Verteilung der Juden.
Deutschland (Kirchenwe

* 3
Seite 4.818.Zum Artikel »Deutschland«. [* 2] ¶
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ihrer verschiedenen Abstufung ganz an die bunte Karte des »Römischen Reichs deutscher Nation« und ist auch nur durch die Kenntnis von dessen Territorialverhältnissen verständlich; denn der Grundsatz »Cujus regio, ejus religio« hat bestimmt, was katholisch, was protestantisch blieb: daher finden wir in den Gebieten der zerfallenen alten Herzogtümer Schwaben, Franken und Sachsen [* 4] den raschesten Wechsel beider Kirchengebiete nebeneinander. Im S. herrscht die katholische, im N. die evangelische Kirche. In wenigen Bezirken standen beide Konfessionen gleichberechtigt nebeneinander.
Bayern

* 16
Bayern.Katholisch blieben die drei großen Erzbistümer am Niederrhein: Mainz, [* 5] Trier, [* 6] Köln, [* 7] die westfälischen Bistümer Münster [* 8] und Paderborn, [* 9] die fränkischen Bistümer am Main: Würzburg [* 10] und Bamberg, [* 11] und das Stift Fulda, [* 12] an der Altmühl das Bistum Eichstätt, [* 13] am Rheine noch die Bistümer Worms [* 14] und Speier, [* 15] dazu alles österreichische Land am Oberrhein und in Südschwaben das sogen. Vorderösterreich, die schwäbischen und bayrischen Bistümer und Prälaturen und das Herzogtum Bayern [* 16] mit der Oberpfalz; nur in Schlesien [* 17] wollte trotz Gewalt und List die Gegenreformation nicht völlig gelingen und wurde unmöglich, seit Karl XII. von Schweden [* 18] den Protestanten wieder einige Luft geschafft hatte.
Dagegen waren der ganze Norden [* 19] von Ostfriesland bis Pommern, [* 20] der größere Teil des Wesergebiets, das Elbgebiet abwärts von der Grenze Böhmens, das Odergebiet von Schlesien abwärts protestantisch und bildeten ein großes, zusammenhängendes evangelisches Gebiet, an dessen nordwestlicher Grenze im Bistum Osnabrück [* 21] und Minden, [* 22] am östlichen Harzfuß in Halberstadt [* 23] und in der Lausitz die katholische Kirche gleichberechtigt sich mit ihren geistlichen Stiftungen erhielt.
Hessen

* 26
Hessen.Innerhalb dieses Gebiets lagen nur einzelne katholische Inseln, so die mainzischen Besitzungen in Niederhessen und Thüringen mit Eichsfeld und Erfurt [* 24] und das Bistum Hildesheim, [* 25] wo nur in den Städten Hildesheim und Erfurt auch die evangelische Kirche gleichberechtigt blieb. In mehreren Halbinseln griff das protestantische Gebiet zwischen die katholischen Lande ein; eine langgestreckte zog von der Werra durch Hessen [* 26] und die Wetterau bis zum Odenwald. Kurpfalz mit seiner gemischten katholisch-protestantischen Bevölkerung [* 27] verband sie mit dem lutherischen Zweibrücken [* 28] jenseit des Rheins.
Insular lagern sich, vom katholischen Westfalen [* 29] und Unterrheinland umgeben, das reformierte preußische Kleve und die Grafschaft Mark; das Herzogtum Berg mit Düsseldorf [* 30] hatte katholisch-protestantische Bevölkerung. Andre protestantische Inseln im katholischen Gebiet bildeten die Grafschaften Bentheim, Sayn, Löwenstein, Kastell u. a., die zahlreichen Reichsstädte, von denen wenige katholisch blieben, zahlreich zerstreute Dörfer von Reichsrittern mitten im katholischen Fulda, Würzburg, Bamberg und Eichstätt und die eingeschlossenen sächsischen Ämter.
Augitfels - Augsburg

* 31
Augsburg.Eine zweite protestantische Halbinsel in das katholische Land hinein, die vom Fichtelgebirge bis zum Rhein reicht, bildeten durch Franken und Schwaben die Brandenburg-Baireuther und Ansbacher, die Öttingen-Öttingschen, die meisten Hohenloheschen, die württembergischen und Baden-Durlachschen Lande, umgeben von zahlreichen kleinen Parzellen, von der Grafschaft Pappenheim und von den zahlreichen Reichsstädten, von denen manche, wie Augsburg, [* 31] paritätisch waren.
Merkwürdig ist der auch hierin sich aussprechende Gegensatz, denn während mitten im katholischen Schwaben, von Augsburg bis Lindau, [* 32] die Reichsstädte protestantisch sind, blieben die von Württemberg [* 33] umschlossenen, wie Stadt Weil und Schwäbisch-Gmünd, katholisch. Im bayrischen Kreis [* 34] bildeten die paritätische Reichsstadt Regensburg [* 35] und die lutherische Grafschaft Ortenburg bei Passau [* 36] die äußersten und einzigen Vorposten des Protestantismus gegen SO. In der Oberpfalz erhielt sich nur in den sulzbachschen Landen der Protestantismus neben der katholischen Kirche. Im Reichsland Elsaß-Lothringen [* 37] hatte sich das Verhältnis der Konfessionen zu einander während der französischen Herrschaft wesentlich zu gunsten der Katholiken geändert; so wurden aus den ehemals evangelischen Städten Straßburg [* 38] und Mülhausen [* 39] vorwiegend katholische.
In den ehemaligen Besitzungen der Grafen von Hanau-Lichtenberg, der Grafschaft Saarwerden, den Gebieten der alten Reichsstadt Straßburg und einigen kleinern Landesteilen und reichsritterschaftlichen Orten im Unterelsaß sowie im Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Münster und in der württembergischen Grafschaft Horburg hat sich die evangelische Kirche vorherrschend erhalten; in allen andern Teilen des Landes sind aber die Katholiken überwiegend, meist sogar fast allein herrschend.
Ost- und Westpreußen

* 40
Ostpreußen.In der Provinz Ostpreußen, [* 40] im äußersten Nordosten des Reichs, ist das Gebiet des ehemaligen Herzogtums Preußen [* 41] fast ganz evangelisch; fast ganz katholisch ist nur die Landbevölkerung des Bistums Ermeland, das also eine Insel zwischen den evangelischen Landesteilen Ostpreußens bildet; Westpreußen, soweit es ehedem zu Polen gehörte, ist sehr gemischt. In der Provinz Posen [* 42] bekennen sich die zahlreich in den letzten Jahrhunderten eingewanderten Deutschen überwiegend zur evangelischen, die Polen fast ausschließlich zur katholischen Kirche.
Kirchenwesen.
Die Verfassung der evangelischen Kirche ist in den Staaten des Reichs verschieden. Sie unterscheidet in ihrem System die Presbyterial- und Episkopalverfassung. Bei ersterer ruht die Kirchengewalt in der Hand [* 43] der aus der Wahl der Gemeinden hervorgehenden Organe, bei letzterer in der Hand des Landesherrn als obersten Bischofs. Wird aber die Ausübung auf kollegiale Behörden übertragen, so wird die Episkopalverfassung als Konsistorialverfassung bezeichnet. Wo sich die Gemeinden bei der Reformation auf sich selbst angewiesen sahen, insbesondere in den apostolischen Gemeinden, gelangte die Presbyterialverfassung zur Geltung.
Dies war namentlich bei den Anhängern des reformierten Bekenntnisses und (von Frankreich und Schottland abgesehen) in der Pfalz sowie am Niederrhein der Fall. In Preußen, wo mit der Verfassung eine doppelte Änderung in dem alten Verhältnis der Kirche zum Staat eintrat, fungiert für die neun alten Provinzen als oberste Kirchenbehörde der Oberkirchenrat. Er ist kollegialisch organisiert und unmittelbar dem König untergeordnet. Unter dem Oberkirchenrat stehen für die einzelnen Provinzen Konsistorien.
Deutschland (Schulwese

* 45
Seite 4.819.In den neuen Provinzen befinden sich die dem Kultusminister unterstellten Konsistorien. Anderseits bestehen neben den Kirchenbehörden in den alten Provinzen Synoden (Kreis-, Provinzial- und eine Generalsynode) für die der Kirche zugefallene Selbstverwaltung (nicht für die Glaubenslehren). Die neuen Provinzen haben hierin eine mehr oder minder abweichende Verfassung. In vollkommenem Maß ist das Synodalsystem bereits in den meisten deutschen Staaten ausgebildet. An der Spitze der römisch-katholischen Kirche steht der Papst in Rom, [* 44] den Mittelpunkt der geistlichen Thätigkeit dagegen bilden die Bischöfe. Für die Katholiken bestehen im Deutschen Reich 5 Erzbistümer: Köln und Gnesen-Posen in Preußen, München-Freising und Bamberg ¶
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in Bayern, Freiburg [* 46] in Baden [* 47] für die oberrheinische Kirchenprovinz, d. h. für die Katholiken in Baden, Württemberg, Hohenzollern, Hessen und Hessen-Nassau; [* 48] 20 Bistümer: Ermeland, Kulm, Breslau, [* 49] Hildesheim, Osnabrück, Münster, Paderborn, Fulda, Limburg [* 50] und Trier in Preußen, Augsburg, Passau, Regensburg, Eichstätt, Würzburg und Speier in Bayern, Rottenburg in Württemberg, Mainz in Hessen, Straßburg und Metz [* 51] in Elsaß-Lothringen;
3 apostolische Vikariate (das Dresdener für Sachsen, das für Anhalt [* 52] und das der nordischen Missionen).
Diesen unterstehen die Erzpriester und Dekane. Der Orden [* 53] der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Kongregationen wurden durch das Reichsgesetz vom vom Gebiet des Reichs ausgeschlossen, nur die ausschließlich der Krankenpflege gewidmeten Orden können fortbestehen und neu errichtet werden. Die Altkatholiken haben einen staatlich anerkannten Bischof in Bonn. [* 54]
Vgl. Böttcher, Germania [* 55] sacra; topographischer Führer für kirchengeschichtliche Ortskunde (Leipz. 1874 ff.).
Blutbewegung (chemisch

* 56
Blüte.Geistige Kultur. Bildungsanstalten.
Deutschland steht in der Volksbildung auf der ersten Stufe unter den größern Völkern der Erde, wiewohl in den letzten Dezennien der Ausgleich vielfach große Fortschritte gemacht hat. Deutschland und namentlich Preußen verdanken die Blüte [* 56] der Volksbildung den Bestrebungen der Anhänger Pestalozzis, die, unterstützt durch die politischen Verhältnisse in Preußen während der beiden ersten Dezennien des gegenwärtigen Jahrhunderts, das Schulwesen reformierten und in ganz neue Bahnen lenkten.
Einen Stoß aber bekam es durch die nach 1840 mit Eichhorn beginnende Reaktion, die, erst kaum fühlbar, nach einigen Seiten sogar noch wohlthuend wirkte, mit Herausgabe der Stiehlschen Schulregulative (1854) aber nach und nach immer mächtiger hervortrat und zu einer Zersetzung des Volksschulwesens führte, die 1872 noch rechtzeitig eine Änderung des Systems bewirkte. Am weitesten in der allgemeinen Bildung stehen die östlichen Provinzen zurück, in denen noch immer ein nicht geringer Prozentsatz von Rekruten, ohne lesen und schreiben zu können, jährlich eingestellt wird; in den Provinzen Westpreußen und Posen waren es 1883/84: 7,38, bez. 8,89 Proz., im ganzen Königreich 1,97 gegen 3,98 Proz. im Jahr 1874 (vgl. Analphabeten).
Braunschweig

* 57
Braunschweig.In den übrigen deutschen Staaten ist das Volksschulwesen mehr oder weniger ähnlichen Schwankungen unterworfen gewesen wie in Preußen; jedoch ging die Reaktionsperiode in einigen schnell vorüber oder traf andre kaum, so daß das Schulwesen in mehreren Ländern das in Preußen immer noch übertrifft, bez. überholt hat. Das gilt namentlich von allen sächsischen Ländern, von Baden, Braunschweig, [* 57] Württemberg etc. In Bayern fand man 1879 bei der Einstellung der Rekruten 0,47 Proz., 1883/84 nur noch 0,08 Proz. derselben ohne Schulbildung. Das Volksschulwesen ist meist konfessionell geschieden. In fast allen Teilen des Reichs besteht für die Volksschule noch eine Lokalschulaufsicht, die meist in den Händen der Geistlichen liegt.
Die Grundlage der Volksbildung bildet der Schulzwang, wonach alle Einwohner ihre nicht anderweit gehörig unterrichteten Kinder vom zurückgelegten 5., bez. 6. bis im allgemeinen zum vollendeten 14. Lebensjahr zur öffentlichen Schule schicken müssen. Anfangs- und Endpunkt der Schulpflicht sind in den verschiedenen Staaten, sogar in den Provinzen verschieden; die allgemeine Schulpflicht selbst aber besteht in ganz Deutschland Gegenwärtig schätzt man die Zahl der Volksschulen in Deutschland auf 57,000, welche von ca. 7,100,000 Kindern besucht werden.
Für die Ausbildung von Schullehrern bestehen Präparandenanstalten (73) und Schullehrerseminare (183). Einen Übergang von den Volksschulen zu den höhern Schulanstalten bildet die Mittelschule unter den verschiedensten Bezeichnungen und Einrichtungen (im preußischen Staat ist für dieselbe 1872 eine einheitliche Grundlage aufgestellt worden), und als Ergänzung der Volksschule erscheint die Fortbildungsschule, welche die Volksschulbildung befestigen und in ihrer Anwendung auf das praktische Leben erweitern soll. Bei letzterer findet sich eine Schulpflicht nur unter gewissen Voraussetzungen anerkannt. In den höhern Lehranstalten soll die wissenschaftliche Vorbildung erworben werden, die als Unterlage für die spätere Berufs- oder Fachbildung dient. Die Gymnasien haben als Mittelpunkt das Studium des klassischen Altertums. Zur Vorbereitung dienen auch Progymnasien mit gleichen Zielen, aber ohne oberste Klasse.
Im Verlauf des Kampfes der seit dem 17. Jahrh. in den Vordergrund tretenden naturwissenschaftlichen Forschung mit der Alleinherrschaft des klassischen Altertums entstanden (1817) Realschulen, in denen das mathematisch-naturwissenschaftliche Element gegen das philologisch-historische der Gymnasien überwog. Die Realschulen erster Ordnung, die bei gleicher Klassenzahl und Unterrichtsdauer wie die Gymnasien ihren Lehrplan erfüllen, stehen hinter letztern nicht mehr zurück; nur die Richtung der Ausbildung bleibt eine verschiedene.
Man unterscheidet noch Realgymnasien, d. h. Realschulen erster Ordnung, deren Lehrplan für die drei untern Klassen mit den Gymnasien völlig übereinstimmt; ferner Oberrealschulen, die an Stelle des Lateins höhere Ziele in den neuern Sprachen und Naturwissenschaften verfolgen. Zu den Realgymnasien stehen die Realprogymnasien, zu den Oberrealschulen die Realschulen (zweiter Ordnung) in demselben Verhältnis wie die Progymnasien zu den Gymnasien. Während diese Anstalten in Ermangelung der obersten Klasse nur der Vorbereitung dienen, sollen die höhern Bürgerschulen eine selbständig in sich abgeschlossene Bildung vermitteln.
Im J. 1884 gab es in Deutschland 878 Lehranstalten, die zur Ausstellung der Qualifikationszeugnisse zum einjährig-freiwilligen Militärdienst berechtigt waren (vgl. die Übersicht derselben, S. 820).
München

* 58
München.Die Universitäten oder Hochschulen bestehen in der Regel aus 4 Fakultäten: der theologischen, juristischen, medizinischen und philosophischen. Die theologische Fakultät ist ganz vorherrschend eine evangelische, katholisch nur bei den Universitäten zu München, [* 58] Würzburg, Freiburg, Münster und dem Lyceum zu Braunsberg; [* 59] eine evangelisch- und eine katholisch-theologische Fakultät (daher 5 Fakultäten) haben die Universitäten zu Bonn, Breslau und Tübingen; [* 60] die letztere besitzt eigentlich 7 Fakultäten, indem zu den 5 noch eine staatswissenschaftliche und eine naturwissenschaftliche hinzutreten.
Deutschland (höhere Le

* 63
Seite 4.820.Die Universitäten zu München und Würzburg besitzen gleichfalls 5 Fakultäten: dort ist eine staatswirtschaftliche, hier eine staatswissenschaftliche hinzugefügt worden. Die Akademie zu Münster steht im Rang einer Universität gleich, obschon sie nur 2 Fakultäten (eine katholisch-theologische und eine philosophische) hat. Die älteste Universität im Deutschen Reich ist die zu Heidelberg [* 61] (1386), die jüngste die zu Straßburg (1872). Im ganzen gibt es mit Einschluß der Akademie zu Münster und der katholisch-theologischen Fakultät zu Braunsberg 22 Hochschulen, davon 11 im preußischen Staat: Berlin [* 62] (1810 gestiftet), ¶
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Übersicht der höhern Lehranstalten (mit Berechtigung) in Deutschland.
Provinzen, bez. Staaten | Gymnasien | Progymnasien | Realgymnasien | Oberrealschulen | Realschulen | Realprogymnasien | Höhere Bürgerschulen | Privatlehranstalten | Zusammen | Auf 1 höhere Lehranstalt kommen Einw. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ostpreußen | 15 | 2 | 6 | - | - | 1 | 2 | - | 26 | 74![]() |
Westpreußen | 13 | 4 | 4 | - | - | 3 | 2 | 1 | 27 | 52![]() |
Brandenburg | 36 | 1 | 16 | 3 | - | 9 | 1 | 2 | 68 | 49![]() |
Pommern | 18 | 3 | 5 | - | - | 4 | - | - | 30 | 51![]() |
Posen | 14 | 2 | 4 | - | - | - | - | 1 | 21 | 81![]() |
Schlesien | 36 | 1 | 9 | 3 | - | 3 | 4 | 2 | 58 | 69![]() |
Sachsen | 26 | 1 | 6 | 2 | 1 | 6 | 2 | - | 44 | 52![]() |
Schleswig-Holstein | 12 | - | 3 | 1 | 2 | 10 | - | 1 | 29 | 38![]() |
Hannover | 21 | 3 | 12 | - | - | 12 | 2 | - | 50 | 42![]() |
Westfalen | 21 | 2 | 10 | - | - | 6 | 3 | - | 42 | 48![]() |
Hessen-Nassau | 12 | - | 4 | - | 9 | 11 | 3 | - | 39 | 39![]() |
Rheinprovinz | 28 | 15 | 13 | 3 | 5 | 15 | 4 | 1 | 84 | 48![]() |
Hohenzollern | 1 | - | - | - | - | - | 1 | - | 2 | 33![]() |
Königreich Preußen | 253 | 34 | 92 | 12 | 17 | 80 | 24 | 8 | 520 | 52![]() |
" Bayern | 33 | - | 4 | - | - | - | 33 | 1 | 71 | 74![]() |
" Sachsen | 16 | - | 11 | - | 20 | - | - | 4 | 51 | 58![]() |
" Württemberg | 14 | 5 | 2 | 3 | 10 | 4 | - | 2 | 40 | 49![]() |
Großherzogtum Baden | 12 | 4 | 2 | - | 1 | - | 10 | 1 | 30 | 52![]() |
" Hessen | 7 | 1 | 4 | - | 12 | - | 1 | 1 | 26 | 36![]() |
Beide Mecklenburg | 10 | - | 6 | - | 2 | 2 | 3 | - | 23 | 29![]() |
Thüringen | 15 | - | 6 | - | 2 | 6 | 3 | 1 | 33 | 35![]() |
Oldenburg | 5 | - | - | - | 3 | 1 | - | - | 9 | 37![]() |
Braunschweig | 5 | - | 1 | - | 1 | 1 | - | 2 | 10 | 34![]() |
Anhalt | 4 | - | 2 | - | - | 2 | - | 1 | 9 | 25![]() |
Waldeck, beide Lippe | 4 | - | - | - | - | 3 | - | - | 7 | 30![]() |
Drei Hansestädte | 4 | - | 5 | - | 2 | - | 2 | 10 | 23 | 29![]() |
Elsaß-Lothringen | 12 | 2 | 4 | 1 | 3 | 4 | - | - | 26 | 60![]() |
Deutsches Reich: | 394 | 46 | 139 | 16 | 73 | 103 | 76 | 31 | 878 | 51![]() |
Frankenwald - Frankfur

* 64
Frankfurt.Bonn (1818), Braunsberg (Lyceum), Breslau (1702, 1811 vereinigt aus der zu Frankfurt [* 64] a. O. und der Leopoldina zu Breslau), Göttingen [* 65] (1737), Greifswald [* 66] (1456), Halle [* 67] (1817 vereinigt aus denen zu Halle und Wittenberg), [* 68] Kiel [* 69] (1665), Königsberg [* 70] i. Pr. (1544), Marburg [* 71] (1527) und Münster (Akademie, 1786);
3 in Bayern: Erlangen [* 72] (1743), München (1472 in Ingolstadt [* 73] gestiftet, 1802 nach Landshut, [* 74] 1826 nach München verlegt) und Würzburg (1402);
1 im Königreich Sachsen: Leipzig [* 75] (1409);
1 in Württemberg: Tübingen (1477);
2 in Baden: Freiburg (1457) und Heidelberg (1386);
1 in Elsaß-Lothringen: Straßburg (1872);
1 in Hessen: Gießen [* 76] (1607);
1 in Thüringen: Jena [* 77] (1557);
1 in Mecklenburg: [* 78] Rostock [* 79] (1419).
A - Aachen

* 80
Aachen.Die Zahl der Lehrenden und Studierenden auf allen Universitäten belief sich im Wintersemester 1884/85 auf 2073 Lehrer (davon 976 ordentliche Professoren) und 27,637 Zuhörer. Weiteres s. Universitäten. Der Ausbildung in den Bauwissenschaften dienen 9 technische Hochschulen: die technische Hochschule in Berlin, die polytechnischen Schulen zu Aachen, [* 80] Darmstadt, [* 81] Dresden, [* 82] Hannover [* 83] Karlsruhe, [* 84] München, Stuttgart [* 85] und Braunschweig (Collegium Carolinum). Groß ist die Zahl der Fachschulen. So gibt es für die Baukunst [* 86] mehrere Baugewerk-, Kunst- und Bauhandwerk-, Kunst- und Baugewerk-, Bauschulen etc.;
für das Bergwesen Bergakademien in Berlin, Freiberg [* 87] und Klausthal und 14 Bergschulen (davon 10 in Preußen);
für das Forstwesen die Forstakademien in Eberswalde, [* 88] Münden, München, Tharandt, Hohenheim bei Stuttgart, ferner einige Forstlehranstalten und eine Zentralforstschule zu Aschaffenburg; [* 89]
für die Handelswissenschaften mehrere höhere Handelsschulen, Handelsakademien, Handelslehranstalten, Handelsschulen, eine Buchhändlerlehranstalt in Leipzig etc.;
für die Kriegswissenschaften Kriegsakademien in Berlin und München, ferner Kadettenhäuser, Kriegs- und Unteroffizierschulen, eine Marineschule in Kiel;
für die Landwirtschaft verschiedene landwirtschaftliche Akademien und Lehranstalten zu Jena, Hohenheim, Poppelsdorf, Berlin, Halle, Weihenstephan in Bayern, Göttingen u. a., teils für sich allein bestehend, teils in Verbindung mit den Universitäten, sodann eine Gärtnerlehranstalt zu Sanssouci, Ackerbauschulen und sehr zahlreiche landwirtschaftliche Fortbildungsschulen;
für die Musik zahlreiche Konservatorien (Leipzig, Stuttgart, Dresden, Köln, Berlin, München u. a.), Musikschulen etc.;
für das Seewesen eine Marineakademie in Kiel, zahlreiche Navigations- und Schiffahrtsschulen etc. Endlich sind noch vorhanden mehrere Tierarzneischulen (Berlin, Hannover, München, Dresden, Stuttgart), pharmazeutische Lehranstalten, Hebammenschulen, Turnlehrerbildungsanstalten, Industrie- und Gewerbeschulen, einige Web- und höhere Webschulen (Elberfeld, [* 90] Mülheim a. Rh., Krefeld), [* 91] Taubstummen-, Blindenanstalten etc. Als Bildungsanstalten sind auch anzusehen die zahlreichen gelehrten Gesellschaften und Vereine, die Bibliotheken, Museen, die botanischen und zoologischen Gärten, die Presse [* 92] etc.
Deutschland (Ackerbau)

* 96
Seite 4.821.VI. Landwirtschaft. Waldkultur.
Ackerbau.
Deutschland ist vorwaltend ein Land des Ackerbaues und der Viehzucht. [* 93] Über die Hälfte von Deutschlands [* 94] Boden nehmen trotz seiner ausgedehnten Gebirgs- und Bergländer bebautes Land und Wiesen ein, nämlich 26,177,350,6, bez. 5,903,501,1 Hektar, d. h. 48,5, bez. 10,9 Proz. der Gesamtfläche. Nur das Hochgebirgsland Süddeutschlands und die Bergländer erzeugen nicht ihren eignen Bedarf. Selbst in den Bergländern des mittlern Deutschland sind es nur die höchsten Rücken des Schwarzwaldes, des Böhmerwaldes und der Sudeten sowie die höchsten Gipfelhöhen der übrigen Gebirge, wo weder die Kartoffel noch Sommergetreide, Hafer [* 95] und Sommerroggen, gedeihen. Die größten Ackerländereien findet man in den preußischen Provinzen Posen (61,3 Proz. der Gesamtfläche) ¶
Danzig (Beschreibung d

* 101
Danzig.mehr
und Sachsen (60,2 Proz.), ferner in Anhalt (60,8 Proz.), in Schwarzburg-Sondershausen (57,6 Proz.), Provinz Schleswig-Holstein [* 97] (57,6 Proz.), Lübeck [* 98] (56,9 Proz.), Sachsen-Altenburg (56,4 Proz.), Mecklenburg-Schwerin (56,2 Proz.). Ausgedehnt ist der Anbau des Weizens, im S. und am Rhein auch der des Dinkels. Sie bilden mit Gerste [* 99] und im NO. auch mit dem mehr hier und im bergigen Innern als im S. gebauten Roggen Hauptgegenstände der Ausfuhr; untergeordneter ist die Ausfuhr, nicht die Erzeugung, des insbesondere in den Berggegenden gebauten Hafers und der Hülsenfrüchte, von letztern am bedeutendsten in den Provinzen Posen und Brandenburg [* 100] und den Marschländern des Nordwestens. Im J. 1884 belief sich in Deutschland die gesamte Erntemenge von Weizen auf 2,478,883 Ton. (zu 1000 kg), Roggen auf 5,450,992 T., Gerste auf 2,229,598 T., Hafer auf 4,236,665 T., Spelz und Emer auf 480,577 T., Buchweizen auf 138,370 T. Danzig [* 101] versendet ins Ausland jährlich fast 200 Mill. T. Weizen und über 40 Mill. T. Roggen, Stettin [* 102] 3 Mill. T. Weizen und 30 Mill. T. Gerste; Weizen und Gerste gehen vornehmlich nach England, Roggen zumeist nach Norwegen. Dessen ungeachtet gehört Deutschland zu den Ländern, die durchschnittlich noch eines erheblichen Zuschusses an Getreide [* 103] bedürfen, namentlich an Roggen und Gerste. So stellten sich für das deutsche Zollgebiet 1884 Ein- und Ausfuhr von Getreide (im freien Verkehr) wie folgt:
Einfuhr | Ausfuhr | |
---|---|---|
Weizen | 752![]() |
36![]() |
Roggen | 961![]() |
6286 " |
Gerste | 439![]() |
37![]() |
Mehl | 46![]() |
131![]() |
Hafer | 366![]() |
18![]() |
Mais | 191![]() |
415 " |
Lehrbegriff - Lehrerin
![Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert] Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert]](/meyers/thumb/61/61_0037.jpeg)
* 104
Lehre.Zahlreiche große Kunstmühlen setzen ihr Produkt zum Teil auch ins Ausland (England und Holland) ab. Die süddeutschen Gebirge besitzen nicht allein die größten Strecken vollkommen unproduktiven Landes (Oberbayern nur 31,6 Proz. Ackerland), sondern die Üppigkeit des Graswuchses schließt auch im Gebirge teils den Ackerbau aus, teils nötigt sie zu jener merkwürdigen Wechselwirtschaft von Wiese und Feld, die man Eggartenwirtschaft nennt. Sonst ist gegenwärtig die Lehre [* 104] von der Fruchtfolge die Grundlage des Ackerbaues, auf welcher die Fruchtwechselwirtschaft basiert, der die sogen., schon durch Karl d. Gr. eingeführte und noch oft angewendete Dreifelderwirtschaft nahekommt, während in nicht dicht bevölkerten Gegenden, z. B. in Schleswig-Holstein und Mecklenburg, noch die Koppel- oder Graswirtschaft weit verbreitet ist. Im übrigen ist neuerdings die Landwirtschaft in Deutschland eine intensivere geworden.
Dem industriereichen Siegener Land sind die Hauberge eigen, Eichenschälwaldungen, die nach dem Abtreiben des Niederwaldes als Feld benutzt werden, bis der Stockausschlag wieder Herr wird. Der arme Moorbauer des nordwestlichen Deutschland verschafft durch Brennen des Moorbodens seiner Frucht die nötige Düngung, verpestet aber freilich zur Zeit dieses Moorbrennens die Atmosphäre Deutschlands durch den Moordampf oder Herauch. Hier im N. auf dem gebrannten Moor wie auf der sandigen Geest gedeiht vornehmlich noch der Buchweizen.
In dem Rhein- und Neckarland reift auch der Mais. An den Bau der Kartoffel, deren jährlicher Ertrag in Deutschland sich durchschnittlich auf fast 21 Mill. Ton. (1884: 24,0 Mill. T.) beläuft, schließt sich die für Preußen insbesondere so wichtige Brennerei und Spiritusgewinnung, vorzugsweise als Nebenbeschäftigung der Landwirtschaft, an. Die Zahl sämtlicher Brennereien in Deutschland (ohne Bayern, Württemberg und Baden) beläuft sich auf 40,200, ihre Produktion (1883-84) auf 3,6 Mill. hl und die Steuereinnahme für Spiritus [* 105] jährlich auf fast 50 Mill. Mk.
Ausgedehnt ist in vielen fruchtbaren Gegenden Deutschlands der Anbau von Handelsgewächsen. Obenan steht der Flachs, den nicht allein die Gebirgsgegenden des Südens und das Bergland Mitteldeutschlands, sondern auch die norddeutsche Niederung liefert, wie die Gegend von Ülzen in Hannover und das Ermeland in Preußen, überall die Basis einer einst über ganz Deutschland, vornehmlich seine ärmern Bergländer, ausgedehnten urwüchsigen Industrie, der Leinwandweberei (s. unten).
Ausdehnung (der festen

* 106
Ausdehnung.Von einiger Ausdehnung [* 106] ist der Bau des Hanfes nur in Baden und Rheinbayern. Der Anbau des Flachses sowohl als des Hanfes in Deutschland hat neuerdings erheblich nachgelassen, indem die Anbaufläche des erstern von 133,890 Hektar im J. 1878 auf 108,297 Hektar im J. 1883, also um 19,1 Proz., und die Anbaufläche des Hanfes in derselben Zeit von 21,181 Hektar auf 15,255 Hektar, also um 28 Proz., zurückgegangen ist. Um des Öls [* 107] willen werden vor allem Raps und Rübsen, untergeordnet Leindotter, nur an sehr wenigen Orten, wie um Erfurt, Mohn gebaut.
Jedoch ist der Anbau der Ölpflanzen durch den allgemein eingeführten Gebrauch von Petroleum und der mineralischen Schmieröle erheblich eingeschränkt worden. Mit Raps und Rübsen (Winter und Sommer) waren in Deutschland im J. 1878: 179,054,6 Hektar, im J. 1883 dagegen nur 133,470,8 Hektar angebaut. Die Anbaufläche des Leindotters ist in derselben Zeit von 2088,4 Hektar auf 2487,9 Hektar gestiegen, diejenige des Mohns von 6333,9 Hektar auf 5756,7 Hektar gesunken. Nächst den Küstenländern liefern im Innern Sachsen, Thüringen und andre Gegenden bedeutende Quantitäten Ölfrüchte.
Nicht unbeträchtlich ist auch die Erzeugung von Kleesamen, und namentlich versendet Breslau große Mengen desselben nach England. Die Einfuhr in das deutsche Zollgebiet ergab 1884: 936,570 Doppelzentner Raps und Rübsaat und 609,925 Doppelzentner Leinsaat;
Farbepflanzen

* 108
Farbepflanzen.die Ausfuhr 127,338 Doppelzentner Raps etc. und 207,068 Doppelzentner Leinsaat. Von Petroleum wurden in das Zollgebiet 1884: 4,625,447 Doppelzentner eingeführt und 3131 Doppelzentner aus demselben ausgeführt. Der Bau der Farbepflanzen [* 108] beschränkt sich auf verhältnismäßig wenig Distrikte, der des Krapps auf die Rheinebene, Schlesien und Württemberg; noch beschränkter ist der des einheimischen Waids (in Thüringen, bei Ingolstadt) und des Saflors (Thüringen und Franken).
Deutschland (Garten- u

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Seite 4.822.Gering ist auch der Anbau der Kardendstieln ^[richtig: Kardendisteln] in Schlesien, Sachsen, Mittelfranken, am Unterrhein. Von großer Wichtigkeit für viele Gegenden Deutschlands mit fruchtbarem Sandboden ist der Tabak. [* 109] Den besten und meisten baut man in der Rheinpfalz, im Elsaß, im Neckarthal, bessere Sorten auch noch in Mittelfranken, insbesondere um Nürnberg [* 110] und Erlangen. Geringere Sorten liefern der Werragrund und der Norden, wo in Pommern und der Ukermark noch ausgedehnter Tabaksbau stattfindet. Jedoch nimmt derselbe im allgemeinen ab. Im Erntejahr 1884 bis 1885 waren dem Tabaksbau in Deutschland 21,091 Hektar gewidmet; davon kamen 4428 (1843 noch 10,000) auf Preußen, 7633 auf Baden, 2432 auf Elsaß-Lothringen, 4889 auf Bayern (meist auf die Pfalz, nächstdem auf Mittelfranken), 1073 auf Hessen etc. Pfälzertabake werden als Deckblätter selbst nach Amerika [* 111] ausgeführt, alle übrigen Tabake aber im Land selbst in Tabaks- und ¶
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Zigarrenfabriken verarbeitet, die jedoch auch viele amerikanische Tabake verwenden. Die Industrie in Tabak und Zigarren beschäftigt in 10,500 Anstalten mindestens 100,000 Arbeiter. Der Hauptsitz derselben ist Bremen [* 113] nebst den angrenzenden hannöverschen Ortschaften; aber auch über das übrige Deutschland sind zahlreiche Fabriken verbreitet, so in Brandenburg (Berlin, Schwedt), [* 114] Westfalen (Vlotho, Minden), Hessen-Nassau, im Großherzogtum Hessen, in der Rheinpfalz, in Baden, Elsaß-Lothringen etc. Höher noch als der Tabaksbau hat der Zuckerrübenbau für die Runkelrübenzuckerfabriken den Ertrag des Bodens gesteigert.
Aschenkrüge - Ascherso

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Aschersleben.Derselbe hat seinen Mittelpunkt in der fruchtbaren Landschaft zwischen Magdeburg, [* 115] Braunschweig und Merseburg, [* 116] also in der Provinz Sachsen (woselbst Magdeburg der Hauptzuckermarkt für Deutschland ist), in Anhalt und Braunschweig, nächstdem in Schlesien zwischen Breslau und Schweidnitz [* 117] und in Brandenburg im Oderbruch. Die Zahl der Zuckerfabriken in Deutschland belief sich 1836 auf 122, 1874 auf 336, 1884 auf 408 und 1885-86 auf 398, nämlich 312 im preußischen Staate (davon 129 in der Provinz Sachsen, 57 in der Provinz Schlesien, 44 in der Provinz Hannover, 19 in Westpreußen, 16 in Posen, 15 in der Provinz Brandenburg etc.), 32 in Braunschweig, 27 in Anhalt, 5 in Württemberg, 5 in Mecklenburg etc. Der jährliche Gewinn an Rohzucker stieg von 1836 bis 1884 von 14,081 auf 9,401,093 Doppelzentner. 1836 gebrauchte man 9 Doppelzentner Rüben zur Produktion eines Zentners (50 kg) Rohzucker, jetzt nur noch 5. Selbstgebaute Rüben wurden in der Kampagne 1883/84 seitens der Zuckerfabriken auf 140,843 Hektar geerntet; der Steuerbetrag aus der Zuckerfabrikation belief sich in demselben Kampagnejahr auf 142,7 Mill. Mk. Runkelrübensame wird in großartiger Weise bei Aschersleben [* 118] gebaut. Auch ein Kaffeesurrogat erzeugt hier und da Deutschland in der Zichorie, so Preußisch-Sachsen, Braunschweig, das Neckarthal, der Breisgau. Bei Halle wird auch der Kümmel auf dem Feld gebaut.
Garten-, Wein-, Hopfenbau.
Ulm, [* 119] Nürnberg, Bamberg, Schweinfurt, [* 120] Erfurt, Quedlinburg, [* 121] Darmstadt, Straßburg im Elsaß, Guben [* 122] in der Lausitz, Bardewiek bei Hamburg [* 123] sind durch Gemüsebau, mehrere derselben besonders durch Spargelzucht und Zucht von Sämereien berühmte Orte. In Nürnberg und Bamberg werden dabei viele Arzneipflanzen, [* 124] in den Krautländereien des letztern auch Süßholz gebaut. Keine Gegend übertrifft aber das innere Thüringen, mit Erfurt im Mittelpunkt, in dem Handel mit Gemüse, Blumensämereien und lebendigen, blühenden Gewächsen.
Meißen - Meißner

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Meißen.Berlin zeichnet sich gegenwärtig in der Blumenzucht aus und macht mit seinen Hyazinthen selbst Holland Konkurrenz. Obstbau ist durch einen großen Teil Deutschlands verbreitet: die Bergränder der Oberrheinischen Tiefebene, die Bergstraße, der Südfuß des Taunus, die Wetterau, Württemberg, insbesondere der Fuß der Alb, Franken, Thüringen, das Werrathal bei Witzenhausen, das Elbthal von Meißen [* 125] bis Böhmen [* 126] hinein, die warmen Sandhügel der Lausitz, die Küstenländer, selbst Pommern (Stettin), liefern treffliches Obst, frisch und getrocknet, zur Ausfuhr; in Württemberg und um Frankfurt a. M. ist der Obstwein (Cider) ein weitverbreitetes Getränk und Gegenstand der Ausfuhr. In der Umgegend von Stuttgart kommen fast 2000 Obstbäume auf 1 qkm. Aus den Vierlanden bei Hamburg werden Erdbeeren in großer Menge nach London [* 127] geschickt. Heidelbeeren aus den Gebirgen, aber auch aus den Waldungen des Norddeutschen Tieflandes (Mecklenburg, Lüneburger Heide), [* 128] Preißelbeeren aus dem Harz, Schwarzwald etc. sind ebenfalls vielfach geschätzte Früchte.
Schweiz

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Schweiz.[Weinbau.]
Für viele Gegenden Deutschlands ist der Weinbau, dessen Kultur nur noch in Ländern mit mindestens 9° C. jährlicher Durchschnittswärme eine lohnende ist, ein wichtiger Erwerbszweig. Das Hauptgebiet des Weinbaues liegt in den südwestlichen Ländern und steht mit den Weingegenden der Schweiz [* 129] und Frankreichs in Verbindung. Hier ist die Oberrheinische Tiefebene in ihrer ganzen Ausdehnung von Basel [* 130] bis Mainz in günstigen Lagen, d. h. in der Hügelregion längs des Fußes der Gebirge, ein Rebenland, und aus ihr zieht der Weinstock in die Seitenthäler hinein bis zur Höhe von 400 m, von Basel rheinaufwärts bis zum Bodensee.
Aus dem nördlichen Teil der Tiefebene geht der Weinstock die Thäler des Neckar und Main hinauf. Am Neckar trifft man die obere Grenze des Weinbaues oberhalb Rottenburg; am Main wird derselbe in großer Ausdehnung bis oberhalb Schweinfurt, in geringer noch bis Lichtenfels betrieben. Alle Thäler an den Zuflüssen dieser beiden Nebenflüsse des Rheins haben bis zur Höhe von 400 m ebenfalls Weinlagen; in einigen derselben, wie an der Enz, Tauber etc., sind dieselben ausgedehnt und vorzüglich.
Rheinfels - Rheingraf
![Bild 63.824: Rheinfels - Rheingraf [unkorrigiert] Bild 63.824: Rheinfels - Rheingraf [unkorrigiert]](/meyers/thumb/63/63_0824.jpeg)
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Rheingau.Ganz am untern Ende der Tiefebene, im sogen. Rheingau, [* 131] findet man die besten Weinlagen Deutschlands am Südabhang des Taunus- und Rheingaugebirges (Rüdesheim, Johannisberg, Geisenheim, Rauenthal etc.); von dort zieht sich eine reiche Weingegend längs der Nahe über Kreuznach [* 132] bis ins Birkenfeldische, eine andre längs des Rheins im Schiefergebirge bis Roisdorf und Siegburg [* 133] hinunter; die letztere bildet wieder den Ausgang für den Weinbau in den Seitenthälern des Rheinthals: im Ahrthal bis Hönningen, im Moselthal bis über die Reichsgrenze hinaus etc. Ein andres Gebiet des Weinbaues in Deutschland, wohl so groß wie jenes, aber wegen der geringern Jahreswärme mit dem erstern gar nicht vergleichbar, liegt in Mitteldeutschland vom Thüringer Wald bis über die Oder hinweg; es wird von der Saale, Elbe und Oder durchströmt.
Grün - Grund

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Grünberg.An der Saale wird Weinbau von Jena bis in die Gegend von Halle (am meisten an der Mündung der Unstrut bei Naumburg) [* 134] betrieben; an der Elbe dehnt das Weingebiet sich von Dresden bis Wittenberg aus; in der Odergegend zeichnet sich Grünberg [* 135] aus. Noch weiter nördlich gibt es Weinberge an der Havel (Werder), die aber nur Tafeltrauben liefern. Vereinzelt findet man noch Weinbau im Werrathal (Witzenhausen) und an der Donau (Regensburg), hier die äußersten Ausläufer der österreichisch-ungarischen Weinregion bildend.
Die Fläche, auf welcher Weinbau betrieben wird, belief sich im ganzen Reich 1884 auf 119,973,6 Hektar und die Produktion an Wein im Durchschnitt 1878-83 auf 16,3 (1884: 24,8) hl vom Hektar, im ganzen 1884 auf 2,973,916 hl. Davon entfielen auf den preußischen Staat 17,040 Hektar und 399,546 hl, auf Bayern 22,331 Hektar und 384,101 hl, Württemberg 18,546 Hektar und 524,024 hl, Baden 19,885 Hektar und 309,141 hl, Elsaß-Lothringen 30,625 Hektar und 886,700 hl, Hessen 10,346 Hektar und 459,604 hl und auf die übrigen Staaten 1200 Hektar und 11,000 hl. In verschiedenen Gegenden hat sich die Fabrikation moussierender Weine eingebürgert, namentlich bei Koblenz [* 136] und Mainz. In das deutsche Zollgebiet wurden 1884: 537,368 Doppelzentner Wein und Most in Fässern, 38,439 Doppelzentner Schaumwein in Flaschen und 8462 Doppelzentner sonstiger Weine in Flaschen eingeführt, dagegen 106,784 Doppelzentner Wein und Most in Fässern, 13,812 ¶