so z. B. die jüngere
Edda (1848-49).
Sein größtes
Verdienst erwarb er sich durch
Darstellung des poetischen Wortschatzes der
altnordischen Litteratur, ein Werk, das freilich erst nach seinem
Tode durch die Oldskrift Selskab veröffentlicht ward: »Lexicon
poeticum antiquae linguae septentrionalis« (Kopenh. 1855-60).
SeinLeben beschrieb Jon Arnason im 2.
Band
[* 2] von
Egilssons »Gesammelten
Schriften« (Reykjawik 1855-56, 3 Bde.).
dann »Schattierlehre der Oberflächen regelmäßiger
Körper« (das. 1855),
worin er eine neue
Theorie aufstellte, und gab »Photographische
Ansichten von öffentlichen Gebäuden etc. in
Stuttgart und
Umgebung« heraus. Er wurde 1863 zum Oberbaurat ernannt.
von welchem der lexikalische Teil unter dem
Titel: »Etymologisch-geographisches
Lexikon« (das.
1880) gesondert erschien,
und die »Geschichte der geographischen Namenkunde« (das.
1886),
über deren Fortschritte er auch in
Perthes' »Geographischem Jahrbuch« (Bd. 9 ff.)
berichtet.
(franz.), im Kunsthandel vorkommende Bezeichnung für eine unter einer
Glas- oder Kristallplatte auf
Goldgrund
ausgeführte
Malerei, die zuerst Ende des 12. Jahrh. in
Gebrauch kam.
In den nun beginnenden niederländischen
Unruhen gehörte Egmond zu den unzufriedenen
Großen, welche sich der strammen
Zentralisation
der niederländischen
Verwaltung und der streng katholischen
PolitikPhilipps II. widersetzten und ein aristokratisches
Regiment
sowie ein gewisses
Maß religiöser
Toleranz durchsetzen wollten. Er wirkte mit zum
Sturz des königlichen
Ministers Granvella,
aber der Statthalterin
Margareta von
Parma
[* 20] suchte er sich als besondere
Stütze zu empfehlen.
Als Sprecher der niederländischen Adelsopposition ging er 1565 nach
Spanien, aber von
Philipp II. mit Schmeicheleien überhäuft,
brachte er die ihm aufgetragenen
Beschwerden nur zaghaft vor und kehrte unverrichteter
Sache nach den
Niederlanden zurück.
Hier zeigte er sich nach dem Bildersturm (1566) als entschiedener Anhänger
Spaniens und des
Katholizismus
und verfolgte in seiner
ProvinzFlandern die
Protestanten auf das grausamste. Er stellte sich zur Unterwerfung des
Aufstandes
der Regentin zur
Verfügung, leistete ihr einen erneuerten Treueid und half das königliche
Regiment auf neuer Grundlage befestigen.
Nichtsdestoweniger zürnte ihm
Philipp wegen seiner frühern
Opposition. Egmond aber fühlte sich ganz sicher,
ließ die Warnungen
Oraniens auf ihrer letzten
¶
Sein großes Vermögen wurde eingezogen. Ein Denkmal (von Fraikin) wurde ihm, gemeinschaftlich mit dem GrafenHoorn, in Brüssel
errichtet (s. Tafel »Bildhauerkunst
[* 24] X«,
[* 25] Fig. 9). Egmonds Schicksal ist bekanntlich Gegenstand des klassischen
Trauerspiels von Goethe; doch ist der Charakter des historischen Egmond ein andrer, als er von Goethe geschildert wird. Der historische
Egmond war leichtsinnig, eitel und unstet; für die Freiheit seines Vaterlandes hat er nichts gethan. Egmond hinterließ unter elf
Kindern drei Söhne, welche sich mit der spanischen Regierung aussöhnten und einen Teil der Güter zurückerhielten.
Der letzte Egmond starb als spanischer General 1707.
Vgl. Bavay, Le
[* 26] procès du comte d'Egmont (Brüss. 1854);
aanZee, Fischerdorf in der niederländ. ProvinzNordholland, an der Nordsee, westlich von
Alkmar, mit (1883) 2090 Einw. Dabei ein Leuchtturm mit kolossalem Löwen
[* 27] (1833 zu Ehren von van Spyk errichtet) und landeinwärts
die Trümmer des von den Spaniern zerstörten Stammschlosses der Grafen von Egmond.
Die dazu gehörige prachtvolle Abtei wurde 1572 von
den Bilderstürmern zerstört.
(Mount Egmont, neuseeländ. Pukehaupapa), ein isolierter, längst erloschener Vulkan in der Südwestecke
der Nordinsel von Neuseeland, Provinz Taranaki, 2521 m hoch.
Justus van, niederländ. Maler, geb. 1602 zu Leiden,
[* 28] trat 1615 ins Atelier von Jasp. van den Hoecke in Antwerpen,
[* 29] kam später zu Rubens und half diesem an der Ausführung seiner Werke. 1628 ist er als Meister mit dem Beisatz
»bei Rubens« eingeschrieben. In demselben Jahr aber verließ er Antwerpen und begab sich nach Paris,
[* 30] wo er Hofmaler der KönigeLudwig XIII. und XIV. wurde. 1648 war er eins der zwölf ersten Mitglieder der in demselben Jahr
gestifteten PariserBau- und Bildhauerakademie. Um 1660 kehrte er nach Antwerpen zurück, wo er starb. Egmont war hauptsächlich
Bildnismaler und hielt sich ganz an Rubens' Weise. Doch erreichte er dessen Lebendigkeit nicht. SeinKolorit ist glätter, seine
Behandlung kleinlicher. Bilder von ihm finden sich in Wien (Porträte
[* 31] König Philipps IV. von Spanien und
des ErzherzogsLeopoldWilhelm), Schleißheim (Maria von Medicis) u. a. O.
(»Ichsucht«, Selbstliebe, Selbstsucht), diejenige Gesinnungsart, welche nicht nur eudämonistisch, d. h. von der
Rücksicht auf die angenehmen oder unangenehmen Folgen der Handlungsweise abhängig, sondern zugleich eigennützig ist, d. h.
ausschließlich durch die Rücksicht auf den
eignen (nicht fremden) Nutzen oder Schaden ihr Wollen und
Thun bestimmen läßt. In ersterer Hinsicht steht der der moralischen (statt durch die Rücksicht auf die äußern Folgen,
durch jene auf den innern Wert derHandlung bestimmten), in dieser der uneigennützigen (das eigne Wohl dem fremden nachsetzenden)
Gesinnung (Altruismus) gegenüber.
Letztere Art des Egoismus, welche das eigne Wohl auf Kosten des fremden sucht, pflegt man auch wohl den groben,
erstere, welche den Wert menschlicher Handlungen von ihrem Vorteil oder Nachteil für den Handelnden abhängig macht, ohne
daß dadurch andre eben Schaden leiden müssen, feinen Egoismus zu nennen. Dieser kann zwar unschädlich (für
andre) sein, bleibt aber nichtsdestoweniger unsittlich, da auch die pflichtmäßige Handlung von ihm nicht um ihrer Pflichtmäßigkeit
willen (moralisch), sondern um ihrer (persönlichen) Vorteilhaftigkeit willen (eudämonistisch) gewollt wird.
Jener ist nicht nur unmoralisch, sondern positiv schädlich, da er das Wohl andrer unbedenklich dem eignen aufopfert. Die
Frage, ob der Egoismus die dem Menschen natürliche Gesinnung sei, läßt sich, je nachdem wir den groben oder
feinen Egoismus im Auge
[* 32] haben, verschieden beantworten. Dieser, der auch das Gute nur um des Lohns willen thut, das Böse nur aus Furchtvor derStrafe unterläßt, stellt eine Gesinnungsstufe dar, auf welcher (bei Einzelnen wie bei Völkern
und Zeitaltern) von sittlichem Wert oder Unwert im wahren Sinn des Wortes noch nicht die Rede sein kann.
Dieselbe geht, wie jeder Erzieher weiß, beim Kind ebensowohl wie bei Völkern und bei der Menschheit im ganzen derjenigen
Epoche moralischer Mündigkeit, in welcher bei entwickeltem Pflichtbewußtsein das Gute um seiner selbst
willen gewollt, das Böse um seiner selbst willen unterlassen wird, notwendig voraus, und der feine Egoismus kann daher, mit der
(erst allmählich erworbenen) sittlichen Reife verglichen, allenfalls als der natürliche (obgleich keineswegs angeborne)
und durch Erziehung zu läuternde Zustand des Menschen angesehen werden. Die Behauptung dagegen, daß der
grobe der natürliche (und zwar angeborne) Zustand des Menschen sei, muß so lange für willkürlich gelten, als es, wie bisher,
nicht gelingt, sämtliche thatsächlich als uneigennützig erscheinende Handlungen der selbstlosen Aufopferung, des sympathetischen
Mitgefühls und der wohlwollenden Menschenliebe auf eigennützige Motive zurückzuführen.
Einfluß auf die Entwickelung jenes nationalen Instituts. Die Shakespeareschen Dramen verpflanzte er durch Übersetzungen auf
die ungarische Bühne. In den Revolutionsstürmen von 1848 und 1849 wurde er als Regierungskommissar in die untere Theißgegend
geschickt, wegen zu großer Härte jedoch wieder abberufen. Er kehrte hierauf zur Bühne zurück, floh nach Unterdrückung
der Revolution nach der Türkei,
[* 38] erhielt aber 1854 die Erlaubnis zur straffreien Rückkehr. Er starb in Pest. -
SeinBruderBenjamin, geb. 1813, betrat 1834 ebenfalls die Bühne und wurde 1837 Mitglied des Nationaltheaters zu Pest. Während
der Revolution trat er unter die Honveds, wurde aber amnestiert und der Bühne zurückgegeben. Er starb Bedeutender
denn als Schauspieler war er als Komponist. Seine musikalischen Werke zeichnen sich durch Reichtum lieblicher Melodien aus und
erlangten in Ungarn
[* 39] große Beliebtheit.
(spr. eghilads),DonLuis, span. Bühnendichter, geb. 1830 zu Jeres de la Frontera, kam 1852 nach
Madrid,
[* 40] wo er mit den Dramen: »Verdades amargas« und »La
vida de Juan Soldado« seinen Dichterruf begründete und nun eine große Fruchtbarkeit entwickelte. Er starb 1878. Von seinen
übrigen Stücken verdienen besonders »La querellas del Rey Sabio« und das 1860 mit
großem Erfolg aufgeführte Schauspiel »La cruz del matrimonio« (abgedruckt in Bd. 24 der
»Coleccion de autores españoles«, Leipz. 1868)
Erwähnung. Aus seinem Nachlaß erschien noch »El salto del Pasiego« (Madr. 1878). Treffliche Charakteristik und fesselnde Situationen
zeichnen die Mehrzahl von Eguilaz' Stücken aus.
(franz., spr. eschipsjenn, Blockschrift), in der
Buchdruckerei eine lateinische Schriftgattung, deren Eigentümlichkeit das Fehlen aller feinen Striche
und Ausläufer ist. S. Schriftarten.
(v. altdeutschen Ewa, Euua, Eoa, Ea, d. h. Bündnis, Vertrag, Einigung, auch Gesetz), die nach
gesetzlichen Vorschriften eingegangene Vereinigung eines Mannes und Weibes zur lebenslänglichen und ungeteilten Gemeinschaft
aller Lebensverhältnisse. Die Ehe ist in erster Linie ein religiös-sittliches Institut; sie erhebt Mann und Weib über das
bloß Sinnliche, da ihre Grundlagen Liebe, Achtung und gegenseitige Hingebung, ihre Bedingungen gegenseitiges Sichfreuen, Dulden
und Beistehen sind. In diesem Wesen der Ehe als der vollkommensten sittlichen Lebensvereinigung der Geschlechter
liegt es daher auch, daß dieselbe ihre Bestimmung vollkommen nur erfüllen kann als Monogamie (Ehe. EinesMannes mit Einer Frau),
indem nur so eine durch gegenseitige Ergänzung hervorgebrachte Einheit derPerson denkbar ist. In denLändern, wo Polygamie
(Vielweiberei) eingeführt ist, hat die Ehe einen ganz andern Charakter und gleicht mehr einem Dienstverhältnis
zwischen den Frauen und dem Mann.
Bedeutung der Ehe bei den verschiedenen Völkern.
Bei den orientalischen Völkern finden wir zwar fast überall Polygamie, doch kann dieselbe glücklicherweise nie allgemein
stattfinden, denn nur in seltenen Fällen vermag der Mann mehr als eine Frau zu ernähren; auch kommen
sich die Zahlenverhältnisse der Männer und Weiber meist einander so nahe, daß allgemeine Vielweiberei eine reine
Unmöglichkeit
ist. Bei den Chinesen wurden und werden noch heute die Frauen verkauft. Polygamie ist dort erlaubt. Die Frauen leben äußerst
eingezogen und dürfen sich fast nie öffentlich sehen lassen; nach dem Tode des Mannes steht seinen Erben
das Recht zu, die Witwen als Sklavinnen zu verkaufen.
Bei den Babyloniern herrschte Polygamie. Die Mädchen wurden auf dem Markt öffentlich versteigert. Von den Medern wird uns
berichtet, daß bei ihnen Polyandrie (Vielmännerei) bestanden habe. Unter den Persern dagegen führte
schon ZoroasterMonogamie ein, und bei ihnen scheinen überhaupt die Frauen eine würdigere Stellung eingenommen zu haben als
bei den übrigen asiatischen Völkern, was schon daraus hervorgeht, daß der Perser bloß in dem Fall der Unfruchtbarkeit einer
Frau sich eine andre nehmen durfte, und überdies nur mit Einwilligung der erstern.
Die Zustände der Inder haben viele Ähnlichkeit
[* 41] mit denen der Chinesen; Polygamie ist erlaubt, kommt aber selten vor. Es besteht
kein Verbot, aus einer Kaste in die andre zu heiraten, woraus viele Zwischen- oder Mischkasten entsprangen. In Ägypten
[* 42] war
die Polygamie beschränkt, und man begegnete dort den Frauen mit mehr Achtung. Sicher ist es, daß der Priesterkaste
nur Monogamie gestattet war. Bei den Juden wurde die Vielweiberei auch von Moses nicht abgeschafft; meist hatte der Mann vier
Frauen, zwei wirkliche und zwei Sklavinnen. Er konnte sich ohne alles Weitere von dem Weib scheiden und war nicht
einmal verpflichtet, der Verstoßenen Unterhalt zu gewähren.
Die Mädchen wurden verkauft, bisweilen um sehr sonderbare Kaufpreise (vgl.
1. Sam. 18, 21-27).
Erst nach der babylonischen Gefangenschaft schwand die Polygamie. Durch die höhere Bildungsstufe, auf welcher Griechen und
Römer
[* 43] standen, wurde bei ihnen auch eine humanere Behandlung des weiblichen Geschlechts und eine würdigere
Regelung der ehelichen Verhältnisse herbeigeführt. Von einem eigentlichen Familienleben war aber auch bei ihnen noch nicht
die Rede.
Das öffentliche Leben, der Staat, absorbierte fast alle übrigen Verhältnisse; so kam es denn, daß auch die Ehe vielfach
als eine Art Staatsanstalt betrachtet wurde. Durch den ihnen angebornen politischen Sinn wurden die Griechen
zur Monogamie hingeleitet, womit auch in den übrigen sozialen Verhältnissen eine Hauptwurzel des asiatischen Despotismus
vernichtet wurde. Am tiefsten unter allen griechischen Völkern standen in der Behandlung ihrer Frauen die Spartaner, welche
die Ehe bloß als Mittel betrachteten, um dem Vaterland gesunde, kräftige Krieger zu verschaffen, aus welchem
Grunde die Mädchen zu körperlichen Übungen angehalten, aber auch Ehelosigkeit (Agamia) sowie Mißheirat (Kakogamia) und zu
späte Heirat (Opsigamia) bestraft wurden. Zu demselben Zweck war es den spartanischen Frauen zu Zeiten, wo ihre Männer im Krieg
abwesend waren, erlaubt, sich mit andern, besonders schönen und kräftigen jungen Leuten, einzulassen.
Die auf diese Weise erzielten Kinder (Parthenier) wurden von Staats wegen erzogen. Die Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie
war verboten. In Athen
[* 44] finden wir die Frauen mehr zurückgehalten als bei den Doriern, doch wurden dieselben im allgemeinen
weit besser behandelt; nicht bloß der Mann, sondern auch die Frau wurde als berechtigter Teil in der
Ehe betrachtet. Keine athenische Bürgerin durfte eine Ehe ohne Einwilligung ihrer Eltern schließen, auch war in gewissen Fällen
die Verheiratung naher Verwandten verboten. Dagegen war die Ehe unter
¶
mehr
Verwandten Pflicht, wenn ein Bürger bloß eine Erbin hinterlassen hatte, in welchem Fall diese den nächsten ihrer Anverwandten
ehelichen mußte, um das Vermögen der Familie zu erhalten. Den Römern war es vorbehalten, den eigentlichen Begriff der Ehe herauszufinden.
Trotz des Versuchs mehrerer Kaiser, der Polygamie Eingang zu verschaffen, blieb die Ehe monogamisch. Ehelosigkeit
wurde bestraft, fruchtbare Ehen dagegen begründeten gewisse Rechte (jus liberorum).
Das strenge römische Zivilrecht erkennt von jeher nur eine Art der Ehe an unter den Namen nuptiae, justae nuptiae, justum matrimonium;
aber selbst diese konnte verschiedenerlei Wirkungen haben, je nachdem sie die Ehefrau in die volle Familiengewalt
(manus) des Mannes brachte oder nicht. Sie war nur bei römischen Bürgern möglich und unterschied sich dadurch von dem Matrimonium
juris gentium, der Ehe zwischen Peregrinen oder zwischen römischen Bürgern und Peregrinen.
Außerdem bestand noch ein gesetzlich zulässiges außereheliches Verhältnis, das Konkubinat, welches nur darin von der Ehe verschieden
war, daß die Konkubine nicht Genossin des Ranges und Standes ihres Mannes ward. Die eheliche Verbindung der
Sklaven hieß Kontubernium. Bei den altgermanischen Völkern finden wir Polygamie erlaubt, aber nur sehr selten (»Standes halber«,
wie Tacitus sagt) vorkommend. Der Mann gab eine Brautgabe an die Frau, meist in Rindern, gezäumten Pferden,
Waffen
[* 46] etc. bestehend. Besonders ausgezeichnet sind die Germanen durch ihre strenge Bewahrung der ehelichen Treue und durch
die schweren Strafen, welche auf deren Verletzung gesetzt waren. Bei einzelnen Völkerschaften bestand die Sitte, daß nur Jungfrauen
heiraten durften, wodurch den Witwen die Möglichkeit einer zweiten Verehelichung abgeschnitten war.
Auf mehrere Aussprüche der Apostel gestützt, erkannte die christliche Kirche von Anfang an nur die Monogamie
an, die sie übrigens überall schon verbreitet fand, indem die Römer in allen Ländern, wohin sie ihre Gesetzgebung getragen
hatten, gerade auf die Ehe einen entschiedenen Einfluß geübt hatten. Anfangs blieben die Bestimmungen des römischen
Rechts in Gültigkeit; allein als die Kirche nach und nach anfing, ihre Macht auszubreiten, kam es bald
dahin, daß sie sich vermöge des in der Ehe liegenden religiösen Elements ganz und gar derselben bemächtigte. So erhielten
im Orient seit dem 7. Jahrh. (und seit der Christianisierung der Germanen auch im Occident) die kirchlichen
Sanktionen das Übergewicht.
Gestützt auf
Eph. 5, 32,. wo die Ehe ein Mysterium genannt wird, was die Vulgata mit Sacramentum übersetzt, legte man der Ehe selbst
das PrädikatSacramentum bei, und noch heutzutage erkennt die katholische Kirche die Ehe als eins der sieben Sakramente an. Von
nur vorübergehendem Einfluß war in der ersten Zeit des Christentums der übergroße Purismus, durch welchen
sich die Anhänger jener Religion auszeichneten. Wie alle Sinnenlust, so betrachtete man auch den Umgang der beiden Geschlechter
als etwas Sündliches, und die Ehe wurde fast nur als ein notwendiges Übel geduldet.
Wie sich zur Zeit der Entwickelungsperiode der germanischen Welt, im Mittelalter, in allen Verhältnissen
die schreiendsten Gegensätze ausbildeten, so geschah dies auch hinsichtlich der Ehe. Während wir auf der einen Seite die allerreinste,
das weibliche Geschlecht fast als göttliches verehrende Liebe erblicken, wie bei den Troubadouren und Minnesängern, sehen wir
auf der andern Seite Einrichtungen sich entwickeln, die der
rohesten Barbaren würdig gewesen wären,
wie das Jus primae noctis mancher Gutsherren.
Doch bleibt dem Mittelalter immer das Verdienst, daß sich in ihm ein eigentliches Familienleben herausbildete. Das Konkubinat
ward durch die Reichspolizeiordnung von 1577 als etwas Unsittliches und Gemeingefährliches verboten. Neben der vollwirksamen
Ehe kommen bei germanischen Völkern noch vor die Ehen zur linken Hand
[* 47] (morganatische Ehen, matrimonium
ad morganaticam, matrimonium ad legem salicam), welche sich darin von der eigentlichen Ehe unterscheiden, daß die
Frau nicht den Rang und Stand des Mannes teilt und die Kinder bezüglich der Succession in Lehen und Fideikommisse nicht die vollen
Rechte haben.
Ursprünglich auf die Ehe zwischen einer freien und einer unfreien Person beschränkt, steht dies Institut noch jetzt mit den
Verhältnissen des hohen Adels im Zusammenhang, bei welchem allein es heutzutage noch vorkommen kann (s. Ebenbürtigkeit).
Was die nichtchristlichen Völker der Neuzeit anlangt, so modifizieren die Juden ihre Eheverhältnisse
mehr oder minder nach den in den Ländern, wo sie sich aufhalten, herrschenden gesetzlichen Grundbestimmungen. Bei den Mohammedanern
herrscht Polygamie, doch auch nur unter der reichern Klasse.
Der vornehme Türke hat gewöhnlich gemäß den Bestimmungen der vierten Sure des Korans vier Weiber und außerdem noch eine
beliebige Anzahl von Sklavinnen, welche ihm als Konkubinen dienen. Verboten ist die Ehe mit den Weibern
des Vaters, mit den Müttern, Schwestern, Töchtern, Muhmen, mit den Töchtern der Brüder und Schwestern, mit den Säugammen
und Milchschwestern, den Müttern der Weiber, den Stieftöchtern sowie mit schon verehelichten Weibern, mit Ausnahme der Sklavinnen.
Als Kuriosität ist zu bemerken, daß auf der malabarischen KüstePolyandrie (Mehrheit von Männern) besteht.
Dieselbe kommt auch in Vorderindien, in Tibet und im Himalaja vor. Endlich ist auch noch der Sekte der Mormonen (s. d.) zu gedenken,
bei welcher die Polygamie üblich ist.
Voraussetzungen der Eheschließung.
Insofern die Ehe als ein Rechtsverhältnis zu betrachten, erscheint dieselbe als ein Vertrag, welchem nach
deutschem Eherecht meist noch ein präparatorischer Vertrag vorhergeht: das Sponsalium, Verlöbnis, Eheversprechen, das aber
nicht geradezu als notwendig erfordert wird (s. Verlöbnis). Der Abschluß der Ehe selbst kann, wie der jedes rechtlichen Geschäfts,
nur unter gewissen Voraussetzungen erfolgen. Ein Ehehindernis (impedimentum matrimonii) ist jeder Grund,
welcher dem Zustandekommen einer Ehe entgegensteht, sei es, daß die natürliche Fähigkeit zur Ehe fehlt,
oder daß dieser besondere gesetzliche Verbote entgegenstehen.
Die Ehehindernisse sind entweder trennende (impedimenta dirimentia) oder aufschiebende (impedimenta impedientia), je nachdem
die trotz derselben abgeschlossene Ehe nichtig ist, oder je nachdem sie gültig bleibt, wofern
nur das Ehehindernis beseitigt wird. Ferner unterscheidet man Impedimenta publica und I. privata (öffentliche und private
Ehehindernisse). Die Berücksichtigung der Impedimenta publica wird von Amts wegen überwacht, wie z. B. das Ehehindernis wegen
Verwandtschaft. Die Impedimenta privata dagegen werden nur insofern berücksichtigt, als der andre Ehegatte oder ein
dritter Berechtigter dieselben geltend macht, wie z. B. Zwang zur Eingehung der Ehe. Absolute Hindernisse
sind solche, welche jemand die Ehe überhaupt unmöglich machen, relative solche, welche die
¶
Bei mangelnder Ehemündigkeit ist nach dem angezogenen deutschen ReichsgesetzDispensation zulässig. Wer schon verheiratet
ist, kann keine fernere Ehe eingehen (impedimentum ligaminis); diejenigen, welche das Gelübde der Keuschheit abgelegt haben,
sind nach katholischem Kirchenrecht durch dasselbe von dem Eingehen einer Ehe abgehalten, namentlich also katholische Geistliche.
Witwen dürfen während des Trauerjahrs um ihren Gatten, nach dem deutschen Reichsgesetz vom während der ersten zehn
Monate nach seinem Tod, nicht wieder heiraten; doch ist Dispensation zulässig.
Ein absolutes, meist nur aufschiebendes Hindernis ist Mangel der Einwilligung von seiten der Eltern,
Verwandten, Vormünder und Vorgesetzten. Nach dem angezogenen deutschen Reichsgesetz bedürfen eheliche Kinder, solange der
Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet haben, der Einwilligung des Vaters, nach dem Tode des Vaters der
Einwilligung der Mutter und, wenn sie minderjährig sind, auch der Einwilligung des Vormundes. Sind beide
Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des letztern.
Uneheliche Kinder sind in dieser Beziehung wie vaterlose eheliche Kinder zu behandeln. Es kann aber bei grundloser Vertagung
der Einwilligung großjährigen Kindern gegenüber das Gericht dieselbe ergänzen. Personen, die im öffentlichen
Kirchen-, Hof-, Zivil- oder Militärdienst stehen, bedürfen des Ehekonsenses von seiten der vorgesetzten Dienstbehörde. Zu
den relativen Hindernissen gehört zunächst die Verwandtschaft. Das mosaische Recht verbot die Ehe mit der Mutter, mit des Sohnes
Tochter, mit der Tochter Tochter, mit der vollbürtigen und halbbürtigen Schwester, mit der MutterSchwester.
Im römischen Recht bestanden Eheverbote zwischen Aszendenten und Deszendenten, zwischen Personen, die im Respectus parentelae
(Verhältnis zwischen Oheim oder Tante einerseits und Neffen oder Nichte anderseits) standen, und zwischen Geschwistern.
Das kanonische Recht stellte strengere Regeln auf und verbot nicht bloß die Ehe zwischen Geschwisterkindern, sondern selbst
die zwischen Andergeschwisterkindern (sobrini), also bis zum 6. Verwandtschaftsgrad einschließlich nach
römischer Komputation. Um die Eheverbote und mit diesen die Dispensationsgebühren zu mehren, ließ man später zwar den
Worten nach das Verbot bis zum 6. Grad fortbestehen, führte aber eine neue Zahlungsart der Grade ein, die sogen. Computatio
canonica, bei welcher nicht, wie bei der römischen Berechnungsweise, die Zeugungen auf beiden Linien,
sondern nur auf der einen und zwar der längern gezählt werden.
Hiernach waren also durch das kanonische Recht die Ehen erst vom 14. Grad römischer Komputation an erlaubt. PapstInnocenz III.
beschränkte jedoch 1216 die Eheverbote wieder bis auf den 4. Grad kanonischer Komputation inklusive. Nach
evangelischem Kirchenrecht ist die gerade Linie durchgehends ein vernichtendes, indispensables öffentliches Ehehindernis, die
Seitenlinie desgleichen im 1. Grad, also in Ansehung der Geschwister. Außerdem bestand früher
ein dispensables Ehehindernis
in dem vorhandenen Respectus parentelae.
Auch die Schwägerschaft bildet ein Ehehindernis. Nach mosaischem Recht war verboten die Ehe mit der Stiefmutter,
Stieftochter, Schwiegermutter, Schwiegertochter, Tochter des Stiefsohns und der Stieftochter, des BrudersFrau und des Vatersbruders
Frau. Hatte aber der verstorbene Bruder mit seiner Frau keinen Sohn erzeugt, so war die Ehe mit seiner Witwe nicht nur erlaubt,
sondern sogar eine Pflicht (Leviratsehe). Das römische Recht untersagte die Ehe zwischen verschwägerten
Aszendenten und Deszendenten; in der Seitenlinie war Schwägerschaft meist kein Hindernis, erst später wurde Verheiratung mit
der Frau des verstorbenen Bruders und der Schwester der verstorbenen Frau verboten.
Von dem kanonischen Recht wurden, ähnlich wie bei der Verwandtschaft, die Verbote unter Verschwägerten unmäßig ausgedehnt;
doch setzte Innocenz III. dies Verbot bis auf den 4. Grad herab, und das evangelische Kirchenrecht verminderte
die Verbote des kanonischen Rechts ebenso wie bei der Verwandtschaft. Ein ferneres Ehehindernis war die Adoptivverwandtschaft
und Schwägerschaft. Das römische Recht verbot nicht nur die Ehe zwischen Adoptiveltern und Adoptivkindern sowie zwischen dem
Adoptivkind und dem Agnaten des Adoptivvaters, sondern auch die Ehe des Adoptivvaters mit der Witwe des
Adoptivsohns und umgekehrt.
Das tridentinische Konzil leitete endlich auch aus der durch Taufe und Firmung entspringenden Cognatio spiritualis Ehehindernisse
zwischen dem Taufenden sowie zwischen dem Paten und dem Taufkind und analog bei der Firmung her. Die evangelische
Kirche und ebenso die neue deutsche Reichsgesetzgebung verwerfen jedoch den ganzen Begriff. Nach römischem Rechte durften ferner
der Vormund und dessen Sohn die Mündel vor abgelegter Vormundschaftsrechnung nicht heiraten.
Das deutsche Reichsgesetz vom hat dies Impediment beibehalten und die Eheschließung eines Pflegebefohlenen mit seinem
Vormund oder dessen Kindern während der Dauer der Vormundschaft für unzulässig erklärt. Doch kann eine
gleichwohl abgeschlossene Ehe als ungültig nicht abgefochten werden. Im übrigen kennt des Gesetz vom (§ 33) folgende
Ehehindernisse:
2) das Verhältnis zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern, 3) zwischen Stiefeltern und Stiefkindern,
Schwiegereltern und Schwiegerkindern jeden Grades, gleichviel ob dies Verhältnis auf ehelicher oder außerehelicher Geburt beruht,
und ob die Ehe, durch welche die Stief- oder Schwiegerverbindung begründet ist, noch besteht oder nicht;
4) das Rechtsverhältnis zwischen Personen, von denen die eine die andre an Kindes Statt angenommen hat,
während der Dauer desselben;
5) endlich ist die Ehe untersagt zwischen einem wegen Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen, doch kann von diesem
letztgedachten Ehehindernis dispensiert werden. Dagegen ist die katholische Priesterweihe ein staatliches Ehehindernis nicht
mehr. Weiter hat das gedachte Gesetz, abgesehen von den bereits besprochenen und von ihm beibehaltenen
dispensabeln Hindernissen der noch nicht erreichten Ehemündigkeit, des mangelnden Konsenses und des für Witwen bestehenden
Verbots des Abschlusses einer anderweiten Ehe vor Ablauf
[* 49] des zehnten Monats seit Beendigung der frühern Ehe, verordnet, daß
an den partikularistischen Bestimmungen über die Wirkungen des Zwanges, Irrtums und Betrugs auf die Gültigkeit
der Ehe nichts geändert
¶
mehr
werden solle. Ebenso ist das Verbot wiederholt, daß niemand eine neue Ehe schließen dürfe, bevor seine frühere
Ehe aufgelöst, für ungültig oder für nichtig erklärt sei (s. Bigamie). Was aber den Zwang als Ehehindernis anbetrifft, so
gilt eine Eheschließung als erzwungen, wenn jemand durch absolute oder durch psychische Gewalt, z. B.
durch ernstliche Drohung eines bedeutenden Übels, zur Eheschließung genötigt worden ist. Dahin gehört aber nicht der sogen.
Metus reverentialis, d. h. die Furcht vor dem elterlichen Zornim Fall einer Weigerung.
Entführung war im römischen Recht ein absolut vernichtendes Ehehindernis, heute fällt sie lediglich unter den Gesichtspunkt
des Zwanges. Der Irrtum kann ebenfalls einen Grund zur Annullierung der Ehe abgeben, so Irrtum über die Identität
der Person, über Eigenschaften, welche bei Eingehung der Ehe ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden sind, z. B. Virginität,
über körperliche, bereits bei Eingehung der Ehe vorhandene Gebrechen, welche die Zwecke der Ehe vereiteln, etc. Dagegen ist
der Betrug nicht als ein besonderes Ehehindernis zu betrachten, sondern es hängt hier alles von dem Grade
des durch den Betrug hervorgerufenen Irrtums ab. Was die Religionsverschiedenheit (disparitas cultus) anlangt, so waren nach
gemeinem Kirchenrecht Ehen mit Juden, Heiden oder Mohammedanern unstatthaft.
Die moderne Gesetzgebung hat jedoch jene Ehehindernisse, welche aus der Verschiedenheit der Konfessionen
[* 51] entnommen waren, mehr und mehr beseitigt, und das nunmehrige deutsche Reichsgesetz vom hat alle Beschränkungen
der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses und somit auch alle
derartigen Eheverbote aufgehoben. Schon zuvor war durch Gesetz vom welches jedoch in Bayern
[* 52] und
in Elsaß-Lothringen
[* 53] noch keine Gültigkeit erlangt hat, bestimmt worden, daß Bundesangehörige künftighin zur Eingehung
einer Ehe oder zu der damit verbundenen Gründung eines eignen Haushalts weder des Besitzes noch des Erwerbs der Gemeindeangehörigkeit
oder des Einwohnerrechts, noch der Genehmigung seitens der Gemeinde, der Gutsherrschaft oder des Armenverbandes,
noch einer obrigkeitlichen Erlaubnis bedürfen sollten.
Überhaupt geht die Tendenz der modernen Bevölkerungspolitik auf möglichste Beseitigung polizeilicher Ehebeschränkungen
(s. Bevölkerung,
[* 54] S. 854). Was die Dispensation von Ehehindernissen anbelangt, so war früher in der katholischen Kirche für
alle vernichtenden Ehehindernisse und für das aufschiebende Ehehindernis der Ketzerei der Papst allein
zur Dispensation befugt. In allen übrigen Fällen war der Bischof kompetent. In der evangelischen Kirche erteilen die Dispensation
je nach der Wichtigkeit der Fälle der Landesherr oder die hierzu geordneten Behörden.
Das oft erwähnte deutsche Reichsgesetz vom hat dagegen ausdrücklich verordnet, daß die Befugnis zur Dispensation
von Ehehindernissen nur dem Staat zustehen solle. Über die Ausübung dieser Befugnis haben die Landesregierungen
zu bestimmen. Ist bei einer ungültigen Ehe das der Gültigkeit entgegenstehende Ehehindernis einem Ehegatten unbekannt gewesen
(Glaubens-, Putativehe, matrimonium putativum), so gilt derselbe insoweit und so lange als rechtmäßiger Ehegatte, und
die aus einer solchen Verbindung hervorgegangenen Kinder haben die rechtliche Stellung von ehelichen.
Wer übrigens bei Eingehung einer Ehe dem andern Teil ein gesetzliches Ehehindernis arglistig verschweigt, oder wer den andern
Teil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung
verleitet, welche den Getäuschten berechtigt, die Gültigkeit
der Ehe anzufechten, wird nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 170), wenn aus einem dieser Gründe die
Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Doch tritt die strafrechtliche Verfolgung nur
auf Antrag des getäuschten Teils ein.
Form der Eheschließung.
Das römische Recht faßte die Eheschließung wesentlich aus dem Gesichtspunkt eines Vertrags auf; daraus erklärt es sich,
daß Hochzeitsgebräuche wohl üblich waren, daß sich mit der Zeit auch der Brauch einer kirchlichen Weihe des Ehebündnisses
(hierologia, Kopulation,
[* 55] Trauung) ausbildete, daß aber die Gültigkeit der Ehe selbst von diesem religiösen Weiheakt keineswegs
abhängig war. Ebensowenig war die kirchliche Trauung ursprünglich nach kanonischem Recht zur bürgerlichen Gültigkeit der
Ehe erforderlich; es gehörte dazu lediglich die übereinstimmende Willenserklärung der Verlobten.
Daher bezeichnet das kanonische Recht Ehe und Verlöbnis mit einem und demselben Wort: »Sponsalia« und läßt das Verlöbnis (sponsalia
de futuro) schon durch die fleischliche Verbindung der Verlobten von selbst zur Ehe (sponsalia de praesenti) werden. Indessen
waren mit diesem formlosen Abschluß der Ehe manche Mißstände verbunden, weshalb das tridentinische Konzil
(1563) die Gültigkeit der Ehe von der Konsenserklärung der Brautleute vor dem Pfarrer und vor zwei oder drei Zeugen nach vorgängigem
Aufgebot abhängig machte.
Hieran sollte sich als angemessene und übliche Form der Eheschließung die kirchliche Trauung anschließen. Auch
nach den Satzungen des tridentinischen Konzils ist indessen die Trauung nichts andres und nicht mehr als ein kirchlicher Weiheakt.
Das Wesentliche ist die Konsenserklärung. Zuständig ist zu deren Entgegennahme der Pfarrer des Wohnorts der Brautleute oder
ein von diesem durch einen Entlaßschein (dimissoriale) hierzu ermächtigter Geistlicher. Zu gewissen Zeiten, namentlich
zur Advents- und Fastenzeit (geschlossene Zeit), sollen keine kirchlichen Trauungen vorgenommen werden; doch ist Dispensation
statthaft.
Das protestantische Eherecht schloß sich ursprünglich dem kanonischen Recht an. Es bildete sich jedoch bald der Grundsatz
aus, daß die priesterliche Einsegnung der Ehe zu einer gültigen Eheschließung erforderlich sei. Die Unterlassung des auch
in der protestantischen Kirche vorgeschriebenen Aufgebots (s. d.) dagegen machte die gleichwohl abgeschlossene Ehe nicht
zu einer ungültigen. Erst in neuerer Zeit brach sich mehr und mehr die Auffassung Bahn, daß die bürgerliche Gültigkeit
der Ehe von dem religiösen Akt unabhängig sein müsse.