Heutzutage bezeichnet man als Dissidenten diejenigen
Personen, welche nicht zu der Staatskirche oder doch nicht zu den in einem
Staat
als vollberechtigt anerkannten
Kirchen gehören. Da nun in den einzelnen
Staaten nicht dieselben Religionsgemeinschaften
als vollberechtigt anerkannt sind, so kann es vorkommen, daß die
Angehörigen einer
Kirche oder religiösen
Sekte in dem einen
Territorium als Dissidenten betrachtet werden, während sie in einem andern Staatsgebiet der privilegierten
Kirche angehören. In
Deutschland
[* 3] nennt man regelmäßig diejenigen Religionsgesellschaften Dissidenten, welche sich von den drei
christlichen Hauptkonfessionen, der katholischen, protestantischen und reformierten, losgesagt haben.
Während nämlich der
WestfälischeFriede nur jenen drei christlichen
Konfessionen
[* 4] die volle
Religionsfreiheit gesichert hatte,
ist durch die deutsche Partikulargesetzgebung, namentlich in
Preußen,
[* 5] das
Prinzip der
Toleranz mehr und mehr zur Geltung gelangt,
und so kommt es, daß heutzutage den dissidentischen Religionsgemeinschaften regelmäßig das
Recht der
freien und öffentlichen Religionsübung zugestanden ist, wenn sie auch die
Rechte einer
Korporation oder juristischen
Person
nur durch besondere staatliche
Verleihung erlangen können. Für das
Deutsche Reich
[* 6] begründet in bürgerlicher u. staatsbürgerlicher
Beziehung die
Konfession keinen Unterschied der Behandlungsweise mehr, zumal seit Einführung der Zivilstandsregister
und der
Zivilehe (s. d.).
(lat.), in der
GrammatikGegensatz von
Assimilation (s. d.), die Umwandlung eines
Lautes
in einen andern, um die Aufeinanderfolge gleicher
Laute zu vermeiden, z. B. lat. aus ebrius ebrietas (statt
ebriitas), wie aus bonus bonitas.
Wird die
Temperatur erniedrigt, so wird auch wieder ein Teil der
Kohlensäure absorbiert, bis
endlich bei der Ausgangstemperatur
der anfängliche Zustand wiederhergestellt ist. Die Dissociation der chemischen
Verbindungen entgeht daher auch vollständig der
Beobachtung,
wenn man die Dissociationsprodukte, ohne sie zu trennen, erkalten läßt; denn sie vereinigen sich alsdann
wieder, und der erkaltete
Körper erscheint unverändert. Verdampft man
Salmiak, so besteht der
Dampf bei einer gewissen
Temperatur
aus
Chlorwasserstoff
[* 10] und
Ammoniak, welche sich bei niederer
Temperatur wieder zu
Salmiak verbinden.
Bei der Dissociation wird
Wärme aufgenommen, und wenn die Zersetzungsprodukte sich wieder zu der ursprünglichen
Verbindung vereinigen, so wird diese
Wärme wieder frei. Gibt man bei der höhern
Temperatur Gelegenheit zur
Diffusion,
[* 11] so trennen
sich die Dissociationsprodukte, und man findet dann, daß z. B.
Wasser in
Wasserstoff und
Sauerstoff,
Kohlensäure in
Kohlenoxyd
und
Sauerstoff,
Salzsäure in
Chlor und
Wasserstoff dissociiert werden. Häufiger liegen die Temperaturgrenzen
für die Dissociation und die Wiedervereinigung der Zersetzungsprodukte so nahe bei einander, daß die Dissociation nur
unter Anwendung besonderer
Bedingungen erkannt werden kann.
Die Dissociation ist für die theoretische
Chemie von großer Bedeutung und verspricht noch sehr erhebliche
Resultate zu geben. Für
technische
Zwecke hat man sie zur
Konstruktion von
Pyrometern und
Thermometern benutzt. Eine glasierte, luftleere
Porzellanröhre, welche reinen kohlensauren
Kalk erhält, wird in dem
Ofen, dessen
Temperatur bestimmt werden soll, erhitzt
und der
Druck der sich entwickelnden
Kohlensäure an einem mit dem Porzellanrohr verbundenen
Manometer
[* 12] gemessen. Für niedere
Temperaturen ist ein ähnlicher
Apparat, aber eine chemische
Verbindung anzuwenden, die sich sehr viel leichter
zersetzt als kohlensaurer
Kalk. Eine solche ist Chlorcalciumammoniak, bei welchem die
Spannungen des zwischen 0 und 46° frei
werdenden
Ammoniaks von 120-1551
mm schwanken.
in der
Musik ein Zusammenklang, der nicht zur
Einheit verschmilzt, sondern als Doppelklang
empfunden wird. Nach den neuesten Ergebnissen der Untersuchungen auf dem Gebiet der
Harmonik ist ein koordiniertes
Bestehen zweier
Klänge in der Auffassung etwas durchaus Ungewöhnliches; vielmehr werden auch dissonante Zusammenklänge
in der
Regel im
Sinn von (konsonanten)
Dur- oder
Moll-Akkorden gefaßt, deren
Konsonanz durch fremde
Töne gestört wird, während
ihre Klangbedeutung unangetastet bleibt. Die neuere
Harmonielehre spricht daher von dissonanten
Tönen, während die ältere
nur von dissonanten
Intervallen und
Akkorden wußte. Vgl.
Akkord.
Die beiden logischen Schulen des Mittelalters unterscheiden sich darin, daß die einen das Allgemeine
ebenso wie die Einzeldinge als etwas Wirkliches (res) ansahen, welchem außer (extra) oder vor (ante) diesen letztern Existenz
zukomme, die andern nicht.
für die letztern gibt es eigentlich
keine sie alle umfassende Bezeichnung, da die allen gemeinsame Überzeugung, daß das Universale nichts Wirkliches sei, nur
besagt, was dasselbe ihrer Meinung nach nicht, aber nicht, was es sei.
Der erste Bekämpfer des Realismus, Roscellinus, stellte
zugleich die positive Behauptung auf, das Allgemeine bestehe nur für die Sprache
[* 17] und sei nichts weiter
als die mehreren Einzeldingen von dieser gemeinsam beigelegte Benennung (nomen), wodurch er Veranlassung gab, daß nicht
bloß seine direkten Anhänger, sondern überhaupt alle Gegner der Realität der Universalien Nominalisten genannt wurden.
Abälard dagegen machte die Bemerkung, daß die Berechtigung, mehreren Einzeldingen (z. B. allen Pferden)
einen gemeinsamen Namen zu geben, nur daher stamme, weil in denselben sämtlich etwas Gemeinsames (z. B.
die allen Pferden gemeinsamen Merkmale) gefunden werde, welches, im Denken zusammengefaßt, den jene Einzeldinge umfassenden
Begriff (conceptus) ausmache, das Universale daher allerdings nichts Wirkliches (res), aber auch kein bloßer »Name« (nomen)
oder »Stimmhauch« (flatus vocis),
sondern der das Wirkliche »begreifende« Gedanke (conceptus) sei, welche
Lehre
[* 18] nachher als Konzeptualismus bezeichnet wurde.
Dieselbe hat mit dem Nominalismus gemein, daß das Universale weder extra
noch ante rem, nicht aber, daß es um deswillen nur post rem sein könne;
vielmehr betont sie, daß dasselbe zugleich in
re sein müsse, insofern die gemeinsamen Merkmale, deren Zusammenfassung im Denken den Begriff ergibt, in jedem der (zusammengefaßten)
Einzeldinge enthalten sind.
HerrnDr. M. in Wien.
[* 19] Die Worte »La propriété c'est le vol« (deutsch: »Eigentum ist Diebstahl«) rühren von dem französischen
Sozialisten Proudhon her, welcher mit denselben die in seiner Schrift »Qu'est-ce que la propriété?« (1840)
aufgeworfene Frage: »Was ist das Eigentum?« beantwortete.
Sagte er doch in seinem letzten Werk (»Justice dans l'église et dans la révolution«):
»Diese Definition des Eigentums gehört mir. ... In 1000 Jahren werden nicht zwei solche Worte gesprochen
wie diese. ... Diese Definition ist mir mehr wert und teurer als die MillionenRothschilds, und ich wage zu behaupten, daß sie
das wichtigste Ereignis ist unter der RegierungLudwigPhilipps.« Doch schon 60 Jahre früher hatte der 1793 als Mitglied der
Gironde in Paris
[* 20] hingerichtete Brissot de Warville in seinem Werk »Recherches politiques sur le droit de
propriété et le vol« (1780) den gleichen Gedanken ausgesprochen, indem er das Eigentum einen Frevel an der Natur nennt.
Das
Recht des Eigentums aller am Grund und Boden sei das ursprüngliche. Im Naturzustand sei der, welcher mehr habe, als
er gebrauche, ein Dieb, während in der zivilisierten Gesellschaft derjenige als
Dieb betrachtet werde, welcher den Reichen bestehle.
In ähnlicher, wenn auch nicht so schroffer Weise wie Proudhon äußerte sich später Lassalle, indem er in seinem Werk »HerrBastiat-Schulze« (Berl. 1864) sagte: »Eigentum ist Fremdtum«.
Hiernach gehört auch der Arbeit ihr
voller Ertrag.
Nachdem aber der Arbeiter von seinem Arbeitsinstrument getrennt wurde (Smithsche Idee, erweitert von Korrespondenzblatt Marx),
so erhält derselbe bei unsrer gesellschaftlichen Verfassung auf Grund des ehernen Lohngesetzes (aufgestellt
unter andern besonders von Ricardo, in Anlehnung an die Malthusische Bevölkerungstheorie weiter ausgebaut von Lassalle und
bis zu seinen letzten Konsequenzen verfolgt von Korrespondenzblatt Marx durch Betrachtung des Einflusses, welchen die Einführung der Maschinen
in der Industrie ausübt) nur so viel, als zu seiner und seiner FamilieErhaltung nötig ist.
Den Überfluß,
welchen die Produktion über die gezahlten Arbeitslöhne abwirft, streicht der Kapitalist als arbeitsloses Einkommen ein.
Zur Beschaffung des Unterhalts für
den Arbeiter ist nach ihm nur ein Teil der täglichen Arbeitszeit erforderlich (notwendige Arbeitszeit).
Nun ist aber der Arbeiter für das Kapital einen ganzen, oft über Gebühr ausgedehnten Arbeitstag thätig (wirkliche Arbeitszeit).
Der Unterschied zwischen der Länge der wirklichen und derjenigen der notwendigen Arbeitszeit bildet das Maß dessen, was das
Kapital einsaugt oder mit andern Worten der Arbeit vorwegnimmt.
Zunächst beweisen die Hildebrandschen Aktenstücke
unwiderleglich, daß Wallenstein schon 1631 mit GustavAdolf in Beziehung getreten ist und mit Schweden über die gemeinschaftliche
EroberungBöhmens unterhandelt hat, daß aber die Verhandlungen hauptsächlich infolge einer Indiskretion Thurns von Wallenstein
abgebrochen wurden, der sich dem Kaiser gegenüber nicht vorzeitig kompromittieren wollte.
Ferner ergibt
sich aus den Akten des schwedischen Reichsarchivs, daß Wallenstein schon im Frühjahr 1633 wieder mit den Schweden über eine
Verständigung verhandelte, von diesen die Unterordnung des schwedischen Heers unter sein Kommando forderte und dann den Bruch
mit dem Kaiser versprach, der zur
¶
Wiederherstellung der Dinge im Reich und in Böhmen,
[* 27] wie sie vor dem Krieg waren, gezwungen werden sollte;
An den Kaiser berichtete er über
die Besprechungen mit dem sächsischen GeneralArnim und den schwedischen Agenten, aber nicht wahrheitsgemäß und mit Verschweigung
der wesentlichsten Punkte.
Unzweifelhaft täuschte also Wallenstein das Vertrauen des Kaisers, der ihm den Oberbefehl über
sein Heerübertragen, und gewiß that er es nicht aus Patriotismus, sondern um sich die Belohnung durch
ein Kurfürstentum, die der Kaiser ihm kaum noch gewähren konnte, anderweitig zu sichern.
Indes ist auf der andern Seite zu
bedenken, daß der kaiserliche Hof
[* 28] von den verräterischen VerbindungenWallensteins keine zuverlässige Kunde hatte, und daß
nicht sowohl sein Verrat als sein eigenmächtiges Verhalten als Feldherr den Kaiser veranlaßte, gegen Wallenstein
einzuschreiten.
Nachdem Wallenstein durch seine bisherigen Kriegserfolge gegen Schweden den Erwartungen nicht entsprochen hatte,
welche man bei Wiederübertragung des Oberbefehls an ihn in Wien gehegt, nachdem er alle Versuche des kaiserlichen Hofs, auf
die militärischen Operationen bestimmenden Einfluß zu gewinnen, auf Grund des ZnaimerVertrags abgewiesen hatte,
schritt der Kaiser dazu, sich entgegen seinem in Znaim klar und unzweideutig gegebenen Versprechen mit den Wallensteinschen
Obersten, die dem Feldherrn aus verschiedenen Gründen nicht mehr zuverlässig treu waren, in Verbindung zu setzen und, nachdem
er die Mehrzahl für sich gewonnen, Wallenstein zu ächten und dem Tod zu überliefern, worauf gegen seine
Familie und sein Andenken noch recht gehässig gehandelt wurde.
Der verdienstvolle Geschichtschreiber des Dreißigjährigen Kriegs, A. Gindely
in Prag,
[* 30] wird die bedenklichen Mittel und Wege, wie Wallenstein seinen fürstlichen Grundbesitz erwarb, entgegen
einem von dem tschechischen Gymnasialprofessor Bilek verfaßten panegyrischen Werk (»Beiträge
zur Geschichte Wallensteins«, Prag 1885),
wie er in der Münchener »Allgemeinen Zeitung« vom ankündigt, in einem
demnächst erscheinenden Buch: »Waldstein während seines ersten Generalats«, aktenmäßig darlegen.
Anfangs hatte nämlich der FürstBismarck die finanzielle Selbständigkeit des Reichs von den Einzelstaaten
als Hauptziel bei der Erhöhung der Tabakssteuer und bei der Einführung des neuen Tarifs hingestellt.
Während aber die nationalliberale Partei
ihre Zustimmung von konstitutionellen Garantien abhängig machte und selbst dann das Zustandekommen einer Mehrheit zweifelhaft
war, ging der AntragFranckensteins darauf hinaus, den Einzelstaaten »föderative Garantien« zu bieten und
zu diesem Zweck die Matrikularbeiträge der Einzelstaaten beizubehalten.
2) daß die Abgabe von Salz
[* 33] und etliche Zölle nur bis bewilligt und von da an jährlich im Reichshaushaltsetat festgestellt
werden sollten;
3) daß Garantien für Steuererleichterungen in den Einzelstaaten gegeben werden müßten.
Das Kompromiß zwischen Zentrum und
Konservativen kam nun dahin zu stande, daß ersteres die Punkte 2 und 3 fallen ließ, während die Summe
sub 1 auf 130 Mill. Mk. erhöht ward. In dieser Form gelangte der Antrag zur Annahme, und so ward er durch Zustimmung der verbündeten
Regierungen zum Gesetz (§ 8 des Zollgesetzes vom erhoben.
Hiernach verbleibt von dem Ertrag
der Zölle und der Tabakssteuer dem Reich nur die Summe von 130 Mill. Mk., die Überschüsse fließen matrikularmäßig in die
Kassen der Einzelstaaten zurück, die insofern allerdings nach BismarcksAusspruch »Kostgänger des Reichs« geworden sind.
Über die Ergebnisse der letzten Volkszählung im DeutschenReich liegen zur Zeit (Mitte
März 1886) erst von einigen Staaten »vorläufige« Berichte vor, die sich überdies nur zum Teil auf die
Ortsbevölkerung beziehen und auch hier nur eine Auswahl der ansehnlichern Städte berücksichtigen, keineswegs alle.
Vorschriftsmäßig
sind die ersten Ergebnisse der Zählung von seiten der statistischen Büreaus der Einzelstaaten Anfang Mai 1886 an die Zentralstelle,
das kaiserliche StatistischeAmt in Berlin,
[* 35] einzureichen, welches sie dann in einem der »Monatshefte
zur Statistik desDeutschenReichs« veröffentlichen wird.
Sie ersehen daraus zur Genüge, daß es eine Unmöglichkeit war,
die neuen Zahlen bereits im 4. Band
[* 36] zu geben, dessen Druck obendrein schon vor Monaten stattgefunden hat.
Wir hoffen indessen
schon vom Schluß des Buchstaben E an die Angaben nach der neuen Zählung durchführen zu können.
Die
höchst unzuverlässigen Zeitungsnotizen lassen wir durchaus unbeachtet.
(Distanzkauf, Übersendungsgeschäft), im Handelsverkehr dasjenige Kaufgeschäft, bei welchem die
Ware dem Käufer von einem andern Ort übersendet wird. Den Gegensatz dazu bildet das Platzgeschäft. Für den Unterschied zwischen
Distanzgeschäft und Platzgeschäft ist die Frage entscheidend, ob die Ware zur Erfüllungszeit sich bereits an dem Ort
befindet, wo die Abnahme seitens des Käufers erfolgen soll, oder ob sie dorthin seitens des Verkäufers erst von einem andern
Ort übersendet werden muß. Im erstern Falle liegt ein Platzgeschäft, im letztern ein Distanzgeschäft vor.
Bei dem Distanzgeschäft wird die von auswärts kommende Ware dem Käufer zugeschickt, so daß er sie nicht direkt von
dem Verkäufer, sondern vom Transportführer oder Spediteur empfängt. Dies Dazwischentreten einer dritten Person zwischen
Verkäufer und Käufer macht für das Distanzgeschäft besondere Rechtsregeln notwendig, namentlich in Ansehung der Frage, von welchem Zeitpunkt
an die Gefahr der Verschlechterung oder des Unterganges der Ware auf den Käufer übergeht. Das deutsche
Handelsgesetzbuch (Art. 345) bestimmt, daß jedenfalls von dem Augenblick der Übergabe der Ware an den Spediteur, Frachtführer
oder die sonst zum Transport der Ware bestimmte Person an der Käufer die Gefahr trägt, von welcher die Ware getroffen wird.
Ist aber nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts die Gefahr schon zu einem frühern Zeitpunkt von
dem Käufer zu übernehmen, so bleibt es bei diesen Vorschriften. Dieser Vorbehalt bezieht sich namentlich auf das gemeine
deutsche Recht, welches schon mit der Vollendung des Kaufvertrags die Gefahr auf den Käufer übergehen läßt. Die Vorschrift
des Handelsgesetzbuchs gilt natürlich nur für den Fall, daß zwischen Verkäufer und Käufer bezüglich der Übernahme der
Gefahr, von welcher die Ware auf dem Transport betroffen wird, keine anderweite Verabredung getroffen ist.
Was insbesondere den Verkehr auf den deutschen Eisenbahnen anbetrifft, so gilt der Frachtvertrag mit der zum Zeichen der
Annahme erfolgten Aufdrückung des Expeditionsstempels auf den Frachtbrief seitens der Expedition der Absendestation für abgeschlossen
(Betriebsreglement, § 49), und das Reichsoberhandelsgericht hat entschieden, daß mit diesem Moment der Abstempelung auch
die Gefahr auf den Käufer übergeht. Zu beachten ist aber dabei,
daß nach der Verkehrssitte und auch nach Vorschrift des
Handelsgesetzbuchs (Art. 344) der Verkäufer bei dem Distanzgeschäft, wofern der Käufer über die Art der Übersendung nichts bestimmte,
für beauftragt gilt, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns diese Bestimmung statt des Käufers zu treffen und insbesondere
die Person zu bestimmen, durch welche der Transport der Ware besorgt oder ausgeführt werden soll. Namentlich
muß die Ware ordentlich verpackt dem geeigneten Frachtführer ausgeantwortet werden. Für den Empfang der Ware gelten bei dem
Distanzgeschäft folgende Vorschriften (Handelsgesetzbuch, Art. 347): 1) Der Käufer hat nach der Ablieferung ohne Verzug die Ware zu untersuchen,
soweit dies nach dem ordnungsmäßigen Geschäftsgang möglich ist. Ergibt sich die Ware als nicht vertrags-
oder gesetzmäßig, so muß dem Verkäufer sofort Anzeige gemacht werden.
2) Wird dies vom Käufer verabsäumt, so gilt die Ware als genehmigt, wofern es sich nicht um Mängel handelt, welche nach
ordnungsmäßigem Geschäftsgang bei der sofortigen Untersuchung nicht erkennbar waren.
3) Ergeben sich später solche Mängel, so muß die Anzeige ohne Verzug nach der Entdeckung gemacht werden,
widrigenfalls die Ware auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
4) Diese Bestimmungen finden auch auf den Verkauf auf Besicht oder auf Probe oder nach Probe Anwendung, insofern es
sich um Mängel handelt, welche bei ordnungsmäßigem Besicht oder ordnungsmäßiger Prüfung nicht erkennbar
waren.
s. Aufnahme, ^[= (Aufnehmen), im Gegensatz zur geometrischen Feldmeßkunst (s. Feldmesser) derjenige Teil der ...] topographische, und Kippregel.
[* 38]
Instrumente zur Bestimmung der Entfernung eines Punktes vom Stand aus in der Luftlinie
ohne mechanische Längenmesser (optische Distanzmessung). Ihre Konstruktionsprinzipien führen sich fast ausnahmslos auf die
geometrische Aufgabe zurück, aus Basis nebst anliegenden Winkeln die Höhe jedes Dreiecks, oder aus Basis und Spitze die Höhe
des gleichschenkeligen, oder aus einer Kathete und anliegendem Winkel
[* 39] die andre Kathete des rechtwinkeligen
Dreiecks zu ermitteln. Eine Basis muß also als bekannt vorausgesetzt werden. Bei dem
¶
mehr
Romershausenschen Distanzmesser (Engymeter, Diastimeter, »Nähemesser«) nimmt man die Größe eines Menschen als bekannt an. Man hat nun
in einem Sehrohr ein System paralleler Horizontalfäden in gleichen Zwischenräumen befestigt und beobachtet, wieviel dieser
Zwischenräume auf den in der Ferne anvisierten Menschen gehen. Bezifferung oder Tabelle gibt dann die Distanz an. Je
weiter entfernt, um so unsicherer wirken bei der geringen Veränderung des »Sehwinkels« und der »scheinbaren Größe« alle
solche Apparate.
Ähnlich ist die Distanzmessung mit der Kippregel und dem Tachymeter (s. d.) an der Distanzlatte, bei Anwendung des Liniensystems
auf ein Fernrohr
[* 41] natürlich viel genauer wirkend. Für vielfache Zwecke der Praxis ist aber die Anwendung
der Meßlatte auf den Zielpunkt unthunlich, namentlich etwa für Kriegszwecke. Andre Distanzmesser tragen deshalb die Basis nebst anliegenden
Winkelnin sich selbst, der Zielpunkt bildet die Spitze der zu ermittelnden Dreieckshöhe; so der Gurltsche Vorschlag für Distanzmessung
auf offener See: die Längsachse des Schiffs ist die Basis, an deren beiden Endpunkten auf horizontalen
Tischen je ein Fernrohr angebracht ist, wovon das eine (A) stets rechtwinkelig zur Basis gerichtet, während das andre (B) auf
Horizontalkreis drehbar ist.
Der Beobachter bei A läßt das Schiff
[* 42] durch Steuern so drehen, daß er im Fernrohrkreuz den Mast eines etwa zu ermessenden
feindlichen Schiffs schneidet, und tritt durch magnetoelektrischen Apparat sofort mit B inVerbindung, welches durch einen Arbeiter
unverwandt auf denselben Mast dirigiert wird. Der in diesem Augenblick bei B eingestellte Horizontalwinkel ergibt die Distanz.
Auf gleichem Prinzip beruht die von v. Teichmann angegebene und an den Küsten praktisch einexerzierte Messungsmethode
vom Land aus auf die See.
Die Basis wird hierbei möglichst lang genommen, die Mitteilungen der Winkelgrößen und alles sonst für die Richtung und
den Aufsatz der Geschütze
[* 43] Wissenswerten geschehen mittels Flaggentelegraphie. Erwähnenswert ist der in kompendiöser Form
dasselbe Prinzip darstellende Jähnssche Distanzmesser: eine Messingbasis mit zwei Spiegeln an den Enden, die, dem
Ziel zugekehrt, dessen Spiegelbild in ein zwischen ihnen auf der Basis angebrachtes Glasprisma und durch dieses gemeinsam zum
Auge
[* 44] führen.
Die Drehung zum Einstellen des einen Spiegels auf das Objekt wird in ingeniöser Weise mikrometrisch gemessen und hiernach unmittelbar
die Distanz festgestellt. Auch der Range-Finder von Berdan beruht auf solcher Basis und hat auch bei der
immerhin im Verhältnis zu den langen Distanzen sehr unbedeutenden Basis gute Resultate erzielt, auf 1573 m keine, auf 2194 m
nur 1 m Differenz der Messung nach Prüfungen auf dem Artillerieschießplatz bei Berlin; er besteht aus einem 4 m langen, drehbaren
Kasten (Basis) mit zwei Teleskopen, die auf das Ziel eingestellt werden.
Erfolgt der Blitz, so stellt man sie vertikal und beobachtet, auf welchen Grad der sinkende Schwimmer beim nun folgenden Knall
zeigt. Vgl. Chronoskop.
[* 47] Bei der Wichtigkeit der Herstellung eines wirklich praktischen und
sichern Distanzmessers
für den Kriegsgebrauch werden überall in den ArmeenVersuche dieserhalb angestellt. Doch ist man zu einer allen Anforderungen
genügenden Konstruktion noch nicht gelangt; vielmehr glaubt der Artillerist immer noch die Entfernung seiner Ziele mittels
einiger Granatprobeschüsse mit guter Richtung und Tempierung der Zünder schneller und zuverlässiger
ermitteln zu können.
Wettrennen auf verschiedene Entfernungen. Kurze Rennen geschehen auf einer Bahn von 1/8-1/6 deutsche Meile,
mittlere Rennen auf einer solchen von ¼-½ und lange auf einer Bahn von ½-1 MeileLänge. Im speziellen
versteht man im Rennsport unter Distanz eine bestimmte Entfernung, die ungefähr mit der englischen Meile zusammenfällt (genau 240 Yards).
Distanziert wird ein Pferd,
[* 48] wenn es im Flachrennen den 200 m vor dem Ziel stehenden Distanzpfosten (engl. distance-post) noch
nicht erreicht hat, während der Sieger schon den Siegespfosten (winning post) passiert.
Auch kann ein Pferd wegen Ausdrängens oder Kreuzens (s. d.) eines Konkurrenten oder wegen sonstiger Unregelmäßigkeiten
(Umreitens einer Flagge etc.) als distanziert bezeichnet werden. Jedenfalls müssen in einem Rennen, sobald
eins der Pferde
[* 49] den Sieg errungen hat, d. h. den Siegespfosten passiert, die folgenden Pferde in gleichem
Augenblick wenigstens den Distanzpfosten erreicht haben, wenn sie überhaupt als placiert in dem Rennen gelten wollen.
Martin, Maler, geb. zu Olten im Kanton Solothurn,
[* 50] bekundete schon während seiner Studienzeit in
Luzern
[* 51] und Jena
[* 52] ein seltenes Talent, dem öffentlichen Leben seine komischen Seiten abzugewinnen und dieselben aufs treffendste zu
skizzieren. Wegen seiner Teilnahme an der Burschenschaft relegiert, kehrte Disteli in die Heimat zurück und fing nun
an, seine Kunst zum Broterwerb zu benutzen. Er malte Aushängeschilder und Porträte,
[* 53] zeichnete Schweizerschlachten, Tiere zu
FröhlichsFabeln, historische Bilder zu dem schweizerischen Taschenbuch »Alpenrosen« u. a. Auch gründete er in seiner Vaterstadt
eine Zeichenschule und wurde infolgedessen 1836 als Zeichenlehrer an die höhere Lehranstalt zu Solothurn
[* 54] berufen.
In der Landwehr des Kantons Solothurn
zum Oberstleutnant und Chef des zweiten Bataillons emporgestiegen, stand er 1836 den
Einwohnern von Baselland gegen Baselstadt bei und erwarb sich dadurch deren Ehrenbürgerrecht. In seiner praktischen Weise
ging er in seinen derben Angriffen auf dem Gebiet der Politik und Religion nie auf Systeme, sondern immer auf
Persönlichkeiten los und geißelte namentlich die, welche er für Heuchler oder Windfahnen hielt. Dies zeigte er besonders
in seinem »Schweizerischen Bilderkalender«, zu dem RegierungsratFelber den Text schrieb. Disteli starb Im Entwurf mit
schöpferischer Genialität begabt, war er oft nachlässig und dilettantisch in der Ausführung seiner Bilder
und doch auch wieder, wenn ihn ein Gegenstand ansprach, sorgfältig und in die zartesten Details eingehend.