Desinfektion (Brom, schweflige Säure, Karbolsäure, übermangansaures Kali etc.)
mehr
desinfizierende
Wirkung des
Chlors wird bedeutend erhöht durch starke
Feuchtigkeit des betreffenden
Raums, die man durch Besprengen
des
Zimmers und Zerstäuben von
Wasservor der Desinfektion
[* 2] erreicht. Man thut nun von dem
Chlorkalk
[* 3] nicht mehr als ½ kg in je eine
Schale,
umwickelt diese
Masse mit
Filtrierpapier und stülpt darauf möglichst gleichzeitig in jede
Schale eine
Flasche
[* 4] mit
Salzsäure, worauf man sich so schnell wie möglich aus dem fest zu schließenden
Raum entfernt.
Den
Akt des Übergießens muß man vorher mit den
Gehilfen ausproben, damit keine
Verletzung durch zu stürmische Chlorentwickelung
stattfinde. Nach 24
Stunden öffnet man den
Raum, der als gänzlich desinfiziert angesehen werden kann,
wenn das
Chlor möglichst vollkommen aus dem
Chlorkalk entwickelt ist. Der schwache Chlorgeruch, auch in der Umgebung des
Raums,
verschwindet bald.
Chlorwasser und Chlorkalklösungen benutzt man zu Waschungen lebender
Personen, und wenn die
Kleider am Leibe
desinfiziert werden sollen, so muß die betreffendePerson in eine kleine
Bude treten, in welcher
Chlor
entwickelt wird.
Durch eine Öffnung in der Wand steckt
sie denKopfins Freie, um das
Chlor nicht einzuatmen. In seiner
Wirkung und Anwendungsweise
steht das
Brom demChlor sehr nahe. Man benutzt es in der Form des Bromum solidificatum, in welcher das
Brom von poröser
Kieselgur aufgesogen ist und an der
Luft allmählich verdampft. Es gehören nach den neuesten Ermittelungen
zu einer annähernd vollkommenen Desinfektion eines Kubikmeters
Raum 40 g
Brom, doch erstreckt sich auch bei diesem
Mittel die Desinfektion wesentlich
auf die Oberfläche der Gegenstände.
Auch in wässerigen
Lösungen wirkt das
Brom als gutes Desinficiens bei Waschungen etc. Viel angewendet
und bequem darzustellen ist die
schweflige Säure, indem man sogen. Stangenschwefel auf eisernen
Pfannen verbrennt, wobei man
auf das Kubikmeter 20 g
Schwefel rechnet. Auch hierbei unterstützt man die
Wirkung wesentlich, indem man zuvor das
Zimmer mit
Wasserdämpfen sättigt. Die Anwendungsweise ist jedoch nicht ganz ungefährlich wegen der Feuersgefahr,
und auch die desinfizierende
Wirkung steht hinter der der beiden vorgenannten
Stoffe zurück.
Während diese
Mittel wesentlich zur Desinfektion von geschlossenen
Räumen angewendet werden, ist die
Karbolsäure ein bewährtes
Mittel
bei Waschungen,
Verbänden und sonstigem Krankengebrauch. Dieselbe verhütet in ausgezeichneterWeise die
Entwickelung aller bösartigen
Spaltpilze und eignet sich gerade deshalb sehr gut zu antiseptischen
Verbänden, einem Gebiet
der Desinfektionslehre, welches, gegen Ende der 60er Jahre vonLister begründet, seitdem die gewaltigsten Fortschritte in der
ganzen operativen
Medizin bedingt hat.
Weniger sicher ist nach
Kochs Untersuchungen die
Wirkung der
Karbolsäure auf die
Dauersporen der
Bakterien,
doch hindert sie dieselben immerhin an weiterer
Entwickelung. Man wendet die
Karbolsäure in 2-5proz. wässeriger
Lösung an,
doch muß man gerade bei der
Wundbehandlung mit starken
Lösungen vorsichtig sein, da durch
Resorption von viel Karbol leicht
Vergiftungserscheinungen eintreten können, die sich zunächst im Auftreten von dunkel bis schwarz gefärbtem
Urin, sogen.
Karbolurin, äußern.
Zur Desinfektion der
Schwämme
[* 5] und
Instrumente bei
Operationen wird die
Karbolsäure allgemein angewendet. Sehr wichtig ist, daß
Karbolsäure,
in
Öl gelöst (Karbolöl), gar keine desinfizierende
Wirkung hat. In feinster Verstäubung wird die
Karbolsäure als
Spray bei
Operationen zur fortgesetzten Desinfektion des Operationsfeldes benutzt und in Dampfform zur
Desinfektion ganzer
Räume. Hierbei ist jedoch die
Wirkung derselben sehr unsicher, da es nachKoch äußerst schwer ist, den nötigen
Karbolgehalt auf ein Kubikmeter
Raum zu konzentrieren, und es erhellt daraus, wie schon
oben bemerkt, daß ein
Zimmer nicht
als desinfiziert anzusehen ist, sobald sich Karbolgeruch bemerkbar macht.
Die
Salicylsäure wird als sehr bewährtes fäulniswidriges
Mittel in der
Stärke
[* 6] von 3 auf 1000 g
Wasser ebenso wie die
Karbolsäure
angewendet. Das
Thymol wird in der
Stärke von 1:1000 benutzt, und beide
Mittel eignen sich besonders zu fortgesetztem
Gebrauch
bei
Wundbehandlung, da sie, auch bei längerer Anwendung, keine Vergiftungserscheinungen bewirken. Von
sehr guter
Wirkung bei der Desinfektion von
Wunden ist ferner das erst seit kurzem hierzu benutzte
Jodoform, welches bei offenen
Wunden
und
Geschwüren den Heilungsprozeß in ausgezeichneter
Weise unterstützt.
Bei sehr reichlichem
Gebrauch des
Jodoforms hat man heftige Erregungen des
Nervensystems, Tobsuchtsanfälle und psychische
Störungen beobachtet, außerdem ist der intensive
Geruch sehr störend. Übermangansaures
Kali wird vielfach zweckmäßig
zu Waschungen angewandt. Hatten die bisher aufgeführten
Mittel eine gute, aber keine absolut sicher desinfizierende
Wirkung,
so besitzen wir in dem seit kurzer Zeit allgemein eingeführten
Quecksilbersublimat ein
Mittel, welches schon in einer Verdünnung
von 1:1,000,000 das Wachstum der
Spaltpilze erheblich beschränkt und in einer
Lösung von 1:1000 in wenigen
Minuten auch die widerstandsfähigsten
Keime der Mikroorganismen tötet.
Hiermit haben wir ein absolut sicheres
Mittel, welches zur Desinfektion von
Wunden,
Verbänden, zum
Waschen der
Hände und aller möglichen
Gegenstände verwendet wird. Es ist geruchlos und in der starken Verdünnung wenig giftig (in konzentrierterer
Form gehört das
Salz
[* 7] bekanntlich zu den heftigsten
Giften und muß daher mit der größten Vorsicht behandelt werden!).
Andre
chemische
Mittel, wie
Chlorzink,
Naphthalin etc., sind als wertlos erkannt und verlassen. Von desodorisierenden
Mitteln werden
namentlich
Eisenvitriol, welcher
Schwefelwasserstoff und
Ammoniak bindet, verdünnte
Schwefelsäure,
[* 8] welche
ebenfalls
Ammoniak bindet, ferner
Kalkmilch und
Kalilauge, die den widrigen
Geruch der Diarrhöekote beseitigen, angewandt.
Kohle, Torfgruß und
Erde wirken stark absorbierend und verhindern z. B. bei
Pissoirs ebenfalls die Gasentwickelung; auch benutzt
man
Kohle heute sehr allgemein zur Filtration des Trinkwassers, welches durch die poröse
Kohle hindurchsickert und in derselben
von gelösten organischen
Stoffen (aber nicht vollständig von
Bakterien) befreit wird, wobei noch die Bequemlichkeit ist,
daß nach längerm
Gebrauch die
Kohle nur bei Luftabschluß geglüht zu werden braucht, um wieder vollkommen gut zu funktionieren.
Gebrannter
Kalk wirkt durch seine Fähigkeit,
Wasser,
Kohlensäure und
Schwefelwasserstoff zu binden; doch ist dabei
die
Entwickelung von
Ammoniak störend.
Neben den chemisch wirkenden Desinfektionsmitteln gibt es noch ein souveränes, nämlich die
Hitze. Während man aber früher
allgemein glaubte, daß eine
Temperatur von 100° ausreichend sei zur
Tötung aller
Bakterien, haben neueste
VersuchevonKoch
und Wolfhügel gezeigt, daß die
Keime der
Bakterien in trockner, heißer
LuftTemperaturen bis zu 140°
längere Zeit hindurch ohne
Schaden ertragen, und daß außerdem heiße
Luft äußerst langsam in das
Innere der Desinfektionsobjekte,
z. B. Wäschebündel etc., eindringt.
Besser gestalten sich schon die
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mehr
Resultate, welche man mit Wasserdampf im Kochtopf anstellte; doch auch hier bedurfte es geraumer Zeit, um z. B.
Flüssigkeiten in Flaschen zu sterilisieren, d. h. alle Keime in denselben zu töten. Die beste Anwendung der Hitze besteht in der
Form von strömenden Dämpfen, und man fand, daß auch die widerstandsfähigsten Keime nach 5-10 Minuten
langer Einwirkung von Wasserdampf bei einer Temperatur von 100° getötet wurden, daß außerdem Leinwandpakete, in deren
Mitte Sporen eingeschlossen waren, nach ca. 30 Minuten desinfiziert waren. Praktisch erprobt ist dies Verfahren im Berliner
[* 10] Barackenlazarett
(Moabit), wo der Verwaltungsdirektor Mercke einen vortrefflich bewährten Apparat konstruiert hat.
Der Apparat (s. Figur) ist aus Mauersteinen, die mit Zement verbunden sind, hergestellt. Er hat die Form
eines länglichen Würfels und besitzt bei einer Höhe von 2,24 m einen benutzbaren Rauminhalt von 6,5 cbm. Wandungen, Fußboden
und Decke
[* 11] bestehen aus doppeltem Mauerwerk, welches eine Isolierschicht von 7 cmBreite
[* 12] zwischen sich faßt, die
mit Sägespänen ausgefüllt ist und ventiliert werden kann. Von der Mitte der Decke führt ein durch eine stellbare Klappe
verschließbarer Schornstein nach außen.
Zugänglich ist der Apparat durch zwei an der Längsseite angebrachte eiserne Doppelthüren, von denen die innere sich leicht
seitlich an der Innenwand verschieben läßt, während die äußere vermittelst eiserner Schrauben
[* 13] fest
an einen mit Filz gepolsterten eisernen Thürrahmen angepreßt wird. Jederseits von der Thür befinden sich 5 cm oberhalb des
Fußbodens zwei runde Luftzuströmungsöffnungen von 5½ cm Weite, die verschließbar sind. Die Heizung
[* 14] des Apparats geschieht
durch ein spiralig gewundenes, an Boden und Seitenflächen hingeleitetes Kupferrohr, welches eine hohe
Temperatur zu erreichen gestattet. Beim Betrieb des Apparats wird nun Wasserdampf durch das Kupferrohr, gleichzeitig aber auch
direkt in
den Raum geleitet, und nachdem auf diese Weise längere Zeit hindurch Temperaturen von mehr als 100° selbst in den
dicksten Ballen erzielt worden sind, wird die Ventilation in Gang
[* 15] gebracht.
1) eine Größe von ca. 10 cbm Rauminhalt, damit man Bettstellen, Matratzen etc. hineinbringen kann und die übrigen Gegenstände
nicht allzu dicht gepackt lagern muß, sondern getrennt voneinander in Beuteln aufhängen kann;
2) Vorrichtungen, welche eine Verpackung der zu desinfizierenden Gegenstände außerhalb des eigentlichen Raums ermöglichen,
so daß sie etwa, wie der abgebildete Apparat darstellt, auf einem Wagen in den Heizraum hineingeschoben werden können;
[* 9]
^[Abb.: Eiserner Desinfektionsapparat von Mercke. a Doppelte Wand; b Thüröffnung, durch welche der auf den Rollen
[* 20] h längs der Schienen n bewegliche Wagen g mit den zu desinfizierenden Betten und Kleidern k hineingeschoben wird; c Kupferspiralen zum Heizen.]
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gleich nach dem Gebrauch in Seifen- oder Karbollösungen und läßt sie dann durch Dampf
[* 22] desinfizieren. Benutzte Verbandstücke
verbrennt man. Die Krankenräume selbst desinfiziert man, nachdem die Kranken evakuiert und alle transportabeln Gegenstände
entfernt sind, durch Chlor oder Brom und thut gut, bei länger dauernden Epidemien öfters die Krankenräume wechseln zu
lassen und die geleerten zu desinfizieren. Bettstellen, Matratzen, Decken, Teppiche u. dgl. werden durch Wasserdämpfe
desinfiziert.
Trinkwasser wird abgekocht oder mit übermangansaurem Kali so lange versetzt, bis es eben deutlich schwach rot erscheint.
Trübes oder beim Stehen sich trübendes Wasser klärt man durch etwas Alaun
[* 25] oder reine Soda. Sehr empfehlenswert ist das Ansäen
schnell wachsender Pflanzen in der Nähe von Brunnen.
[* 26]
Vgl. »Mitteilungen des kaiserlichen Gesundheitsamtes«
(Berl. 1883);
Reichardt, Desinfektion und desinfizierende Mittel (2. Aufl., Stuttg. 1881);
Wernich, Desinfektionslehre (2. Aufl., Wien
[* 27] 1882).
Dabei langt es nach immer wiederholtem heftigen Zusammenprallen mit den Stäben zerkleinert an der Peripherie der Scheiben an.
Der Desintegrator wirkt also lediglich durch Stoß, denn da die Stäbe sich nicht gegenseitig berühren, so kann von einem Mahlen durch
Reibung
[* 30] zwischen zwei Flächen nicht die Rede sein. In einem Desintegrator von 1,25 m Durchmesser ist bei 400 Umdrehungen
in der Minute die Geschwindigkeit jedes Schlagstabes im innersten Ring 16 m, im zweiten 19, im dritten 22 und im vierten 25 m
pro Sekunde.
Trifft nun ein Teilchen, von einem Schlagstab des innern Ringes zurückgestoßen, auf einen Schlagstab
des zweiten Ringes, der in entgegengesetzter Richtung sich bewegt, so wird es mit einer Geschwindigkeit von 19-16, also 3 m,
auf den dritten wieder in entgegengesetzter Richtung sich bewegenden Stab
[* 31] prallen und von diesem mit einer Geschwindigkeit von
22-3, also 19 m, auf den vierten Stab geschleudert werden, von welchem es endlich mit 25-19, also 6 m,
Geschwindigkeit die Maschine verläßt und von der hölzernen Umhüllung aufgefangen wird.
Durch manche Verbesserung hat man dem Apparat größere Stabilität und Dauerhaftigkeit zu verleihen gewußt.
Indem man den Trommeldurchmesser vergrößerte, ward es möglich, die Umdrehungszahlen für die stark beanspruchten Wellen
[* 36] zu reduzieren; immerhin aber machen die größten bis jetzt gebauten Desintegratoren von 1,5
^[richtig: 1,5 m] Durchmesser 400-500 Touren in der Minute; sie erfordern dann 15-20 Pferdekräfte zum Antrieb, leisten aber
auch 20,000 kg pro Stunde selbst von sehr hartem Material. Desintegratoren der gewöhnlichen Größe von 1 m
Durchmesser verarbeiten mit einer Betriebskraft von 7 Pferdekräften durchschnittlich 7000 kg Rohmaterial zu Pulver von ganz
bedeuten-
der Feinheit. Als Mischapparat für verschiedene Thonsorten ist der Desintegrator trefflich geeignet, ebenso als Vorbereitung
für Maschinen, die trocknen Thon zu verarbeiten, oder für Ziegelmaschinen, die grubenfeuchtes Material zu formen haben. Namentlich
kalksteinhaltige oder schotterige Thonsorten werden auf solche Weise billig und zweckmäßig gereinigt und die störenden
Beimengungen so gut verteilt, daß sie in der ganzen Masse unschädlich werden. Für die Verwendung des
Desintegrators zum Mahlen von Getreide (dann auch Dismembrator genannt) ist besonders hervorzuheben, daß er ganz vortreffliches,
gleichsam zart granuliertes Mehl
[* 38] liefert, und daß sogen. totgemahlenes Mehl nicht vorkommen kann.
Fügt man den Desintegrator in den Mechanismus der Mühle ein, so fällt ihm die Aufgabe zu, ein sehr mehlreiches
Schrot zu liefern. Der Weizen wird geputzt, zwischen Walzen leicht zerquetscht und dann in den Desintegrator gebracht. Das von diesem gelieferte
sehr mehlreiche Schrot wird abgebeutelt, so daß man Mehl, Grieß und reines Schrot erhält, welche dann weiter verarbeitet
werden. Das Produkt des Desintegrators soll enthalten 33 Proz. Mehl, 20 Proz. Dunst, 14 Proz. Grieß und 31 Proz. Schrot; das
Mehl gehört aber nicht zu den sogen. feinen Auszügen, die bei der Hochmüllerei aus geputzten Grießen hergestellt werden,
und da die Grießausbeute beim Desintegrator sehr gering ist, so eignet er sich nicht für Zwecke der Hochmüllerei.
Besser verwendbar ist er für die Flachmüllerei, welche die feinen Mehle ebenfalls nicht liefert; doch sind auch hier die Vorteile
fraglich, und gegenüber der österreichischen Hochmüllerei wäre die Einführung des Desintegrators, welcher allerdings
bei richtiger Benutzung einen Fortschritt in der Flachmüllerei gewähren würde, immer nur eine halbe
Maßregel.
Vgl. Th. Carr, History and description of the desintegrating flour mill (Birmingham
[* 39] 1872);
Kick, Die neuesten Fortschritte
in der Mehlfabrikation (Leipz. 1883).
»Charles IX, deux années de règne 1570-72« (1874) und »Une
congrégation générale des cardinaux en 1595« (1875).
Auch gab er in den »Documents inédits pour servir
à l'histoire de France« (1859) die Akten über die diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Toscana und das kunsthistorische
Prachtwerk »La vie et l'œuvre de Jean de Boulogne« (1883) heraus.
(spr. dälihs),Charles, franz. Schriftsteller, geb. zu Paris, erhielt seine Bildung auf dem CollègeCharlemagne, bereiste Italien und war dann als Schauspieler in Südfrankreich thätig, bis ihn der günstige Erfolg seiner Novelle
»Les bottes vernies de Cendrillon« (1846) bewog, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Er schrieb
für den »Courrier français« eine dithyrambische Geschichte der »Révolution de Février« und den Roman »La mère Rainette«
(1851) und ließ dann eine lange Reihe ähnlicher Werke nachfolgen, von denen wir anführen: »La millionnaire«
(1852);
»La dernière grisette« (1853);
»Mlle. Bouillabaisse« (1853) nebst der Fortsetzung: »Rigobert
le rapin« (1854);
(spr. dämareh),Georg, schwed. Maler, geb. 1697 zu Stockholm,
[* 60] begann hier bei P. Meytens sein Kunststudium,
begab sich 1724 nach Amsterdam
[* 61] und lernte später hauptsächlich zu Venedig
[* 62] bei Piazetta. 1731 ließ er
sich in München
[* 63] nieder, wo er kurfürstlicher Hofmaler wurde und 1776 starb. Die Zahl der Porträte
[* 64] Desmarées' ist außerordentlich
groß; von der bayrischen Fürstenfamilie existieren allein über 50. Außerdem malte er heilige und profane Bilder,
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Altarblätter und Kompositionen aller Art, von welchen viele gestochen wurden. Desmarées gebot über eine blühende, wenn auch
oberflächliche Farbe und einen flotten Vortrag.
deSaint-Sorlin (spr. dämaräh d'ssäng-ssorläng),Jean, franz. Schriftsteller, geb. 1595 zu Paris, ein Günstling
des KardinalsRichelieu, warf sich nach einer ausschweifend verbrachten Jugend einer schwärmerischen Frömmigkeit in die Arme
und starb in Paris. Desmarets war eins der frühsten Mitglieder der französischen Akademie und der
erste Kanzler derselben. Er verfaßte, von Richelieu angeregt, eine Anzahl dramatischer Stücke, darunter die Charakterkomödie
»Les visionnaires« (1637),
die großen Beifall fand, und die sogar Molière in einigen komischen Figuren zum Vorbild nahm;
ferner epische Dichtungen, wie »Clovis« (1657),
»Marie-Madeleine« (1669) etc., zahlreiche
religiöse Gedichte, polemische Abhandlungen u. a.
Desmodium gyransDec. (Hedysarum gyransL.), in Bengalen, hat einen aufrechten, 1 m hohen, dünnen,
ästigen Stengel,
[* 73] dreizählige Blätter mit einem langgestielten, bis 8 cm langen Endblättchen und viel kleinern, kurzgestielten
Seitenblättchen und kleine, anfangs violette, später mennigrote, am Flügelrand blaue Blüten. Das Gewächs ist merkwürdig
wegen der infolge der Einwirkung des Lichts, besonders bei Sonnenschein und kräftiger Vegetation, eintretenden,
direkt wahrnehmbaren Bewegung der Blättchen: während das Endblättchen sich auf- und abwärts bewegt, machen die Seitenblättchen
mit ihrer Spitze eine rotierende Bewegung (bei 35° in etwa 1,5 Minuten einen vollständigen Umlauf). Am Abend legen sich alle
Blättchen zurück und kommen zur Ruhe.
eine Geschwulst, welche aus innig durchflochtenen Faserzügen besteht und zwischen denselben
jüngere zellige Elemente enthält, tritt besonders am Uterus auf.
Moines (spr. di meun),Fluß im nordamerikan. StaatIowa, entspringt einigen kleinen Seen an der Grenze von Minnesota,
fließt in südöstlicher Richtung durch Iowa und mündet nach einem Laufe von 720 km unter 40° in den
Mississippi. Er ist 300 km aufwärts, bis zur Stadt Des Moines, schiffbar.
Moines (spr.
di meun), Hauptstadt des nordamerikan.
StaatsIowa, an der Mündung des Racoon River in den schiffbaren Des Moines gelegen und von Hügeln umgeben, hat ansehnliche
öffentliche Gebäude, unter denen das neue »Kapital« hervorragt, rege Industrie (Maschinenbau, Papiermühlen,
Brauerei etc.) und (1880) 22,408 Einw.
Die Umgebung ist reich an Steinkohlen und Wäldern. Des Moines wurde 1846 gegründet und ist seit 1854 Hauptstadt des Staats.
Mart., Gattung aus der Familie der Palmen,
[* 76] kletternde oder mit aufrechtem, stachligem Stamm versehene Gewächse
mit zerstreut stehenden, stachligen, gefiederten Blättern, welche in einem langen, gleichfalls mit krummen Stacheln bewaffneten,
peitschenförmigen Fortsatz verlaufen, mit dem diese Gewächse sich anklammern. Die monözischen, gelben Blüten stehen in
den Achseln der Blattstiele; die Früchte sind eiförmig oder fast rund, einsamig, rot, die Samen
[* 77] schwarz.
Diese Palmen, von welchen man 18 Arten kennt, vertreten in den Wäldern Amerikas die asiatischen Calamus-Arten und bilden oft
reizende Guirlanden und undurchdringliche Dickichte. Von der peruanischen Desmoncus pruniferPöpp. werden die Früchte gegessen, und
von Desmoncus macranthusMart. in Brasilien
[* 78] benutzt man die Stämme und Blattstiele zu Küchengerätschaften. Nur
wenige Arten werden in unsern Palmhäusern kultiviert.
BeimSturm auf die Bastille verkündigte er von den Trümmern herab den FranzosenFreiheit und Gleichheit.
In seinem Journal »Révolutions de France et du Brabant« nannte er sich den »Procureur général de la lanterne«
und erklärte offen, daß die Volkssouveränität die einzige Verfassungsart sei, welche der französischen Nation und jedermann,
der des NamensMensch nicht unwürdig sei, gezieme. Zu dieser Zeit heiratete Desmoulins Lucile Duplessis, ein schönes,
geistreiches, von ihm leidenschaftlich geliebtes Weib.
gab er im Januar 1794 seinen »Vieux cordelier« heraus, ein Blatt voll Geist, Witz und beißender Satire, in dem er die Tyrannei
der Schreckensmänner schilderte und zur wahren Freiheit, zur Mäßigung und vernünftigen Handhabung der Gesetze aufforderte.
Hébert, den er besonders angriff, klagte ihn an, die Wiederherstellung des Königtums zu beabsichtigen,
und Robespierre, nachdem er seinen Freund vorher anscheinend verteidigt, trug in voller Versammlung auf die Verbrennung aller
Nummern des »Vieux cordelier« an. Als Desmoulins trotzdem die Männer des Terrorismus und die Jakobiner nur noch heftiger angriff, ließ
Robespierre Desmoulins, Danton u. a. verhaften, worauf namentlich Saint-Just, Desmoulins persönlich verfeindet,
dessen Verurteilung betrieb.
Auf dem Blutgerüst rief er aus, auf die Guillotine deutend: »Dies ist also der Lohn für den ersten Apostel der Freiheit!
Die Ungeheuer, die mein Blut fordern, werden mich nicht lange überleben!« Seine Gattin, die alles aufgeboten, um ihn zu retten,
bestieg, erst 23 Jahre alt, 14 Tage nach ihm das Blutgerüst. Außer einer MengePamphlete und Flugblätter
schrieb Desmoulins: »Discours de la lanterne aux Parisiens« (2. Aufl., Par. 1792);
»Satires du choix des meilleures pièces de vers
qui ont précédé et suivi la révolution« (das. 1792);
»Histoire des Brissotins, ou fragments de l'histoire
secrète de la révolution et des six premiers mois de la république« (das. 1793, 2. Aufl.
1794).
(spr. dänŏartähr),Gustave, franz. Kultur- und Litterarhistoriker, geb. zu
Bayeux, lebt als Mitarbeiter verschiedener Journale in Paris. Von seinen Schriften sind besonders diejenigen, welche sich mit
dem Kulturleben des 18. Jahrh. beschäftigen, als Seitenstücke zu den verwandten Studien der BrüderGoncourt bemerkenswert.
Sein von der Akademie preisgekröntes Hauptwerk in dieser Richtung ist: »Voltaire et la société française
au XVIII. siècle« (Par. 1867-75, 8 Bde.).
Außerdem nennen wir: »Les cours galantes« (1859-64, 4 Bde.);
»La musique française au XVIII. siècle. Gluck et Piccini« (2. Aufl. 1875);
(spr.
dänŏajeh), 1) Auguste Gaspard LouisBoucher, Baron, franz. Kupferstecher, geb. zu Paris, bildete
sich seit 1791 bei Lethière, dann in der Akademie und arbeitete seit 1799 im AtelierTardieus. SeinenRuf
begründete er 1804 mit dem Stich von RaffaelsMadonna im Louvre, genannt la belle jardinière, und widmete seitdem seinen Grabstichel
vornehmlich Raffaelschen Werken, deren Reihe er 1846 mit der Sixtinischen Madonna beschloß, die aber ganz mißverstanden und
in moderne französische Eleganz und Koketterie übersetzt ist. Zu seiner Zeit hochgerühmt war das von
ihm nach Gérard gestochene Bildnis Napoleons I. im Krönungskostüm (1808), das zur Verteilung an fremde Fürsten bestimmt
war. 1825 wurde er zum ersten Kupferstecher des Königs ernannt, 1828 zum Baron erhoben und starb in Paris.
Von seinen geologischen Schriften erwähnen wir: »Mémoire
sur la craie et les terrains tertiaires de Cotentin« (1825);
»Sur quelques systèmes de la formation oolithique du Nord-Ouest
de la France« (1825);
»Sur les cavernes et brèches à ossements des environs de Paris« (1842);
»Observations
sur les terrains tertiaires du Nord-Ouest et de l'Ouest de la France« (1852-53).
3) Louis, franz. Journalist und Schriftsteller, geb. 1805 in
dem Dorf Replonges (DepartementAin), arbeitete zuerst auf einem Notariatsbüreau, ehe er (1828) nach Paris kam, um sich hier
der Opposition anzuschließen. Der Reihe nach an den hervorragendsten Blättern liberaler Richtung thätig,
gründete er 1832 den »Charivari«, wurde Mitbegründer des »Siècle«, und nachdem er sich auch als Schriftsteller (zuerst unter
dem Pseudonym Derville) schon einen bedeutenden Namen gemacht hatte (durch Vaudevilles, besonders aber durch die mehrfach aufgelegten
Romane: »Aventures de Jean-Paul Choppart«, 1836; »Aventures de RobertRobert«, 1840; »Mémoires d'une pièce
de cent sous«, 1837),