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doppelte Ziegelplattschicht und eine ca. 1 cm starke Asphaltschicht hinzufügt.
doppelte Ziegelplattschicht und eine ca. 1 cm starke Asphaltschicht hinzufügt.
(Durchlauchtig, lat. serenus, serenissimus), Titel fürstlicher Personen, ward zuerst 1375 von Kaiser Karl IV. den Kurfürsten, 1664 auch andern Fürsten verliehen und zwar zuerst den württembergischen, während die andern Durchlauchtig Hochgeboren blieben. Als später der Titel Durchlaucht allgemeiner wurde, erhielten die weltlichen Kurfürsten sowie die geistlichen, wenn sie fürstlicher Herkunft waren, und die Erzherzöge von Österreich [* 2] das Prädikat Durchlauchtigst.
Nach Beschluß vom gaben sich die Angehörigen der alten Fürstenhäuser untereinander ebenfalls das Prädikat Durchlauchtigst; bezüglich der neuen reichsfürstlichen Häuser aber verabredeten sie unterm denselben auch das Prädikat Durchlauchtig oder Durchlauchtig Hochgeboren zugestehen zu wollen, wenn diese auch ferner ihnen das Durchlauchtigst geben und in der Unterschrift Dienstwilligster zeichnen würden. Gegenwärtig ist Durchlaucht zunächst das Ehrenprädikat der Souveräne der deutschen Fürstentümer und der Angehörigen ihres Hauses.
Durch Beschluß der Bundesversammlung vom ist jedoch auch den vormals reichsständischen, jetzt standesherrlich untergeordneten Fürsten das Prädikat Durchlaucht erteilt. Zwar sollte nach dem Bundesbeschluß vom nur den Häuptern der mittelbar gewordenen, vormals reichsständischen fürstlichen Familien dieses Prädikat zukommen; doch ist dasselbe auch den nicht zum Reichsfürstenstand gehörenden Fürsten Hardenberg, Putbus, Pückler, Wrede u. a. beigelegt worden, weshalb die regierenden Herzöge seit 1844 den Titel Hoheit annahmen, während die Großherzöge und die Angehörigen ihrer Familie das Prädikat Königliche [* 3] Hoheit führen. Auch ist der Titel Durchlaucht selbst neuerdings erst in den Fürstenstand erhobenen Personen beigelegt worden, wie z. B. dem Fürsten Bismarck. Durchlauchtigst (serenissima) hießen sonst die Republiken Venedig, [* 4] Genua, [* 5] Polen sowie der Deutsche [* 6] Bund.
s. Aufliegen. ^[= (Decubitus), die Entzündung, Verschwärung und das brandige Absterben der Haut ...]
s. Durchzugsrecht. ^[= das Recht, vermöge dessen ein Staat durch das Gebiet eines andern Truppen marschieren lassen ...]
(Diameter), bei den Kegelschnitten eine gerade Linie, welche alle parallelen Sehnen derselben halbiert. Beim Kreis, [* 7] der Ellipse [* 8] und Hyperbel [* 9] schneiden sich alle Durchmesser im Mittelpunkt und werden dort halbiert, die Durchmesser des Kreises sind außerdem noch alle gleich groß; bei der Parabel [* 10] laufen alle Durchmesser parallel.
Vgl. Ellipse, Hyperbel, Kreis, Parabel. Durchmesser der Kugel ist jede durch deren Mittelpunkt gehende Sehne; wie beim Kreise [* 11] sind auch bei der Kugel alle Durchmesser gleich lang.
Scheinbarer Durchmesser einer Kugel heißt der Winkel, [* 12] den zwei vom Auge [* 13] eines in bestimmter Entfernung stehenden Beobachters nach der Kugel gezogene Tangenten einschließen, deren Ebene durch den Kugelmittelpunkt geht. Durchmesser der Schwere ist eine durch den Schwerpunkt [* 14] eines Körpers gehende, beiderseits durch die Oberfläche des Körpers begrenzte gerade Linie.
im Bergwesen mit Örtern durchfahren, den Betriebsbau einer Grube nach allen Richtungen ausdehnen.
s. Aufpausen. ^[= (Aufpatronieren, Aufpudern), Verfahren, mittels dessen man Zeichnungen von als Vorlage dienenden ...]
s. Durchsichtigkeit. ^[= (Diaphanität, Pellucidität; Transparenz), die Eigenschaft der Körper, dem auf sie fallenden ...]
(Ausschlageisen), s. Lochen. ^[= Herstellung von Löchern in Blech, Leder u. dgl. durch Ausschlagen der entsprechenden Teile, ...]
die Stelle, wo zwei oder mehrere geometrische Größen sich schneiden.
Linien schneiden sich in Punkten (Schnittpunkte), Flächen in Linien (Schnittlinien), Körper in Flächen (Schnittflächen).
Auch ist Durchschnitt s. v. w. Profil.
(Durchstoß), s. v. w. Lochmaschine. ^[= s. Lochen.] [* 15]
Rechnung, durch die aus verschiedenen Angaben über einen und denselben Gegenstand das arithmetische Mittel gefunden wird. Die Durchschnittsrechnung begreift hauptsächlich drei Fälle:
1) wenn aus verschiedenen Werten zusammensetzbarer oder mischbarer Dinge der Wert gesucht werden soll, den die wirklich vorgenommene oder bloß gedachte Mischung hat; vgl. Alligationsrechnung;
2) wenn aus den Preisen, die eine Sache zu verschiedenen Zeiten hatte, der Durchschnittspreis derselben bestimmt werden soll;
3) wenn die mittlere Verfallzeit von mehreren zu verschiedenen Zeiten zahlbaren Kapitalien (besonders Wechseln) zu suchen ist, also eine Durchschnittsverfallzeit, zu welcher (ohne Nachteil der Gläubiger oder Schuldner) die Zahlung auf einmal geleistet werden kann; vgl. Terminrechnung.
s. Schmieden. ^[= im weitern Sinn die Formänderung, welche durch Hammerschläge an Metallen vollzogen wird (Eisenschm ...]
s. Buchdruckerkunst, ^[= (Typographie), die Kunst, den durch die Schrift zu sichtbarem Ausdruck gelangten Gedanken durch ...] S. 558.
(Diaphanität, Pellucidität; Transparenz), die Eigenschaft der Körper, dem auf sie fallenden Lichte den Durchgang zu gestatten, findet bei verschiedenen Körpern in sehr verschiedenem Grad und in allmählicher Abstufung statt. Es gibt weder absolut undurchsichtige Körper noch solche, welche allen auf ihre Oberfläche fallenden Lichtstrahlen ohne irgend eine Schwächung den freien Durchgang gestatten. Selbst durch reines Spiegelglas gehen nur etwa 80 Proz. des auffallenden Lichts.
Anderseits gewinnen Körper, die in großen Massen ganz undurchsichtig sind, in sehr dünnen Schichten einen gewissen Grad von Durchsichtigkeit (z. B. Gold [* 16] als Blattgold); dagegen verlieren andre, welche in kleinen Schichten höchst durchsichtig sind, bei größerer Dicke oder Tiefe alle bemerkbare Durchsichtigkeit. So würde auch die Atmosphäre, wenn sie die mittlere Dichtigkeit, welche sie an der Oberfläche der Erde hat, durchweg behielte, bei 976,000 m Höhe gar kein Sonnenlicht mehr durchlassen.
Aus der Dichtigkeit und chemischen Beschaffenheit eines Körpers läßt sich auf seine Durchsichtigkeit kein Schluß machen; dieselbe hängt vor allem von einer gewissen Gleichartigkeit der Masse, namentlich von deren gleichmäßiger Dichtigkeit, ab, und jede Ausscheidung einzelner abgegrenzter Teile im Innern einer Masse stört die Durchsichtigkeit, indem das Licht [* 17] im Innern der Körper an den Stellen zurückgeworfen wird, wo der Strahl zu einem Stoffe von abweichender Dichte oder Brechungskraft gelangt.
Ein Instrument zur Bestimmung der Durchsichtigkeit ist das Diaphanometer (s. d.). Man ermittelt mit Hilfe desselben den Durchsichtigkeitskoeffizienten, welcher den Bruchteil des einfallenden Lichts angibt, der durch eine als Längeneinheit gewählte Schicht des betreffenden Körpers gegangen ist. Da das weiße Licht aus zahlreichen farbigen Strahlen besteht, so kann es vorkommen, daß ein Körper nicht für alle Farben gleichmäßig durchsichtig ist; er absorbiert die Strahlen einer oder mehrerer Farben, während er die Strahlen der andern Farbe oder Farben durchläßt.
Dies ist der Fall bei allen farbigen durchsichtigen Körpern, deren Farbe eben nur daher rührt, daß von dem weißen Licht gewisse Strahlen absorbiert werden. Zwei farbige durchsichtige Körper werden, aufeinander gelegt, undurchsichtig, wenn die Strahlen, welche der eine Körper durchläßt, von dem andern vollkommen absorbiert werden. Ein blaues Glas, [* 18] welches keine andre Farbe und namentlich kein Rot durchläßt, und ein rotes Glas, welches keine andre Farbe und namentlich kein Blau durchläßt, jedes für sich allein durchsichtig, sind, aufeinander gelegt, undurchsichtig, ¶
Im gewöhnlichen Leben nennt man diejenigen farbigen Körper am durchsichtigsten, welche die meisten leuchtenden Strahlen durchlassen, also die gelben, und diejenigen die undurchsichtigsten, welche den wenigsten leuchtenden Strahlen den Durchgang gestatten, also die blauen und violetten. Die verschiedenen Abstufungen der Durchsichtigkeit (Pellucidität) finden in der Mineralogie sorgfältige Beachtung, weil sie hier einen wesentlichen Teil der Kennzeichenlehre ausmachen.
Durchsichtig heißt ein Mineral (oder überhaupt ein Körper), welches die auffallenden Lichtstrahlen so vollständig durchläßt, daß die hinter ihm befindlichen Gegenstände deutlich gesehen werden können;
halbdurchsichtig, wenn es die hinter ihm befindlichen Gegenstände noch erkennen läßt, aber nicht mehr in deutlichen Umrissen;
durchscheinend, wenn es nur einen einförmigen Lichtschein durchschimmern, aber den dahinter befindlichen Gegenstand nicht mehr wahrnehmen läßt;
kantendurchscheinend (an den Kanten durchscheinend), wenn es nur an den scharfen Kanten einen Lichtschein durchschimmern läßt;
undurchsichtig, wenn es gar keine bemerkbaren Lichtstrahlen durchläßt.
die Herstellung von Löchern in Metallplatten etc., s. Lochen.
einer Person und der ihr zugehörigen Sachen, der Wohnung (Haussuchung) und andrer Räume ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und regelmäßig nur obrigkeitlichen Personen gestattet, wie Richter- und Polizeibeamten nach Maßgabe der strafprozessualischen Vorschriften, Zoll- und Steuerbeamten innerhalb ihrer Berufssphäre mit Rücksicht auf zoll- und steuerpflichtige Gegenstände, und Forstbeamten in denjenigen Fällen, welche die Forstordnung und die Forststrafgesetze des nähern bezeichnen.
Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 678) ermächtigt den Gerichtsvollzieher, behufs einer Zwangsvollstreckung die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen. Derselbe ist befugt, verschlossene Hausthüren, Zimmerthüren und Behältnisse öffnen zu lassen, nötigen Falls unter Anwendung von Gewalt und Gewaltmaßregeln. Im Strafverfahren ist der moderne Rechtsgrundsatz anerkannt, daß der Regel nach nur der Richter eine Durchsuchung anordnen und vornehmen darf.
Nur ausnahmsweise, wenn Gefahr im Verzug, gestattet die deutsche Strafprozeßordnung auch der Staatsanwaltschaft und den Sicherheits- und Polizeibeamten die Durchsuchung. Handelt es sich dabei um eine Haussuchung, so ist der Inhaber der zu durchsuchenden Räume befugt, der Durchsuchung beizuwohnen. In seiner Abwesenheit ist, wenn möglich, ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. Findet eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts statt, so sind, wenn dies möglich ist, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der betreffenden Gemeinde zuzuziehen, welch letztere nicht zugleich Polizei- oder Sicherheitsbeamte sein sollen. In erster Linie ist aber eine Durchsuchung nur demjenigen gegenüber zulässig, welcher als Thäter oder Teilnehmer einer strafbaren Handlung oder als Begünstiger oder Hehler verdächtig ist, sei es zum Zweck seiner Ergreifung, sei es zum Nachsuchen nach Beweismitteln.
Bei andern Personen sollen Durchsuchungen nur behufs Ergreifung von Beschuldigten oder behufs Verfolgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder zum Zweck der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände stattfinden, wofern anzunehmen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet; eine Bestimmung, welche sich jedoch nicht auf solche Räume bezieht, in welchen der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder die er während der Verfolgung betreten hat, oder in welcher eine unter Polizeiaufsicht stehende Person sich aufhält.
Zur Nachtzeit soll eine Haussuchung nur bei Verfolgung auf frischer That oder bei Gefahr im Verzug oder behufs Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen vorgenommen werden, abgesehen von den Wohnungen der unter Polizeiaufsicht Stehenden, den zur Nachtzeit jedermann zugänglichen Räumen, den notorischen Herbergen und Versammlungsorten bestrafter Personen, den Niederlagen von Sachen, welche mittels strafbarer Handlungen erlangt sind, und den bekannten Schlupfwinkeln des Glücksspiels oder der gewerbsmäßigen Unzucht.
Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 102-108; Österreichische Strafprozeßordnung, § 139-142; Code d'instruction crim., Art. 16, 35-39, 49 f., 87-90, 464.
(Anhalte-, Besichtigungs-, Untersuchungs-, Visitationsrecht, Jus visitationis, franz. Droit de visite, de recherche, engl. Right of visit, of search), die völkerrechtliche Befugnis kriegführender Mächte, durch ihre Kriegsschiffe fremde Privatschiffe anzuhalten, zu besuchen und zu durchsuchen. Der Zweck dieser Maßregel ist die Feststellung der Nationalität der angehaltenen Schiffe [* 20] sowie die Ermittelung, ob das betreffende Schiff [* 21] sich eines Blockadebruchs schuldig gemacht habe, oder ob es feindliche Mannschaft oder Kriegskonterbande mit sich führe.
Das Durchsuchungsrecht richtet sich wesentlich gegen die Schiffe neutraler Mächte, da diejenigen der feindlichen Macht selbst von dem Gegner weggenommen werden können, weil das Privateigentum zur See von den kriegführenden Mächten wechselseitig nicht respektiert wird. Auch neutralen Kriegsschiffen gegenüber ist die Anwendung des Durchsuchungsrechts ausgeschlossen, desgleichen solchen neutralen Handelsschiffen gegenüber, welche unter dem Geleit (Konvoi) von Kriegsschiffen ihres Heimatstaats segeln. Es ist jedoch in diesem Fall notwendig, daß das Konvoischiff legitimiert und vor der Abfahrt inspiziert ist, auch von Anfang an dauernd mitsegelt.
Das Durchsuchungsrecht richtet sich nach den hierüber vorhandenen Verträgen und Instruktionen, namentlich aber nach den Prisenreglements der einzelnen Seestaaten (z. B. preußisches Prisenreglement vom österreichische Verordnungen vom 3. März und und dänisches Prisenreglement vom Prisenkonventionen von Österreich und Preußen [* 22] vom von Frankreich und Großbritannien [* 23] vom etc.). Das in Turin [* 24] 1882 durch das Institut de droit international beschlossene Règlement international des prises maritimes, welches auch das Durchsuchungsrecht normiert, kann nur wissenschaftliche Autorität für sich in Anspruch nehmen. Im allgemeinen wird das Durchsuchungsrecht nach folgenden Grundsätzen ausgeübt: Das Kriegsschiff, welches ein Handelsschiff anhalten will, fordert letzteres durch einen blinden Schuß (coup de canon de semonce à boulet perdu oder à poudre) zum Halten auf, indem es seine Flagge aufheißt, über welcher sich nachts eine Laterne befindet. Daraufhin muß das anzuhaltende Schiff seine Flagge ebenfalls aufziehen und aufbrassen oder beidrehen, um den Besuch zu erwarten. Das Kriegsschiff entsendet nunmehr einen Offizier mit der nötigen Mannschaft. Der Offizier begibt sich mit zwei oder drei Mann an Bord des angehaltenen Schiffs, um zunächst die Schiffspapiere zu prüfen. Nur wenn besondere Gründe vorliegen, ¶
wird von der Visitation zur Durchsuchung des Schiffs übergegangen, weshalb man wohl zwischen Visitationsrecht und Durchsuchungsrecht (im engern Sinn) unterscheidet. Solche Gründe sind: das Fehlen der Schiffspapiere, Mängel und Fehler derselben, Führung einer falschen Flagge, Widersetzung bei der Visite der einzelnen Behälter oder überhaupt bei der Visitation u. dgl. Ein Schiff, welches auf gehörige Aufforderung nicht anhält oder sich der Visitation oder der Untersuchung widersetzt, kann zwangsweise dazu angehalten werden.
Die Gewaltmaßregeln können bis zur Vernichtung des Schiffs gehen. Bei der Durchsuchung ist die Mitwirkung des Kapitäns des angehaltenen Schiffs in Anspruch zu nehmen, eigenmächtiges Handeln und willkürliches Verfahren zu vermeiden. Nicht anerkannt ist dagegen ein Durchsuchungsrecht in Friedenszeiten (sogen. Droit d'enquête du pavillon, engl. Right of approach). Nur zur Unterdrückung des Sklavenhandels haben sich die Seemächte ein solches Durchsuchungsrecht gegenseitig zugestanden; die Vereinigten Staaten [* 26] von Nordamerika [* 27] anerkennen es nicht einmal zu diesem Zweck. Im übrigen ist das Durchsuchungsrecht in Friedenszeiten auch nicht zur Feststellung der Nationalität oder wegen Verdachts der Seeräuberei statuiert.
Eine Erörterung dieser Frage ward seiner Zeit durch das Vorgehen des Kapitäns Werner veranlaßt, welcher als Kapitän des preußischen Kriegsschiffs Friedrich Karl den spanischen Aviso Vigilante vor Cartagena anhielt und wegnahm, ein Verfahren, welches schon um deswillen ein rechtswidriges war, weil Preußen in jenem Fall nicht zu den kriegführenden Mächten gehörte und auch eine Maßregel zur Unterdrückung des Sklavenhandels nicht in Frage stand.
Vgl. außer den Handbüchern des Völkerrechts und des Seerechts: Hautefeuille, Des droits et devoirs des nations neutres (3. Aufl., Par. 1868);
Attlmayr, Elemente des internationalen Seerechts, Bd. 1 (Wien [* 28] 1872);
Geßner, Le [* 29] droit des neutres sur mer (2. Aufl., Berl. 1876);
Lehmann, Die Zufuhr von Kriegskonterbandewaren (Kiel [* 30] 1877);
Tecklenborg, Der Vigilante-Fall (das. 1873).
(Diaphysis), eine Bildungsabweichung, bei welcher die Blütenachse an ihrer Spitze unter Blattbildung weiterwächst und die Form einer neuen Blüte, [* 31] eines Blütenstandes oder eines Laubsprosses annimmt.
Häufig sind z. B.
durchwachsene Rosen. Wird eine Blüte ganz durch einen Blattsproß ersetzt, der abfällt und sich am Boden zu bewurzeln vermag, so liegt Viviparie (Lebendiggebären) vor, die an Grasblüten nicht selten ist.
militärisch die Bewegung, bei welcher eine Truppenabteilung (oder das Treffen) nach vorwärts oder rückwärts durch die Intervalle einer andern hindurchgeht. Vgl. Échiquier.
das Recht, vermöge dessen ein Staat durch das Gebiet eines andern Truppen marschieren lassen kann. Dies Recht kann durch Vertrag und zwar entweder für die Dauer als sogen. Staatsservitut oder nur für einzelne Fälle erworben sein. Ein erzwungener Durchmarsch, der durch das Gebiet eines fremden souveränen Staats ohne ein solches Recht oder eine besondere Verwilligung des betretenen Staats geschieht, ist als Verletzung des Gebiets ein Casus belli (Kriegsfall).
Staaten, welche miteinander zu einem Krieg verbunden sind, gewähren sich den Durchmarsch gegenseitig, so oft es der Kriegszweck erfordert. Von Wichtigkeit war dies Durchzugsrecht besonders zur Zeit des Deutschen Bundes, namentlich für Preußen, dessen Gebietsteile ganz getrennt lagen, und auch für Bayern. [* 32] Es bestanden zur damaligen Zeit besondere Konventionen über das Durchzugsrecht zwischen den verschiedenen deutschen Staaten, und es galt unter anderm die Bestimmung, daß die Besatzungen der Bundesfestungen in allen Staaten für den Weg nach und von der Heimat das Durchzugsrecht hatten. Für das gegenwärtige Deutsche Reich bedarf es bei der Einheitlichkeit der Militärverfassung derartiger Abmachungen zwischen den einzelnen deutschen Staaten untereinander nicht mehr. Bei der jetzigen Gestaltung der staatlichen Verhältnisse in Europa [* 33] würde das Durchzugsrecht jedesmal einer besondern Abmachung bedürfen. Vgl. Etappenstraßen.
Friedrich, Maler, geb. 1809 zu Leipzig, [* 34] studierte auf der Kunstakademie in München [* 35] und bildete sich besonders unter dem Hofmaler Joseph Stieler aus. In den Jahren 1836 und 1837 bereiste er Italien. [* 36] Nach seiner Rückkehr widmete er sich in München vorzugsweise der Porträtmalerei mit solchem Erfolg, daß er zahlreiche Aufträge erhielt (die herzoglich Leuchtenbergsche Familie, König Ludwig I. von Bayern, König Oskar von Schweden [* 37] und dessen Familie, Kaiser von Österreich und König Ludwig II. von Bayern). Seit dem Anfang der 50er Jahre malte er auch mythologische und Genrebilder, teils mit ernst poesievoller, teils mit humoristischer Auffassung, unter denen hervorzuheben sind: Hebe den Adler [* 38] tränkend, Aurora, allgemeine Landesbewaffnung, das Violinsolo mit Begleitung, der kleine Republikaner, der Meraner Hirtenknabe und Lieder ohne Worte.
Joseph, philosoph. Schriftsteller, geb. 1837 zu Horitz, studierte in Prag, [* 39] lehrte seit 1867 am akademischen Gymnasium daselbst, habilitierte sich 1869 als Dozent der Philosophie an der dortigen Universität, wurde 1881 zum ordentlichen Professor dieses Faches an der tschechischen Universität ernannt und 1883 auch in den Landtag gewählt. Seine in deutscher Sprache [* 40] abgefaßte Schrift »Leibniz und Newton« (Halle [* 41] 1869) hat seinen Namen auch in deutschen Fachkreisen bekannt gemacht. Sein Hauptwerk ist die »Vseobecná aesthetika« (»Allgemeine Ästhetik«, 1875),
das erste selbständige Werk dieser Art in der tschechischen Litteratur. Ferner sind zu erwähnen: »O poesii á povaze lorda Byrona« (Prag 1870),
eine vortreffliche Erörterung der Grundideen Byrons, dessen »Kain« Durdik musterhaft übersetzte;
»Dejepisz naztin filosofie novoveké« (»Geschichte der neuern Philosophie«, das. 1870);
»Kaliologie« (das. 1873) u. a. Durdik lehnt sich entschieden an die deutsche Philosophie an und betrachtet deren Wege als die allein richtigen.
Mit geringerm Erfolg versuchte er sich auf dramatischem Gebiet. Sein Drama »Stanislav a Ludmila« (1881), aus den Zeiten des hussitischen Kirchenstreits, ist eine inhaltreiche Ideendichtung, die sich durch gewählte Sprache auszeichnet, aber der dramatischen Handlung entbehrt. Hingegen bekundet Durdik in seinen gelegentlichen Kritiken dramatischer Schöpfungen den hervorragenden Ästhetiker.
[* 42] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Aachen, [* 43] 129 m ü. M., in freundlicher Umgebung an der Roer und an den Linien Köln-Herbesthal, Düren-Neuß, Düren-Euskirchen und Düren-Jülich der Preuß. Staatsbahn, hat 2 evangelische und 5 kath. Kirchen (darunter die altgotische St. Annakirche mit herrlichem Glockenspiel und einem kleinen Teil des Hauptes der heil. Anna, zu dem stark gewallfahrtet wird), eine hübsche Synagoge, ein kath. Gymnasium, ein evang. Realprogymnasium, eine kath. Bürgerschule, eine paritätische und eine kath. höhere Töchterschule, gewerbliche Zeichenschule, eine Stadtbibliothek, eine Provinzial-Blindenanstalt (seit 1845), eine Irrenanstalt, ¶
ein großes Hospital, 3 ansehnliche Tuchfabriken mit Wollspinnerei, eine große Flachsspinnerei, Leinweberei, Eisengießereien und Maschinenfabriken, mehrere Papierfabriken sowie Fabriken in Nadeln, [* 45] Zucker, [* 46] Kunstwolle, Teppichen etc., Bierbrauerei, [* 47] Galmeigruben, lebhaften Getreidehandel und (1880) 17,368 Einw. (1408 Evangelische und 252 Juden). - Düren war schon den Römern als Marcodurum bekannt und soll nebst Köln [* 48] von M. Vipsanius Agrippa erbaut worden sein. Im J. 69 n. Chr. wurden hier mehrere Kohorten der Ubier (Agrippinenser) von dem batavischen Heerführer Civilis überfallen und niedergehauen.
Die Karolinger hielten in der Pfalz Dura (Duria) öfters Reichsversammlungen (761, 775 und 779);
auf den beiden letzten wurden Feldzüge wider die Sachsen [* 49] beschlossen. 881-882 wurde Düren durch die Normannen verheert. Im J. 1000 bestätigte Kaiser Otto III. Düren als Reichsstadt;
1241 ward er von Kaiser Friedrich II. an den Grafen Wilhelm V. von Jülich verpfändet, wodurch er die Reichsunmittelbarkeit verlor. 1543 empörte sich Düren gegen Kaiser Karl V., ward aber von dessen Truppen erstürmt;
1614 nahmen es die Spanier unter Spinola, 1642 die Hessen, [* 50] 1794 die Franzosen unter Marceau.
Unter französischer Herrschaft gehörte Düren bis 1814 zum Roerdepartement. Die Industrie der Stadt und Umgegend verdankt namentlich der Familie Schoeller, die gegenwärtig unter verschiedenen Firmen die mannigfachsten Fabriken leitet, ihren Aufschwung. - Der Kreis Düren enthält zahlreiche Papierfabriken im N. und S. der Stadt Düren längs des Roerthals bei den Dörfern Merken, Lendersdorf, Kreuzau u. a. sowie mehrere Nadelfabriken, ansehnlichen Flachsbau, Töpfereien und nicht unbedeutenden Braunkohlenbergbau.
Vgl. Linde und A. de Bruyn, Betreibung und Geschichte der Stadt Düren (Aach. 1823);
Bonn, [* 51] Rumpel und Fischbach, Sammlung von Materialien zur Geschichte Dürens und seiner nächsten Umgegend (Dür. 1835-54).
Albrecht, Maler und Kupferstecher, Sohn des Goldschmieds Albrecht Dürer, der, im Dorf Eytas in Ungarn [* 52] geboren, 1455 nach Nürnberg [* 53] kam, wo er die Tochter seines Meisters, Barbara Holper, 1467 heiratete. Aus den 18 Kindern dieser Ehe war Albrecht (geb. das dritte. In früher Jugend nahm ihn der Vater in seine Werkstätte, um ihn in der Goldschmiedekunst [* 54] auszubilden. Aus diesen Lehrjahren stammt sein Brustbild, welches er 1484 nach dem Spiegel [* 55] auf Pergament zeichnete, jetzt in der Albertina zu Wien, und eine Madonna mit zwei Engeln von 1485 im Berliner [* 56] Kupferstichkabinett.
Seine Neigung trieb ihn zur Malerei, und er setzte es bei seinem Vater durch, daß ihn dieser 1486 in die Werkstätte Michael Wohlgemuths brachte. Die vier Lehrjahre, welche Dürer hier zubrachte, zogen ihm weidlich Plagen von seinen »Mitknechten« zu, und wenn er auch manches lernte, ja am Ende der Lehrjahre den Meister schon überflügelt hatte, so konnte er sich doch während seines ganzen spätern Lebens von manchen Eigenheiten und Unbeholfenheiten der Wohlgemuthschen Schule nicht völlig los machen. Im J. 1490 ergriff Dürer den Wanderstab, kam 1492 nach Kolmar [* 57] und später nach Basel, [* 58] zuletzt nach Italien (Venedig). Im Frühjahr 1494 von seinem Vater wieder aus der Fremde zurückgerufen, heiratete er eine Nürnberger Bürgerstochter, die wohlhabende und schöne Agnes Frey, die übrigens nicht die Xanthippe gewesen ist, zu der sie böswillige Nachrede gemacht hat.
Nachdem Dürer noch einige Zeit in Wohlgemuths Werkstatt gearbeitet hatte, machte er sich 1497 selbständig. In diese erste Periode seines Künstlerlebens fallen vorwiegend Porträte: [* 59] das Bildnis seines Vaters (1497) in London [* 60] (Sion House), sein Selbstporträt (1498) in Madrid, [* 61] das des Oswald Krell (1499) in München, sein Selbstporträt (1500) in München, Bildnis Friedrichs des Weisen in der Berliner Galerie u. a. Von 1500 stammt auch der kleine Christus am Kreuz [* 62] in der Dresdener Galerie, ein Bildchen von unvergleichlicher Feinheit der Ausführung, und aus derselben Zeit ein Altarwerk ebendaselbst (Maria das Kind anbetend) sowie der Altar [* 63] in Ober-St. Veit bei Wien mit der Kreuzigung Christi.
Seine Hauptthätigkeit widmete er jedoch dem Kupferstich und dem Vorlagenzeichnen für den Holzschnitt; namentlich den erstern betrieb er schon sehr frühzeitig; das erste datierte Blatt [* 64] ist von 1497, dem aber jedenfalls schon verschiedene vorangegangen waren. Aus dieser Zeit stammen ferner: die Offenbarung Johannis (1498), eine Folge von 16 Holzschnitten;
Adam und Eva (1502), ein Kupferstich. Im J. 1505 unternahm er eine zweite Reise nach Venedig, wo damals die größten Meister der venezianischen Schule, Tizian, Giorgione, Palmavecchio, bereits thätig waren;
vor allen aber wirkte Giovanni Bellini auf ihn ein, den er selbst in einem Brief als den »pest in gemell« pries.
Wenn ihn sein ernstes Studium, sein Fleiß und seine Einsicht schon früher in der Heimat den Wert der Korrektheit der Zeichnung und eine wahre Naturauffassung schätzen lehrten, so sah er hier eine ungeahnte Kraft [* 65] und Tiefe des Kolorits, die nachhaltig auf ihn einwirkten. Die deutschen Kaufleute zu Venedig bestellten für die Bartholomäuskirche daselbst ein großes Bild, das Rosenkranzfest, das später Kaiser Rudolf II. um eine große Summe erwarb und von vier Männern nach Prag tragen ließ, wo es sich jetzt im Stift Strahow befindet. Es stellt eine Krönung der Madonna durch zwei Engel dar.
Die Jungfrau reicht dem Kaiser, das Christuskind dem Papst Rosenkränze, ebenso der heil. Dominik und mehrere Engel den Umstehenden. In dem leider durch Übermalung sehr verdorbenen Bild ist der venezianische Einfluß deutlich zu erkennen. Obgleich Dürer in Venedig hohe Anerkennung fand und der Rat von Venedig ihm einen Jahresgehalt von 200 Dukaten anbot, wenn er sich in der Stadt dauernd niederlassen wolle, trat er doch im Spätherbst 1506 die Rückreise in seine Vaterstadt an. Von den ersten Werken Dürers nach seiner Rückkunft von Italien sind zu nennen: das Bildnis eines Jünglings (1507) im Belvedere zu Wien;
ein für den Rat in Nürnberg 1507 gefertigtes, aber verloren gegangenes Bild, Adam und Eva im Paradies darstellend, wovon eine durch Restauration verunstaltete Kopie sich in Mainz [* 66] befindet.
In den Jahren 1507 und 1508 beschäftigte ihn ein Gemälde, welches, vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen für die Kollegiatkirche in Wittenberg [* 67] bestellt, die Marter der zehntausend Christen unter dem Perserkönig Sapor zum Gegenstand hat und sich jetzt im Belvedere zu Wien befindet. Nach der Beendigung desselben arbeitete an seiner berühmten Himmelfahrt und Krönung der Maria, welche der Patrizier Jakob Heller in Frankfurt [* 68] a. M. als Altarblatt für die dortige Dominikanerkirche bestellt hatte. Das Bild brachte dem Dominikanerkloster, dessen Insassen es gegen eine Vergütung sehen ließen, eine reiche Einnahme. Nachdem Kaiser Rudolf vergeblich 100,000 Gulden dafür geboten, wurde es 1613 von dem nachmaligen Kurfürsten Maximilian I. von Bayern für 1000 Joachimsthaler erworben, ging aber bei dem großem ¶
Brande des Münchener Schlosses 1673 zu Grunde. Eine Kopie von Paul Juvenel befindet sich im Saalhof zu Frankfurt a. M. neben den noch erhaltenen Flügeln. Hier gelangt Maria aus dem irdischen Leben durch Engel getragen in die himmlische Glorie. Gott-Vater und -Sohn empfangen sie liebevoll und setzen ihr die Himmlische Krone auf; die Apostel sehen erstaunt auf das leere Grab. Dürer hat sich selbst in dem Mittelgrund der Landschaft dargestellt, er stützt sich auf eine Tafel, worauf zu lesen: »Albertus Dürer Alemanus faciebat post Virginis partum 1509«. Aus dem Jahr 1510 stammen wahrscheinlich Karl d. Gr. im kaiserlichen Ornat, mit dem Schwert in der Rechten und dem Reichsapfel in der Linken, und Kaiser Siegmund als Gegenstück, im Rathaus zu Nürnberg;
aus dem Jahr 1511 das berühmte Bild auf Holz: [* 70] die Anbetung der heiligen Dreifaltigkeit, ursprünglich für die Kapelle des Landauer Brüderhauses gemalt, später (um 1600) vom Nürnberger Rate dem Kaiser Rudolf überlassen, jetzt im Belvedere zu Wien, ein in der Komposition reiches, in der Ausführung meisterhaftes Gemälde.
Während dieser Jahre veröffentlichte Dürer außer vielen kleinern Arbeiten in Kupferstich und Holzschnitt drei große Reihenfolgen von Holzschnitten, welche von des Künstlers reicher Erfindungsgabe ein beredtes Zeugnis ablegen und zu dem Besten gehören, was wir von Dürer besitzen. Es sind dies: die kleine Passion (1509 und 1510), ursprünglich in 37 Blättern;
die große Passion (1510), in Darstellung und Format wesentlich von der kleinen verschieden, aus 11 Darstellungen aus dem Lehen des Heilands und einem Titelblatt bestehend;
das Leben der Maria (1510 und 1511) in 20 Darstellungen.
Ferner sind aus dieser Periode noch zu nennen: der Holzschnitt der heiligen Dreieinigkeit (1511), die Messe des heil. Gregor, der heil. Christoph, die heilige Familie mit Mutter Anna und Joachim mit dem Rosenkranz. Damals machte Dürer auch Versuche, mit der trocknen Nadel auf Kupfer [* 71] zu ritzen; so entstanden die heil. Veronika von 1510, der Leidensheiland und der büßende Hieronymus, beide von 1512. Von dieser Zeit an wiegen überhaupt die Arbeiten Dürers in Holzschnitt und Kupferstich vor, und man begegnet seltener Gemälden von seiner Hand. [* 72]
Von letztern kennt man aus dem Jahr 1512 das kleine Bild der heiligen Jungfrau mit dem nackten Kind auf den Armen, eine angeschnittene Birne haltend (im Belvedere zu Wien). In dasselbe Jahr fällt zum großen Teil eine Reihenfolge von kleinen Kupferstichen, die eine dritte Darstellung der Passion umfassen. Auch erhielt um dieses Jahr Dürer einen Freibrief von seinem Gönner, Kaiser Maximilian, zum Schutz vor Nachbildung seiner Holzschnitte und Kupferstiche. Als hervorragende Werke aus dem Jahr 1512 sind noch zu erwähnen die Stiche: Maria auf der Rasenbank, Christus der Dulder, beides Nadelarbeiten;
der heil. Hieronymus in der Felsenschlucht vor dem Betpult.
Aus dem folgenden Jahr stammen seine berühmten Stiche: Ritter mit Tod und Teufel, der heil. Eustachius bei seinem Pferd [* 73] knieend sowie vielleicht das ursprünglich für die Nürnberger Katharinen-Kirche bestimmte, jetzt in der Münchener Pinakothek befindliche Altarblatt der Geburt Christi mit den beiden Paumgartner. In das Jahr 1514 fällt sein brieflicher Verkehr mit Raffael, dem er sein Selbstporträt, auf Leinwand, mit auf beiden Seiten durchschlagenden Farben gemalt, und einen Teil seiner Kupferstiche und Holzschnitte zusandte.
Raffael, darüber höchst erfreut, schickte als Gegengeschenk Dürer eine Menge Blätter von seiner Hand, von denen eins, eine Rotstiftzeichnung, sich jetzt in dem Kabinett des Erzherzogs Karl in Wien befindet. Dürer hat eigenhändig darauf das Geschenk Raffaels bestätigt. Nun griff Dürer auch das Ätzmittel auf, dessen sich die Waffenschmiede zum Hervorbringen von Figuren auf Rüstungen [* 74] schon seit dem 12. Jahrh. bedienten; er wandte dazu Eisenplatten an. Hierher gehören: Christus auf dem Ölberg, der sitzende Schmerzensmann (beide 1515), der Engel mit dem Schweißtuch, die Entführung (beide 1516), die Kanone (1518), das Studienblatt mit den fünf Figuren.
Kupferstiche im eigentlichen Sinn aus dem Jahr 1515 sind: die sogen. Melancholie, der heil. Hieronymus in der Zelle, [* 75] ein besonders durch die gemütvolle Stimmung und die Sonnenbeleuchtung durch die Scheiben hervorragendes Blatt. Zu jener Zeit mag auch das von den Holzschuher gestiftete Ölbild entstandenen sein: der tote Christus in den Armen des Johannes und beweint von den heiligen Frauen, von Nikodemus und Joseph von Arimathia (für die St. Sebaldkirche bestimmt, jetzt in der Moritzkapelle in Nürnberg).
Weiter sind aus dieser Zeit bekannt die Federzeichnungen zu einem Gebetbuch des Kaisers Maximilian (in der Münchener Hofbibliothek). Von Dürers Hand sind hierin 43 Blätter, die 8 übrigen stammen von L. Cranach. Gleichzeitig entstand Dürers größtes Holzschnittwerk, die berühmte Ehrenpforte des Kaisers Maximilian, nach der Angabe des kaiserlichen Rats Stabius von dem Meister entworfen und größtenteils von dem gleichzeitig lebenden Meister Hieronymus Rösch in Nürnberg geschnitten.
Die 96 Holzstöcke dieses reich mit geschichtlichen Darstellungen, Ornamenten, Arabesken, Porträten ausgestatteten Werkes nehmen zusammengefügt einen Raum von 3,30 m Höhe und 2,80 m Breite [* 76] ein. Verschiedene Ausgaben der Ehrenpforte sind mehr oder minder vollständig erschienen. Die letzte besorgte 1799 Adam v. Bartsch, der die Schnitte, von denen die Stöcke verloren gegangen, auf Kupfer übertrug und so die Vollständigkeit des Werkes sicherte. Im nächsten Jahr (1516) entstanden die in den Uffizien zu Florenz [* 77] befindlichen, in Leimfarbe gemalten Köpfe der Apostel Philippus und Jakobus, ebenso das in der Münchener Pinakothek befindliche Bildnis Michael Wohlgemuths.
Während des Augsburger Reichstags malte Dürer den Kaiser Maximilian. Aus dem Jahr 1519, dem Todesjahr des letztern, kennt man, außer dem bekannten Bildnis des Kaisers mit flachem Hut [* 78] und Pelzmantel, die trefflichen Stiche: der Kurfürst Albrecht von Mainz, der lesende heil. Antonius, Kaiser Maximilian, umgeben von Schutzheiligen, und derselbe zwischen Säulen [* 79] und Greifen. Im J. 1520 begab sich Dürer mit seiner Frau über Bamberg, [* 80] Frankfurt, Köln nach Antwerpen [* 81] und andern niederländischen Städten, von wo er erst im Herbst des folgenden Jahrs zurückkam.
Die Reise, namentlich in den Niederlanden, war ein wahrer Triumph, überall wurde der Meister auf das glänzendste gefeiert; der Antwerpener Magistrat bot ihm vergeblich einen Jahresgehalt von 300 Gulden, ein schönes Haus zum Geschenk, freien Unterhalt und außerdem Bezahlung aller seiner öffentlichen Arbeiten an, um ihn zum ständigen Verbleiben in Antwerpen zu bewegen. Fürsten, fremde Botschafter, Gelehrte, so Erasmus von Rotterdam, [* 82] und Künstler ehrten ihn und zogen ihn in ihre Gesellschaft. Der Kaiser bestätigte ihm die früher gewährten Privilegien und bezeigte ihm außerdem seine Gunst in vollstem Maß. Von hoher Bedeutung für ihn waren der Anblick der niederländischen Kunstschätze und die Bekanntschaft mit den hervorragendsten dortigen Künstlern. Sein während dieser Reise ¶
geführtes Tagebuch gab Campe 1828 zuerst in den »Reliquien von Albrecht Dürer« heraus. Eine vollständige, mit Erläuterungen versehene Ausgabe veranstaltete Fr. Leitschuh (»A. Dürers Tagebuch der Reise in die Niederlande«, [* 84] Leipz. 1884). Auch eine große Anzahl Bildnisse von Geistlichen, fürstlichen Personen, Künstlern etc. sind ein Ergebnis seiner niederländischen Reise. Nach seiner Heimkehr in die Vaterstadt widmete sich Dürer wieder mit rastlosem Eifer der künstlerischen Thätigkeit.
Aus dem Jahr 1521 befindet sich ein Porträt des Bernhard v. Ressen in der Dresdener Galerie. Vom Jahr 1522 stammen die Holzschnitte des großen Triumphwagens des Kaisers Maximilian, deren Stöcke in der kaiserlichen Bibliothek in Wien aufbewahrt werden. Die älteste Originalausgabe mit untenstehendem deutschen Text erschien 1522, die letzte 1589. Vom Jahr 1526 besitzt die Alte Pinakothek in München die beiden bedeutendsten Werke des Künstlers, die herrlichen lebensgroßen Figuren der Apostel Paulus und Petrus und der Evangelisten Markus und Johannes (Seitenstücke), zugleich die vier Temperamente verbildlichend.
Welche Fehler, welche Härten und Eckigkeiten man auch Dürer vielfach nachweisen mag, in diesen Bildern sind sie vermieden; sie sind voll Ruhe, Würde und Hoheit, und Kugler sagt mit Recht: »Nach Vollendung dieses Werkes durfte der Meister sein Auge schließen, denn er hatte das Ziel der Kunst erreicht; hier steht er den größten Meistern, welche die Geschichte der Kunst kennt, ebenbürtig zur Seite«.
Aus demselben Jahr stammt das Ölbild des Hieronymus Holzschuher im Berliner Museum, das beste aller Bildnisse von der Hand Dürers; ferner das Jakob Muffels (ebendaselbst). Im nächsten Jahr endete die bis dahin unerschöpfliche Thätigkeit des Meisters, indem ihn der Tod im noch nicht vollendeten 57. Jahr abrief. Nicht weit entfernt von dem Grab seines Freundes Pirkheimer ruhten die irdischen Reste Dürers auf dem Johanniskirchhof lange unter einer einfachen Metallplatte, welche sein Schwiegervater Frey für sich und seine Familie errichten ließ, bis Sandrart 1681 das verfallene Grab aufs neue errichtete.
Durch die Bemühungen des Albrecht-Dürer-Vereins zu Nürnberg wurde König Ludwigs Vorschlag, zur dritten Säkularfeier von Dürers Todestag eine Bronzestatue desselben in Nürnberg zu errichten, verwirklicht. Am legte man feierlich den Grundstein auf dem Milchmarkt, an welchem das Haus steht, wo Dürer geboren wurde, wirkte und starb, und fand die festliche Enthüllung des Standbildes Dürers, modelliert von Rauch, in Erz gegossen von Burgschmiet, statt.
Dürers Vielseitigkeit als Künstler steht fast ohne Beispiel da. Aus dem vorstehenden Lebensabriß geht seine Thätigkeit als Maler, Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt hervor, aber er verstand sich auch auf Architektur und Bildhauerei; doch sind alle erhaltenen Skulpturen mit Dürers Zeichen verdächtig und jedenfalls der großen Mehrzahl nach unecht. Eine Ausnahme bildet vielleicht ein kleines in Silber gegossenes Relief mit einer vom Rücken gesehenen nackten Frau von 1509 im Besitz der Familie Imhoff in Nürnberg.
Auch dem Kriegswesen blieb Dürer nicht fremd. Seit Einführung der Feuerwaffen der erste Schriftsteller über Festungsbau, ward er an Scharfblick und Erfindungsgabe von keinem der gleichzeitigen Ingenieure übertroffen. Seine vollkommen eigenartigen Ideen bei engem Anschluß an die in den alten Stadtbefestigungen gegebenen Grundlagen enthalten schon alle bei den neuen deutschen Befestigungen maßgebenden Gedanken. Zahlreiche Hohlräume zur sichern Unterkunft der Besatzung, kasemattierte Galerien oder detachierte Mauern mit Schießscharten zur niedern Grabenverteidigung, die tiefe Künette in dem breiten trocknen Graben davor, Kaponnieren für sechs und zehn Geschütze [* 85] quer über den Graben, Anlage der großen Basteien als selbständiger, nach allen Seiten verteidigungsfähiger Abschnitte auf Kanonenschußweite voneinander im Umzug der Stadtbefestigung, 15 m tiefe, revetierte, gegen jede Leiterersteigung sichernde Gräben und daneben Erhöhen des Walles zu weithin beherrschender Geschützaufstellung sind von ihm zuerst angegeben und in einer gegen die damaligen Geschütze völlig ausreichenden Weise verwirklicht worden.
Wien und Padua [* 86] wurden teilweise nach seinen Angaben befestigt. Die meisten seiner Gedanken aber blieben schon der Kostspieligkeit wegen Projekt, und nach langer Vernachlässigung durch die Franzosen etc. war es der Zeit Friedrichs d. Gr. und teilweise erst dem 19. Jahrh. vorbehalten, sie bei deutschen Festungsbauten zu verwirklichen.
Vgl. Wauvermans, A. Dürer, son œuvre militaire (Brüssel [* 87] 1880).
Auch als Schriftsteller trat Dürer auf, namentlich verwandte er den größten Teil seiner letzten Jahre auf derartige Arbeiten. Seine Werke sind: »Geometrie, Underweysung der Messung mit dem Zirkel und Richtscheut in Linien, Ebenen und ganzen Körpern« (Nürnb. 1525, mit 63 Figuren, nachgedruckt zu Arnheim 1603; lat. von Joachim Camerarius, Par. 1532, und ebenfalls nachgedruckt bei Wechel 1535);
»Etliche Underricht zur Befestigung der Stett, Schloß und Flecken« (Nürnb. 1527, mit 19 Holzschnitten; lat., Par. 1535; neue Ausg., Berl. 1823, mit 13 lithographierten Tafeln);
das große, zum Teil erst nach seinem Tod gedruckte Werk über die Verhältnisse des menschlichen Körpers: »Hierinnen sind begriffen vier Bücher von menschlicher Proportion etc.« (Nürnb. 1528, die beiden ersten Bücher lat. von J. ^[Joachim] Camerarius, das. 1532, die beiden andern lat. 1534; das Ganze Par. 1537, 1557, mit einem 5. Buch vermehrt, nachgedruckt; franz., Arnheim 1614; holländ., das. 1622, und ital. von J. P. ^[Giovanni Paolo] Gallucci, Vened. 1591, vermehrt mit dem 5. Buch 1594).
Dürers Briefe, Tagebücher und poetische Versuche sind in Campes »Reliquien« (Nürnb. 1828) abgedruckt, sie wurden später von M. Thausing (»Quellenschriften zur Kunstgeschichte«, Bd. 3, Wien 1872) ins Neuhochdeutsche übertragen. Eine Schrift Dürers über die Stellungen der Pferde [* 88] ging verloren. Eine Gesamtausgabe veranstaltete J. ^[Johann Janssen] Jansen unter dem Titel: »Alb. Duereri opera, d. h. alle Bücher Dürers« (Arnh. 1603). Die ältere Litteratur über Dürer (Biographie von Heller, Leipz. 1827-31, 3 Bde.; von A. v. Eye, Nördl. 1860, u. a.) ist überholt durch M. Thausing, Dürer, Geschichte seines Lebens und seiner Kunst (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.). Daneben sind noch zu erwähnen: R. v. Retberg, Dürers Kupferstiche und Holzschnitte, ein kritisches Verzeichnis (Münch. 1871);
A. v. Zahn, Kunstlehre Dürers und sein Verhältnis zur Renaissance (Leipz. 1866);
Ch. Ephrussi, A. Dürer et ses dessins (Par. 1881).
Sammlungen aus den Werken Dürers in Lichtdruckreproduktionen gaben neuerlich Lübke (Kupferstichwerke), v. Lützow (Holzschnittwerke), Lippmann (Handzeichnungen), Hirth u. a. heraus.
(lat.), hart werden, verhärten.
(spr. dürä), Francisque, franz. Bildhauer, geb. zu Paris, [* 89] Schüler Bosios, gewann 1823 den römischen Preis und errang 1831 mit einem noch etwas an Canova erinnernden Merkur [* 90] ¶