mehr
Auftrag, die Ordnung in Ägypten [* 2] herzustellen; doch richtete er nichts aus.
Auftrag, die Ordnung in Ägypten [* 2] herzustellen; doch richtete er nichts aus.
(ital. Re bemolle, franz. Ré bémol, engl. D flat), in der Musik das durch ♭ erniedrigte Des. Der Des dur-Akkord = des f as;
der Des moll-Akkord = des fes as.
Über die Des dur-Tonart, fünf ♭ vorgezeichnet, und die Des moll-Tonart, sechs ♭ und ein ♭♭ vorgezeichnet, s. Tonart.
(franz.), einem eine Täuschung, einen Irrtum benehmen, ihn enttäuschen;
Desabusage, Enttäuschung, Zurechtweisung.
s. v. w. Abfluß, insbesondere auf den Abfluß des Titicacasees (s. d.) in Bolivia [* 3] angewandt.
(spr. dössänj), Flecken im franz. Departement Ardèche, Arrondissement Tournon, am Doux, mit einer prot.
Kirche (auf den Ruinen eines römischen Tempels erbaut), Resten eines alten Schlosses, Thoren der alten Befestigungsmauer, einer alkalischen (kalten) Heilquelle und (1876) 564 Einw.
(spr. dössäh), Louis Charles Antoine, franz. General, geb. zu St.-Hilaire d'Ayat in der Auvergne als Sprößling einer altadligen Familie, trat, 15 Jahre alt, als Unterleutnant in ein Infanterieregiment und ward 1791 zum Adjutanten des Generals Victor v. Broglie ernannt. Den ursprünglichen Ideen der französischen Revolution von Herzen zugethan, mißbilligte er die Greuel des und die Schreckensherrschaft, blieb jedoch in Frankreich. 1792 mit seinem Regiment in das Elsaß zur Rheinarmee beordert, that er sich durch Tapferkeit und Umsicht hervor. 1793 wegen mutvoller Verteidigung der Weißenburger Linien gegen die Österreicher zum Brigadegeneral befördert, erstürmte er das feste Lauterburg. 1794 befehligte er als Divisionsgeneral den rechten Flügel der Rheinarmee unter Michaud, focht mit Auszeichnung bei Kaiserslautern [* 4] und wohnte der Belagerung von Mainz [* 5] bei, nach deren Aufhebung er mit der Vorhut den Rückzug nach Landau [* 6] und Pirmasens [* 7] deckte. 1796 verteidigte er nach Moreaus Rückzug den Brückenkopf zu Kehl und übergab ihn erst nach hartnäckigem Kampf mit dem Erzherzog Karl den Österreichern unter der Bedingung freien Abzugs mit allen militärischen Ehren.
Als Moreau den Befehl erhielt, mit seinen Truppen den Rhein abermals zu überschreiten, bewerkstelligte Desaix unter höchst schwierigen Verhältnissen in der Nacht vom 19. zum im Angesicht des Feindes diesen Übergang, wurde aber dabei durch einen Schuß in den Schenkel verwundet. Nach dem Vertrag von Leoben ging er nach Italien [* 8] zu Bonaparte, der ihm für die Expedition nach Ägypten die Führung der Vorhut anvertraute. Bei der Einnahme von Malta eroberte Desaix das Fort St.-Julien und bedeckte sich dann in der Schlacht bei Chebrisseh an den Pyramiden sowie in den Gefechten mit Murad Bei und den Mamelucken mit neuem Ruhm. Er allein vollbrachte die Eroberung des südlichen Ägypten gegen einen an Streitkräften ihm weit überlegenen Feind und gewann durch Milde und Gerechtigkeit die Liebe der Einwohner. Nach der Landung der Engländer und Türken bei Abukir ward er von Kléber, dem Nachfolger Bonapartes im Oberbefehl, beauftragt, die Konvention von El Arisch zu vollziehen.
Als er darauf, um den Vertrag der französischen Regierung zu überbringen, 3. März von Alexandria abreiste, wurde er auf der Reise von einer englischen Fregatte aufgebracht und zu Livorno [* 9] vom Admiral Keith einen Monat lang gefangen gehalten. Nach seiner Befreiung eilte er nach Italien, wo Bonaparte ihm das Kommando der Reserve übergab. Am als er am Nachmittag an der Spitze einer Division in die wankende Schlachtlinie Bonapartes bei Marengo [* 10] einrückte und sich kühn den verfolgenden Österreichern entgegenwarf, durchbohrte ihm eine der ersten Kugeln die Brust, so daß er kurze Zeit darauf starb.
Der Leichnam wurde einbalsamiert und im Hospiz auf dem St. Bernhard beigesetzt. Bonaparte, der die Absicht gehabt hatte, Desaix durch eine Heirat mit seiner Stieftochter Hortense an sich zu fesseln, ließ ihm auf seiner Begräbnisstätte ein Denkmal setzen; ein andres ward ihm durch Subskription zu Paris [* 11] auf dem Dauphinplatz, ein drittes nach einem Staatsbeschluß auf der Place des Victoires (1815 wieder entfernt) und ein viertes Kehl gegenüber, auf der Halbinsel, von der Rheinarmee errichtet.
Sanctis, 1) Luigi, der bedeutendste Theolog, welchen das katholische Italien an den Protestantismus verloren hat, geb. 1808. Als hoher Würdenträger des Papstes wurde er vom Studium der Bibel [* 12] ergriffen, floh 1847 nach Malta, trat zur evangelischen Kirche über und wirkte mit großer Treue seit 1852 an der Turiner Gemeinde der Waldenser, dann in der »freien Kirche« (s. Freie Gemeinde), schließlich, als der von den Darbysten hereingeworfene Spiritualismus ihm hier unleidlich zu werden anfing, seit 1864 bis zu seinem Tod wieder bei den Waldensern, in deren Dienst er eine Professur an der seit 1861 bestehenden theologischen Fakultät in Florenz [* 13] verwaltete. Er starb 1869.
2) Francesco, ital. Litterarhistoriker und Kritiker, geb. 1818 zu Morra im Neapolitanischen, gab bei seiner Vorliebe für Litteratur und Philosophie das begonnene Studium der Rechte bald wieder auf, bildete sich in der berühmten Privatlehranstalt Basilio Puotis zum vollendeten Stilisten und Rhetoriker und gründete, nachdem er einige Jahre (bis 1838) an der Militärschule della Nunziatella in Neapel [* 14] gelehrt, selbst eine höhere Privatlehranstalt für Grammatik, Rhetorik, Ästhetik und Philosophie.
Nächst hohem Ansehen als Lehrer erwarb sich De Sanctis auch den Ruf eines bedeutenden Kritikers durch Vorträge über Homer, Vergil, Dante, Shakespeare und Ariost, mit welchen er über die konservativen Anschauungen tonangebender Zeitgenossen hinausging. 1848 von der revolutionären Regierung zum Generalsekretär im Departement des öffentlichen Unterrichts ernannt, flüchtete er beim Eintritt der Reaktion nach Cosenza, wurde 1850 verhaftet und drei Jahre lang im Castello dell' Ovo zu Neapel eingekerkert gehalten.
Hier befaßte er sich mit dem Studium des Deutschen, übersetzte Gedichte von Schiller und Goethe, die »Geschichte der Poesie« von Rosenkranz und Hegels »Logik«. Entlassen mit der Weisung, sich nach Amerika [* 15] zu begeben, flüchtete er nach Malta und ging später nach Turin, [* 16] wo er Vorträge über die »Divina Commedia« hielt, die durch geistreiche und originelle Auffassung ausgezeichnet waren. 1856 wurde er als Professor der Ästhetik und der italienischen Litteratur an das Polytechnikum in Zürich [* 17] berufen, und 1860 ward ihm das Portefeuille des öffentlichen Unterrichts im neapolitanischen, 1861 im Ministerium des Königreichs Italien unter Cavour übertragen. Von Matteucci (März 1862) gestürzt, kehrte er nach Neapel zurück und nahm seine Lehrthätigkeit wieder auf; auch gründete er das Journal »L' Italia«. Am öffentlichen Leben nahm er noch wiederholt als Parteigenosse der Linken im Parlament teil, versah vom März bis Dezember 1878 unter Cairoli von neuem ¶
die Stelle eines Ministers des öffentlichen Unterrichts und bekleidete dieselbe ein drittes Mal unter dem Ministerium Cairoli-Depretis vom November 1879 bis Ende 1880. Er starb in Neapel. Von seinen Schriften sind die wichtigsten: die sehr geschätzte »Storia della letteratura italiana« (3. Ausg., Neap. 1879, 2 Bde.),
welche leider nur bis zum 14. Jahrh. reicht; »Saggi critici« (das. 1868, 4. Aufl. 1881),
die als Meisterwerke der Kritik in Italien gelten; »Saggio critica sul Petrarca« (das. 1869) und die »Nuovi saggi critici« (das. 1872, 2. Aufl. 1879).
(franz., spr. desapŏängt-), jemand des Vorteils berauben, der auf etwas Zugesichertem beruhte;
eine sichere Erwartung täuschen;
Desappointement, fehlgeschlagene, vereitelte Hoffnung.
(franz.-lat.; besser desapprouvieren, franz.), s. Disapprobieren. ^[= (neulat.), mißbilligen, nicht gutheißen; Disapprobation, Mißbilligung.]
(spr. däsárgh), Gérard, Geometer, geb. 1593 zu Lyon, [* 19] machte als Ingenieur die Belagerung von La Rochelle mit, lebte dann als Privatmann in Paris, später auf seinem Landgut in Condrieu und starb 1662 in Lyon. Er suchte besonders neuern geometrischen Methoden Bahn zu brechen;
von ihm rührt unter anderm die Vorstellung her, daß parallele Geraden sich in einem unendlich entfernten Punkt schneiden.
Seine Werke sind von Poudra herausgegeben worden (Par. 1864, 2 Bde.).
(lat.), entwaffnen;
daher aus einer Festung [* 20] oder einzelnen Werken die Geschütze [* 21] etc. entfernen;
beim Fechten: dem Gegner die Waffe aus der Hand [* 22] schlagen oder entwinden.
und Desjatine, s. Deßjätina. ^[= (Dessätine, Dassätine), russ. Flächenmaß, = 2400 Quadratsashen = 1,0925 Hektar.]
(spr. desōschjeh), Marc Antoine Madeleine, franz. Liederdichter und Dramatiker, geb. zu Fréjus, wurde für den geistlichen Stand bestimmt, verließ aber denselben im richtigen Gefühl mangelnden Berufs bald wieder und widmete sich nach einem Leben voll der buntesten Abenteuer, welche ihn in die Gefangenschaft der Schwarzen auf San Domingo und in die größte Lebensgefahr brachten, 1797 zu Paris der Bühne; aber erst 1805 gelang es ihm, bekannt zu werden. 1806 trat er in die lustige Gesellschaft »Le [* 23] Caveau«, deren Präsident er bald wurde, und übernahm 1815 die Direktion des Vaudevilletheaters, das jedoch wegen scharfer Konkurrenz nicht zu rechter Blüte [* 24] kommen konnte. Er starb am Steinschnitt.
Eine große Zahl seiner Stücke hat Désaugiers in Gemeinschaft mit andern fabriziert; von seinen eignen, meist einaktigen, nennen wir nur: »Les petites Danaïdes«, eine Parodie der gleichnamigen Oper, an der Porte St.-Martin 300mal hintereinander aufgeführt. Im allgemeinen sind seine Vaudevilles sehr leichte Ware, wie auch seine »Chansons«, die heute nicht mehr gelesen, kaum noch gesungen werden. Nur wenige, die einen ernstern Ton anschlagen und nicht für die Lust des Augenblicks bestimmt sind, wie: »La treille de la sincérité«, »Consolations de la vieillesse«, »Le Pour et le Contre«, werden aus der Litteratur nicht verschwinden und ein bleibendes Denkmal sein des liebenswürdigsten und lustigsten aller französischen Chansonniers. Seine »Chansons et poésies diverses« sind öfters aufgelegt worden (Par. 1808-16, 3 Bde.; 1827, 4 Bde.; 1858, 1 Bd.).
(spr. dössoh), Pierre Joseph, franz. Mediziner, geb. zu Magny-Vernais in der Franche-Comté, erlernte die Chirurgie bei einem Bader, bis er in das Kriegshospital zu Béfort kam, wo er sich namentlich in der Behandlung der Schußwunden übte. Im J. 1764 kam er nach Paris und erhielt schon nach zwei Jahren den Lehrstuhl der Anatomie daselbst. Er brach der Behandlung der Anatomie eine neue Bahn und vervollkommte besonders die chirurgische Anatomie. Später wurde er Professor an der École pratique, 1782 erster Chirurg an der Charité und 1788 am Hôtel-Dieu, auch Lehrer der chirurgischen Klinik an derselben; starb Desault ist der Stifter einer neuen chirurgischen Schule, die dem In- und Ausland viele der vorzüglichsten Wundärzte gegeben.
Sein Hauptverdienst besteht darin, daß er Genauigkeit und Methode in das Studium der Chirurgie brachte, die Behandlung der Knochenbrüche durch Einführung besserer Verbandarten vervollkommte und zuerst die klinische Behandlungsweise der Wundarzneikunst in Frankreich einführte. Seine Lehre [* 25] findet sich in den von seinen Schülern im Hôtel-Dieu gemachten und im »Journal de Chirurgie« (Par. 1791-95, 4 Bde.; deutsch, Frankf. 1801-1806, 12 Bde.) mitgeteilten Beobachtungen sowie in den von Bichat unter Desaults Namen herausgegebenen »Œuvres chirurgicales« (Par. 1798, 3 Bde.; neueste Ausg. von Roux, das. 1813; deutsch von Wardenburg, Götting. 1799-1800, 4 Bde.).
Vgl. Labrune, Étude sur la vie et les travaux de Desault (Besançon [* 26] 1868).
(franz., spr. desawangtahsch), Nachteil, Verlust;
desavantagieren, benachteiligen.
(franz., spr. desawöh), Verleugnung, Nichtanerkennung, Widerspruch. ^[= im allgemeinen die Vereinigung von Bestimmungen, die sich untereinander aufheben (s. Gegensatz ...]
(franz., spr. desawu-), in Abrede stellen, verleugnen, nicht anerkennen, widerrufen.
(spr. däbord-walmōr), Marcelline, franz. Schriftstellerin, geb. zu Douai, verlor früh ihre Mutter, debutierte mit 16 Jahren an der Komischen Oper, verließ aber die Bühne, als sie sich mit dem Schauspieler Valmore vermählte. Nun wandte sie sich ganz der Litteratur zu und veröffentlichte bald eine Reihe zarter, seelenvoller Gedichte, welche durch ihre tiefe Melancholie wie durch ihre große Anmut und Harmonie sich alle Herzen eroberten.
Sie erschienen unter den Titeln: »Élégies et romances« (1818);
»Élégies et poésies nouvelles« (1824);
»Les pleurs« (1833);
»Pauvres fieurs!« (1839);
»Bouquets et prières« (1843).
Außerdem schrieb sie mehrere gefühlvolle Novellen und Erziehungsschriften, z. B. »L'atelier d'un peintre«, »Le salon de Lady Betty«, »Violette« (deutsch, Leipz. 1840),
»L'écolier« u. a. Sie starb Nach ihrem Tod erschien noch ein Band [* 27] »Poésies inédites« (1860). Mit deutscher Innigkeit und Tiefe der Empfindung vereinigt die Dichterin französische Lebhaftigkeit und Grazie; ihre Elegien gehören zu den zartesten und innigsten, welche die französische Poesie hervorgebracht hat. Eine Ausgabe ihrer »Contes et scènes de la vie de famille« erschien 1874 (2 Bde.) und der »Poésies de l'enfance« zuletzt 1881.
Vgl. Sainte-Beuve, Mad. Desbordes-Valmore, sa vie et sa correspondance (1870).
(span., »Ohnehemden«, analog den französischen Sansculottes), exaltierte, radikale Klubpartei, die 1820 in Spanien [* 28] entstand.
(spr. däkāng), 1) Jean Baptiste, franz. Maler, geb. 1706 zu Dünkirchen, [* 29] war in Paris Largillières Schüler und ließ sich dann in Rouen [* 30] nieder, wo er 1791 starb. Er malte mit Vorliebe häusliche und ländliche Szenen, ist aber weniger durch seine Bilder als durch sein (kritikloses) Werk »La vie des peintres flamands, allemands et hollandais« (Par. 1753-63, 4 Bde.) bekannt.
2) Alexandre Gabriel, Maler, s. Decamps. ¶
(spr. däkart), René, gewöhnlich Renatus Cartesius genannt, der Begründer der neuern Philosophie und der scharfsinnigste Denker der Franzosen, geb. zu La Haye in Touraine als Sohn eines Parlamentsrats, zeigte früh eine ungemeine Lebhaftigkeit des Geistes, kam im achten Jahr ins Jesuitenkollegium zu La Flèche, wo ihm die Mathematik die meiste Befriedigung gewährte. Um Erfahrungen zu sammeln, nahm er, 21 Jahre alt, Kriegsdienste und machte unter Moritz von Oranien und Tilly Kriegszüge in Holland und Deutschland [* 32] mit, focht in der Schlacht am Weißen Berg unter Buquoy gegen die Böhmen [* 33] und unter demselben Heerführer in Ungarn [* 34] gegen die Türken, beschäftigte sich aber im stillen eifrigst mit wissenschaftlichen Arbeiten, deren erste, »De musica«, vor Breda verfaßt ward.
Den Entschluß aber, allen Vorurteilen zu entsagen und auf sichern und unzweifelhaften Grundlagen alles von neuem durch selbständige Forschung aufzubauen, faßte er in dem einsamen Winterlager vor Neuburg [* 35] (1619). Nachdem er zu diesem Zweck 1624 seinen Abschied genommen, widmete er sich eine Zeitlang in Paris mathematischen Studien, die ihm bald Ruf verschafften, ging aber, um völlige Muße zur Ausarbeitung seines Systems zu finden, 1629 nach Holland, wo er 20 Jahre in Verborgenheit und beständig seinen Aufenthaltsort wechselnd, mit Ausnahme kurzer Reisen nach Deutschland, England und Dänemark, [* 36] fast ununterbrochen verweilte.
Während dieser Zeit verfaßte er die meisten und bedeutendsten seiner Werke, von denen er jedoch diejenigen, durch welche er mit der Geistlichkeit in Konflikt gekommen, wie die Schrift »De mundo«, lange zurückhielt, fand alsbald Anhänger und erbitterte Gegner, wurde von dem auf ihn aufmerksam gewordenen Kardinal Richelieu nach Frankreich, von der gelehrten Königin Christine (1649) nach Schweden [* 37] eingeladen, um ihr bei dem Plan der Stiftung einer Akademie der Wissenschaften behilflich zu sein. Letzten Ruf nahm er an, starb aber an den Folgen des ungewohnten nordischen Klimas schon in Stockholm, [* 38] von wo seine Leiche 1661 nach Paris gebracht und in der Kirche Ste.-Geneviève du Mont beigesetzt wurde.
Ungeachtet Descartes durch seine mathematischen und physikalischen Entdeckungen, insbesondere durch das von ihm aufgestellte Gesetz der Trägheit, einer der Väter der neuern Physik geworden ist, so galt ihm doch nicht, wie seinem Zeitgenossen Bacon, die äußere, sondern die innere Erfahrung als der Ausgangspunkt unsers Wissens. Die Ergebnisse der sinnlichen Erfahrung sind, wie die Thatsache der Sinnestäuschungen lehrt, dem Zweifel unterworfen; der Anfang der Forschung aber kann nach ihm nur ein Unbezweifelbares und zwar ein solches, aus dem sich ein weiteres folgern läßt, d. h. ein wirkliches Prinzip, sein.
Ein solches aber ist der Satz: Ich denke, also bin ich (cogito, ergo sum);
denn an der Thatsache, daß ich zweifle, d. h. denke, wäre auch dann kein Zweifel möglich, wenn alles, was ich denke, zweifelhaft wäre;
aus dieser Thatsache aber folgt unmittelbar und ohne Schatten [* 39] von Ungewißheit, daß ich bin, d. h. als denkendes Wesen bin;
ob auch noch als körperliches etc., bleibt vorläufig dahingestellt.
Das einzige Sein, dessen ich völlig gewiß bin, ist mein eignes, d. h. das Sein meines Geistes und seiner Gedanken, während das Sein der gesamten Körperwelt (auch meines eignen Leibes) ungewiß bleibt. Daß letztere ist, kann ich nur wissen, indem ich sie denke, d. h. eine Vorstellung von ihr habe; ob diese aber Erkenntnis oder bloße Einbildung sei, hängt von dem Grade der Verläßlichkeit ab, der meinen Gedanken selbst innewohnt. Fände sich unter den letztern eine Vorstellung, die ihrer ganzen Beschaffenheit nach so geartet ist, daß ich sie mir nicht selbst gegeben oder gemacht haben kann, sondern daß sie notwendig mir gegeben, d. h. von mir empfangen (bei der Geburt schon mitgebracht), worden sein muß, so wäre die Existenz dieses Gebers ebenso notwendig gewiß wie meine eigne.
Eine solche aber ist die Idee Gottes, d. h. eines vollkommensten Wesens, eines unbeschränkten Seins, welche, da ein solches dem Gefühl der Beschränktheit meines eignen Seins gerade entgegengesetzt ist, nicht von mir selbst herrühren kann und, da sie sich in meinem Bewußtsein findet, demselben angeboren sein, d. h. von Gott selbst in mir verursacht, deren Existenz in mir daher der unumstößliche Beweis für die Existenz ihres Gegenstandes (der Gottheit) außer mir sein muß.
Durch diese dem Descartes eigentümliche Wendung des ursprünglich von Anselmus von Canterbury gebrauchten ontologischen Beweises für das Dasein Gottes ist neben meinem eignen das Sein Gottes, durch dieses aber sofort auch das Sein der von meinem Geist verschiedenen Körperwelt für mich gewiß. Denn da die Vorstellung der letztern; d. h. der äußern Welt und Natur, in meinem Geist vorhanden und zwar so unvermeidlich vorhanden ist, daß ich, auch wenn ich wollte, mich derselben nicht zu entschlagen vermöchte, so könnte dieselbe, wenn sie trotzdem nur Täuschung sein sollte, nur das Werk eines überlegenen, absichtlich täuschen wollenden Dämons sein, d. h. die Gottheit selbst müßte Urheberin dieser absichtsvollen Täuschung sein. Da eine solche mit der Idee eines vollkommensten, also durchaus wahrheitsliebenden Wesens unvereinbar ist, so folgt, daß die äußere Welt, d. h. daß alles dasjenige wirklich existiert, was wir nach Anleitung unsrer Sinne als das Ausgedehnte mit Klarheit und Deutlichkeit uns vorstellen, und daß es die Eigentümlichkeiten wirklich besitzt, welche wir in solchen Vorstellungen an ihm erkennen.
Dieses Ausgedehnte heißt Körper oder Materie. Bei sorgfältiger Reflexion [* 40] über den Begriff des Körpers finden wir, daß die Natur der Materie nicht in der Härte, Schwere, Färbung oder sonst in einer sinnenfälligen Eigenschaft besteht, da jede solche Eigenschaft von dem Körper hinweggedacht werden kann, ohne daß hierdurch sein Wesen für unser Vorstellen zerstört wird, sondern lediglich in der Ausdehnung. [* 41] Diese allein, die als solche der Rechnung unterworfen werden kann, bildet nicht nur die Grundlage der Geometrie, sondern auch der Physik.
Dadurch, daß der Körper Ausdehnung hat, die Seele aber keine, ist zwischen beiden eine diametrale Differenz gesetzt, die zur Folge hat, daß, während der Körper zerstört werden kann, die Seele unverwüstlich, d. h. unsterblich, ist. Beide Substanzen, Körper und Seele, deren Sitz Descartes in die Zirbeldrüse als das einzige unpaarige Organ im Gehirn [* 42] verlegte, würden nun aber als direkt einander entgegengesetzt völlig beziehungslos aufeinander bleiben, die Seele würde nicht auf den Körper, dieser nicht auf jene einwirken, wenn nicht Gott, von dem beide unbedingt abhängig sind, auch beide durchdränge und so die angemessene Übereinstimmung zwischen ihnen herstellte, immer schaffend und vermittelnd, eine Behauptung, welche seinen Schüler Geulings (s. d.) auf die Hypothese des Okkasionalismus (s. d.) leitete. Da D. das Wesen der Seele bloß im sich selbst bewußten Denken erkannte, so sprach er den Tieren eine solche ab und bezeichnete sie als belebte Maschinen, ein Wort, das häufig ganz grobsinnlich mißverstanden worden ist. Descartes vollzog eine entscheidende ¶
That, indem er als erste Bedingung von Philosophie aussprach, daß sie alle gegebene Erkenntnis, jede Voraussetzung von sich zu weisen habe (Cartesianischer Zweifel), um aus dem schlechthin Gewissen durch Denken die Welt der Wahrheit völlig neu sich aufzubauen und nichts gelten zu lassen, als was in diesem Wiederherstellungsprozeß die Probe gehalten habe. Von dem festen Punkte, den ihm das Selbstbewußtsein gewährt, ausgehend, ist er Vater der nachfolgenden Philosophien geworden und hat durch die Originalität und Selbständigkeit, durch die Klarheit und Einfachheit seines Gedankenganges und durch die Leichtigkeit und Natürlichkeit seiner Darstellung großen Einfluß geübt.
Sein System erregte lebhaften Widerspruch bei Philosophen, insbesondere aber bei Theologen. Hobbes, Gassendi, Huet, Daniel Voetius, Schook, der Jesuit Valois u. a. traten als Descartes' Gegner auf, verfolgten ihn zum Teil fanatisch, klagten ihn des Skeptizismus und Atheismus an und erwirkten sogar in manchen Ländern, wie in Italien 1643, in Holland durch die Dordrechter Synode 1656, Verbote gegen seine Philosophie als eine gefährliche. Dagegen fand Descartes Anhänger in Holland und Frankreich (besonders unter den Jansenisten von Port-Royal und den Mitgliedern der Congrégation de l'Oratoire). Vornehmlich suchten De la Forge, Clerselier, Rochault, Regis, Arnauld, Pascal, Malebranche, Geulings u. a. sein System zu verbessern und weiter zu entwickeln.
Um die physiologische und psychologische Anthropologie hat sich Descartes trotz mehrerer Irrtümer manche Verdienste erworben; doch größerer und dauernderer Ruhm gebührt ihm als Mathematiker, als welcher er sich auch selbst seinen philosophischen und theologischen Gegnern gegenüber stets in einer ehrfurchtgebietenden Superiorität behauptete. Er ward der Schöpfer der analytischen Geometrie, erkannte zuerst die wahre Bedeutung der negativen Wurzeln der Gleichungen, fand die Anzahl der positiven und der negativen Wurzeln in den Abwechselungen der Zeichen für die Glieder [* 44] jeder Gleichung, gab eine neue und sinnreiche Auflösung der Gleichungen des vierten Grades, führte zuerst die Exponenten ein und legte dadurch den Grund zur Rechnung mit Potenzen, lehrte, wie man an jeden Punkt einer geometrischen Kurve, mit Ausnahme der mechanischen oder transcendenten, Tangenten und Normalen ziehen kann, und zeigte, was vielleicht sein Hauptverdienst ist, wie man die Natur und Eigenschaft jeder Kurve durch eine Gleichung zwischen zwei veränderlichen Koordinaten [* 45] ausdrücken kann, wodurch er der Geometrie eine neue Bahn eröffnete, auf der die schönsten Entdeckungen gemacht worden sind.
Seine »Géométrie« (1637),
welche Schooten mit einem trefflichen Kommentar begleitete (Leid. 1649),
und seine »Dioptrique« (1639), welche zuerst das von Snellius entdeckte Gesetz der Brechung der [* 46] Lichtstrahlen, die aus einem Mittel in ein andres übergehen, darlegte und die großen Entdeckungen von Newton und Leibniz vorbereitete, sind ein bleibendes Denkmal des großen Verdienstes, welches er sich um die physikalischen Wissenschaften erworben hat. Die nach ihm benannten Cartesianischen Teufel sind, gegen jene Entdeckungen gehalten, in der That nur Spielereien zu nennen. In seinen kosmogonischen Versuchen wollte er, ähnlich wie Demokrit und dessen atomistische Nachfolger, die Bewegung der Himmelskörper durch Wirbel erklären, welche in Strömungen des das Weltall erfüllenden Äthers bestehen sollten, eine Theorie, die, so großes Aufsehen sie auch im 17. Jahrh. machte, jetzt unter die Kuriosa gezählt wird.
Descartes' Hauptschriften sind: »Discours de la méthode pour bien conduire la raison et chercher la vérité dans les sciences« (zugleich mit seinen Abhandlungen über die Dioptrik, die Meteore und die Geometrie, Leid. 1637; lat. 1644);
»Meditationes de prima philosophia etc.« (Amsterd. 1641; hrsg. von Barach, Wien [* 47] 1862);
»Principia philosophiae« (Amsterd. 1644);
»Traité des passions« (das. 1650; lat., das. 1656);
»Traité de l'homme et de la formation du foetus« (das. 1668, lat. 1677).
In mehrfacher Hinsicht lehrreich ist auch die Sammlung seiner Briefe (Frankf. a. M. 1692). Eine Ausgabe seiner sämtlichen Werke in lateinischer Sprache [* 48] erschien zuerst Amsterdam [* 49] 1670 bis 1683 und daselbst 1692-1701; in französischer Sprache herausgegeben von V. Cousin (Par. 1824-1826, 11 Bde.) und von Aimé-Martin in 1 Band (1881). Von Foucher de Careil sind »Œuvres inédites de Descartes« (Par. 1859-60) und »Descartes, la princesse Elisabeth et la reine Christine, d'après des lettres inédites« (1879) veröffentlicht worden.
Seine nur beiläufig in seinen Schriften (besonders in dem nicht bloß von den Affekten und Leidenschaften, sondern von jeder Gattung Gefühle, Neigungen und Empfindungen handelnden Buch »De passionibus«) geäußerten Ideen über die praktische Philosophie haben mehrere seiner Schüler in besondern Werken gesammelt. Das vorzüglichste darunter ist: »Ethica cartesiana s. ars bene beateque vivendi ad clarissimas rationes et sanae mentis ideas ac solidissima Ren. Cartes. principia formata« (Halle [* 50] 1719, franz. 1692). Deutsche [* 51] Übersetzungen von philosophischen Hauptschriften des Descartes haben K. Fischer (Mannh. 1863) und v. Kirchmann (Berl. 1870, 4 Tle.) veranstaltet. Sein Leben beschrieben Tepelius (Nürnb. 1674), Bayle (Amsterd. 1681) und Baillet (Par. 1691).
Vgl. außer der anziehenden Schilderung Kuno Fischers in seiner »Geschichte der neuern Philosophie«, Bd. 1 (3. Aufl., Münch. 1878): Millet, Descartes, sa vie, ses travaux, ses découvertes avant 1637 (das. 1867);
Derselbe, Descartes etc. depuis 1637 (das. 1871);
Bouillier, Histoire et critique du Cartésianisme (das. 1842);
Derselbe, Histoire de la philosophie cartésienne (3. Aufl., das. 1868);
Hock, Cartesius und seine Gegner (Wien 1835);
Löwe, Das System des Descartes (das. 1867);
Schmid aus Schwarzenberg, René Descartes und seine Reform der Philosophie (Nördling. 1859);
Bertrand de Saint-Germain, Descartes considéré comme physiologiste et comme médecin (Par. 1869);
Koch, Die Psychologie Descartes' (Münch. 1881);
Natorp, Descartes' Erkenntnistheorie (Marb. 1882).
ad infĕros (lat.), s. v. w. Höllenfahrt Christi (s. d.).
Unter diesem Titel hat Tischendorf (»Evangelia apocrypha«, Leipz. 1853) eine auf gnostischer Grundlage um 400 entstandene Legende von der Höllenfahrt herausgegeben, welche den zweiten Teil des schon zuvor bekannten Evangeliums des Nikodemus (s. d.) bildet.
(franz., spr. dessāngt) oder Grabendescente, im Festungskrieg der vom Angreifer für den Sturm ausgeführte, gegen feindliches Feuer gedeckte Gang [* 52] aus dem Couronnement des Glacis in den Festungsgraben zum Grabenübergang [* 53] und zur Bresche.
Sie ist unterirdisch, wenn als Minengalerie angelegt, bedeckt, wenn mit der bedeckten Sappe, offen, wenn mit der offenen Sappe (s. d.) ausgeführt.
In der Baukunst [* 54] versteht man unter Descente ein schief aufsteigendes Gewölbe [* 55] unter oder über einer Treppe. [* 56] ¶
(spr. däscháng), 1) Emile, franz. Dichter, geb. zu Bourges, erregte schon 1812 durch einen Gesang: »La paix conquise«, die Aufmerksamkeit Napoleons I. und brachte 1818 ein mit Latouche gemeinsam gearbeitetes Lustspiel in Versen: »Le tour de faveur«, mit Beifall zur Aufführung. In dem damals ausbrechenden Streite der Klassiker und Romantiker schloß sich Deschamps mit Begeisterung den letztern an, gründete mit Victor Hugo 1824 das Journal »La Muse française«, für das er unter dem Namen »der junge Moralist« Gedichte und Novellen wie auch kritische Abhandlungen schrieb, und erwies sich bald als einer der kühnsten und geschicktesten Vertreter der neuen Richtung.
Seit 1848 zurückgezogen in Versailles [* 58] lebend und zuletzt erblindet, starb Deschamps Von seinen Werken sind weiter hervorzuheben: »Ètudes françaises et étrangères« (1828-33),
mit Übertragungen Goethescher und Schillerscher Gedichte;
»Poésies« (1842);
Bearbeitungen von Shakespeares »Macbeth« und »Roméo et Juliette« mit Kommentar (1844);
»Poésies des crêches« (1854);
ferner eine Reihe von Dramen ernster wie heiterer Natur, welche von namhaften Komponisten (Bellini, Halévy, Rossini, Auber) in Musik gesetzt wurden, und »Contes philosophiques« (1854).
Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1872-74 (6 Bde.).
2) Antony, franz. Dichter, geb. zu Paris, Bruder des vorigen, begann seine poetische Laufbahn mit einer Übersetzung von Dantes »Divina Commedia« (1829); zwei Jahre später erschienen seine »Satires politiques«, welche sich durch feste, männliche Sprache auszeichnen und doch auch dem poetischen Element sein Recht gönnen. In diesen Jahren kam bei ihm eine Geisteskrankheit zum Ausbruch, deren Keime er von frühster Jugend her in sich trug; in seinen Schmerzen und in der Verzweiflung über sein unheilbares Leiden [* 59] findet der gequälte Dichter in den »Dernières paroles« (1835) oft Töne echter Poesie und von erschütternder Wahrheit. Er starb in Passy. Deschamps gehörte ebenfalls zum engsten Kreis [* 60] der Romantiker und hat diese Richtung in zahlreichen Journalartikeln eifrig vertreten, besonders auch in seinen Reisestudien über Italien.
(spr. däschanell), Emile, franz. Schriftsteller, geb. zu Paris, besuchte hier die Normalschule, wurde Professor zu Bourges, später zu Paris, bekam aber infolge seiner Schrift »Catholicisme et socialisme« (1850) den Abschied. Deschanel widmete sich nun völlig der Verbreitung republikanischer Ideen durch die Presse [* 61] und als glänzender Redner. 1851 aus Paris flüchtig, hielt er in Brüssel [* 62] sehr besuchte litterarische Vorlesungen und wurde, 1859 nach Paris zurückgekehrt, Mitarbeiter des »Journal des Débats«.
Seit 1876 republikanisches Mitglied der Deputiertenkammer, ward er 1881 zum Professor der neuern Litteratur am Collège de France und zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: »Les courtisanes grecques« (Par. 1859);
»Histoire de la conversation« (1857);
»Le mal et le bien qu'on a dit des femmes« (7. Aufl. 1867);
»La vie des comédiens« (1860);
»Causeries de quinzaine« (litterarische, durch Originalität der Charakteristik anziehende Kritiken, 1861);
»Christophe Colomb et Vasco de Gama« (1862);
»Physiologie des écrivains et des artistes« (1864);
»Études sur Aristophane« (neue Ausg. 1877);
»A bâtons rompus« (eine Sammlung moralischer und litterarischer Aufsätze, 1868);
»Le peuple et la bourgeoisie« (1881);
»Le romantisme des classiques« (1882).
Chapelles (spr. dä schapäl), Le Breton, berühmter Schachspieler und, obwohl einarmig, gleichzeitig Koryphäe des Billards, franz. General, geb. gest.
Koppe, s. Böhmische Kämme. ^[= (Adlergebirge), ein Teil des Glatzer Gebirges, der, dem Habelschwerdter Gebirge parallel laufend, ...]
Cloizeaux (spr. dä klŏasoh), Alfred, Mineralog, geb. zu Beauvais (Oise), wurde nach Beendigung seiner Studien Repetent an der Kunst- und Gewerbeschule, dann an der Normalschule in Paris und später Professor an der Sorbonne. Er ermittelte mit großer Sorgfalt die kristallographischen und optischen Verhältnisse zahlreicher Mineralien [* 63] und zeigte, wie die letztern zur Feststellung der Kristallsysteme benutzt werden können. Er machte grundlegende Beobachtungen über die Dispersion [* 64] der optischen Achsen in ihren verschiedenen Modalitäten und entdeckte die Zirkularpolarisation [* 65] des Zinnobers und den Mikroklin. Er schrieb: »Manuel de minéralogie« (Par. 1862, Bd. 1) und »Nouvelles recherches sur les propriétés optiques des cristaux« (das. 1867).
(spr. däkuhdr), Ludwig, Maler, geb. 1820 zu Kassel, [* 66] ging mit 19 Jahren nach München, [* 67] wo er Schüler von Schnorr wurde. 1844 und 1845 bereiste er Italien und trat 1845 bei Sohn in Düsseldorf [* 68] als Schüler ein, um von ihm und Schadow die Porträtmalerei zu erlernen. Seinen Ruf begründete er 1850 durch das nach Dante gemalte Bild: Francesca von Rimini, dem die büßende Magdalena, die Grablegung Christi (Galerie in Karlsruhe) [* 69] u. a. folgten. Als Schirmer 1854 die Kunstschule in Karlsruhe gründete, wurde er von diesem dorthin berufen, bewies sich als Lehrer tüchtig und machte sich um die Blüte der Anstalt sehr verdient. Neben dieser Lehrthätigkeit schuf er eine Reihe größerer Werke, teils Genrebilder, teils biblische Gemälde. Er starb
dur, s. Des. ^[= (ital. Re bemolle, franz. Ré bémol, engl. D flat), in der Musik das durch ♭ erniedrigte ...]
(Puerto, Port Desire), Fjord an der Ostküste Patagoniens, in 47° 42' südl. Br., an welchem Spanien 1780 ein bald darauf wieder verlassenes Fort anlegte, bildet einen vorzüglichen Hafen und ist von gutem Weideland umgeben.
Einige Felseneilande in ihm sind mit Guano bedeckt.
(franz., spr. desangschangt'māng), das Freimachen oder Freiwerden von einer Bezauberung oder Leidenschaft;
desenchantieren, entzaubern, von einer Leidenschaft heilen, nüchtern machen.
(franz., spr. desanüji-), einem oder sich die Langeweile vertreiben, zerstreuen.
(franz., spr. desang-), aus der Liste ausstreichen, einen Soldaten verabschieden.
(Desenzano sul Lago), Marktflecken in der ital. Provinz Brescia, am westlichen Ufer des Gardasees und an der Eisenbahn von Venedig [* 70] nach Mailand [* 71] gelegen, hat ein Gymnasium, 3 Kirchen, ein Spital, Theater, [* 72] Ruinen eines Minervatempels und (1881) 3105 Einw., welche Weinbau (Vino santo), Fischerei, [* 73] Gerberei und bedeutenden Getreidehandel treiben.
Der Hafen von Desenzano ist der wichtigste italienische Hafen am Gardasee und vermittelt einen lebhaften Verkehr mit Südtirol und der Schweiz. [* 74]
Güter, verlassene Güter, s. Herrenlose Sachen. ^[= (Res nullius), Sachen, welche in niemandes Eigentum stehen. Dazu gehören zunächst diejenigen ...]
(Deserters), Gruppe von drei kleinen Felseninseln an der Westküste Afrikas, südöstlich von Madeira, [* 75] zuzeiten von Hirten und Fischern besucht.
(franz., spr. -tör), s. Desertion. ^[= (lat., "Verlassung"), die eigenmächtige Entfernung eines Soldaten von seiner Truppe ...]
(lat., »Verlassung«),
die eigenmächtige Entfernung eines Soldaten von seiner Truppe oder von seinem dienstmäßigen Aufenthaltsort. Das deutsche Militärstrafgesetzbuch (§ 64 ff.) unterscheidet ¶
zwischen der unerlaubten Entfernung und der Fahnenflucht. Erstere, das Wegbleiben vom Dienst, Verlassen der Truppe ohne Urlaub oder Überschreitung des Urlaubs, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten bestraft, in leichten Fällen nur disziplinarisch mit Arrest, z. B., wie es öfters vorkommt, bei Rekruten, die aus Heimweh nach Hause gehen und nach einigen Tagen wiederkommen oder vom Vater zurückgebracht werden. Nur bei verschuldeter Abwesenheit über 7 Tage, im Feld über 3 Tage, tritt Gefängnis oder Festungshaft bis zu 2 Jahren ein.
Dauert dieselbe im Feld länger als 7 Tage, so ist Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren verwirkt. Die Fahnenflucht schließt die Absicht dauernder Entziehung vom Dienst ein, wie z. B. das Beseitigen der Uniform, Reise ins Ausland etc. sie darthun, und sie wird mindestens mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 2 Jahren, im Wiederholungsfall mit Gefängnis von 1-5 Jahren, im zweiten Rückfall mit Zuchthaus von 5-10 Jahren bestraft; im Feld ist die mildeste zulässige Strafe für Fahnenflucht 5 Jahre Gefängnis, in schweren Fällen tritt selbst Todesstrafe ein.
Bei jeder Fahnenflucht muß auch auf Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes erkannt werden. Straferhöhend wirkt es, wenn mehrere eine Fahnenflucht verabreden und gemeinschaftlich ausführen. Schon der Versuch zur Fahnenflucht ist strafbar. Gegen abwesende Deserteure wird in contumaciam eine Geldstrafe von 150-3000 Mk. verhängt; kehren sie später zurück, oder werden sie ergriffen, so wird ein neues Verfahren eingeleitet. Die Verleitung und der Versuch einer Verleitung eines Soldaten zur Desertion und die Beförderung einer solchen werden nicht nur an Soldaten, sondern auch an Personen bestraft, welche dem Soldatenstand nicht angehören.
Das deutsche Strafgesetzbuch (§ 141) setzt für letztere Gefängnisstrafe von 3 Monaten bis zu 3 Jahren fest. Schon bei den Griechen wurde der Deserteur meist am Leben gestraft. Bei den Römern galt in Kriegszeiten jeder für einen Deserteur, der ohne Erlaubnis sich von seinem Korps weiter entfernte, als der Schall [* 77] der Tuba [* 78] reichte. Er wurde im Krieg meist zum Tod verurteilt; in Friedenszeiten verlor ein Ritter sein Pferd, [* 79] und wer kein Ritter war, wurde zu einer niedrigern Klasse der Soldaten herabgesetzt.
Bei den Heeren des Mittelalters waren die Strafen für Desertion sehr verschieden und richteten sich meist nach den Ansichten des Heerführers sowie nach den Schwierigkeiten, welche derselbe im Anwerben von Truppen fand. In Frankreich wurde 1550 unter Heinrich II. die Todesstrafe auf Desertion gesetzt; Karl V. erklärte die Ausreißer für vogelfrei; wer sie traf, konnte sie töten. In Italien, wo durch die Parteimietlinge (Kondottieri) die Mannszucht ganz in Verfall kam, war die Desertion etwas Allgemeines.
Die Schweizer und Deutschen waren noch die zuverlässigsten Truppen. Das Werbesystem Deutschlands [* 80] im 18. Jahrh. hatte unter vielen andern Nachteilen auch den der häufigen Desertion zur Folge, und selbst Friedrich d. Gr. vermochte dieses Übel nicht aus seinen Heeren zu verbannen. Eine Folge dieses Systems war die Errichtung von Auslieferungsverträgen, sogen. Kartellkonventionen, zwischen befreundeten Staaten. In unsrer Zeit kommt bei den europäischen Armeen die Desertion nur noch selten vor, was von der kürzern Dienstzeit, vorzüglich aber von der volkstümlichern Bildung der Heere herrührt. Am häufigsten ist sie und in hohem Grad bedenklich im englischen Heer, wo noch Werbung gesetzlich ist und die Soldaten oft desertieren, um sich sofort wieder gegen neues Handgeld bei einem andern Truppenteil anwerben zu lassen. - Übrigens finden die Bestimmungen des deutschen Militärstrafgesetzbuches über die Desertion auch auf die Angehörigen der Kriegsmarine Anwendung.
Für die Schiffsleute auf Kauffahrteischiffen gilt die Bestimmung des Strafgesetzbuches (§ 298), wonach ein Schiffsmann, der mit der Heuer entläuft oder sich verborgen hält, um sich dem übernommenen Dienst zu entziehen, mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft wird, gleichviel, ob das Vergehen im Inland oder im Ausland begangen worden ist. Aber auch in solchen Fällen, in denen ein strafbarer Eigennutz des Schiffsmannes nicht vorliegt, wird das Entlaufen eines solchen, auch wenn er nicht mit der Heuer entweicht oder sich verborgen hält, nach der deutschen Seemannsordnung (§ 81 ff.) auf Antrag mit Strafe belegt. Zwischen den verschiedenen Seestaaten bestehen wegen Auslieferung desertierender Schiffsleute besondere Kartellverträge.
Unter Desertion versteht man auch die bösliche Trennung des einen Ehegatten von dem andern ohne hinreichenden Grund, indem er von ihm eigenmächtig in der Absicht, die Ehe nicht fortzusetzen, wegzieht. Auch die hartnäckige Verweigerung der ehelichen Pflichten wird als Desertion (quasi desertio) aufgefaßt. Da in beiden Fällen der Zweck der Ehe dadurch vereitelt wird, so ist in protestantischen Ländern die Desertion ein Ehescheidungsgrund, sowohl, wenn der Aufenthalt des Verlassenden (desertor, der Mann, desertrix, die Frau) bekannt ist, als auch, wenn ihn der andre Teil nicht weiß.
Wenn der verlassene Ehegatte wegen der Desertion auf Ehescheidung klagt (Desertionsklage), so wird im ersten Fall der Verlassende unter Androhung einer Strafe (Zwangsmittel), die meist in Gefängnis besteht, zur Rückkehr oder zur Pflichterfüllung aufgefordert, worauf erst bei fortgesetzter Verweigerung die Trennung erfolgt. Im zweiten Fall begründet eine längere Abwesenheit, die nach verschiedenen Eheordnungen bald auf die Zeit von einem halben Jahr, bald von 2, 4, 7 Jahren bestimmt ist, nebst dem Mangel an Nachrichten die Vermutung der Desertion. Gegen den Abwesenden erfolgt dann ein öffentliches Aufgebot (s. d.). Dieses gerichtliche Verfahren heißt der Desertionsprozeß.
sententia (lat.), im frühern gemeinen Prozeßrecht Bezeichnung für dasjenige Urteil, welches ein eingewendetes Rechtsmittel aus dem Grund verwarf, weil die zur Einwendung gesetzte Notfrist versäumt wurde.
(lat.), einem dienen, Dienst leisten;
(lat.), Gebühren für geleistete Dienste, besonders das Honorar, welches einem Rechtsanwalt (s. d.) für seine Bemühungen zukommt.
(Annus deservitus), nach gemeinem Kirchenrecht beim Tod eines Geistlichen die verdienten, wenngleich noch nicht perzipierten Früchte des letzten Jahrs, welche den Erben des in letzterm Verstorbenen zukommen;
zu unterscheiden von dem Sterbequartal, d. h. der Begünstigung, nach welcher die Erben oder Gläubiger eines verstorbenen Geistlichen die ganzen Einkünfte (auch Accidenzien) des laufenden Vierteljahrs (in welchem der Geistliche gestorben ist) genießen.
(De Sèze, spr. dössähs'), Raimond, Graf, franz. Staatsmann, geb. 1748 zu Bordeaux, [* 82] widmete sich der Advokatur und ward durch die Verteidigung der Marquise d'Anglure dem Minister Vergennes bekannt und durch diesen nach Paris gezogen, wo er die Töchter Helvetius' verteidigte, der Königin Marie ¶