zeichnungen von J. B. ^[Johann Baptist d. J.] Scholl, eine schlafende weibliche [* 19] Figur nach P. Veronese und eine Madonna nach Steinle. Im J. 1863 nahm er eine Stelle an der österreichischen Staatsdruckerei in Wien [* 23] an, kehrte aber 1869 wieder nach Frankfurt zurück. Er stach alsdann: Porträt eines Ritters mit der Nelke nach Holbein, [* 24] das Refektorium nach van Muyden, Salomos Urteil nach Steinle, den Tanz und die Hochzeit nach Laufbergers Vorhang im Wiener Hofopernhaus und gab einen Cyklus von Radierungen nach alten Gemälden der Frankfurter Galerie heraus.
s. v. w. Adular. ^[= (edler Feldspat, Girasole, Aventurinfeldspat), Mineral aus der Ordnung der Silikate ...]
s. Geweih. ^[= (Gehörn), die knochenartigen Hörner, welche den Kopfschmuck der männlichen Hirsche bilden; ...]
Tage, an welchen das Thermometer beständig unter 0°, während es an den Frosttagen nur zeitweilig unter 0° sinkt.
(kymr.), s. Barden ^[= # (irisch Bard, kymrisch Beirrd, "Dichter"), die schon den Römern bekannten Sänger ...] und Caerwys.
Spitze, Gipfel der Hohen Tatra in Ungarn [* 25] (2628 m), nordwestlich von der Lomnitzer Spitze s. Karpathen.
[* 26] (Alcedo L.), Gattung aus der Ordnung der Klettervögel [* 27] und der Familie der Eisvögel (Alcedinidae), Vogel mit langem, dünnem, geradem, von der starken Wurzel [* 28] an nach und nach zugespitztem, an den scharfen Schneiden ein wenig eingezogenem Schnabel, kurzem Hals, kurzen Flügeln, in denen die zweite und dritte Schwinge am längsten sind, sehr kurzem Schwanz, sehr kleinen, kurzen Füßen, an denen die beiden äußern der drei Vorderzehen bis zum zweiten Gelenk verwachsen sind, und zu einer kleinen Holle verlängerten Hinterkopffedern.
Der Eisvogel (Ufer-, Wasser-, Seespecht, Martinsvogel, A. ispida L., s. Tafel »Klettervögel«),
17 cm lang, 27-28 cm breit, auf Oberkopf und Hinterhals grünschwarz, meerblau schmal quergebändert, Schultern, Flügeldecken und Außenfahne der braunschwarzen Schwingen dunkel meergrün, die mittlern Teile der Oberseite schön blau, ein Streifen über den dunklern Zügeln, ein Längsfleck am untern Augenrand bis hinter die Ohrgegend, die Unterseite und die untern Schwanz- und Flügeldecken lebhaft zimt-rostrot, Kinn und Kehle gelblichweiß, ein breiter Streifen, der sich an der Schnabelwurzel herabzieht, die Enden der obern Brustseitenfedern, die seitlichen Schwanzdecken und die Schwanzfedern dunkelblau; das Auge [* 29] ist braun, der Schnabel schwarz, die Wurzel des Unterschnabels rot, der Fuß lackrot; er findet sich in ganz Europa bis Dänemark, [* 30] Livland, [* 31] Esthland, im westlichen Mittelasien und Nordwestafrika, lebt bei uns einzeln an bewaldeten Flußufern und Bächen mit klarem Wasser, in den Alpen [* 32] bis 1800 m, und bleibt, wenn das Wasser bei schnellem Lauf nicht zufriert, selbst im Winter, während er unter minder günstigen Verhältnissen wandert und dann bis Griechenland [* 33] und Nordostafrika geht. Er hält sich stets sehr versteckt, schläft unter einer überhängenden Uferstelle oder in einer Höhlung, fliegt reißend schnell über das Wasser hin, nährt sich von kleinen Fischen, Krebsen und Kerbtieren, ist sehr gefräßig und stößt von seinem Sitz am Ufer aus pfeilschnell auf vorüberschwimmende Fische. [* 34] ¶
Unverdauliche Teile seiner Nahrung speit er in Gewöllen aus. Er hackt an trocknen, schroffen Uferrändern ein 60 cm tiefes Loch von 5 cm Durchmesser, erweitert es am hintern Ende, pflastert es mit Fischgräten und legt hier im Mai oder Juni 6-7 sehr große, weiße Eier [* 36] (s. Tafel »Eier I«, [* 35] Fig. 1), welche das Weibchen in 14-16 Tagen ausbrütet. Jung eingefangene Vögel [* 37] gewöhnen sich leicht, alte nicht immer an die Gefangenschaft. Bei den Alten war der Eisvogel Gegenstand vieler Mythen und Fabeleien (vgl. Halkyone). Er baute angeblich sein Nest auf dem Wasser aus Fischgräten, versah es mit einer Thür, die nur er zu öffnen vermochte, und brütete im Dezember an heitern Tagen (Halkyonische Tage).
Das Weibchen sollte dem Männchen mit treuer Liebe anhängen, es im Alter mit sich herumtragen und bis zum Tod füttern, aber nach dem Tode des Männchens unter kläglichem Gesang ebenfalls sterben. Der tote Eisvogel sollte den Blitz ablenken, Frieden in das Haus, Windstille aufs Meer bringen und wurde gleichsam als Kompaß [* 38] benutzt; daher verglich Shakespeare die Hofschranzen mit dem der in seinen Bewegungen der Richtung des Windes folgt. Er ist als winterlicher Vogel dem St. Martin, dem heiligen Totengräber, geweiht und bestreut bei Shakespeare unbegrabene Leichen mit Totenblumen. - Im Pelzhandel versteht man unter Eisvogel das pelzähnliche Gefieder des Eistauchers.
engl. Wolle von langem, glänzendem Faden, [* 39] ähnlich der Mohairwolle, dient zu Strick- und Häkelarbeiten.
[* 40] eine Periode des Diluviums, zu welcher, sei es auf der ganzen Erde, sei es auf der nördlichen Halbkugel, sei es nur in bestimmten Gegenden Europas und Nordamerikas, eine geringere Mitteltemperatur geherrscht haben muß als in der heutigen Periode. Während man früher eine allgemeine Verminderung der Mitteltemperatur aller Orte der Erde durch die verschiedenen geologischen Perioden hindurch bis zum Alluvium annehmen zu dürfen glaubte, so zwar, daß in den ältesten Perioden herab bis etwa zur Kreidezeit überhaupt keine klimatischen Unterschiede existierten und während der Kreideperiode, dem Tertiär und dem Diluvium [* 41] an einem bestimmten Ort noch höhere Mitteltemperaturen herrschten als in der Alluvialperiode, weisen die untrüglichsten Anzeichen darauf hin, daß bestimmte Orte während der ältern Diluvialzeit eine niedrigere Mitteltemperatur hatten als heutzutage.
Die Kenntnis der Merkmale der Eiszeit rührt von der Schweiz [* 42] her. Das großartige, den Alpen entstammte Blockmaterial, welches im W. das Land zwischen Alpen und Jura bis hoch hinauf an den Abhängen des letztern, im N. die Vorschweiz und die Gegenden nördlich des Bodensees bedeckt, wurde zuerst auf Transport durch Wasserfluten zurückgeführt, ja selbst auf Rechnung lokaler Eruptionsthätigkeit gesetzt, bald aber und jetzt allgemein als das Produkt einer sehr bedeutenden Gletscherthätigkeit aufgefaßt, deren Entwickelung in die Periode der Eiszeit fällt.
Fünf solcher großer Diluvialgletscher unterscheiden die Schweizer Geologen für die Schweiz. Der größte, der Rhônegletscher, kam aus dem Wallis; er verbreitete sich über den Genfer See bis an den Jura und entwickelte an diesem seine höchste Höhe in der Verlängerung [* 43] der Richtung des untern Rhônethals; er erfüllte das ganze Hauptthal des Wallis mit seinen zahlreichen Nebenthälern und reichte um mehrere Tausend Fuß über die jetzige Thalsohle hinauf, wie die polierten Felswände und Blockwälle anzeigen.
Kleiner war der Aargletscher, welcher die Thäler des Berner Oberlandes bis 650 m über die jetzige Thalsohle füllte. Der Reußgletscher erhielt seine Zuflüsse aus den Thälern des Kantons Uri, aus dem Engelberg- und Muottathal und reichte bis an die Albiskette hinauf. Der Linthgletscher erhielt seine Hauptzufuhr aus dem Kanton Glarus [* 44] und überzog einen großen Teil des Kantons Zürich. Der Gletscher des Rheinthals bezog sein Material aus Graubünden und teilte sich am Schellberg, indem ein Arm den Wallenseegletscher bildete, der andre aber das Rheinthal füllte, den Bodensee und seine Umgebungen bedeckte und bis nach dem Hegau und der Donau hinausreichte. Im S. der Alpen drang ein großer Gletscher aus dem Tessin in die lombardische Ebene vor und erfüllte das Becken des Lago Maggiore; ein zweiter kam vom Splügen und Bergell, bildete, mit dem Gletscher des Veltlin sich vereinigend, eine Brücke [* 45] über den Comersee und rückte seine Endmoräne bis in die Gegend von Monza vor. Auch über den Gardasee reichte ein Gletscher und wurden Schuttmassen geschoben, welche jetzt bis über Peschiera hinaus das Land bedecken. Am weitesten nach S. wurde der Gletscher des Monte Rosa vorgeschoben, dessen Schuttmassen heute bis Clusio die aus der Ebene aufsteigenden, bis 490 m hohen Hügelzüge bilden. - Das Studium dieser Verhältnisse in der Schweiz bot den Schlüssel zum Verständnis ähnlicher Erscheinungen an andern Orten.
Fremdes, aus N. stammendes Material bedeckt die Norddeutsche Tiefebene, und auch hier nahm man zur Erklärung des Transports als Faktor Eis an, freilich anfänglich mit der Modifikation, daß man mit den südlicher als heute reichenden skandinavischen Gletschern ein Meer in Verbindung dachte, auf welchem das Gesteinsmaterial durch Eisberge unter dem Einfluß nordsüdlicher Strömungen nach S. transportiert worden sei. Die meisten Geologen haben diese sogen. Drifttheorie (vgl. Diluvium) neuerdings verlassen und neigen der Ansicht zu, es sei auch für den Norden Europas eine gewaltige Vergletscherung während der ältern Diluvialperiode anzunehmen.
Diese Anschauung einer weitverbreiteten Vergletscherung unterstützend, wurden Spuren ehemaliger Gletscher in einem großen Teil Englands, in Nordamerika, in den europäischen Mittelgebirgen und an andern Orten nachgewiesen, und da auch paläontologischerseits die nordische Natur der im ältern Diluvium eingeschlossenen Reste bewiesen wurde, so wird die Existenz einer Eiszeit wohl von keinem Geologen mehr bezweifelt. Eine Übersicht der hauptsächlichsten frühern und heutigen Gletschergebiete der Erde (nach Penck) geben die nebenstehenden Polarkärtchen.
Weniger groß ist die Übereinstimmung der Forscher hinsichtlich wichtiger an die Kardinalfrage sich direkt anknüpfender Fragen. Dahin gehört der Streitpunkt, ob mehrere Eiszeiten, von interglazialen Perioden unterbrochen, einander gefolgt sind, oder ob es sich bei der Wechsellagerung von echt sedimentärem Material und Gletscherprodukten nur um ein periodisches Zurückweichen und Anschwellen der Gletscher Einer Eiszeit handelt. Offen bleibt ferner die Frage, ob schon ältere geologische Perioden als das Diluvium Spuren einer Eiszeit aufzuweisen haben, wie einzelne Geologen (so namentlich Ramsay für das Rotliegende) nachgewiesen zu haben glauben. Getrennt sind weiter die Meinungen über den Grad der Beteiligung der Diluvialgletscher bei der Erodierung der Erdoberfläche; während einige dieselbe nur gering anschlagen und den Gletschern eine mehr konservierende Rolle zuschreiben, erblicken andre in den Gletschern der Diluvialperiode die wichtigsten ¶
Faktoren der Thalbildung und namentlich der Aushöhlung der Landseebecken.
Am weitesten gehen die Ansichten auseinander, wenn es sich um die Frage nach den letzten Ursachen der Eiszeit handelt. Die ältesten der aufgestellten Hypothesen knüpften an dieselben lokalen Verhältnisse an, von deren Untersuchung die Kenntnis der Erscheinung selbst ausgegangen war: an die Alpen, und zwar nahm Charpentier an, daß die allmähliche Verringerung der Höhe der Alpen durch die Erosion [* 47] genüge, um auch eine Verringerung der Gletscherthätigkeit zu erklären.
Escher von der Linth fand im Föhn, der nach ihm aus der Sahara stammt, den einer größern Verbreitung der Gletscher entgegenwirkenden Faktor; derselbe sei aber erst seit jener Zeit wirksam, seit welcher die Sahara trocken gelegt sei, ein Vorgang, der sich nach ihm erst nach der Diluvialperiode abgespielt hat. Spätere Untersuchungen haben die Unhaltbarkeit der Hypothese dargelegt, für den Föhn nachgewiesen, daß er nicht über die Sahara hinwegstreicht, sondern einen westlichern Weg nimmt, und zugleich gezeigt, daß die Sahara auch schon während der Diluvialzeit kein Meer bildete.
Der weitern Ausdehnung der Untersuchung glazialer Vorkommnisse entsprechend, beziehen sich später aufgestellte Hypothesen nicht auf die Alpen allein, sondern auf ganz Europa. Von der unleugbaren Thatsache ausgehend, daß dem Golfstrom ein wichtiger Einfluß im Sinn der Erhöhung der Mitteltemperatur für Europa zugesprochen werden muß, fand man in der Ablenkung desselben während der Diluvialzeit, sei es durch einen zwischen Amerika und Europa früher existierenden Kontinent (Atlantis, s. d.), sei es durch Eintreten desselben in den Großen Ozean über die angeblich damals noch mit Wasser bedeckte jetzige Landenge von Panama [* 48] hinweg, eine Ursache für die Herabdrückung der mittlern Temperatur Europas während der Eiszeit. Nach andern (Lyell) wich während der Diluvialperiode die Verteilung von Land und Wasser von der heutigen wesentlich ab, indem damals die nördliche, nicht wie jetzt die südliche Halbkugel die wasserreichere Hälfte der Erde war.
Wie nun heute die südliche Halbkugel die Gletscher, selbst bis zum Meer herabsteigend, noch unter Breiten besitzt, unter denen auf der nördlichen Hemisphäre die untere Gletschergrenze eine sehr bedeutende Meereshöhe zeigt (s. Gletscher), so traten in der Diluvialzeit ähnliche Verhältnisse für die nördliche Halbkugel ein. Man hat ferner die größere Abkühlung während der Diluvialzeit mit einer geringern Wärmeausstrahlung der Sonne [* 49] (zahlreichern Sonnenflecken) in Verbindung gebracht.
Auch hat man angenommen, daß das Sonnensystem bei seiner Bewegung im Weltenraum bald kältere, bald wärmere Regionen durchflöge, also die Erde einer bald größern, bald kleinern Wärmeausstrahlung unterworfen sei. Die meisten Vertreter hat eine Hypothese gefunden (Croll, Pilar, Wallace, Penck, allerdings mit sehr wesentlichen Abweichungen im nähern Ausbau der Hypothese), welche die periodischen Schwankungen in der Exzentrizität der Erdbahn als Erklärung herbeizieht.
Während jetzt die Sonne länger nördlich vom Äquator steht als südlich, kehren sich die Verhältnisse im Lauf der Zeiten um. Als direkte Folgen eines solchen Wechsels in der Stärke [* 50] der Insolation [* 51] wird (so nimmt man an) eine Verschiebung der jetzt nördlich des Äquators gelegenen Kalmenzone, eine Veränderung der Passate, die jetzt über den Äquator hinweg nach N. wehen, und damit auch eine Veränderung der Meeresströmungen eintreten; eine weitere Folge davon ist die Erhöhung günstiger Bedingungen für die Entwickelung der jetzt auf ein Minimum reduzierten Gletscherthätigkeit auf der nördlichen Halbkugel.
Eine veränderte Verteilung von Land und Wasser oder eine wesentliche Veränderung in den Höhenverhältnissen der Gebirge nimmt die Hypothese nicht an, findet vielmehr in dem Umstand, daß die diluvialen Gletscher nur vergrößerte alluviale sind, einen Beweis für die Stetigkeit der betreffenden Verhältnisse. Ihre Richtigkeit vorausgesetzt, würde die Periode, welche man gewöhnlich als Eiszeit bezeichnet, nur als die letzte der nördlichen Halbkugel aufzufassen sein, welcher in frühern Zeiten, sowohl während der Diluvialzeit als in ältern geologischen Perioden, regelmäßige Eiszeiten vorausgegangen wären.
Vgl. Girard, Die norddeutsche Ebene
[* 40] ^[Abb.: Die hauptsächlichsten frühern und heutigen Gletschergebiete der Erde (nach Penck).] ¶
(Berl. 1855);
Croll, On the physical cause of the change of climate during geological epochs (Lond. 1864);
Sartorius v. Waltershausen, Untersuchungen über die Klimate der Gegenwart und Vorwelt (Haarl. 1865);
Hellwald, der Alpen (Wien 1867);
Braun, Die der Erde (Berl. 1870);
Gümbel, Über Gletschererscheinungen im Etsch- und Innthal (Münch. 1872);
Geikie, The great ice-age and its relation to the antiquity of man (2. Aufl., Lond. 1877);
Kinkelin, Über die Eiszeit (Lindau [* 53] 1876);
Rütimeyer, Über Pliocän und Eisperiode (Basel [* 54] 1875);
Völker, Eine auf physische und mathematische Gesetze begründete Erklärung der Ursache der Eiszeit (St. Gallen 1877);
Pilar, Ein Beitrag zur Frage über die Ursache der Eiszeiten (Agram [* 55] 1878);
Kjerulf, Die Eiszeit (Berl. 1878);
Partsch, Die Gletscher der Vorzeit in den Karpathen und Mittelgebirgen Deutschlands [* 56] (Bresl. 1882);
Penck, Die Vergletscherung der deutschen Alpen (Leipz. 1882);
Derselbe, Die Eiszeit in den Pyrenäen (das. 1885).
[* 40] s. v. w. Steinzeit [* 57] (s. d.). ^[= (Steinzeitalter, hierzu Tafel "Kultur der Steinzeit"), der erste große Abschnitt ...]
von Edelberg, Rudolf, Kunstgelehrter, geb. zu Olmütz, [* 58] studierte daselbst und in Wien, wurde 1847 Dozent für Kunstgeschichte an der Wiener Universität, an welcher er das Studium der Kunstwissenschaft begründete, und ward 1852 zum außerordentlichen, 1863 zum ordentlichen Professor dieses Faches ernannt. Bis 1864 fungierte Eitelberger auch als Mitglied der kaiserlichen Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. Das Hauptverdienst Eitelbergers beruht in der Gründung und Leitung des seit 1864 in Wien nach Vorbild des Kensington-Museums bestehenden und mit einer Kunstgewerbeschule verbundenen Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, dessen wohlthätige Einflüsse auf das Kunstgewerbe des Landes insbesondere die Wiener Weltausstellung 1873 ans Licht [* 59] gestellt hat.
Auch nahm er an der Reform des Zeichenunterrichts einen hervorragenden Anteil und war, 1871 zum Hofrat ernannt, als Beirat für Kunstangelegenheiten im Unterrichtsministerium thätig. Er starb in Wien. Als Kunstschriftsteller lieferte Eitelberger mehrere gediegene Arbeiten, unter denen wir nennen: die von Heider, Eitelberger und Hieser publizierten »Mittelalterlichen Kunstdenkmale des österreichischen Kaiserstaats« (Stuttg. 1858-60, 2 Bde.),
zahlreiche anläßlich mehrerer Reisen in Dalmatien, Istrien, [* 60] der Lombardei und Ungarn verfaßte Arbeiten in den »Jahrbüchern und Mitteilungen der Zentralkommission«, eine Reihe von einzeln erschienenen Vorträgen und Aufsätzen in Zeitschriften, die zum Teil als »Gesammelte kunsthistorische Schriften« (Wien 1879-84, 4 Bde.) wieder abgedruckt wurden. Auch leitete er die Herausgabe der »Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance« (Wien 1872 ff.).
dasjenige Selbstgefühl, welches aus dem wirklichen Besitz vermeintlicher, wie der Stolz (s. d.) ein solches, das aus dem vermeintlichen Besitz wirklicher Güter entspringt.
Dieselbe kann, da das von ihr für wertvoll Gehaltene (Schönheit, Glücksgüter etc.) wertlos ist, niemals, der Stolz, insofern das von ihm vermeintlich Besessene (Wissen, Charakter) wirklich wertvoll und nur dessen Meinung, er besitze es, irrig ist, in diesem Fall edel genannt werden.
(Pus) und Eiterung (Suppuratio). Der sogen. gesunde Eiter stellt im reinen und frischen Zustand eine gelbliche, geruchlose oder schwach süßlich riechende Flüssigkeit von schwach alkalischer Reaktion dar, welche gewöhnlich eine rahmähnliche Konsistenz hat, unter Umständen aber auch dünnflüssig, wasserähnlich oder umgekehrt breiartig eingedickt erscheint. Das spezifische Gewicht des gesunden, rahmartigen Eiters ist 1,03. Läßt man größere Mengen von Eiter in einem tiefen Gefäß [* 61] stehen, so scheidet er sich in zwei Schichten: die obere (Eiterserum) ist wasserhell, fast farblos, dünnflüssig, die untere dagegen gelb gefärbt, opak, zähflüssig und besteht aus den sogen. Eiterkörperchen.
Das Eiterserum ist identisch mit dem Blutserum. Die Eiterkörperchen sind kleine, nur mit Hilfe des Mikroskops wahrnehmbare Zellen, welche in allen ihren Eigenschaften mit den farblosen Blutkörperchen [* 62] (s. Blut) übereinstimmen und in ganz frischem Eiter wie die Blutkörperchen amöbenartige, mit dem Mikroskop [* 63] erkennbare Bewegungen ausführen. Bisweilen ist der Eiter nicht gelb gefärbt, sondern er hat eine rötliche, bläuliche oder grüne Farbe. Die rote Farbe rührt von der Beimengung roter Blutkörper, die orangerote Farbe davon her, daß in den Eiterzellen mikroskopische Kristalle [* 64] von Hämatoidin (verändertem Blutfarbstoff) enthalten sind.
Die blaue und grüne Farbe des Eiters scheint verursacht zu werden durch Vibrionen, welche sich namentlich auf dem Verbandzeug massenhaft entwickeln und dieses blau färben. Alle diese Färbungen jedoch haben durchaus keine praktische Bedeutung, und man darf sich dadurch nicht in Besorgnis versetzen lassen. Von alters her hat man den Eiter als ein Exsudat, als eine Ausschwitzung angesehen, welche infolge der Entzündung aus den Blutgefäßen des erkrankten Teils hervortrete; erst Cohnheim wies 1868 unzweifelhaft nach, daß die Eiterzellen nichts andres sind als farblose Blutkörper, welche durch die Wände der Blutgefäße, namentlich der kleinsten Venen und der Haargefäße, herausgetreten sind. Dieser Vorgang der Auswanderung der farblosen Blutkörper, welche nun als Eiterzellen in den Geweben sich ansammeln, läßt sich am lebenden Tier mit Hilfe des Mikroskops direkt verfolgen. Eiterung entsteht nach heftigen chemischen oder mechanischen Reizungen, sehr oft sind Bakterien als Ursache anzusehen.
Der Eiter wird entweder von Wundflächen abgesondert, die frei am Tag liegen, oder von solchen, die inmitten eines Organs eine Höhle (Absceß) bilden, oder er steckt in den Maschen des Gewebes als diffuse eiterige Infiltration (Phlegmone). Es bleibt nur die Frage offen, ob es andre Entstehungsweisen des Eiters gibt. Vorläufig scheint es, als ob diese Frage bejaht werden müßte. Wenn der Eiter nicht alsbald nach seiner Entstehung auf natürlichem oder künstlichem Weg (durch Eröffnung mit dem Messer [* 65] etc.) aus dem Körper entfernt wird, so gehen weitere Veränderungen mit demselben vor. Im günstigsten Fall erfolgt die Resorption, welche durch Umwandlung der Zellen in feinste Fetttröpfchen erfolgt. In andern Fällen wird der Eiter durch Resorption des Serums eingedickt, während die Eiterkörperchen zurückbleiben, zu einer feinkörnigen Masse zerfallen und eine dicke, trockne oder schmierige, käseähnliche Substanz von graugelber Farbe darstellen. Man nennt dies die Verkäsung, weniger passend auch wohl die Tuberkulisierung des Eiters. Solche verkäste Eitermassen werden nicht selten durch nachträgliche Ablagerung von Kalksalzen in denselben zu steinähnlichen Konkrementen umgewandelt. Der am meisten gefürchtete Vorgang ist die Verjauchung oder die Fäulnis des Eiters. Sie kommt sowohl im Innern als auf der Oberfläche des Körpers vor und besteht darin, daß der Eiter durch Vermittelung von ¶
Fäulnispilzen zu einer dünnen, schmutzig bräunlich gefärbten, trüben Flüssigkeit von sehr üblem Geruch sich umwandelt, welche bei ihrer Aufnahme ins Blut Wundfieber (Septichämie) erzeugt.
Die Folgen der Eiterung für den Organismus sind abhängig von der Dauer derselben und von der Menge des Eiters, welcher für den Körper gewöhnlich verloren geht, ferner von dem Sitz der Eiterung und dem Grade der Zerstörung, welche die betreffenden Organe durch die Eiterung erleiden. Langdauernde und sehr reichliche Eiterverluste haben Blutarmut und Verwässerung des Bluts mit Neigung zur Wassersucht, nicht selten Amyloidentartung der Unterleibsdrüsen zur Folge; sie führen durch fortschreitende Erschöpfung allmählich den Tod herbei. Im engen Zusammenhang mit der alten falschen Ansicht, daß der Eiter eine krankhafte, dem Organismus fremdartige Materie sei, deren sich der Körper entledigen müsse, steht die Lehre [* 67] von der Eiterresorption und Eitervergiftung des Bluts.
Man hielt früher den Übergang von Eiter in das Blut für einen höchst verhängnisvollen Vorgang. Dies ist er jedoch keineswegs. Die Resorption des guten, gesunden und frischen Eiters ist nicht bloß vollständig gefahrlos, sondern in gewissem Sinn selbst ein Gewinn, weil dem Blute damit Stoffe wieder zurückgegeben werden, welche ihm durch die Eiterung entzogen worden sind, und nur die Aufnahme zersetzten Eiters erregt die sogen. Pyämie (Septichämie). Unter spezifischem Eiter versteht man einen solchen, welcher zugleich Träger [* 68] eines Ansteckungsstoffs ist, und durch welchen man daher bestimmte Krankheiten von einem Individuum auf ein andres übertragen kann (z. B. Trippereiter, syphilitischer Eiter, Pockeneiter etc.). In morphologischer und chemischer Beziehung ist der spezifische Eiter durchaus nicht von dem gewöhnlichen Eiter zu unterscheiden. Vgl. Entzündung, Absceß.
s. Haarseil. ^[= (Setaceum), ein nur noch in der Tierheilkunde gebräuchliches, sogen. ableitendes ...]
(Eitergeschwulst), s. Absceß. ^[= (lat. Abscessus, "Weg-, Fortgang", Eitergeschwulst), eine mit Eiter gefüllte ...]
s. Pustel. ^[= (v. lat. pustula), kleine, höchstens linsengroße Eiterbeule der Haut oder Schleimhaut, ...]
Flecken und Wallfahrtsort im preuß. Regierungsbezirk Kassel, [* 69] Kreis [* 70] Hünfeld, mit Amtsgericht, kath. Kirche und (1880) 605 Einw.
s. v. w. Absceß. ^[= (lat. Abscessus, "Weg-, Fortgang", Eiterbeule), eine mit Eiter gefüllte ...]
(griech. Pyurie), das Vorkommen von Eiter im Harn, setzt voraus, daß der Harn auf seinem Weg von den Nieren nach außen eine geschwürige oder doch stark entzündete Stelle passiert hat, deren genauern Sitz man indessen aus dem Eiter allein nicht erkennen kann.
Von den sehr zahlreichen Möglichkeiten ist der Harnröhrentripper sicher die allerhäufigste Ursache des Eiterharnens.
s. Eiter. ^[= (Pus) und (Suppuratio). Der sogen. gesunde E. stellt im reinen und frischen Zustand ...]
Robert, Musikhistoriker, geb. zu Breslau, [* 71] machte dort unter Brosigs Leitung seine Studien, ging 1853 nach Berlin, [* 72] trat daselbst als Klaviervirtuose und Komponist von Klavierstücken und Liedern auf, widmete sich aber von 1863 an ausschließlich dem Lehrfach. 1869 rief er die Gesellschaft für Musikforschung ins Leben und trat als Redakteur der »Monatshefte für Musikgeschichte«, von obiger Gesellschaft herausgegeben, an die Spitze derselben. Auf seine Veranlassung wurde 1873 auch noch mit der »Publikation älterer praktischer und theoretischer Musikwerke« begonnen. Die historischen Arbeiten Eitners sind zum größten Teil in den oben bezeichneten periodisch erscheinenden Werken zu finden; doch hat er auch eine Reihe größerer, rein bibliographischer Werke herausgegeben, wie die »Bibliographie der Musiksammelwerke des 16. und 17. Jahrhunderts« (Berl. 1877) u. a. Seit 1880 hat er seinen Wohnsitz in Templin (Ukermark).
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Köln, [* 73] Siegkreis, an der Sieg und der Linie Deutz-Gießen der Preußischen Staatsbahn, mit Amtsgericht, kath. Kirche, Privatirrenanstalt, Alizarinfabrik, Seiden- und Samtweberei und (1880) 1450 Einw.
s. Anniviers, ^[= (spr. -wjeh, sonst Annivesium, was im Deutschen sich zu Eivisch, fälschlich Einfisch korrumpierte ...] Val d'.
(Albumin), ein im Tier- und Pflanzenreich weitverbreiteter Proteinkörper, findet sich am reinsten im Weißen der Eier und bildet getrocknet eine gelbliche, durchsichtige, zu weißem Pulver zerreibbare, geruch- und geschmacklose Masse, welche sich in Wasser, aber nicht in Alkohol und Äther löst. Dies Eiweiß enthält noch Fett, welches man durch Auswaschen mit Äther, und mineralische Bestandteile, die man durch Dialyse [* 74] entfernen kann. Derartig gereinigtes Eiweiß reagiert schwach sauer, während das rohe Eiweiß schwach alkalisch reagiert.
Verdünnte Schwefel- und Salzsäure, Pyro- und Metaphosphorsäure, besonders auch Salpetersäure fällen die Eiweißlösung; aber der Niederschlag löst sich in Wasser und Essigsäure. Auch Gerbsäure und Kreosot, überschüssiges Ätzkali und viele Metallsalze fällen Eiweiß. Neutrale Lösung von Eiweiß wird bei 60° trübe und gerinnt bei 75°, wenn sie aber sehr verdünnt war, erst bei höherer Temperatur. Alkalien und überschüssige Essigsäure verhindern die vollständige Gerinnung.
Auch durch Alkohol, Äther und konzentrierte Salzsäure wird Eiweiß zum Gerinnen gebracht. Es ist dann unlöslich in Wasser, Alkohol, Äther und verdünnter Salzsäure, löslich in verdünnter Kalilauge und konzentrierter Salzsäure, von welch letzterer es in Syntonin verwandelt wird, während Alkalien Alkalialbuminat bilden. An der Luft fault Eiweiß sehr bald, und da es Stickstoff und Schwefel enthält, so treten unter den Fäulnisprodukten auch Schwefelwasserstoff und Ammoniak auf.
Pepsin verwandelt das lösliche wie das unlösliche Eiweiß in Pepton. Mit Basen verbindet sich Eiweiß und bildet die Albuminate, von denen nur die der Alkalien in Wasser löslich sind; Eiweiß wird daher durch viele Metallsalze gefällt, und hierauf beruht seine Anwendung bei Vergiftungen durch Metallsalze. Das der Eier ist wesentlich Natronalbuminat. Das Eiweiß des Bluts, Blut- oder Serumalbumin, Serosin oder Serin, weicht in seiner quantitativen Zusammensetzung etwas vom Eiereiweiß ab; es findet sich in allen Ernährungsflüssigkeiten, im Blut, Chylus und in der Lymphe, in allen serösen Sekreten, in geringer Menge in der Milch, reichlich im Colostrum, in den Flüssigkeiten des Fleisches und Zellgewebes, bisweilen auch im Harn und im Eiter. In seinem chemischen Verhalten weicht es nur wenig vom Eiereiweiß ab. Über das in Pflanzen vorkommende s. Pflanzeneiweiß.
Für technische Zwecke wird Eiweiß aus Eiern und Blut dargestellt. Man trennt das Weiße sorgfältig vom Dotter der Eier, seiht es durch ein feines Haarsieb, entfernt nach etwa 24 Stunden alle abgeschiedenen Häute und trocknet es in flachen Zink- oder Porzellangefäßen in einer gut geheizten und ventilierten Kammer bei 38-40°. In 30-36 Stunden erhält man eine blätterige, blaßgelbe, in dünnen Stücken völlig durchsichtige fast geruchlose und in Wasser ohne merkliche Trübung lösliche Masse. Bei der Darstellung von Eiweiß aus Blut läßt man letzteres in Zinkschüsseln unberührt gerinnen, gießt etwa abgeschiedenes Serum ab, zerschneidet den Kuchen in 3-4 ccm große Würfel, bringt diese in Abtropfsiebe und trennt das zuerst abfließende dunklere Serum von dem später folgenden hellern, welches wie Hühnereiweiß ¶